Vanessa Kullmann, Geschäftsführende Gesellschafterin Balzac Coffee

Vanessa Kullmann,
Geschäftsführende Gesellschafterin Balzac Coffee, GmbH, Hamburg
“Just go for it“
Eine Existenzgründung wie aus dem Bilderbuch hat die Hamburgerin Vanessa Kullmann (33) mit ihren
Balzac Coffee Shops hingelegt. Im ersten Laden stand sie 1997 selbst täglich 15 Stunden hinterm Tresen
und verkauft Kaffee. Davor und danach schmierte sie in der Küche ihrer Mutter Sandwiches, backte Muffins
und Brownies. Heute betreibt Vanessa Kullmann 27 Coffee-Shops in vier Städten und setzt mit 350
Mitarbeitern unter dem Firmenmotto „Drink better coffee“ gut 12 Millionen Euro um.
Die Idee zu ihrem ersten Coffee-Shop kommt Vanessa Kullmann 1996 in einer Warteschlange beim amerikanischen
Kaffeeriesen Starbucks in New York. Dabei sinniert sie darüber, dass sich so ein Konzept
eigentlich auch in Deutschland umsetzen lassen müsste. Noch während die Textilbetriebswirtin in New
York weiter als Stylistin in einer Agentur arbeitet, reift die Idee zum Plan. Ihrer Zeit – und Starbucks - weit
voraus gründet sie in Hamburg die Balzac Coffee GmbH und eröffnet ein Jahr und viele Erfahrungen mit
Banken und Behörden später, ihren ersten Balzac Coffee Shop in den Hamburger Colonnaden.
Ihr Timing ist perfekt. Denn mit ihrem für den deutschen Markt modifizierten Konzept, bereitet Kullmann
als eine der ersten bundesweit dem modernen Coffeeshop nach US-Vorbild den Weg. Und das in
einem Umfeld von im Aussterben begriffenen klassischen Caféhäusern, deren Image aus kalorienreichen
Cremetorten und „Draußen nur Kännchen“-Attitüde alles andere als modern, trendig oder zeitgeistig gilt.
Vor dem Erfolg stand aber auch bei Kullmann viel Schweiß, Ausdauer und Durchsetzungsvermögen.
Denn wohin sie in der Planungsphase auch kommt, keiner nimmt die attraktive 24-Jährige aus der Modebranche
mit dem dreitägigen Blitz-Training zur Kaffeespezialistin für voll. Außer ihrem Unternehmensberater
glaubt nur ihre Familie an den Erfolg. Von ihrer Idee absolut überzeugt, überhört Vanessa Kullmann
die skeptischen Kommentare und zieht ihr Ding durch. Behördliche Auflagen bringen das Projekt der
Existenzgründerin fast zum Scheitern. Sie kämpft sich durch einen Paragrafendschungel, den sie im Nachhinein
als ihre „größte Frustquelle“ bezeichnet und räumt jede Menge unvermuteter Hindernisse aus dem
Weg.
Ins frisch gegründete Unternehmen steigt Kullmanns Schwester Natalia als stille Teilhaberin ein. Ein Bekannter
kommt auf den Namen Balzac als Reverenz an den französischen Schriftsteller und Kaffeeliebhaber,
das Firmenlogo entwirft eine Freundin, beim Businessplan hilft ein Unternehmensberater, und die
Deutsche Ausgleichsbank gewährt ein Existenzgründungsdarlehen von 90.000 Euro.
„Just go for it“ war und ist das Motto der Coffee Shop-Pionierin. Ein unbeirrbarer, fast sturer Glaube an
die eigene Vision, die absolute Identifikation mit der eigenen Idee, immenser persönlicher Einsatz und
mitunter ein Schuss Naivität haben der Existenzgründerin geholfen, ihre Balzac Coffee GmbH zu gründen
und im inzwischen heiß umkämpften Marktsegment unter die Top Ten der Branche zu platzieren.
Die ersten beiden Geschäfte laufen gut, doch mit der Filialisierung kommen die organisatorischen Probleme.
Kullmann erkennt ihre Grenzen: Profundes Management-Know-how muss her. Die Jungunternehmerin
drückt erneut die Schulbank und absolviert quasi berufsbegleitend ein zweijähriges Studium der
Systemgastronomie in den USA. Ihre beiden Hamburger Betriebe führen derweil die Mitarbeiter, mit denen
die Chefin per Telefon und E-Mail in ständiger Verbindung steht. Eine nervenaufreibende Zeit, selbst
für eine Powerfrau wie Kullmann. Mehrmals klettert sie außerplanmäßig ins Flugzeug, um eine Krise in
Hamburg persönlich zu regeln. Sechs Filialen gehen während ihres Studiums an den Start, die Eröffnungen
legt Kullmann jeweils in die Semesterferien.
Vanessa Kullmann ist das Paradebeispiel einer engagierten Quereinsteigerin, die mit ihrer unverbrauchten
Denkweise die Gastronomie bereichert, lobt ein Fachmagazin die Unternehmerin. Das fällt auch der Handels-
und Handwerkskammer Hamburg auf, die der 33-jährigen Unternehmerin 2005 ihren Gründerpreis
verleiht.

Damit nicht genug, hat Vanessa Kullmann ihr Unternehmen auf weitere Expansion getrimmt: 15 neue
Läden in den nächsten zwei Jahren kann sie sich gut vorstellen. Auch neben einer Familie her, die sie „irgendwann
bald“ gründen will.
Außerdem hält sie nach weiteren unternehmerischen Engagements Ausschau. Das tut sie am liebsten in
New York, für sie die aufregendste Stadt der Welt, die einfach alles und noch viel mehr bietet. Vielleicht
auch eine weitere Unternehmens-Idee, die die erfolgreiche Unternehmerin aufgreifen und für den deutschen
Markt adaptieren kann. Es ist echter Pioniergeist, gepaart mit Qualitätsdenken, Kreativität, persönlicher
Dynamik, Durchsetzungskraft und charmanter Hartnäckigkeit, der Vanessa Kullmann antreibt.