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FahrRad 1/2014

Fahrrad-Zeitschrift des ADFC Kreisverbandes Unna e.V.

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Radreise<br />

es soweit. Ich steige mit meinen beiden<br />

Gepäcktaschen und meiner roten<br />

Tasche (Handgepäck) aus. Und<br />

jetzt? „Wo ist hier ein Hotel?“, geht<br />

es mir durch den Kopf. Da höre ich<br />

von hinten ein kleines Mütterchen<br />

rufen: “Sprechen Sie deutsch?“ „Die<br />

schickt der liebe Gott“, schießt es<br />

mir durch den Kopf. Sie hilft mir, das<br />

Hotel „Europa“ zu suchen. Im Hotel<br />

läuft alles nach Plan. Das Zimmer ist<br />

zwar mit 80 Euro ziemlich teuer;<br />

aber draußen wird es dunkel und<br />

was soll ich in einer mir fremden<br />

Stadt im Dunkeln, wenn ich weder<br />

die Sprache spreche, noch die<br />

Schrift des Landes lesen kann. Ein Problem<br />

stellt sich mir noch, als die Rezeptionsmitarbeiterin,<br />

die etwas Englisch<br />

spricht, nach dem „Migrationsnachweis“<br />

fragt! War es nicht der Frustration genug,<br />

dass mich keiner versteht, ich nichts lesen<br />

kann und der Erfolg meiner Fahrradtour<br />

von Rostow über Wolgograd (Stalingrad)<br />

nach Astrachan am seidenen<br />

Faden hängt? Ich werde etwas laut – der<br />

Sicherheitsmitarbeiter nähert sich mir auf<br />

etwa einen Meter, um jederzeit eingreifen<br />

zu können.<br />

„I only want to make a bicycle tour. In 14<br />

days I go back to Germany – I don’t want<br />

to immigrate to Russia”, bricht es aus mir<br />

heraus. Sie weicht etwas zurück – ich<br />

muss auf sie einen schlimmen Eindruck<br />

gemacht haben: mein kurzärmliges<br />

Hemd hing halb aus der Hose, das Gesicht<br />

verschwitzt und von Müdigkeit und<br />

Erschöpfung gezeichnet, auf der kurzen<br />

Hose, aus der zwei lange krumme Beine<br />

herausragten, waren noch die Schlickspritzer<br />

von einer Wattwanderung zu<br />

sehen – erkennt aber allem Anschein<br />

nach mein Missverständnis und zeigt mir<br />

44 <strong>FahrRad</strong> Frühling <strong>2014</strong><br />

Herr Rebrow spricht deutsch.<br />

ein kleines Zettelchen – habe ich nicht so<br />

eines vor einigen Stunden bekommen –<br />

ich fasse in meine Hemdentasche und<br />

siehe da! Zusammengefaltet kommt der<br />

Migrationsnachweis zum Vorschein!<br />

Endlich bin ich in meinem Zimmer – nein:<br />

in meiner Suite im 7. Stock. Als ich mich<br />

geduscht und alles soweit geordnet habe,<br />

komme ich erst so richtig zur Besinnung:<br />

ist das die richtige Gegend, um eine Fahrradtour<br />

zu machen – ich kenne nicht die<br />

Schrift und verstehe kein Russisch – und<br />

die Leute hier können kein Wort Englisch<br />

geschweige denn Deutsch oder Französisch.<br />

„Du brichst die Tour ab und schaust<br />

dir noch mal Rostow am Don an“ entschließe<br />

ich mich in diesem Moment. In<br />

dieser Überzeugzeugung schlafe ich wie<br />

ein Toter ein.<br />

Mittwoch, 7. August 2013. Am nächsten<br />

Morgen wache ich gegen 7:00 Uhr auf,<br />

bin gut gelaunt und ausgeschlafen. Das<br />

Frühstück ist überzeugend: warmes<br />

Essen – Kartoffeln, Fleisch Brot, Kaffee,<br />

Orangensaft. Jetzt nutze ich die<br />

Möglichkeit, mir von dem hohen Zimmerpreis<br />

etwas zurückzuholen. Ich verbringe

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