Inhalt 305 - Rheinaubund
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Mensch und Umwelt<br />
Mensch und Umwelt<br />
Der Zürcher Heimatschutz mit seinen<br />
grossen Sektionen in der Stadt<br />
Zürich und in Winterthur, nebst den<br />
vielen Gruppierungen sowie Heimatschutzgesellschaften,<br />
hat vieles gerettet<br />
und wird auch in Zukunft noch einiges<br />
erhalten helfen. Dabei geht es vor allem<br />
darum, nebst Neuem auch Historisches<br />
beizubehalten. Beginnen wir bei der<br />
Technik,die Stadtzürcher Sektion setzte<br />
sich für das Weiterbestehen des Poly-<br />
Bähnlis (zur ETH) ein. Der kantonale<br />
Heimatschutz restauriert zur Zeit aktiv<br />
mit der kantonalen Denkmalpflege den<br />
letzten zürcherischen Gasometer in<br />
Schlieren als sehr mechanisches und<br />
dynamisch interessantes technisches<br />
Denkmal der Gas-Energiezeit von 1895<br />
bis 1972.<br />
Heimatschutz klingt oft ein bisschen altbacken.<br />
Ist der Schweizer Heimatschutz<br />
heute eine Organisation für ältere Menschen<br />
oder gelingt es Ihnen auch, junge<br />
Menschen für Ihre Anliegen zu gewinnen?<br />
Heimatschutz und Siedlungen sind<br />
ohnehin als ständig laufender Film von<br />
Veränderungen mit nachkommenden<br />
Generationen von Bauten, Kulturelementen<br />
und Menschen zu betrachten<br />
und zu verstehen. Hohe signifikante<br />
Werte gewährleisten dabei nachhaltig<br />
den identifizierenden Ortsbezug.<br />
Der Zürcher Heimatschutz hat ca.<br />
1993 mit finanzieller Unterstützung<br />
durch den örtlichen Gemeinderat die<br />
Hanfreibe in Hettlingen gekauft und<br />
wieder in Stand gesetzt. Ebenso aufgrund<br />
eines Servitutes hat er die Reismühle<br />
in Hegi zusammen mit dem Winterthurer<br />
Heimatschutz renoviert und<br />
wieder zum Laufen gebracht. Der sehr<br />
aktive eigenständige Betriebsverein<br />
Sagi Reismühle, umgehend gegründet<br />
auf den Impuls-Aufruf des Heimatschutzes<br />
gleich bei der Neueinweihung,<br />
arbeitet mit vielen jungen Menschen in<br />
Hegi, einem früheren Vorort von Winterthur,<br />
daran weiter und macht Vorführungen.Dasselbe<br />
tut mit Freude eine<br />
Gruppe von Gemeinderäten in Hettlingen<br />
mit der von uns restaurierten Hanfreibe.<br />
1990/1991 konnte die Stiftung des<br />
Zürcher Heimatschutzes die Restaurierung<br />
der Haumühle in Embrach samt<br />
Wohn- und Mühlhaus mit Scheune fertig<br />
stellen. Den Weiterbetrieb und<br />
Unterhalt der Haumühle besorgt ein<br />
grosser von uns mitgegründeter Betreiberverein,<br />
der sich vorwiegend aus<br />
jüngeren Handwerkern des Embracher<br />
Tales und zahlreichen interessierten Ergänzungsmitgliedern<br />
zusammensetzt.<br />
Auch die Renovation des erwähnten<br />
letzten Gasometers von Schlieren, es<br />
handelt sich dabei um einen hochfahrenden<br />
Teleskop-Niederdruckbehälter,<br />
spricht sehr viele an, vor allem junge<br />
Leute aus dem In- und Ausland und zeigt<br />
der Jugend,wie man vieles aus der früheren<br />
Technik abklären und erneuern<br />
kann.<br />
Im baulichen Bereich haben sowohl<br />
die Stiftung des Zürcher Heimatschutzes<br />
als auch der Zürcher Heimatschutz<br />
viele erhaltenswerte Häuser als<br />
Eigentum übernommen, renoviert und<br />
unterhalten diese fachgemäss. Solche<br />
Gebäude werden von uns gepflegt und<br />
verwaltet. Sie stellen eine Bereicherung<br />
ihrer Umgebung dar. Die meisten der<br />
über 20 Objekte sind bewohnt. Deren<br />
Wohnungen sind gesucht und sehr beliebt,<br />
dies auch wieder von jüngeren<br />
Leuten, die damit nun gegenwartsbezogene<br />
Heimatschutztätigkeit erleben.<br />
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten haben<br />
Umweltverbände oft grosse Schwierigkeiten,<br />
ihre Anliegen durchzusetzen.<br />
Gelten diese Probleme auch für den Heimatschutz?<br />
Bis jetzt sind die Schwierigkeiten für<br />
den Heimatschutz im baulichen Bereich<br />
einschliesslich der Freihaltung von<br />
Grünräumen wohl da, aber nicht unüberwindbar,<br />
weil die Bewohner eines<br />
Quartiers nicht primär alles ändern wollen,<br />
wie dies die Spekulanten den Politikern<br />
immer glaubhaft machen wollen.<br />
Viele Anwohnende ziehen harmonische<br />
Weiterentwicklungen dem Niederreissen<br />
und den vollen Veränderungen vor<br />
und stehen damit auf der Seite des<br />
Foto: SHS<br />
Heimatschutzes. Deutlich zeigt sich das<br />
z.B.in den Zürcher Stadtquartieren Wipkingen<br />
mit dem Bahnhof der 1930er<br />
Jahre und dem Gasthof Nordbrücke von<br />
1900 sowie in Seebach mit den ersten Genossenschaftssiedlungen<br />
aus den 1930/<br />
40er Jahren. Dann z.B. beim Projekt des<br />
200 m langen Bahnhofersatzes in Horgen<br />
oder in Wädenswil am bildhaften Teil<br />
der Luftstrasse mit den markanten alten<br />
Villen und dem alten Weinbauernhaus<br />
Grünhof im Seeuferbereich, um nur einige<br />
Beispiele zu nennen.<br />
Und was tun Sie gegen diese Schwierigkeiten?<br />
Erst einmal arbeiten wir mit den Bewohnern<br />
abbruchgefährdeter Gebiete<br />
oder Objekte zusammen.Wo Anwohner<br />
fehlen, leisten wir aber auch einen alleintätigen<br />
Beitrag für die Öffentlichkeit.<br />
So haben wir uns jetzt beim Landesmuseum<br />
Zürich gemeinsam mit der<br />
Schweizerischen Vereinigung für Gartenkultur<br />
für die Erhaltung des Parkes<br />
und des historisierenden Museumsgebäudes<br />
aus dem 19./20. Jh. (von Professor<br />
Gull, einem Mitbegründer unserer<br />
Vereinigung) eingesetzt sowie darüber<br />
hinaus für den Erhalt des Kongresshauses<br />
Zürich und verlangen moderne<br />
Neubauten für ein Kongresshaus oder<br />
Museum an geeigneten Orten.<br />
In den letzten Jahren hat man häufiger den<br />
Eindruck, Heimatschutz und Umweltschutz<br />
sind näher aneinandergerückt.<br />
Herr Kläusli, Sie sind ja auch Präsident<br />
des Zürcher Heimatschutzes und CO-<br />
Präsident des <strong>Rheinaubund</strong>es. Geht es in<br />
der Zukunft mehr um ein Miteinander?<br />
Natürlich verfolgen Heimatschutzund<br />
Umweltschützverbände gleiche<br />
Hauptziele, nämlich Wohnlichkeit und<br />
Gesundheit, Landschaft- und Naturschutz.<br />
Doch liegen die Schwerpunkte<br />
etwas verschieden und rechtfertigen<br />
deshalb eine Arbeitsteilung. Gute Bauten<br />
und Freiräume in den Siedlungen<br />
pflegt mehr der Heimatschutz, der vor<br />
100 Jahren noch alles auch den Naturschutz,<br />
die Mundart und Trachtenwesen<br />
Viele Anwohnende<br />
ziehen harmonische<br />
Weiterentwicklungen<br />
dem Niederreissen<br />
und den<br />
vollen Veränderungen<br />
vor, so auch<br />
am alten Bahnhof<br />
Wipkingen.<br />
12 natur + mensch 3 /2005<br />
natur + mensch 3 /2005 13