natur und mensch - Rheinaubund
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<strong>natur</strong><br />
<strong>und</strong><br />
<strong>mensch</strong><br />
52. Jahrgang • Heftnummer 2 / 2010<br />
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
La <strong>natur</strong>e et l’homme<br />
La <strong>natur</strong>a e l’uomo<br />
La natira e l’uman<br />
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Tagliamento<br />
Jahresbericht Rheinaub<strong>und</strong><br />
50 JAHRE<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 43
<strong>natur</strong><br />
<strong>und</strong><br />
<strong>mensch</strong><br />
52. Jahrgang • Heftnummer 2 / 2010<br />
Schweizerische Blätter<br />
für Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Rheinaub<strong>und</strong>, Schweizerische<br />
Arbeitsgemeinschaft für Natur <strong>und</strong> Heimat<br />
Redaktion:<br />
Günther Frauenlob (gf) Dipl. Geogr.<br />
Geschäftsstelle des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
<strong>und</strong> Redaktion:<br />
Weinsteig 192, Postfach 1157<br />
CH-8200 Schaffhausen<br />
Telefon: 052 625 26 58<br />
Telefon Redaktionsbüro:<br />
052 625 26 67<br />
Fax: 052 625 26 51<br />
E-mail: redaktion@rheinaub<strong>und</strong>.ch<br />
www.rheinaub<strong>und</strong>.ch<br />
Postcheck 82-3003-8 Schaffhausen<br />
Postbank Karlsruhe BLZ 660 100 75<br />
Konto 300 550 758<br />
Satz:<br />
Diener + Bachmann GmbH<br />
Martin Diener, Nordstr. 108, 8037 Zürich<br />
Layout:<br />
Günther Frauenlob, Christoph Frauenlob<br />
Druck <strong>und</strong> Spedition:<br />
Ropress Genossenschaft<br />
Baslerstr. 106, 8048 Zürich<br />
Abonnementspreise 2008:<br />
Inland Fr. 45.–, Ausland € 31.–,<br />
Einzelheft Fr. 8.–<br />
ISSN 0466-5899<br />
Erscheinungsweise 6 x jährlich<br />
Nachdruck von Beiträgen aus<br />
„Natur <strong>und</strong> Mensch“ werden gestattet unter<br />
Quellenangabe <strong>und</strong> Zusand von 2 Belegen.<br />
Die veröffentlichten Beiträge geben die<br />
Meinung der Autorinnen <strong>und</strong> Autoren wieder<br />
<strong>und</strong> müssen nicht immer der Auffassung des<br />
Rheinaub<strong>und</strong>es entsprechen.<br />
Titelbild:<br />
Foto: Wikimedia Commons Johann Jaritz<br />
Inhalt<br />
Gewässer<br />
2 Wildflussaue Tagliamento:<br />
Vision <strong>und</strong> Mahnmal für den Gewässerschutz<br />
Lukas Indermaur<br />
8 50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong> : Wende zum „Wassermann“ ? Für die<br />
Berücksichtigung der psychischen Dimension im Gewässerschutz<br />
Brigitte Egger<br />
11 Wie die Volksinitiative «Lebendiges Wasser» den Gewässerschutz<br />
voranbrachte<br />
Felix Wirz<br />
16 PRO – Einspeisevergütung <strong>und</strong> Wasserkraft:<br />
Das ewige Dilemma zwischen Nutzung <strong>und</strong> Schutz<br />
Michael Kaufmann<br />
18 CONTRA – Einspeisevergütung <strong>und</strong> Wasserkraft:<br />
Wasserkraft ja, aber nur umweltverträglich<br />
Hans Fritschi<br />
20 Nachhaltige Wasserkraft: Weniger ist mehr<br />
Luca Vetterli, Roland Seiler<br />
Aus dem Rheinaub<strong>und</strong><br />
23 Blickpunkt ungezähmte Gewässer: 50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Matthias Nast<br />
28 Im Gespräch mit den Zeitzeugen Gerold Meier <strong>und</strong> Walter Büsch<br />
30 50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong> – Gedanken zum Jubiläum<br />
31 Tätigkeitsbericht Rheinaub<strong>und</strong> 2009–2010<br />
37 Tätigkeitsbericht VivaRiva 2009–2010<br />
38 Jahresrechnung Rheinaub<strong>und</strong> 2009–2010<br />
Letzte Seite<br />
41 Jubiläumsprogramm 50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Assoziierte Organisationen:<br />
Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Aare<br />
AQUA VIVA<br />
IG Bielersee<br />
ARGE Pro Thur<br />
PROTÖSS<br />
Bodensee-Stiftung<br />
Verband zum Schutze des Greifensees<br />
Schweizerische Greina-Stiftung<br />
Landschaftsschutzverband Vierwaldstättersee<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
Editorial<br />
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
50 Jahre <strong>und</strong> wach wie je<br />
Liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser<br />
Ein langer Kampf macht reich an Erfahrungen. Er kann auch müde machen. So sind denn Weisheit<br />
<strong>und</strong> Müdigkeit, um es mit den Worten von Stefan Zweig zu sagen, „zwei Gefühle, die einander<br />
gefährlich gleichen“. Wir kämpfen 2010 seit fünfzig Jahren für lebendige Flüsse <strong>und</strong> lebenswerte<br />
Wasserlandschaften. Da hat sich viel Weisheit<br />
angesammelt in dieser Zeit. Müde geworden<br />
ist unsere Organisation deswegen sicher nicht.<br />
Vielmehr profitiert der Rheinaub<strong>und</strong> vom Wissen<br />
<strong>und</strong> der Erfahrung der älteren Rheinaukämpferinnen<br />
<strong>und</strong> -kämpfer. Auf diesem<br />
F<strong>und</strong>ament lässt sich auch Modernes bauen.<br />
Das motivierte Team, das aktuell auf der<br />
Geschäftsstelle <strong>und</strong> im Vorstand wirkt, sprüht<br />
vor Ideen <strong>und</strong> will handeln. Wir suchen neue<br />
Lösungen für die alten Probleme im Gewässerschutz<br />
<strong>und</strong> der Aufwertung von natürlichen<br />
oder <strong>natur</strong>nahen Gewässerlandschaften.<br />
Einfach ist das nicht. Immer mehr beobachten<br />
wir, wie sich die Verantwortlichen in Ämtern<br />
<strong>und</strong> Behörden um Entscheide herumdrücken.<br />
Konzepte <strong>und</strong> Studien werden zwar am Laufmeter<br />
produziert, doch der ges<strong>und</strong>e Menschenverstand<br />
bleibt auf der Strecke. Statt<br />
mutig für die Sache der Fliessgewässer einzustehen<br />
– eine Sache nota bene, die gemäss<br />
jüngsten Umfragen 72% der Bevölkerung<br />
unterstützt – wird versucht, „es allen Recht<br />
zu machen“. Da <strong>und</strong> dort noch ein neues<br />
Kraftwerkli kann doch nicht so schlimm sein,<br />
wird argumentiert. Verdrängt wird dabei, dass<br />
weltweit kein anderes Land seine Wasserkraft<br />
bereits so stark ausgebaut <strong>und</strong> seine Gewässer<br />
verbaut hat wie die Schweiz <strong>und</strong> dass längst nicht alles, was ist, einfach gut ist. Verdrängt werden<br />
aber mit diesem Zaudern <strong>und</strong> der Angst vor juristischen Spitzfindigkeiten vor allem die kreativen<br />
Ansätze: Dynamische Staukoten, ökologische Ersatzmassnahmen ausserhalb der<br />
Konzessionsstrecken, multifunktionale Umgehungsgewässer, gezielter Ausbau am einen, aber<br />
dafür Rückbau am anderen Ort, intelligente Kombination von Auen- <strong>und</strong> Hochwasserschutz – um<br />
nur einige Beispiele zu nennen.<br />
Schon ganz am Anfang unserer Geschichte, im Kampf gegen die Kraftwerke Rheinau <strong>und</strong> am Spöl im<br />
Nationalpark, erschöpfte sich das Engagement des Rheinaub<strong>und</strong>es nicht im Einsatz GEGEN die zwei<br />
Projekte. Mit den Vorschlägen FÜR ein Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzgesetz brachten unsere<br />
Gründerinnen <strong>und</strong> Gründer auf B<strong>und</strong>esebene konstruktive Vorschläge ein, die zu einem<br />
tragfähigen, noch heute gültigen Werk führten. 1975 nahm das Volk den Verfassungsartikel<br />
an, der den B<strong>und</strong> verpflichtet, angemessene Restwassermengen zu sichern. Und 1992<br />
trat das neue Gewässerschutzgesetz in Kraft, welches unter anderem festlegt, wie diese<br />
Restwassermengen festzulegen sind. Immer hat der Rheinaub<strong>und</strong> mitgestaltet <strong>und</strong> sich an<br />
vorderster Front für den Vollzug des Errungenen stark gemacht. Und das wollen wir auch<br />
im 51. Vereinsjahr: wach, intelligent, aktiv <strong>und</strong> kreativ, statt durchschnittlich <strong>und</strong> angepasst.<br />
Intelligenter Wasserbau<br />
muss nicht teuer sein.<br />
Biberbäume <strong>und</strong><br />
Schwemmholz schaffen<br />
ökologisch wertvolle<br />
<strong>und</strong> selten gewordene<br />
Strukturen.<br />
Foto A. Bryner<br />
Andri Bryner, Interimspräsident Rheinaub<strong>und</strong><br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 1
Gewässer<br />
Wildflussaue Tagliamento:<br />
Vision <strong>und</strong> Mahnmal für den Gewässerschutz<br />
Der Tagliamento-Fluss in Norditalien ist der letzte grosse ungezähmte Wildfluss in<br />
Mitteleuropa. Über 170 km fliesst er in einem bis zu 2 km breiten Bett. Er gilt aufgr<strong>und</strong><br />
seiner Naturbelassenheit international als Modellökosystem. Vom Tagliamento<br />
lernen wir: 1. Flussauen sind Zentren der Biodiversität; 2. Flussauen<br />
brauchen zur Erfüllung ihrer natürlichen Funktionen viel mehr Raum als heute<br />
zugestanden <strong>und</strong> sogar gefordert wird; 3. Natürliche Abfluss-, Geschiebe- <strong>und</strong><br />
Schwemmholzdynamik sind Herzschlag <strong>und</strong> Blut der Aue. Ohne Dynamik verschwinden<br />
Pionierlebensräume, die für den Erhalt aquatischer Biodiversität entscheidend<br />
sind: Offene Schotterflächen, Pioniervegetation <strong>und</strong> Tümpel. Flussrevitalisierungen<br />
können diesem Trend entgegenwirken, wobei der Tagliamento<br />
für die Definition von Leit- <strong>und</strong> Entwicklungszielen von unschätzbarem Wert ist.<br />
Von Lukas Indermaur<br />
Der Tagliamento ist das hydrologisch <strong>und</strong><br />
morphologisch weitgehend intakte, kulturelle<br />
<strong>und</strong> landschaftliche Rückgrat der Region<br />
Friaul-Julisch Venetien. Er ist über 170<br />
km lang, entspringt den friulanischen Alpen<br />
<strong>und</strong> mündet oberhalb von Venedig in die<br />
Adria. Der Tagliamento verbindet die Alpen<br />
mit dem Mittelmeerraum <strong>und</strong> ist damit<br />
einer der wichtigsten Ausbreitungskorridore<br />
für Pflanzen <strong>und</strong> Wildtiere im Alpenraum.<br />
Seine ungebändigte Kraft entfaltet der Tagliamento<br />
in einem bis zu 2 km breiten Schotterbett.<br />
Dabei gestaltet er ein komplexes<br />
<strong>und</strong> vielfältiges Lebensraum-Mosaik 1–3) . Der<br />
Oberlauf ist gestreckt, geprägt von grobkörnigem<br />
Schotter. Im Mittellauf fliesst der<br />
Tagliamento verzweigt zwischen Inseln,<br />
Sand- <strong>und</strong> Schotterbänken. Im Unterlauf<br />
mäan driert der Tagliamento, die Sedimente<br />
sind zunehmend tonig 2) .<br />
Abschnitt mit Inseln, charakteristisch<br />
für den 90 km langen<br />
Mittellauf – einzigartig im<br />
Alpenraum.<br />
Foto: Lukas Indermaur<br />
Seite 2 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Visitenkarte der Tagliamento-<br />
Wildflussaue<br />
Der Tagliamento führt im Jahresmittel<br />
90 m 3 /s Wasser. Ein- bis zweijährliche Hochwasser<br />
erreichen 1100 m 3 /s, meist im Herbst<br />
<strong>und</strong> Frühjahr, ein h<strong>und</strong>ertjährliches Hochwasser<br />
4300 m 3 /s 4, 5) .<br />
Der 90 km lange verzweigte Mittellauf mit<br />
Inseln ist einzigartig im Alpenraum. Der<br />
Flusskorridor (Auenwald <strong>und</strong> Flussbett)<br />
misst 150 km 2 was etwa der Fläche des<br />
Schweizerischen Nationalparks entspricht.<br />
die Fläche des Flussbetts misst 61.7 km 2 . Davon<br />
sind 63% Schotter, 19% Wasser, 16% Inseln<br />
<strong>und</strong> 2% Schwemmholz 3, 6) . Über 650 gehölztragende<br />
Inseln prägen das Flussbett 3, 7) .<br />
Stillgewässer sind noch in hoher Anzahl zu<br />
finden, 181 in einem 2 km 2 grossen Abschnitt<br />
des Mittellaufes 8, 9) . Die durchschnittliche<br />
Ufererosionsrate am Tagliamento beträgt<br />
6–8 m pro Jahr. Entsprechend zeigt<br />
der Tagliamento eine beeindruckende Uferlänge:<br />
Je Flusskilometer fallen am Tagliamento<br />
25 km Uferlänge an. Zum Vergleich,<br />
an der Donau sind es 8 km <strong>und</strong> an der<br />
Rhône 2 km 10) .<br />
Für Pionierarten, welche auf offene Flächen<br />
angewiesen sind, ist der Tagliamento ein Paradies<br />
11) . Im Mittellauf kommen auf 125<br />
Hektaren Schotter <strong>und</strong> Inseln 16% der 2780<br />
Arten höherer Pflanzen vor 12) . Vom Flussregenpfeiffer<br />
brüten 22 Paare pro Flusskilometer<br />
13) . Im Flusskorridor leben 89 Laufkäferarten,<br />
wovon ein Drittel auf der Roten<br />
Liste rangiert 14) . Im Mittellauf zählte ich innerhalb<br />
eines 2 km 2 grossen Abschnitts 13<br />
Amphibienarten, teils in beachtlichen Dichten<br />
während einer Saison: 3712 Eigelege<br />
vom Italienischen Springfrosch <strong>und</strong> 119<br />
Eigelege der Wechselkröte 15) . Im Tagliamento<br />
leben 33 Fischarten, wovon ein Drittel<br />
als besonders schützenswert gilt (FFH-Arten)<br />
16) . Der Lebensraum „Alpine Flüsse <strong>und</strong><br />
ihre Ufergehölze mit der Deutschen Tamariske“<br />
hat alpenweit den stärksten Rückgang<br />
zu verzeichnen, ist aber am Tagliamento<br />
noch grossflächig <strong>und</strong> durchgehend vorhanden<br />
17) .<br />
Flussauen sind unsere<br />
Regenwälder <strong>und</strong> bester<br />
Hochwasserschutz<br />
Natürliche Wildflussauen gehören zu den<br />
produktivsten <strong>und</strong> artenreichsten Ökosystemen<br />
18–20) . Wildflussauen laden zur Naher<br />
holung ein <strong>und</strong> sind aufgr<strong>und</strong> ihres<br />
Reten tionsraumes der beste natürliche<br />
Hochwasserschutz. Der ökonomische Wert<br />
Charakterarten der offenen <strong>und</strong><br />
dynamischen Lebensräume: A)<br />
Flussregenpfeiffer, B) Wechselkröte,<br />
C) Kreuzschrecke, D)<br />
Deutsche Tamariske.<br />
(Foto A von Stefan Wassmer;<br />
Foto D von Peter Bolliger)<br />
Landschaftsäthetik<br />
hat einen Ursprung<br />
Acht Uhr abends, Dämmerlicht. Ich hocke<br />
auf dem Kies, mitten im fast 1 km<br />
breiten Flussbett des Tagliamento. Die<br />
Urtümlichkeit <strong>und</strong> Kraft dieses Lebensraumes<br />
ist spürbar. Bald wird es<br />
schwarze Nacht <strong>und</strong> ich kann mit meiner<br />
Arbeit beginnen. Die Geräusche<br />
des Tages vermischen sich für kurze<br />
Zeit mit jenen der Nacht. Der Gesang<br />
der Flussregenpfeifer <strong>und</strong> Pirole verstummt,<br />
doch Ziegenmelker <strong>und</strong><br />
Nachtigall übernehmen zuverlässig.<br />
Paarungsrufe der Laubfrösche <strong>und</strong><br />
Wechselkröten gesellen sich hinzu.<br />
Untermalt wird das Paarungsgeschehen<br />
vom Gurgeln <strong>und</strong> Plätschern unzähliger<br />
Rinnsale, welche ihren Weg<br />
zwischen den Kiesbänken bis ins Meer<br />
suchen.<br />
Ich geniesse diesen Moment, bin mir<br />
des Privilegs bewusst in einem intakten<br />
Lebensraum arbeiten zu dürfen.<br />
Noch immer kann ich mich nicht satt<br />
sehen <strong>und</strong> hören am Formenreichtum,<br />
an der pulsierenden Lebensvielfalt.<br />
Eigentlich erstaunlich, denn seit fast<br />
zwei Jahren erforsche ich Raumbedarf<br />
<strong>und</strong> Überleben von Amphibien in der<br />
Flussaue, bei Tag <strong>und</strong> Nacht, Kälte <strong>und</strong><br />
Regen, mindestens sechs Tage die<br />
Woche. Was mich am Tagliamento so<br />
anzieht, ist seine Ästhetik <strong>und</strong> Grösse.<br />
Ästhetik <strong>und</strong> Grösse haben ihren<br />
Ursprung in noch funktionierenden<br />
Ökosystemprozessen wie Abfluss-, Geschiebe,-<br />
<strong>und</strong> Schwemmholzdynamik.<br />
intakter Flussauen wird mit bis zu 25 000<br />
US$/ha <strong>und</strong> Jahr kapitalisiert. Davon macht<br />
die natürliche Hochwasserfunktion bis zu<br />
85% des Wertes aus 21) . In Flussauen kommen<br />
r<strong>und</strong> 80% der einheimischen Tierarten<br />
<strong>und</strong> mehr als ein Drittel der Pflanzenarten<br />
vor 22, 23) . Der Anteil der Flussauen an<br />
der Landesfläche betrug in der Schweiz<br />
einst 10%, ist heute aber auf 0.26% geschrumpft<br />
24) . Flussauen sind deshalb absolut<br />
zentral für den Erhalt unserer Biodiversität.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 3
Gewässer<br />
Wieso der Tagliamento<br />
international so wichtig ist<br />
Der Tagliamento ist der letzte grosse ungezähmte<br />
Alpenfluss, weshalb er international<br />
als Modellökosystem für den Alpenraum<br />
gilt. Nirgends sonst in Mitteleuropa laufen<br />
grossräumige Prozesse wie die Entstehung<br />
von Schotterbänken, Gerinneverlagerungen<br />
<strong>und</strong> Inselbildung noch so ungehindert<br />
ab 3, 7) . Am Tagliamento lässt sich beobachten,<br />
wie Lebensraumvielfalt entsteht. Diese<br />
Lebensraumvielfalt ist Ausgangspunkt für<br />
die Entwicklung einer artenreichen Flora<br />
<strong>und</strong> Fauna.<br />
Viele Fragen lassen sich an unseren weitgehend<br />
regulierten Fliessgewässern nicht<br />
mehr untersuchen. Zum Beispiel, welche<br />
Ökosystemprozesse regulieren was? Wie<br />
sieht eine natürliche Flussaue aus? Anrainer<br />
des Tagliamento würden auf ihren Fluss zeigen.<br />
Die meisten Berner vermutlich auf die<br />
grüne <strong>und</strong> kanalisierte Aare bei Bern. Klar,<br />
wer recht hat. Schwieriger zu beantworten<br />
ist die Frage, wie viel Platz ein Fluss braucht.<br />
„Vielmehr als heute zugestanden wird“ - so<br />
die Kurzversion. Zum Vergleich: Der Alpenrhein<br />
bei Diepoldsau führt im Mittel 2.6 mal<br />
mehr Jahresabfluss als der Tagliamento. Der<br />
Alpenrhein zwängt sich aber durch ein 73 m<br />
breites Flussbett, was 13–27 mal enger als<br />
das des Tagliamento ist (Abb. A)!<br />
Wie wichtig ist ein natürliches Abflussregime<br />
für die Lebensraum- <strong>und</strong> Artenvielfalt<br />
der Aue? – woher wollen wir das wissen,<br />
sind doch über 90% unserer Fliessgewässer<br />
hydrologisch beeinträchtigt. Zum Vergleich:<br />
Der regelmässige Zickzack in der Abflusskurve<br />
des Alpenrheins verrät Beeinträchtigungen<br />
(Sunk/Schwall) durch Wasserkraftnutzung.<br />
Am Tagliamento ist diese weit<br />
verbreitete Beeinträchtigung nicht erkennbar<br />
(Abb. B).<br />
Die Wiederherstellung natürlicher Ökosystemprozesse<br />
bedingt Einsichten von unbeeinträchtigten<br />
Systemen – das macht den<br />
Tagliamento so wichtig 25) . Entwicklungsziele<br />
für Revitalisierungen müssen sich am ursprünglichen<br />
Gewässerzustand orientieren.<br />
Hier spielt der Tagliamento als Vision <strong>und</strong><br />
Leitbild eine Schlüsselrolle. Auch gibt es von<br />
den meisten Organismen kaum Angaben<br />
über natürliches Verhalten, natürliche Dichten<br />
<strong>und</strong> Ansprüche an natürliche Umweltbedingungen.<br />
Kenntnisse dieser Faktoren<br />
sind entscheidend um den Erfolg künftiger<br />
Flussrevitalisierungen zu messen.<br />
Lebensraumdynamik<br />
erspart Pflegeeingriffe<br />
Schotter, Inseln, das Wassernetzwerk, Stillgewässer<br />
<strong>und</strong> Schwemmholz sind die zentralen<br />
Lebensraumtypen natürlicher Flussauen<br />
1) – deren Verfügbarkeit ist eng an die<br />
Abflussdynamik gekoppelt: Innert drei Jahren<br />
verschwanden am Tagliamento 15% der<br />
reifen Inseln (Alter: 6–20 J.) <strong>und</strong> 80% der Pionierinseln<br />
(Alter: 2–5 J.) 26) . Bis zu 95% der<br />
Schwemmholzmenge wird durch grössere<br />
Hochwasser abgetragen, gleichzeitig wieder<br />
durch Ablagerungen ersetzt 27) . Bis zu<br />
60% der Stillgewässer entstehen bei einem<br />
Hochwasser neu 28) . Trotz beachtlicher Veränderungsraten<br />
bleiben die relativen Anteile<br />
der Lebensraumtypen im Flussbett über<br />
die Zeit konstant 28) . Einzig, deren Alter wird<br />
teilweise zurückgesetzt. Hochwasserdynamik<br />
<strong>und</strong> Trockenfallen erhalten ein komplexes<br />
Lebensraummosaik <strong>und</strong> damit eine hohe<br />
Biodiversität. Flussregulierungen sind<br />
fatal, weil in der Folge die jungen <strong>und</strong> besonders<br />
wertvollen Lebensraumtypen am<br />
schnellsten verloren gehen. Im Gebiet des<br />
Nationalparks Donauauen sind von 1880 bis<br />
1993 offene Schotterflächen von 28% auf<br />
2% <strong>und</strong> Gewässerflächen von 36% auf 19%<br />
A) Verhältnis zwischen Abfluss<br />
<strong>und</strong> Gerinnebreite einiger<br />
Schweizer Flüsse im Vergleich mit<br />
dem Tagliamento (Sternsymbol).<br />
Quellen: „GoogleEarth <strong>und</strong><br />
Schweizerische Landeshydrologie“;<br />
B) Vergleich des natürlichen<br />
Abflussregimes des Tagliamento<br />
mit dem künstlichen Abflussregime<br />
des Alpenrheins.<br />
Seite 4 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Aus Schwemmholz entstehen<br />
über Pioniergesellschaften reife<br />
Inseln <strong>und</strong> Tümpel.<br />
Foto: Lukas Indermaur<br />
zurückgegangen 29) . Waldflächen hingegen<br />
nahmen von 36% auf 79% zu.<br />
In den meisten Schutzgebieten muss der<br />
Mensch fehlende Lebensraumdynamik<br />
nachahmen. Mit kostspieligen <strong>und</strong> wiederkehrenden<br />
Pflegeeingriffen wird der natürlichen<br />
Vegetationsentwicklung entgegengewirkt.<br />
In dynamischen Flussauen übernimmt<br />
der Fluss Pflegeeingriffe <strong>und</strong> Aufwertungsmassnahmen<br />
zum Nulltarif.<br />
Drei zentrale Indikatoren<br />
intakter Flussauen<br />
Schwemmholz<br />
Schwemmholz ist wichtig, wichtig, wichtig:<br />
Schwemmholz steigert die Selbstreinigungskraft<br />
von Fliessgewässern enorm 30) ,<br />
erhöht die Strömungsvielfalt, ist Ausbreitungsvehikel<br />
für Organismen, unverzichtbares<br />
Refugium für Fische <strong>und</strong> Amphibien. Der<br />
minimale mittlere Schwemmholzbedarf von<br />
Populationen (100 Individuen) von Erdkröten<br />
beträgt 757 m 2 /ha, von Wechselkröten<br />
234 m 2 /ha 31, 32) . Die insgesamt in der Flussaue<br />
benötigte Fläche von Erdkrötenpopulationen<br />
beträgt im Mittel 59 752 m 2 , von<br />
Wechselkrötenpopulationen 247 807 m 2 33) .<br />
Beachtliche Zahlen, die anzeigen, dass bei<br />
uns die Fläche einzelner Schutzgebiete zu<br />
wenig Schwemmholz oder Altholz hat <strong>und</strong><br />
für den Erhalt lebensfähiger Amphibienpopulationen<br />
zu klein ist.<br />
Besonders wichtig ist Schwemmholz, weil<br />
aus dessen Ablagerungen weitere Lebensraumtypen<br />
entstehen, die zahlreichen Arten<br />
Lebensraum bieten. Das geschieht nach<br />
folgendem Muster<br />
34, 35)<br />
: Unterhalb von<br />
Schwemmholzablagerung sammeln sich<br />
nach Hochwässern Feinsedimente. Im strömungsgeschützten<br />
Teil entsteht eine langgezogene<br />
Sedimentfahne. Darauf keimen<br />
bei günstigen Bedingungen Pflanzen – die<br />
Inselentwicklung beginnt. Oberhalb der<br />
Schwemmholzansammlung entsteht meist<br />
ein wassergefüllter Kolk der von Amphibien<br />
gerne zur Eiablage genutzt wird 15) .<br />
Das Schwemmholzangebot hängt von<br />
durchgängig intakten Auenwäldern <strong>und</strong> natürlicher<br />
Abflussdynamik ab – mindestens<br />
30% des Schwemmholzes vor Ort stammen<br />
vom Oberlauf 27) . Stauhaltungen reduzieren<br />
Schwemmholz um bis zu 90%, wodurch die<br />
lokale <strong>und</strong> regionale Lebensraumvielfalt banalisiert<br />
wird 36) . Schwemmholzentnahmen<br />
sind aus Sicherheitsgründen gesetzlich vorgeschrieben.<br />
Im Sinne eines modernen Gewässermanagements<br />
muss Schwemmholz<br />
unbedingt weitergeleitet werden, was einzelne<br />
Kantone bereits praktizieren. Wo ein<br />
Risiko für die Unterlieger besteht, kann<br />
Schwemmholz auch nicht entfernt sondern<br />
in 2 m-Stücke zerteilt liegen gelassen werden<br />
37) .<br />
Inseln<br />
Reife Inseln beherbergen eine extrem hohe<br />
Vielfalt an Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten, bieten<br />
Schutz bei Hochwasser <strong>und</strong> sind deshalb<br />
zentral für die Wiederbesiedlung der offenen<br />
Pionierlebensräume 8) . Inseln erhöhen<br />
den Rückhalt von Schwemmholz signifikant.<br />
In verzweigten Abschnitten mit Inseln war<br />
der Schwemmholzanteil um das 2- bis 10-fache<br />
höher (100–150 t/ha) als in verzweigten<br />
Abschnitten ohne Inseln (15–70 t/ha) 27) . Bewachsene<br />
Inseln sind deshalb auch aus<br />
Gründen des Hochwasserschutzes wünschenswert,<br />
vorausgesetzt die Platzverhältnisse<br />
sind grosszügig genug bemessen, so<br />
dass die Abflusskapazität nicht wesentlich<br />
reduziert wird.<br />
Tümpel<br />
Inseln <strong>und</strong> Schwemmholz steigern die Dichte<br />
<strong>und</strong> Vielfalt aquatischer Lebensräume<br />
enorm: Von insgesamt 110 Laichgewässern<br />
in einem 1.2 km 2 grossen Abschnitt des Mittellaufes<br />
entstanden 65% der Tümpel an Inselrändern,<br />
16% bei Schwemmholzhaufen.<br />
Nur gerade 19% aller Tümpel entstanden im<br />
offenen Schotter 15) .<br />
Stillgewässer im Flussbett machen nur 2%<br />
der Wasserfläche aus, beherbergen aber 72%<br />
der Arten von Gewässerinsekten 38) . Tümpel<br />
des Flussbetts sind von besonderer Bedeutung<br />
für die Populationsdynamik von Amphibien,<br />
produzierten diese doch in Jahren ohne<br />
Hochwässer 98% der jungen Erdkröten 8, 39) . In<br />
älteren Auenwaldtümpeln kamen dagegen<br />
nur 2% Jungkröten auf. Schuld daran sind<br />
hohe Frassverluste, denn Räuber werden im<br />
Auenwald weniger stark durch Hochwasser<br />
reduziert als im Flussbett 8) .<br />
Nutzung des Tagliamento<br />
Leider wird auch am Lebensnerv des ungezähmten<br />
Tagliamento gesägt: Auenwälder<br />
weichen Industriebauten <strong>und</strong> Maisäckern.<br />
Kulturland <strong>und</strong> Industriebauten werden mit<br />
Dämmen geschützt. Ab dem Oberlauf bei<br />
Tolmezzo fliesst auf 70 km heute nur noch<br />
die Hälfte des Abflusses. Seit den 20er Jahren<br />
werden in Stauseen (Sauris, Verzegnis)<br />
insgesamt 73.6 Millionen m 3 zurückhalten 11,<br />
40)<br />
. Die Zementindustrie entnimmt jährlich<br />
mehrere Millionen m 3 Schotter. Als Resultat<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 5
Gewässer<br />
dieser Nutzungen hat sich die durchschnittliche<br />
Gerinnebreite des Tagliamento seit Beginn<br />
des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts bis 1990 von 1600<br />
m auf 700 m verengt <strong>und</strong> das Gewässerbett<br />
hat sich um 3 m eingetieft 40) . Trotzdem ist<br />
der Tagliamento immer noch das beste Beispiel<br />
einer grossen <strong>natur</strong>belassenen Wildflussaue<br />
in Mitteleuropa 41) .<br />
Positive Nutzungen nehmen zu. So setzen<br />
Anrainer vermehrt auf Ökotourismus, bieten<br />
Übernachtungen in B&B mit Bio-Verpflegung<br />
aus der Region an. Oder, Campen am<br />
Fluss ist möglich, ebenso Flusswanderungen<br />
„per pedes“ oder zu Pferd. Zunehmend<br />
erleben auch Schulklassen <strong>und</strong> Familien<br />
den Fluss. W<strong>und</strong>erbar, wenn all diese Menschen<br />
das Bild natürlicher Flussauen verinnerlichen<br />
<strong>und</strong> in ihre Wohnorte zurücktragen.<br />
Ist der Tagliamento nicht<br />
geschützt?<br />
Ein geringer Teil des Flusskorridors (Auenwald<br />
<strong>und</strong> Flussbett) ist geschützt. Italiens<br />
Behörden registrierten bei der EU lediglich<br />
14% der „natürlich vorkommenden Lebensräume<br />
von gemeinschaftlichem Interesse“<br />
Der Fluss lädt zum Spiel<br />
ein <strong>und</strong> entspannt.<br />
Foto: Lukas Indermaur<br />
(FFH-Lebensräume) 17) . Eine groteske Untertreibung.<br />
FFH-Lebensräume gehören zum<br />
europäischen Schutzgebietsnetzwerk „Natura<br />
2000“. Ortsgeb<strong>und</strong>ener Schutz einzelner<br />
FFH-Lebensräume in dynamischen<br />
Lebensräumen ist unsinnig. Dynamische<br />
Lebensräume müssen als Ganzes geschützt<br />
werden. So auch der Flusskorridor des Tagliamento:<br />
Wegen seines durchgehend hohen<br />
Anteils an FFH-Lebensräumen, wegen<br />
seiner zentralen Bedeutung als Verb<strong>und</strong>achse<br />
von Alpen <strong>und</strong> Mittelmeerraum <strong>und</strong> somit<br />
für das Netzwerk der „Natura 2000“-<br />
Gebiete, wegen seiner Einzigartigkeit im<br />
Alpenraum. So wurde wiederholt die Aufnahme<br />
der Tagliamento-Auen ins globale<br />
Netz der UNESCO-Biosphärenreservate gefordert<br />
– für die Region Friaul wäre das eine<br />
Riesenchance 42–44) .<br />
Fragwürdiges<br />
Hochwasserschutzprojekt<br />
Ein Jahrh<strong>und</strong>erthochwasser im Jahre 1966<br />
kostete 14 Personen in der Stadt Latisana<br />
am Unterlauf das Leben, 5000 Personen<br />
wurden obdachlos. Verständlicherweise<br />
löste diese Tragödie ein Hochwasserschutzprojekt<br />
aus. Leider ist dieses nach heutigen<br />
Massstäben völlig überdimensioniert <strong>und</strong><br />
ausschliesslich technisch ausgelegt. Pikant,<br />
dass die meisten Städte, ausser Latisana, erhöht<br />
an den Talflanken liegen. Bei Latisana<br />
wird der Tagliamento in einem engen Kanal<br />
die letzten 10 km ins Meer geführt. Pegelschwankungen<br />
betragen dort bis 7 m, im<br />
Mittellauf hingegen maximal 2 m. Trotzdem<br />
sollen Massnahmen am besonders wertvollen<br />
Mittellauf das Risiko für die Unterlieger<br />
mindern. In vier Retentionsbecken mit insgesamt<br />
50 Mio. m 3 Fassungsvermögen sollen<br />
Hochwasserspitzen fliessen. Und, Dämme<br />
zum Schutz von Ackerland würden<br />
wertvolle Zuflüsse blockieren 41) .<br />
Neuere Berechnungen belegen klar, dass<br />
diese Massnahmen unnötig sind 45) . Ein zusätzliches<br />
Gerinne, unter Umgehung der<br />
Stadt Latisana, reicht aus damit Hochwasserspitzen<br />
schadlos ins Meer ausgeleitet<br />
werden können. Verantwortliche Regierungsstellen<br />
anerkennen Abflussberechnungen<br />
etablierter Wissenschaftler bisher<br />
jedoch nicht. Die Realisierung des Beton-<br />
Seite 6 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Anrainer wehren sich gegen<br />
das veraltete Hochwasserschutzprojekt.<br />
Foto: Lukas Indermaur<br />
projektes würde den einzigartigen Charakter<br />
des 90 km langen Mittellaufes zerstören.<br />
Dagegen demonstrierten Friulaner aller Altersschichten<br />
mit internationaler Beteiligung<br />
mehrfach. Offiziell hat man sich noch<br />
nicht durchgerungen, das Betonprojekt zu<br />
begraben. Immerhin, Behörden haben im<br />
Februar 2010 an einer öffentlichen Veranstaltung<br />
festgehalten, dass die Datenbasis<br />
aktualisiert werden muss. Ob die künftigen<br />
Massnahmen konform sind mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie<br />
wird sich weisen <strong>und</strong><br />
aufzeigen wie ernst es der EU mit deren Umsetzung<br />
ist.<br />
Vom Tagliamento lernen wir...<br />
1. Flussauen sind Zentren der Biodiversität;<br />
2. Flussauen brauchen zur Erfüllung Ihrer<br />
natürlichen Funktionen viel mehr Raum als<br />
heute zugestanden <strong>und</strong> sogar gefordert<br />
wird;<br />
3: Natürliche Abfluss-, Geschiebe- <strong>und</strong><br />
Schwemmholzdynamik sind Herzschlag <strong>und</strong><br />
Blut der Aue. Ohne Dynamik verschwinden<br />
Pionierlebensräume die für den Erhalt aquatischer<br />
Biodiversität entscheidend sind.<br />
Flussrevitalisierungen bergen enormes Potential<br />
zur Förderung aquatischer Biodiversität.<br />
Priorität muss die Wiederherstellung<br />
natürlicher Ökosystemprozesse haben, sowie<br />
der Schutz angrenzender Auenwälder.<br />
Das Potential für Flussrevitalisierungen in<br />
der Schweiz beträgt ca. 22000 Flusskilometer.<br />
Es ist Zeit, diese in Angriff zu nehmen.<br />
Der fortschreitende Verlust von aquatischem<br />
Leben wird nur zu bremsen sein,<br />
wenn folgende Themen in der Politik Gehör<br />
finden:<br />
1. ein alpenübergreifendes Schutz- <strong>und</strong> Revitalisierungsprogramm;<br />
2. der richtplanerische Schutz der letzten<br />
5% unbeeinflussten Fliessgewässer;<br />
3. die Einrichtung von Revitalisierungsfonds;<br />
4. Revisionen von gesetzlichen Vorschriften,<br />
welche f<strong>und</strong>amentale Ökosystemfunktionen<br />
wie z.B. die Schwemmholzdynamik unterbinden;<br />
5. Sicherung potentieller Retentionsräume<br />
in Gefahrenkarten sowie deren Freihaltung<br />
von Bautätigkeit.<br />
Das umfangreiche Literaturverzeichnis zu<br />
diesem Artikel ist auf Anfrage beim Rheinaub<strong>und</strong><br />
erhältlich.<br />
Lukas Indermaur,<br />
Dr. sc. ETHZ, ist<br />
Biologe <strong>und</strong> hat<br />
seine Dissertation<br />
über Raumverhalten<br />
<strong>und</strong> Überleben<br />
von Amphibien in dynamischen<br />
Flussauen verfasst. Er arbeitet im<br />
Bereich integriertes Flussmanagement<br />
am Schweizer Wasserforschungsinstitut<br />
Eawag in der Abteilung Systemanalyse<br />
<strong>und</strong> Modellierung – aktuell an<br />
einem Fischmodell.<br />
Lukas Indermaur<br />
Florastr. 15<br />
9000 St. Gallen<br />
Tel.: 071 2203825<br />
info@lukasindermaur.ch<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 7
Gewässer<br />
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong>: Wende zum „Wassermann“ ?<br />
Für die Berücksichtigung der psychischen Dimension im Gewässerschutz<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> feiert sein 50-jähriges Bestehen: Eine schöne Gelegenheit, den<br />
Einsatz für die Gewässer aus einem ungewohnten Blickwinkel – dem tiefenpsychologischen–<br />
zu beleuchten <strong>und</strong> die symbolischen Bilder zu erk<strong>und</strong>en, welche unsere<br />
Vorstellungen über Wasser beeinflussen. Wie die therapeutische Erfahrung zeigt,<br />
können aus der Achtsamkeit gegenüber innerseelischen Bildern schöpferische<br />
Lösungen erarbeitet werden, die von der tieferen Natur mitgetragen, wenn nicht<br />
gar vorgeschlagen werden. Können wir insbesondere von den alten Wassermythen<br />
etwas lernen? Kann die Berücksichtigung der seelischen <strong>und</strong> symbolischen Dimension<br />
des Wassers den Gewässerschutz befruchten ?<br />
Von Brigitte Egger<br />
Eine bemerkenswerte Wende in der Beziehung<br />
des Menschen zur Natur wurde vor<br />
über h<strong>und</strong>ert Jahren durch die Schaffung<br />
von Naturschutzb<strong>und</strong>en konkretisiert: das<br />
Bewusstwerden, dass der <strong>mensch</strong>lichen Nutzung<br />
der Natur tatkräftig Grenzen gesetzt<br />
werden müssen <strong>und</strong> für den Erhalt von unberührter<br />
Natur aktiv zu sorgen ist. Ein bedeutsamer<br />
Schritt weiter in dieser Wende wurde<br />
dann vor 50 Jahren durch die Schaffung des<br />
Rheinaub<strong>und</strong>es realisiert: einerseits mit der<br />
Mitsprache des Volkes bezüglich der Nutzung<br />
der Natur wie auch mit der Verankerung<br />
des Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzes in Verfassung<br />
<strong>und</strong> Gesetz; anderseits mit der<br />
richtungsweisenden Idee der Wiederherstellung<br />
natürlicher Lebensräume, welche radikal<br />
über den blossen Erhalt noch unberührter<br />
Natur hinausgeht. Was steht nun jetzt an?<br />
Nutzung der Natur:<br />
Integration versus Expansion<br />
gen über mehr Eigendynamik als das zweite,<br />
ganzheitliche, wofür der Verstand doch leicht<br />
zu gewinnen ist? Ähnliche Fragen beim einzelnen<br />
Menschen sind das tägliche Brot der<br />
analytisch-psychologischen Arbeit. Ihre Erfahrung<br />
<strong>und</strong> die daraus gewonnenen theoretischen<br />
Einsichten, welche unerbittlich an der<br />
Wirksamkeit der Therapie gemessen werden,<br />
können mit Gewinn für kollektive Probleme<br />
herangezogen werden.<br />
Wasser in Träumen als Ausdruck<br />
der psychischen Energie<br />
Einen Einblick in die seelischen Wasserbilder<br />
geben uns am unmittelbarsten unsere nächtlichen<br />
Träume. Geht es etwa um Sintflut<br />
(noch nie von Überschwemmungen geträumt?…),<br />
um Durst, Taufe, Reinigung,<br />
Quelle? Um es vorwegzunehmen, das Traumwasser<br />
stellt ein sprechendes Symbol für<br />
den Zustand <strong>und</strong> die Dynamik der Lebensenergie,<br />
oder psychischen Energie dar: wir<br />
erleben sie z.B. fliessend als Inspiration, Motivation,<br />
Hoffnung, Liebe; aufgestaut oder<br />
stürmend als Wut, Neid, Rache; oder fehlend<br />
als Depression, Burn-out, Gleich gültigkeit. Es<br />
leuchtet ein, dass dieses emotionale Wasser<br />
zunächst unbedingt gefasst, kanalisiert <strong>und</strong><br />
beherrscht werden will, die innere Quelle gef<strong>und</strong>en,<br />
um in einer weiteren Stufe bewusst<br />
im Dienst etwas Höherem zum Fliessen<br />
gebracht zu werden. In der therapeutischen<br />
Arbeit kann man sich an den Traum-Wasserbildern<br />
vortrefflich orientieren.<br />
Nun erweisen sich Kenntnis <strong>und</strong> Meisterung<br />
<strong>und</strong> danach Befreiung des Wassers, der inne-<br />
Wir stehen heute mehr denn je vor zwei<br />
Gr<strong>und</strong>tendenzen hinsichtlich der Nutzung<br />
der Natur: einerseits gibt es eine mächtige<br />
Tendenz zur grenzenlosen Nutzbarmachung<br />
aller verfügbaren natürlichen Ressourcen<br />
<strong>und</strong> anderseits eine ganzheitliche Sorge,<br />
uns Menschen besser in die natür lichen<br />
Kreisläufe zu integrieren <strong>und</strong> die Nutzung der<br />
Natur auf ein nachhaltiges Minimum zu reduzieren<br />
– wobei beide Tendenzen emotional<br />
hoch besetzt sind. So stehen ökonomische<br />
<strong>und</strong> ökologische Anliegen oft quer zueinander.<br />
Auch in uns selbst erleben wir beide Antriebe.<br />
Warum verfügt aber das erste Anlieren<br />
Energie, schlicht als Kern der Spiritualität.<br />
Hier wird bereits anschaulich, warum Wasser<br />
<strong>und</strong> Energie Schlüsselthemen nicht nur für<br />
die Umwelt (<strong>und</strong> den Frieden) sondern ebenso<br />
für die Seele des Einzelnen sind. Und warum<br />
die Fassung <strong>und</strong> Beherrschung aller Wässer,<br />
als primäre psychische Notwendigkeit,<br />
emotional derart beladen ist.<br />
Seite 8 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Der tiefenpsychologische Ansatz:<br />
Mythen als Quelle von Erkenntnis<br />
Der Schlüssel zum Hintergr<strong>und</strong> unserer<br />
Vorstellungen <strong>und</strong> Handlungen ist die mit<br />
ihnen verb<strong>und</strong>ene Symbolik, wie sie sich<br />
ausführlich in Mythen, kulturellen Erscheinungen<br />
<strong>und</strong> Symptomen allerart ausdrückt.<br />
Die symbolische Gleichung erfasst psychische<br />
Tatsachen wie die mathematische Gleichung<br />
physikalische. Wie ein Traum als zukunftsweisende<br />
Selbstäusserung der Seele<br />
gesehen werden kann, so gleicht ein Mythus<br />
einem Traum der Menschheit. Zur Deutung<br />
werden so viele Parallelen wie möglich herangezogen,<br />
bis sich ein Sinn von selbst ergibt<br />
<strong>und</strong> Red<strong>und</strong>anzen sichtbar werden. Dabei<br />
erweisen sich die Schätze vergangener <strong>und</strong><br />
fremder Kulturen als kostbarstes Gut für das<br />
Verständnis der heutigen Psyche. Oft sind<br />
ältere Erscheinungen prägnanter.<br />
Wie im Körperlichen die Ontogenese die<br />
Phylogenese widerspiegelt, so leben in der<br />
Psyche des heutigen Menschen all die in<br />
den verschiedenen Kulturstufen ausgedrückten<br />
Schichten weiter mit. Sich mit<br />
Symbolik zu befassen, hat einen belebenden<br />
Effekt, ist doch in diesen Sinn-Bildern<br />
der Niederschlag aller Erfahrungen, Einsichten<br />
<strong>und</strong> auch Vorwegnahmen der Menschheit<br />
verdichtet.<br />
Weltschöpfung aus dem Urwasser:<br />
Ordnung <strong>und</strong> Beherrschung<br />
Die tiefsten Aspekte der Symbolik des<br />
Wassers kommen in den Weltschöpfungsmythen<br />
zum Ausdruck. Der Anfang aller<br />
Dinge ist ausserordentlich oft ein Ur-Ozean<br />
als Ur-Chaos - auch in der wissenschaftlichen<br />
Kosmologie ist Wasser ausschlaggebend<br />
für die Entstehung des Universums<br />
<strong>und</strong> des Lebens. Danach trennen sich Wasser<br />
<strong>und</strong> Erde, Unten <strong>und</strong> Oben, Licht <strong>und</strong><br />
Finsternis, Gottheit <strong>und</strong> Menschheit, ja <strong>und</strong><br />
nein. Unfehlbar treten Kämpfe <strong>und</strong> Prüfungen,<br />
Geburt <strong>und</strong> Tod in die Welt ein.<br />
Die Schöpfungsmythen malen uns die unaufhörlichen<br />
Wandlungen der Lebensenergie,<br />
so wie das Geheimnis der Bewusstwerdung,<br />
dieser zweiten Weltschöpfung in uns Menschen.<br />
Ihnen zufolge ist die Aufgabe des<br />
Menschen, chaotische Impulse in Ordnung<br />
zu verwandeln. Das kennen wir auf persönlicher<br />
Ebene. Nein zu sagen, ist die Anfangsstufe<br />
der Ich-Bildung, es führt unverzüglich<br />
zu Konflikten <strong>und</strong> stellt die Frage nach richtig<br />
<strong>und</strong> falsch, gut <strong>und</strong> böse, die Frage nach der<br />
Verantwortung. Und bringt uns mit der Zeit<br />
dazu, uns gegenüber dem, was uns übersteigt,<br />
zu situieren. Diese erste Stufe betont<br />
die Beherrschung über die Dinge.<br />
Weltauflösung durch Sintflut:<br />
Verlust des Bezugs zum Ganzen<br />
Die Weltkatastrophe durch Sintflut ist ein erstaunlich<br />
häufiges <strong>und</strong> universelles mythologisches<br />
Motiv: sie stürzt die Welt zurück<br />
ins Chaos. Gr<strong>und</strong> ist oft die Unzufriedenheit<br />
der Gottheit mit den Menschen, weil sie den<br />
Bezug zu ihr zu sehr vernachlässigen. Es<br />
überleben nur die, welche wie Noah die<br />
richtige Einstellung haben. Meistens ist<br />
denn auch die nachfolgende Welt besser,<br />
zivilisierter <strong>und</strong> weiser. Je weiter sich in einer<br />
Kultur das Bewusstsein von seinen instinktiven<br />
Wurzeln losgelöst hat, umso zugespitzter<br />
ist die Frage nach der rechten Beziehung<br />
des Menschen zu seinen göttlichen oder instinktiven<br />
Wurzeln <strong>und</strong> umso gefährlicher<br />
das Ur-Chaos.<br />
So erzählen die Weltschöpfungsmythen das<br />
W<strong>und</strong>er der Schöpfung <strong>und</strong> der Schrecken<br />
der Zerstörung, das f<strong>und</strong>amentale Spiel zwischen<br />
Chaos <strong>und</strong> Ordnung, so treffend illustriert<br />
durch das doppelte Vermögen des<br />
Wassers, schöpferisch wie auch auflösend<br />
zu wirken. Manchmal endet die Auflösung<br />
schlecht <strong>und</strong> der Mensch wird verschlungen,<br />
wie zum Beispiel in einer psychischen<br />
Erkrankung. Häufiger allerdings ist eine<br />
Überbetonung auf das Ich, das Bewusstsein<br />
oder das Rationale, welches schlussendlich<br />
in dem ertrinkt, was es übermässig anstrebt.<br />
Übergang zu einem neuen<br />
Zeitalter, von den Fischen die<br />
im Wasser schwimmen zum<br />
Wassermann der Wasser zum<br />
Fisch giesst <strong>und</strong> die Natur<br />
bewusst pflegt.<br />
Nach dem Himmelsatlas von<br />
Hevelius 1690 <strong>und</strong> von<br />
Cellarius 1661. Grafik B. Egger<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 9
Gewässer<br />
Kollektive Bewegungen können solch einen<br />
auflösenden Effekt auf das Individuum haben,<br />
wenn dieses seinen persönlichen<br />
Standpunkt <strong>und</strong> seine Ethik verliert.<br />
Der Weg willentlicher Auflösung<br />
<strong>und</strong> die Integration im Ganzen<br />
Eine radikale Wende ist es, sich willentlich<br />
der Auflösung durch die Urgewässer auszusetzen,<br />
wie es allen spirituellen Wegen zu<br />
eigen ist. So fasst die Alchimie das ganze<br />
Werk bündig zusammen in „löse auf <strong>und</strong><br />
setze (neu) zusammen“! Liebe, akzeptiertes<br />
Leiden, aber auch das Hören auf die eigenen<br />
Träume, können dazu führen, Illusionen,<br />
Beschränktheiten des Ichs in Frage zu stellen<br />
oder Blockierungen aufzulösen. Läuft<br />
alles gut, so führt eine solche Prüfung zu<br />
einem erweiterten das Ich transzendierenden<br />
Standpunkt, zu einer belebenden Befreiung<br />
<strong>und</strong> Erneuerung der Persönlichkeit.<br />
Diese zweite Stufe betont also den inspirierten<br />
Dienst am Ganzen.<br />
Schöpferisches Wasser meistern<br />
Dass die Wende kein leichtes Unterfangen<br />
ist, illustriert das paradoxe Motiv des Horns<br />
als Gefäss. Beim Versuch den unbändigen<br />
vielgestaltigen Gott-Fluss Acheloos, Kind<br />
der Urgewässer, in seiner Stier-Form zu bezwingen,<br />
bricht ihm der grosse Held Herakles<br />
ein Horn ab, das zum Füllhorn wird. Oder<br />
weiter, das magische aber gefährliche Wasser<br />
des Styxs, ebenfalls Kind der Urgewässer,<br />
löst alle Substanzen auf <strong>und</strong> kann nur<br />
mittels des Hornes eines seltenen Tieres<br />
geschöpft werden. Das abgehauene Horn,<br />
eine Waffe die zum Schätze spendenden<br />
Gefäss wird, drückt die resolute Richtungsumkehr<br />
von extrovertierter Expansion zu<br />
besonnener Integration aus, die notwendig<br />
ist, will man die rohe Lebensenergie oder<br />
die spontanen Impulse langfristig konstruktiv<br />
fassen.<br />
Die innere Wasserquelle<br />
Die Symbolik des Wassers ist in der christlichen<br />
Bibel besonders vollständig. Die Genesis<br />
beginnt mit der Trennung der Urgewässer<br />
<strong>und</strong> gleich danach mit der Trennung der<br />
Menschen von Gott <strong>und</strong> ihrer Verbannung<br />
aus der paradiesischen Ur-Einheit durch ihre<br />
bewusst gewordene Freiheit. Das Alte Testament<br />
erzählt die allmähliche Wiederannäherung<br />
zwischen Mensch <strong>und</strong> Gott, parallel<br />
zur allmählichen Meisterung des Wassers.<br />
Kernstellen sind nach dem Urgewässer die<br />
Sintflut, welche nur Noah dank seiner ungebrochenen<br />
Beziehung zum Ganzen überlebt;<br />
die Quelle, die der gottesfürchtige<br />
Moses in der Wüste zum Sprudeln bringt;<br />
das zukünftige Versprechen eines unaufhörlichen<br />
Flusses im Zentrum des Paradieses.<br />
Das neue Testament verdichtet sich in der<br />
Wende, wo Mensch <strong>und</strong> Gott in Jesus <strong>und</strong><br />
Christus zusammenfliessen, der etwa sagt:<br />
„Wer von meinem Wasser trinkt, wird nie<br />
mehr dursten, es wird in ihm zur Quelle des<br />
zum ewigen Leben sprudelnden Wassers<br />
werden“ (Jn 4,14). Das heisst, wer sich um<br />
die Beziehung mit dem Urgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> mit<br />
dem Ganzen bemüht, dessen Herz wird zur<br />
Quelle für alle <strong>und</strong> für Dauerhaftes.<br />
Wassermann als Leitbild ?<br />
Der Wassermann des Tierkreises ist ein überaus<br />
lehrreiches Wassersymbol. Die Sternenbilder<br />
sind wie eine im Himmel ausgebreitete<br />
Weisheitslehre <strong>und</strong> illustrieren das ganze<br />
Drama der richtigen Einstellung gegenüber<br />
den Göttern <strong>und</strong> den ungestümen Lebenskräften.<br />
Dabei vereint der Wassermann verschiedene<br />
Aspekte in sich. Als einziger<br />
Mensch liegt er in der als „Himmlischen Gewässern“<br />
bekannten Himmelsgegend <strong>und</strong><br />
wird mit Deukalion assoziiert, der, wie Noah,<br />
mit seiner Frau als einzige Gerechten die<br />
Sintflut überlebten <strong>und</strong> zu Stammeseltern<br />
der neuen Menschen wurden. Da er Wasser<br />
aus seinem Krug giesst, den er nahe dem<br />
Herzen hält, erinnert er ausserdem an Jesus<br />
<strong>und</strong> seine innere Quelle.<br />
Als Sternbild greift der Wassermann ins Zeitgeschehen<br />
ein <strong>und</strong> zeichnet symbolisch das<br />
eintretende Zeitalter aus, so wie das Sternbild<br />
der Fische das ausgehende. Wir können<br />
es als eine Wende sehen von den Fischen,<br />
die im Wasser enthalten sind <strong>und</strong> triebmässig<br />
leben, zum Menschen, der das gefasste<br />
Wasser bewusst zurück giesst – <strong>und</strong> zwar<br />
sternbildmässig in den M<strong>und</strong> des Südlichen<br />
Fisches. Ein w<strong>und</strong>erbares Leitbild für den<br />
Gewässerschutz!<br />
Ausblick<br />
Brigitte Egger<br />
eint Ökologie <strong>und</strong><br />
Tiefenpsychologie<br />
zu «Psychökologie»<br />
(psychecology) als<br />
Dr. sc. nat. ETH <strong>und</strong><br />
Lehranalytikerin an der Int. School of<br />
Analytical Psychology. Sie führt eine<br />
psychotherapeutische Praxis, forscht,<br />
lehrt <strong>und</strong> schreibt z.B. über<br />
«Reading collective events : ecological<br />
issue of energy and globalisation<br />
of the market» 2001; «Raubtiere<br />
tiefenpsychologisch betrachtet» 2001;<br />
Paesaggio e anima 2008. Mit Luca<br />
Vetterli ist sie Mitautorin von<br />
«La sacralità dell’acqua» in «Viaggiare<br />
alla scoperta dell’acqua» 2003.<br />
Aus den symbolischen Wassermotiven können<br />
wir herauslesen, dass die Reintegration<br />
des <strong>mensch</strong>lichen Tuns in die natürlichen<br />
Kreisläufe zunächst eine innerseelische, herausfordernde<br />
Aufgabe ist. Auf die Umwelt<br />
wird sie sich umso stärker auswirken, je besser<br />
es gelingt die äussere <strong>und</strong> die innere<br />
Aufgabe miteinander zu verknüpfen <strong>und</strong><br />
anzugehen.<br />
Der Gewässerschutz steht vor immensen<br />
Herausforderungen <strong>und</strong> ist auf alle möglichen<br />
Ressourcen angewiesen. Die innerseelische<br />
Dimension einzubeziehen scheint<br />
die natürliche Fortsetzung der begonnenen<br />
Wende in der Beziehung des Menschen<br />
zur Natur zu sein, an der der Rheinaub<strong>und</strong><br />
so tatkräftig beteiligt ist. Mögen die hier angedeuteten<br />
symbolischen Bilder, die weiteren<br />
Beiträge dieses Hefts zu Schutz <strong>und</strong> Nutzung<br />
der Gewässer in ein etwas anderes<br />
Licht rücken.<br />
Brigitte Egger<br />
Froschaugasse 9<br />
CH-8001 Zürich<br />
Seite 10 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Wie die Volksinitiative «Lebendiges Wasser»<br />
den Gewässerschutz voranbrachte<br />
Mit einer Volksinitiative haben der Schweizerische Fischerei-Verband sowie die<br />
Umweltverbände Pro Natura, WWF <strong>und</strong> Greina-Stiftung auf den schleppenden<br />
Vollzug des Gewässerschutzgesetzes reagiert. Das Parlament nahm die Anliegen in<br />
einem Gegenvorschlag teilweise auf <strong>und</strong> verbesserte die aktuelle Gesetzgebung in<br />
wesentlichen Punkten. Trotz einigen Abstrichen haben die Initianten einen Erfolg<br />
verbucht. Ein Beispiel, wie sich politisches Engagement bezahlt machen kann.<br />
Von Felix Wirz<br />
Das Stimmvolk hat sich zweimal deutlich für<br />
mehr Gewässerschutz ausgesprochen: 1975<br />
mit der Annahme des Verfassungsartikels<br />
zum Gewässerschutz <strong>und</strong> 1992 mit der Annahme<br />
des revidierten Gewässerschutzgesetzes.<br />
Trotz dieser klaren Ausgangslage<br />
war der Vollzug des Gesetzes teilweise mangelhaft.<br />
So wurden die Fristen zur Sanierung<br />
<strong>und</strong> Umsetzung der Restwassermengen bis<br />
2012 aufgeschoben. Im Parlament gab es sogar<br />
Bestrebungen, die Vorschriften betreffend<br />
Restwassermengen zu lockern <strong>und</strong> damit<br />
dem mangelnden Vollzug anzugleichen.<br />
Um dieser Entwicklung entgegenzutreten,<br />
lancierte der Schweizerische Fischerei-Verband<br />
am 4. Januar 2005 die Volksinitiative<br />
«Lebendiges Wasser». Die Initiative verlangte<br />
– die Re<strong>natur</strong>ierung von begradigten <strong>und</strong><br />
verbauten Gewässern,<br />
Mit der Volksinitiative<br />
«Lebendiges Wasser» <strong>und</strong><br />
dem Gegenvorschlag des<br />
Parlaments konnte der<br />
Gewässerschutz in der<br />
Schweiz ein Stück weit<br />
verbessert werden.<br />
Foto: Pritz ÖBF
Gewässer<br />
– Massnahmen gegen die schädliche Wirkung<br />
von Schwall <strong>und</strong> Sunk unterhalb<br />
von Speicherkraftwerken,<br />
– Massnahmen zur Reaktivierung des Geschiebehaushalts<br />
– <strong>und</strong> die Durchsetzung der Restwasser-<br />
Vorschriften (Sanierungen).<br />
Die Kantone sollten zur Finanzierung von<br />
Re<strong>natur</strong>ierungsmassnahmen analog dem<br />
erfolgreichen Modell des Kantons Bern<br />
einen Fonds einrichten. Als zusätzliches<br />
Druckmittel war in der Initiative ein Antrags<strong>und</strong><br />
Beschwerderecht für Fischerei- <strong>und</strong><br />
Umweltorganisationen vorgesehen. Die Initiative<br />
konnte am 3. Juli 2006 mit 161 836<br />
gültigen Unterschriften eingereicht werden.<br />
Zur hohen Unterschriftenzahl hatte auch die<br />
Unterstützung durch mehrere Umweltorganisationen<br />
beigetragen.<br />
B<strong>und</strong>esrat will nicht handeln –<br />
Parlament setzt Druck auf<br />
Im Februar 2007 hatte der B<strong>und</strong>esrat nach<br />
einer ersten Diskussion beschlossen, in einer<br />
weiteren Etappe die möglichen Eckpunkte<br />
für einen Gegenvorschlag zur Volksinitiative<br />
«Lebendiges Wasser» zu prüfen.<br />
Nach einer zweiten Diskussionsr<strong>und</strong>e entschied<br />
er am 8. Juni 2007, die Initiative ohne<br />
Gegenvorschlag abzulehnen. Angesichts<br />
des Zustands der Gewässer anerkannte der<br />
B<strong>und</strong>esrat zwar den Handlungsbedarf – er<br />
hielt es jedoch für ausreichend, die bestehenden<br />
Gesetze konsequent umzusetzen.<br />
Die Kehrtwende im B<strong>und</strong>esrat stiess im Parlament<br />
auf negative Reaktionen. In einer<br />
kurz vor dem B<strong>und</strong>esratsentscheid eingereichten<br />
Motion verlangte der damalige<br />
Ständerat Simon Epiney einen Gegenvorschlag<br />
zur Initiative. Er lancierte mit dieser<br />
Motion auch die Idee, auf der Übertragung<br />
der Hochspannungsnetze einen Zuschlag<br />
von 0.1 Rappen pro Kilowattst<strong>und</strong>e für Zwecke<br />
des Gewässerschutzes einzusetzen. Die<br />
Motion fand sowohl im Ständerat (26 Ja zu<br />
13 Nein) als auch im Nationalrat (91 zu 80<br />
Stimmen) eine Mehrheit. Damit war das Signal<br />
für einen Gegenvorschlag gegeben.<br />
Die Kommission für Umwelt, Raumplanung<br />
<strong>und</strong> Energie des Ständerats begann nun mit<br />
der Ausarbeitung eines Gegenvorschlags.<br />
Sie wählte dazu die Form einer parlamentarischen<br />
Initiative, die dem Parlament die Gesetzgebung<br />
in Eigenregie erlaubt. Die Kommission<br />
konnte dabei auf die Vorarbeit des<br />
Departements für einen Gegenvorschlag<br />
zurückgreifen, musste aber auch selbst viele<br />
Punkte klären.<br />
Gegenvorschlag<br />
oder Volksabstimmung?<br />
Für mehrere Akteure stellte sich mit dem<br />
Gegenvorschlag die Frage, ob sie diesen<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich befürworten <strong>und</strong> mit eigenen<br />
Zugeständnissen unterstützen – oder ob sie<br />
das Risiko einer Volksabstimmung eingehen<br />
möchten.<br />
Ob die Initiative in der Volksabstimmung<br />
eine Mehrheit gef<strong>und</strong>en hätte, kann nur<br />
hypothetisch beantwortet werden. Entscheidend<br />
für den Abstimmungserfolg einer<br />
Volksinitiative sind das Vorliegen einer<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich mehrheitsfähigen Vorlage,<br />
eine argumentativ <strong>und</strong> finanziell möglichst<br />
starke Pro-Kampagne sowie eine möglichst<br />
schwache gegnerische Kampagne.<br />
Die Initianten konnten davon ausgehen,<br />
dass die Initiative von Wirtschaftsverbänden<br />
<strong>und</strong> der Stromwirtschaft vehement bekämpft<br />
worden wäre. Die gegnerische Kampagne<br />
hätte auf heikle Punkte gezielt, wie<br />
beispielsweise die Kosten oder das Antrags<strong>und</strong><br />
Beschwerderecht.<br />
Fischer informieren Nationalrätin<br />
Evi Allemann am Tag<br />
der Parlamentsdebatte.<br />
Foto: Hans Ulrich Büschi<br />
Trotzdem konnte auch die Stromwirtschaft<br />
nicht einfach auf eine sichere Niederlage in<br />
der Volksabstimmung bauen. So hätten Gebirgskantone<br />
<strong>und</strong> Stromwirtschaft begründen<br />
müssen, weshalb sie den Volkswillen<br />
nur unvollständig umgesetzt haben. Diese<br />
Diskussion ist – unabhängig vom Ausgang<br />
der Volksabstimmung – imageschädigend.<br />
Ständerat Rolf Büttiker betonte denn auch<br />
in der Eintretensdebatte im Ständerat: «Der<br />
Schwachpunkt ist nach meiner Meinung<br />
der, dass einige Kantone ihre Hausaufgaben<br />
in Bezug auf den Gewässerschutz nur teilweise<br />
oder eben nicht gemacht haben. Das<br />
muss man heute als Fakt so zugeben <strong>und</strong><br />
feststellen.» Ständerat This Jenny verwies in<br />
der gleichen Debatte auf einen w<strong>und</strong>en<br />
Punkt: «Was wollen Sie ausgetrockneten<br />
Bächen <strong>und</strong> toten Fischen gegenüberstellen?<br />
Damit ist dann tatsächlich leicht Stimmung<br />
zu machen.»<br />
So hatten am Ende mehrere Akteure ein Interesse<br />
an einem tragfähigen Kompromiss<br />
in Form eines Gegenvorschlags. Für die Initianten<br />
stellte dieser eine Möglichkeit dar,<br />
den Prozess zu beschleunigen <strong>und</strong> unter<br />
dem Druck der Initiative gesetzliche Verbesserungen<br />
zu erzielen. Die Kantone vermieden<br />
eine Abstimmungskampagne mit unangenehmen<br />
Fragen <strong>und</strong> hofften auf<br />
finanzielle Unterstützung für Re<strong>natur</strong>ierungen.<br />
Die Stromwirtschaft umschiffte das<br />
Risiko einer Volksabstimmung <strong>und</strong> zielte auf<br />
Mittel für Sanierungen.<br />
Re<strong>natur</strong>ierungen<br />
Die Volksinitiative «Lebendiges Wasser» führte<br />
im Initiativtext an erster Stelle auf: «Die<br />
Kantone fördern Re<strong>natur</strong>ierungen öffentlicher<br />
Gewässer <strong>und</strong> ihrer Uferbereiche.» Die<br />
Kantone sollten zu diesem Zweck einen Re<strong>natur</strong>ierungsfonds<br />
einrichten. Der Kanton<br />
Bern lieferte mit seinem aus Wasserzinsen<br />
gespiesenen Fonds die Vorlage dazu.<br />
Der Gegenvorschlag nahm das Anliegen<br />
auf, jedoch mit anderer Finanzierungslösung.<br />
Die Kantone haben nun für die Revitalisierung<br />
(hier synonym zu Re<strong>natur</strong>ierung)<br />
von Gewässern zu sorgen, worunter die Wiederherstellung<br />
der natürlichen Funktionen<br />
eines verbauten, korrigierten, überdeckten<br />
oder eingedolten oberirdischen Gewässers<br />
mit baulichen Massnahmen verstanden<br />
wird. Innerhalb von etwa drei Generationen<br />
sollen gemäss dem Bericht des Ständerats<br />
bei den geschätzten 4000 prioritär zu revi<br />
talisierenden Gewässerkilometern die na-<br />
Seite 12 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Faszination<br />
Gewässer<br />
Nicht frankieren<br />
Ne pas affranchir<br />
Non affrancare<br />
Geschäftsantwortsendung Invio commerciale-risposta<br />
Correspondance commerciale-résponse<br />
Foto: fotolia<br />
Rheinaub<strong>und</strong><br />
c/o <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong><br />
Postfach 1157<br />
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Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong><br />
50 Jahre<br />
für natürliche,<br />
ges<strong>und</strong>e Gewässer!<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 13
Gewässer<br />
türlichen Funktionen wiederhergestellt sein.<br />
Gemessen an den beeinträchtigten Gewässerläufen<br />
ist dies erst ein Anfang.<br />
Der B<strong>und</strong> gewährt den Kantonen im Rahmen<br />
der bewilligten Kredite <strong>und</strong> auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
von Programmvereinbarungen Abgeltungen<br />
an die Planung <strong>und</strong> Durchführung<br />
von Revitalisierungsmassnahmen. Im Bericht<br />
der ständerätlichen Kommission ist von jährlich<br />
40 Millionen Franken die Rede, wobei die<br />
Kantone zusätzlich jährlich 20 Millionen aufwenden<br />
müssen. Diese Finanzierungslösung<br />
wird Revitalisierungsprojekte stark erleichtern.<br />
Die interessier-ten Organisationen werden<br />
aber darauf achten müssen, dass der<br />
B<strong>und</strong> seine finanziellen Versprechen auch<br />
tatsächlich einhält.<br />
Schwall <strong>und</strong> Sunk<br />
sowie Geschiebehaushalt<br />
Warnschild vor Schwall:<br />
Die Menschen können<br />
fliehen, die Fische jedoch<br />
nicht.<br />
Foto: Felix Wirz<br />
Im Initiativtext wurden Massnahmen für die<br />
Reaktivierung des Geschiebehaushalts sowie<br />
für die Verminderung von schädlichen<br />
Schwall- <strong>und</strong> Sunkwirkungen gefordert. Der<br />
Gegenvorschlag sieht nun vor, dass kurzfristige<br />
künstliche Änderungen des Wasserabflusses<br />
in einem Gewässer (Schwall <strong>und</strong><br />
Sunk), welche die einheimischen Tiere <strong>und</strong><br />
Pflanzen sowie deren Lebensräume wesentlich<br />
beinträchtigen, von den Betreibern mit<br />
baulichen Massnahmen verhindert oder<br />
beseitigt werden (Art. 39a GSchG). Nur auf<br />
Antrag des Inhabers können anstelle von<br />
baulichen betriebliche Massnahmen angeordnet<br />
werden.<br />
Auch der Geschiebehaushalt im Gewässer<br />
darf durch Anlagen nun nicht mehr so verändert<br />
werden, dass die einheimischen Tiere<br />
<strong>und</strong> Pflanzen, deren Lebensräume, der<br />
Gr<strong>und</strong>wasserhaushalt <strong>und</strong> der Hochwasserschutz<br />
wesentlich beeinträchtigt werden<br />
(Art. 43a GSchG).<br />
Der B<strong>und</strong> gewährt den Kantonen für die<br />
Planung dieser Massnahmen Abgeltungen.<br />
Es ist zwar nicht einzusehen, weshalb diese<br />
Kosten nicht von den Verursachern zu tragen<br />
sind. Die Beiträge des B<strong>und</strong>es haben<br />
aber mit dazu geführt, dass diese Vorgaben<br />
in der parlamentarischen Debatte unbestritten<br />
blieben <strong>und</strong> nun wirksam werden.<br />
Lockerung<br />
der Restwassermengen<br />
Bei den Restwasserbestimmungen wollte<br />
der Ständerat den Initianten nicht entgegenkommen,<br />
sondern vielmehr Abstriche<br />
am geltenden Gesetz vornehmen: Die Kantone<br />
sollten die Mindestrestwassermengen<br />
neu auf einer Strecke von 1000 m unterhalb<br />
einer Wasserentnahme aus einem Gewässer,<br />
das höher als 1500 m.ü.M. liegt <strong>und</strong> eine geringe<br />
Abflussmenge aufweist, tiefer ansetzen<br />
dürfen. Damit sollte eine Mehrproduktion<br />
von Strom aus Wasserkraft ermöglicht<br />
werden. Ständerätin Sommaruga wies allerdings<br />
auf die Gefahr hin, dass eine erneute<br />
Ausnahme ausgenutzt <strong>und</strong> zur Regel gemacht<br />
werden könnte.<br />
Dieser Punkt führte in der Folge zu heftigen<br />
Diskussionen. Die Mehrheit der nationalrätlichen<br />
Kommission wollte dem Ständerat<br />
folgen, zwei Minderheitsanträge bekämpften<br />
die Ausnahmebestimmung. Es obsiegte<br />
schliesslich deutlich ein Einzelantrag von Nationalrat<br />
Martin Landolt, der die Ausnahme<br />
auf Nichtfischgewässer beschränkte.<br />
Damit konnte sich wiederum der Ständerat<br />
nicht anfre<strong>und</strong>en, der seine nach allen Seiten<br />
ausgewogene Vorlage gefährdet sah. Als sich<br />
jedoch abzeichnete, dass ein Kompromiss in<br />
der Restwasserfrage auch von den Gebirgskantonen<br />
<strong>und</strong> der Stromwirtschaft akzeptiert<br />
werden <strong>und</strong> im Gegenzug ein Rückzug der<br />
Volksinitiative in Erwägung gezogen werden<br />
könnte, kam die Kommission nach Abschluss<br />
ihrer Beratungen (!) auf diesen Punkt nochmals<br />
zurück. Sie formulierte einen Kompromissvorschlag<br />
zu Art. 32 GSchG, der die Ausnahmebestimmung<br />
der Restwassermengen<br />
auf Nichtfischgewässer <strong>und</strong> eine Höhenlage<br />
zwischen 1500 <strong>und</strong> 1700 m beschränkte. Dieser<br />
Kompromiss wurde in der Folge von beiden<br />
Räten angenommen.<br />
Kritik aus<br />
landwirtschaftlichen Kreisen<br />
Re<strong>natur</strong>ieren bedeutet, den in ein enges<br />
Korsett gezwängten Flüssen mehr Raum zu<br />
geben. Damit ist eine Umnutzung von Land<br />
– meist Landwirtschaftsland – verb<strong>und</strong>en.<br />
Dass dies in bäuerlichen Kreisen zu Fragen<br />
führt, ist verständlich, handelt es sich doch<br />
oft um landwirtschaftlich attraktive Flächen.<br />
Die Sicherung solcher Fruchtfolgeflächen ist<br />
ein wichtiges Thema, das parteiübergreifend<br />
unterstützt wird.<br />
Nur erfolgte die Diskussion am falschen Ort.<br />
Das Landwirtschaftsland am Flussufer wurde<br />
ja zu früherer Zeit dem Flussraum abgetrotzt<br />
<strong>und</strong> sollte nun zu einem Teil zurückgegeben<br />
werden. Der quantitativ wirklich<br />
bedeutende Verlust von Landwirtschaftsland<br />
wird durch die intensive Bautätigkeit<br />
verursacht.<br />
Seite 14 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Der Nationalrat, der die Vorlage als Zweitrat<br />
beriet <strong>und</strong> dessen Kommission auch eine<br />
starke Vertretung der Landwirtschaft umfasste,<br />
präzisierte den Ablauf von Landkäufen<br />
(Kaskade Nutzung, Landumlegung <strong>und</strong><br />
Enteignung) <strong>und</strong> nahm mehrere Korrekturen<br />
vor:<br />
– Der Ständerat schlug vor, den Gewässerraum<br />
möglichst <strong>natur</strong>nah zu gestalten<br />
<strong>und</strong> zu bewirtschaften. Dem Nationalrat<br />
ging dies zu weit: die Bewirtschaftung<br />
sollte nur «extensiv» erfolgen. Der Ständerat<br />
gab in diesem Punkt nach.<br />
– Der Nationalrat hielt fest, dass der Gewässerraum<br />
nicht als Fruchtfolgefläche gelte<br />
<strong>und</strong> ergänzte in Art. 36 a Abs. 3 GSchG:<br />
«Für einen Verlust an Fruchtfolgeflächen<br />
ist nach den Vorgaben der Sachplanung<br />
des B<strong>und</strong>es nach Artikel 13 des Raumplanungsgesetzes<br />
vom 22. Juni 1979 Ersatz<br />
zu leisten.» Der Ständerat übernahm diese<br />
Formulierung in seiner letzten Beratung,<br />
stellte aber zugleich in einer ausführlichen<br />
Interpretation klar, dass diese<br />
Formulierung Re<strong>natur</strong>ierungen nicht verhindern<br />
dürfe.<br />
– Den Bewirtschaftern des Gewässerraums<br />
werden die Abgeltungen gemäss Landwirtschaftsgesetz<br />
entrichtet. Das Parlament<br />
legte fest, dass der entsprechende<br />
Zahlungsrahmen zu diesem Zweck aufgestockt<br />
wird.<br />
– Strittig blieb bis zuletzt die Frage des<br />
Bodenrechts. Der Ständerat schlug vor,<br />
beim Kauf von Landwirtschaftsland durch<br />
Kantone <strong>und</strong> Gemeinden zum Zweck des<br />
Hochwasserschutzes, der Revitalisierung<br />
von Gewässern sowie dem Bau von Ausgleichs-<br />
<strong>und</strong> Pumpspeicherbecken sowie<br />
des Realersatzes für diese Bedürfnisse<br />
die Erwerbsbewilligung aufzuheben. Der<br />
Nationalrat widersetzte sich diesem Vorschlag<br />
zuerst, folgte in der Differenzbereinigung<br />
dann aber dem Ständerat mit 102<br />
zu 82 Stimmen.<br />
Erschwerend war sicher, dass sich die Landwirtschaft<br />
aus der Vorlage keine Vorteile<br />
versprechen konnte <strong>und</strong> damit wenig kompromissbereit<br />
war. Immerhin konnte sie sich<br />
für die Bewirtschaftung des Gewässerraums<br />
zusätzliche 20 Millionen Franken sichern.<br />
An der Birs ist zu erkennen,<br />
dass auch räumlich eingeengte<br />
Gewässer durch<br />
Revitalisierungen deutlich<br />
aufgewertet werden können.<br />
Foto: Andreas Knutti<br />
Fazit<br />
Nicht jede Volksinitiative<br />
entfaltet eine direkte (Annahme)<br />
oder indirekte<br />
(Gegen entwurf oder sonstige<br />
Massnahmen) Wirkung.<br />
Im Fall der Volksinitiative<br />
«Lebendiges Wasser» kamen<br />
mehrere Faktoren zusammen,<br />
die zu einem annehmbaren Gegenvorschlag<br />
führten:<br />
– Die Initiative wurde von Fischern lanciert<br />
<strong>und</strong> von Umweltschutzseite unterstützt.<br />
Damit wurden sowohl bürgerliche wie<br />
auch rot-grüne Milieus angesprochen,<br />
was die Initiative in einer Volksabstimmung<br />
potentiell mehrheitsfähig macht.<br />
– Die Initiative wurde mit über 161 000 Unterschriften<br />
eingereicht. Diese vergleichsweise<br />
hohe Unterschriftenzahl wurde von<br />
Politikern in Gesprächen immer wieder<br />
hervorgehoben.<br />
– Die Initiative pochte auf die Respektierung<br />
von zwei Volksentscheiden. Den<br />
Kantonen <strong>und</strong> der Stromwirtschaft war<br />
bewusst, dass sie eine Bringschuld hatten.<br />
Dementsprechend waren sie auch eher zu<br />
Konzessionen bereit.<br />
– Re<strong>natur</strong>ierungen sind populär <strong>und</strong> erhielten<br />
auch in einer aktuellen Meinungsumfrage<br />
eine Unterstützung von 72 Prozent.<br />
– Die vorberatende Kommission des Ständerats<br />
unter dem Vorsitz von Filippo<br />
Lombardi war gewillt, eine fein austarierte<br />
<strong>und</strong> breit abgestützte Vorlage zu erarbeiten<br />
<strong>und</strong> diese auch im Zweitrat mit<br />
Nachdruck zu vertreten.<br />
Mit dem Gegenvorschlag kommt der<br />
Gewässerschutz ein gutes Stück weiter:<br />
die Kantone werden zu Revitalisierungen<br />
verpflichtet <strong>und</strong> vom B<strong>und</strong> dabei finanziell<br />
massgeblich unterstützt; der Gegenvorschlag<br />
nimmt die Anliegen der Initiative im<br />
Bereich Schwall <strong>und</strong> Sunk sowie Geschiebe<br />
weitgehend auf; er führt leider zu einer<br />
partiellen Lockerung der Mindestrestwassermengen<br />
<strong>und</strong> verzichtet auf eine (positive<br />
oder negative) Anpassung der Rahmenbedingungen<br />
der Gewässersanierung.<br />
Das in der Initiative geforderte Antrags- <strong>und</strong><br />
Beschwerderecht wurde vom Parlament<br />
nicht aufgenommen. Einer der wichtigsten<br />
Punkte ist jedoch, dass die Gesetzesanpassungen<br />
nun rasch wirksam werden – in wenigen<br />
Monaten nach Ablauf der Referendumsfrist.<br />
Felix Wirz<br />
ist Geschäftsführer<br />
der Firma Ecopolitics<br />
GmbH, Kompetenz-<br />
<strong>und</strong> Servicezentrum<br />
für Politik.<br />
Er betreute vom Herbst 2007 bis Ende<br />
2009 die Geschäftsstelle des Vereins<br />
«Ja zu lebendigem Wasser», der vom<br />
Schweizerischen Fischereiverband<br />
sowie den Umweltverbänden<br />
Pro Natura, WWF <strong>und</strong> Schweizerische<br />
Greina-Stiftung gebildet wurde.<br />
Felix Wirz<br />
Ecopolitics GmbH<br />
Postfach<br />
3000 Bern 7<br />
Tel. 031 313 34 34<br />
wirz@ecopolitics.ch<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 15
Gewässer<br />
Nachhaltige Wasserkraft:<br />
Weniger ist mehr<br />
Im Namen einer vermeintlichen Nachhaltigkeit ist ein brutaler<br />
Wettlauf um die Wassernutzung entflammt, der erst<br />
bei der Verstromung des letzten Wassertropfens enden<br />
könnte, falls der längst fällige Ausgleich zwischen Schutz<br />
<strong>und</strong> Nutzung der Gewässer scheitern sollte. Dabei geht<br />
vielfach vergessen, dass sich die Nutzung keineswegs in<br />
der physikalischen Erneuerbarkeit der Ressource Wasser<br />
erschöpft, sondern auch noch eine biologische <strong>und</strong> eine<br />
seelische Nachhaltigkeit voraussetzt, die erst gegeben ist,<br />
wenn das Wasser in den Flüssen für das Leben der Fische<br />
<strong>und</strong> die Erholung der Menschen fliesst, <strong>und</strong> nicht nur Turbinenräder<br />
antreibt. Ein Umdenken ist erforderlich: weniger<br />
ist mehr!, denn eine in jeder Hinsicht nachhaltige Wassernutzung<br />
kann langfristig kaum noch so viel Strom<br />
gewinnen, wie heute produziert wird, selbst wenn die<br />
prognostizierte Abnahme der Niederschläge als Folge des<br />
Klimawandels ausbleiben sollte.<br />
Von Luca Vetterli <strong>und</strong> Roland Seiler<br />
Mit fragloser Selbstverständlichkeit wird<br />
heute das energiepolitische Ziel einer vollständigen<br />
oder möglichst weitgehenden<br />
Ausschöpfung des Potentials der Wasserkraft<br />
gesetzt. Dies ist in der Tat erstaunlich,<br />
denn keine andere Ressource scheint einem<br />
so f<strong>und</strong>amentalistischen Nutzungsanspruch<br />
ausgesetzt zu sein: Trotz weltweiter Nahrungskrise<br />
käme beispielsweise kein Ernährungspolitiker<br />
auf den Gedanken, den<br />
verfügbaren Boden vollständig für die<br />
Nahrungsproduktion in Anspruch zu nehmen<br />
<strong>und</strong> dadurch etwa auch die Wälder in<br />
Agrarland umzuwandeln. Dort besteht offenbar<br />
das Bewusstsein, dass die Nutzung<br />
Grenzen hat <strong>und</strong> man der Mutter Erde doch<br />
noch etwas übrig lassen sollte. Bei der Wasserkraft<br />
sind wir trotz gesetzlicher Restwasserpflicht<br />
noch nicht wirklich zu einer solchen<br />
Einsicht gelangt. Dieser Umstand ist<br />
auf verschiedene Gründe zurückzuführen:<br />
Aus der wirtschaftlichen Sicht der Werke erhöht<br />
Restwasser die Stromgestehungskosten<br />
<strong>und</strong> verursacht „Energieverluste“, aus<br />
der gesellschaftspolitischen Sicht der Gemeinwesen,<br />
welche die Nutzung verleihen,<br />
senkt es die Wasserzinsen; <strong>und</strong> aus der Sicht<br />
der Einstellung der Menschen stellt es im<br />
übertragenen Sinne einen Energieverzicht<br />
dar. Als Folge bleibt der Nutzungsdruck ungemein<br />
hoch.<br />
Schweres Erbe<br />
Aus diesen Gründen blieben die erste gesetzliche<br />
Restwasservorschrift, die 1973 ins<br />
Fischereigesetz aufgenommen worden war,<br />
<strong>und</strong> die 1975 in der B<strong>und</strong>esverfassung verankerte<br />
Pflicht zur Sicherung angemessener<br />
Restwassermengen unbeachtet. Erst die<br />
präziser gefassten Restwasservorgaben des<br />
Gewässerschutzgesetzes von 1991 wurden<br />
einigermassen umgesetzt. Dabei erwies sich<br />
die formelhaft festgelegte Mindestrestwasserpflicht<br />
als harter Sockel, währenddem die<br />
Restwassererhöhung zur Erfüllung qualitativer<br />
Vorgaben, etwa der Mindestwassertiefe<br />
von 20 cm für die Fischwanderung es schon<br />
schwerer hatte. Eine weitere Restwassererhöhung<br />
als Ergebnis der gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Interessenabwägung blieb hingegen<br />
regelmässig auf der Strecke. Heute<br />
sieht man beim verschleppten Vollzug der<br />
Gewässersanierungen, dass immer wieder<br />
dieselben Gründe geltend gemacht werden,<br />
die schon früher zur Übernutzung der Ge-<br />
wässer führten, nämlich dass wir uns den<br />
„Energieverlust“ gar nicht leisten können,<br />
erst recht nicht da, wo Strom sauber <strong>und</strong> klimaneutral<br />
produziert wird. Jede Abweichung<br />
von der Totalnutzung gilt aus diesem<br />
Blickwinkel als Verlust (!). So wurde etwa die<br />
Verfügung der Bündner Regierung vom Dezember<br />
2009 über die Pilotsanierung der<br />
von den Misoxer Werke übernutzen Gewässer<br />
von verschiedenen Seiten angefochten:<br />
Die Umwelt- <strong>und</strong> Fischereiorganisationen<br />
wollten nicht hinnehmen, dass die Calancasca<br />
(Hauptfluss des Calancatals) in Valbella<br />
ein erstes Mal vollständig trockengelegt<br />
wird, obschon sie ein w<strong>und</strong>erschönes<br />
Fischereigewässer ist; zwei Gemeinden<br />
konnten sich nicht damit abfinden, dass im<br />
gleichen Masse wie die Stromproduktion<br />
nun auch die Wasserzinsen sich zurückbilden<br />
sollen <strong>und</strong> forderten deshalb eine<br />
mildere (aus Umweltsicht noch nutzlosere)<br />
Sanierung. Sie beriefen sich dabei auf die<br />
so genannten wohlerworbenen Rechte,<br />
welche der Nutzung eine Vorzugsbehandlung<br />
gewähren, die Verfügungsgewalt über<br />
das öffentliche Gut Wasser einschränkten<br />
<strong>und</strong> es ungemein erschweren, Verbesserungen<br />
– etwa das nötige Restwasser – zu erzielen.<br />
Somit kann es nicht erstaunen, dass<br />
es den Fischen schlecht geht.<br />
Seite 20 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Sinkende Fischvielfalt<br />
<strong>und</strong> sinkender Fischertrag<br />
Gemäss der vom B<strong>und</strong>esamt für Umwelt<br />
2007 publizierten «Roten Liste» sind von<br />
den ursprünglich 55 in der Schweiz heimischen<br />
Fischarten bereits heute 8 ausgestorben<br />
(Lachs, Meerforelle, Flussneunauge,<br />
Atlantischer Stör, Maifisch, Mittelmeer-Stör,<br />
Finte <strong>und</strong> Huchen) <strong>und</strong> sechs (Moorgr<strong>und</strong>el,<br />
Roi du Doubs, Sofie, Savetta, Marmorforelle<br />
<strong>und</strong> Nase) vom Aussterben bedroht. Gerade<br />
einmal 14 Arten gelten als nicht gefährdet.<br />
Bei der am meisten verbreiteten Fischart,<br />
der Bachforelle, wird innerhalb von 15 Jahren<br />
trotz massiver Besatzanstrengungen ein<br />
dramatischer Rückgang bei den Fangerträgen<br />
um r<strong>und</strong> zwei Drittel beklagt.<br />
Besonders zu schaffen machen den Fischen<br />
die 130 Kraftwerke, welche zur Maximierung<br />
ihrer Gewinne ein ökologisch schädliches<br />
Schwall-Sunk-Regime betreiben. Als<br />
Folge der dadurch entstehenden unnatürlichen<br />
Wasserschwankungen verenden täglich<br />
h<strong>und</strong>erte, oder gar tausende von Fischen<br />
<strong>und</strong> unzählige Kleinlebewesen!<br />
Dazu kommen r<strong>und</strong> 101.000 künstliche Barrieren<br />
von mehr als 50 cm Höhe, welche die<br />
für das Überleben <strong>und</strong> die Fortpflanzung<br />
unabdingbare Wanderung der Fische behindern.<br />
Laut BAFU ist die Hälfte dieser Barrieren<br />
sanierungsbedürftig.<br />
Vielfältige Ursachen der<br />
Gewässermisere<br />
Es sind aber keineswegs nur die Wasserkraftwerke<br />
an der Gewässermisere schuld.<br />
Neben der Ableitung grosser Wassermassen<br />
<strong>und</strong> deren schwallartigen Rückgabe unter<br />
den Speicherkraftwerken sind es die Eingriffe<br />
in die natürliche Morphologie der Wasserläufe,<br />
die die Vielfalt an Fluss- <strong>und</strong> Auenlebensräumen<br />
<strong>und</strong> somit auch an Tier- <strong>und</strong><br />
Pflanzenarten so stark einschränken. Vom<br />
unglaublichen Reichtum an Wasserläufen -<br />
gesamtschweizerisch 65 000 km, sind zwar<br />
knapp 4/5 in <strong>natur</strong>nahem oder wenig beeinträchtigtem<br />
Zustand, aber das Verhältnis<br />
täuscht. Schon die schwer vorstellbare Länge<br />
der Wasserläufe zeigt, dass es dabei zur<br />
Hauptsache um kleine Bäche geht. Von den<br />
grossen Flüssen sind 40 Prozent in schlechtem<br />
Zustand (heisst morphologisch stark<br />
beeinträchtigt bis <strong>natur</strong>fremd) <strong>und</strong> von den<br />
mittleren sind es immerhin noch 21 Prozent.<br />
Es sind dies die Gewässer, an denen sich<br />
normalerweise Auen bilden, die Hotspots<br />
der Artenvielfalt, die heute bedrängt auf<br />
Calancasca-Fluss unmittelbar ober- <strong>und</strong><br />
unterhalb der Fassung Valbella. Die Bündner<br />
Regierung verzichtet auf eine Sanierung<br />
dieses wertvollen Fischgewässers <strong>und</strong> somit<br />
auf jegliches Restwasser, weil es ihrer Meinung<br />
nach zu stark die Stromproduktion der<br />
Misoxer Werke schmälern würde. Das knappe<br />
Sickerwasser, das auf dem Bild zu sehen ist,<br />
verschwindet wenige Meter weiter unterhalb<br />
im steinigen Flussbett, das somit bis auf ganz<br />
wenige Überlauftage pro Jahr vollkommen<br />
trocken fällt.<br />
Fotos: Pro Natura<br />
knapp einem halben Prozent der Landesfläche<br />
immerhin die Hälfte aller Tier- <strong>und</strong><br />
Pflanzenarten beherbergen.<br />
Neue Herausforderungen<br />
bei der Wasserqualität<br />
Zudem wirft die Wasserqualität grosse Fragen<br />
auf, wenngleich die chemische Belastung<br />
der Gewässer insgesamt wesentlich<br />
tiefer liegt als noch vor 30 bis 50 Jahren.<br />
Doch sind die Gefahren, die hier nur angedeutet<br />
werden können, heimtückischer <strong>und</strong><br />
rühren etwa von unzähligen Substanzen<br />
her, die in allerkleinsten Konzentrationen<br />
hormonähnlich wirken. Bezieht man den<br />
gewaltigen Effort, der im letzten halben<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert zur Abwasserreinigung geleistet<br />
wurde, auf das Defizit, das man damit<br />
beheben wollte, so ist die heutige Lage hin-<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 21
Gewässer<br />
Luca Vetterli<br />
ist Gewässerexperte<br />
von Pro Natura <strong>und</strong><br />
Geschäftsführer von<br />
Pro Natura Ticino.<br />
Er hat seit Beginn<br />
der Neunziger Jahre den Grossteil<br />
der alpinen Wasserkraftprojekte in<br />
Vertretung verschiedener Umweltorganisationen<br />
eng verfolgt <strong>und</strong> ist Mitglied<br />
in zahlreichen ökologischen Begleitgruppen<br />
von Kraftwerksprojekten.<br />
Seit 2006 Vorstandsmitglied des Vereins<br />
für umweltgerechte Energie beteiligt er<br />
sich aktiv an der politischen Arbeit zum<br />
Gewässerschutz <strong>und</strong> der Gewässernutzung<br />
auf B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Kantonsebene.<br />
Luca Vetterli ist gemeinsam mit<br />
Brigitte Egger Mitautor des Buches<br />
„Viaggiare alla scoperta dell’acqua“<br />
(Dadò 2003).<br />
Roland Seiler<br />
ist seit Mai 2009<br />
Zentralpräsident des<br />
Schweizerischen<br />
Fischerei-Verbandes<br />
SFV <strong>und</strong> Präsident<br />
des Vereins «Ja zu lebendigem Wasser».<br />
In intensiven Verhandlungen mit Vertretern<br />
der Kantone <strong>und</strong> der Elektrizitätswirtschaft<br />
hat er die Voraussetzungen<br />
für den Kompromiss geschaffen, der<br />
schliesslich den Rückzug der Initiative<br />
«Lebendiges Wasser» ermöglichte. Als<br />
Präsident des Bernisch Kantonalen<br />
Fischerei-Verbandes BKFV (2001–2008)<br />
hat er u.a. federführend den Abstimmungskampf<br />
für den Re<strong>natur</strong>ierungsfonds<br />
des Kantons Bern geführt.<br />
sichtlich der morphologischen <strong>und</strong> hydrologischen<br />
Defizite durchaus mit der damaligen<br />
vergleichbar. Es ist somit zu hoffen, dass<br />
sie einen ähnlichen Kraftakt an Milliardeninvestitionen<br />
auszulösen vermag, damit unsere<br />
Flüsse in einen <strong>natur</strong>naheren Zustand<br />
zurück geführt werden. Anzeichen dazu<br />
sind durchaus ersichtlich, schaut man auf<br />
die vorerst noch bescheidenen Erfolge der<br />
Gewässerre<strong>natur</strong>ierungen in den Kantonen<br />
(bezogen auf den gewaltigen Bedarf) <strong>und</strong><br />
die Bereitstellung bedeutender Finanzmittel<br />
des B<strong>und</strong>es, welche neu diesen Aufgaben<br />
zugewiesen werden sollen. Somit stehen in<br />
den nächsten Jahrzehnten Re<strong>natur</strong>ierungen<br />
ungeahnten Ausmasses bevor, die der Natur<br />
dienen <strong>und</strong> von der Bevölkerung hoch geschätzt<br />
werden.<br />
Kein Ausweg ohne Koordination<br />
Die Herausforderung wird wohl in der subtilen<br />
Koordination der verschiedenen Massnahmen<br />
an den Gewässern liegen, damit<br />
der gewaltige Mitteleinsatz nicht nutzlos<br />
verpufft. Es geht vor allem um das Dreiergespann<br />
zwischen morphologischer Re<strong>natur</strong>ierung,<br />
hydrologischer Sanierung (Restwasser,<br />
Schwall <strong>und</strong> Sunk, Hochwasserdynamik)<br />
sowie Wiederherstellung des Geschiebetriebs.<br />
Dazu sind die neuen Rahmenbedingungen<br />
der Gewässerschutzrevision von<br />
Dezember entscheidend.<br />
Lassen sich im konkreten Fall gewässerökologische<br />
Ziele ebenso gut durch Re<strong>natur</strong>ierung<br />
wie durch mehr Restwasser erzielen,<br />
so ist die Re<strong>natur</strong>ierung nach Ansicht<br />
von Pro Natura <strong>und</strong> Fischereiverband vorzuziehen,<br />
da sie gleichzeitig auch die energiepolitischen<br />
Ziele der erneuerbaren Energieproduktion<br />
zu erfüllen hilft.<br />
Wasserkraftnutzung ökologisieren<br />
Bekanntlich gibt es keine Stromproduktionsart<br />
ohne Umweltauswirkungen. Wasserkraft<br />
gehört zu den besten, vorerst einmal<br />
weil sie erneuerbar ist. Doch sie ist<br />
damit noch keineswegs nachhaltig, bzw.<br />
ökologisch. Dies setzt eine entsprechende<br />
Anlagegestaltung <strong>und</strong> einen angepassten<br />
Betrieb voraus.<br />
Insgesamt sind zwei übergeordnete Grenzen<br />
zu beachten. Aus der Sicht eines Landes, das<br />
wie die Schweiz seine Gewässer bereits weitestgehend<br />
nutzt, geht es zum einen darum,<br />
die wenigen noch unverbauten <strong>und</strong> ungenutzten<br />
Wasserläufe in ihrem <strong>natur</strong>nahen Zustand<br />
zu bewahren. Das ist für die Erhaltung<br />
der Artenvielfalt – das Hauptziel von Pro Natura<br />
– <strong>und</strong> des Fischreichtums – unmittelbares<br />
Ziel des Fischereiverbandes – unabdingbar.<br />
Diese Aufgabe muss heute gegen allen<br />
Nutzungsdruck wahrgenommen werden.<br />
Morgen wäre es angesichts der ungeheuerlichen<br />
Flut an Kleinwasserkraft-Projekten zu<br />
spät. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sind problematische<br />
Kraftwerke in Schutzgebieten <strong>und</strong> an morphologisch<br />
<strong>und</strong> hydrologisch <strong>natur</strong>nahen<br />
Wasserläufen von der kostendeckenden Einspeisevergütung<br />
auszuschliessen.<br />
Zum anderen gilt es, bei der Nutzung der<br />
Gewässer die erforderliche Rücksicht auf die<br />
Natur <strong>und</strong> die Befindlichkeit der Bevölkerung<br />
zu nehmen, also auf Trockenlegung<br />
von Wasserläufen - heute noch bei über der<br />
Hälfte der Wasserentnahmen gängige Praxis<br />
– zu verzichten <strong>und</strong> die schädliche Schwall-<br />
Sunk-Schwankungen in den Flüssen auf ein<br />
ökologisch verantwortbares Mass zu senken.<br />
Es gibt zahlreiche Wasserfassungen, die<br />
für die Gewässer bedeutsam sind, aber<br />
durch die Maschen des Gewässerschutzgesetz<br />
fallen: Die Rede ist von den hochgelegenen,<br />
insgesamt wasserreichen <strong>und</strong><br />
energetisch interessanten Fassungen, die<br />
mindestens 18 Tage pro Jahr gänzlich zufrieren,<br />
<strong>und</strong> somit als nicht ständig wasserführend<br />
im Sinne des Gesetzes der Restwasserpflicht<br />
entkommen.<br />
Mit der Ökologisierung der Wasserkraft allein<br />
kommen wir allerdings nicht mehr auf<br />
einen grünen Zweig. Zu hoch sind der Energieverschleiss<br />
<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene<br />
Umweltbelastung. Es führt kein Weg an der<br />
entschiedenen Forderung einer rationellen<br />
Energienutzung durch geeignete Rahmenbedingungen<br />
vorbei: Nur auf diesem Pfad<br />
lassen sich letztlich die Herausforderungen<br />
der Erhaltung der Artenvielfalt <strong>und</strong> der Klimapolitik<br />
gemeinsam meistern.<br />
Luca Vetterli<br />
Pro Natura Ticino<br />
Viale stazione 10<br />
Casella postale 2317<br />
6501 Bellinzona<br />
Tel. 091 835 57 67<br />
luca.vetterli@pro<strong>natur</strong>a.ch<br />
Roland Seiler<br />
Zentralpräsident SFV<br />
Badweg 10<br />
3302 Moosseedorf<br />
Tel. 031 859 09 10<br />
roland.seiler@roland-seiler.ch<br />
Seite 22 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
Aus dem Rheinaub<strong>und</strong><br />
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Blickpunkt ungezähmte Gewässer:<br />
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Der Widerstand gegen den Kraftwerksbau in Rheinau führte nicht nur zur Gründung<br />
des Rheinaub<strong>und</strong>es sondern war auch ein umweltpolitischer Wendepunkt.<br />
Heute, ein halbes Jahrh<strong>und</strong>ert nach seiner Gründung, steht der Rheinaub<strong>und</strong> wiederum<br />
vor grossen Herausforderungen.<br />
von Matthias Nast<br />
«Man könnte den Rheinaub<strong>und</strong> vielleicht<br />
auch als einen ‚B<strong>und</strong> von Verschworenen‘<br />
bezeichnen, ein Kreis von Rebellen, die, verfemt,<br />
verhöhnt, der Rechtsverlotterung bezichtigt,<br />
als Fanatiker <strong>und</strong> Sentimentale diskriminiert,<br />
gegen die Machtpolitik des mit<br />
den Regierungen verfilzten Elektrokapitals<br />
angetreten sind.» (<strong>natur</strong>+<strong>mensch</strong> 4/1972:<br />
160). Mit diesen starken Worten blickte 1972<br />
Erwin Akeret, BGB- bzw. SVP-Nationalrat<br />
<strong>und</strong> Mitbegründer des Rheinau-Komitees,<br />
auf 12 bewegte Jahre Rheinaub<strong>und</strong> zurück.<br />
Nachdrücklich verwies er auf Artikel 22 des<br />
seit 1916 bestehenden B<strong>und</strong>esgesetzes<br />
über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte.<br />
Dieser sei die wahre Wiege der Rheinaubewegung<br />
<strong>und</strong> auf diesen hätten sie sich gestützt:<br />
«Naturschönheiten sind zu schonen<br />
<strong>und</strong> da, wo das allgemeine Interesse an ihnen<br />
überwiegt, ungeschmälert zu erhalten.»<br />
Die Rheinaubewegung<br />
in den 1950er Jahren:<br />
Umweltschutz avant la lettre<br />
Die Doppelschleife bei Rheinau <strong>und</strong> die kleine<br />
Rheininsel, auf der das mächtige ehemalige<br />
Benediktinerkloster thront, sind besondere<br />
Kultur- <strong>und</strong> Landschaftsdenkmäler. Es<br />
verw<strong>und</strong>ert deshalb nicht, dass sich der<br />
Schweizer Heimatschutz (SHS) kritisch äusserte,<br />
als in den 1930er Jahren an dieser<br />
Stelle ein Wasserkraftwerk projektiert wurde.<br />
Der SHS befürchtete, der Kraftwerksbau<br />
diene hauptsächlich der Schiffbarmachung<br />
des Hochrheins (B<strong>und</strong>i 2004: 28). Trotz dieser<br />
Einwände hielten Regierung <strong>und</strong> Behörden<br />
am Projekt fest <strong>und</strong> erteilten 1944 die<br />
Konzession.<br />
Bis die Arbeiten an die Hand genommen<br />
wurden, zogen allerdings noch sieben Jahre<br />
ins Land. Erst im Januar 1951 liessen die<br />
Bauherren beim Rheinfallbecken den künftigen<br />
Wasserstand markieren. Nun erkannte<br />
die Öffentlichkeit in aller Deutlichkeit, wie<br />
massiv sich der Einstau auswirken würde.<br />
Die Profile zeigten an, dass der Rheinfall<br />
zwei Meter Fallhöhe verlieren würde <strong>und</strong><br />
seine Wasser praktisch in einen See stürzen<br />
würden. (Ewald/Klaus: 2009: 550).<br />
Kurt Bächtold, Redaktor bei den Schaffhauser<br />
Nachrichten, richtete sich am 20. Januar<br />
1951 in einem flammenden Appell an seine<br />
Leserschaft <strong>und</strong> bezeichnete den Bau eines<br />
Kraftwerkes beim Kloster Rheinau «als die<br />
grösste Kulturschande, die bei uns seit langer<br />
Zeit begangen wurde.» (Schneider 1998:<br />
13). Unterstützung erhielt Bächtold von Arthur<br />
Uehlinger, Kantonsforstmeister <strong>und</strong><br />
Präsident der Schaffhauser Naturforschenden<br />
Gesellschaft.<br />
Innert kürzester Zeit formierte sich eine<br />
Protestbewegung. Das «Überparteiliche Komitee<br />
zum Schutze der Stromlandschaft<br />
Rheinfall-Rheinau», kurz «Rheinau-Komitee»,<br />
stiess auf ein gewaltiges Echo. Es gelang<br />
ihm, in wenigen Monaten 156 000 Unterschriften<br />
zu sammeln. Doch diese Petition<br />
beeindruckte weder den B<strong>und</strong>esrat noch<br />
Bei der Volksk<strong>und</strong>gebung am<br />
27.1.1952 drückten 10 000<br />
Menschen auf sehr emotionale<br />
Weise ihren Widerstand<br />
gegen das Kraftwerk aus.<br />
Foto: Archiv Rheinaub<strong>und</strong><br />
die Regierungen von Schaffhausen <strong>und</strong><br />
Zürich. Am 23. Januar 1952 griffen die Bauarbeiter<br />
zu Schaufel <strong>und</strong> Pickel. Aus Protest<br />
wurden in Schaffhausen die Fahnen auf<br />
Halbmast gesetzt. Am 27. Januar 1952 zogen<br />
bei Schnee <strong>und</strong> Kälte 10 000 Demonstranten<br />
Richtung Rheinau. Auf mitgeführten<br />
Transparenten war zu lesen: «Wir wollen<br />
hier kein Kraftwerk. Das Volk.» Die Demonstranten<br />
forderten in einer Resolution die<br />
sofor tige Einstellung der Bauarbeiten <strong>und</strong><br />
den Rückzug der Konzession. Doch der B<strong>und</strong>esrat<br />
gab nicht nach <strong>und</strong> hielt an der<br />
Konzes sion fest. Daraufhin versammelten<br />
sich am 25. August 1952 wiederum 15 000<br />
Personen. Das Rheinau-Komitee beschloss,<br />
zwei Volksinitiativen zu lancieren: einerseits<br />
die Initiative «zum Schutze der Stromlandschaft<br />
Rheinfall-Rheinau», andererseits die<br />
Initia tive «zur Erweiterung der Volksrechte<br />
bei der Verleihung von Wasserrechtskonzessionen<br />
durch den B<strong>und</strong>».<br />
Rheinau bewegt die Öffentlichkeit<br />
In Zürich <strong>und</strong> in Schaffhausen war Rheinau<br />
das beherrschende öffentliche Thema. Die<br />
Fronten verliefen quer durch alle Parteien.<br />
Der Abstimmungskampf wurde mit harten<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 23
Aus dem Rheinaub<strong>und</strong><br />
Bandagen ausgetragen. FDP-Nationalrat Urs<br />
Dietsch bezeichnete den zur Auseinandersetzung<br />
zwischen Materialismus <strong>und</strong> Idealismus<br />
hochstilisierten Konflikt als «Kulturkampf<br />
zwischen Technik <strong>und</strong> Natur».<br />
(Kupper 1999: 23).<br />
Die Befürworter des Bauprojekts nahmen<br />
insbesondere die in der Rheinau-Initiative<br />
enthaltene Übergangsbestimmung ins Visier:<br />
«Zur ungeschmälerten Erhaltung des<br />
Rheinfalles sowie zum Schutz der Schönheit<br />
der Stromlandschaft Rheinfall-Rheinau wird<br />
die […] erteilte Konzession für den Bau<br />
des Kraftwerkes Rheinau aufgehoben. Eine<br />
solche Konzession darf nicht wieder erteilt<br />
werden.» Damit standen, so die Initiativgegner,<br />
wesentliche Gr<strong>und</strong>sätze der Verfassung<br />
<strong>und</strong> der Rechtsstaatlichkeit auf dem Spiel.<br />
Einmal bewilligte Vertragskonzessionen<br />
dürfen nicht einseitig rückgängig gemacht<br />
werden. Henri Zurbrügg, Sektionschef des<br />
Eidgenössischen Amtes für Wasserwirtschaft<br />
in Bern, brachte seinen Unmut wie<br />
folgt auf den Punkt: «Die Rheinauinitiative<br />
mit ihrer Übergangsbestimmung ist nicht<br />
nur eine Ungeheuerlichkeit <strong>und</strong> ein offenbarer<br />
Missbrauch des Initiativrechtes,<br />
sondern sie bedeutet einen Rechts- <strong>und</strong><br />
Wortbruch gegenüber dem eigenen Staat,<br />
gegenüber dem Nachbarstaat <strong>und</strong> nicht<br />
zuletzt gegenüber dem Konzessionär.»<br />
(Zit. in: Schweizerische Bauzeitung 1954.<br />
Vol. 72: 557f.).<br />
Aber auch die Befürworter stellten den<br />
Demokratiebegriff zur Diskussion. In einem<br />
Professorenappell lesen wir: «Es geht um die<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche Frage, ob in der ältesten<br />
Demokratie wirklich noch das Volk das letzte<br />
Wort zu sagen habe.» (Zit. in: Graf 1972: 182).<br />
Die Rheinauinitiative warf aber nicht nur<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche Fragen nach den Schranken<br />
des Initiativ- <strong>und</strong> Verfassungsrevisionsrechts<br />
auf. 1972 wies Christoph Graf darüber hinaus<br />
nach, dass im Falle Rheinau eine besonders<br />
starke personelle <strong>und</strong> institutionelle Verflechtung<br />
zwischen den Kraftwerkgesellschaften<br />
<strong>und</strong> den Behörden bestanden habe.<br />
Während des Abstimmungskampfes ruhten<br />
die Arbeiten in Rheinau keineswegs. Im Gegenteil,<br />
mit deren Fortführung sollten Fakten<br />
geschaffen werden. Denn so konnten<br />
die Initiativgegner ein weiteres Argument<br />
ins Feld führen. Bei einer Annahme der Initiative<br />
seien, so die Promotoren der Elektrizitätswirtschaft,<br />
nicht nur Stromengpässe zu<br />
befürchten, sondern die Steuerzahler hätten<br />
mit hohen Schadenersatzforderungen<br />
zu rechnen (Ewald. In: <strong>natur</strong>+<strong>mensch</strong><br />
1/2005: 3).<br />
Die Argumente der Kraftwerksbefürworter<br />
überzeugten eine Mehrheit der Stimmbürger.<br />
Am 5. Dezember 1954 wurde die Rheinau-Initiative<br />
mit r<strong>und</strong> 504 000 Nein- gegen<br />
229 000 Ja-Stimmen abgelehnt. Nur im Kanton<br />
Schaffhausen wurde sie angenommen.<br />
Am 13. Mai 1956 wurde ausserdem die Wasserrechts-Initiative<br />
mit 454 000 Nein – gegen<br />
266 000 Ja-Stimmen verworfen.<br />
Fast zeitgleich stritten sich Naturschützer<br />
<strong>und</strong> Kraftwerksbauer über ein anderes Bauprojekt.<br />
Im Schweizerischen Nationalpark<br />
sollte der Spöl, der Hauptfluss des Parks, in<br />
das auf italienischem Boden gelegene Livignostauwerk<br />
abgeleitet werden. Unter der<br />
Federführung Arthur Uehlingers wurde ein<br />
Referendum gegen den Staatsvertrag mit<br />
Italien beschlossen. Doch, so Kurt Bächtold,<br />
traten «im Hunger nach elektrischer Energie<br />
[…] Industrie, Banken <strong>und</strong> Politiker für<br />
Kraftwerk <strong>und</strong> Staatsvertrag ein <strong>und</strong> überfuhren<br />
in der Abstimmungskampagne die<br />
Gegner mit übermächtiger Propagandawalze.»<br />
(Bächtold 1991: 196). 1958 ging auch<br />
dieser Kampf verloren.<br />
Die Gründung<br />
des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
Trotz dieser Niederlagen waren die Auseinandersetzungen<br />
r<strong>und</strong> um die Kraftwerksbauten<br />
bei Rheinau, aber auch der Kampf<br />
um den Nationalpark, nicht vergeblich. Der<br />
Widerstand gegen diese Projekte wurde, so<br />
Ewald <strong>und</strong> Klaus, zum «Fanal» (Ewald/Klaus<br />
2009: 551) <strong>und</strong> stellte für die Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzbewegung<br />
prägende Erlebnisse<br />
dar (Kupper 1998: 23). Die hart geführten<br />
Abstimmungskämpfe rüttelten die Politik<br />
wach. Rückblickend ist von einem umweltpolitischen<br />
Wendepunkt zu sprechen.<br />
Direkt aus der Rheinaubewegung hervorgegangen<br />
sind 1962 die deutliche Annahme<br />
des Artikels 24 der B<strong>und</strong>esverfassung sexies<br />
(Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzartikel) sowie<br />
1966 das B<strong>und</strong>esgesetz für einen wirksameren<br />
Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz<br />
in der Schweiz (Eawald/Klaus<br />
2009: 551f.).<br />
Die Umweltbewegung avant<br />
la lettre argumentierte noch<br />
hauptsächlich im Stil des<br />
traditionellen Natur- <strong>und</strong><br />
Heimatschutzes, das heisst<br />
vorwiegend patriotisch <strong>und</strong><br />
ästhetisch. Dazu der Umwelthistoriker<br />
Chris tian Pfister:<br />
Die Rheinauinitiative<br />
von 1954, die sich gegen<br />
den Bau eines Kraftwerkes<br />
im symbolträchtigen Umfeld<br />
des Rheinfalls richtete,<br />
«war die erste eidgenössische<br />
Volksabstimmung, die<br />
sich um den Schutz einer<br />
Landschaft drehte. ‚Schönheit‘<br />
<strong>und</strong> ‚Kindheit‘ waren<br />
Leitmotive der Werkgegner.<br />
Quelle: Stadtarchiv<br />
Schaffhausen<br />
Seite 24 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Viele kannten die Rheinau aus ihrer Jugend,<br />
sei es vom Fischen, sei es vom Wandern, sei<br />
es vom Schwimmen im Rhein her. Viele von<br />
ihnen frischten diese Erlebnisse auf, indem<br />
sie sich in Weidlingen den Fluss hinunter tragen<br />
liessen. Andere lernten die eindrückliche<br />
Landschaft bei diesem Anlass kennen.<br />
In allen Fällen scheinen persönliche Schlüsselerlebnisse,<br />
vorwiegend solche aus der<br />
Jugendzeit, für das Engagement ausschlaggebend<br />
gewesen zu sein.» (Pfister 1997: 56).<br />
Worin sich das Rheinau-Kommitee von anderen<br />
Organisationen allerdings erheblich<br />
unterschied, waren dessen Methoden. Protestmärsche<br />
<strong>und</strong> lauthals verkündete Resolutionen<br />
waren nicht immer wohlgelitten. Der<br />
Schweizer Heimatschutz (SHS) <strong>und</strong> Teile des<br />
Schweizerischen B<strong>und</strong>es für Naturschutz<br />
(SBN, heute Pro Natura) kritisierten die radikalen<br />
Methoden der Naturschützer vom<br />
Rhein. Für diese wiederum war die Haltung<br />
des SHS <strong>und</strong> des SBN viel zu kompromissbereit.<br />
Diese Meinungsverschiedenheiten führten<br />
zu einer Spaltung innerhalb der Schweizer<br />
Heimat- <strong>und</strong> Naturschutzbewegung. Das<br />
Rheinau-Komitee, das Schweizerische Komitee<br />
für die Erhaltung des Nationalparkes sowie<br />
einige Mitglieder des SBN gründeten<br />
deshalb am 19. März 1960 den «Rheinaub<strong>und</strong><br />
– Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für<br />
Natur <strong>und</strong> Heimat» mit Sitz in Schaffhausen.<br />
Die neue Bewegung verstand sich als eine<br />
Art resolute, <strong>natur</strong>schützerische Avantgarde:<br />
«Der Rheinaub<strong>und</strong> will ein kleiner, beweglicher<br />
Spähtrupp, eine kampfwillige<br />
Kommandoeinheit mit allseitiger Bereitschaft<br />
zu tätiger Mitarbeit sein.» (Zit. in: Kupper<br />
1999: 30). Er wollte sich für den Naturschutz<br />
mit unkonventionellen Aktionsformen<br />
in der ausserparlamentarischen Opposition<br />
einsetzen (B<strong>und</strong>i 2004: 7).<br />
Wichtigstes Sprachrohr wurde seine sechsmal<br />
jährlich erscheinende Zeitschrift «<strong>natur</strong><br />
+<strong>mensch</strong>». Diese seit 1958 bestehende Zeitschrift<br />
etablierte sich in den 1960er Jahren<br />
<strong>und</strong> darüber hinaus zu einem eigentlichen<br />
Forumsblatt des Naturschutzes <strong>und</strong> diente<br />
verschiedenen regionalen Naturschutzgruppen<br />
als nationale Publikationsplattform.<br />
Treibende Kraft, sowohl hinter dem<br />
B<strong>und</strong> als auch hinter der Zeitschrift, war<br />
über viele Jahre hinweg Arthur Uehlinger.<br />
Verbreiterung des Zihlkanals<br />
zwischen Neuenburger-<br />
<strong>und</strong> Bielersee<br />
während der Zweiten<br />
Juragewässerkorrektion<br />
Foto: archiv susanne muller<br />
Der Kampf gegen die<br />
Schiffbarmachung<br />
von Rhein <strong>und</strong> Aare<br />
Als in den 1960er Jahren alte<br />
Pläne aus den Schubladen<br />
gezogen wurden, die<br />
den Hochrhein über Stromschnellen,<br />
Kraftwerks stufen<br />
<strong>und</strong> gar über den Rheinfall hinaus bis hin<br />
zum Bodensee für grosse Transport schiffe<br />
öffnen sollten, meldete sich der Rheinaub<strong>und</strong><br />
vehement zu Wort. Kernstück dieses<br />
Projekts war das zwischen Stein am Rhein<br />
<strong>und</strong> Diessenhofen geplante Regulierwehr in<br />
Hemishofen. Unter dem Motto «Rettet den<br />
Rhein» bildete sich rasch eine starke Opposition.<br />
Ihr prominentester Exponent war der<br />
redegewandte Schaffhauser Regierungsrat<br />
Konrad «Koni» Graf, der später, von 1977 bis<br />
1985, auch Präsident des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
wurde. Der Rheinaub<strong>und</strong> nahm im Kampf<br />
gegen die Hochrheinschifffahrt eine führende<br />
Rolle ein <strong>und</strong> stellte seine Publikation<br />
«<strong>natur</strong>+<strong>mensch</strong>» uneingeschränkt der<br />
Schweizerischen Vereinigung gegen die<br />
Hochrheinschifffahrt als Sprachrohr zur Verfügung.<br />
(Schneider. In: <strong>natur</strong>+<strong>mensch</strong><br />
3/2004).<br />
Am 23. März 1969 protestierten r<strong>und</strong> 6000<br />
Personen in Hemishofen gegen das Bauwerk<br />
<strong>und</strong> stritten für die Erhaltung der<br />
«schönsten Stromlandschaft des Hochrheins».<br />
(Rothenbühler 2004:136).<br />
Der Widerstand gegen das Hemishofer-Projekt<br />
fand breite Unterstützung. Als Folge<br />
kam im August 1973 im Kanton Thurgau die<br />
Bodenseeinitiative vors Volk. Sie wurde mit<br />
einem überwältigenden Mehr von 39 704<br />
Ja-Stimmen gegen 5542 Nein-Stimmen angenommen.<br />
Zu diesem klaren Verdikt<br />
schreibt die Historikerin Verena Rothenbühler:<br />
«Während die Naturschutzinitiativen der<br />
Rheinau- <strong>und</strong> Spölgegner in den 1950er<br />
Jahren noch nicht den Hauch einer Chance<br />
gehabt hatten, war der Naturschutzgedanke<br />
knapp zwanzig Jahre später mehrheitsfähig.»<br />
(Rothenbühler 2004:137).<br />
Nur bedingt erfolgreich waren die Naturschützer<br />
an der Aare. In Zusammenhang mit<br />
der Zweiten Juragewässerkorrektion (1962–<br />
1973) bestanden Pläne zur Schiffbarmachung<br />
der Aare <strong>und</strong> der Juraseen sowie zum<br />
Bau einer Verbindung zwischen Neuenburger-<br />
<strong>und</strong> Genfersee. Als Gründungsmitglied<br />
der «Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der<br />
Aare», bekämpfte der Rheinaub<strong>und</strong> diesen<br />
sogenannten «Transhelvetischen Kanal». Es<br />
gelang zwar, die Güterschifffahrt zu verhindern,<br />
das Regulierwehr Flumenthal wurde<br />
jedoch trotz massiven Wiederstands erbaut<br />
(Nast 2006: 152ff.).<br />
Die Wende der siebziger Jahre<br />
<strong>und</strong> der Rheinaub<strong>und</strong><br />
In den 1970er Jahren tauchten in der öffentlichen<br />
Debatte bisher kaum bekannte Begriffe<br />
auf. «Umwelt» <strong>und</strong> «Ökologie» wurden<br />
plötzlich salonfähig. Der Historiker François<br />
Walter spricht von der «Wende der siebziger<br />
Jahre». Der Bericht des Club of Rome, Ulrich<br />
Becks Konzept der «Risikogesellschaft», der<br />
neue Blick aus dem All auf die verletzbare<br />
Erdkugel aber auch die individuelle Suche<br />
nach alternativen Wegen im Sinn von «Small<br />
is beautiful» prägten diese Epoche. Es entstand<br />
nun ein modernes Umweltbewusstsein,<br />
das die Mensch-Natur-Beziehung bis<br />
heute beeinflusst.<br />
Bei den National- <strong>und</strong> Ständeratswahlen<br />
von 1971 war Umweltschutz erstmals ein<br />
Wahlkampfthema. Im gleichen Jahr nah-<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 25
Aus dem Rheinaub<strong>und</strong><br />
men 92,7 Prozent der Stimmenden <strong>und</strong> alle<br />
Stände den Umweltschutzartikel an.<br />
Diese «Wende der siebziger Jahre» beeinflusste<br />
auch den Rheinaub<strong>und</strong>. In einem<br />
Manifest von 1972 lesen wir: «Alle Bemühungen<br />
für den Schutz des Lebens <strong>und</strong> der<br />
Umwelt, alle Rettungsmassnahmen auf dem<br />
Gebiet des Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzes sind<br />
jedoch nur Symptom- <strong>und</strong> nicht Ursachenbehandlung,<br />
solange das zentrale Problem<br />
einer Stabilisierung der Bevölkerung <strong>und</strong><br />
der Wirtschaft nicht gelöst ist.» (<strong>natur</strong>+<br />
<strong>mensch</strong> 4/1972: 158).<br />
Ausserdem traten vermehrt Wissenschaftler<br />
auf den Plan. Die Meinung der Experten aus<br />
der Industriegesellschaft wurde nicht mehr<br />
wiederspruchlos hingenommen. (Pfister<br />
1997: 61). Dazu Erwin Akeret: «Inzwischen<br />
ist auch die Wissenschaft erwacht <strong>und</strong> liefert<br />
uns mit ihren Untersuchungen <strong>und</strong> Werken<br />
das wissenschaftliche […] Rüstzeug, um<br />
unseren Kampf noch wirksamer zu führen<br />
<strong>und</strong> die wirtschaftlich-politischen Kräfte, die<br />
die Zeichen der Zeit nicht begriffen haben<br />
<strong>und</strong> an überholten Projekten festhalten, zu<br />
besiegen.» (<strong>natur</strong>+<strong>mensch</strong> 4/1972: 162).<br />
Nein Danke oder Ja gern:<br />
Über den schwierigen Umgang<br />
mit der Atomkraft<br />
1959 schrieb Hans Utzinger vom Rheinaub<strong>und</strong><br />
über die Frage der Atomkraft: «Eine<br />
endgültige Lösung unserer Energieproblems<br />
können nur die Atomenergie oder ganz neue,<br />
heute noch nicht bekannte Energiequellen<br />
bringen.» (<strong>natur</strong>+<strong>mensch</strong> 7–8/ 1959: 99).<br />
Rückblickend mag es erstaunen, dass der<br />
Rheinaunb<strong>und</strong> <strong>und</strong> mit ihm zahlreiche andere<br />
Umweltorganisationen das heran dämmernde<br />
Atomzeitalter dieserart begrüsst<br />
haben. Hinter dieser Haltung steckte nichts<br />
anderes als die Hoffnung, Atomkraft könne<br />
die Wasserkraft ersetzen, <strong>und</strong> die übrig gebliebenen<br />
natürlichen Flusslandschaften<br />
blieben somit erhalten. Der Rheinaub<strong>und</strong><br />
erkannte allerdings rasch, dass auf diese<br />
Weise lediglich der Teufel mit dem Beelzebub<br />
ausgetrieben würde <strong>und</strong> vollzog zu Beginn<br />
der 1970er Jahre eine scharfe Kehrtwendung.<br />
Exemplarisch zeigt sich dies<br />
anhand der Besetzung von Kaiseraugst.<br />
1975 verfasste der Rheinaub<strong>und</strong> eine Resolution,<br />
worin er sich mit den Besetzern solidarisierte:<br />
«Der Rheinaub<strong>und</strong> unterstützt<br />
den Einsatz der Besetzer <strong>und</strong> der Bürger -<br />
initiativen gegen das geplante Atomkraftwerk<br />
Kaiseraugst. […] Gezwungen durch<br />
die Erfahrung mit der Politik der vollendeten<br />
Tatsachen beim Kampf gegen das Kraftwerk<br />
Rheinau billigen wir die Besetzung.»<br />
(<strong>natur</strong>+<strong>mensch</strong> 3/1975: 112).<br />
Seit den 1970er Jahren nimmt der Rheinaub<strong>und</strong><br />
klar Stellung gegen die Atomkraft. Die<br />
Zeitschrift «<strong>natur</strong>+<strong>mensch</strong>» entwickelte sich<br />
zu einem Forum für atomkritische Beiträge<br />
<strong>und</strong> ist deshalb, so Kupper, «eine ausgezeichnete<br />
Quelle für die verschiedenen Bewegungen,<br />
die die Atomenergie kritisierten.»<br />
(Kupper 1999: 86).<br />
Hans Utzinger, derselbe Autor, der für die<br />
weiter oben zitierte Aussage verantwortlich<br />
ist, nahm 1984 zur Atomfrage wie folgt Stellung:<br />
«Wir müssen zugeben, damals – wie<br />
fast jedermann – die grossen Gefahren <strong>und</strong><br />
Konsequenzen der Atomenergie zuwenig erkannt<br />
zu haben.» (<strong>natur</strong>+<strong>mensch</strong> 1/1984: 24).<br />
Vielseitiges Engagement<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> konzentrierte seine Aktivitäten<br />
hauptsächlich auf die Nordostschweiz.<br />
Immer wieder engagierte er sich<br />
aber auch für nationale Themen. So unterstützte<br />
er entschieden die Opposition gegen<br />
das Greina-Kraftwerkprojekt <strong>und</strong> stellte<br />
zwischen 1975 <strong>und</strong> 1977 seine Zeitschrift<br />
«<strong>natur</strong>+<strong>mensch</strong>» in den Dienst des Widerstandes.<br />
Ausserdem nahm er Stellung gegen<br />
die Beeinträchtigung der Landschaft<br />
des Bündner Rheins durch die Wiederaufnahme<br />
der Projekte Ilanz-Tavanasa. Er<br />
K<strong>und</strong>gebung beim Nagra-<br />
Bohrplatz Benken am<br />
Ostersamstag 2002: Der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> unterstützt<br />
aktiv <strong>und</strong> kreativ die<br />
Opposition gegen ein<br />
Endlager im Zürcher<br />
Weinland.<br />
Foto: Quelle: rheinau.net<br />
engagierte sich für die Kleeblatt-Initiativen,<br />
wobei er<br />
sich aktiv der Opposition im<br />
Knonauer-Amt anschloss,<br />
unterstützte den Widerstand gegen den<br />
Ausbau der Grimsel-Kraftwerke <strong>und</strong> organisierte<br />
die regionale Kampagne der Genschutz-Initiative.<br />
Zusammen mit der 1982<br />
gegründeten Vereinigungen Pro-Thur ist es<br />
ihm gelungen, eine umweltgerechte Variante<br />
für die Thur-Sanierung durch die Instanzen<br />
zu bringen <strong>und</strong> so die Auenlandschaft<br />
entlang der Thur für künftige Generationen<br />
zu retten. Darüber hinaus setzte sich der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> für dringliche Massnahmen<br />
auf dem Gebiete der Raumplanung ein,<br />
stellte sich hinter die Volksini tiative zum<br />
Schutz der Moore (Rothenthurm-Initiative)<br />
<strong>und</strong> kämpfte für das von ihm bis heute genutzte<br />
Verbandsbeschwerderecht.<br />
Mit Einsprachen <strong>und</strong> Rekursen leistete er stets<br />
auch ausserordentlich aufwändige <strong>und</strong> erfolgreiche<br />
juristische Arbeit hinter den Kulissen.<br />
Damit machte er sich bei den Behörden zwar<br />
nicht immer beliebt. Trotzdem wurde <strong>und</strong><br />
wird der Rheinaub<strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> seiner qualitativ<br />
hochstehenden Expertisen in der Fachwelt<br />
<strong>und</strong> den Verwaltungen sehr geschätzt<br />
<strong>und</strong> als professioneller Partner anerkannt.<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> hängte seine Aktivitäten<br />
nicht immer an die grosse Glocke. In einer<br />
Zeit omnipräsenter Medien ist diese Zurückhaltung<br />
heute allerdings kontraproduktiv.<br />
Die Öffentlichkeit <strong>und</strong> insbesondere die Mitglieder<br />
wollen stets informiert sein. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> hat der Vorstand kürzlich<br />
entschieden, vermehrt Ressourcen in die<br />
Öffentlichkeitsarbeit zu stecken.<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> macht Schule<br />
Heutzutage werden Umweltschutz, Nachhaltigkeit<br />
<strong>und</strong> Ökologie von allen Parteien,<br />
Verbänden <strong>und</strong> Behörden als berechtigte<br />
Seite 26 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Matthias Nast<br />
hat an der<br />
Universität Bern<br />
Geschichte,<br />
Politische Wissenschaften<br />
sowie<br />
Allgemeine Ökologie studiert <strong>und</strong> 1996<br />
zu einem umwelthistorischen Thema<br />
promoviert. Heute arbeitet er als freier<br />
Historiker, Autor <strong>und</strong> Dozent. Er ist<br />
davon überzeugt: Wer mehr über<br />
seinen Lebensraum weiss, der hat auch<br />
mehr Verständnis für einen sorgsamen<br />
Umgang mit der Natur.<br />
Anliegen anerkannt. Umweltorganisationen<br />
stehen deshalb vor anderen Herausforderungen<br />
als noch vor 50 Jahren. Das hat der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> erkannt. Mit dem erfolgreich<br />
gestarteten Projekt «VivaRiva» spricht der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> explizit Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schüler sowie Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer an.<br />
Spielerisch, in der freien Natur, ob im Wald<br />
oder am Bach, werden ökologische Zusammenhänge<br />
erklärt sowie der Wert <strong>und</strong> die<br />
Schönheiten unberührter Natur vermittelt.<br />
In den letzten Jahren ist der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> mehr <strong>und</strong> mehr<br />
proaktiv für den Gewässerschutz<br />
eingetreten <strong>und</strong> hat sich damit<br />
bei Behörden <strong>und</strong> Projektanten<br />
einen guten Namen gemacht.<br />
Foto: photocase<br />
Auch geht der Rheinaub<strong>und</strong> weiterhin Kooperationen<br />
mit anderen Umweltorganisationen<br />
ein. Doch zu diesen steht er heute<br />
stärker in Konkurrenz als früher. Deshalb<br />
benötigt der Rheinaub<strong>und</strong> ein spezifisches<br />
<strong>und</strong> herausragendes Merkmal. Das findet<br />
sich selbstverständlich beim Gewässerschutz,<br />
was im neuesten Leitbild entsprechend<br />
verankert wurde.<br />
Wasserkraft ist heute wieder in aller Leute<br />
M<strong>und</strong>. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des drohenden<br />
Klimawandels erscheint die Nutzung dieser<br />
CO2-freien Energie verlockend. Doch welchen<br />
Preis wollen wir dafür bezahlen? Dem<br />
Rheinaub<strong>und</strong> wird die Arbeit nicht ausgehen:<br />
Unter anderem beschäftigt er sich derzeit<br />
intensiv mit den Verhandlungen um die<br />
Neukonzession des Kraftwerks Kembs oder<br />
setzt sich nachdrücklich für die Revitalisierung<br />
der Restwasserstrecke beim Kraftwerk<br />
Rheinau ein.<br />
Zudem wird der Rheinaub<strong>und</strong> durch unzählige<br />
Bauprojekte für Kleinwasserkraftwerke<br />
mit seinem eigentlichen Kernthema konfrontiert.<br />
Der frühere Rheinaub<strong>und</strong>-Geschäftsführer<br />
Ruedi Schneider kommentiert die<br />
Sachlage so: «Jetzt können sie [die Stromproduzenten]<br />
mit ‚ökologisch reinem Gewissen‘<br />
auch noch die letzten natürlichen <strong>und</strong> <strong>natur</strong>nahen<br />
Bäche <strong>und</strong> Flussabschnitte rentabel<br />
verbetonieren.» (Zit. in: Ewald 2009: 542f).<br />
Es bleibt zu hoffen, dass sich der Rheinaub<strong>und</strong><br />
erfolgreich dagegen zur Wehr setzen<br />
kann <strong>und</strong> ihm die dazu nötigen Mittel zufliessen<br />
werden. Nur so kann verhindert werden,<br />
dass unsere bereits zu 95 Prozent durch<br />
technische Massnahmen beeinträchtigten<br />
Gewässer nicht durch die finanzielle Förderung<br />
von Kleinkraftwerken vollends dem<br />
Energiehunger zum Opfer fallen werden.<br />
Literaturangaben<br />
Bächtold, Kurt 1991: Arthur Uehlinger. In:<br />
Schaffhauser Biographien. Band V 68. S.<br />
190-197.<br />
B<strong>und</strong>i, Madlaina 2004: Erhalten <strong>und</strong> gestalten.<br />
100 Jahre Schweizer Heimatschutz. Hgg. vom<br />
Schweizer Heimatschutz. Zürich.<br />
Ewald, Klaus C., Klaus Gregor 2009: Die ausgewechselte<br />
Landschaft. Vom Umgang der<br />
Schweiz mit ihrer wichtigsten natürlichen<br />
Ressource. Bern.<br />
Graf, Christoph 1972: Das Kraftwerk Rheinau <strong>und</strong><br />
die Rheinau-Initiative 1953. Ein Modellfall<br />
einiger staats- <strong>und</strong> völkerrechtlicher sowie<br />
staats- <strong>und</strong> kulturpolitischer Gegenwartsfragen<br />
der Schweiz im Lichte amtlicher Quellen.<br />
Inaugural-Dissertation Universität Bern. Zürich.<br />
Kupper, Patrick 1998: Abschied von Wachstum<br />
<strong>und</strong> Fortschritt. Die Umweltbewegung <strong>und</strong><br />
die zivile Nutzung der Atomenergie in der<br />
Schweiz (1960-1975). Lizentiatsarbeit<br />
Universität Zürich. Preprints zur Kulturgeschichte<br />
der Technik Nr. 2. Hgg. von der ETH<br />
(Institut für Geschichte). Zürich.<br />
Nast, Matthias 2006: überflutet – überlebt – überlistet:<br />
Die Geschichte der Juragewässerkorrektionen.<br />
Biel.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong>. Hgg. vom Rheinaub<strong>und</strong>,<br />
Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für<br />
Natur <strong>und</strong> Heimat. Schaffhausen. Diverse<br />
Jahrgänge.<br />
Pfister, Christian 1997: Landschaftsveränderung<br />
<strong>und</strong> Identitätsverlust. Akzentverschiebungen<br />
in der Modernisierungskritik von der<br />
Jahrh<strong>und</strong>ertwende bis um 1970. In: Traverse.<br />
Zeitschrift für Geschichte. Vol. 2. S. 49–68.<br />
Rothenbühler, Verena 2004: Naturschutz auf dem<br />
Dienstweg. Die Naturschutzkommission der<br />
Thurgauischen Naturforschenden Gesellschaft.<br />
In: Bürgi, Michael. Speich Daniel (Hg.):<br />
Lokale Naturen. 150 Jahre Thurgauische<br />
Naturforschende Gesellschaft. 1854–2004.<br />
Frauenfeld.<br />
Schneider, Ruedi 1997: Der Rheinaukampf. In:<br />
Naturforschende Gesellschaft Schaffhausen<br />
(Hg.). 50 Jahre Landschaftswandel <strong>und</strong><br />
Naturschutz in der Region Schaffhausen.<br />
Neujahrsblatt 50/1998. Schaffhausen.<br />
Matthias Nast<br />
kulturvermittler.ch<br />
Letzigraben 49<br />
8003 Zürich<br />
www.kulturvermittler.ch<br />
m.nast@kulturvermittler.ch<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 27
Aus dem Rheinaub<strong>und</strong><br />
Im Gespräch mit den Zeitzeugen<br />
Gerold Meier <strong>und</strong> Walter Büsch<br />
Das 50 jährige Rheinaub<strong>und</strong>-Jubiläum ist Gr<strong>und</strong> genug,<br />
Rückschau zu halten <strong>und</strong> sich Gedanken über die Anfänge<br />
des Rheinaub<strong>und</strong>es zu machen. Wie kam es zu der beeindruckenden<br />
Volksbewegung <strong>und</strong> was stand bei dem<br />
Kampf um Rheinau im Vordergr<strong>und</strong>? Die Zeitzeugen<br />
Gerold Meier <strong>und</strong> Walter Büsch gaben dem Rheinaub<strong>und</strong><br />
hierzu in einem sehr persönlichen Gespräch Auskunft.<br />
Herr Büsch, im Rheinau-Komitee hatten Sie<br />
die Funktion des Sekretärs. Wann <strong>und</strong> wie<br />
kamen Sie zu diesem Engagement <strong>und</strong> was<br />
war Ihre Motivation?<br />
Das muss so 1953 oder 1954 gewesen sein.<br />
Ich wurde damals von Hans Blum <strong>und</strong><br />
Gerold Meier angesprochen, ob ich nicht in<br />
Zürich das Sekretariat führen könnte. Ich<br />
habe das damals als Werkstudent gemacht,<br />
wobei das natürlich ein bisschen auf Kosten<br />
meines Studiums ging.<br />
Die Arbeit bestand in erster Linie aus der<br />
Vorbereitung der Inseratekampagne, dem<br />
Suchen von Referenten <strong>und</strong> dem Kontakt zu<br />
befre<strong>und</strong>eten Organisationen. Natürlich<br />
musste ich unter anderem auch für die Aufnahme<br />
von Artikeln über die Initiative sorgen.<br />
– Im Sekretariat trafen laufend uneingeschriebene<br />
Briefe, oft ohne Absender ein,<br />
die Spenden-Beträge bis Fr. 1000.– enthielten.<br />
Anregungen <strong>und</strong> Anfragen von Bürgern<br />
führten schon damals zu einer erheblichen<br />
Korrespondenz.<br />
Herr Meier, was war Ihre Funktion im Rheinau-Komitee?<br />
Wann <strong>und</strong> wie kamen Sie zu<br />
diesem Engagement <strong>und</strong> was war Ihre Motivation?<br />
Rheinau beigetreten. Später war ich während<br />
längerer Zeit Vizepräsident.<br />
Der Arbeitsaufwand für die Organisation<br />
der Grossdemos in Rheinau, die Koordination<br />
der politischen Vorstösse, insbesondere<br />
die Lancierung der beiden eidg. Volksinitiativen<br />
war sicher gewaltig. Wie konnte<br />
eine derart kleine Gruppe eine Volksbewegung<br />
initiieren?<br />
Gerold Meier – Das war damals ja die Gründerzeit<br />
der Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzbewegung.<br />
Wir haben eigentlich gar nicht so viel<br />
gemacht, man darf aber nicht vergessen,<br />
dass es um den Rheinfall ging, der durch das<br />
Kraftwerk ja teilweise eingestaut werden<br />
sollte. Das war für die Leute wirklich ein<br />
Heiligtum, an dem man sich nicht vergreift.<br />
Professor Giacometti hat damals ein Gutachten<br />
für den Rheinaub<strong>und</strong> gemacht <strong>und</strong><br />
den Rheinfall darin mit dem Matterhorn verglichen,<br />
so dass da eine ungeheure Eigendynamik<br />
zum Tragen kam. Wir haben keine<br />
grosse Werbung für die K<strong>und</strong>gebung gemacht,<br />
die Leute sind einfach gekommen.<br />
Es ist alles sehr friedlich zugegangen, obgleich<br />
die Stimmung gereizt war <strong>und</strong> die<br />
Elektrizitätswirtschaft sogar versucht hat,<br />
manche Veranstaltungen zu unterwandern.<br />
Was ist Ihnen vom Kampf ums Kraftwerk<br />
Rheinau 1951–1954 noch am lebhaftesten<br />
in Erinnerung geblieben?<br />
Walter Büsch – Ich denke das ist die besondere,<br />
gr<strong>und</strong>ernste Stimmung. Die Betroffenheit,<br />
der Ernst der Menschen. Ich denke aber<br />
Nachdem ich von der Existenz des Komitees<br />
gehört hatte, das ja von Kurt Bächthold, Willi<br />
Schudel, Oskar Bek <strong>und</strong> Arthur Uehlinger<br />
ins Leben gerufen worden ist, bin ich gemeinsam<br />
mit Hans Blum zu einer Sitzung<br />
gegangen. Wir sind beide mit grosser Überzeugung<br />
dem überparteilichen Komitee<br />
zum Schutze der Stromlandschaft Rheinfallauch<br />
an Prof. Zaccaria Giacometti , der an<br />
der Universität Zürich Staats <strong>und</strong> Verwaltungsrecht<br />
lehrte, ein Gutachten für den<br />
Rheinau-B<strong>und</strong> schrieb <strong>und</strong> unsere Anliegen<br />
stets unterstützt hat. Als er vernahm, dass<br />
der Rückzug der Initiative im Rheinau-Komitee<br />
ein Thema war, sagte er mir, ich solle an<br />
der entscheidenden Sitzung mitteilen, ein<br />
Rückzug wäre nach seiner Überzeugung ein<br />
grosser Fehler. Mit grosser Mehrheit wurde<br />
der Antrag auf Rückzug der Initiative daraufhin<br />
abgelehnt. Ich erlebte den Kampf um<br />
das Kraftwerk Rheinau als eigentlichen<br />
Glaubenskrieg.<br />
Was zeichnete das Rheinau-Komitee gegenüber<br />
anderen Vereinigungen wie Heimatschutz<br />
oder den SBN (heute Pro Natura) aus?<br />
Walter Büsch – Wir waren damals viel schlagkräftiger<br />
<strong>und</strong> flexibler <strong>und</strong> sind deutlich<br />
militanter aufgetreten als SBN <strong>und</strong> Heimatschutz.<br />
Gerold Meier – Da waren aber auch Unterschiede<br />
in den Strukturen. Beim SBN war ja<br />
die Generalversammlung für alle Aktivitäten<br />
massgebend <strong>und</strong> da sind dann zahlreiche<br />
Energievertreter eingetreten <strong>und</strong> haben<br />
den Verband unterwandert.<br />
Walter Büsch – Die anderen Verbände haben<br />
sich aber auch wohl davon abhalten lassen,<br />
dass die Konzession ja bereits seit etwa 1944<br />
bestand.<br />
Warum sind die beiden Volksinitiativen Ihrer<br />
Meinung nach gescheitert?<br />
Seite 28 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Gerold Meier – Ich bin nicht der Meinung,<br />
dass die Volksinitiativen gescheitert sind.<br />
Lokal wurden sie mit überwältigendem<br />
Mehr angenommen. B<strong>und</strong>esweit gab es natürlich<br />
keine Mehrheit; der Rheinfall ist trotz<br />
allem lokal. Aber die Folgeeffekte der Initiative<br />
sind mitunter wichtiger als das eigentliche<br />
bekämpfte Kraftwerk.<br />
Walter Büsch – Es war keine Überraschung,<br />
dass die Initiative verloren ging. Es ging uns<br />
aber auch mehr um die philosophischen<br />
Ideale, wie unser Recht, die Tatsache, dass<br />
die Natur verletzt <strong>und</strong> ein landschaftliches<br />
Heiligtum angekratzt wurde. Da war der<br />
Widerstand Bürgerpflicht!<br />
Was waren die Beweggründe, nach dem verlorenen<br />
Kampf gegen das Kraftwerk Rheinau<br />
den Rheinaub<strong>und</strong> zu gründen? Wer war<br />
alles an der Gründung des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
beteiligt?<br />
Gerold Meier – Nach der gescheiterten Initiative<br />
war da ja noch im Bündnerland die Initiative<br />
am Spöl, an der das Komitee massiv<br />
beteiligt war. Ich erinnere mich noch daran,<br />
dass wir damals mit dem ganzen Komitee<br />
eine Exkursion zum Spöl gemacht haben.<br />
Danach kam dann die Idee, das Rheinau-Komitee<br />
<strong>und</strong> die Bündner Bewegung in einer<br />
Organisation für die Zukunft zusammenzufassen.<br />
Ich habe mich damals vehement dafür<br />
eingesetzt, dass diese Organisation den<br />
Namen „Rheinaub<strong>und</strong>“ erhält. Aus einem<br />
Gründungsdokument geht hervor, dass damals<br />
Giachen Arquint (Zernez), Ernst Erzinger<br />
(Riehen), Oskar Hürsch (Winterthur),<br />
Walter Büsch (links) <strong>und</strong> Gerold<br />
Meier im Gespräch auf der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> Geschäftsstelle<br />
in Schaffhausen.<br />
Foto: Günther Frauenlob<br />
Arthur Uehlinger (Schaffhausen), Jakob Weber<br />
(Burgdorf) <strong>und</strong> Amelie Volmer (Lausanne)<br />
beteiligt waren. Prof. Hans Zbinden,<br />
Universität Bern, verfasste die breit gestreute<br />
Schrift: „Der Kampf um Rheinau – ein<br />
Kampf fürs Recht.“<br />
In Ihrer Zeit beim Rheinaub<strong>und</strong> haben sie<br />
mit Sicherheit einige Höhen <strong>und</strong> Tiefen erlebt.<br />
Welches waren für Sie die wichtigsten<br />
Meilensteine <strong>und</strong>/oder grössten Erfolge des<br />
Rheinaub<strong>und</strong>es?<br />
Gerold Meier – Ich habe ja schon gesagt, dass<br />
die verlorenen Abstimmungen für mich<br />
keine Niederlagen waren. Schaffhausen hat<br />
damals ja deutlich Ja gesagt.<br />
Walter Büsch – Der eigentliche Erfolg war<br />
aber das Eindringen des Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzes<br />
in die Politik. Die Aufnahme einer<br />
Bestimmung in der B<strong>und</strong>esverfassung war<br />
wirklich ein Erfolg für uns. Außerdem sind<br />
wir damals so etwas wie der Wegbereiter für<br />
den Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz gewesen.<br />
Wie erklären Sie sich den Umstand, dass sich<br />
damals auch die bürgerlichen Lager für den<br />
Natur <strong>und</strong> Heimatschutz eingesetzt haben,<br />
während dieses Feld heute vorwiegend politisch<br />
links besetzt ist?<br />
Walter Büsch – Wenn ich überlege, wer mir<br />
damals so geschrieben hat, dann waren das<br />
vor allem Anwälte, Redaktoren, Professoren<br />
… Im Gr<strong>und</strong>e genommen fast nur Leute aus<br />
der obersten intellektuellen Ebene. Das waren<br />
wirklich vor allem Leute aus dem rechtsbürgerlichen<br />
Lager, <strong>und</strong> die haben damals<br />
gesagt, so etwas darf hier in der Schweiz<br />
nicht geschehen. Linksparteien kümmerten<br />
sich damals nur um das Einkommen der<br />
Arbeiter.<br />
Die Konzession für das Kraftwerk Rheinau<br />
läuft in gut zwanzig Jahren ab, was soll<br />
dann nach Ihrer Meinung mit dem Kraftwerk<br />
geschehen?<br />
Walter Büsch – Wenn die Konzession ausläuft,<br />
müsste man doch eigentlich den Antrag<br />
stellen, den alten, natürlichen Zustand<br />
wieder herzustellen. Dies umso mehr, als<br />
der Anteil des Kraftwerks Rheinau an der<br />
heutigen schweizerischen Stromproduktion<br />
wohl weniger als ein halbes Prozent beträgt.<br />
Sieht man von allen politischen Rahmenbedingungen<br />
ab, sollte das doch eigentlich<br />
möglich sein.<br />
Gerold Meier – Naja, das Problem ist die<br />
Atomkraft, wenn wir jetzt ein Wasserkraftwerk<br />
abreissen, bringt das ja wieder nur<br />
Wasser auf die Mühlen der Atomenergie.<br />
Und das wollen wir ja gar nicht. Politisch<br />
ist ein Abriss vollkommen unrealistisch.<br />
Die Bestrebungen auch der Gemeinde<br />
sind eher, dass alles so bleibt, wie es jetzt<br />
ist, es muss aber ökologisch verbessert<br />
werden.<br />
Was sagen Sie dazu, dass es den Rheinaub<strong>und</strong><br />
heute nach fünfzig Jahren noch gibt<br />
<strong>und</strong> welches sind aus Ihrer Sicht seine zentralen<br />
Aufgaben?<br />
Gerold Meier – Der Rheinaub<strong>und</strong> kümmert<br />
sich ja vorwiegend um Gewässer <strong>und</strong> das ist<br />
gut so. Ich würde sagen, dass allein die Tatsache,<br />
dass es den Rheinaub<strong>und</strong> neben Pro<br />
Natura <strong>und</strong> dem WWF noch gibt, Beweis genug<br />
ist, wie notwendig der Verband auch<br />
heute noch ist.<br />
Was möchten Sie dem Rheinaub<strong>und</strong> mit auf<br />
den Weg in die Zukunft geben?<br />
Walter Büsch – Nicht nachlassen, weiter so.<br />
Gerold Meier – Es geht heute doch vor allem<br />
darum, zu retten, was man noch retten<br />
kann. Ihr solltet euch auf die Fließgewässer<br />
konzentrieren, die noch nicht beeinträchtigt<br />
sind, <strong>und</strong> die letzten natürlichen Lebensräume<br />
schützen <strong>und</strong> bewahren. Natürlich<br />
muss es aber auch darum gehen, kleinere<br />
Fliessgewässer wieder auszudolen <strong>und</strong><br />
sie zu re<strong>natur</strong>ieren. Der Rheinaub<strong>und</strong> soll<br />
dort kämpfen, wo er wirklich etwas retten<br />
kann!<br />
Herr Büsch, Herr Meier, wir danken Ihnen für<br />
dieses Gespräch.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 29
Aus dem Rheinaub<strong>und</strong><br />
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong> – Gedanken zum Jubiläum<br />
Rheinaub<strong>und</strong>:<br />
Auf die nächsten 50 Jahre<br />
«Ich möchte dem<br />
Rheinaub<strong>und</strong> ganz<br />
herzlich zu seinem<br />
50. Geburtstag gratulieren<br />
<strong>und</strong> ihm gleichzeitig<br />
danken für seinen<br />
unermüdlichen<br />
Einsatz zugunsten<br />
«Natur <strong>und</strong> Mensch». Wie vielfältig habe ich<br />
dankbar von diesen Leistung profitiert.<br />
Zuerst als junges Mädchen beim Schwimmen<br />
im Rhein bei Flaach. Denn das Wasser wurde<br />
Jahr für Jahr klarer <strong>und</strong> die schmutzigen<br />
Schaumteppiche in der Strömung spärlicher.<br />
Später als junge Frau <strong>und</strong> Mutter, als ich für<br />
einige Jahre das Präsidium des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
führen durfte. Ich lernte die vielen - mit<br />
Herz <strong>und</strong> Kopf engagierten - Menschen im<br />
Rheinaub<strong>und</strong> persönlich kennen <strong>und</strong> schätzen.<br />
Wie viel wurde da in grosser Selbstverständlichkeit<br />
an Fronarbei zugunsten unserer<br />
Umwelt geleistet. Ich erlebte, wie viel Einsatz<br />
es braucht, um Fehler im Umgang mit unserer<br />
Schöpfung zu verhindern oder entstandene<br />
Fehler wieder zu korrigieren. Und wie berührend<br />
der Erfolg war, wenn von Tieren <strong>und</strong><br />
Pflanzen die Rückeroberung ihrer einstigen<br />
Lebensräume wieder möglich wurde.<br />
Heute als Ständerätin schätze ich die Arbeit<br />
des Rheinaub<strong>und</strong>es nach wie vor. F<strong>und</strong>ierte<br />
Analysen <strong>und</strong> Expertenüberlegungen helfen<br />
mir immer wieder bei meiner politischen Meinungsbildung<br />
bei aktuellen Geschäften.<br />
Darum: herzlichen Dank allen Beteiligten <strong>und</strong><br />
auf die nächsten 50 Jahre!»<br />
Verena Diener, Ständerätin<br />
Klein, aber fein<br />
Klein, aber fein, beharrlich <strong>und</strong> konsequent<br />
verfolgt der Rheinaub<strong>und</strong> seine Ziele. Mit<br />
«<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong>» schuf er ein Informationsmedium<br />
im Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutz,<br />
das in der Schweizer Umweltszene<br />
nach wie vor einzigartig<br />
ist <strong>und</strong> weit entfernt<br />
von dem üblichen<br />
Genre der verbandseigenen<br />
Zeitschriften<br />
Themen von<br />
öffentlichem Interesse<br />
in sachlich-f<strong>und</strong>ierter<br />
Weise aufgreift. Damit stellt sich der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> in den Dienst einer breiten Umweltbildung.<br />
Ich wünsche mir, dass diese Zeitschrift<br />
noch viele neue Leser finden wird.<br />
Raim<strong>und</strong> Rodewald, Geschäftsleiter Stiftung<br />
Landschaftsschutz<br />
Umweltbildung<br />
bei Gross <strong>und</strong> Klein<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> ist das grüne Gewissen<br />
unserer Gewässer<br />
<strong>und</strong> ihrer Landschaften.<br />
Denken wir an<br />
die Thurauen, einer<br />
der wichtigsten nationalen<br />
Hotspots<br />
der Biodiversität. Wo<br />
die Natur intakt ist,<br />
reinigt ihre Biodiversität unsere Luft, das Wasser,<br />
produziert Sauerstoff <strong>und</strong> Lebensmittel.<br />
Gratis sozusagen. Wo sie hingegen beeinträchtigt<br />
ist, entstehen externe Umweltkosten.<br />
Dem Rheinaub<strong>und</strong> ist es gelungen, dieses<br />
Umweltverständnis bei Verwaltung <strong>und</strong><br />
Privaten zu etablieren. So beteiligen sich heute<br />
auch die NOK am Thurauenprojekt. Dies ist<br />
umso wichtiger, als im Zürcher Kantonsrat<br />
schon die nächste Sparr<strong>und</strong>e vor der Tür<br />
steht.<br />
Mit dem Projekt VivaRiva (www.vivariva.ch)<br />
fördert der Rheinaub<strong>und</strong> die Umweltbildung<br />
in den Schulen: Fachpersonen <strong>und</strong> junge Forschungscrews<br />
steigen in die Stiefel <strong>und</strong> erk<strong>und</strong>en<br />
spielerisch den Lebensraum «Bach».<br />
Angebote wie dieses sind ein Gebot der St<strong>und</strong>e:<br />
Wir brauchen zukünftige BotschafterInnen<br />
für diese sensiblen Lebensräume. Denn<br />
nicht umsonst hat die UNO Themen wie «Klima»<br />
<strong>und</strong> «Umwelt» als Milleniumsziele definiert.<br />
VivaRiva wird darum auch noch in zehn<br />
Jahren nötiger sein denn je!<br />
Lilith C. Hübscher, Kantonsrätin Winterthur,<br />
Beirätin VivaRiva<br />
Happy Birthday Rheinaub<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> „Natur <strong>und</strong> Mensch“<br />
Ich verbinde mit dem<br />
Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
dem Magazin „Natur<br />
<strong>und</strong> Mensch“ eine<br />
hohe Sachkompetenz<br />
zu Wasser fragen,<br />
natürlichen Gewässern,<br />
Gewässerlandschaften<br />
<strong>und</strong> deren Nutzung. Die<br />
Schweiz besitzt vorbildliche gesetzliche Wasser-Regelungen.<br />
Bei deren Umsetzung hapert<br />
es aber, die grossen Wasserkantone sind arg<br />
im Rückstand mit dem Vollzug der Restwasserbestimmungen.<br />
Derzeit gelten in der<br />
Schweiz r<strong>und</strong> 15 000 km Fliessgewässer als<br />
<strong>natur</strong>fern oder sind eingedolt. Wollen wir<br />
zwei Drittel davon sanieren, so dauert<br />
dies beim gegebenen Sanierungstempo<br />
noch r<strong>und</strong> 250 Jahre. Es bleibt also noch viel<br />
zu tun.<br />
Im UNO-Jahr der Biodiversität 2010 ist das<br />
Thema „Verlust der biologischen Vielfalt“ vermehrt<br />
in Zusammenhang mit den Ökosystem-Dienstleistungen<br />
zu bringen. Es handelt<br />
sich dabei um die Bodenfruchtbarkeit, die<br />
Kohlenstoffspeicherung <strong>und</strong> den Wasserkreislauf.<br />
Diese ökosystemaren Zusammenhänge<br />
sind zu begreifen, sie sind in Wert zu setzen<br />
<strong>und</strong> es ist danach zu handeln. Hier sehe ich<br />
ein weites Betätigungsfeld für das Rheinaub<strong>und</strong>-Magazin<br />
„<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong>“. Ich wünsche<br />
mir, dass die etwas aufgesplitterten NGO-<br />
Interessen r<strong>und</strong> ums Wasser noch mehr<br />
koordiniert werden, <strong>und</strong> dass „Natur <strong>und</strong><br />
Mensch“ noch bessere redaktionelle Möglichkeiten<br />
für ihr wertvolles Wirken erhält.<br />
Mario F. Broggi<br />
Eh. Direktor WSL <strong>und</strong> Koordinator Ökoregion<br />
Alpen der MAVA-Stiftung für Naturschutz<br />
Seite 30 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Betriebsrechnung <strong>und</strong> Bilanz 2009<br />
Erträge 2008 2009 Budget 2009<br />
1 Mitglieder (Beiträge+Aufr<strong>und</strong>ungen) 84‘037 73‘619 73‘500<br />
2 Abonnenten N+M (Abo + Aufr<strong>und</strong>ungen) 58‘200 59‘607 51‘000<br />
3 Spenden auf Aussendungen 59‘998 71‘031 50‘000<br />
4 Spenden allgemein, Legate 80‘965 102‘655 60‘000<br />
5 Beiträge der öffentlichen Hand 30‘000 30‘000 30‘000<br />
6 Finanzerträge 4‘235 4‘768 1‘500<br />
7 Projekte allgemein 26‘265 6‘531 3‘000<br />
8 VivaRiva 86‘447 140‘985 103‘000<br />
9 Sonstige Erträge 145 42 0<br />
Aufwendungen 2008 2009 Budget 2009<br />
10 Personal <strong>und</strong> Verwaltung* 132‘416 74‘814 95‘500<br />
11 Zeitschrift N+M 98‘426 101‘757 113‘500<br />
12 Marketing / Aussendungen 25‘017 13‘419 24‘000<br />
13 Projekte allgemein 59‘882 38‘486 48‘100<br />
14 VivaRiva 104‘070 150‘685 113‘000<br />
* inkl. Miete, Aufwand Mitgliederbeiträge, andere Aufwendungen<br />
Zusammenfassung 2008 2009 Budget 2009<br />
15 Ertrag 430‘292 489‘237 372‘000<br />
16 Aufwand 419‘811 379‘465 394‘100<br />
17 Ergebnis 10‘481 109‘772 -22‘100<br />
18 Wertberichtigungen - 13‘139 5‘108 0<br />
19 Ergebnis mit Wertberichtigung - 2‘658 114‘880 -22‘100<br />
Bilanz<br />
Aktiven 2008 2009/1 2009/2<br />
20 Flüssige Mittel 77‘780 397‘142 397‘142<br />
21 Transitorische Aktiven 3‘450 832 832<br />
22 Wertschriften (Einstandswert) 73‘760 104‘560 104‘560<br />
23 nicht realisierte Wertschriftengewinne 2‘767 7‘875 7‘875<br />
24 Total Aktiven 157‘757 510‘409 510‘409<br />
Passiven 2008 2009/1 2009/2<br />
25 Kurzfristige Verpflichtungen -1‘518 -9‘437 -9‘437<br />
26 Transitorische Passiven 0 2‘814 2‘814<br />
27 Fondsvermögen 57‘068 315‘788 315‘788<br />
28 Freies Vermögen 89‘033 86‘364 201‘243<br />
29 Total Passiven 160‘426 395‘529 510‘409<br />
* 2009/1 vor Verlustverteilung, 2009/2 nach Verlustverteilung<br />
Betriebsgewinn 114‘880<br />
Aufwand für die Zeitschrift „<strong>natur</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>mensch</strong>“ (11) ist gleich geblieben. Neu wurden<br />
die auf der Geschäftsstelle anfallenden<br />
Kosten für die Abonnementen-Verwaltung<br />
dem Konto „<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong>“ belastet. Das<br />
Marketing (12) musste wegen fehlenden personellen<br />
Ressourcen auf ein Minimum beschränkt<br />
werden. Die Aufwendungen für Projekte<br />
(13) ausserhalb des Gewässerschutzes<br />
wurden auf Gr<strong>und</strong> des thematischen Fokus<br />
im neuen Leitbild stark reduziert. Ein Grossteil<br />
der Ausgaben ist auf die Rechtskosten für<br />
das Projekt «Seerestaurant Niederuster» zurückzuführen.<br />
VivaRiva (14) weist erfreulicherweise<br />
erneut eine ausgeglichene Rechnung<br />
aus. Darin sind der Beitrag des<br />
Rheinaub<strong>und</strong>es von Fr. 10 000.– <strong>und</strong> Fondseinlagen<br />
von Fr. 37 919.97 enthalten.<br />
Unter dem Strich wurde damit ein Betriebsgewinn<br />
(17) von Fr. 109 771.54 realisiert. Zusätzlich<br />
haben sich die Wertschriften (18) um<br />
Fr. 5108.15 verbessert. 2009 wurde folglich<br />
ein Gewinn (19) von Fr. 114 879.69 erwirtschaftet.<br />
Dieser wird dem freien Vermögen<br />
(28) zugeteilt.<br />
Die Bilanz hat sich zusätzlich zum Betriebsgewinn<br />
auch durch den Eingang einer grösseren<br />
Erbschaft stark verbessert. Diese Erbschaft<br />
wird in einem entsprechenden Fonds<br />
verwaltet. Diese zusätzlichen Mittel sollen in<br />
den nächsten Jahren vor allem für Projekte<br />
im Gewässerschutz eingesetzt werden.<br />
Generalversammlung<br />
Rheinaub<strong>und</strong><br />
Kommentar zur Betriebsrechnung<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> hat ein bewegtes Jahr hinter<br />
sich. Entsprechend anspruchsvoll gestaltete<br />
sich die Budgetierung für das Jahr 2009.<br />
Neben anstehenden Veränderungen im Verein<br />
war unklar, wie stark sich die Finanzkrise<br />
auf die finanzielle Situation beim Rheinaub<strong>und</strong><br />
auswirken wird. Diese Unsicherheiten<br />
haben sich denn auch in Budgetabweichungen<br />
niedergeschlagen.<br />
Die Anzahl Abonnenten <strong>und</strong> Abonnentinnen<br />
ist gegenüber dem Vorjahr konstant geblieben.<br />
Leider mussten wir auch im 2009 einen<br />
Rückgang an Mitgliedern verzeichnen. Dank<br />
grosszügiger Beitragsaufr<strong>und</strong>ungen durch<br />
Mitglieder (1) <strong>und</strong> Abonnenten (2) konnten<br />
die Budgetziele erreicht werden. Äusserst<br />
dankbar nehmen wir den hohen Eingang an<br />
Spenden auf Aussendungen (3), allgemeinen<br />
Spenden <strong>und</strong> Legaten (4) entgegen.<br />
Die Unterstützung von anderen Organisationen<br />
für Projekte (7) des Rheinaub<strong>und</strong>es war<br />
höher als budgetiert. VivaRiva (8) konnte<br />
dank einer Grossspende einen sehr guten Ertrag<br />
erwirtschaften.<br />
Die Aufwendungen für Personal <strong>und</strong> Verwaltung<br />
(10) fielen durch den ad interim geführten<br />
Betrieb wesentlich tiefer aus als 2008. Der<br />
Die diesjährige Generalversammlung<br />
steht ganz im Zeichen des 50-Jahr-Jubiläums<br />
des Rheinaub<strong>und</strong>es. Neben der ordentlichen<br />
Versammlung erwarten Sie<br />
Exkursionen, Ansprachen, Musik <strong>und</strong> ein<br />
Abendessen. Bitte reservieren Sie sich<br />
den Nachmittag <strong>und</strong> Abend des folgenden<br />
Termins:<br />
Samstag, 19. Juni 2010, Rheinau<br />
Die Einladung mit den Sitzungsunterlagen<br />
<strong>und</strong> weiteren Details werden Ihnen<br />
rechtzeitig per Post zugestellt. Der Tätigkeitsbericht<br />
ist im aktuellen Heft enthalten.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 39
Jahresbericht Rheinaub<strong>und</strong><br />
Ergebnisse im Vergleich<br />
CHF<br />
550'000.00<br />
450'000.00<br />
350'000.00<br />
250'000.00<br />
150'000.00<br />
50'000.00<br />
-50'000.00<br />
Aufwendungen<br />
nach Gruppen<br />
Projekte allgemein 10%<br />
430'292.00<br />
419'811.00<br />
VivaRiva<br />
40%<br />
10'481.00<br />
489'236.50<br />
379'464.96<br />
2008 2009<br />
Jahr<br />
Personal <strong>und</strong> Verwaltung<br />
20%<br />
Zeitschrift N+M<br />
27%<br />
109'771.54<br />
Ertrag<br />
Aufwand<br />
Ergebnis<br />
Marketing / Aussendungen 3%<br />
Die Rechnung wurde am 27. Januar 2009 von<br />
den Revisoren Hans Minder <strong>und</strong> Walter<br />
Schmid geprüft. Sie empfehlen die Abnahme<br />
der Rechnung.<br />
Mitglieder<strong>und</strong><br />
Abonnentenzahlen<br />
Der Trend der Abnahme bei den Mitgliederzahlen<br />
sowie bei Abonnentinnen <strong>und</strong> Abonnenten<br />
hält an. Per 31. Dezember 2009 beträgt<br />
der Mitgliederbestand 886 (-24) <strong>und</strong> die<br />
Zahl der Abonnenten 1286 (-3). Die geringe<br />
Veränderung bei den Abonnementen ist allerdings<br />
auch auf r<strong>und</strong> 70 Geschenkabonnemente<br />
zurückzuführen, die im Rahmen der<br />
Bewerbungsverfahren für die Stelle der Geschäftsführung<br />
<strong>und</strong> die Stelle Projektmitarbeit<br />
VivaRiva ausgestellt wurden. Aufbauend<br />
auf dem neuen Erscheinungsbild der Zeitschrift<br />
„<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong>“ <strong>und</strong> den vielen<br />
positiven Reaktionen auf diese Veränderung<br />
wird es im 2010 darum gehen, neue Partnerschaften<br />
<strong>und</strong> Kooperationen zu finden.<br />
Arbeitsaufwand<br />
Die Geschäftsstelle wurde interimistisch von<br />
Ruedi Schneider geführt. Günther Frauenlob<br />
zeichnete auch im Jahr 2009 für die Redaktion<br />
der Zeitschrift „<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong>“ verantwortlich.<br />
Kathrin Jaag <strong>und</strong> Karin Schlude<br />
engagierten sich für das Umweltbildungsprojekt<br />
VivaRiva. Im Sommer wurde das Viva-<br />
Riva-Team durch die Praktikantin Rebekka<br />
Rüesch verstärkt. Insgesamt wurden 4572<br />
St<strong>und</strong>en an bezahlter Arbeit geleistet.<br />
Erträge<br />
nach Herkunft<br />
Projekte<br />
allgemein<br />
1%<br />
Finanzerträge<br />
1%<br />
Beiträge der<br />
öffentllichen<br />
Hand 6%<br />
VivaRiva 29%<br />
Spenden allgemein,<br />
Legate<br />
21%<br />
Mitglieder<br />
(Beiträge +<br />
Aufr<strong>und</strong>ungen)<br />
15%<br />
Abonnenten<br />
N+M (Abo +<br />
Aufr<strong>und</strong>ungen)<br />
12%<br />
Spenden auf<br />
Aussendungen<br />
15%<br />
Sonstige<br />
Erträge 0%<br />
Die ehrenamtliche Unterstützung war auch<br />
2009 ausserordentlich. R<strong>und</strong> 2100 St<strong>und</strong>en<br />
wurden für Projektarbeit <strong>und</strong> Sitzungen investiert.<br />
Wir danken allen Mitstreitern <strong>und</strong><br />
Mitstreiterinnen ganz herzlich für den unermüdlichen<br />
<strong>und</strong> professionellen Einsatz für<br />
den Rheinaub<strong>und</strong>.<br />
Die Geschäftsstelle 2010<br />
Die Geschäftsstelle bedankt sich bei Ihnen<br />
allen für die wertvolle Unterstützung. Wir<br />
freuen uns mit viel frischem Wind <strong>und</strong> Energie<br />
auf die spannenden Aufgaben im Jubiläumsjahr<br />
2010.<br />
Seite 40 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Jahresbericht Rheinaub<strong>und</strong> 2009–2010<br />
Der folgende Tätigkeitsbericht umfasst Aktivitäten seit der letzten Mitgliederversammlung.<br />
Er erlaubt einen Überblick über unser Engagement für den Gewässer<strong>und</strong><br />
Landschaftsschutz sowie die Umweltbildung.<br />
Das Geschäftsjahr 2009/2010 war ein Jahr<br />
der Unsicherheit, der Veränderungen <strong>und</strong><br />
des Aufbruchs. Aufbauend auf dem neuen<br />
Leitbild konzentrierte sich die Arbeit des<br />
Rheinaub<strong>und</strong>es auf die Wiederherstellung<br />
<strong>und</strong> den Erhalt <strong>natur</strong>naher Gewässer <strong>und</strong><br />
Gewässerlandschaften. Dank unermüdlichem<br />
Einsatz der Geschäftsstelle <strong>und</strong> der<br />
ehrenamtlich tätigen Expertinnen <strong>und</strong> Experten<br />
konnten auf verschiedenen Schauplätzen<br />
Erfolge erzielt werden. An über 50<br />
Veranstaltungen unseres Umweltbildungsprojekts<br />
VivaRiva entdeckten 1200 Kindergärtner,<br />
Schüler oder Erwachsene die Faszination<br />
für den Lebensraum Wasser vor der<br />
eigenen Haustür.<br />
Einher mit der Projektarbeit ging die Entwicklung<br />
der Organisation. Seit Dezember<br />
2009 wird die Geschäftsstelle von Stefan<br />
Kunz geleitet. Fabian Lippuner verstärkt das<br />
junge Team seit Januar 2010 in den Bereichen<br />
Gewässerschutz <strong>und</strong> Umweltbildung.<br />
Mit frischem Wind <strong>und</strong> viel Energie<br />
startete der Rheinaub<strong>und</strong> in das Jubiläumsjahr<br />
2010, das mit der Mitgliederversammlung<br />
in Rhein au einen Höhenpunkt haben<br />
wird.<br />
Rheinfall (SH <strong>und</strong> ZH):<br />
Neues Besucherzentrum <strong>und</strong><br />
Seilpark entstehen<br />
(Ruedi Schneider) Die Tourismusfachleute<br />
bemühen sich seit Jahren, den Rheinfall attraktiver<br />
zu machen <strong>und</strong> damit die Wertschöpfung<br />
zu erhöhen. Der Stellenwert des<br />
Rheinfalls als Tourismusdestination hat sich<br />
im Verlaufe der Jahre stark verändert. Reisen<br />
ins Ausland sind für viele erschwinglich geworden.<br />
Erlebnispärke mit „fun and action“<br />
sind heute vor allem für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />
weitaus attraktiver als das stille Betrachten.<br />
Für viele Besucher, insbesondere<br />
Teilnehmende organisierter Reisen ist der<br />
Rheinfall nicht mehr Hauptdestination, sondern<br />
Zwischenhalt, sozusagen „Pinkelpau-<br />
se“. Immer dann, wenn der Rheinfall aber<br />
zum blossen Statisten im Rahmen von „Erlebnis-<br />
oder Marketingprojekten“ zu verkommen<br />
drohte, hat der Rheinaub<strong>und</strong> interveniert.<br />
Auf der Schaffhauser Seite hat<br />
sich im Rahmen der „Attraktivierung“ ein<br />
Seilpark etabliert, gegen den der Rheinaub<strong>und</strong><br />
keine Einwände hat, da es sich im Wesentlichen<br />
nicht um feste Bauten handelt<br />
<strong>und</strong> der Standort nicht im Uferbereich liegt.<br />
Grösseres hat der Kanton Zürich in Angriff<br />
genommen: Das Schloss Laufen wurde<br />
komplett saniert. Mittels Lift <strong>und</strong> neuem<br />
Weg wurde eine Aussichtsplattform auf halber<br />
Höhe auch für Behinderte zugänglich<br />
gemacht. In einem neuen Besucherzentrum<br />
sollen die Gäste fre<strong>und</strong>lich empfangen <strong>und</strong><br />
effizient bedient werden. Eine Ausstellung<br />
wird den Besuchern die Geschichte von<br />
Schloss <strong>und</strong> Rheinfall näherbringen. Auch<br />
hier hatte der Rheinaub<strong>und</strong> im Gr<strong>und</strong>satz<br />
nichts einzuwenden. Eine allfällige neue<br />
Haltestelle auf der Eisenbahnbrücke dürfte<br />
jedoch mehr zu reden geben.<br />
Kraftwerk Rheinau (ZH):<br />
Schwierige Interessensabwägung<br />
(Jürg Bloesch) Die letztjährigen Aktivitäten<br />
bei Rheinau drehten sich nach wie vor um<br />
die Sanierung der Restwasserstrecke gemäss<br />
Art. 80 des Gewässerschutzgesetzes.<br />
Der vom B<strong>und</strong>esamt für Energie organisierte<br />
R<strong>und</strong>e Tisch am 28. April 2009 ergab, dass<br />
nicht alle Stakeholder <strong>und</strong> Umweltverbände<br />
die von der Behörde favorisierte Variante als<br />
gut einstufen. Während der Rheinaub<strong>und</strong><br />
mehr Flussdynamik verlangt, erwarten die<br />
Anstössergemeinden Rheinau <strong>und</strong> Jestetten<br />
den Erhalt des Landschaftsbildes <strong>und</strong><br />
des Status Quo, insbesondere eine ganzjährige<br />
Benetzung des „Chly Rhy“. Die Fragen,<br />
ob die Hilfswehre abgerissen <strong>und</strong> ob es<br />
mehr Restwasser als die vom B<strong>und</strong> mit<br />
dem Kraftwerk ausgehandelten 20–60 m 3 /s<br />
braucht, sind sehr umstritten. Im Zusammenhang<br />
mit der geplanten Dotierturbine<br />
(mit Fischpass am Hauptwehr) ist der Behördenentscheid,<br />
auf eine vorgezogene Neukonzessionierung<br />
oder eine Zusatzkonzession<br />
zu verzichten, problematisch. Obwohl<br />
alle Beteiligten Spielraum zu einer vertieften<br />
Diskussion um den „Chly Rhy“ signalisierten,<br />
passierte im Jahr 2009 nichts mehr. Allerdings<br />
wurde der Kanton Zürich politisch aktiv<br />
<strong>und</strong> forderte wie der Rheinaub<strong>und</strong> eine<br />
kleine Studie über die Fragen der Hilfswehre<br />
<strong>und</strong> des „Chly Rhys“. Inzwischen fand eine<br />
Aussprache des Rheinaub<strong>und</strong>es mit dem<br />
Regierungsrat des Kantons Zürich <strong>und</strong><br />
später mit den Gemeinden statt, desweiteren<br />
hat das B<strong>und</strong>esamt für Umwelt die<br />
Leitung dieser Studie übernommen. Man<br />
darf gespannt sein, ob die ins Leben gerufene<br />
Begleitkommission die festgefahrenen<br />
Fronten nochmals zu bewegen vermag,<br />
damit eine bessere Lösung erreicht werden<br />
kann.<br />
KW Eglisau<br />
(Jürg Bloesch) Wer gemeint hatte, die Baubewilligung<br />
stehe kurz vor dem Abschluss, sah<br />
sich getäuscht. Das ganze Verfahren blieb in<br />
einer unerklärlichen Ruhephase, bis Ende<br />
2009 die Axpo (vormals NOK) mit dem<br />
Rheinaub<strong>und</strong> Kontakt aufnahm, um die<br />
restlichen Probleme bezüglich der Fischaufstiegsanlage<br />
auf Schweizer Seite nochmals<br />
zu diskutieren. Schliesslich beruhen die groben<br />
Projektpläne auf dem Stand von 2006,<br />
der Rheinaub<strong>und</strong> ist aber der Meinung, dass<br />
der neueste Stand der Technik berücksichtigt<br />
werden müsste. Am 21. Januar 2010<br />
fand ein erstes, konstruktives Gespräch<br />
statt. Sobald die Axpo-Fachleute ihre Hausaufgaben<br />
gemacht haben, werden die Ergebnisse<br />
weiter diskutiert. Trotz dieser Zusammenarbeit<br />
ist nicht abzusehen, wann<br />
die Baubewilligung aufgelegt werden wird,<br />
da auch bezüglich der Geschiebezugaben<br />
noch einige Punkte sehr umstritten sind.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 31
Jahresbericht Rheinaub<strong>und</strong><br />
KW Albbruck-Dogern<br />
(Jürg Bloesch) Die Akten RADAG können bald<br />
geschlossen werden. Am 4. Dezember 2009<br />
fand die feierliche Einweihung des neuen<br />
Kraftwerks statt. Die Mitglieder der Begleitgruppe<br />
waren eingeladen, so auch der<br />
Rheinaub<strong>und</strong>, vertreten durch Ueli Rippmann<br />
<strong>und</strong> Jürg Bloesch. Bei diesem Anlass<br />
konnte man auch einen kleinen Augenschein<br />
des Umgehungsgerinnes nehmen, das sich<br />
bis jetzt ausnehmender Beliebtheit erfreut. In<br />
der ersten Phase scheint der Fischaufstieg zu<br />
funktionieren, jedoch muss das Monitoring<br />
noch die Feuertaufe bestehen. Noch ausstehend<br />
ist die Fertigstellung des Baus der Fischaufstiegsanlage<br />
beim Wehr.<br />
Kraftwerk Rheinfelden (AG):<br />
5 nach 12<br />
(Jürg Bloesch) Seitdem die IG Pro Steg <strong>und</strong><br />
die beiden Städte Rheinfelden im Sommer<br />
2008 mit der Forderung, das alte Maschinenhaus<br />
als Kulturdenkmal <strong>und</strong> den Fussgängersteg<br />
zu erhalten, an die Öffentlichkeit<br />
getreten sind, herrscht einige Unsicherheit.<br />
Die Promotoren des Denkmalschutzes<br />
überbieten sich mit Kurzgutachten<br />
über Machbarkeit <strong>und</strong> neue Ausgleichsmassnahmen<br />
<strong>und</strong> lobbyieren kräftig bei Behörden<br />
<strong>und</strong> Verbänden. Irritiert wurde die<br />
Öffentlichkeit, als die IG Pro Steg einen Preis<br />
des Kantonalen Heimatschutzes erhielt. Die<br />
beiden Konzessionsbehörden in der Schweiz<br />
<strong>und</strong> Deutschland, die Energiedienste (ED)<br />
als Kraftwerksbetreiber <strong>und</strong> die Umweltverbände<br />
(mit Ausnahme des NABU) berufen<br />
sich dagegen nach wie vor fest auf die 1994<br />
ausgehandelte Konzession <strong>und</strong> Baubewilligung,<br />
um die zentrale ökologische Ersatzmassnahme<br />
(Umgehungsgerinne für den<br />
Teilverlust des „Gwildes“) integral zu sichern<br />
<strong>und</strong> die Rechtssicherheit zu gewährleisten.<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> hat diesbezüglich mündlich<br />
<strong>und</strong> schriftlich Kontakt mit den Promotoren<br />
<strong>und</strong> dem Regierungsrat des Kantons<br />
Aargau gehabt, ohne die Positionen wesentlich<br />
beeinflussen zu können. Zudem<br />
fand ein von beiden Seiten geführter lokaler<br />
Pressewirbel statt. Am 9.12.2009 wurde an<br />
der Gemeindeversammlung von Rheinfelden<br />
(CH) beschlossen, dass ein Abriss-Moratorium<br />
bis Ende 2014 angestrebt werden<br />
soll. Wie in der Begleitkommission zu erfahren<br />
war, laufen unterdessen die Planungsarbeiten<br />
der ED plangemäss, <strong>und</strong> im Oktober/<br />
November 2010 soll mit dem Rückbau der alten<br />
Anlagen begonnen werden. Man kann<br />
fürwahr gespannt sein, was aus diesem Seilziehen<br />
noch alles hervorgehen wird.<br />
Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt<br />
(AG): Verlängerung der alten<br />
Konzession verfügt<br />
(Jürg Bloesch) Seit November 2009 ist die<br />
Konzession für das KW Ryburg-Schwörstadt<br />
nach Verhandlungen der Bewilligungsbehörden<br />
mit den Kraftwerksbetreibern im<br />
Rohentwurf fertig. Da es sich neu um ein<br />
einstufiges Verfahren handelt, fehlen jedoch<br />
noch wichtige Details bezüglich des umstrittenen<br />
Geschiebehaushalts <strong>und</strong> der<br />
Fischdurchgängigkeit. Letztere wurde an<br />
einer Begleitgruppensitzung am 26. Januar<br />
2010 mit dem auf Empfehlung des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
zugezogenen Experten Ulrich Dumont<br />
eingehend diskutiert, wobei neue <strong>und</strong><br />
interessante Vorschläge zur Verbesserung<br />
eingebracht wurden. Im Wesentlichen ergab<br />
sich Übereinstimmung zu den vorgeschlagenen<br />
Massnahmen. Da aber noch<br />
nicht alle Punkte geklärt werden konnten,<br />
wird die öffentliche Auflage der Konzession<br />
weiter verzögert; schliesslich will man einen<br />
tragfähigen Konsens anstreben <strong>und</strong> Einsprachen<br />
vermeiden. Der Aufschub hat bewirkt,<br />
dass die Behörden eine Verlängerung<br />
der alten Konzession bis Ende 2010 verfügt<br />
haben, leider wie schon bei Eglisau <strong>und</strong><br />
Kembs ohne jegliche Auflagen oder Gewinnabschöpfung.<br />
Aarekraftwerke IBAarau, KW<br />
Rüchlig <strong>und</strong> HKW Beznau (AG):<br />
Drei Neukonzessionierungen<br />
(Ueli Rippmann <strong>und</strong> Anna Belser) Alle drei im<br />
Titel erwähnten Kraftwerke sind Ausleitkraftwerke,<br />
die die Aare erheblich beeinträchtigen<br />
<strong>und</strong> zu Restwasserstrecken führen.<br />
Rechtlich gesehen ist jede Neukonzessionierung<br />
wie ein neues Werk zu behandeln.<br />
Das bedeutet, dass der Referenzzustand<br />
derjenige sein muss, der sich ohne<br />
Werk ergäbe. So hält die Eidgenössische Natur-<br />
<strong>und</strong> Heimatschutzkommission fest: „Als<br />
Referenzzustand soll jener gelten, der sich bei<br />
der Nichterneuerung der Konzession <strong>und</strong> der<br />
Aufhebung des Kraftwerkbetriebs einstellen<br />
würde.“ (Gutachten vom 14.2.1998 im Fall<br />
Kraftwerk Eglisau). Daran, bzw. an den bestehen<br />
bleibenden, kraftwerksbedingten<br />
Belastungen (insbesondere am Verlust an<br />
freier Fliessstrecke) haben sich die Ersatzmassnahmen<br />
zu orientieren. Eine umfassende<br />
Beurteilung der Vorhaben bedingt daher<br />
auch, über den engen Projektperimeter hinaus<br />
zu denken. Eine ganzheitliche Sicht<br />
drängt sich auch bezüglich der Fischwanderung<br />
auf: Das Kraftwerk Klingnau (Unterlieger)<br />
hat keine funktionstüchtige Fischaufstiegshilfe<br />
<strong>und</strong> Gösgen (Oberlieger) hat<br />
überhaupt keinen Fischpass am Maschinenhaus,<br />
wo die Hauptströmung liegt. Da die<br />
Schweiz zu wesentlichen Teilen im ehemaligen<br />
Fortpflanzungsgebiet des Atlantischen<br />
Lachses liegt, darf es nicht sein, dass verschiedene<br />
Wasserkraftanlagen nicht über<br />
lachsgängige Fischaufstiegshilfen verfügen<br />
<strong>und</strong> so das Projekt Lachs 2020 in Frage gestellt<br />
wird. Die Restwasserfragen müssen<br />
gelöst <strong>und</strong> Ausgleichsmassnahmen – auch<br />
ausserhalb der Konzessionsgrenzen – definiert<br />
werden. Der Rheinaub<strong>und</strong> setzt sich<br />
wie am Hochrhein auch für eine Planungsgruppe<br />
Geschiebe ein. Obwohl die drei<br />
Aarekraftwerke IBA Aarau, KW Rüchlig <strong>und</strong><br />
HKB Beznau für das Geschiebe durchgängig<br />
sind, muss die Frage der Reaktivierung des<br />
Geschiebetriebs an der Aare weiter vorangetrieben<br />
werden, denn das Geschiebe <strong>und</strong><br />
dessen Transport sind bestimmende Faktoren<br />
für die Ökologie unserer Fliessgewässer.<br />
Im Folgenden erfahren Sie zu den drei Kraftwerken<br />
im Detail mehr.<br />
Das Wasserkraftwerk der Industriellen Betriebe<br />
Aarau (IBAarau AG) an der Aare soll<br />
bis zum Jahr 2014 eine neue Konzession erhalten<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig technisch erneuert<br />
werden. Die betroffene Flussstrecke liegt<br />
zwischen Aarau (Kanton Aargau) <strong>und</strong> Schönenwerd<br />
(Kanton Solothurn). Es handelt<br />
sich um ein Kanalkraftwerk, wo der Grossteil<br />
des Aarewassers in einem Kanal zum Kraftwerk<br />
fliesst. Das Restwasser fliesst durch die<br />
alte Aare. Dieses Gebiet verfügt über hohe<br />
landschaftliche <strong>und</strong> ökologische Werte. Im<br />
Jahre 2008 wurde eine Begleitgruppe ins Leben<br />
gerufen, in der auch der Rheinaub<strong>und</strong><br />
Seite 32 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Das Gebiet der Alten Aare,<br />
die Restwasserstrecke des<br />
Wasserkraftwerks IB Aarau<br />
verfügt über hohe landschaftliche<br />
<strong>und</strong> ökologische Werte.<br />
Foto: Anna Belser<br />
vertreten ist. Im Sommer 2010 soll das Bauprojekt<br />
fertig gestellt werden. Nach einer<br />
mündlichen Information des Kraftwerks im<br />
Januar 2010 beschlossen die beteiligten<br />
Umweltorganisationen, bereits vorgängig<br />
zum Bauprojekt Stellung zu beziehen im<br />
Sinne einer frühzeitigen Einbindung. In der<br />
Stellungnahme wird eine erste Zusammenstellung<br />
gemacht, was die Erfordernisse an<br />
einen ökologischen Ausgleich bzw. Ersatz<br />
im Rahmen der Kraftwerkserneuerung sind.<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> legt sein Hauptaugenmerk<br />
auf eine verbesserte Fluss- <strong>und</strong> Überschwemmungsdynamik<br />
sowie die Durchgängigkeit<br />
für Fische <strong>und</strong> andere Wasserlebewesen.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird es<br />
unumgänglich sein, der alten Aare ein höheres<br />
Restwasser zuzugestehen <strong>und</strong> den ungehinderten<br />
Geschiebetransport durch das<br />
Wehr zu ermöglichen. Ein weiterer Punkt ist<br />
die Konzessionsdauer. Die Kraftwerke gehen<br />
von 80 Jahren aus, was der Rheinaub<strong>und</strong><br />
als zu lange erachtet.<br />
Gleich oberhalb der Kettenbrücke vereinigen<br />
sich die Wasser der Aare wieder <strong>und</strong><br />
fliessen durch die Altstadt von Aarau. Kaum<br />
einen Kilometer weiter unten wird der Fluss<br />
durch das Kanalkraftwerk Rüchlig erneut<br />
genutzt. Die Aare <strong>und</strong> die Restwasserstrecke<br />
von IBA werden dadurch im Hochwasserfall<br />
fast bis nach Wöschau zurückgestaut. Mit<br />
entsprechend negativen Konsequenzen für<br />
die Fischwanderung, die auf <strong>natur</strong>nahe<br />
Fliessverhältnisse angewiesen ist. Der Einstau<br />
hat auch eine geringere Energieproduktion<br />
für das KW IBA als Oberlieger zur<br />
Folge. Weil das Kraftwerk Rüchlig nur ein relativ<br />
kleines Bruttogefälle von etwas mehr<br />
als drei Metern nutzt, muss daher die Nachhaltigkeit<br />
des Werks auch aus wirtschaftlicher<br />
Sicht hinterfragt werden. Das Kraftwerk<br />
Rüchlig wurde durch das Aarehochwasser<br />
des Jahres 2007 stark beschädigt. Da die<br />
Konzession ohnehin im September 2011 endet,<br />
wurden die Planungen für eine Neukonzessionierung<br />
in Angriff genommen, die<br />
insbesondere die Hochwasserproblematik<br />
berücksichtigten.<br />
Das Kraftwerk Beznau (HKB) steht ebenfalls<br />
vor einer Neukonzessionierung. Geplant ist,<br />
das neue Wasserkraftwerk bis 2014/15 fertig<br />
zu stellen. Die Wehranlage bei Schmidberg<br />
leitet das Wasser der Aare in den 1.2 Kilometer<br />
langen Oberwasserkanal ab, der gleichzeitig<br />
das Kernkraftwerk mit Kühlwasser versorgt.<br />
Am Ausleitwehr wird das Restwasser<br />
mit einem Dotierkraftwerk turbiniert, nicht<br />
zuletzt, um das eingeleitete Kühlwasser ausreichend<br />
zu verdünnen, also den hohen<br />
Temperaturunterschied zwischen Aare <strong>und</strong><br />
Kühlwasser des Atomkraftwerks auszugleichen.<br />
Das Krafthaus des HKB soll neu mit<br />
einer Hochwasserentlastung kombiniert<br />
<strong>und</strong> vor allem auch weiter in den Oberwasserkanal<br />
hinein verschoben werden. Dadurch<br />
erhofft man sich eine bessere Anströmung<br />
beim neuen Maschinenhaus. Das alte<br />
Krafthaus steht nach Aussagen der Projektanten<br />
nicht unter Denkmalschutz <strong>und</strong> soll<br />
abgebrochen werden.<br />
Auch das Werk Beznau wird übrigens vom<br />
Stau des unterliegenden Kraftwerks (Klingnau)<br />
beeinflusst.<br />
Kraftwerk Tuurau Bischofszell<br />
(TG): Heikles Anliegen<br />
(Ueli Rippmann) Die Projektierung für den<br />
Neubau des Kraftwerks Tuurau bei Bischofszell<br />
läuft auf Hochtouren. Die Bauherrschaft<br />
bevorzugt nach einem umfassenden Variantenstudium<br />
den Bau eines Ausleitkraftwerks.<br />
Die Wahl <strong>und</strong> Bewertung der einzelnen<br />
Kriterien sind für den Rheinaub<strong>und</strong><br />
nachvollziehbar, die doppelte Gewichtung<br />
zugunsten der Ökonomie <strong>und</strong> damit die<br />
Wahl eines Ausleitkraftwerks erachtet der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> hingegen als sehr problematisch.<br />
Zumal das Vorhaben zwei aus ökologischer<br />
Sicht hoch sensible Auengebiete von<br />
nationaler Bedeutung tangiert, die Restwasserstrecke<br />
den Mündungsbereich der Sitter<br />
in die Thur umfasst <strong>und</strong> die freie Fischwanderung<br />
gemäss Art 9. des B<strong>und</strong>esgesetzes<br />
über die Fischerei nicht gewährleistet wird.<br />
Die Variante Flusslaufkraftwerk würde bei<br />
tieferem ökonomischem Nutzen massiv weniger<br />
ökologische Nachteile mit sich bringen.<br />
Die geplante Neuanlage beeinflusst<br />
überdies durch den Rückstau auch Fliessgewässer<br />
des Kantons St. Gallen. Eine gute<br />
Zusammenarbeit mit den verantwortlichen<br />
Stellen im St. Gallischen ist für den Rheinaub<strong>und</strong><br />
v.a. für die Projektierung von Ersatz-<br />
<strong>und</strong> Ausgleichsmassnahmen deshalb<br />
zentral.<br />
Kraftwerk Au-Schönenberg Thur<br />
(TG): „<strong>natur</strong>made star“ zertifiziert<br />
(Edda Rohe) Das Wasserkraftwerk Au-Schönenberg<br />
an der Thur ist seit dem Jahr 2002<br />
in Betrieb <strong>und</strong> produziert jährlich etwa 6,5<br />
Mio. kWh Strom. Im März 2009 wurde das<br />
KW mit dem Label „<strong>natur</strong>emade star“ zertifiziert.<br />
1 Rappen pro verkaufter Kilowattst<strong>und</strong>e<br />
fliessen dadurch in einen Fonds. Damit<br />
stehen jährlich mehrere Zehntausend Franken<br />
für die Umsetzung von ökologischen<br />
Aufwertungsmassnahmen zur Verfügung.<br />
Zur gezielten Mittelverwendung <strong>und</strong> der<br />
Steuerung von Projektmassnahmen wurde<br />
die Ökofondsbegleitgruppe (ÖFB) gegründet,<br />
in der auch der Rheinaub<strong>und</strong> Einsitz<br />
hat. Die Aufgaben des Rheinaub<strong>und</strong>es konzentrieren<br />
sich vor allem auf die Begutachtung<br />
vorgeschlagener Projekte zur ökologischen<br />
Aufwertung im Einflussgebiet des<br />
Wasserkraftwerkes selbst, sowie zur Vernetzung<br />
von Seitengewässern mit der Thur. Das<br />
Spektrum der Projekte reicht dabei von<br />
strukturellen Verbesserungsmassnahmen<br />
für die Fische in der Thur bis hin zu Aufwertungen<br />
der Sohlenstruktur <strong>und</strong> der Ufer von<br />
Seitengewässern.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 33
Jahresbericht Rheinaub<strong>und</strong><br />
2. Thurkorrektion<br />
Weinfelden-Bürglen (TG):<br />
Naturnahe Aue entsteht<br />
So sieht die Thur heute von<br />
der Brücke Bürglen aus.<br />
Zukünftig wird der Verbau<br />
am Ufer entfernt <strong>und</strong> der<br />
ganze heutige Vorlandbereich<br />
wird der Thur zur freien<br />
Entwicklung „übergeben“.<br />
Foto: Anna Belser<br />
(Anna Belser) Der Raum der Thur zwischen<br />
Weinfelden <strong>und</strong> Bürglen im Kanton Thurgau<br />
wird für Hochwasserschutz <strong>und</strong> Re<strong>natur</strong>ierung<br />
vollständig neu gestaltet. Das im<br />
Rahmen der sogenannten 2. Thurkorrektion<br />
laufende Planungsverfahren wird von der<br />
Regionalen Arbeitsgruppe (RA) begleitet, in<br />
der auch der Rheinaub<strong>und</strong> mitwirkt. Im September<br />
2009 wurde der Bauprojektentwurf<br />
präsentiert: Auf der linken Thuruferseite entsteht<br />
ein grosser, abgesenkter Raum, der<br />
gleichzeitig den Hochwasserrückhalt <strong>und</strong><br />
die Entstehung einer <strong>natur</strong>nahen flusstypischen<br />
Aue ermöglicht. Auf der rechten Thuruferseite<br />
wird der Verbau der Ufer vollständig<br />
entfernt, so dass sich der Fluss ausweiten<br />
kann. Dabei werden auch Altarme reaktiviert.<br />
Der noch bestehende Rest des Hartholzauenwaldes<br />
bleibt erhalten. Der Rheinaub<strong>und</strong><br />
unterstützt diese ökologisch sinnvolle<br />
Lösung. Das Auengebiet wird dabei<br />
weitgehend der Thur <strong>und</strong> ihrer Dynamik zugewiesen.<br />
Wir setzen uns zudem dafür ein,<br />
dass das Gebiet von einem drohenden<br />
Höherstau des Kraftwerks Weinfelden verschont<br />
bleibt. Das Thurprojekt muss daher<br />
mit der Revision des Kraftwerks Weinfelden<br />
verknüpft werden, um potentielle Beeinträchtigungen<br />
frühzeitig zu erkennen <strong>und</strong><br />
ökologisch gute Lösungen zu finden. Ende<br />
Oktober 2009 hatten alle Teilnehmer aus der<br />
Regionalen Arbeitsgruppe zum Entwurf<br />
Stellung genommen. Das Bau- <strong>und</strong> Auflageprojekt<br />
mit Umweltverträglichkeitsbericht<br />
wurde anfangs 2010 fertig gestellt. Die öffentliche<br />
Auflage erfolgt voraussichtlich im<br />
Juni 2010.<br />
Thurauen (ZH): Hoffen auf die<br />
gestaltende Kraft des Flusses<br />
(Andri Bryner) Die Baumassnahmen für das<br />
Projekt „Hochwasserschutz <strong>und</strong> Auenlandschaft<br />
an der Thurmündung“ sind weit fortgeschritten.<br />
Im Zentrum standen bisher vor<br />
allem der Hochwasserschutz für das Dorf Ellikon<br />
sowie Schüttungen <strong>und</strong> Dammbauten<br />
zugunsten des Intensivlandwirtschaftsgebietes<br />
im Flaacherfeld. Dank der Entfernung<br />
der harten Uferverbauung unterhalb der Elliker-Brücke<br />
<strong>und</strong> dem Abtrag des Vorlandes<br />
hat sich die Thur aber mit einem kurzen<br />
Hochwasser im Juli 2009 bereits erste<br />
Freiheiten nehmen können. Da die Dämme<br />
problemlos gehalten haben, hofft der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> für die ökologischen Werte<br />
auf möglichst grosse Frühlingshochwasser,<br />
mit entsprechenden gestalterischen Kräften.<br />
Wer weiss, vielleicht schafft dann die<br />
Thur auch das, was sich die Wasserbauer bisher<br />
(entgegen dem Auflageprojekt) noch<br />
nicht trauten: die Entfernung der Uferverbauung<br />
auch am Thurspitz. Als Mitglied in<br />
der Begleitkommission zum Gesamtprojekt<br />
wird der Rheinaub<strong>und</strong> weiterhin aktiv mitarbeiten<br />
<strong>und</strong> wo nötig Verbesserungsvorschläge<br />
einbringen. Insbesondere wird er<br />
sich dafür einsetzen, dass die in Umsetzung<br />
befindliche Etappe nicht die letzte ist, denn<br />
sie umfasst erst den kleineren Teil des Auengebietes.<br />
Im Zusammenhang mit dem Auengebiet<br />
hat der Rheinaub<strong>und</strong> auch detailliert zu den<br />
Plänen der Gemeinde Flaach Stellung genommen,<br />
den Campingplatz auszubauen.<br />
Das Projekt „Paradiso“, das auch die Einrichtung<br />
des Auenbesuchszentrums <strong>und</strong> die<br />
Modernisierung des Freibades umfasst,<br />
muss in einigen Punkten sicher angepasst<br />
werden. Es darf das Auengebiet nicht schmälern<br />
<strong>und</strong> es muss auch besser als bisher<br />
Rücksicht nehmen auf die <strong>natur</strong>schützerisch<br />
wertvolle Flaacherbachmündung.<br />
Schliesslich hat sich der Rheinaub<strong>und</strong> auch<br />
dezidiert gegen die Verpachtung von<br />
Fischereirevieren innerhalb des Auengebietes<br />
ausgesprochen. Dies insbesondere deshalb,<br />
weil immer noch keine Schutzverordnung<br />
für das Auengebiet erlassen ist. Eine<br />
solche könnte möglicherweise weitgehende<br />
Einschränkungen für die Fischerei mit sich<br />
bringen, welche bei laufenden Pachtverträgen<br />
nur schwer umzusetzen wären.<br />
Töss (ZH): Im Strudel der Politik<br />
(Andri Bryner) Noch im November 2009 gab<br />
es für den Rheinaub<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong> zur Freude:<br />
Der Zürcher Kantonsrat hat – nicht zuletzt<br />
gestützt auf eine f<strong>und</strong>ierte Vernehmlassung<br />
des Rheinaub<strong>und</strong>es – im Rahmen der Richtplanung<br />
verschiedene Gewässerabschnitte<br />
als „prioritär für die Aufwertung als Erholungs-,<br />
Natur- <strong>und</strong> Landschaftsraum“ bezeichnet.<br />
Darunter zum Beispiel die Töss<br />
r<strong>und</strong> um die Stadt Winterthur (Linsental –<br />
Schlosstal), die Eulach, Teile der Glatt <strong>und</strong><br />
den Aabach bei Uster. Doch nicht nur diese<br />
Prioritätensetzung kann als Erfolg bezeichnet<br />
werden, denn der Kantonsrat hat darüber<br />
hinaus auch den Raumbedarf der<br />
Gewässer berücksichtigt. So heisst es im<br />
neuen Richtplantext jetzt ausdrücklich, es<br />
seien „vielfältige <strong>und</strong> biologisch wertvolle<br />
Lebensräume, die Zugänglichkeit für Erholungssuchende<br />
<strong>und</strong> die <strong>natur</strong>nahe landschaftliche<br />
Einordnung“ sicherzustellen <strong>und</strong><br />
dafür sei dem „ausreichenden Gewässerraum<br />
(…), einem <strong>natur</strong>nahen Abflussregime<br />
<strong>und</strong> Geschiebehaushalt sowie der Wasser-<br />
Seite 34 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
qualität besondere Beachtung zu schenken.“<br />
Leider können diese fortschrittlichen Gr<strong>und</strong>sätze<br />
zurzeit kaum umgesetzt werden. Denn<br />
kaum einen Monat später, hat derselbe Kantonsrat<br />
in der Budgetdebatte dem Amt für<br />
Abfall, Wasser, Energie <strong>und</strong> Luft (Awel) einen<br />
Sparauftrag von 6,5 Millionen auferlegt. Die<br />
vor allem von der SVP ins Feld geführte<br />
Begründung: Die Gewässerraumsicherung<br />
stehe im Konflikt mit Fruchtfolgeflächen<br />
<strong>und</strong> sei unverhältnismässig. So sind nun verschiedene<br />
Revitalisierungsprojekte an der<br />
Töss <strong>und</strong> an anderen Orten im Kanton<br />
Zürich auf die lange Bank geschoben. Nicht<br />
bewusst waren sich wohl viele der Sparpolitikerinnen<br />
<strong>und</strong> -politiker, dass sie damit<br />
auch Hochwasserschutzmassnahmen torpediert<br />
haben. Denn einen Hochwasserschutz<br />
ohne ökologische Begleitmassnahmen<br />
oder umgekehrt ein Revitalisierungsprojekt<br />
ohne Gewinn für den Hochwasserschutz<br />
kann sich ein moderner Wasserbau<br />
heute gar nicht mehr leisten – ganz<br />
abgesehen davon, dass B<strong>und</strong>essubventionen<br />
nur mit kombinierten Projekten abzuholen<br />
sind. So gesehen können die Politiker<br />
bloss hoffen, dass in der nächsten Zeit keine<br />
grösseren Hochwasser kommen, sonst wird<br />
ihr Sparbeschluss endgültig zum Bumerang.<br />
Einen kleinen, aber symbolträchtigen Erfolg<br />
gibt es aus dem Linsental zu vermelden:<br />
Dank der Eingabe des Rheinaub<strong>und</strong>es hat<br />
die Stadt Winterthur bei der Sanierung der<br />
gedeckten Brunibrücke vier Fenster eingebaut,<br />
welche nun den Blick auf die Töss<br />
erlauben. Ein neuer Bezug zum Fluss ist<br />
geschaffen.<br />
Im Fall der zwei Kleinkraftwerke der Rieter<br />
in Töss sowie beim Werk Hard ist der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> in der Begleitkommission des<br />
Ökofonds vertreten. Bei den Rieterkraftwerken<br />
ist allerdings die Zusammenarbeit mit<br />
den Betreibern erschwert. Zum einen weil<br />
sie gar keinen Ökostrom mehr verkaufen,<br />
sondern vom offensichtlich noch höheren<br />
Erlös via kostendeckende Einspeisvergütung<br />
profitieren <strong>und</strong> zum anderen, weil sie<br />
dem Rheinaub<strong>und</strong> bisher trotz mehrmaliger<br />
Anfrage jede Einsicht in die Konzessionsbestimmungen<br />
verweigert haben. Eine Haltung,<br />
welche wir nicht akzeptieren werden.<br />
Beim EKZ-Werk in Pfungen konnten bekanntlich<br />
verschiedene Zusagen für Aufwertungsmassnahmen<br />
erzielt werden (siehe<br />
n+m 1/2009) – allerdings gehören sie zur<br />
oben erwähnten Kategorie <strong>und</strong> liegen momentan<br />
auf Eis.<br />
Ebenfalls ein „Politikum“ ist der Jagdschützenstand<br />
an der Töss bei Embrach. Er liegt<br />
im Auengebiet von nationaler Bedeutung,<br />
wo solche Einrichtungen eigentlich nichts<br />
verloren haben. Eine Altlastenstudie des<br />
Kantons Zürich hat 2009 aufgedeckt, dass<br />
das Areal mit h<strong>und</strong>erten von Tonnen Blei,<br />
Antimon <strong>und</strong> PAK verseucht ist (siehe n+m<br />
6/2009). Weil jetzt schon klar ist, dass eine<br />
Sanierung Millionen von Franken kosten<br />
wird, behandelt der verantwortliche Baudirektor<br />
– selbst ein Jäger – das Thema wie eine<br />
heisse Kartoffel. Erst 2014 will man (vielleicht)<br />
den Betrieb einstellen <strong>und</strong> sich ans<br />
Aufräumen machen. Der Rheinaub<strong>und</strong> wird<br />
die Entwicklung, zusammen mit dem jungen<br />
Verein „Pro Tössaue“, weiterverfolgen.<br />
Schliesslich ist der Rheinaub<strong>und</strong> beteiligt am<br />
R<strong>und</strong>en Tisch, der ein Gesamtkonzept für die<br />
Entwicklung der Tössegg, der Tössmündung<br />
in den Rhein, entwickelt. Er setzt sich in diesem<br />
bisher sehr konstruktiv arbeitenden Gremium<br />
für einen lebens- <strong>und</strong> erlebniswerten<br />
<strong>natur</strong>nahen Raum ein. Kiesbaggerungen im<br />
wertvollen Tössdelta wird der Rheinaub<strong>und</strong><br />
ebenso wenig akzeptieren wie eine Zunahme<br />
von Schiffsparkplätzen.<br />
Tiermehlfabrik Bazenheid (SG):<br />
Gefahr für die Thur im Auge<br />
behalten<br />
(Andri Bryner) Die Einsprache des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
gegen die Biogasanlage in Bazenheid<br />
hat die erwünschte Wirkung gehabt.<br />
Das Projekt wurde in Bezug auf den Gewässerschutz<br />
überarbeitet, um das Risiko einer<br />
Die sanierte Brunibrücke gibt<br />
dank der neu eingebauten<br />
Fenster den Blick auf die Töss<br />
frei.<br />
Foto: Andri Bryner<br />
Belastung der Thur mit giftigen Chemikalien<br />
zu minimieren. Die vom Kanton St. Gallen<br />
verfügten Auflagen sind im Sinne des<br />
Rheinaub<strong>und</strong>es, so dass die Einsprache zurückgezogen<br />
werden konnte. Dass allerdings<br />
eine Planung, die derart gravierende umweltrelevante<br />
Punkte offen lässt, überhaupt zur<br />
öffentlichen Auflage gelangt, darf nicht<br />
Schule machen. Ein solches Vorgehen zwingt<br />
die Verbände zu Einsprachen <strong>und</strong> führt zu<br />
„Ehrenr<strong>und</strong>en“ für alle Beteiligten. Dieser Zusatzaufwand<br />
wäre vermeidbar, wenn die verfahrensführende<br />
Behörde – in diesem Fall die<br />
Gemeinde – von Beginn an fachlich <strong>und</strong> juristisch<br />
kompetent <strong>und</strong> nicht nach (lokal)politischen<br />
Aspekten entscheiden würde.<br />
Seerestaurant Uster (ZH): Wann<br />
platzt der gordische Knoten?<br />
(Andri Bryner) Der Entscheid der Baurekurskommission<br />
(n+m 6/2009) ist zu Gunsten<br />
des Uferschutzes am Greifensee ausgefallen.<br />
Die Kommission hält fest, dass die Projektanten<br />
des Seerestaurants nicht nachweisen<br />
konnten, dass einzig mit diesem Projekt<br />
(der bereits gekaufte Nouvel-Expo-Pavillon)<br />
<strong>und</strong> nur an diesem Standort ein wirtschaftlicher<br />
Betrieb möglich sei. Kein Projekt<br />
habe nämlich von vornherein Anrecht darauf,<br />
sämtliche Ausnahmeregelungen in Anspruch<br />
zu nehmen. Da der Rheinaub<strong>und</strong><br />
aber den Wunsch der Ustermer Bevölkerung<br />
nach einem Restaurant am See als legitim<br />
erachtet, hat er erneut das Gespräch mit<br />
den Projektanten gesucht. Vielleicht lässt<br />
sich 2010, mit einer innovativen Idee, der<br />
gordische Knoten doch noch lösen.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 35
Jahresbericht Rheinaub<strong>und</strong><br />
Golfplatz Rossberg (ZH):<br />
Golfweiler statt Bauernsiedlung<br />
(Andri Bryner) Der Streit um den Golfplatz<br />
Rossberg bei Winterthur geht bis ins Jahr<br />
1995 zurück, als ein erstes Projekt vorlag,<br />
das mit zahlreichen Mängeln behaftet war.<br />
Zusammen mit ProNatura, dem WWF <strong>und</strong><br />
dem Heimatschutz hat sich der Rheinaub<strong>und</strong><br />
dann für eine Verbesserung stark<br />
gemacht <strong>und</strong> eine Vereinbarung mit den<br />
unterdessen neuen Planern ausgehandelt.<br />
Inzwischen ist der 18-Loch-Platz gebaut.<br />
Einige der abgemachten ökologischen<br />
Begleitmassnahmen könnten zwar noch<br />
besser umgesetzt werden, doch insgesamt<br />
ist der Wille der Betreiber spürbar, der Natur<br />
r<strong>und</strong> um die teppichartigen Rasenflächen<br />
auch Raum zu geben. 2009 haben sie<br />
jedoch ein Umbauprojekt für den Weiler<br />
präsentiert: Vier Bauernhäuser <strong>und</strong> Ökonomiegebäude<br />
sollen abgerissen werden zugunsten<br />
von vier grossen Mehrfamilienhäusern<br />
mit Tiefgarage. Dies in einer Weiler -<br />
kernzone mitten im Landwirtschaftsgebiet.<br />
Da der Rheinaub<strong>und</strong> seine Tätigkeit auf den<br />
Gewässerschutz fokussieren will, sind wir<br />
selbst nicht ins Verfahren um diese Bauten<br />
eingestiegen. Doch wir haben den Heimatschutz<br />
unterstützt, welcher Rekurs eingelegt<br />
hat.<br />
Flughafen Zürich (ZH): Beschwerde<br />
teilweise gutgeheissen<br />
(Martin Furter) Unter dem Motto „was lange<br />
währt, wird endlich (teilweise) gut“, hat das<br />
B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht die gemeinsame<br />
Beschwerde des Rheinaub<strong>und</strong>es <strong>und</strong><br />
der Ärztinnen <strong>und</strong> Ärzte für Umweltschutz<br />
vom April 2005 mit seinem Urteil vom 10.<br />
Dezember 2009 teilweise gutgeheissen. Das<br />
B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht verbietet Postflüge<br />
<strong>und</strong> Messflüge in der Nacht. Der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> hat mit „Ärztinnen <strong>und</strong> Ärzte<br />
für Umweltschutz“ damit erreicht, dass jährlich<br />
r<strong>und</strong> 9000 Flüge zur Nachtzeit nicht<br />
durchgeführt werden können. Das ist ein<br />
nicht gering zu schätzendes Resultat! Im<br />
Weiteren sind unter Berücksichtigung der<br />
neu verfügten Sanierungsmassnahmen die<br />
zulässigen Lärmimmissionen des Flughafens<br />
Zürich neu festzulegen. Die entsprechend<br />
neu zu erstellenden Fluglärmkarten<br />
bilden Teil des vorliegenden Entscheids.<br />
Dies kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen,<br />
dass das Hauptanliegen – nämlich<br />
die generelle Plafonierung der Starts <strong>und</strong><br />
Landungen – nicht erfüllt worden ist. Dies<br />
gilt für die vom Rheinaub<strong>und</strong> geforderte<br />
Begrenzung bei 250 000 ebenso wie für die<br />
Begrenzung bei 350 000 Bewegungen, die<br />
andere Beschwerdeführende forderten. Mit<br />
der Begründung, dass bezüglich Gewässerschutz<br />
das geltende Umweltrecht eine ausreichende<br />
Gr<strong>und</strong>lage bilde <strong>und</strong> dieses im<br />
Betriebsreglement nicht wiederholt werden<br />
müsse, sind die diesbezüglichen Begehren<br />
des Rheinaub<strong>und</strong>es abgewiesen worden.<br />
Hingegen konnten in den langen Jahren des<br />
Rechtsverfahrens einige Verbesserungen<br />
bei der Abwasserbehandlung (Enteisung<br />
der Flugzeuge, Pistenfreihaltung) eingeleitet<br />
werden. Es ist nicht zu übersehen, dass<br />
der stetige Druck von Seiten der Organisationen<br />
<strong>und</strong> neue Erkenntnisse des Wasserforschungsinstituts<br />
Eawag hier zur Verbesserung<br />
der Situation beigetragen haben. Das<br />
Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da der<br />
Flughafen Zürich <strong>und</strong> die Fluggesellschaft<br />
SWISS Anfang Februar 2010 beim B<strong>und</strong>esgericht<br />
Beschwerde erhoben haben.<br />
NEAT-Begleitung 2009:<br />
Lebensräume blühen auf<br />
(Martin Furter) Es ist ein wichtiges Anliegen<br />
des Rheinaub<strong>und</strong>es, dem Schutz der Umwelt,<br />
der Natur <strong>und</strong> der Heimat auch bei der<br />
Realisierung des Grossprojekts der Bahninfrastruktur<br />
Nachachtung zu verschaffen. Zur<br />
Wahrnehmung dieser Aufgabe hat der Rheinau<br />
b<strong>und</strong> zusammen mit den Organisationen<br />
Pro Natura, SHS, SL, SVS, VCS <strong>und</strong> WWF Martin<br />
Furter bereits im Jahr 1994 das Mandat<br />
zur Begleitung des Eisenbahngrossprojekts<br />
erteilt.<br />
Anlässlich von zwei R<strong>und</strong>gängen auf den<br />
Baustellen Bodio, beim Südportal <strong>und</strong> bei Sedrun,<br />
dem Zwischenangriff <strong>und</strong> wichtigen<br />
Deponiestandort für das Ausbruchmaterial<br />
des Gotthard-Basistunnels konnten sich Vertreterinnen<br />
<strong>und</strong> Vertreter der Organisationen<br />
vor Ort von der Umsetzung <strong>und</strong> der Qualität<br />
der im Laufe der Projektgenehmigungen erreichten<br />
Auflagen zugunsten von Natur <strong>und</strong><br />
Umwelt einen Eindruck verschaffen.<br />
Der Ersatz für den durch den neuen Bahndamm<br />
beanspruchten Feuchtwald „Pasquerio“<br />
hat sich seit dem letzten Besuch gut<br />
entwickelt. Der vielfältige Lebensraum mit<br />
Fliess- <strong>und</strong> Stillgewässern, extensiven Wiesen,<br />
Hochstammbäumen <strong>und</strong> Hecken wird<br />
sich bei weiterhin aufmerksamer Pflege als<br />
wertvolles Biotop im Bereich des Südportals<br />
des Gotthard Basistunnels entfalten.<br />
Im Rahmen der Genehmigung von verschiedenen<br />
Detailprojekten sind wiederum etliche<br />
Verbesserungsanträge gutgeheissen<br />
worden. Es handelt sich dabei um die langfristige<br />
Sicherung der Bewirtschaftung extensiver<br />
Wiesen, die Sicherstellung von Ersatzmassnahmen,<br />
Festlegung von Erfolgskontrollen<br />
<strong>und</strong> allfälligen Nachbesserungen,<br />
Erstellung landschaftspflegerischer Begleitplanungen,<br />
Schaffung von Leitstrukturen,<br />
qualitative <strong>und</strong> quantitative Festlegung von<br />
Rodungsersatz, Realisierung von Ladestationen<br />
für Elektrofahrzeuge. Sehr wichtig ist<br />
die erreichte Verbesserung der landschaftlichen<br />
Eingliederung <strong>und</strong> ökologischen<br />
Optimierung der zentralen Deponie für<br />
den Aushub des Ceneri-Basistunnels bei<br />
Sigirino.<br />
Der Ersatzlebensraum für<br />
den verschw<strong>und</strong>enen<br />
Feuchtwald Pasquerio bei<br />
Bodio/Pollegio.<br />
Seite 36
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
VivaRiva –Wasser macht Schule<br />
(Kathrin Jaag) Nach drei Jahren Aufbauzeit<br />
war 2009 das erste „reguläre“ VivaRiva-Jahr.<br />
Umso mehr freut es VivaRiva, auch dieses<br />
Jahr wieder mit neuen Rekordzahlen aufzuwarten!<br />
Über 50 Veranstaltungen konnten<br />
zwischen April <strong>und</strong> Oktober durchgeführt<br />
werden, mit mehr als 1200 Teilnehmenden in<br />
8 Kantonen. Sei es beim Bacherlebnistag,<br />
einer Biotopuntersuchung, an der Ferienpassveranstaltung<br />
oder bei der Weiterbildung,<br />
sei es mit Kindergärtnern, Schülern<br />
oder Erwachsenen: bei den VivaRiva-Veranstaltungen<br />
steht nach wie vor die Faszination<br />
für den Lebensraum Wasser im Zentrum, die<br />
Freude am Entdecken <strong>und</strong> Beobachten, die<br />
Begeisterung fürs Forschen <strong>und</strong> Erk<strong>und</strong>en<br />
draussen in der Natur.<br />
Vom Thurauenbesuch im Konfirmandenlager<br />
über die Schulhausbiotopreinigung zur Biberspurensuche<br />
mit dem Kindergarten, zur Bioindikationsberechnung<br />
mit der Sek<strong>und</strong>arschule,<br />
zum Bacherforschungstag im Rah -<br />
men vom Ferienpass bis zur Lehrerwei -<br />
ter bildung: Die Themenvielfalt wird immer<br />
grösser, die Zahl der Anlässe nimmt zu. 52<br />
VivaRiva-Anlässe konnten 2009 durchgeführt<br />
werden. Ein neuer Rekord! Die meisten Anlässe<br />
sind nach wie vor Wassererlebnistage mit<br />
Schulklassen. Das sind Veranstaltungen mit<br />
verschiedenen Schwerpunktthemen (Fliessgewässer,<br />
Stillgewässer, Biber oder Amphibien),<br />
immer mit der Zielgruppe Schule.<br />
Daneben fanden sechs Ferienpassveranstaltungen<br />
an Bächen statt. Leider konnte 2009<br />
nur gerade eine Lehrerweiterbildung (im<br />
Kt. St. Gallen) durchgeführt werden.<br />
1240 Personen haben dieses Jahr an Viva-<br />
Riva-Veranstaltungen teilgenommen. Dabei<br />
Anzahl Anlässe 2006–2009<br />
Die Wassererlebnistage<br />
von VivaRiva stehen bei<br />
den Schulen hoch im Kurs.<br />
Foto VivaRiva<br />
machen die Schüler der Primarschulen nach<br />
wie vor das Hauptpublikum von VivaRiva aus.<br />
Nach der Premiere im Jahr 2008 konnte Viva-<br />
Riva dieses Jahr bereits mehrere Veranstaltungen<br />
mit Kindergärten durchführen.<br />
Der Aktivitätsschwerpunkt liegt weiterhin<br />
in der Nordostschweiz. Doch auch im Jahr<br />
2009 konnte VivaRiva in neuen Kantonen tätig<br />
sein, insbesondere der Kanton Schwyz mit<br />
sieben Veranstaltungen ist hier zu erwähnen.<br />
Ausserdem fand die erste „Expansion ins Ausland“<br />
mit einer Ferienveranstaltung in Gailingen<br />
(D) statt. Neben der Durchführung von<br />
Anzahl<br />
VivaRiva-<br />
Anlässe<br />
pro Jahr<br />
seit 2006.<br />
Veranstaltungen am Wasser hat VivaRiva dieses<br />
Jahr auch vermehrt in die Erarbeitung<br />
von zusätzlichen Unterlagen investiert. So<br />
konnten mit der Unterstützung der Paul<br />
Schiller-Stiftung erstmals eigene farbige Bestimmungsunterlagen<br />
hergestellt werden.<br />
Zudem wurde im Auftrag des Didaktischen<br />
Zentrums Schaffhausen eine Lernkiste zum<br />
Thema Wasser für den praxisorientierten Mittelstufen-Unterricht<br />
am Bach zusammengestellt.<br />
Diese Lernkiste enthält alle notwendigen<br />
Materialien, um einen Erlebnistag mit<br />
einer Schulklasse durchzuführen <strong>und</strong> in aufbereiteter<br />
Form Fachinformationen für Lehrpersonen<br />
sowie Arbeitsblätter. Damit möchte<br />
VivaRiva den Lehrkräften einen erleichterten<br />
Zugang schaffen für eigene Forschungs- <strong>und</strong><br />
Erlebnistage am Bach.<br />
Es ist VivaRiva ein Anliegen, Umweltbildung<br />
in ihrer besten Qualität zu bieten. Dazu gehört,<br />
dass viel Wert auf die gezielte <strong>und</strong> individuelle<br />
Vorbereitung für jeden Anlass gelegt<br />
wird. So findet vor jeder Veranstaltung ein<br />
Gespräch der VivaRiva-Mitarbeiterin mit der<br />
Lehrerin/dem Lehrer statt. Um das Projekt<br />
stetig weiter zu entwickeln <strong>und</strong> nah an den<br />
Bedürfnissen <strong>und</strong> Wünschen der Schulklassen<br />
<strong>und</strong> Lehrpersonen zu bleiben, bittet Viva-<br />
Riva sämtliche Lehrkräfte, die Veranstaltungen<br />
mit einem Fragebogen zu evaluieren.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 37
Jahresbericht Rheinaub<strong>und</strong><br />
Das Rheinaub<strong>und</strong>-Team – von links nach rechts:<br />
– Stefan Kunz<br />
Geschäftsführer Rheinaub<strong>und</strong>, 60%<br />
(Dipl. Ing. Landschaftsarchitekt BSLA)<br />
– Kathrin Jaag<br />
stv. Geschäftsführerin, Projekt leiterin<br />
Umweltbildungsprojekt VivaRiva, 50%<br />
(Dipl. Umwelt-Naturwissenschafterin ETH)<br />
– Fabian Lippuner<br />
Projektmitarbeiter Umweltbildung <strong>und</strong><br />
Gewässerschutz, 60%<br />
(Dipl. Umweltingenieur FH)<br />
– Karin Schlude<br />
Leitung Administration,<br />
20% (Dipl. Geographin Uni Zürich)<br />
– Günther Frauenlob<br />
Redaktor „<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong>“<br />
(Dipl. Geograph/Hydrologe Uni Freiburg i.Br.)<br />
– Marlene Fischer, Praktikantin VivaRiva, 50%<br />
(Bachelor Landschaftsarchitektin)<br />
– Ruedi Schneider, ehrenamtliche Mitarbeit<br />
<strong>und</strong> Unterstützung Geschäftsleitung<br />
Die Rückmeldungen sind erfreulich positiv<br />
<strong>und</strong> werden häufig durch persönliche Schreiben<br />
von Lehrerinnen <strong>und</strong> Schülern ergänzt.<br />
Als Wermutstropfen ist zu erwähnen, dass<br />
Karin Schlude nach riesigem Einsatz während<br />
der letzten zwei Jahre beschlossen hat, wieder<br />
mehr Zeit ihrer Familie zu widmen <strong>und</strong><br />
folglich per Ende Jahr 2009 ihr Engagement<br />
für VivaRiva beendet hat. Das VivaRiva-Team<br />
bedauert das sehr <strong>und</strong> möchte sich auch an<br />
dieser Stelle nochmals herzlich bedanken für<br />
die wertvolle Arbeit. Als Nachfolger ist bereits<br />
Fabian Lippuner angetreten. VivaRiva freut<br />
sich, in ihm einen neuen motivierten Umweltbildner<br />
gef<strong>und</strong>en zu haben!<br />
Der Erfolg von VivaRiva zeigt, dass „draussen<br />
unterwegs sein“ eine willkommene Abwechslung<br />
<strong>und</strong> eine wichtige Ergänzung<br />
zum Unterricht im Klassenzimmer ist. Viva-<br />
Riva ist überzeugt, dass trotz des steigenden<br />
Angebots im ausserschulischen Bereich das<br />
Erleben <strong>und</strong> Forschen in der Natur <strong>und</strong> speziell<br />
im <strong>und</strong> am Wasser seinen ganz besonderen<br />
Stellenwert nicht verlieren wird. Wer<br />
einmal mit dem Wasser-Virus angesteckt<br />
wurde, wird ihn so schnell nicht mehr los.<br />
Und VivaRiva wird gerne weiter für eine<br />
Wasser viruspandemie im positivsten Sinne<br />
sorgen!<br />
Wir danken allen Förderern <strong>und</strong> Institutionen<br />
für Ihre Unterstützung, ohne die das VivaRiva<br />
Jahr 2009 nicht so erfolgreich gewesen wäre.<br />
Kooperationen <strong>und</strong> Mitgliedschaften<br />
AG-Recht: Koordinations- <strong>und</strong> Informationsplattform der nationalen Verbände für<br />
Rechts fälle. Erweiterte Funktion im Bereich des Verbandsbeschwerderechts.<br />
AG-Re<strong>natur</strong>ierung des Hochrheins: Internationaler Zusam<strong>mensch</strong>luss der Natur-, Umwelt<br />
<strong>und</strong> Fischereiorganisationen am Hochrhein. Ziel ist die integrale Erhaltung der<br />
noch <strong>natur</strong>nahen Rheinabschnitte sowie die ökologische <strong>und</strong> landschaftliche Sanierung<br />
belasteter Flussabschnitte.<br />
Begleitgruppe Ökofonds KW Schaffhausen: Das BÖF befindet im Wesentlichen über die<br />
Verwendung der Ökostrom Förderbeiträge aus dem Ökofonds des <strong>natur</strong>made – zertifizierten<br />
Kraftwerks Schaffhausen.<br />
CIPRA – Schweiz: Nationale Vertretung in der internationalen Alpenschutzkommission.<br />
Initiative „Raum für Mensch <strong>und</strong> Natur“: Mitglied im Trägerverein „Ja zur Landschaftsinitiative“.<br />
Internationale Bodensee-Stiftung: Die Bodensee-Stiftung ist eine projektorientierte<br />
Naturschutzorganisation <strong>und</strong> setzt sich für nachhaltige Wirtschaftsweisen in der internationalen<br />
Bodenseeregion <strong>und</strong> darüber hinaus ein.<br />
KLAR Schweiz: Opposition gegen das geplante Endlager für hochaktive Abfälle im<br />
Zürcher Weinland.<br />
Pro Rheinlandschaft Diessenhofen: Der Verein bezweckt die Erhaltung <strong>und</strong> Respektierung<br />
der Landschaftsschutz- <strong>und</strong> Naherholungsgebiete um Diessenhofen, insbesondere<br />
die Förderung <strong>und</strong> Organisation des Widerstandes gegen eine Thermal- <strong>und</strong><br />
Freizeitbadeanlage im BLN Gebiet<br />
Pro Thur: Dachorganisation der Umweltorganisationen, welche sich seit vielen Jahren<br />
für die Re<strong>natur</strong>ierung der Thur einsetzt.<br />
Pro Töss: Zusam<strong>mensch</strong>luss verschiedener Natur-, Heimat- <strong>und</strong> Naturschutzorganisationen<br />
sowie Fischereivertretern. Die Pro Töss wirbt in der Öffentlichkeit <strong>und</strong> auf politischer<br />
Ebene für einen wirksamen Gewässerschutz im Einzugsgebiet der Töss.<br />
Seite 38 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010
50 Jahre Rheinaub<strong>und</strong><br />
Unser Jubiläumsprogramm<br />
für Sie:<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010<br />
Seite 41
Rubrik<br />
<strong>natur</strong><br />
<strong>und</strong><br />
<strong>mensch</strong><br />
52. Jahrgang • Heftnummer 2 / 2010<br />
Jährlich 6 Nummern • Erscheinungsdatum 3.4.2010<br />
Herausgeber: Rheinaub<strong>und</strong>, Schweizerische<br />
Arbeitsgemeinschaft für Natur <strong>und</strong> Heimat<br />
50 JAHRE<br />
Autoren dieser Ausgabe:<br />
Lukas Indermaur<br />
Brigitte Egger<br />
Felix Wirz<br />
Michael Kaufmann<br />
Hans Fritschi<br />
Luca Vetterli<br />
Roland Seiler<br />
Matthias Nast<br />
Gerold Meier<br />
Walter Büsch<br />
VivaRiva blickt auf ein sehr erfolgreiches<br />
Jahr zurück. Noch nie konnten so viele Veranstaltungen<br />
durchgeführt werden, wie im<br />
zurückliegenden Jahr <strong>und</strong> auch das Me dienecho<br />
auf die Umweltbildung des Rhein aub<strong>und</strong>es<br />
ist durchwegs positiv.<br />
Mit VivaRiva gibt der Rheinaub<strong>und</strong> die Richtung<br />
für die nächsten 50 Jahre vor: proaktiver,<br />
fachlich kompetenter Gewässerschutz<br />
mit Biss, erlebnisorientierte Umweltbildung<br />
am Gewässer <strong>und</strong> qualifizierte Berichterstattung<br />
mit „<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong>“. Die Zukunft<br />
kann kommen!<br />
Foto: VivaRiva<br />
www.rheinaub<strong>und</strong>.ch<br />
Seite 42 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010