natur und mensch - Rheinaubund
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Gewässer<br />
Luca Vetterli<br />
ist Gewässerexperte<br />
von Pro Natura <strong>und</strong><br />
Geschäftsführer von<br />
Pro Natura Ticino.<br />
Er hat seit Beginn<br />
der Neunziger Jahre den Grossteil<br />
der alpinen Wasserkraftprojekte in<br />
Vertretung verschiedener Umweltorganisationen<br />
eng verfolgt <strong>und</strong> ist Mitglied<br />
in zahlreichen ökologischen Begleitgruppen<br />
von Kraftwerksprojekten.<br />
Seit 2006 Vorstandsmitglied des Vereins<br />
für umweltgerechte Energie beteiligt er<br />
sich aktiv an der politischen Arbeit zum<br />
Gewässerschutz <strong>und</strong> der Gewässernutzung<br />
auf B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Kantonsebene.<br />
Luca Vetterli ist gemeinsam mit<br />
Brigitte Egger Mitautor des Buches<br />
„Viaggiare alla scoperta dell’acqua“<br />
(Dadò 2003).<br />
Roland Seiler<br />
ist seit Mai 2009<br />
Zentralpräsident des<br />
Schweizerischen<br />
Fischerei-Verbandes<br />
SFV <strong>und</strong> Präsident<br />
des Vereins «Ja zu lebendigem Wasser».<br />
In intensiven Verhandlungen mit Vertretern<br />
der Kantone <strong>und</strong> der Elektrizitätswirtschaft<br />
hat er die Voraussetzungen<br />
für den Kompromiss geschaffen, der<br />
schliesslich den Rückzug der Initiative<br />
«Lebendiges Wasser» ermöglichte. Als<br />
Präsident des Bernisch Kantonalen<br />
Fischerei-Verbandes BKFV (2001–2008)<br />
hat er u.a. federführend den Abstimmungskampf<br />
für den Re<strong>natur</strong>ierungsfonds<br />
des Kantons Bern geführt.<br />
sichtlich der morphologischen <strong>und</strong> hydrologischen<br />
Defizite durchaus mit der damaligen<br />
vergleichbar. Es ist somit zu hoffen, dass<br />
sie einen ähnlichen Kraftakt an Milliardeninvestitionen<br />
auszulösen vermag, damit unsere<br />
Flüsse in einen <strong>natur</strong>naheren Zustand<br />
zurück geführt werden. Anzeichen dazu<br />
sind durchaus ersichtlich, schaut man auf<br />
die vorerst noch bescheidenen Erfolge der<br />
Gewässerre<strong>natur</strong>ierungen in den Kantonen<br />
(bezogen auf den gewaltigen Bedarf) <strong>und</strong><br />
die Bereitstellung bedeutender Finanzmittel<br />
des B<strong>und</strong>es, welche neu diesen Aufgaben<br />
zugewiesen werden sollen. Somit stehen in<br />
den nächsten Jahrzehnten Re<strong>natur</strong>ierungen<br />
ungeahnten Ausmasses bevor, die der Natur<br />
dienen <strong>und</strong> von der Bevölkerung hoch geschätzt<br />
werden.<br />
Kein Ausweg ohne Koordination<br />
Die Herausforderung wird wohl in der subtilen<br />
Koordination der verschiedenen Massnahmen<br />
an den Gewässern liegen, damit<br />
der gewaltige Mitteleinsatz nicht nutzlos<br />
verpufft. Es geht vor allem um das Dreiergespann<br />
zwischen morphologischer Re<strong>natur</strong>ierung,<br />
hydrologischer Sanierung (Restwasser,<br />
Schwall <strong>und</strong> Sunk, Hochwasserdynamik)<br />
sowie Wiederherstellung des Geschiebetriebs.<br />
Dazu sind die neuen Rahmenbedingungen<br />
der Gewässerschutzrevision von<br />
Dezember entscheidend.<br />
Lassen sich im konkreten Fall gewässerökologische<br />
Ziele ebenso gut durch Re<strong>natur</strong>ierung<br />
wie durch mehr Restwasser erzielen,<br />
so ist die Re<strong>natur</strong>ierung nach Ansicht<br />
von Pro Natura <strong>und</strong> Fischereiverband vorzuziehen,<br />
da sie gleichzeitig auch die energiepolitischen<br />
Ziele der erneuerbaren Energieproduktion<br />
zu erfüllen hilft.<br />
Wasserkraftnutzung ökologisieren<br />
Bekanntlich gibt es keine Stromproduktionsart<br />
ohne Umweltauswirkungen. Wasserkraft<br />
gehört zu den besten, vorerst einmal<br />
weil sie erneuerbar ist. Doch sie ist<br />
damit noch keineswegs nachhaltig, bzw.<br />
ökologisch. Dies setzt eine entsprechende<br />
Anlagegestaltung <strong>und</strong> einen angepassten<br />
Betrieb voraus.<br />
Insgesamt sind zwei übergeordnete Grenzen<br />
zu beachten. Aus der Sicht eines Landes, das<br />
wie die Schweiz seine Gewässer bereits weitestgehend<br />
nutzt, geht es zum einen darum,<br />
die wenigen noch unverbauten <strong>und</strong> ungenutzten<br />
Wasserläufe in ihrem <strong>natur</strong>nahen Zustand<br />
zu bewahren. Das ist für die Erhaltung<br />
der Artenvielfalt – das Hauptziel von Pro Natura<br />
– <strong>und</strong> des Fischreichtums – unmittelbares<br />
Ziel des Fischereiverbandes – unabdingbar.<br />
Diese Aufgabe muss heute gegen allen<br />
Nutzungsdruck wahrgenommen werden.<br />
Morgen wäre es angesichts der ungeheuerlichen<br />
Flut an Kleinwasserkraft-Projekten zu<br />
spät. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sind problematische<br />
Kraftwerke in Schutzgebieten <strong>und</strong> an morphologisch<br />
<strong>und</strong> hydrologisch <strong>natur</strong>nahen<br />
Wasserläufen von der kostendeckenden Einspeisevergütung<br />
auszuschliessen.<br />
Zum anderen gilt es, bei der Nutzung der<br />
Gewässer die erforderliche Rücksicht auf die<br />
Natur <strong>und</strong> die Befindlichkeit der Bevölkerung<br />
zu nehmen, also auf Trockenlegung<br />
von Wasserläufen - heute noch bei über der<br />
Hälfte der Wasserentnahmen gängige Praxis<br />
– zu verzichten <strong>und</strong> die schädliche Schwall-<br />
Sunk-Schwankungen in den Flüssen auf ein<br />
ökologisch verantwortbares Mass zu senken.<br />
Es gibt zahlreiche Wasserfassungen, die<br />
für die Gewässer bedeutsam sind, aber<br />
durch die Maschen des Gewässerschutzgesetz<br />
fallen: Die Rede ist von den hochgelegenen,<br />
insgesamt wasserreichen <strong>und</strong><br />
energetisch interessanten Fassungen, die<br />
mindestens 18 Tage pro Jahr gänzlich zufrieren,<br />
<strong>und</strong> somit als nicht ständig wasserführend<br />
im Sinne des Gesetzes der Restwasserpflicht<br />
entkommen.<br />
Mit der Ökologisierung der Wasserkraft allein<br />
kommen wir allerdings nicht mehr auf<br />
einen grünen Zweig. Zu hoch sind der Energieverschleiss<br />
<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene<br />
Umweltbelastung. Es führt kein Weg an der<br />
entschiedenen Forderung einer rationellen<br />
Energienutzung durch geeignete Rahmenbedingungen<br />
vorbei: Nur auf diesem Pfad<br />
lassen sich letztlich die Herausforderungen<br />
der Erhaltung der Artenvielfalt <strong>und</strong> der Klimapolitik<br />
gemeinsam meistern.<br />
Luca Vetterli<br />
Pro Natura Ticino<br />
Viale stazione 10<br />
Casella postale 2317<br />
6501 Bellinzona<br />
Tel. 091 835 57 67<br />
luca.vetterli@pro<strong>natur</strong>a.ch<br />
Roland Seiler<br />
Zentralpräsident SFV<br />
Badweg 10<br />
3302 Moosseedorf<br />
Tel. 031 859 09 10<br />
roland.seiler@roland-seiler.ch<br />
Seite 22 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010