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natur und mensch - Rheinaubund

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Gewässer<br />

dieser Nutzungen hat sich die durchschnittliche<br />

Gerinnebreite des Tagliamento seit Beginn<br />

des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts bis 1990 von 1600<br />

m auf 700 m verengt <strong>und</strong> das Gewässerbett<br />

hat sich um 3 m eingetieft 40) . Trotzdem ist<br />

der Tagliamento immer noch das beste Beispiel<br />

einer grossen <strong>natur</strong>belassenen Wildflussaue<br />

in Mitteleuropa 41) .<br />

Positive Nutzungen nehmen zu. So setzen<br />

Anrainer vermehrt auf Ökotourismus, bieten<br />

Übernachtungen in B&B mit Bio-Verpflegung<br />

aus der Region an. Oder, Campen am<br />

Fluss ist möglich, ebenso Flusswanderungen<br />

„per pedes“ oder zu Pferd. Zunehmend<br />

erleben auch Schulklassen <strong>und</strong> Familien<br />

den Fluss. W<strong>und</strong>erbar, wenn all diese Menschen<br />

das Bild natürlicher Flussauen verinnerlichen<br />

<strong>und</strong> in ihre Wohnorte zurücktragen.<br />

Ist der Tagliamento nicht<br />

geschützt?<br />

Ein geringer Teil des Flusskorridors (Auenwald<br />

<strong>und</strong> Flussbett) ist geschützt. Italiens<br />

Behörden registrierten bei der EU lediglich<br />

14% der „natürlich vorkommenden Lebensräume<br />

von gemeinschaftlichem Interesse“<br />

Der Fluss lädt zum Spiel<br />

ein <strong>und</strong> entspannt.<br />

Foto: Lukas Indermaur<br />

(FFH-Lebensräume) 17) . Eine groteske Untertreibung.<br />

FFH-Lebensräume gehören zum<br />

europäischen Schutzgebietsnetzwerk „Natura<br />

2000“. Ortsgeb<strong>und</strong>ener Schutz einzelner<br />

FFH-Lebensräume in dynamischen<br />

Lebensräumen ist unsinnig. Dynamische<br />

Lebensräume müssen als Ganzes geschützt<br />

werden. So auch der Flusskorridor des Tagliamento:<br />

Wegen seines durchgehend hohen<br />

Anteils an FFH-Lebensräumen, wegen<br />

seiner zentralen Bedeutung als Verb<strong>und</strong>achse<br />

von Alpen <strong>und</strong> Mittelmeerraum <strong>und</strong> somit<br />

für das Netzwerk der „Natura 2000“-<br />

Gebiete, wegen seiner Einzigartigkeit im<br />

Alpenraum. So wurde wiederholt die Aufnahme<br />

der Tagliamento-Auen ins globale<br />

Netz der UNESCO-Biosphärenreservate gefordert<br />

– für die Region Friaul wäre das eine<br />

Riesenchance 42–44) .<br />

Fragwürdiges<br />

Hochwasserschutzprojekt<br />

Ein Jahrh<strong>und</strong>erthochwasser im Jahre 1966<br />

kostete 14 Personen in der Stadt Latisana<br />

am Unterlauf das Leben, 5000 Personen<br />

wurden obdachlos. Verständlicherweise<br />

löste diese Tragödie ein Hochwasserschutzprojekt<br />

aus. Leider ist dieses nach heutigen<br />

Massstäben völlig überdimensioniert <strong>und</strong><br />

ausschliesslich technisch ausgelegt. Pikant,<br />

dass die meisten Städte, ausser Latisana, erhöht<br />

an den Talflanken liegen. Bei Latisana<br />

wird der Tagliamento in einem engen Kanal<br />

die letzten 10 km ins Meer geführt. Pegelschwankungen<br />

betragen dort bis 7 m, im<br />

Mittellauf hingegen maximal 2 m. Trotzdem<br />

sollen Massnahmen am besonders wertvollen<br />

Mittellauf das Risiko für die Unterlieger<br />

mindern. In vier Retentionsbecken mit insgesamt<br />

50 Mio. m 3 Fassungsvermögen sollen<br />

Hochwasserspitzen fliessen. Und, Dämme<br />

zum Schutz von Ackerland würden<br />

wertvolle Zuflüsse blockieren 41) .<br />

Neuere Berechnungen belegen klar, dass<br />

diese Massnahmen unnötig sind 45) . Ein zusätzliches<br />

Gerinne, unter Umgehung der<br />

Stadt Latisana, reicht aus damit Hochwasserspitzen<br />

schadlos ins Meer ausgeleitet<br />

werden können. Verantwortliche Regierungsstellen<br />

anerkennen Abflussberechnungen<br />

etablierter Wissenschaftler bisher<br />

jedoch nicht. Die Realisierung des Beton-<br />

Seite 6 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010

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