natur und mensch - Rheinaubund
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Gewässer<br />
– Massnahmen gegen die schädliche Wirkung<br />
von Schwall <strong>und</strong> Sunk unterhalb<br />
von Speicherkraftwerken,<br />
– Massnahmen zur Reaktivierung des Geschiebehaushalts<br />
– <strong>und</strong> die Durchsetzung der Restwasser-<br />
Vorschriften (Sanierungen).<br />
Die Kantone sollten zur Finanzierung von<br />
Re<strong>natur</strong>ierungsmassnahmen analog dem<br />
erfolgreichen Modell des Kantons Bern<br />
einen Fonds einrichten. Als zusätzliches<br />
Druckmittel war in der Initiative ein Antrags<strong>und</strong><br />
Beschwerderecht für Fischerei- <strong>und</strong><br />
Umweltorganisationen vorgesehen. Die Initiative<br />
konnte am 3. Juli 2006 mit 161 836<br />
gültigen Unterschriften eingereicht werden.<br />
Zur hohen Unterschriftenzahl hatte auch die<br />
Unterstützung durch mehrere Umweltorganisationen<br />
beigetragen.<br />
B<strong>und</strong>esrat will nicht handeln –<br />
Parlament setzt Druck auf<br />
Im Februar 2007 hatte der B<strong>und</strong>esrat nach<br />
einer ersten Diskussion beschlossen, in einer<br />
weiteren Etappe die möglichen Eckpunkte<br />
für einen Gegenvorschlag zur Volksinitiative<br />
«Lebendiges Wasser» zu prüfen.<br />
Nach einer zweiten Diskussionsr<strong>und</strong>e entschied<br />
er am 8. Juni 2007, die Initiative ohne<br />
Gegenvorschlag abzulehnen. Angesichts<br />
des Zustands der Gewässer anerkannte der<br />
B<strong>und</strong>esrat zwar den Handlungsbedarf – er<br />
hielt es jedoch für ausreichend, die bestehenden<br />
Gesetze konsequent umzusetzen.<br />
Die Kehrtwende im B<strong>und</strong>esrat stiess im Parlament<br />
auf negative Reaktionen. In einer<br />
kurz vor dem B<strong>und</strong>esratsentscheid eingereichten<br />
Motion verlangte der damalige<br />
Ständerat Simon Epiney einen Gegenvorschlag<br />
zur Initiative. Er lancierte mit dieser<br />
Motion auch die Idee, auf der Übertragung<br />
der Hochspannungsnetze einen Zuschlag<br />
von 0.1 Rappen pro Kilowattst<strong>und</strong>e für Zwecke<br />
des Gewässerschutzes einzusetzen. Die<br />
Motion fand sowohl im Ständerat (26 Ja zu<br />
13 Nein) als auch im Nationalrat (91 zu 80<br />
Stimmen) eine Mehrheit. Damit war das Signal<br />
für einen Gegenvorschlag gegeben.<br />
Die Kommission für Umwelt, Raumplanung<br />
<strong>und</strong> Energie des Ständerats begann nun mit<br />
der Ausarbeitung eines Gegenvorschlags.<br />
Sie wählte dazu die Form einer parlamentarischen<br />
Initiative, die dem Parlament die Gesetzgebung<br />
in Eigenregie erlaubt. Die Kommission<br />
konnte dabei auf die Vorarbeit des<br />
Departements für einen Gegenvorschlag<br />
zurückgreifen, musste aber auch selbst viele<br />
Punkte klären.<br />
Gegenvorschlag<br />
oder Volksabstimmung?<br />
Für mehrere Akteure stellte sich mit dem<br />
Gegenvorschlag die Frage, ob sie diesen<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich befürworten <strong>und</strong> mit eigenen<br />
Zugeständnissen unterstützen – oder ob sie<br />
das Risiko einer Volksabstimmung eingehen<br />
möchten.<br />
Ob die Initiative in der Volksabstimmung<br />
eine Mehrheit gef<strong>und</strong>en hätte, kann nur<br />
hypothetisch beantwortet werden. Entscheidend<br />
für den Abstimmungserfolg einer<br />
Volksinitiative sind das Vorliegen einer<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich mehrheitsfähigen Vorlage,<br />
eine argumentativ <strong>und</strong> finanziell möglichst<br />
starke Pro-Kampagne sowie eine möglichst<br />
schwache gegnerische Kampagne.<br />
Die Initianten konnten davon ausgehen,<br />
dass die Initiative von Wirtschaftsverbänden<br />
<strong>und</strong> der Stromwirtschaft vehement bekämpft<br />
worden wäre. Die gegnerische Kampagne<br />
hätte auf heikle Punkte gezielt, wie<br />
beispielsweise die Kosten oder das Antrags<strong>und</strong><br />
Beschwerderecht.<br />
Fischer informieren Nationalrätin<br />
Evi Allemann am Tag<br />
der Parlamentsdebatte.<br />
Foto: Hans Ulrich Büschi<br />
Trotzdem konnte auch die Stromwirtschaft<br />
nicht einfach auf eine sichere Niederlage in<br />
der Volksabstimmung bauen. So hätten Gebirgskantone<br />
<strong>und</strong> Stromwirtschaft begründen<br />
müssen, weshalb sie den Volkswillen<br />
nur unvollständig umgesetzt haben. Diese<br />
Diskussion ist – unabhängig vom Ausgang<br />
der Volksabstimmung – imageschädigend.<br />
Ständerat Rolf Büttiker betonte denn auch<br />
in der Eintretensdebatte im Ständerat: «Der<br />
Schwachpunkt ist nach meiner Meinung<br />
der, dass einige Kantone ihre Hausaufgaben<br />
in Bezug auf den Gewässerschutz nur teilweise<br />
oder eben nicht gemacht haben. Das<br />
muss man heute als Fakt so zugeben <strong>und</strong><br />
feststellen.» Ständerat This Jenny verwies in<br />
der gleichen Debatte auf einen w<strong>und</strong>en<br />
Punkt: «Was wollen Sie ausgetrockneten<br />
Bächen <strong>und</strong> toten Fischen gegenüberstellen?<br />
Damit ist dann tatsächlich leicht Stimmung<br />
zu machen.»<br />
So hatten am Ende mehrere Akteure ein Interesse<br />
an einem tragfähigen Kompromiss<br />
in Form eines Gegenvorschlags. Für die Initianten<br />
stellte dieser eine Möglichkeit dar,<br />
den Prozess zu beschleunigen <strong>und</strong> unter<br />
dem Druck der Initiative gesetzliche Verbesserungen<br />
zu erzielen. Die Kantone vermieden<br />
eine Abstimmungskampagne mit unangenehmen<br />
Fragen <strong>und</strong> hofften auf<br />
finanzielle Unterstützung für Re<strong>natur</strong>ierungen.<br />
Die Stromwirtschaft umschiffte das<br />
Risiko einer Volksabstimmung <strong>und</strong> zielte auf<br />
Mittel für Sanierungen.<br />
Re<strong>natur</strong>ierungen<br />
Die Volksinitiative «Lebendiges Wasser» führte<br />
im Initiativtext an erster Stelle auf: «Die<br />
Kantone fördern Re<strong>natur</strong>ierungen öffentlicher<br />
Gewässer <strong>und</strong> ihrer Uferbereiche.» Die<br />
Kantone sollten zu diesem Zweck einen Re<strong>natur</strong>ierungsfonds<br />
einrichten. Der Kanton<br />
Bern lieferte mit seinem aus Wasserzinsen<br />
gespiesenen Fonds die Vorlage dazu.<br />
Der Gegenvorschlag nahm das Anliegen<br />
auf, jedoch mit anderer Finanzierungslösung.<br />
Die Kantone haben nun für die Revitalisierung<br />
(hier synonym zu Re<strong>natur</strong>ierung)<br />
von Gewässern zu sorgen, worunter die Wiederherstellung<br />
der natürlichen Funktionen<br />
eines verbauten, korrigierten, überdeckten<br />
oder eingedolten oberirdischen Gewässers<br />
mit baulichen Massnahmen verstanden<br />
wird. Innerhalb von etwa drei Generationen<br />
sollen gemäss dem Bericht des Ständerats<br />
bei den geschätzten 4000 prioritär zu revi<br />
talisierenden Gewässerkilometern die na-<br />
Seite 12 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2010