Chor an der Saar 3/2008 - Saarländischer Chorverband
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CHORLEITUNGSSEMINAR UND CHORLEITERWOCHE <strong>2008</strong><br />
Harald Nilius (C II)<br />
41 Jahre alt, Kr<strong>an</strong>kenpfleger, Sänger im<br />
Polizeichor des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des, seit Mai 2007<br />
Dirigent beim Männerchor Köllerbach.<br />
Ich habe sehr viele wertvolle Impulse für<br />
meine Arbeit als Dirigent, aber auch in<br />
sängerischer Hinsicht bekommen. Das Dozententeam<br />
um Alex<strong>an</strong><strong>der</strong> Mayer ist sehr<br />
erfahren und hoch motiviert. Auch verstehen<br />
sich die Dozenten gut unterein<strong>an</strong><strong>der</strong>, was<br />
ja nicht immer eine Selbstverständlichkeit<br />
bei solchen Ver<strong>an</strong>staltungen ist. Es ist genügend<br />
Spielraum vorh<strong>an</strong>den, um auf den/<br />
die Einzelne/n einzugehen. Beson<strong>der</strong>s erwähnenswert<br />
ist auch das Wirken von Frau<br />
Söhn-Le<strong>der</strong>le, die mit viel Einfühlungsvermögen<br />
eine hervorragende stimmbildnerische<br />
Arbeit leistet, niemals nach Schema F<br />
vorgeht, son<strong>der</strong>n jede/n Teilnehmer/in individuell<br />
zu för<strong>der</strong>n imst<strong>an</strong>de ist. Das Seminar<br />
ist kein Spazierg<strong>an</strong>g, es wird von den Teilnehmern<br />
ein hohes Maß <strong>an</strong> Engagement und<br />
Vorbereitungsarbeit erwartet, was sich aber<br />
am Ende auf jeden Fall auszahlt. Auch das<br />
gute Verständnis innerhalb <strong>der</strong> Gruppe und<br />
das hohe sängerische Niveau des Seminarchores<br />
haben zum Gelingen <strong>der</strong> Ver<strong>an</strong>staltung<br />
beigetragen. Für mich war das Seminar<br />
eine <strong>an</strong>strengende, lehrreiche und wun<strong>der</strong>bare<br />
Erfahrung.<br />
Katharina Morsch (C II)<br />
19 Jahre, Abiturientin, Gymnasium am<br />
Steinwald, Neunkirchen, studiert ab dem<br />
Wintersemster <strong>2008</strong> in Heidelberg Musiktherapie;<br />
spielt Klavier, etwas Orgel, und<br />
singt im Gospeltrain <strong>der</strong> ev<strong>an</strong>gelischen<br />
Kirchengemeinde Wellesweiler.<br />
Das <strong>Chor</strong>leiterseminar hat mir wie<strong>der</strong> unheimlich<br />
viel Spaß gemacht, was wohl zum<br />
großen Teil auch dar<strong>an</strong> liegt, dass wir dieses<br />
Jahr eine sehr homogene Gruppe waren, mit<br />
<strong>der</strong> das Musizieren richtig Freude machte.<br />
Trotz teilweise riesiger Niveauunterschiede<br />
(und das Ausg<strong>an</strong>gsniveau war schon hoch)<br />
wurden wir alle individuell geför<strong>der</strong>t und<br />
je<strong>der</strong> hat große Fortschritte gemacht. Diese<br />
positiven Erfahrungen haben mich in meinem<br />
Wunsch bestärkt, auch beruflich mit<br />
Menschen zu musizieren. An dieser Stelle<br />
möchte ich mich bei unseren Dozenten bed<strong>an</strong>ken.<br />
Es ist wirklich erstaunlich, was sie<br />
alles aus uns herausgekitzelt haben, oftmals<br />
Dinge, die wir uns selbst nicht zugetraut hätten.<br />
D<strong>an</strong>ke für diese tolle Erfahrung!<br />
Ingo Fromm<br />
33 Jahre, arbeitet als Theaterpädagoge,<br />
singt seit vielen Jahren in Chören, seit<br />
fünf Jahren im Gemischten <strong>Saar</strong>brücker<br />
Herrenchor, bisl<strong>an</strong>g keine <strong>Chor</strong>leitererfahrung.<br />
Nun sitze ich da mit lauter <strong>an</strong>gehenden<br />
<strong>Chor</strong>leitern und muss g<strong>an</strong>z schön mit den<br />
Ohren schlackern, als ich höre, was meine<br />
Mitauszubildenden schon alles <strong>an</strong> Erfahrung<br />
mitbringen. Die einen spielen seit Jahren<br />
ein, zwei o<strong>der</strong> auch drei, vier Instrumente,<br />
die <strong>an</strong><strong>der</strong>en leiten bereits Chöre und irgendwie<br />
wächst in mir das Gefühl, hier im völlig<br />
falschen Film zu sitzen. Wie komme ich überhaupt<br />
dazu, in dieses Seminar zu gehen? Nur<br />
weil ich selber im <strong>Chor</strong> singe, ein bisschen<br />
Noten lesen k<strong>an</strong>n und stümperhaft Klavier<br />
spiele? Muss ich mich denn wirklich so vor<br />
fremden Leuten blamieren?<br />
Es ist das erste von vier Ausbildungswochenenden<br />
des <strong>Chor</strong>leitungsseminars <strong>2008</strong> des<br />
SCV in <strong>der</strong> L<strong>an</strong>desakademie Ottweiler. Bereits<br />
auf dem Weg dorthin habe ich zwei weitere<br />
Teilnehmer kennen gelernt – natürlich beides<br />
Musiker. Der eine spricht mich im Zug<br />
<strong>an</strong>, weil ich über Noten gebeugt da sitze, die<br />
ihm wohl bek<strong>an</strong>nt vorkamen: unsere Seminarliteratur,<br />
die mir seit vier Wochen Kopfzerbrechen<br />
bereitet. Die <strong>an</strong><strong>der</strong>e klinkt sich<br />
am Bahnhof ein. M<strong>an</strong> erkennt sich <strong>an</strong> den<br />
Klarinettenkoffern. Beide sind mir total sympathisch<br />
und dennoch verunsichert mich die<br />
Tatsache, dass ich keinen Klarinettenkoffer<br />
dabei habe – noch nicht einmal einen eigenen<br />
Notenstän<strong>der</strong> besitze ich zu diesem Zeitpunkt.<br />
Allerdings eine Stimmgabel, die ich<br />
mir seit ein paar Wochen immer wie<strong>der</strong> <strong>an</strong>s<br />
Ohr halte. Ein Geschenk meiner <strong>Chor</strong>leiterin.<br />
Sie hatte mir auch versprochen, dass ich das<br />
packen würde. Sie hat mich wohl völlig überschätzt,<br />
o<strong>der</strong> das Seminar unterschätzt.<br />
Als sie mir vorschlug, eine Ausbildung als<br />
<strong>Chor</strong>leiter beim SCV zu machen, war ich sehr<br />
skeptisch. Ich war bis dahin begeisterter<br />
<strong>Chor</strong>sänger, aber hatte im Traum nicht dr<strong>an</strong><br />
gedacht, jemals selbst Sänger zu dirigieren,<br />
geschweige denn, einen <strong>Chor</strong> zu leiten. Mit<br />
Engelszungen redete sie mehrmals auf mich<br />
ein und irgendwie gel<strong>an</strong>g es ihr, meine Ängste<br />
und Zweifel zumindest so sehr zu reduzieren,<br />
dass ich wenigstens mal in den Kalen<strong>der</strong><br />
schaute, ob ich denn rein theoretisch überhaupt<br />
Zeit hätte, die Seminarwochen enden<br />
und die Intensiv-Woche in <strong>der</strong> LAO zu besuchen.<br />
Ich musste feststellen, dass ich unter<br />
vielen bereits feststehenden Terminen ausgerechnet<br />
<strong>an</strong> den Seminarterminen noch nicht<br />
verpl<strong>an</strong>t war und dieser Wink des Schicksals<br />
überzeugte mich d<strong>an</strong>n letztlich, mich <strong>an</strong>zumelden.<br />
Und jetzt saß ich da und fühlte mich g<strong>an</strong>z<br />
ambivalent. Einerseits waren mir die Mitseminaristen<br />
alle sehr sympathisch und die<br />
Ausbil<strong>der</strong> schienen auch keine Ungeheuer<br />
zu sein, <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits kam ich mir so ungenügend<br />
und deplatziert vor. Nach einer allgemeinen<br />
Einleitung ins Seminar gab es ein<br />
erstes Einsingen mit <strong>der</strong> Dozentin für Stimmbildung<br />
und Ges<strong>an</strong>g; und da ich nun mal<br />
gerne singe und Frau Söhn-Le<strong>der</strong>le ihren Job<br />
mit viel Freude und Know-how zu machen<br />
schien, wich eine erste Ansp<strong>an</strong>nung von mir<br />
und ich konnte mir irgendw<strong>an</strong>n sagen, jetzt<br />
mach dich mal locker und lass die Dinge auf<br />
dich zu kommen.<br />
Die übrige Zeit des ersten Seminar-Wochenendes<br />
best<strong>an</strong>d für mich vor allem im Singen,<br />
Zuschauen und Mitschreiben, denn die Teilnehmer<br />
des C-II-Kurses hatten mit uns die<br />
Seminarliteratur einzustudieren. Es werden<br />
ja alle drei Jahrgänge gleichzeitig unterrichtet,<br />
was ein absolut glücklicher Umst<strong>an</strong>d ist,<br />
wie ich finde, denn so k<strong>an</strong>n je<strong>der</strong> von jedem<br />
lernen. Die grundsätzlichen Dinge werden<br />
immer wie<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>holt und m<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n sie<br />
sich immer wie<strong>der</strong> neu erarbeiten. So hörte<br />
und sah ich einiges über Schlagfiguren, Probendidaktik<br />
und -methodik, Musiktheorie,<br />
Interpretation und so weiter. Alles Dinge,<br />
die ich ungeheuer sp<strong>an</strong>nend finde. So g<strong>an</strong>z<br />
l<strong>an</strong>gsam fiel meine Ansp<strong>an</strong>nung g<strong>an</strong>z ab.<br />
Mir wurde irgendw<strong>an</strong>n klar, dass das eine<br />
Ausbildung ist und keine Prüfung. Ich muss<br />
nicht alles schon vorher können, son<strong>der</strong>n<br />
ich k<strong>an</strong>n es hier lernen. Das Dozententeam,<br />
außer Frau Söhn-Le<strong>der</strong>le bestehend aus<br />
Herrn Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong>, Herrn Neufing und<br />
Herrn Mayer, strahlte von Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong> Lehrfreudigkeit,<br />
hohe Kompetenz und Freundlichkeit<br />
aus. Die Arbeitsatmosphäre war<br />
immer konzentriert und meistens entsp<strong>an</strong>nt.<br />
Das Wochenende verging wie im Fluge. Ich<br />
war d<strong>an</strong>ach so voll von neuen Eindrücken,<br />
dass ich kaum schlafen konnte, obwohl ich<br />
hundemüde war.<br />
Inzwischen ist ein halbes Jahr verg<strong>an</strong>gen.<br />
Drei von vier Wochenenden und die unglaublich<br />
intensive und effektive Seminarwoche<br />
im Sommer haben mir neue Aspekte und Impulse<br />
in mein Leben gebracht, die mich wirklich<br />
bereichern. Meine Stimme ent wickelt<br />
sich, ich habe in meinem <strong>Chor</strong> ein paar<br />
K<strong>an</strong>ons einstudiert, einmal meine <strong>Chor</strong>leiterin<br />
in einem ihrer <strong>an</strong><strong>der</strong>en Chöre vertreten,<br />
ich k<strong>an</strong>n inzwischen meine Stimmgabel mir<br />
nicht nur <strong>an</strong>s Ohr halten, son<strong>der</strong>n sogar damit<br />
Töne <strong>an</strong>geben (<strong>an</strong> <strong>der</strong> sauberen Intonation<br />
arbeite ich noch), mit drei befreundeten<br />
Sängern habe ich für eine Hochzeit zwei vierstimmige<br />
Stücke einstudiert und erfolgreich<br />
zu Gehör gebracht, die erste <strong>Chor</strong>leiterprüfung<br />
ist best<strong>an</strong>den und vor allem habe ich<br />
Erfahrungen gesammelt, die mir keiner mehr<br />
wegnehmen k<strong>an</strong>n.<br />
Ich habe wun<strong>der</strong>volle musikalische Erlebnisse<br />
gehabt. Ich habe sehen und hören<br />
können, dass Musik eine Sache ist, die im<br />
Moment zwischen Menschen geschieht, dass<br />
sie verbindet, dass sie viel verl<strong>an</strong>gt und viel<br />
gibt. Inzwischen glaube ich nicht mehr, dass<br />
ich im falschen Film sitze – im Gegenteil.<br />
Mir ist in Ansätzen klar geworden, dass das<br />
Dirigieren und Singen o<strong>der</strong> überhaupt jedes<br />
Musizieren eine ungeheuer persönliche, ja<br />
intime Angelegenheit ist. Vor einem <strong>Chor</strong><br />
o<strong>der</strong> Orchester zu stehen ist ein unbeschreibliches<br />
Erlebnis. M<strong>an</strong> wird zu einem energetischen<br />
Zentrum und wenn m<strong>an</strong> weiß, was<br />
m<strong>an</strong> tut (und das k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> lernen), können<br />
alle Beteiligten sehr viel Freude davon<br />
haben. Vielleicht k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> sich dar<strong>an</strong> gewöhnen,<br />
aber eigentlich ist es etwas absolut<br />
Außergewöhnliches. Und im allerbesten Falle<br />
wird m<strong>an</strong> zu einem K<strong>an</strong>al, durch den es einfach<br />
durchströmt, woher auch immer.<br />
SEITE 8 CHOR AN DER SAAR 3/<strong>2008</strong>