Umschlag_Montage:Layout 1 - Verband Schweizer Presse
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EDITORIAL<br />
Dauerbrenner<br />
Qualität<br />
Foto Dani Boschung<br />
DAS UMFELD FÜR DIE MEDIEN hat sich abrupt verändert.<br />
Die Budgets für 2010 hätten falscher nicht sein können. Es<br />
gab praktisch keine Unternehmung, die nicht einen Trauerflor<br />
um ihr Budget gespannt und ihren Verantwortlichen prophezeit<br />
hat, es werde alles noch viel schlimmer kommen. Nun<br />
waren die Medien nicht die einzigen, die bei der Budgetiererei<br />
in tiefe Depressionen versanken. Bund und Kantone prophezeiten<br />
weit in die Zukunft hinaus hohe Defizite. Die Wirtschaft<br />
machte sich bereit, weitere Jahre im Jammertal zu wandern.<br />
Warum und wieso sich alles so schnell geändert hat und<br />
die Abschlüsse für 2010 plötzlich sehr respektabel aussehen,<br />
weiss eigentlich niemand genau. Aber das Abwerfen dieser<br />
Last hat dazu geführt, dass der jahrzehntelange Medien-Dauerbrenner<br />
«Qualität» oder besser gesagt «mangelnde Qualität»<br />
wieder in vieler Munde ist. Die Branche liebkost das Thema,<br />
das immer dann evident wird, wenn nicht gerade wirtschaftliche<br />
Probleme zu bewältigen sind.<br />
Was hat sich eigentlich in der Qualitätsdebatte zu<br />
früher geändert? Bis in die späteren Neunzigerjahre waren die<br />
Hauptkritiker an den Medien die politischen Kräfte, die sich<br />
HANSPETER LEBRUMENT<br />
PRÄSIDENT VERBAND SCHWEIZER MEDIEN<br />
langsam aus der Verantwortung gedrängt fühlten. Die Zeitungen haben jahrzehntelang stolz verkündet,<br />
wem sie nach dem Mund schrieben und für wen sie eintraten. Das hat dazu geführt, dass das Verhältnis<br />
zwischen Parteizeitungen und politischen Parteien zu sehr gespaltenen Beziehungen wurden. Und an<br />
diesem Punkt haben die politischen Parteien mit ihrer Kritik, dass ihre Blätter vielfach nicht mehr reine<br />
Lehre verbreiteten, angesetzt.<br />
ALS SICH DAS BILD ÄNDERTE und die meisten Verlage sich von ihren politischen Gründungsanschauungen<br />
verabschiedeten, trat langsam aber sicher eine andere Spezies Leute an ihre Stelle. An den Universitäten<br />
und heute auch an den Fachhochschulen entwickelte sich das demokratischste aller Gewerbe,<br />
nämlich das Zeitungs- und Medienschaffen, zu einer Wissenschaft. Gemäss dem hämischen Ausdruck<br />
«wer nichts wird, wird Wirt» hat die schlechtere Garde der zur Wissenschaft Berufenen das Feld der<br />
Medien und Kommunikation erobert und Dozenten und Professorentitel, Bachelor und Master aus dem<br />
Hut gezaubert. Zurzeit erleben wir den Höhepunkt dieses Schaffens, das geprägt ist von wenig Systematik,<br />
von fragwürdiger Forschung und höchst fragwürdigen Ausbildungskriterien für die Lehrenden sowie<br />
von Resultaten, die wenig verständlich sind. Man kann das, was hier entsteht, weder als Grundlage<br />
gebrauchen noch als brauchbare Anleitung oder Korrektur verstehen.<br />
In der Medizin, im Ingenieur- und Architekturwesen und in den geisteswissenschaftlichen Disziplinen<br />
machen die Universitäten die Vorgaben und legen die Grundlagen fest, auf denen die Praxis später<br />
aufbaut und die von der Praxis anerkannt werden. In Medien und Kommunikation hat sich die Wissenschaft<br />
diesen Ruf nie erarbeiten können. Die Praxis hat wenig Vertrauen in diese Wissenschaft, und in<br />
dieser Wissenschaft können nur wenige sagen, sie hätten in der Praxis Spitzenpositionen eingenommen.<br />
SO IST DIE QUALITÄTSDEBATTE IN DEN MEDIEN EINE LEIDIGE ANGELEGENHEIT. Sie ist ein<br />
Pausenfüller zwischen den Zeiten, in denen die Medien an sich so schwer zu arbeiten haben. Die<br />
Qualitätsdebatte, ihre Wissenschafter und die Praktiker haben im Gegensatz zu den wirklichen<br />
wissenschaftlichen Disziplinen keinerlei Banden geknüpft, die gegenseitig Verständnis, Respekt<br />
und Vertrauen haben wachsen lassen.<br />
FLASHEXTRA 2011<br />
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