MitarbeiterInnen im Interview - Sozial-Holding der Stadt ...
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<strong>MitarbeiterInnen</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Interview</strong><br />
EFQM-Kriterium:<br />
Mitarbeiter<br />
36<br />
Für die „So(Ho)isses“ haben wir drei<br />
Mitarbeiter/innen aus Eicken interviewt.<br />
Schwerpunktthema war:Altenhilfe in<br />
an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n.<br />
Natürlich durfte dabei auch das alte Fragespiel<br />
nicht fehlen. So wie die FAZ, Rheinischen<br />
Post und an<strong>der</strong>e Zeitungen nach<br />
bewährtem Muster Prominente befragen,<br />
haben wir es auch gemacht.<br />
Lust auf mehr? Anruf genügt – Wir kommen<br />
(fast) sofort.<br />
Lili Kasmin aus Kasachstan:<br />
„Eltern erziehen ihre Kin<strong>der</strong> –<br />
Kin<strong>der</strong> pflegen ihre Eltern“<br />
Lili Kasmin, 49 Jahre alt, verheiratet, zwei<br />
Kin<strong>der</strong>.<br />
Seit 1999 arbeitet sie als examinierte<br />
Altenpflegerin (stv.WBL) <strong>im</strong> Altenhe<strong>im</strong><br />
Eicken.<br />
Seit wann leben Sie mit Ihrer<br />
Familie in Deutschland?<br />
Seit 1994.<br />
Sie sind gelernte Elektroingenieurin.Was<br />
hat Sie in die Altenhilfe verschlagen?<br />
Um in meinem erlernten Beruf in<br />
Deutschland arbeiten zu können, hätte<br />
ich sehr viele Fortbildungskurse besuchen<br />
müssen. Dies ließ sich mit meiner<br />
Rolle in <strong>der</strong> Familie nicht vereinbaren.<br />
Wir waren ja alle hier noch nicht richtig<br />
zu Hause. Nach einer Zeit bekam ich<br />
durch das Arbeitsamt die Gelegenheit zu<br />
einem „Schnupperkurs“ in einem Altenhe<strong>im</strong>.<br />
Die Arbeit machte mir sehr viel<br />
Freude, so dass ich 1996 meine Ausbildung<br />
bei <strong>der</strong> Caritas begonnen habe.<br />
Dabei hat mir mein Praktikum in Eicken<br />
so gut gefallen, dass ich mich bei <strong>der</strong><br />
<strong>Sozial</strong>-<strong>Holding</strong> für das Altenhe<strong>im</strong> Eicken
eworben habe. Ja, und das hat dann<br />
auch geklappt.<br />
Altenpflege in Kasachstan –<br />
Wie sieht die aus?<br />
Das „klassische“ Altenhe<strong>im</strong> kennt man in<br />
Kasachstan nicht. Die Alten bleiben in<br />
den Familien. Nur alte Menschen, die<br />
wirklich keinen, aber auch gar keinen Angehörigen<br />
mehr haben, werden in ein<br />
He<strong>im</strong> gebracht. Dies kann man als ein Art<br />
„Waisenhaus“ für Alte bezeichnen, vergleichbar<br />
mit den Einrichtungen in<br />
Deutschland für Kin<strong>der</strong>.<br />
Ich befürchte ja. , obwohl dies mit Sicherheit<br />
langsam vor sich gehen wird.<br />
Wissen Sie, in Kasachstan werden die<br />
Menschen nicht so alt. Mit 70 Jahren ist<br />
Wer kümmert sich denn um die<br />
Alten in den Familien?<br />
In Kasachstan gilt ein ungeschriebenes<br />
Gesetz: Die Eltern erziehen ihre Kin<strong>der</strong>,<br />
die Kin<strong>der</strong> pflegen ihre Eltern. Dabei ist<br />
es selbstverständlich, dass diese Pflicht<br />
<strong>im</strong>mer be<strong>im</strong> Erstgeborenen liegt. Er übern<strong>im</strong>mt<br />
auch den Besitz (z.B. das Haus).<br />
Weitere Kin<strong>der</strong> erheben auf dieses Erbe<br />
auch keinen Anspruch.<br />
Wie groß sind die Familien in<br />
Kasachstan?<br />
Die „normale“ Familie besteht aus fünf<br />
bis sieben Menschen. Größere Familien<br />
sind keine Seltenheit. Jedoch wird auch<br />
hier <strong>der</strong> Trend zu kleineren Familien<br />
spürbar.<br />
Glauben Sie, dass dies Auswirkungen<br />
auf die Versorgung <strong>der</strong> Alten<br />
haben wird?<br />
man sehr alt.Wird man 80, grenzt dies<br />
fast schon an ein Wun<strong>der</strong>.<br />
Das Krankheitsbild <strong>der</strong> Altersverwirrtheit<br />
kennt man dort kaum. Die Menschen<br />
sind einfach körperlich alt und<br />
verbraucht. Das raue Leben, die oft mangelhafte<br />
Ernährung tragen dazu bei. Erkrankt<br />
ein alter Mensch, wird er zwar<br />
zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht,<br />
sobald wie möglich jedoch wie<strong>der</strong><br />
zu Hause gepflegt. Die Kin<strong>der</strong> fühlen<br />
sich zu diesem Handeln moralisch verpflichtet.<br />
Nun aber noch einmal zurück zu Ihnen<br />
und damit zu dem altbekannten<br />
Fragespiel:<br />
Was ist für Sie Glück?<br />
Morgens aufstehen, Gesundheit, Kin<strong>der</strong><br />
haben, arbeiten können und dass es in<br />
<strong>der</strong> Familie klappt.<br />
37
38<br />
Was ist Ihre größte Tugend?<br />
Gerechtigkeitssinn.<br />
Was ist Ihre größte Schwäche?<br />
Ich trau mich nicht <strong>im</strong>mer alles zu sagen,<br />
weil ich befürchte, den an<strong>der</strong>en zu verletzen.<br />
In welche Rolle würden Sie gerne<br />
schlüpfen?<br />
In keine.<br />
In welcher Zeit hätten Sie gerne<br />
gelebt?<br />
Im Mittelalter.<br />
Die größte historische Leistung?<br />
Die Raumschiffahrt.<br />
Ihr Held <strong>der</strong> Gegenwart?<br />
Meine Großmutter.<br />
Was verabscheuen Sie am meisten?<br />
Lügen.<br />
Sie gewinnen eine Million –<br />
was nun?<br />
Ich halte mich an ein Sprichwort aus<br />
Russland: „Zuerst bezahle ich meine Schulden,<br />
und die an<strong>der</strong>en müssen warten.“<br />
Was soll später einmal über Sie<br />
gesagt werden?<br />
Sie hat nicht umsonst gelebt.<br />
Maria del Carmen Carmona de<br />
Marin aus Spanien:<br />
„Man schminkt sich, macht sich schön,<br />
und es wird auch heftig geflirtet.“<br />
Maria Carmona (so heißt sie bei uns <strong>der</strong><br />
Einfachheit halber), 47 Jahre alt, verheiratet,<br />
eine Tochter.<br />
Wie sind Sie nach Deutschland<br />
gekommen?<br />
Vor 42 Jahren ist meine Familie nach<br />
Deutschland emigriert.<br />
Und wie entstand <strong>der</strong> Bezug zur<br />
Altenhilfe?<br />
Als meine Tochter größer wurde, war ich<br />
schon an einer Beschäftigung interessiert.<br />
Aus eigener Initiative absolvierte ich ein<br />
neunmonatiges Praktikum als Pflegehelferin,<br />
danach ging ich in die häusliche Krankenpflege.<br />
Die Arbeit mit den Alten gefiel<br />
mir beson<strong>der</strong>s gut. Später bewarb ich<br />
mich dann in Eicken, und hier arbeite ich<br />
jetzt schon seit zehn Jahren.<br />
Altenpflege in Spanien – Ist die<br />
an<strong>der</strong>s als in Deutschland?<br />
Irgendwie schon, ich finde, sie ist durch<br />
die spanische Mentalität geprägt.<br />
Grundsätzlich bleibt <strong>der</strong> Alte zuerst einmal<br />
in <strong>der</strong> Familie. Es gibt jedoch auch<br />
staatliche Altenhe<strong>im</strong>e. Hier geht <strong>der</strong> Alte<br />
hin, wenn er pflegebedürftig wird o<strong>der</strong><br />
seine Familie ihn nicht mehr rundum betreuen<br />
kann. Letzteres kommt <strong>im</strong>mer<br />
häufiger vor, da die spanischen Großfami-
lien mit fünf bis sechs Kin<strong>der</strong>n <strong>im</strong>mer<br />
weniger werden. Je nach seiner körperlichen<br />
Situation wird dem Alten durch die<br />
hier tätigen Ärzte ein privates Altenhe<strong>im</strong><br />
angeboten. Hierbei spielt aber auch <strong>der</strong><br />
Geldbeutel eine Rolle. Je mehr Service<br />
gewünscht wird, desto höher sind die<br />
Kosten. Deshalb gibt es schon erhebliche<br />
Unterschiede.<br />
Wir kennen in Spanien auch „Altentagesstätten“.Allerdings<br />
geht es hier erst mittags<br />
los.Viele Einrichtungen haben sogar<br />
eine eigene Kapelle. Man schminkt sich,<br />
macht sich schön und manchmal wird<br />
auch heftig geflirtet – eben typisch spanisch.<br />
Kennt man den Beruf <strong>der</strong> Altenpflegerin?<br />
Ja, obwohl Altenpflege vielfach von Krankenschwestern<br />
durchgeführt wird. Eine<br />
Beson<strong>der</strong>heit glaube ich ist <strong>der</strong> Begriff<br />
„Saisonpflege“.<br />
Da <strong>im</strong> Sommer beson<strong>der</strong>s viel los ist in<br />
Spanien, man ans Meer fährt, viel feiert,<br />
irgendwie an<strong>der</strong>s lebt, hat so auch die<br />
Betreuung <strong>der</strong> Alten Hochsaison. Und die<br />
lässt man sich dann was kosten.<br />
Wie Sie aus dem Vorgespräch wissen,<br />
sind wir aber auch auf Sie noch<br />
ein wenig neugierig: Darum auch an<br />
Sie die „berühmten“ Fragen:<br />
Was ist für Sie Glück?<br />
Gesundheit.<br />
Was ist Ihre größte Tugend?<br />
Lebensfreude und positives Denken.<br />
Was ist Ihre größte Schwäche?<br />
Unsicherheit.<br />
In welche Rolle würden Sie gerne<br />
schlüpfen?<br />
Ich hätte mal gerne was zu sagen.<br />
In welcher Zeit hätten Sie gerne<br />
gelebt?<br />
In den 60er Jahren.<br />
Die größte historische Leistung?<br />
Die Mondlandung.<br />
Ihr Held <strong>der</strong> Gegenwart?<br />
Natürlich mein Mann.<br />
Was verabscheuen Sie am meisten?<br />
Unehrlichkeit.<br />
Sie gewinnen eine Million.Was nun?<br />
Ich würde mich auf <strong>der</strong> Stelle in <strong>der</strong><br />
Altenpflege selbständig machen.<br />
Was soll später einmal über Sie<br />
gesagt werden?<br />
Sie war lieb, frech, eine Katze, eine Hexe<br />
– einfach Maria Carmona.<br />
Dilek Sabah aus <strong>der</strong> Türkei:<br />
„Selbstverständlich bleibt die Mutter<br />
be<strong>im</strong> Sohn und <strong>der</strong> Vater wird von <strong>der</strong><br />
Tochter betreut“.<br />
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40<br />
Dilek Sabah wird bald 36 Jahre alt. Sie ist<br />
verheirat und hat drei Töchter.<br />
Wie lange leben Sie in<br />
Deutschland?<br />
Mit 17 Jahren habe ich in Adana, dort bin<br />
ich geboren, meinen Mann geheiratet.<br />
Kurz danach sind wir beide nach<br />
Deutschland gegangen. Fast 19 Jahre ist<br />
das jetzt her.<br />
Das war doch best<strong>im</strong>mt nicht<br />
einfach für Sie, als so junge Frau in<br />
ein fremdes Land?<br />
Ja, das st<strong>im</strong>mt.Aber wissen Sie, ich habe<br />
Deutschland auf den ersten Blick geliebt,<br />
mich hier wohl gefühlt und alles daran<br />
gesetzt die Sprache zu lernen, die Deutschen<br />
kennen zu lernen. Inzwischen ist<br />
Deutschland meine He<strong>im</strong>at, unser Zuhause<br />
geworden.<br />
Seit wann arbeiten Sie in Eicken?<br />
Das sind jetzt auch schon acht Jahre.<br />
Wie sind Sie an diese Arbeit<br />
gekommen?<br />
Durch eine meiner Freundinnen. Sie hatte<br />
mir erzählt, dass in Eicken in <strong>der</strong> Reinigung<br />
Kräfte gesucht werden. Ich bin hingegangen<br />
und dann auch gleich angenommen<br />
worden. Die alten Menschen haben<br />
mich total fasziniert. Es tat mir so gut, sie<br />
jeden Tag zu erleben.<br />
Zwischenzeitlich sind Sie Mitarbeiterin<br />
<strong>der</strong> Service GmbH und haben<br />
mit Erfolg den Pflegehelferinnenkurs<br />
abgeschlossen.<br />
Ja, während <strong>der</strong> Reinigungstätigkeiten<br />
habe ich <strong>im</strong>mer die Schwestern beobachtet<br />
und habe mir gedacht: „Diese Arbeit<br />
möchtest du auch gerne tun!“ und hab’<br />
auch in meinem Bereich davon erzählt.<br />
Vor einem knappen Jahr ergab sich dann<br />
die Gelegenheit. Bei <strong>der</strong> Zusammenführung<br />
<strong>der</strong> Schnittstelle wollte eine Mitarbeiterin<br />
aus dem Service sich verän<strong>der</strong>n,<br />
weil sie nicht so gerne Pflegetätigkeiten<br />
übernehmen wollte. Da habe ich<br />
allen Mut zusammengenommen und gefragt,<br />
ob ich nicht diese Arbeit haben<br />
könnte.<br />
Und es hat geklappt: Jetzt bin ich Servicekraft<br />
mit Pflegehelferkurs. Total gut.<br />
Was gefällt Ihnen an dem neuen<br />
Arbeitsfeld?<br />
Es ist die Nähe zum Bewohner. Ich mag<br />
alte Menschen so sehr. Und ich freue<br />
mich jeden Tag auf meine Arbeit. Oft fragt<br />
mich mein Mann: „Wie hältst du das<br />
aus?“ Aber da gibt es doch nichts auszuhalten.<br />
Ich tu es einfach gerne.<br />
Wie sieht Altenarbeit in <strong>der</strong> Türkei<br />
aus?<br />
Altenhe<strong>im</strong>e gibt es nur in größeren Städten.<br />
Hier werden die Alten von Krankenschwestern<br />
versorgt.Altenpflegerinnen<br />
kennt man nicht. In ländlichen Gegenden,<br />
wie z.B. in meiner Geburtsstadt Adana,<br />
bleiben die Alten bei ihren Kin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong><br />
werden von <strong>der</strong> Familie versorgt.
Hierbei spielt nicht die Geburtenfolge<br />
eine Rolle, son<strong>der</strong>n „Sympathie“. Dies bedeutet,<br />
die Eltern suchen sich das Kind,<br />
die Familie aus, mit dem o<strong>der</strong> <strong>der</strong> sie sich<br />
am besten verstehen. Es ist eine Ehre ausgesucht<br />
zu werden. Lebt nur noch ein Elternteil,<br />
geht selbstverständlich <strong>der</strong> Vater<br />
zur Tochter und die Mutter zum Sohn.<br />
Das hört sich sehr schön an.Aber<br />
ich habe gelesen, auch in <strong>der</strong> Türkei<br />
werden die Familien kleiner.<br />
Ja, das st<strong>im</strong>mt. Sechs bis sieben Kin<strong>der</strong><br />
war früher für eine türkische Familie<br />
ganz normal. Heute sind drei Kin<strong>der</strong> üblich.<br />
Noch funktioniert es, aber ich denke,<br />
lange kann dies so auch nicht mehr klappen.<br />
Obwohl, in <strong>der</strong> Türkei werden die Menschen<br />
nicht so alt. Jemand mit einem Alter<br />
von 80 Jahren ist eine Beson<strong>der</strong>heit.<br />
Menschen, die bereits in jungen Jahren<br />
altersverwirrt sind:Auch das kennt man<br />
in <strong>der</strong> Türkei kaum.<br />
Jetzt möchten wir aber auch noch<br />
etwas von Ihnen erfahren. Sie kennen<br />
das Fragespiel aus unserer Festschrift<br />
zur 25-Jahr Feier?<br />
Ja dann mal los.<br />
Was ist Ihre größte Schwäche?<br />
Also da fällt mir wirklich nichts ein.Vielleicht<br />
bin ich manchmal einfach „zu“ nett.<br />
In welche Rolle würden Sie gerne<br />
schlüpfen?<br />
In keine, ich bin, wie ich bin.<br />
In welcher Zeit hätten Sie gerne<br />
gelebt?<br />
Jetzt.<br />
Die größte historische Leistung?<br />
Die Erfindung des Telefons: Ich kann je<strong>der</strong>zeit<br />
meine Eltern anrufen und halte<br />
Kontakte zu meiner Familie in <strong>der</strong> Türkei.<br />
Ihr Held <strong>der</strong> Gegenwart?<br />
Brauch’ ich keinen!<br />
Was verabscheuen Sie am meisten?<br />
Lügen.<br />
Sie gewinnen eine Million –<br />
was nun?<br />
Ich kauf uns hier ein schönes Haus.<br />
Deutschland ist unsere He<strong>im</strong>at geworden.<br />
Was soll später einmal über Sie gesagt<br />
werden?<br />
Sie ist eine gute Frau gewesen.<br />
Was ist für Sie Glück?<br />
Gesundheit und meine Familie.<br />
Was ist Ihre größte Tugend?<br />
Ich lebe positiv und vertauensvoll.<br />
Das Gespräch führte Frau Strucken-Jordan,<br />
Einrichtungsleiterin Altenhe<strong>im</strong> Eicken.<br />
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