ROTZFRECH - SPD Saar
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R O T Z F R E C H 01/ 2 0 0 7 10<br />
Auf dem Weg zu einer neuen Partei -<br />
nur leider nicht die Richtige!<br />
Von Michael Clivot, Juso-Landesvorsitzender und Mitglied des Juso-Bundesvorstandes<br />
Nun ist es wieder soweit. Nach 18 Jahren will sich die <strong>SPD</strong> ein<br />
neues Programm geben und damit versuchen, ihren Mitgliedern<br />
und den Wählerinnen und Wählern zu zeigen, wo sie zu Beginn<br />
des 21. Jahrhunderts hin will. Die Betonung liegt auf „versucht“,<br />
denn der nun vorliegende Entwurf für dieses Programm, der so<br />
genannte Bremer Entwurf, erfüllt diesen Anspruch in keinster<br />
Weise.<br />
Dieser Entwurf, der nach der Meinung der Parteioberen im November<br />
auf dem Parteitag in Hamburg zum Programm auserkoren<br />
werden soll, besitzt weder Emotionen noch Visionen und<br />
schon gar keine richtungweisende Positionierungen, die einst die<br />
<strong>SPD</strong> zu einer starken Programm-Partei machten.<br />
Die <strong>SPD</strong> ist programmatisch ausgebrannt. Das Profil der <strong>SPD</strong> ist<br />
immer wenig klar erkennbar. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig,<br />
dass die Debatte um das Grundsatzprogramm Platz bietet um<br />
Visionen zu diskutieren, die über die alltägliche Regierungspolitik<br />
hinausgehen. Doch stattdessen wirkt der Entwurf als eine Art<br />
„Rechfertigungsprogramm“ für 7 Jahre rot-grün; die Programmdebatte<br />
lässt kaum Raum, diese Regierungszeit kritisch zu beleuchten.<br />
Es wird versäumt, klarzustellen, wie man die Schröder-<br />
Ära analysiert, welche Konsequenzen man daraus zieht und wofür<br />
die <strong>SPD</strong> nun steht.<br />
Sicherlich wird die im Entwurf gebotene sozialdemokratische Prosa<br />
der <strong>SPD</strong> dabei nicht weiter helfen. In dem Kapitel „Unser Weg“<br />
vermutet man jedoch eine Antwort darauf zu finden und so liest<br />
man „Wir sind die Partei der engagierten BürgerInnen“, „Wir sind<br />
die Partei der solidarischen Mitte“, „Wir sind die Partei für ganz<br />
Deutschland“... wer sich nach der Lektüre ein wenig verloren findet,<br />
steht ganz gewiss nicht alleine da. Vor allem könnten diese<br />
Formulierungen im Programm einer beliebigen anderen Partei<br />
stehen. Die Analyse der Gesellschaft muss mehr sein als ein paar<br />
nette Worte. Nur wer weiß, wo er steht, kann Gestaltungsvorschläge<br />
aufzeigen und damit Orientierung stiften. Die Analyse in<br />
weiten Teilen des Bremer Entwurfs ist schlichtweg platt und in<br />
ihrer Vereinfachung auch falsch.<br />
Der Entwurf versucht sich sichtlich von vorangegangenen Programmen<br />
zu lösen und bricht mit vielen Traditionen nicht nur<br />
bei der Verwendung von Begrifflichkeiten, sondern ebenso bei<br />
den damit verbundenen Inhalten. So nimmt der demokratische<br />
Sozialismus, der im Berliner Programm noch eine relativ starke<br />
Rolle spielte, fast keinen Raum mehr ein. Nur einmal wird er völlig<br />
lieb- und inhaltslos in den Programmentwurf gepackt, um die linken<br />
Gemüter zu beruhigen. Es geht aber nicht darum, wie oft man<br />
den Begriff demokratischer Sozialismus über die Suchfunktion im<br />
Grundsatzprogramm findet, sondern welchen Platz er tatsächlich<br />
im Konzept der <strong>SPD</strong> einnimmt. Nachdem der demokratische Sozialismus<br />
erwähnt wurde, wird nur noch von Sozialer Demokratie<br />
gesprochen. Ein flüchtiger Blick über den Entwurf genügt um zu<br />
wissen, dass die Worte: „Er ist kein Dogma und beschreibt keinen<br />
Endzustand, sondern die Vision einer freien, gerechten und<br />
solidarischen Gesellschaft, für deren Verwirklichung wir auch<br />
weiterhin eintreten.“ leer sind. In diesem Entwurf finden sich<br />
weder Ziele, die über den heutigen Tag hinausgehen, noch solche,<br />
die den Weg in diese Richtung weisen. Auch werden die<br />
Grundwerte der Sozialdemokratie „Freiheit, Gerechtigkeit und<br />
Solidarität“ nicht mehr aus dem Demokratischen Sozialismus<br />
hergeleitet, wie dies noch im Berliner Programm geschah. Damit<br />
wird der demokratische Sozialismus de facto zum historischen<br />
Relikt in der sozialdemokratischen Ahnengalerie.<br />
Für viele in der <strong>SPD</strong> bleibt der demokratische Sozialismus der<br />
Begriff, der dieses Konzept einer anderen Gesellschaft am Besten<br />
beschreibt. Denn dieser macht deutlich, dass die <strong>SPD</strong> eine<br />
Kapitalismuskritik braucht, da es in dieser Gesellschaft grundsätzliche<br />
Interessenskonflikte gibt. Einen „demokratischen<br />
Sozialismus light“ über den gesetzten Begriff „Soziale Demokratie“,<br />
bei dem es nur noch um Korrekturen und nicht mehr<br />
um eine andere, bessere Gesellschaft geht, wird die <strong>SPD</strong> nicht<br />
weiter bringen und die Gesellschaft im Übrigen auch nicht.<br />
Die Jusos <strong>Saar</strong> setzen sich intensiv mit dem Programm auseinander,<br />
deutlich mehr als die restliche Partei und wollen aufzeigen<br />
wo es noch Änderungsbedarf gibt. Nach mehreren Veranstaltungen<br />
und Diskussionen im Verband werden die Jusos<br />
auf der Landeskonferenz am 29. April sowie auf dem <strong>SPD</strong>-<br />
Landesparteitag am 1. und 2. Juni (ATSV-Halle, <strong>Saar</strong>brücken)<br />
für Korrekturen am Bremer Entwurf eintreten, damit die <strong>SPD</strong><br />
sich ein sozialdemokratisches Programm gibt, das auch diesen<br />
Namen verdient hat.<br />
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