Limmi Inside 2/2013 - Spital Limmattal
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2<br />
Interview mit Dr. Martin Osusky, Leiter Qualitäts- und Risikomanagement<br />
Wir nehmen jede Rückmeldung ernst<br />
Die beiden Konzepte für Beschwerde- und Risikomanagement sind derzeit in<br />
der Endbearbeitung. <strong>Limmi</strong> <strong>Inside</strong> lotete mit Dr. Martin Osusky die strategische<br />
Dimension dieser zwei Themenfelder für das <strong>Spital</strong> <strong>Limmattal</strong> aus.<br />
Martin Osusky: «Man darf die Freude über ein Kompliment durchaus zeigen und soll sich<br />
dafür bedanken.»<br />
Welches sind für Mitarbeitende<br />
die wichtigsten Punkte im Konzept<br />
für Beschwerdemanagement?<br />
Als Vorbemerkung: Unser Interesse<br />
konzentriert sich nicht nur auf<br />
Beschwerden, sondern gilt jeder<br />
Form der Rückmeldung. Lob, offene<br />
Fragen à la «Warum handhabt<br />
ihr das so und nicht anders?» wie<br />
auch konstruktive Hinweise «Mir<br />
ist aufgefallen, dass …» gehören<br />
auch dazu. Wir nehmen alle Rückmeldungen<br />
ernst. Sie zeigen uns<br />
auf, was wir zum Beispiel aus der<br />
Sicht der Patienten, Angehörigen,<br />
zuweisenden Ärzteschaft oder<br />
Nachsorger gut oder nicht optimal<br />
gemacht haben oder sogar noch<br />
besser machen könnten.<br />
Eine Beschwerde ist eine spezielle<br />
Rückmeldung. Es ist etwas vorgefallen,<br />
was zur Unzufriedenheit<br />
einer Person führte. Ist eine Reklamation<br />
für die Person, die sie entgegennimmt,<br />
zunächst noch so<br />
erstaunlich, unverständlich, vielleicht<br />
auch emotional vorgetragen,<br />
müssen wir die Sichtweise der<br />
unzufriedenen Person erst einmal<br />
akzeptieren. Dann gilt es, dem effektiven<br />
Auslöser durch weiteres<br />
Nachfragen auf den Grund zu gehen.<br />
Das ist dann bedeutsam, wenn<br />
eine Reklamation anfangs pauschal<br />
oder diffus formuliert ist.<br />
Und dies fordert mit Sicherheit<br />
viel Fingerspitzengefühl beziehungsweise<br />
hohe Sozialkompetenz<br />
bei den Mitarbeitenden mit<br />
direktem Patientenkontakt. In<br />
welchen Fällen schalten Sie sich<br />
als Leiter Qualitäts- und Risikomanagement<br />
eigentlich direkt<br />
ein?<br />
Wer die Situation als zu komplex<br />
einschätzt oder gegebenenfalls<br />
durch die Hektik im <strong>Spital</strong>alltag<br />
nicht hinreichend Zeit für ein ver<br />
• Nationaler Verein für Qualitätsentwicklung<br />
in Spitälern und<br />
Kliniken, ANQ<br />
Der ANQ publiziert Ergebnisse<br />
zu verschiedenen Themen, zum<br />
Beispiel zur Häufigkeit nosokomialer<br />
Infektionen, zu potenziell<br />
vermeidbaren Rehospitalisatiotieftes<br />
Gespräch oder für die Bearbeitung<br />
der Beschwerde hat, kann<br />
die Rückmeldung entgegennehmen<br />
und an mich weiterleiten. Ich<br />
nehme dann Kontakt mit dem<br />
Beschwerdeführer auf und bearbeite<br />
die Anliegen. Zudem können<br />
über die Hotline 044 733 25 55<br />
beziehungsweise intern 2555 zu<br />
Bürozeiten Beschwerden platziert<br />
werden. Die Beschwerdehotline<br />
nimmt die Rückmeldungen entgegen<br />
beziehungsweise schriftlich<br />
auf und übergibt mir das<br />
Dossier.<br />
Sie unterscheiden bewusst<br />
zwischen Beschwerdehandling<br />
und Beschwerdemanagement.<br />
Warum?<br />
Beim Beschwerdehandling betrachten<br />
und lösen wir den Einzelfall.<br />
Das Beschwerdemanagement legt<br />
Abläufe, Zuständigkeiten und<br />
Strukturen fest, damit Beschwerden<br />
effizient und erfolgreich bearbeitet<br />
werden können. Wir wollen<br />
aus den Vorfällen Rückschlüsse<br />
ziehen und uns dort, wo möglich,<br />
verbessern, um zukünftigen ähnlichen<br />
Vorkommnissen vorzubeugen.<br />
Das setzt unter anderem voraus,<br />
dass wir wissen, wo und zu was kritische<br />
Rückmeldungen eingegangen<br />
sind.<br />
Heisst das, dass Sie eine Meldepflicht<br />
für Beschwerden planen?<br />
Nein, so strikt würde ich es nicht<br />
formulieren. Wir wollen, dass jede<br />
Person, die eine Beschwerde entgegennimmt,<br />
selbst beurteilt, ob<br />
es um eine schnell zu behandelnde<br />
Bagatelle oder um eine bedeutendere<br />
Angelegenheit geht. Wenn sie<br />
ein bedeutendes Ausmass enthält,<br />
zum Beispiel ein gefühlsmässig<br />
gewichtiger oder oft wiederkehrender<br />
Vorfall, soll sie mittels einfacher<br />
Meldemöglichkeit an mich<br />
weitergeleitet werden können. Nur<br />
ein möglichst diszipliniertes Melden<br />
an die Beschwerdestelle erlaubt<br />
eine entsprechend richtige<br />
Einschätzung unserer Schwachstellen<br />
im <strong>Spital</strong> und somit ein effektives<br />
Umsetzen der Qualitätsverbesserung<br />
auf allen Ebenen.<br />
Was soll man bei positiven<br />
Rückmeldungen, die es ja<br />
faktisch öfter als Beschwerden<br />
gibt, beachten?<br />
Man darf die Freude über ein Kompliment<br />
durchaus zeigen und soll<br />
sich dafür bedanken. Darüber<br />
hinaus ist das Lob an jene Person<br />
beziehungsweise jenen Personenkreis<br />
weiterzuleiten, der/dem es<br />
gilt. Erfahrungsgemäss ist unsere<br />
Schwelle, Beschwerden weiterzureichen,<br />
um einiges niedriger als<br />
bei positiven Rückmeldungen. «Die<br />
Suppe war übrigens versalzen.»<br />
Eine derartige Rückmeldung geht<br />
meist ruck, zuck an die Küche. Ein<br />
Lob «Das Cordon bleu verdient<br />
Gault-Millau-Punkte» sollte eben<br />
auch weitertransportiert werden.<br />
Gehen wir zum Konzept für das<br />
Risikomanagement über. Worum<br />
geht es hier im Kern?<br />
Im Wesentlichen geht es um eine<br />
Risikoanalyse quer durch das<br />
ganze Unternehmen. Mit Blick auf<br />
Breit gefächertes Instrumentarium<br />
Qualitätsindikatoren und<br />
Qualitätskennzahlen<br />
Im Zeichen der steigenden Transparenz<br />
im Gesundheitsbereich<br />
werden die in den Spitälern erhobenen<br />
Indikatoren und Kennzahlen<br />
immer häufiger durch externe Organisationen<br />
veröffentlicht. Spitäler<br />
haben bei den entsprechenden<br />
Publikationen des BAG, VZK und<br />
des ANQ die Möglichkeit, die Daten<br />
aus ihrer Interpretationssicht zu<br />
kommentieren.<br />
• Qualitätsindikatoren des Bundesamts<br />
für Gesundheit, BAG<br />
Das BAG veröffentlicht jährlich<br />
eine Liste mit Qualitätsindikatoren.<br />
In ihr finden sich unter<br />
anderem Fallzahlen und Mortalitätsraten<br />
zu spezifischen Diagnosen<br />
und Eingriffen<br />
(www.bag.admin.ch/qiss).<br />
unseren Alltagsbetrieb lautet die<br />
zentrale Frage: Wo bestehen<br />
potenzielle Gefahren? Das ist ein<br />
sehr breites Feld. Es reicht von der<br />
Ansteckungsgefahr für Mitarbeitende<br />
(betrifft die Arbeitssicherheit<br />
und den Gesundheitsschutz)<br />
über Brandrisiken (baulich-technische<br />
Domäne) bis zu klinischen<br />
Risiken wie zum Beispiel Verwechslungen<br />
bei Operationen<br />
oder Medikamenten. Das sind die<br />
klassischen oder operationellen<br />
Risiken. Sie beinhalten immer eine<br />
Gefahr und führen zu einem Schaden.<br />
Wir müssen aber auch die so<br />
genannten strategischen Risiken<br />
des Unternehmens kennen. Diese<br />
Risiken beinhalten sowohl Gefahren<br />
als auch Chancen. Ein gutes<br />
Beispiel dazu ist unser <strong>Limmi</strong>-<br />
Viva-Projekt.<br />
Bis Ende Jahr möchten wir nun<br />
eine Bestandesaufnahme aller Risiken<br />
erstellen und sie bewerten.<br />
Auf dieser Basis können wir Massnahmen<br />
beschliessen, wie wir mit<br />
welchem Risiko umgehen wollen:<br />
Nehmen wir es «weiterhin» in Kauf<br />
oder unternehmen wir präventiv<br />
etwas, um das Risiko zu verringern?<br />
Wie gehen Sie bei dieser<br />
Inventarisierung potenzieller<br />
Gefahren zu Werk?<br />
Bewusst nicht nur auf schriftlichem<br />
Weg, denn da wären «blinde<br />
• Verband Zürcher Krankenhäuser,<br />
VZK<br />
Der VZK führt regelmässig Erhebungen<br />
durch, an denen sich die<br />
angeschlossenen Spitäler obligatorisch<br />
beteiligen (www.vzkqualitaetsbericht.ch).<br />
Jüngeren<br />
Datums ist die Untersuchung<br />
zum Austrittsmanagement, bei<br />
der das <strong>Spital</strong> <strong>Limmattal</strong> besonders<br />
gut abschnitt (siehe Beitrag<br />
in dieser Nummer).<br />
Flecken» vorprogrammiert. Damit<br />
wir möglichst alle potenziellen Gefahren<br />
erfassen, also nichts übersehen,<br />
braucht es einen moderierten<br />
Austausch in Workshops mit<br />
Brainstormings und Diskus sionen<br />
zwischen Bereichsleitungen, Mitarbeitenden<br />
und mir.<br />
Gibt es eigentlich thematische<br />
Schnittstellen zwischen<br />
Beschwerde- und Risikomanagement?<br />
Durchaus. Grundsätzlich kann uns<br />
jede Beschwerde auf ein potenzielles,<br />
das heisst schlummerndes<br />
Risiko aufmerksam machen. Unter<br />
diesem Gesichtspunkt analysiere<br />
ich auch jede Beschwerde, von der<br />
ich Kenntnis habe ‒ ein weiterer<br />
Grund für die bereits erwähnte<br />
Meldemöglichkeit von Beschwerden.<br />
Eine kritische Rückmeldung<br />
kann uns auch einen frühen Hinweis<br />
auf einen Haftpflichtfall geben,<br />
der sich eventuell anbahnt.<br />
Fragen rund um Haftpflichtfälle<br />
und deren Vermeidung gehören<br />
ebenfalls zum Risikomanagement.<br />
nen und Reoperationen sowie zu<br />
Dekubitus- und Sturzhäufigkeit<br />
(www.anq.ch).<br />
Daneben erhebt das <strong>Spital</strong> <strong>Limmattal</strong><br />
weitere spezifische Qualitätsdaten<br />
in den Kliniken und Fachbereichen.<br />
Auf der eigenen<br />
Webseite informiert das <strong>Spital</strong><br />
<strong>Limmattal</strong> auch die Öffentlichkeit<br />
über das Qualitätsmanagement;<br />
zukünftig vermehrt direkt über<br />
Qualitätsindikatoren und -kennzahlen.