Bildgeschichten – Der Maler Bernd Spriewald - Stadttheater Minden
Bildgeschichten – Der Maler Bernd Spriewald - Stadttheater Minden
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<strong>Bernd</strong> <strong>Spriewald</strong><br />
<strong>Maler</strong><br />
<strong>Bildgeschichten</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Der</strong> <strong>Maler</strong> <strong>Bernd</strong> <strong>Spriewald</strong><br />
Unauffällig und bescheiden steht das<br />
Backsteinhaus aus den 1950er Jahren im<br />
Petershäger Ortsteil Ovenstädt. Nichts deutet<br />
auf das Atelier <strong>Bernd</strong> <strong>Spriewald</strong>s hin,<br />
das das schlichte Haus in seinem ersten<br />
Stock beherbergt.<br />
<strong>Bernd</strong> <strong>Spriewald</strong>: <strong>Maler</strong>, geboren 1957 und<br />
aufgewachsen in Ovenstädt. Schon früh<br />
beginnt er sich für das Malen und Zeichnen<br />
zu interessieren. Er wächst mit den Bildergeschichten<br />
Wilhelm Buschs auf, zeichnet<br />
sie als Kind nach. Das sind prägende<br />
Erlebnisse, die bis heute nachwirken.<br />
Die Begegnung mit dem <strong>Maler</strong> und<br />
Kunsterzieher Benno Kersting am Gymnasium<br />
Petershagen bestärkt ihn in seinem<br />
Wunsch, selbst <strong>Maler</strong> zu werden. So führt<br />
ihn das Studium Mitte der 1970er Jahre<br />
nach Braunschweig. Doch das Studium<br />
kann dem jungen Suchenden keine<br />
Impulse geben, kann ihn in seiner künstlerischen<br />
Entwicklung wenig voran treiben.<br />
Dort in Braunschweig, wo kurz zuvor noch<br />
Beuys und Mühl mit Aktionen von sich<br />
Reden machten, wurde in jenen Jahren<br />
wenig gemalt. Aktionskunst und Happenings:<br />
das waren die bevorzugten künstlerischen<br />
Ausdrucksformen jener Zeit.<br />
Figürliche und Landschaftsmalerei eines<br />
<strong>Bernd</strong> <strong>Spriewald</strong> nicht. Aber: kann ein<br />
Künstler gegen sein Natur? Kann er sich<br />
modischen Strömungen innerhalb der<br />
Kunst unterordnen? <strong>Bernd</strong> <strong>Spriewald</strong> kann<br />
und will es nicht. Genauso wenig, wie er<br />
sich von den Vertriebsstrukturen des<br />
Kunstmarktes unterwerfen lässt. Er bindet<br />
sich nicht an einen Galeristen, der seine<br />
Interessen vertritt.<br />
Vom Studium in keinster Art und Weise<br />
auf die künstlerische wie materielle Existenz<br />
als <strong>Maler</strong> vorbereitet, ziehen ihn die<br />
persönlichen Lebensumstände, anstatt<br />
sein Heil in einer der bundesdeutschen<br />
Kunstmetropolen zu suchen, zurück in die<br />
alte Heimat. Dort treffen sich in den<br />
1970/80er Jahren viele Kunst- und Kulturschaffende<br />
in den Institutionen Windlicht<br />
und der Kulturfabrik. Und hier kreuzen<br />
sich auch zum ersten Mal seine Wege mit<br />
dem späteren Leiter des <strong>Minden</strong>er<br />
<strong>Stadttheater</strong>s Bertram Schulte. Doch es
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"Karre voller Arschgeigen" (2000/02)<br />
Öl/Leinwand, 100 x 120 cm<br />
sollte bis zum Jahr 2006 dauern, bis<br />
<strong>Spriewald</strong> im Foyer und Treppenhaus des<br />
Theaters seine Bilder ausstellte.<br />
1999 erscheint ein 100-seitiger Bildband<br />
mit Werken <strong>Spriewald</strong>s, der heute längst<br />
vergriffen ist. In ihm dominieren neben<br />
Landschaftsbilder und Akten vor allem Darstellungen<br />
ebenso liebens- wie bemitleidenswerter<br />
Zeitgenossen; mal allein, mal in<br />
Gruppen, immer jedoch mit jener „Poesie<br />
des Alltags“ wie es im Vorwort heißt, die<br />
<strong>Spriewald</strong>s Schaffen auszeichnet.<br />
Bereits hier fällt dem Betrachter <strong>Spriewald</strong>s<br />
Neigung zu hintergründigen Titeln<br />
auf: „Ein von vorn unwahrscheinlich gutaussehender<br />
Zeitgenosse erklärt einer<br />
Gruppe hochmotivierter Wintersportler<br />
einen für Sie völlig irrelevanten Sachverhalt.“<br />
heißt ein Bild von 1993. Eine<br />
Technik, die der <strong>Maler</strong> in den folgenden<br />
Jahren immer mehr zu verfeinern weiß.<br />
Die Titel seiner Bilder bilden einen Subtext<br />
und laden dazu ein, die Geschichte hinter<br />
dem Bild zu ergründen. Wenn ein Vater<br />
seinem Sohn eine „Jucht“ verpasst, wenn<br />
„Melanie auf Rhönkaiser“, einem bemitleidenswertem<br />
Pony, in ihren tristen Alltag<br />
ausreitet oder wenn „Männer, die bereit<br />
sind, ihr bestes zu geben“ ins Bild gesetzt<br />
werden: man weiß nicht so recht, ob man<br />
lachen oder weinen soll. <strong>Spriewald</strong> erzählt<br />
<strong>Bildgeschichten</strong> voller Humor, aber auch<br />
Traurigkeit und Tristesse.<br />
Es ist nicht vermessen, diese Bilder in<br />
ihrer Qualität in einem Atemzug mit den<br />
Werken des Berliner <strong>Maler</strong>s Michael Sowa<br />
zu nennen, wenngleich sich <strong>Spriewald</strong><br />
weniger der Realität verweigert als Sowa.<br />
Und doch:<br />
„Die seltene Kunst, malerische Subtilität<br />
und eine fein dosierte Prise Melancholie in<br />
einem Bild höchst raffiniert auf einen<br />
Nenner zu bringen." (Peter Winter, Frankfurter<br />
Allgemeine Zeitung) haben beide<br />
gemeinsam. Und auch Hans Magnus<br />
Enzensbergers Urteil von einem "Universum,<br />
das dem Betrachter nicht nur ein<br />
eigentümliches Paradies, sondern auch<br />
eine alternative Hölle verheißt.“ gilt gleichermaßen<br />
für das Oeuvre <strong>Spriewald</strong>s.<br />
Und weiter: „Doch sogar über den ungemütlichsten<br />
Bildern liegt ein schwer zu<br />
definierender Hauch von Unschuld.“<br />
Im November 2009 malt <strong>Bernd</strong> <strong>Spriewald</strong><br />
auf einer Charity-Veranstaltung live auf der<br />
Bühne des <strong>Minden</strong>er <strong>Stadttheater</strong>s ein<br />
Selbstportrait. Die Anwesenden mögen<br />
kaum glauben, dass es in so kurzer Zeit<br />
entstanden sein kann. Hier fasste Bertram<br />
Schulte den Entschluss, den <strong>Maler</strong> um ein<br />
Stillleben aus dem <strong>Stadttheater</strong> zu bitten,<br />
das den Zuschauerraum aus dem Bühnenhintergrund<br />
zeigt. Eine in seiner Stimmung<br />
beeindruckende, perfekte Komposition<br />
aus Licht und Farbe; ein Geschenk an die<br />
zahllosen treuen Freunde des Theaters,<br />
die sie als Weihnachtsgruß 2009 erhielten.<br />
Dem Thema Selbstportrait widmet er sich<br />
später in seinem Atelier erneut. Das entstehende<br />
Bild zeigt den Künstler bei der<br />
Arbeit. Zu sich selbst befragt, macht er<br />
sich das Zitat eines Großen zu Eigen:<br />
„Außer Malen tue ich am liebsten nichts.“<br />
Christian Helming<br />
"Melanie auf Rhönkaiser" (2008)<br />
Öl/Leinwand, 100 x 120 cm