Neue Szene Augsburg 2014-08
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de
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Cinerama<br />
49<br />
LUCY<br />
Regie: Luc Besson<br />
Mit: Scarlett Johansson, Morgan<br />
Freeman, Min-sik Choi u.a.<br />
Auch hier weiß man schnell, was<br />
Sache ist: Ein „ganz normales Mädchen“<br />
gerät in Taipeh in schlechte<br />
Gesellschaft, wird als Drogenkurier<br />
eingespannt und schwuppdiwupp<br />
gelangt das neue Wundermittelchen<br />
in ihren Körper, worauf sie zur<br />
Superfrau wird. Um die Ecke tritt<br />
der nette Neurologe, der sich des<br />
Mädels annimmt. Wann hat eigentlich<br />
Luc Besson seinen letzten guten<br />
Film gedreht? Der Aufreißer: „Der<br />
durchschnittliche Mensch nutzt zehn<br />
Prozent seiner Gehirnkapazitäten.<br />
Stell dir vor, jemand würde 100%<br />
erreichen...“ wird auf einer amerikanischen<br />
Seite mit dem schönen<br />
Argument entlarvt: „It would be<br />
just as true to say that we don‘t<br />
’use’ our legs when we sit down.“<br />
Andererseits kann man sich natürlich<br />
wunderbar hinsetzen und dieses Sci-<br />
Fi-„Ihr wollt alles-Ihr bekommt das<br />
Doppelte“-Knallbonbon reinziehen<br />
und den lieben Luc einen reichen<br />
Mann sein lassen. Gegen Völlegefühl<br />
empfehlen wir unseren Film des<br />
Monats, räumt die Augen auf. (flo)<br />
(Kinostart: 14.<strong>08</strong>.)<br />
<br />
DIPLOMATIE<br />
Regie: Volker Schlöndorff<br />
Mit: Niels Arestrup, André Dussollier,<br />
Robert Stadlober, u.a.<br />
Bei all der „Begeisterung“ für den<br />
Ersten verwundert es fast ein<br />
bisschen, dass sich die Regieikone<br />
den Zweiten Weltkrieg ausgesucht<br />
hat. Das historische Drama zeigt die<br />
letzte Nacht der deutschen Besetzung<br />
von Paris im August 1944. NS-<br />
General Dietrich von Choltitz und<br />
der schwedische Generalkonsul Raoul<br />
Nordling ringen um das Schicksal<br />
der Stadt, deren Zerstörung im<br />
letzten Moment verhindert wird.<br />
Ein Treffen, das es allerdings nie<br />
gegeben hat. „Ich wollte dem Mut,<br />
dem Einsatz, der Gewitztheit und<br />
dem Erfolg des Diplomaten meine<br />
Anerkennung zollen, dem wahren<br />
Helden dieses Films“, so Regisseur<br />
Schlöndorff. Und das alles in einer<br />
Suite, in der schon Napoleon III.<br />
seine Geliebte empfangen haben<br />
soll! Der Film lässt also nichts aus,<br />
ein aufwendiges Kammerspiel, das<br />
auf dem Bühnenstück von Cyril<br />
Gély beruht, der auch am Drehbuch<br />
beteiligt war. Ein durchaus<br />
intelligentes Stück Kino, wenn auch<br />
ein etwas schaler Nachgeschmack<br />
bleibt: Die Faszination des Dritten<br />
Reichs und die Lust daran, Männer<br />
in Wehrmachtsuniformen zu zeigen,<br />
scheinen ungebrochen. (flo) (Kinostart:<br />
28.<strong>08</strong>.)<br />
<br />
KOFELGSCHROA.<br />
FREI. SEIN. WOLLEN.<br />
Regie: Barbara Weber<br />
Doku mit Matthias Otto Meichelböck,<br />
Michael Christian von Mücke,<br />
Martin Anton von Mücke, Maximilian<br />
Paul Pongratz<br />
Die aus dem Oberammergau<br />
stammende Blasmusikgruppe Kofelgschroa<br />
hat sich mit ihrer Interpretation<br />
von <strong>Neue</strong>r Volksmusik,<br />
ihrem „handgemachten Bayern-<br />
Krautrock“, eine weitläufige Fangemeinde<br />
erspielt. Ganze sechs<br />
Jahre hat nun die Regisseurin Barbara<br />
Weber die vier Jungs bei ihrer<br />
musikalischen und persönlichen<br />
Selbstfindung begleitet und stieß<br />
dabei auf etwas, das eher selten<br />
anzutreffen ist: absolute Treue<br />
sich selbst gegenüber, egal, was<br />
passiert. Das Langzeitporträt der<br />
sympathischen Band zeichnet ihren<br />
Weg der „Freundschaft, Freiheit<br />
und Anarchie“ nach und liefert den<br />
Beweis: Volksmusik kann sich auch<br />
heute noch ganz neu erfinden und<br />
eine regelrechte Subkultur erschaffen.<br />
Der alte Traum von der Einheit<br />
aus Kunst und Leben, hier kann<br />
man ihn ein paar Takte lang atmen<br />
hören. Und weiter geht die Suche<br />
nach dem wahrhaftigen, sinnvollen,<br />
schönen Leben. (fs) (Kinostart:<br />
07.<strong>08</strong>.)<br />
<br />
JERSEY BOYS<br />
Regie: Clint Eastwood<br />
mit: Christopher Walken, John Lloyd<br />
Young, Erich Bergen, Vincent Piazza<br />
u.a.<br />
Nach dem gleichnamigen Broadwaymusical,<br />
das seit 2005 erfolgreich<br />
läuft, erzählt „Jersey Boys“ die Geschichte<br />
der Doo-Wop-Gruppe The<br />
Four Seasons, und speziell die Karriere<br />
von deren Bandleader Frankie<br />
Valli. Weniger als flotte Nummernrevue<br />
denn als detailliertes Biopic,<br />
mit viel Raum für die gewalttätige<br />
Seite der romantischen Schlager:<br />
die Mafia, in Amerika nennt man<br />
sie „Mob“, war Teil des Business. In<br />
der Tat wähnt man sich über weite<br />
Strecken in der Musikausgabe von<br />
„Good Fellas“ wieder, und sogar<br />
Joe Pesci taucht auf, als Charakter,<br />
gespielt von Joseph Russo, war doch<br />
Pesci in den frühen 1960ern ein guter<br />
Freund der Band. Ulkig ist auch<br />
noch, dass Marshall Brickman das<br />
Drehbuch schrieb, jener Brickmann,<br />
der mit Woody Allen an seinem<br />
„Stadtneurotiker“ gearbeitet hatte.<br />
Davon abgesehen ist dies Spektakel<br />
eine 40-Millionen-Dollar-Warner-<br />
Produktion mit dermaßen pflichtbewusst<br />
akkuraten Abziehbildern,<br />
dass man Blähungen bekommen<br />
könnte. (fs) (Kinostart: 31.07.)