Neue Szene Augsburg 2014-08
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de
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74 Augsbürger<br />
In unserer Serie ŸAugsbürgerÿ stellt der Fotograf Fabian Schreyer<br />
Menschen aus unserer Stadt vor, die eigentlich jeder kennt,<br />
deren Namen aber meistens ebenso unbekannt bleiben wie ihre<br />
Geschichte. Bis sie irgendwann einfach nicht mehr da sind.<br />
der Maximilianstraße halb <strong>Augsburg</strong> kommen und gehen se-<br />
*Trafikantin Karin Dichtl<br />
hen.<br />
»Ja sin Sie immer noch da? Bei Ihnen hab ich früher meine<br />
Fußballbildle gekauft!« Ungläubige Fragen wie diese hört Karin<br />
Dichtl in letzter Zeit regelmäßig. Kein Wunder: Mit ihren 75<br />
Jahren hat die Inhaberin eines kleinen Zeitschriftenkiosks in<br />
1964 eröffnet die gelernte Steuerberaterin ihren ersten Laden<br />
am Vorderen Lech, zwischenzeitlich kommen zwei weitere<br />
hinzu sowie 60 Zigarettenautomaten. Heute führt sie die<br />
Tabakwarentradition ihrer Familie (seit 1875) nur noch auf 15<br />
Quadratmetern nahe des Ulrichsplatzes fort. Die Konkurrenz<br />
ist größer geworden und die Folgen des Zeitgeistes sind spürbar:<br />
»Die Jugendlichen lesen heut alles im Internet. I hab kein<br />
Anschluss. I kenn mi da net aus mit dem Gruscht!«<br />
Weitergehen muss es trotzdem, weil normale Altersvorsorge<br />
plus Witwenrente das Auskommen nicht sichern. Statt Groschenromanen<br />
sind heute Lottoscheine die Umsatzbringer.<br />
Karin Dichtl spielt auch selbst, allerdings nicht in ihrer eigenen<br />
Annahmestelle und bislang erfolglos: »Ich tipp immer die falschen<br />
Zahlen! Immer die gleichen, aber wenn‘s des mal a paar<br />
Jahr lang machen, dann können‘s ned aufhören!«<br />
Bis es mit dem Jackpot klappt, trifft man die rüstige <strong>Augsburg</strong>erin<br />
hinter ihrem Tresen: »I bin net krank. Vielleicht täten’s<br />
mich scho untersucha wolla und macha und tua, aber i geh<br />
net zum Arzt! Ja mei, solang mer nix wehtut? Und wenn’s aus<br />
is – dann is halt aus!«