Einrichtungskonzept in der psychosomatischen Rehabilitation
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e<strong>in</strong>richtungskonzept<br />
zusätzlicher Problembereich vorliegt, <strong>der</strong> mit dem Trauerprozess durch Wechselbeziehungen verbunden<br />
ist. Dies kann <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen auch bedeuten, dass die Patienten z. B. Problemen im Berufsbereich<br />
dadurch ausweichen, dass sie sich auf die Rolle e<strong>in</strong>es trauernden Menschen zurückziehen,<br />
den ohneh<strong>in</strong> niemand verstehen und von dem man Aktivitäten nicht erwarten kann. In e<strong>in</strong>igen Fällen<br />
kommt es auch zur Ausbildung e<strong>in</strong>er sekundären Identität als Trauern<strong>der</strong>.<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund s<strong>in</strong>d folgende Aspekte bei <strong>der</strong> Behandlung trauern<strong>der</strong> Menschen von Bedeutung:<br />
1. Psychoedukation über die normalen Anteile des Ablaufes e<strong>in</strong>es Trauerprozesses, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
über die Unvermeidbarkeit von Schuldgefühlen und von mehr o<strong>der</strong> weniger deutlichen<br />
aggressiven Affekten.<br />
2. E<strong>in</strong>zelgespräche, die sich unmittelbar auf das jeweils aktuelle Trauererleben des Betroffenen<br />
beziehen. Diese Gespräche s<strong>in</strong>d nicht zuletzt deswegen von großer Bedeutung, weil<br />
gerade nach schwerwiegenden Verlusten, wie wir sie oben aufgeführt haben, das soziale<br />
Laiennetzwerk <strong>der</strong> betroffenen Patienten über kurz o<strong>der</strong> lang überfor<strong>der</strong>t ist, so dass das<br />
Gespräch über den Verlust nach und nach verstummt. Wie schon ausgeführt, soll die psychotherapeutische<br />
Haltung sich dabei zunächst e<strong>in</strong>mal auf e<strong>in</strong>en psychisch Gesunden mit<br />
schwerwiegen<strong>der</strong> Erfahrung beziehen.<br />
3. Spezifische Gruppenangebote zum Thema Trauer. In unserer Kl<strong>in</strong>ik bieten wir 2x wöchentlich<br />
e<strong>in</strong>e sog. Trauergruppe an, die von Mitarbeitern geleitet wird, die über spezielle Kompetenzen<br />
und e<strong>in</strong> spezifisches Interesse an <strong>der</strong> Arbeit mit dieser Patientengruppe verfügen.<br />
4. Zusätzlich vorhandene psychische und psychosomatische Störungen o<strong>der</strong> ungelöste Lebensprobleme<br />
müssen diagnostisch erfasst werden. E<strong>in</strong> Indikator für das Vorliegen e<strong>in</strong>er<br />
solchen Komorbidität s<strong>in</strong>d lang anhaltende Trauerprozesse (2 Jahre und länger), bei denen<br />
wesentliche Bewältigungsfortschritte noch nicht erkennbar s<strong>in</strong>d.<br />
5. Beson<strong>der</strong>s belastet ist <strong>der</strong> Trauerprozess dann, wenn <strong>der</strong> Patient/die Patient<strong>in</strong> durch das<br />
Verlusterlebnis traumatisiert wurde, wie dies durch die eigene Mitbeteiligung bei Unfällen<br />
aber auch durch erschreckende Anblicke, z. B. bei Identifizierungen Verstorbener o<strong>der</strong> auf<br />
Intensivstationen, geschehen kann. Das Vollbild e<strong>in</strong>er posttraumatischen Belastungsstörung<br />
weisen zwar nur wenige Patienten auf, trotzdem ist es wichtig, Traumafolgestörungen zu erkennen<br />
und ggf. traumazentriert <strong>in</strong>tervenieren zu können.<br />
6. Je nach Ergebnis dieser Diagnostik ist e<strong>in</strong> Gesamttherapieplan zu erstellen, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>erseits<br />
<strong>der</strong> Trauerproblematik <strong>der</strong> davon betroffenen Patienten spürbar Rechnung trägt, an<strong>der</strong>erseits<br />
aber auch den festgestellten Komorbiditäten o<strong>der</strong> sonstigen Lebensproblemen. Dies kann<br />
e<strong>in</strong>e bei Trauer alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht angebrachte psychopharmakologische Intervention<br />
mit Antidepressiva be<strong>in</strong>halten, die Teilnahme an spezifischen Gruppenangeboten, wie z. B.<br />
dem sozialen Kompetenztra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, <strong>der</strong> Stressbewältigung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gruppe zu berufsbezogenen<br />
Problemen und überhaupt die Teilnahme an dem aktivierenden multimodalen Programm,<br />
wie es <strong>in</strong> unserer Kl<strong>in</strong>ik vorgehalten wird. Im E<strong>in</strong>zelfall kann das Schwergewicht sogar darauf<br />
liegen, dass <strong>der</strong> Patient die Position als Trauern<strong>der</strong> verlassen und sich wie<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Lebensaufgaben<br />
zuwenden kann. Als Beispiele seien hier die Wie<strong>der</strong>aufnahme <strong>der</strong> Berufstätigkeit<br />
genannt (e<strong>in</strong>zelne trauernde Menschen geraten über diese Situation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e so schwerwiegende<br />
Bee<strong>in</strong>trächtigung, dass längere Krankschreibungen erfolgen und schließlich die<br />
Erwerbsfähigkeit gefährdet wird), bei an<strong>der</strong>en Patienten ist es z. B. wichtig, dass die Rolle<br />
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