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La Cheyenne

Ausgefranst war mein Mund und mein Kopf musste leer sein. Mit nur kurzen Unterbrechungen hatte ich den ganzen Tag gequasselt. Diese Donnerstage waren Hundstage. Und dann auch noch die Sprechstunde zwischendurch. Jammernde junge Männer erlebte ich häufig, trotzdem freute es mich nicht. Was tat ich mir nur für Qualen an? Reich und schön musst du sein und etwas Besonderes bringen, dann kannst du glücklich werden. Die meisten Menschen sind jedoch weder schön noch reich und können auch nix. Mir ging es nicht anders. So sah ich mich jedenfalls. Nur mich als unglücklich zu empfinden, wollte mir selbst an Tagen, an denen die Sonne Ausgehverbot hatte, weil graue Wolkenteppiche ihr den Zugang zu uns versperrten, nicht gelingen. Ob ich noch erwartete, die großen Wunder dieser Welt zu entdecken, weiß ich nicht, aber die Hoffnung darauf war so früh in meiner Kindheit implementiert worden, dass sie sich wohl beim Gehirnwachstum mit angelegt hatte. Ob Charlotte, die feministische Professorin für Mathematik noch die Wunder dieser Welt entdecke, und was sie dabei alles zu bewältigen hatte, weiß die Geschichte.

Ausgefranst war mein Mund und mein Kopf musste leer sein. Mit nur kurzen Unterbrechungen hatte ich den ganzen Tag gequasselt. Diese Donnerstage waren Hundstage. Und dann auch noch die Sprechstunde zwischendurch. Jammernde junge Männer erlebte ich häufig, trotzdem freute es mich nicht. Was tat ich mir nur für Qualen an? Reich und schön musst du sein und etwas Besonderes bringen, dann kannst du glücklich werden. Die meisten Menschen sind jedoch weder schön noch reich und können auch nix. Mir ging es nicht anders. So sah ich mich jedenfalls. Nur mich als unglücklich zu empfinden, wollte mir selbst an Tagen, an denen die Sonne Ausgehverbot hatte, weil graue Wolkenteppiche ihr den Zugang zu uns versperrten, nicht gelingen. Ob ich noch erwartete, die großen Wunder dieser Welt zu entdecken, weiß ich nicht, aber die Hoffnung darauf war so früh in meiner Kindheit implementiert worden, dass sie sich wohl beim Gehirnwachstum mit angelegt hatte. Ob Charlotte, die feministische Professorin für Mathematik noch die Wunder dieser Welt entdecke, und was sie dabei alles zu bewältigen hatte, weiß die Geschichte.

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<strong>La</strong> <strong>Cheyenne</strong><br />

Reich und schön<br />

Ausgefranst war mein Mund und mein Kopf musste leer sein. Mit nur kurzen<br />

Unterbrechungen hatte ich den ganzen Tag gequasselt. Diese Donnerstage waren<br />

Hundstage. Und dann auch noch die Sprechstunde zwischendurch. Jammernde<br />

junge Männer erlebte ich häufig, trotzdem freute es mich nicht. Was<br />

tat ich mir nur für Qualen an? Reich und schön musst du sein und etwas Besonderes<br />

bringen, dann kannst du glücklich werden. Die meisten Menschen<br />

sind jedoch weder schön noch reich und können auch nix. Mir ging es nicht anders.<br />

So sah ich mich jedenfalls. Nur mich als unglücklich zu empfinden, wollte<br />

mir selbst an Tagen, an denen die Sonne Ausgehverbot hatte, weil graue Wolkenteppiche<br />

ihr den Zugang zu uns versperrten, nicht gelingen. Ob ich noch<br />

erwartete, die großen Wunder dieser Welt zu entdecken, weiß ich nicht, aber<br />

die Hoffnung darauf war so früh in meiner Kindheit implementiert worden, dass<br />

sie sich wohl beim Gehirnwachstum mit angelegt hatte. Mein Großvater hatte<br />

mir die Welt erklärt. Nicht mit der Erschaffung in sieben Tagen nach der Bibel,<br />

sondern er hatte von einem großen Knall gesprochen. Als ich fragte, wer den<br />

denn gehört hätte, machte er mir klar, wie wenig es wäre, was wir wüssten,<br />

weil unsere Augen es gesehen oder unsere Ohren es gehört hätten. Alles könne<br />

man durch Rechnen herausfinden, was wir wüssten wäre ausschließlich das<br />

Werk von großen Rechenkünstlern. Ich konnte gerade die Finger einer Hand<br />

abzählen, aber Rechnen hatte für mich seitdem den Nimbus eines Zauberwunderlandes.<br />

Immer wartete ich auf die großen Wunder, aber im Mathematikunterricht<br />

kamen stets nur neue Banalitäten hinzu.<br />

Inga<br />

Bei Kindern ist es meistens noch die allgemeine Lebensweise, bei Erwachsenen<br />

kommt es oft gar nicht mehr vor, oder es ist auf bestimmte Aktivitäten begrenzt,<br />

in denen sie mit höchster Vigilanz und voller Konzentration in eine Aufgabe<br />

involviert sind. Auch wenn es Anstrengung erfordert, vermittelt es doch<br />

das erfüllende Gefühl, voll, mit der ganzen Person gelebt zu haben. So erfuhr<br />

ich meine Donnerstage. Anschließend hast du das Empfinden, dich voll verausgabt<br />

zu haben und total fertig zu sein. Anette von Droste Hülshoff fühlte sich<br />

matt wie die Natur. Sich erst mal durch einen Schlaf erholen, wird die Primaballerina<br />

nach der Aufführung auch nicht, und ich ging auch nicht von der Uni<br />

nach Hause, um mich hinzulegen und mich auszuruhen. Mich drängte es nach<br />

einer anderen Art von Kommunikation auf einer anderen Ebene. Ich musste jemanden<br />

sehen, mit dem ich anders reden konnte als den Tag über. Fast jede<br />

und jeder kann mit Freundinnen oder Freunden darüber reden, was sie oder er<br />

beruflich macht, und welche Entwicklungen und Fortschritte es dort gibt, aber<br />

wenn ich sagte, dass ich heute wüsste, wo die großen Wunder in der Mathematik<br />

zu finden seien, wollte niemand etwas davon hören, geschweige denn darüber<br />

reden. Selbst Inga nicht, mit der ich mich doch so tief verbunden fühlte.<br />

<strong>La</strong> <strong>Cheyenne</strong> – Seite 3 von 30

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