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Berner Kulturagenda 2009 N°12

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Museumsnacht-Spezial /// Fr., 20. März <strong>2009</strong> /// www.museumsnacht-bern.ch /// <strong>Berner</strong> <strong>Kulturagenda</strong> /// 7 Anzeiger Region Bern 31<br />

Ich bin noch nicht reif fürs Museum!<br />

Geht heute nichts mehr ohne Event? Brauchen wir überhaupt so viele Museen? Und<br />

was hat das alles mit meinem Göttibub zu tun? Ein paar Überlegungen zum Unbehagen<br />

in Ausstellungen, zum Tempo von Schlagzeilen und zur Dosierung von Giften.<br />

Verlosung<br />

Die Museumsnacht ist ein «Event», zu<br />

Altdeutsch also ein Ereignis. Heutzutage<br />

braucht jeder «Events», weil alle anderen<br />

auch «Events» machen. Böse gesagt: Wenn<br />

ihnen nichts in den Sinn kommt. Ereignisse<br />

sind halt beliebt, da kommt der Bratwurst-Schorsch<br />

und auch der Muffel-Sepp,<br />

der sonst höchstens mal mit dem Göttibub<br />

ins Naturhistorische geht. Aber das ist<br />

eher eine Verlegenheitslösung, unter uns<br />

gesagt. Man kann ihn nicht immer in den<br />

Zoo schleppen.<br />

Tempo Teufel<br />

Museum. Nur schon das Wort klingt bieder<br />

wie ein bewölkter Sonntagnachmittag, an<br />

dem man in einem dieser hohen Räume<br />

steht, wo jeder Schritt furchtbar hallt, was<br />

einem peinlich ist. Im Museum hat man<br />

still zu sein wie eine Kirchenmaus, damit<br />

die anderen andächtig die Helgen anschauen<br />

können. Stundenlang, Sie! Natürlich<br />

sind die gut gemalt, da kann man nichts sagen,<br />

aber deswegen muss man doch nicht<br />

eine Viertelstunde lang auf so ein Bild<br />

schauen, wenn man es nach zwei Minuten<br />

gesehen hat. Wir sind uns halt Fernsehen<br />

gewohnt, da kommt alle paar Sekunden ein<br />

Schnitt.<br />

Wir leben überhaupt mit Tempo. Am Handy,<br />

am Radio, beim Smslen oder Mailen,<br />

die Pendlerzeitung, wir leben im Takt der<br />

News und in der Kürze liegt die Würze. Es<br />

gibt nichts, was man nicht noch kürzer hätte<br />

zusammenfassen können. Dagegen wirkt so<br />

ein Museum wie ein Anachronismus. Kein<br />

Wunder, es werden ja auch alte Sachen ausgestellt.<br />

Unglaublich, was alles gesammelt<br />

wird.<br />

Zumutung der Komplexität<br />

Es stimmt schon: Museen sind ein Gegengift<br />

zur Hektik des Alltags, und wie<br />

in der Naturheilkunde bestimmt die Menge<br />

– also unsere Verweildauer – über die<br />

Wirkung. Zu lange Aufenthalte ermüden,<br />

weil uns Museen nicht nur Dinosaurierskelette<br />

und alte Meister, sondern auch<br />

unseren Alltag erklären. Sie machen<br />

sichtbar, woraus unsere aktuelle Kultur<br />

entstanden ist, und zeigen Zusammenhänge<br />

auf, die im Tempo der News keinen<br />

Platz haben. Zur Strafe für diese Zumutung<br />

der Komplexität leiden Museen unter<br />

einem ungerechten Ruf.<br />

Die Zeiten, in denen sie blosse Ansammlungen<br />

von Material waren, die Hellebarden<br />

im Landesmuseum dicht wie Korngarben<br />

herumstanden, sind längst vorbei.<br />

Da kommt die Verführung durch einen<br />

Event wie die Museumsnacht gerade richtig,<br />

weil er nicht Hilflosigkeit signalisiert<br />

sondern auf die hohe Qualität moderner<br />

Ausstellungen verweist. Endlich getraut<br />

man sich ohne diesen unseligen Ernst<br />

(nichts anfassen! Leise sein! Nicht quietschen<br />

mit den Schuhen!) in die Ausstellungsräume<br />

und wird einen Abend lang<br />

glänzend unterhalten. Resultat? Man<br />

freut sich auf den nächsten Ausflug mit<br />

dem Göttibub in ein Museum – einfach<br />

wenns weniger Leute hat! Silvano Cerutti<br />

ZVG<br />

Museumsnacht Bern<br />

Freitag, 20. März <strong>2009</strong><br />

18 bis 2 Uhr<br />

Die Mammutjäger im Naturhistorischen Museum<br />

Sie durchschwitzen ihre Bühnenhemden und provozieren schmerzhafte Lachkrämpfe. Erich<br />

Hufschmid und Erich Furrer, «die Mammutjäger», sind geübten Museumsnächtlern mit<br />

ihren Programmen rund um die tragisch-komischen Seiten der Menschheitsgeschichte in<br />

bester Erinnerung. Zum 200-Jahr-Darwin-Jubiläum zeigen sie ihren Streifzug «Die Krone der<br />

Erschöpfung» – vom Haar in der Ursuppe bis zum Affen im Grossstadtdschungel. ngu<br />

Naturhistorisches Museum, 19, 20.30, 22 und 23.30 Uhr<br />

Inserat<br />

Die Regierung dreimal in der Waldaukapelle<br />

Nach Hunderten besuchten Konzerten, in denen Bands schwitzten und soulten:<br />

zum ersten Mal die Regierung erleben. Das Sextett aus fünf körperlich und geistig sowie<br />

einem normal Behinderten spielt ganz selbstverständlich mit einer emotionalen Direktheit,<br />

für die wir anderen mindestens eine Stunde Anlauf in Selbstentäusserung brauchen.<br />

Selten so geweint vor Freude. cer<br />

Psychiatriemuseum, Waldaukapelle, 20, 21, 22 Uhr<br />

Gabriel Vetter liest in der Universitätsbibliothek<br />

Seit Gabriel Vetter wissen wir: Den Röstigraben gibts nicht, nur einen «mentalen<br />

Apartheits-Äquator»; man ist entweder ein Migros- oder ein Coop-Kind. Der Schaffhauser,<br />

der eine beispiellose Slam-Karriere hingelegt hat, zelebriert die Absurditäten des<br />

privaten und politischen Alltags. «Kein Mensch ist ein Regal» heisst sein<br />

Museumsnacht-Beitrag – ein Vortrag über «Shelf-Esteem». ngu<br />

Universitätsbibliothek, Münstergasse. 21, 22 und 23 Uhr (Dauer 20 Min.)<br />

Inserat<br />

Museumsznacht<br />

V E G E TA R I A N R E S TA U R A N T B A R TA K E A W AY<br />

B E I M B A H N H O F, B E R N W W W. T I B I T S . C H<br />

PROGR_Inserat.<strong>Kulturagenda</strong>.März.09.indd 1<br />

17.2.<strong>2009</strong> 17:37:23 Uhr

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