Abschlussklausur Lösung
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1<br />
vh b - K laus ur: Ein Ta g fü r gute Geschä f te<br />
L ös ungsskizze<br />
Strafbarkeit des A<br />
1. Tatkomplex: Die Spendensammlung<br />
§ 263 Abs. 1 StGB<br />
1. Tatbestand<br />
a) Objektiver Tatbestand<br />
– Täuschung über Tatsachen<br />
– Täuschung ist das irreführende Einwirken auf das Vorstellungsbild eines<br />
anderen<br />
– Tatsachen sind alle konkreten Geschehnisse und Zustände der<br />
Vergangenheit oder Gegenwart, die die Außenwelt oder psychische<br />
Vorgänge betreffen und dem Beweis zugänglich sind<br />
hier (+): A trug in die Sammelliste seitens X und Y nicht geleistete Spenden in<br />
Höhe von je 30 EUR ein<br />
– (dadurch) Irrtum: Fehlvorstellung über Tatsachen<br />
hier (+): B glaubt aufgrund der Täuschung fälschlicherweise, X und Y hätten je 30<br />
EUR gespendet<br />
– (dadurch) Vermögensverfügung<br />
– Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden und Unterlassen, das bei<br />
dem Getäuschten oder bei einem Dritten unmittelbar zu einer<br />
Vermögensminderung im wirtschaftlichen Sinne führt<br />
– Vermögen ist die Summe aller geldwerten Güter einer Person, die zum<br />
Wirtschaftsverkehr gehören und die mangels ausdrücklicher rechtlicher<br />
Missbilligung unter dem Schutz der Rechtsordnung stehen (juristischökonomischer<br />
Vermögensbegriff; hL)<br />
hier (+): B spendet 30 EUR statt der beabsichtigten 5 EUR<br />
– (dadurch) Vermögensschaden: nachteilige Vermögensdifferenz, die nicht durch<br />
ein unmittelbar aus der Vermögensverfügung fließendes Äquivalent wirtschaftlich<br />
voll ausgeglichen wird<br />
Problem: Spende für sozialen Zweck<br />
zT<br />
Vermögensschaden (+), da der Spender keinen Gegenwert für seine<br />
Leistung erhält (BGH NJW 1952, 798).<br />
Kritik: Grenzen der Strafbarkeit werden zu stark ausgedehnt. Jeder<br />
veranlasste Motivirrtum des Spenders führte zum Betrug
2<br />
2. Ergebnis<br />
hM Vermögensschaden nur gegeben, wenn der vom Spender verfolgte soziale<br />
Zweck nicht erfüllt wird; schützenswert sind dabei nur sozial relevante<br />
Zwecksetzungen, nicht aber bloße Affektionsinteressen und andere<br />
Zielvorstellungen (Fischer, § 263 Rn. 79; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn.<br />
559 ff; Hilgendorf, JuS 1994, 466).<br />
§ 263 Abs. 1 StGB (–)<br />
Begründung: bei einer unentgeltlichen Leistung weiß der Verfügende von<br />
vornherein, dass er keine Gegenleistung erhält; in seiner Vorstellung steht<br />
jedoch dem Verlust des Geldwertes die Erreichung des karitativen Zwecks<br />
gegenüber<br />
hier Vermögensschaden (–): Der von B erstrebte soziale Zweck<br />
(Bereitstellung von Geldern für guten Zweck) wird mit seiner Spende in<br />
Höhe von 30 EUR erreicht. B hat aus reinem Affektionsinteresse heraus 30<br />
EUR statt der beabsichtigten 5 EUR gespendet, um den Arbeitskollegen in<br />
seiner Freigebigkeit nicht nachzustehen.<br />
2. Tatkomplex : Der Parkschein<br />
I. § 263 Abs. 1 StGB<br />
1. Tatbestand<br />
Objektiver Tatbestand<br />
– Täuschung<br />
Täuschung ist das irreführende Einwirken auf das Vorstellungsbild eines<br />
anderen.<br />
Gegenstand einer Täuschung können nur Tatsachen, d.h. alle konkreten<br />
Geschehnisse und Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die die<br />
Außenwelt oder psychische Vorgänge betreffen und dem Beweis zugänglich sind.<br />
hier (+): Vorhandensein eines gültigen Parkscheins ist eine Tatsache; durch das<br />
Legen des Parkscheins vom Vortag hinter die Windschutzscheibe erweckt A den<br />
Anschein, ein gültiges Parkticket erworben zu haben<br />
– (dadurch) Irrtum<br />
Irrtum ist jede Fehlvorstellung über Tatsachen<br />
hier (+): die Täuschung durch Einlegen eines abgelaufenen Parkscheins ruft bei O<br />
die unzutreffende Vorstellung hervor, A habe ordnungsgemäß ein Parkticket<br />
gelöst<br />
– (dadurch) Vermögensverfügung<br />
Vermögensverfügung ist jedes (irrtumsbedingte) Handeln, Dulden und<br />
Unterlassen, das bei dem Getäuschten oder bei einem Dritten unmittelbar zu einer<br />
Vermögensminderung im wirtschaftlichen Sinne führt
3<br />
hier (+): O unterlässt, ein Bußgeld gegen A zu verhängen<br />
– (dadurch) Vermögensschaden<br />
Problem: Geldstrafen, Geldbußen und Verwarnungsgelder als Vermögen<br />
Rspr wirtschaftlicher Vermögensbegriff: Vermögen ist die Summe aller<br />
geldwerten Güter einer Person (BGHSt34, 199).<br />
hL<br />
2. Ergebnis<br />
juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff: Vermögen ist die Summe aller<br />
geldwerten Güter einer Person, die zum Wirtschaftsverkehr gehören und die<br />
mangels ausdrücklicher rechtlicher Missbilligung unter dem Schutz der<br />
Rechtsordnung stehen (LK/Tiedemann, § 263 Rn. 132 mwN).<br />
hier: Verwarnungsgeld keine Vermögensposition mit einem wirtschaftlichen<br />
Wert, sondern eine Sanktion mit einem eigenen präventiven und repressiven<br />
Charakter<br />
→ Vermögensschaden (–)<br />
§ 263 Abs. 1 StGB (–)<br />
II. Ergebnis Tatkomplex 2<br />
Keine Strafbarkeit des A<br />
3. Tatkomplex: Im SB-Warenhaus<br />
I. Strafbarkeit wegen Diebstahl gemäß § 242 Abs. 1 StGB<br />
1. Tatbestand<br />
a) Objektiver Tatbestand<br />
– Bewegliche Sache bei DVD (+)<br />
– Fremd: DVD steht nicht im Eigentum des A, daher (+)<br />
– Wegnahme<br />
Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendig eigenen Gewahrsams<br />
– Gewahrsam<br />
besteht, wenn der Verwirklichung des Herrschaftswillens zur unmittelbaren<br />
Einwirkung auf die Sache keine Hindernisse entgegenstehen. Gewahrsamsinhaber<br />
ist zunächst der Geschäftsinhaber.<br />
– Gewahrsamsbruch<br />
Gewahrsam ist gebrochen, wenn er gegen den Willen des Berechtigten<br />
aufgehoben wird.<br />
– Begründung neuen Gewahrsams<br />
liegt vor, wenn der Täter die tatsächliche Sachherrschaft erlang hat und der<br />
bisherige Gewahrsamsinhaber auf die Sache nicht mehr einwirken kann, ohne die<br />
Verfügungsgewalt des Täters zu beseitigen.
4<br />
Wegnahme durch Verdecken der DVD: Problem: Bruch des fremden<br />
Gewahrsams. Wenn ein Käufer eine Ware aus dem Regal entnimmt und in seinen<br />
Einkaufswagen legt, entspricht dies in aller Regel dem Willen der<br />
Geschäftsleitung. Verdecken der DVD ist kein Gewahrsamsbruch, denn die<br />
Zugriffsmöglichkeit auf die DVD wurde dadurch kaum eingeschränkt. Ein<br />
Eingriff in die höchstpersönliche Sphäre des A war hier, anders als bei der in<br />
seiner Hosentasche befindlichen Armbanduhr, nicht erforderlich. Daher nur<br />
gelockerter Gewahrsam des Geschäftsinhabers (so auch Gössel, BT 2, § 7 Rn. 82).<br />
Jedenfalls keine sichere Gewahrsamserlangung durch A. Unter<br />
Berücksichtigung der tatsächlichen Zugriffsmöglichkeiten auf die DVD hatte er<br />
nach der Verkehrsanschauung noch keine ungehinderte Sachherrschaft erlangt, als<br />
er die DVD unter dem Prospekt verbarg.<br />
Wegnahme nach Passieren der Kasse: Bei Passieren des Kassenbereichs entfernt<br />
A die DVD aus dem Herrschaftsbereich des Ladeninhabers und bricht damit<br />
dessen Gewahrsam. Nach der Abfertigung an der Kasse ordnet die<br />
Verkehrsauffassung die Waren dem Kunden zu, der A erlangt zu diesem<br />
Zeitpunkt Gewahrsam. Die Beobachtung durch den Detektiv ändert daran nichts,<br />
vgl. BGHSt 41, 198; Fischer, § 242 Rn. 18; Wessels/Hillenkamp, BT II, Rn. 116).<br />
b) Subjektiver Tatbestand<br />
– Vorsatz<br />
= Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung, hier (+)<br />
– Zueignungsabsicht<br />
Zueignen heißt das Einverleiben einer Sache in das eigene Vermögen selbst oder<br />
wenigstens den in ihr verkörperten Sachwert (Aneignungskomponente) unter<br />
dauerndem Ausschluss des Berechtigten (Enteignungskomponente).<br />
Absicht ist hier der auf Zueignung zielgerichtete Wille.<br />
→ A wollte die DVD für sich behalten, daher (+)<br />
Rechtswidrigkeit der Zueignung (+)<br />
2. Rechtswidrigkeit (+)<br />
3. Schuld (+)<br />
4. Ergebnis: § 242 Abs. 1 StGB (+)<br />
II. Strafbarkeit gemäß § 263 Abs. 1 StGB<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
– Täuschung<br />
Der Täuschungscharakter von As Verhalten entstand im vorliegenden Fall auch<br />
dadurch, dass er die anderen Waren auf das Band legte und so den Eindruck<br />
erweckte, weitere abzurechnende Waren seien nicht vorhanden (aktives Tun).<br />
Daher konkludente Täuschung durch aktives Tun (So auch OLG Düsseldorf,<br />
NStZ 1993, 287; ebenso offenbar auch BGHSt 41, 198 (200 f.), wo die Frage<br />
allerdings gar nicht thematisiert wird; a.A. Hillenkamp, JuS 1997, 221).
5<br />
– Irrtum der Kassiererin und Vermögensverfügung<br />
Kein Wille der Kassiererin, Gewahrsam an verborgenen und nicht zur Bezahlung<br />
vorgelegten Waren zu übertragen, daher kein Verfügungsbewusstsein (BGHSt 41,<br />
198, 200).<br />
→ Irrtum und Vermögensverfügung (-)<br />
2. Ergebnis: § 263 Abs. 1 StGB (-)<br />
III. Strafbarkeit gemäß § 123 StGB<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
– Geschäftsraum (+)<br />
– Eindringen<br />
= Betreten gegen den Willen des Berechtigten<br />
Tatbestandsausschließendes Einverständnis? Der Supermarkt stand dem<br />
allgemeinen Publikumsverkehr offen, daher grundsätzlich ein generelles<br />
Einverständnis.<br />
Es lässt sich allenfalls argumentieren, dem Hausrechtsinhaber sei nicht daran<br />
gelegen gewesen, Personen mit kriminellen Absichten Zutritt zu gewähren. Um<br />
aber nicht bereits die böse Gesinnung zu pönalisieren, wird man verlangen<br />
müssen, dass die kriminelle Intention des Täters zum Zeitpunkt des Zutritts<br />
objektiv erkennbar geworden ist.<br />
→ hier (-), d.h. tatbestandsausschließendes Einverständnis (+)<br />
2. Ergebnis: § 123 StGB (-)<br />
Gesamtergebnis<br />
Strafbarkeit des A gemäß § 242 Abs. 1 StGB.