Bibelsaat 108 (pdf - ca. 1 MB) - Diözese Linz
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Erfahrungen mit der Bibel <strong>Linz</strong>er <strong>Bibelsaat</strong> Nr. <strong>108</strong>/März 2009<br />
Wie Frauen und Männer<br />
Macht ausüben<br />
Vorstellung der Dissertation: „Wie Frauen und<br />
Männer Macht ausüben. Eine feministischnarratologische<br />
Analyse von Ri 4 (Herders<br />
Biblische Studien 54), Freiburg 2008:<br />
Die Bibel ist ein lebensnahes Buch. Nichts<br />
Menschliches ist ihr fremd. Und so finden<br />
auch alle Untiefen der Menschheit, die bis<br />
heute bestürzende Aktualität besitzen, ihren<br />
Niederschlag in den Texten der Hl. Schrift.<br />
Die Darstellung von Krieg und Gewalt<br />
nehmen insbesondere im atl. Richterbuch<br />
großen Raum ein. Das biblische Buch erinnert<br />
damit die heutigen Lesenden daran,<br />
dass sich die Welt nicht wesentlich verändert<br />
hat, erzählt es ja von Spannung und<br />
Streit zwischen rivalisierenden Gruppen,<br />
Auseinandersetzungen um Land und<br />
Landbesitz, Freiheit und Fremdherrschaft,<br />
machthungrigen politischen Leitern, exzessiver<br />
Gewalt (gegen Frauen), moralischer<br />
Verwirrung und sozialem Chaos. Es fällt<br />
weiters durch die häufige Nennung von<br />
weiblichen Textpersonen auf.<br />
Für die Frage nach der Macht im Geschlechterverhältnis,<br />
die der Dissertation<br />
zugrunde liegt, kann es daher in besonderer<br />
Weise herangezogen werden.<br />
Das vierte Kapitel des Buches (Ri 4)<br />
erzählt von einem kriegerischen Konflikt<br />
zwischen Kanaan und dem Volk Israel sowie<br />
von der Rettung Israels und dem Untergang<br />
der Feinde. Die Erzählung präsentiert zwei<br />
Frauen (Debora und Jaël) und zwei Männer<br />
(Barak und Sisera) als HauptakteurInnen.<br />
Die auf den ersten Blick scheinende<br />
Gleichrangigkeit in der Darstellung ermöglicht<br />
es, die Machtbeziehungen der<br />
Textpersonen zu erörtern: „Wie spricht Ri<br />
4 von Macht und wem schreibt der Text<br />
welche Art von Macht zu?“<br />
SS<br />
Phänomene der Macht<br />
Aus dem Erkenntnisinteresse der Arbeit ergibt<br />
sich die Notwendigkeit, transparent zu<br />
machen, was mit dem Phänomen „Macht“<br />
gemeint ist. So wird nach Darstellung der<br />
hermeneutischen Voraussetzungen der<br />
Machtbegriff aus unterschiedlichen philosophischen,<br />
politischen und soziologischen<br />
Ansätzen beleuchtet. Gemeinsam<br />
ist den vier vorgestellten Machtmodellen<br />
von Heinrich Popitz, Hannah Arendt,<br />
Michel Fou<strong>ca</strong>ult und Byung-Chul Han die<br />
Charakterisierung von Macht als menschliche<br />
Fähigkeit des Handelns. Weiters<br />
ist Macht ein Beziehungsgeschehen.<br />
Sie wird ge und erlebt und damit in Beziehungsverhältnissen<br />
relevant. Wer demzufolge<br />
Machtkonstellationen in biblischen<br />
Erzähltexten sichtbar machen will, fragt<br />
danach, wer handelt, wie die Handlungen<br />
das Beziehungsgeschehen beeinflussen<br />
und in welcher Sichtweise diese zur<br />
Darstellung gelangen. Handeln meint das<br />
Ausführen sowohl verbaler als auch nonverbaler<br />
Aktionen. Diese drei Ebenen,<br />
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