rudern-aviron-canottaggio 6/2012 (Dez. 12) - Schweizerischer ...
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Leistungssport<br />
Rücktritt von André Vonarburg<br />
Das langjährige Aushängeschild der Schweizer Ruderszene tritt nach einer eindrücklichen<br />
Karriere vom Leistungssport zurück.<br />
Nach Olympia London hat sich der langjährige<br />
Nationalmannschafts-Ruderer André<br />
Vonarburg dazu entschlossen, neue Prioritäten<br />
zu setzen. Damit verbunden ist der<br />
Abschied vom Status des Profiruderers und<br />
der Rücktritt vom Leistungssport. André<br />
Vonarburg trat erstmals 1995 mit dem 3.<br />
Platz im Achter bei den Juniorenweltmeisterschaften<br />
in Poznan international in<br />
Erscheinung. 17 Jahre und 4 Olympiateilnahmen<br />
später war der BaselHead im Boot<br />
der Swiss Selection der letzte Karrierewettkampf.<br />
Wir unterhielten uns mit ihm über<br />
seine lange Karriere.<br />
André, 1995 warst du erstmals international<br />
im Einsatz. Kannst du dich noch<br />
daran erinnern?<br />
Klar, wir standen im Achter an der Junioren-<br />
WM in Poznan am Start, hatten eine tolle<br />
Zeit im Trainingslager hinter uns und<br />
krönten unsere Saison mit dem Gewinn der<br />
Bronzemedaille. Der Rudersport hatte mich<br />
endgültig gepackt und meine Vision, einmal<br />
an den Olympischen Spielen teilzunehmen<br />
wurde zur konkreten Zielsetzung.<br />
Nach London hast Du nun mit der vierten<br />
Olympiateilnahme Deinen Rücktritt<br />
erklärt. Wie fühlst Du dich nach dem<br />
Rücktrittsentscheid?<br />
Erstaunlich gut. Mein neuer Job bei der<br />
KPMG macht mir Spass, unsere kleine Tochter<br />
Amélie gedeiht prächtig und sportlich bin<br />
ich noch immer aktiv. Der Rücktritt war ja<br />
auch für mich keine Überraschung und von<br />
langer Hand geplant. Ich habe die Zeit als<br />
Spitzensportler sehr genossen, war mir aber<br />
stets bewusst, dass dieses privilegierte Leben<br />
ein Ende haben wird. Aber Hand aufs Herz,<br />
es gibt Momente, da würde ich am Morgen<br />
lieber aufs Wasser gehen als ins Büro.<br />
Du hast verschiedene Epochen mitgemacht.<br />
Das Ende der goldenen Ära von Sydney,<br />
der stetige Niedergang mit dem Alleinsein<br />
in Beijing bis zu den wachsenden Londoner<br />
Hoffnungen. Wie hast Du diese wechselnden<br />
Zyklen miterlebt?<br />
Persönlich habe ich die Situation nie als so<br />
gravierend empfunden. Die fehlende Kontinuität<br />
und der ständige Wechsel von Nationaltrainer<br />
und Trainingsphilosophie im Verband<br />
haben aber dazu geführt, dass ich lange<br />
Zeit mit meinem Trainer Reto Wyss einen<br />
eigenen Weg gegangen bin. Für mich war es<br />
eine spannende Zeit, da ich sehr selbstständig,<br />
mit neuen, modernen Trainingsmethoden<br />
und viel mit ausländischen Athleten trainieren<br />
konnte. Erst als ich dann in Peking<br />
ganz alleine am Start stand, wurde mir<br />
bewusst, wie sehr ich ein Team um mich<br />
herum vermisse. Das war keine schöne Erfahrung<br />
und der Hauptgrund, wieso ich nur<br />
noch im Mannschaftsboot weitermachen<br />
wollte. Dass wir in London wieder mit einem<br />
Team von acht Athleten vertreten waren, lässt<br />
mich wieder positiv in die Zukunft blicken.<br />
Jahrelang sasst Du mit deinem Clubkollegen<br />
Florian Stofer im selben Boot.<br />
Welche Bedeutung hat(te) er für Dich?<br />
Obwohl wir nur gerade hundert Meter entfernt<br />
von einander aufgewachsen sind, haben wir uns<br />
erst im Seeclub Sempach richtig kennengelernt.<br />
Rudern mit Florian im Doppel zweier hat von<br />
Anfang an Spass gemacht. Schnell haben wir<br />
bemerkt, dass wir auch ausserhalb des Bootes<br />
viel Spass haben können. Wir haben unzählige<br />
Berge bestiegen, Ausflüge in den Trainingslagern<br />
gemacht und lustige Jassabende erlebt. Das<br />
eine oder andere werden wir auch künftig noch<br />
zusammen unternehmen.Die zwei Saisons, die<br />
wir im Doppelzweier gesessen sind, haben uns<br />
zusammengeschweisst.<br />
Welche Hoffnungen und Ziele haben sich<br />
im Karriereverlauf erfüllt...?<br />
Ich durfte viermal an Olympischen Spielen<br />
teilnehmen, erlebte eine wunderbare Zeit<br />
mit Hochs und Tiefs, habe durch den Sport<br />
die ganze Welt bereist und viele spannende<br />
Menschen (und vor allem mich selber) kennengelernt.<br />
Ich bin dankbar, dass ich meine<br />
Leidenschaft für eine gewisse Zeit zu meinem<br />
Beruf machen durfte und von gröberen Verletzungen<br />
verschont geblieben bin.<br />
...und welche sind nicht eingetroffen?<br />
Natürlich macht man Spitzensport, um ganz<br />
nach vorne zu kommen. Leider blieb mir<br />
eine Medaille an Olympischen Spielen und<br />
Elite-Weltmeisterschaften verwehrt.<br />
Gibt es Personen, welche während Deiner<br />
Karriere als Trainer, Betreuer oder Sponsor<br />
für Dich eine wichtige Rolle einnahmen?<br />
Allen voran war es mein langjähriger Trainer<br />
Reto Wyss, der in mir das Feuer für den<br />
Spitzensport entzündete und mit mir 15 Jahre<br />
durch dick und dünn gegangen ist. Aber<br />
auch viele Ruderer, die mit mir im Boot<br />
gesessen sind, haben mich geprägt und<br />
beeindruckt. Speziell Michael Erdlen, mit<br />
dem ich als 19-Jähriger Athlet während drei<br />
Jahren in Trainingslagern und an Wettkämpfen<br />
das Zimmer geteilt und so manches<br />
erlebt habe. Gerade in der Zeit als Einerfahrer<br />
war es enorm wichtig, ein starkes Team<br />
um mich herum zu haben. Dazu gehörten<br />
vor allem auch mein Sportwissenschaftler<br />
Claudio Perret von der Sportmedizin Nottwil<br />
und all meine Sponsoren und Gönner.<br />
Im Karriereverlauf trifft man viele Leute.<br />
Haben sich auch Bekanntschaften mit<br />
Sportlerkollegen ergeben, die über die Karriere<br />
hinauswirken werden?<br />
Im Spitzensport sind es jeweils Interessengemeinschaften,<br />
die sich im Boot zusammenfinden.<br />
Erst dann stellt sich heraus, ob man<br />
sich mag oder eher nicht. So ist es nicht weiter<br />
verwunderlich, dass man einige ehemalige<br />
Teammitglieder nach dem letzten<br />
8 RudernAvironCanottaggio 06/<strong>12</strong>