PUNKT UND KREIS Michaeli 2014 -- Initiativ werden!
Zeitschrift für anthroposophische Heilpädagogik, individuelle Entwicklung und Sozialkunst Heft Nr. 37, Michaeli 2014; Schwerpunktthema: Initiativ werden!
Zeitschrift für anthroposophische Heilpädagogik, individuelle Entwicklung und Sozialkunst
Heft Nr. 37, Michaeli 2014; Schwerpunktthema: Initiativ werden!
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
THEMA<br />
<strong>PUNKT</strong> und <strong>KREIS</strong><br />
CHOROI – das sind 50 Jahre Musikinstrumentenbau in<br />
der Sozialtherapie: Seit über 35 Jahren arbeitet Reinhold<br />
W. in der Choroi-Abteilung der Troxler-Haus Werkstätten,<br />
einer sozialtherapeutischen anthroposophischen Einrichtung,<br />
die in Wuppertal ca. 450 erwachsene Menschen mit<br />
Behinderungen beschäftigt. Als Teil der Einrichtung kooperiert<br />
sie gleichzeitig eng mit neun weiteren Choroi-Werkstätten,<br />
die in Nord- und Mitteleuropa verteilt sind. Eine<br />
im Musikinstrumentenbau wohl einmalige Konstellation,<br />
mit weitgesteckten Zielen, ungewöhnlichen Aufgabenstellungen<br />
und bemerkenswerten Erfolgen, die <strong>2014</strong> ihr<br />
fünfzigjähriges Bestehen feiert. Dass es so lange erfolgreich<br />
lief, liegt sicher mit an dem besonderen Konstrukt<br />
dieser Institution ‹Choroi› und an dem weitsichtigen, immer<br />
noch höchst aktuellen Konzept, das die Grundlage ihrer<br />
Arbeit ist. Choroi wurde gegründet, um Raum für neue<br />
musikalische Ideen und Erkenntnisse zu schaffen, neue Instrumente<br />
zu kreieren, die diese Entwicklung unterstützen<br />
und gleichzeitig neue assoziative Formen der Teamarbeit<br />
im Sozialbereich zu finden, auch über Landesgrenzen hinweg.<br />
Ein kleiner Vorgriff auf die Globalisierung sozusagen,<br />
ausgerichtet auf den Gedanken des gemeinsamen ‹brüderlichen›<br />
Teilens und Handelns, bei dem der Mensch in der<br />
Mitte steht. Etwas, das unser Arbeitsleben mehr denn je<br />
braucht.<br />
Choroi-Instrumente wollen<br />
eine Antwort sein auf<br />
oft noch unbewusste<br />
Hörbedürfnisse unserer Zeit.<br />
Am Anfang war der Ton: Den Impuls zu dieser Entwicklung<br />
gab Anfang der 1960er Jahre der holländische Musiker<br />
und Komponist Norbert Visser. Schon in jungen Jahren<br />
bewegten ihn ‹neue Töne›, die über die bis dahin übliche<br />
Klangwelt hinausgingen. Angeregt durch Rudolf Steiners<br />
Angaben zur Musik und zum Instrumentenbau begann er<br />
eine intensive Forschung zum Wesen des Tons und des<br />
Musikalischen. Daneben beschäftigte er sich bereits mit der<br />
Neuentwicklung von Instrumenten. In der Zusammenarbeit<br />
mit dem holländischen Sozialreformer Bernard Lievegoed<br />
entstand schließlich die Idee, Instrumente besonders für<br />
den pädagogischen Bereich zu entwickeln, die dann auch<br />
in ‹pädagogischen› bzw. sozialtherapeutischen Werkstätten<br />
gebaut <strong>werden</strong> könnten. Damit war der dreifache Impuls<br />
der späteren Choroi- Bewegung geboren:<br />
– Musikerneuerung, erweiterte musikalische Wahr nehmung<br />
– neue Instrumente, die diese Wahrnehmung fördern bzw.<br />
ermöglichen<br />
– sozialtherapeutisch orientierter Instrumentenbau, der sozial<br />
benachteiligten Menschen die Möglichkeit gibt, an<br />
diesen Impulsen mitzuwirken.<br />
Entwicklung ist das Ziel: Die Idee fand sofort großen Anklang<br />
bei MusikerInnen, PädagogInnen und den sich gerade<br />
erst formierenden MusiktherapeutInnen. Es wurden<br />
erste Werkstätten eingerichtet, und 1964 entstand die Stiftung<br />
‹Kind und Instrument›, die später in ‹Choroi Foundation›<br />
umbenannt wurde.<br />
Aus der Musikwelt, aus Schulen und Institutionen kamen<br />
auch sofort Anfragen und Anregungen für neue Instrumente:<br />
«Kann Choroi nicht kleinere Leiern für Kinder entwickeln,<br />
die trotzdem gut klingen?», «Die an den Schulen<br />
üblichen Blockflöten sind vom Klang zu statisch und nicht<br />
14 | michaeli <strong>2014</strong>