Frauen - Diözese Linz
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<strong>Frauen</strong><br />
Besonderen Anklang hat bei unseren Teilnehmer/Innen der im Kursjahr 2002 zum ersten Mal<br />
angebotene Fernkurs „<strong>Frauen</strong>“ gefunden. Anhand verschiedener <strong>Frauen</strong>gestalten aus der<br />
Bibel, berÇhmter und unbekannter <strong>Frauen</strong> aus Geschichte und Gegenwart, werden folgende<br />
Themen behandelt:<br />
� <strong>Frauen</strong>Macht<br />
� <strong>Frauen</strong>Leid<br />
� <strong>Frauen</strong>Beziehungen<br />
� <strong>Frauen</strong>Arbeit<br />
� <strong>Frauen</strong>Gott<br />
� Maria<br />
Sollten wir jetzt Ihr Interesse geweckt haben, stellen wir Ihnen den ersten<br />
Teil des Kurses (<strong>Frauen</strong>Macht) als Leseprobe zur VerfÇgung.<br />
Ein Hinweis: Der gedruckte Kurs enthÉlt zahlreiche Grafiken, die jedoch<br />
aufgrund der DateigrÑÖe hier nicht enthalten sind.<br />
Gerne kÑnnen Sie sich bei uns fÇr diesen Kurs auch anmelden.<br />
Der Kursbeitrag (Unterlagen + Kursbetreuung) betrÉgt 45 €.
� <strong>Linz</strong>er Fernkurs „<strong>Frauen</strong>“<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>Frauen</strong>Macht<br />
Einleitung 3<br />
1. Macht – AnnÅherung an einen Begriff 4<br />
1.1 Was ist Macht? 4<br />
1.2 Gott und die Macht 5<br />
2. Zwischen Macht und Ohnmacht – Kirchenfrauen von heute 6<br />
2.1 Roswitha Unfried 6<br />
2.2 Irmgard Lehner 9<br />
3. Machtvolle <strong>Frauen</strong> an der Wende zum 20. Jahrhundert 11<br />
3.1 Bertha von Suttner 11<br />
3.2 Maria Montessori 13<br />
4. Machtvolle <strong>Frauen</strong> im Mittelalter 16<br />
4.1 Roswitha von Gandersheim 17<br />
4.2 Teresa von Avila 20<br />
5. Machtvolle <strong>Frauen</strong> in der Bibel 24<br />
5.1 Machtvolle <strong>Frauen</strong> im Alten Testament 25<br />
5.1.1 Debora, die Richterin 25<br />
5.1.2 Hulda, die Prophetin und Ratgeberin des KÑnigs 25<br />
5.1.3 StammmÇtter und FÇhrerinnen 26<br />
5.1.4 Priesterinnen? 29<br />
5.1.5 KÑniginnen 30<br />
5.1.6 <strong>Frauen</strong> mit Einfluss auf MÉchtige 32<br />
5.1.7 Rizpa, eine Frau im passiven Widerstand 32<br />
5.2 Machtvolle <strong>Frauen</strong> im Neuen Testament 33<br />
5.2.1 <strong>Frauen</strong> um Jesus – Maria Magdalena 33<br />
5.2.2 <strong>Frauen</strong> der frÇhen Christengemeinden – Lydia, PhÑbe, Junia 36<br />
Literaturtipps 37<br />
Texte zur Besinnung und zur Ermutigung 38<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 2
Macht<br />
Einleitung Helga Haider<br />
Macht ist ein schillernder Begriff. Viele Menschen werden damit negative<br />
Empfindungen verbinden. Oft wird Macht erlitten, denn in gewalttÉtiger AusÇbung<br />
verursacht Macht viel Leid, gerade an <strong>Frauen</strong>.<br />
Doch wo ein Mensch die eigene StÉrke und AutoritÉt einsetzt, um Sinnvolles zu<br />
„machen“, in Bewegung zu bringen, dort kann Macht auch positiv gesehen und erlebt<br />
werden.<br />
Diese Vielfalt des Wortes Macht zu ergrÇnden und Positives der Macht aufzuspÇren,<br />
ist ein Ziel dieses Heftes. Vielleicht gewinnt manche Leserin die Einsicht und den<br />
Mut, machtvolle Aufgaben (im kleinen oder groÖen Rahmen) nicht vorschnell als<br />
„unweiblich“ zu qualifizieren.<br />
Im Laufe der Geschichte hat es immer wieder machtvolle <strong>Frauen</strong> gegeben. Diese<br />
waren aber meist eine Ausnahmeerscheinung. Allerdings war die<br />
Geschichtsschreibung noch bis ins 19. Jahrhundert allein in der Hand von MÉnnern.<br />
So kann es sein, dass aus mÉnnlicher Sicht auch so manche mÉchtige Frau nicht<br />
erwÉhnenswert erschien.<br />
Dieses Heft ist wie ein Mosaik, es schildert das Leben einzelner <strong>Frauen</strong> aus der<br />
Gegenwart, aus der Geschichte und aus der Bibel, an deren Schicksal auch<br />
manches an strukturellen und gesellschaftlichen Bedingungen einer Zeit sichtbar<br />
wird. Diese Portraits sind exemplarisch ausgewÉhlt.<br />
� Zwei <strong>Frauen</strong> aus dem 20/21. Jhd., die an verschiedenen Punkten des Aufbruchs<br />
der <strong>Frauen</strong> in der Kirche stehen, machen den Anfang.<br />
� Ihnen folgen zwei Personen, die am Anfang der gesellschaftlichen <strong>Frauen</strong>emanzipation<br />
standen.<br />
� Dann kommen zwei <strong>Frauen</strong>, stellvertretend fÇr die mÉchtigen „Ausnahmefrauen“<br />
des Mittelalters und der frÇhen Neuzeit.<br />
� AnschlieÖend geht es zurÇck in die Antike, in der die biblischen Schriften<br />
entstanden sind. Auch in der Bibel begegnen uns <strong>Frauen</strong>schicksale, die<br />
machtvolle ZÇge tragen.<br />
Gerade bei den auÖerbiblischen Portraits fÉllt auf, dass Ordensfrauen oder<br />
kinderlose <strong>Frauen</strong> Çberwiegen. Das mag damit zusammenhÉngen, dass es in der<br />
Vergangenheit (vielleicht auch noch teilweise heute) fÇr <strong>Frauen</strong>, die in Beziehungen<br />
leben und Kinder erziehen, noch schwieriger ist, eine gesellschaftliche und politische<br />
Aufgabe zu Çbernehmen.<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 3
1. Macht – AnnÅherung an einen Begriff<br />
Macht ist ein hÉufig verwendetes Wort. Es ist wert nachzudenken, was dieses Wort<br />
bedeutet. Eine Gruppe von angehenden Religionslehrerinnen wurden gebeten<br />
aufzuschreiben, was sie mit diesem Wort verbinden. Hier sind die Ergebnisse dieser<br />
Assoziationen:<br />
Diese AufzÉhlung ist nicht vollstÉndig, sicher fÉllt Ihnen noch das eine oder andere<br />
Wort dazu ein. Dennoch gibt diese kurze àbung wieder, dass in vielen<br />
Lebensbereichen Macht eine Rolle spielt und dass mit Macht verschiedene GefÇhle<br />
verbunden sind.<br />
1.1 Was ist Macht?<br />
àberall dort, wo Menschen zusammenleben, wird Macht ausgeÇbt, tritt Macht auf. Oft<br />
steht Macht mit àberlegenheit, Wissensvorsprung, OrganisationsfÉhigkeit und auch<br />
mit einer Angst derer, an denen machtvoll gehandelt wird, in Zusammenhang.<br />
Macht hat zu tun mit entgegengesetzten Interessen, mit àber- und Unterordnung, in<br />
der andere beeinflusst werden und das auch gegen ihren Willen.<br />
Macht kann auf einer erworbenen oder auch „natÇrlichen“ AutoritÉt beruhen. Jemand<br />
hat etwas zu sagen, zu bestimmen, weil er/sie sich durch Wissen, KÑnnen und<br />
Erfahrung bewÉhrt hat.<br />
Es gibt ...<br />
� charismatische Macht, die auf der Berufung eines FÇhrers oder einer FÇhrerin<br />
beruht,<br />
� geistige Macht, die sich durch einen Informations- oder Wissensvorsprung<br />
auszeichnet,<br />
� wirtschaftliche Macht, die mit den BedÇrfnissen der Menschen und dem Besitz der<br />
Mittel zusammenhÉngt,<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 4
� und politische Macht, die in verschiedenen politischen Systemen ihre AusprÉgung<br />
findet.<br />
Macht wird nicht immer in gleicher Weise ausgeÇbt. Das ist vielleicht auch der Grund,<br />
warum das Wort „Macht“ so unterschiedliche Empfindungen auslÑst.<br />
� Macht ist die FÉhigkeit und MÑglichkeit, etwas zu tun, etwas durchzusetzen,<br />
gegebenenfalls auch gegen den Widerstand anderer.<br />
� Macht birgt die MÑglichkeit der Gewaltanwendung in sich.<br />
� Macht kann auch gemeinsam mit anderen ausgeÇbt werden. Macht auszuÇben kann<br />
so auch heiÖen, sich mit anderen zusammenzuschlieÖen und im Einvernehmen mit<br />
ihnen zu handeln. Hier tut sich die Frage auf, wie sich alle an der Macht beteiligen<br />
kÑnnen.<br />
� Macht kann auch als Anziehungskraft, als Gestaltungs- und Verwandlungskraft<br />
gesehen werden. Diese Macht wÉchst und nimmt zu, so dass sie immer grÑÖer wird,<br />
je mehr sie geteilt wird und je mehr <strong>Frauen</strong> und MÉnner diese Macht auch fÇr sich<br />
selbst ergreifen.<br />
Zwischen Macht und Ohnmacht<br />
Doch wieder zurÇck zu unseren eigenen Erfahrungen, jenseits von Definitionen. Wir<br />
erfahren Macht und Ohnmacht, sind machtvoll - machtlos - mÉchtig, haben Einfluss,<br />
Çben Macht aus, stehen in verschiedenen Machtspielen, erfahren den<br />
Zusammenhang von Macht - AutoritÉt - VermÑgen - und wissen, dass Macht<br />
„schmutzige HÉnde macht“. Macht bzw. „Kompetenz“ hat, wer etwas zu sagen hat.<br />
<strong>Frauen</strong> werden aber oft mundtot gemacht und erleiden gewalttÉtige Macht. Oft fÇgen<br />
sie sich ein in bestehende GefÇge, erleben sich als ohnmÉchtig.<br />
Macht hat etwas damit zu tun, was die/der andere aus mir macht, wozu ich die/den<br />
andere/n mache. Menschen „machen“ das Schicksal anderer. Es steht in meiner<br />
Macht, zu tun - zu veranlassen - etwas zu lassen. Macht ist mit Verantwortung<br />
gekoppelt.<br />
<strong>Frauen</strong> haben Macht, herrsch(t)en in den eigenen vier WÉnden; sie griffen und greifen<br />
zur List, wenn sie sich machtlos fÇhlen, wÇnschen, dass ihre Kompetenz anerkannt wird.<br />
Anregungen:<br />
� Werden <strong>Frauen</strong>, die AutoritÉt und Kompetenz haben, etwas zu sagen haben, gehÑrt?<br />
� Wie gehen Kirche und Gesellschaft mit weiblicher Macht um?<br />
� Wie erlebe ich Macht in der Kirche?<br />
� Wie erlebe ich Macht in der Gesellschaft?<br />
1.2 Gott und die Macht<br />
Das apostolische Glaubensbekenntnis beginnt mit dem Bekenntnis zum allmÉchtigen<br />
Vater. In der Gebetssprache vieler kommt - im Gegensatz zur kirchlichen Sprache -<br />
das Eigenschaftswort „allmÉchtig“ kaum vor; zu sehr verbinden wir mit der Allmacht<br />
Gottes menschliche AbhÉngigkeit und Ohnmacht gegenÇber gÑttlicher WillkÇr. Oft<br />
wird die Frage gestellt, wie sich Gottes Allmacht mit seiner Liebe und Barmherzigkeit<br />
vereinen lÉsst.<br />
Die Bibel bekennt, dass der Gott Israels der allein MÉchtige ist: Durch sein Wort<br />
erschafft er die Welt. Die Menschen und VÑlker verdanken ihm ihr Dasein und sind ihm<br />
zu- und untergeordnet. Dem Weltbild und der Gesellschaftsform der damaligen Zeit<br />
entsprechend wird Gott meist mÉnnlich gedacht. Seine Macht rettet, hilft, ist barmherzig<br />
- das hat sich in der Geschichte bewiesen. Darum wird einerseits die Macht, Kraft Gottes<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 5
gepriesen (Ps 8,2.10; 118,15; Lk 1,51f), andererseits wenden sich bedrÉngte Menschen<br />
in vielen Gebeten an Gott, den AllmÉchtigen. Er ist fÇr sie die letzte Zuflucht und Hilfe<br />
(Ps 27,1; 54,3; 1 Sam 1,10).<br />
Gott hat immer wieder Menschen mit seinem Geist ausgestattet und an seiner Macht<br />
teilhaben lassen (1 Sam 16,13; Jer 1,8; Lk 1,35; 4,18). Den bekennenden Lobpreis,<br />
dass fÇr Gott nichts unmÑglich ist, erfÉhrt Sara (Gen 18,14) ebenso wie Maria (Lk 1,37)<br />
in ihrem Leben.<br />
Die Wunder Jesu sind Machttaten Gottes. In der Auferweckung Jesu wird die Macht<br />
Gottes in unÇberbietbarer Weise deutlich. Jene, die Jesu Machttaten erleben, preisen<br />
Gott, der den Menschen solche Vollmacht gegeben hat (Mt 9,8; Joh 5,19ff).<br />
Christen haben von ihm die Zusage seiner Gegenwart (Mt 28,20: „Ich bin bei euch<br />
...“). Getragen von dieser Zusage werden sie gesandt, in seinem Namen und in<br />
seiner Vollmacht das Evangelium in der ganzen Welt zu verkÇnden (vgl. Mt 28,16-20;<br />
Apg 1,8). Diese Botschaft kÇndet von Gott, der menschliche MaÖstÉbe Çbersteigt,<br />
gÇtig, barmherzig und allmÉchtig ist. Gott vereint also in sich Eigenschaften, die<br />
menschlich als GegensÉtze erfahren werden.<br />
Anregungen:<br />
� Welche GefÇhle verbinde ich mit Macht, mit mÉchtig?<br />
� Wo Çbe ich Macht aus?<br />
� Wo erfahre ich Macht?<br />
� Wo wurde mir Macht angetan?<br />
� Gott ist allmÉchtig – was verbinde ich mit diesem Bekenntnis?<br />
2. Zwischen Macht und Ohnmacht – Kirchenfrauen von heute<br />
2.1 Roswitha Unfrie<br />
Ich will Ihnen ein paar Dinge aus meinem Leben erzÉhlen. Es ist<br />
wichtig, die eigene Lebensgeschichte zu kennen, die eigenen<br />
Wurzeln zu erspÇren, um Çber ein Thema wie Macht nachdenken zu<br />
kÑnnen. Wo komme ich her? Wo liegen meine Wurzeln? Warum<br />
handle ich so und nicht anders? Das frage ich mich immer wieder.<br />
Ich mache aber auch oft die Erfahrung, dass sich mein Blick fÇr<br />
andere Menschen Ñffnet, wenn ich mich selbst besser verstehe.<br />
Geboren wurde ich im Jahr 1940 in <strong>Linz</strong> als zweites von sechs Kindern.<br />
Psychologisch gesehen bin ich so etwas wie ein „Doppelsandwichkind“: Meine<br />
Schwester ist Élter, meine vier BrÇder sind jÇnger. Das hat mein Leben nicht<br />
unwesentlich geprÉgt: Ich erinnere mich, dass ich bis zu meinem zehnten Lebensjahr<br />
an meiner groÖen Schwester gemessen wurde und nicht mithalten konnte („Eine<br />
gute Rechtschreibung wirst du nie lernen!“). Obwohl mein Éltester Bruder jÇnger ist<br />
als ich, nannte ihn mein Vater den „Erstgeborenen“ (im biblischen Sinn). SpÉter<br />
wurden meine Schwester und ich die guten Vorbilder fÇr die BrÇder, vor allem was<br />
die Schulerfolge betraf. Ich vermute, dass mein GefÇhl, nie genug zu tun und nie gut<br />
genug zu arbeiten, auf diese Zeit zurÇckgeht.<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 6
Meine Eltern waren kirchlich sehr engagiert. Darum war es selbstverstÉndlich, dass<br />
auch ich in der Pfarre zunÉchst in Kinder- und Pfarrgruppen mittat. Schon mit<br />
vierzehn Jahren wurde ich „JungscharfÇhrerin“.<br />
Studieren wollte ich nach der Matura nicht. Es wÉre auch fÇr meine Eltern sehr<br />
schwierig gewesen, allen Kindern das Studium zu ermÑglichen - und meine BrÇder<br />
hatten Vorrang, so meinte ich. Ich war obendrein davon Çberzeugt, dass ein<br />
Theologiestudium damals nur zum Lehrberuf gefÇhrt hÉtte - und Lehrerin wollte ich<br />
nicht werden.<br />
Mit fÇnfundzwanzig Jahren schloss ich mich einer kleinen Ordensgemeinschaft an,<br />
den <strong>Frauen</strong> von Bethanien. Zur Ausbildung (Postulat und Noviziat) ging ich nach<br />
Holland. Es war mir klar geworden, dass ich in der Kirche, nÉherhin in der<br />
GlaubensverkÇndigung fÇr Erwachsene bzw. in der Basispastoral arbeiten wollte.<br />
Das schien mir als alleinstehende Frau nicht mÑglich, auch nicht als Frau mit einer<br />
eigenen Familie. Vorbilder in dieser Hinsicht kannte ich nicht. Sie waren auch nicht<br />
so dicht gesÉt wie heute. AuÖerdem wollte ich keine EinzelkÉmpferin sein, sondern<br />
in einer Gemeinschaft leben. Die SpiritualitÉt und die Lebensform der <strong>Frauen</strong> von<br />
Bethanien zogen mich an, gaben und geben mir die „geistige Heimat“, aus der ich<br />
lebe.<br />
FÇr meine Berufung und mein Berufsziel war es unerlÉsslich, etwa dieselbe<br />
Ausbildung zu haben wie ein Priester. Ich studierte also Theologie. Meine<br />
Mitschwestern und ich gehÑrten zu den ersten <strong>Frauen</strong>, die in Amsterdam und Utrecht<br />
Theologie studierten. In dieser Zeit des Studiums wurde mir besonders deutlich, was<br />
es heiÖt, anders zu sein: Ich war AuslÉnderin, Frau, und bereitete mich nicht (und<br />
das war im Jahr 1968 noch fÇr meine mÉnnlichen Mitstudenten mehr oder weniger<br />
klar) auf den Priesterberuf vor. Letzteres ist mir erst so nach und nach zum Problem<br />
geworden, als ich in kein Berufsbild passte und es noch keine Rollenbeschreibung<br />
fÇr eine katholische Theologin zu geben schien. WÉhrend des Studiums war ich von<br />
so mancher Lehrveranstaltung befreit (z. B. Homiletik = Predigtlehre), weil dies ja<br />
spÉter sowieso fÇr mich nicht in Frage kÉme. Ich versuchte mich anzupassen, aber<br />
nicht im kreativen Sinn, sondern ich arrangierte mich so gut wie mÑglich mit den<br />
bestehenden Gegebenheiten.<br />
Nach dem Studium kehrte ich nach <strong>Linz</strong> zurÇck. Es war fÇr mich nicht einfach, Arbeit<br />
als Theologin zu finden. Im Nachhinein denke ich, dass ich einige Jahre zu frÇh<br />
Pastoralassistentin werden wollte. Ein diesbezÇglicher Versuch hat mich viel Kraft<br />
gekostet. Gerade in dieser Zeit habe ich viel Macht und Ohnmacht erfahren.<br />
SchlieÖlich habe ich doch eine Art Lehrberuf gefunden und zwar in einer zweifachen<br />
Form:<br />
Einerseits unterrichtete ich an der ReligionspÉdagogischen Akademie und in der<br />
Vergangenheit auch an der Katholisch - Theologischen Hochschule Einleitung in das<br />
Alte Testament. Ich versuchte durch die Vermittlung von biblischen Inhalten an die<br />
zukÇnftigen ReligionslehrerInnen, die GlaubensverkÇndigung auf eine gute<br />
Grundlage zu stellen. Andererseits arbeite ich auf biblischem Gebiet in der<br />
Erwachsenenbildung im Rahmen des Bibelwerkes der DiÑzese <strong>Linz</strong>.<br />
Begleitet hat mich in den letzten 25 Jahren das Motto: „Das MÑgliche tun und das<br />
UnmÑgliche erhoffen“, denn bei Gott ist nichts unmöglich (vgl. Gen 18,14 und Lk 1,37).<br />
In folgendem Lied spiegelt sich vieles wider, was ich im Nachdenken Çber mein<br />
Leben empfinde.<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 7
Anregungen:<br />
Versuchen Sie Ihr eigenes Leben zu beschreiben (am besten aufzuschreiben). Als<br />
Hilfe dazu kÑnnen die folgenden Fragen dienen:<br />
� Was (wer) hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin?<br />
� Was (wer) hat mich positiv oder negativ beeinflusst?<br />
� Wo habe ich Macht und Ohnmacht in meinem Leben erfahren?<br />
� Wo wurden mir Grenzen gesetzt – wo wurde ich mir meiner Grenzen bewusst?<br />
� Wie bin ich mit Grenzen umgegangen?<br />
� Was wÇrde ich nach meiner heutigen Sicht anders machen?<br />
� Was hat das mit meinem Glauben zu tun?<br />
2.2 Irmgard Lehner<br />
(aus: Lieder zur Bibel, Nr. 41)<br />
Macht – der Klang dieses Wortes hat sich fÇr mich im Lauf<br />
meiner einunddreiÖig Lebensjahre sehr<br />
verÉndert. Vor zehn Jahren assoziierte ich eher<br />
Begriffe wie: rÇcksichtslos, hart, einsam, keine<br />
Diskussion, mÉchtig sind immer die Anderen.<br />
Heute fÉllt mir zuerst ein, dass „Macht“ vom Wort<br />
„machen“ kommt. Wer machtvoll ist, kann etwas<br />
machen – wer ohnmÉchtig ist, kann es nicht.<br />
Macht haben heiÖt, das Leben, die Welt, die<br />
Gesellschaft, ... gestalten zu kÑnnen. Es heiÖt,<br />
meine Gedanken, FÉhigkeiten, àberzeugungen,<br />
Visionen, meine SpiritualitÉt und meine Lebenswirklichkeit<br />
einbringen zu kÑnnen.<br />
Macht haben bedeutet, entscheiden zu kÑnnen, Einfluss nehmen zu kÑnnen. Ich<br />
kann fÇr mich selbst sprechen und werde gehÑrt. Unter Macht verstehe ich die<br />
MÑglichkeit, Ideen und Entwicklungen voranzutreiben, im GesprÉch mit anderen und<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 8
in gemeinsamen Aktionen. In diesem Sinn halte ich Macht fÇr etwas ÉuÖerst<br />
Erstrebenswertes, mÉchtige Positionen fÇr eine groÖe GestaltungsmÑglichkeit.<br />
1969 geboren, bin ich in einer Zeit aufgewachsen, in der fÇr MÉdchen schon vieles<br />
mÑglich war, in der die Rollenbilder fÇr <strong>Frauen</strong> sich schon etwas geweitet haben. In<br />
meinen 31 Jahren <strong>Frauen</strong>leben habe ich im privaten, gesellschaftlichen und<br />
beruflichen Bereich sowohl Erfahrungen der Macht als auch der Ohnmacht<br />
gesammelt. Heute lebe ich als Ehepartnerin und Mutter von zwei Kindern, als<br />
Theologin im Arbeitsfeld Kirche, als Teilzeithausfrau und -erzieherin.<br />
Im Leben einer Beziehung mit einem Partner, im Leben mit Kindern stellt sich die<br />
Frage der Macht immer wieder: Kinder zu erziehen, sie ins Leben zu begleiten, hat<br />
tÉglich zu tun mit Entscheidungen, Gestaltung, MachtausÇbung. Die eigene Macht so<br />
einzusetzen, dass sie die anderen nicht ohnmÉchtig werden lÉsst, das ist dabei wohl<br />
die Kunst. Respekt und Toleranz sind gefragt und das Akzeptieren der Freiheit der<br />
anderen.<br />
Die letzten fÇnf Jahre habe ich mit viel Freude und GestaltungsmÑglichkeit (auch in<br />
der Liturgie) als Pastoralassistentin in einer Pfarre gearbeitet. Seit September 2000<br />
habe ich die Aufgabe der <strong>Frauen</strong>beauftragten der DiÑzese <strong>Linz</strong> Çbernommen.<br />
„<strong>Frauen</strong> und Macht“ ist in der Kirche noch einmal mehr ein heiÖes Thema. Als<br />
<strong>Frauen</strong>beauftragte will ich meine Macht dafÇr einsetzen, dass verschiedenste <strong>Frauen</strong><br />
in unserer Kirche gut leben kÑnnen.<br />
Ein StÇck ohnmÉchtig erlebe ich mich in der Kirche bezÇglich der Frage der<br />
Diakoninnen bzw. Priesterinnen. Die Amtsfrage in der Kirche ist meines Erachtens<br />
vorrangig eine Machtfrage und auch als solche zu diskutieren. Wenn <strong>Frauen</strong> sich an<br />
der Macht beteiligen, mÇssen MÉnner ein StÇck Macht abgeben. Dass das kein<br />
Verlust, sondern sogar ein Gewinn fÇr MÉnner und <strong>Frauen</strong> ist, sollte nicht Çbersehen<br />
werden.<br />
Aber das sind wohl Zukunftsgedanken – hoffentlich keine reinen Utopien. Zur Zeit<br />
heiÖt es fÇr mich den Weg weitergehen – trotzdem auch andere, neue Wege suchen,<br />
kreativ den Rahmen der Kirche nutzen und in die Weite gehen unter dem Motto: „Der<br />
Weg wÉchst im Gehen unter unseren FÇÖen“.<br />
Besonders wichtig ist mir auch der Zusammenhang zwischen Macht und<br />
ErmÉchtigung durch andere <strong>Frauen</strong>. In <strong>Frauen</strong>runden, <strong>Frauen</strong>liturgien und im<br />
âsterreichischen <strong>Frauen</strong>forum Feministische Theologie erlebe ich immer wieder wie<br />
<strong>Frauen</strong> sich gegenseitig ermÉchtigen und sich bestÉrken, ihren eigenen Gedanken<br />
und FÉhigkeiten zu trauen. Wenn ich anderen <strong>Frauen</strong> WertschÉtzung<br />
entgegenbringe, unterstÇtze ich sie und zugleich mich. Indem ich anderen <strong>Frauen</strong><br />
AutoritÉt zuschreibe, verleihe ich auch mir selbst (meiner eigenen Erfahrung)<br />
AutoritÉt.<br />
Macht, machtvolle MÑglichkeiten entstehen aus Beziehung, aus Vernetzung<br />
untereinander. Ich hÉtte die Aufgabe der <strong>Frauen</strong>beauftragten wohl nicht<br />
Çbernommen, hÉtte es nicht jene <strong>Frauen</strong> gegeben, die mich bestÉrkt und unterstÇtzt<br />
haben.<br />
Macht haben bedeutet auch Verantwortung zu haben und sich nicht zu drÇcken, aber<br />
auch keine zu hohen AnsprÇche an sich selbst zu stellen. So wie ich bin, bin ich von<br />
Gott geliebt und genÇge ich. Das, was ich kann, bringe ich ein und nicht alles liegt in<br />
meiner Hand. Mir ist wichtig zu wissen, was ich will, mir selbst zu trauen und<br />
MÑglichkeiten der Gestaltung, Entscheidung und der Macht auch zu ergreifen.<br />
Den Rahmen dafÇr steckt ein Lied von Claudia Mitscha-Eibl ab:<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 9
Anregung:<br />
Finde den Raum,<br />
deinen Traum zu entfalten,<br />
finde die Kraft,<br />
deine Welt zu gestalten.<br />
Augen, die Recht und Unrecht seh´n,<br />
Ohren, die laut und leis´ versteh´n,<br />
Füße, die neue Wege geh´n,<br />
Hände, die Hände halten.<br />
� Das Bild auf Seite 9 zeigt Irmgard Lehner betend beim Altar - Was lÑst dieses Bild<br />
in mir aus?<br />
(Irmgard Lehner)<br />
3. Machtvolle <strong>Frauen</strong><br />
an der Wende zum 20. Jahrhundert Helga Haider<br />
In diesem Abschnitt werden zwei „profane Ahnfrauen“ in ihrer gesellschaftlichen<br />
Bedeutung dargestellt. Sie haben Ideen umgesetzt, von denen zum Teil <strong>Frauen</strong> und<br />
MÉnner in gleicher Weise profitier(t)en. Sie handelten als Einzelpersonen und<br />
brauchten daher fÇr ihre TÉtigkeiten besonderen Mut und Pioniergeist. Die Tatsache,<br />
dass sie <strong>Frauen</strong> waren, erschwerte zum einen die Verwirklichung ihrer PlÉne. Doch<br />
zum anderen bahnten sie durch die àberwindung vieler Hindernisse der<br />
Emanzipation der <strong>Frauen</strong> und ihrer Gleichberechtigung den Weg. Sie haben dazu<br />
beigetragen, dass gesellschaftliche Entwicklungen den <strong>Frauen</strong> mehr Rechte und<br />
einflussreicheres Handeln ermÑglichten.<br />
3.1 Bertha von Suttner (1843 - 1914)<br />
Bertha von Suttner wurde 1843 als GrÉfin Kinski in Prag geboren. Ihr Lebenslauf ist<br />
ungewÑhnlich fÇr eine Frau ihrer Zeit und ihres Standes.<br />
Als ihre Familie in finanzielle Schwierigkeiten gerÉt, nimmt sie mit 30 Jahren eine<br />
Stelle als Gouvernante bei Baron Suttner in Wien an. Dort verliebt sie sich in den<br />
Sohn des Hauses, Arthur Suttner, der sieben Jahre jÇnger ist als sie. Als die<br />
Beziehung auffliegt, muss sie das Haus verlassen.<br />
Sie geht nach Paris und wird von Alfred Nobel (ein schwedischer Chemiker und<br />
Industrieller, Erfinder des Dynamit) als SekretÉrin eingestellt. Doch dann heiratet<br />
Bertha heimlich Arthur Suttner und flieht mit ihm in den Kaukasus. Dort lebt das Paar<br />
neun Jahre unter Érmlichen Bedingungen. Es hÉlt sich durch Gelegenheitsarbeiten<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 10
Çber Wasser (Sprachunterricht, Zeitungsartikel, àbersetzungen, Romane). Aus der<br />
Not heraus wird Bertha von Suttner eine Schriftstellerin, deren guter Ruf sich bis in<br />
ihre Heimat verbreitet. Sie beschÉftigt sich mit Krieg und Frieden und ist durch die<br />
Schilderung der GrÉuel des Krieges zur einer Çberzeugten Pazifistin geworden.<br />
Nach elf Jahren sieht sie in Paris Alfred Nobel wieder, den das Thema „Krieg und<br />
Frieden“ auch intensiv beschÉftigt. Lange Jahre hat er die These vertreten, seine<br />
Fabriken wÇrden mehr zum Frieden beitragen als viele Kongresse. Denn wenn derart<br />
verwÇstendes Kriegsmaterial produziert wird, wÇrde niemand mehr damit Krieg<br />
fÇhren. SpÉter wird diese FehleinschÉtzung „Gleichgewicht des Schreckens“ genannt<br />
werden.<br />
Der Roman „Die Waffen nieder“<br />
Bertha von Suttner (inzwischen 46 Jahren alt geworden) wird klar, was ihr Lebensziel<br />
sein kÑnnte. Sie nimmt mit den Pionieren der Friedensbewegung Kontakt auf. Ihr<br />
berÇhmter Roman „Die Waffen nieder“ wird ein Skandal und ein Welterfolg. Es ist ein<br />
traditioneller <strong>Frauen</strong>roman, der von Liebe, Heirat, Krieg und Tod handelt. Zugleich ist<br />
der Roman aber eine Werbeschrift fÇr die Friedensbewegung. In einer Zeit, da Krieg<br />
noch etwas SelbstverstÉndliches und AlltÉgliches ist und der MilitÉrdienst noch eine<br />
erstrebenswerte gesellschaftliche Stellung bringt, sorgt allein der Titel des Romans<br />
fÇr Aufsehen. Bertha von Suttner schockiert die LeserInnen durch die realistische<br />
Beschreibung des Krieges. Sie wird durch diesen Roman bekannt und berÇhmt.<br />
Reisen fÇr den Frieden<br />
Bertha von Suttner entwickelt sich zu einer Organisatorin und pflegt internationale<br />
Kontakte. Sie wird eine VereinsgrÇnderin und Vortragsreisende in Sachen Frieden.<br />
Alfred Nobel finanziert diese Reisen. Ihr Mann begleitet sie und ist ihr seelische<br />
StÇtze. Das harmonische Miteinander des kinderlosen Paares ist offensichtlich.<br />
Es gehÑrt viel KÇhnheit zu diesen „unweiblichen“ AktivitÉten, die ihr vor allem in<br />
MÉnnerkreisen viel Spott einbringen. Eine Dame aus Ñsterreichischem Hochadel hat<br />
ihren Platz damals hÑchstens im Engagement fÇr WohltÉtigkeitsvereine, nicht aber<br />
im politischen Bereich.<br />
Doch Bertha von Suttner lÉsst sich dadurch nicht einschÇchtern. Sie schreibt<br />
nÉchtelang Friedensartikel und reist weiterhin durch die Welt, um flammende Reden<br />
zu halten und um Politiker und StaatsfÇhrer fÇr die Friedensbewegung zu gewinnen.<br />
Sie organisiert selbst Tagungen und Kongresse. Sie wirbt fÇr die MÑglichkeit einer<br />
friedlichen Schlichtung von Weltkonflikten und fÇr die Einrichtung eines<br />
Çbernationalen Gerichtes zur Beilegung internationaler politischer Streitigkeiten.<br />
Auch bringt sie die Idee eines europÉischen Staatenbundes ein. Aber der Schrecken<br />
zweier Weltkriege stand noch bevor, ehe eine funktionierende internationale<br />
Gemeinschaft und eine europÉische Gemeinschaft entstanden.<br />
Gegen den Antisemitismus<br />
Bertha von Suttner grÇndet 1891 mit ihrem Mann einen „Verein zur Abwehr des<br />
Antisemitismus“. Es sind antisemitistische äuÖerungen eines Hofpredigers, die<br />
Anlass dazu geben. Zwar legt „man“ ihr nahe, diese Entgleisung mit Stillschweigen<br />
zu „beantworten“, doch sie schreibt dazu:<br />
„Gegen Unrecht muss man sich wehren ... Schweigen ist da, obwohl es Verachtung auszudrÇcken<br />
vorgibt, selbst verÉchtlich ... Schweigen ist Mitschuld und beruht auf ängstlichkeit.“<br />
Internationales Delegiertentreffen in Den Haag<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 11
1899 fordert Zar Nikolaus II. von Russland alle Staaten auf, Vertreter nach Den Haag<br />
zu schicken und dort ein internationales Schiedsgericht zu grÇnden. Auf dem dort<br />
stattfindenden Kongress spielt Bertha von Suttner eine wichtige Rolle. Zwar bringt<br />
dieser Kongress keine groÖartigen Ergebnisse, doch erzielen die Delegierten<br />
manche àbereinstimmungen und schaffen eine internationale<br />
Schiedsgerichtsordnung.<br />
Nobelpreis<br />
1886 stirbt Nobel und hinterlÉsst sein VermÑgen einer Stiftung, aus der seit 1901 die<br />
Nobelpreise vergeben werden (fÇr Physik, Chemie, Medizin, Literatur, Erhaltung des<br />
Friedens). Sie werden bis heute am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels, in<br />
Stockholm und Oslo Çberreicht.<br />
Der Friedensnobelpreis wird 1905 Bertha von Suttner verliehen, 1979 an Mutter<br />
Teresa, 1992 an Rigoberta Menchu, die einen unermÇdlichen, gewaltlosen Kampf fÇr<br />
die Rechte der Indios fÇhrt.<br />
Scheitern und Überleben einer Vision<br />
In ihrem letzten Manuskript schreibt Bertha von Suttner:<br />
„Die Zeit rÇckt immer nÉher, da die <strong>Frauen</strong> im Rat der VÑlker in der Lenkung politischer Dinge Sitz und<br />
Stimme besitzen werden, es wird ihnen daher mÑglich sein, gegen das, was sie als KulturschÉden<br />
erkannt haben, nicht lediglich zu protestieren, sondern an der Umwandlung der ZustÉnde tÉtig und<br />
praktisch mitzuwirken.“<br />
Trotz aller BemÇhungen bleibt ihr der durchschlagende Erfolg verwehrt. Die<br />
Kriegsbegeisterung in Europa wÉchst.<br />
Bertha von Suttner stirbt am 21. Juni 1914, eine Woche bevor der Erste Weltkrieg<br />
ausbricht. Der Weltfriede, fÇr den sie ihr Leben lang gekÉmpft hat, bleibt aus. Hat<br />
Alfred Nobel ihr einmal geschrieben, gute WÇnsche allein wÇrden den Frieden nicht<br />
sichern, so meint sie:<br />
„Nennen Sie doch unsere FriedensplÉne nicht immer einen Traum. Fortschritt hin zur Gerechtigkeit ist<br />
gewiss kein Traum, denn es ist das Gesetz der Zivilisation. Wildheit und Dummheit sind in der Welt<br />
sicherlich noch sehr groÖ, aber GÇte und Sanftheit und Vernunft wachsen tÉglich.“<br />
Anregungen:<br />
� Wie stehe ich zu einer Neuverteilung der Macht? - zu neuen StrÑmungen? - zu<br />
Umschichtungen in der Gesellschaft?<br />
� Lebenskunst besteht auch darin, zwischen BewÉhrtem und Neuem abzuwÉgen, um<br />
das Richtige fÇr sich, fÇr die Umgebung zu tun. Gibt es Grenzen, die ich nie<br />
Çberschreiten wÇrde, Bereiche, in welche ich niemals eindringen wÇrde? Wie<br />
reagiere ich, wenn andere solche Grenzen Çberschreiten?<br />
� In der âffentlichkeit das Wort ergreifen – das fÉllt auch heute noch vielen <strong>Frauen</strong><br />
sehr schwer. Habe ich das an mir oder an anderen <strong>Frauen</strong> erlebt?<br />
3.2 Maria Montessori (1870 – 1952)<br />
Maria Montessori wurde 1870 geboren.<br />
Ihr Vater ist Finanzbeamter, ihre Mutter stammt aus einer Gutsbesitzerfamilie. Maria<br />
wÉchst als Einzelkind auf. Als kleines Kind zieht sie mit ihren Eltern nach Rom.<br />
WÉhrend ihrer Grundschulzeit und der Zeit in der Sekundarschule wird Maria Montessori<br />
mit der damals Çblichen Unterrichtspraxis konfrontiert. Es herrscht Çbertriebene Strenge<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 12
und es gilt, Lernstoffe auswendig zu lernen. SelbstÉndiges Erkunden und Erforschen<br />
sowie eigenes Tun sind nicht gefragt. Auch wenn diese Art des Unterrichts Maria schwer<br />
fÉllt, hat sie aufgrund ihrer hohen Intelligenz doch gute Schulerfolge. Besonders<br />
interessiert sie sich fÇr die naturwissenschaftlichen FÉcher.<br />
Maria Montessori will Ärztin werden<br />
1890 (nach Abschluss der Schule) konfrontiert sie ihre Eltern mit dem Vorhaben,<br />
Medizin studieren zu wollen. In Italien gibt es noch keine ärztin. Der Arztberuf ist eine<br />
absolut mÉnnliche DomÉne. Dass eine Frau an der medizinischen FakultÉt studiert,<br />
ist undenkbar.<br />
Und doch, 1892 erlebt man an der medizinischen FakultÉt etwas nie Dagewesenes:<br />
eine junge Frau, Maria Montessori, hat ihre Einschreibung fÇr das Studium erreicht,<br />
wie – das ist nicht bekannt. Doch auch innerhalb des Studiums gibt es einige HÇrden<br />
zu nehmen. Viele Mitstudenten reagieren ablehnend und auÖerdem muss Maria<br />
Montessori zu anderen Zeiten als die MÉnner Leichen sezieren (in der Nacht). Das<br />
PrÇferkollegium sieht sich im Jahre 1896 erstmals einer Frau gegenÇber. Maria<br />
Montessori beeindruckt nicht nur durch prÉzises Wissen, sondern auch durch die<br />
Lebendigkeit ihrer Antworten.<br />
Noch im selben Jahr erÑffnet sie eine Érztliche Praxis und arbeitet gleichzeitig als<br />
Assistentin an der Psychiatrischen Klinik der UniversitÉt Rom.<br />
Sie wird zum Internationalen <strong>Frauen</strong>kongress nach Berlin eingeladen, hÉlt dort einen<br />
viel beachteten Vortrag, will sich aber nicht fÇr politische Ziele einspannen lassen.<br />
1898 bekommt sie ein Kind, sie heiratet aber nicht. Der Sohn wÉchst bei Freunden auf,<br />
sie besucht ihn viel und nimmt ihn als 15jÉhrigen zu sich.<br />
Beschäftigung mit geisteskranken Kindern<br />
Bei der BeschÉftigung mit Geisteskranken begegnen ihr mitten unter den<br />
Erwachsenen Kinder, denen keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Diese<br />
Erlebnisse werden fÇr sie zum Ansatz fÇr ihre weiteren BemÇhungen. Sie erkennt,<br />
dass solchen Kindern nicht allein mit medizinischen Methoden geholfen werden kann<br />
und dass der Zustand vieler dieser Kinder durch eine angemessene Form der<br />
Betreuung und Erziehung gebessert werden kÑnnte.<br />
Wechsel zur Pädagogik<br />
Sie beginnt PÉdagogik zu studieren. Erkenntnisse aus medizinischen Abhandlungen<br />
Çber behinderte Kinder fasst sie mit eigenen Beobachtungen und Folgerungen in<br />
VortrÉgen zusammen. Die âffentlichkeit wird aufmerksam und es wird eine „Liga fÇr<br />
die Erziehung behinderter Kinder“ gegrÇndet. 1900 grÇndet diese Liga ein Institut, wo<br />
LehrerInnen fÇr die Betreuung von „geistesschwachen“ Kindern ausgebildet werden.<br />
Diesem Institut wird eine Modellschule angegliedert, deren Direktorin Maria<br />
Montessori wird. Hier werden die Kinder auf eine ganz neue Art unterrichtet.<br />
Montessori und ihre MitarbeiterInnen teilen Lern- und Spielmaterial aus und<br />
beobachten die Kinder. Der Grundgedanke ist, den Kindern Wege zum Lernen Çber<br />
praktische Erfahrungen der Sinne zu erschlieÖen (z. B.: Buchstaben aus Holz, um<br />
das Alphabet dreidimensional zu „begreifen“). Nach einiger Zeit kÑnnen die Kinder in<br />
dieser Modellschule in ihrer Leistung mit gesunden Kindern mithalten.<br />
Doch Maria Montessori denkt weiter. Wenn sich diese Methoden bei behinderten<br />
Kindern bewÉhren, dann mÇssen sie auch befreiend und fÑrdernd im herkÑmmlichen<br />
Schulsystem einsetzbar sein.<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 13
Die PÉdagogik von Maria Montessori arbeitet ohne Zwang und leitet sich von den<br />
natÇrlichen Interessen der Kinder her. Sie vertraut auf die Wissbegierde der Kinder und<br />
auf die Freude, etwas mit den Sinnen zu erfahren. Montessori passt die Umgebung den<br />
BedÇrfnissen der Kinder an. Tische und StÇhle werden der GrÑÖe der Kinder<br />
angemessen. Bilder, Pflanzen und MÑbel aus Holz vermitteln eine warme und<br />
gemÇtliche AtmosphÉre.<br />
Jedes Kind kann sich frei entfalten und gemÉÖ seinen Impulsen aktiv werden. Die<br />
Betreuung hat groÖen Einfluss auf die Kinder. Die WÇrde wird geachtet, indem es als<br />
Kind respektiert wird. Die Kinder werden wenig gelenkt, vielmehr werden ihnen<br />
Anregungen gegeben. Die eigentliche Erziehung geschieht durch die Umgebung, die<br />
Materialien und TÉtigkeiten. Die Erwachsenen helfen den Kindern, wenn sie diese Hilfe<br />
brauchen und geben ErlÉuterungen. Das Material, mit dem mit vielen Sinnen gelernt<br />
wird, ist so gestaltet, dass das Kind selbst seine Leistung kontrollieren kann.<br />
Mit 40 Jahren gibt Maria Montessori ihre Arbeit an der UniversitÉt und ihre Arztpraxis auf<br />
und widmet sich ganz der PÉdagogik. Sie schreibt zahlreiche BÇcher und wird in viele<br />
LÉnder zu VortrÉgen eingeladen.<br />
1910 wird das Montessori-System in italienischen Volksschulen offiziell anerkannt. 1922<br />
wird in Deutschland die erste Montessorischule erÑffnet und ihre PÉdagogik findet<br />
Verbreitung. Doch 1933 werden in Berlin durch die Nationalsozialisten ihre BÇcher und<br />
Materialien verbrannt. Eine PÉdagogik die auf jedes einzelne Kind eingeht und von<br />
seinen FÉhigkeiten und BedÇrfnissen her denkt, wird von der staatsverherrlichenden<br />
Ideologie der Nationalsozialisten nicht geduldet.<br />
Maria Montessori lebt zu dieser Zeit in Barcelona und bleibt dort bis zur<br />
MachtÇbernahme Francos (1936). Sie lebt dann bis 1946 in Indien, wo ihre PÉdagogik<br />
u. a. auch von Ghandi unterstÇtzt wird. Dann kehrt sie nach Europa zurÇck und wirbt in<br />
VortrÉgen und auf Kongressen fÇr ihre Ideen. 1952 stirbt sie in Holland. Auf ihrem<br />
Grabstein steht:<br />
„Ich bitte die lieben Kinder, die alles kÑnnen, mit mir zusammen fÇr den Aufbau des Friedens zwischen<br />
den Menschen und in der Welt zu arbeiten.“<br />
Anregungen:<br />
� Was habe ich in meinem Bekanntenkreis schon von den Montessori-Methoden im<br />
Unterricht gehÑrt?<br />
� Wo habe ich erfahren, dass Lernen „mit allen Sinnen“ besonders nachhaltig wirkt?<br />
� Maria Montessori hat ihr Kind nicht selbst versorgt und erzogen. Was kÑnnte sie<br />
dazu bewegt (gezwungen) haben?<br />
4. Machtvolle <strong>Frauen</strong> im Mittelalter Roswitha Unfried<br />
Der geschichtliche Rahmen<br />
Eine Geschichtsschreibung von <strong>Frauen</strong> fÇr <strong>Frauen</strong> steht erst ganz am Anfang.<br />
Geschichte ist weithin Geschichte der MÉnner und vom mÉnnlichen Standpunkt aus<br />
fÇr MÉnner geschrieben. Weithin gilt, dass MÉnner Geschichte machen, und zwar<br />
MÉnner in Europa. Langsam wird dies aufgebrochen, weil andere Kontinente und<br />
Kulturen ins Blickfeld rÇcken. Ein neuer Blickwinkel ergibt sich auch dann, wenn<br />
<strong>Frauen</strong> ihre eigenen Traditionen (die Erfahrungen von <strong>Frauen</strong>) aufspÇren und zur<br />
Sprache bringen. Dies ist ein wesentlicher Beitrag dazu, den Einflussbereich zu<br />
erweitern sowie Macht und AutoritÉt fÇr sich in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 14
spärlichen Quellen ist die Erforschung der <strong>Frauen</strong>geschichte des Mittelalters<br />
besonders schwierig.<br />
Lange meinte man in der Geschichtswissenschaft, dass die Trennung in einen<br />
häuslichen und einen öffentlichen Bereich auch im Mittelalter weithin als<br />
naturgegeben hingenommen wurde. Neben dem weiblichen Bereich (drinnen) hätte<br />
es den männlichen (draußen) gegeben. Die Macht und Autorität der <strong>Frauen</strong> im Haus<br />
sei abgegrenzt gewesen zur politischen Macht und Autorität der Männer, wie es in<br />
den griechischen Stadtstaaten war.<br />
Heute zeigt sich, dass im Mittelalter bis zur beginnenden Neuzeit die Kräfte auch<br />
anders verteilt sein konnten. Die <strong>Frauen</strong>forschung der letzten Jahrzehnte brachte<br />
neues Licht in das Dunkel des Mittelalters, hinterfragte so manche als<br />
selbstverständlich hingenommene (Vor)Urteile und bewirkte eine<br />
Bewusstseinsveränderung zugunsten der <strong>Frauen</strong>.<br />
Viele Bilddokumente des Mittelalters weisen auf die Rolle von <strong>Frauen</strong> hin, z. B. dass<br />
die Taufe des Germanenkönigs Chlodwig 496 wesentlich von seiner Frau und der Hl.<br />
Genovefa bewirkt wurde. <strong>Frauen</strong> verwalteten Lehensgüter, waren Bäuerinnen und<br />
Händlerinnen, versorgten sich und ihre Familien und darüber hinaus auch andere mit<br />
Nahrung und Kleidung. <strong>Frauen</strong> kannten sich in der Heilkunde aus. Letzteres ist<br />
bemerkenswert, weil gegen Ende des 13. Jhds. in Paris die erste medizinische<br />
Fakultät gegründet wurde, allerdings ausschließlich für Männer. In der weiteren Folge<br />
wurden <strong>Frauen</strong>, die sich auf die Heilkraft von natürlichen Mittel verstanden, als<br />
Hexen verdächtigt und oft auch hingerichtet.<br />
Auch Königinnen und Fürstinnen mit einer beachtlichen Machtfülle gab es im<br />
Mittelalter. So ist im 12. Jhd. Eleonore von Aquitanien Königin von Frankreich und<br />
später auch von England; sie verwaltete selbst die Güter, die sie in die Ehe<br />
mitgebracht hatte. Schließlich sind uns viele weibliche Heiligengestalten bekannt, die<br />
ihre Berufung sehr eigenständig lebten, unter anderem Elisabeth von Thüringen,<br />
Hedwig von Polen, Agnes von Böhmen, Clara von Assisi. Auch eine neue Form des<br />
Ordenslebens entstand: die Beginen, welche nicht in einem Kloster, sondern mitten<br />
in der Welt lebten.<br />
Seitdem die Römer im 4. Jhd. n. Chr. das Christentum als Religion anerkannt hatten,<br />
änderte sich das antike Welt- und Menschenbild und damit auch die Stellung der<br />
Frau. In der bildenden Kunst wurden z. B. in den Katakomben <strong>Frauen</strong><br />
selbstverständlich dargestellt. Die Römerin Paula und ihre Tochter waren für<br />
Hieronymus eine wesentliche Hilfe bei seiner Bibelübersetzung. Im 6. und 7. Jhd.<br />
gab es viele Klöster unter der Leitung von Äbtissinnen.<br />
Dennoch mussten <strong>Frauen</strong> Schwierigkeiten überwinden, wenn sie das Gebiet der<br />
Kunst betraten. Die ersten <strong>Frauen</strong>, die das taten, waren Dichterinnen. Sie waren<br />
starke, intelligente und begabte <strong>Frauen</strong>. Doch war es für <strong>Frauen</strong> ungewöhnlich, in<br />
diesem von Männern besetzten Bereich ihre Stimme hören zu lassen und ihren<br />
Beitrag einzubringen.<br />
Von Männern sind uns viele Schriftstücke aus dem öffentlichen Bereich der<br />
Wirtschaft, Politik und Kultur überliefert, von <strong>Frauen</strong> viel weniger. Das liegt daran,<br />
dass in erster Linie Männer rechtsfähig waren und die Möglichkeit hatten, sich<br />
öffentlich zu äußern. Menschen aus unteren Gesellschaftsschichten hatten meist das<br />
Schreiben und Lesen gar nicht gelernt. Darum sind sehr viele Schriftstücke von<br />
Männern (oftmals Priestern) geschrieben, da diese die nötige Bildung hatten.<br />
Umso erstaunlicher ist es, dass sich im Hoch- und Spätmittelalter viele <strong>Frauen</strong> zu<br />
Wort meldeten, u. a. Hildegard von Bingen, Brigitta von Schweden, Hadewych,<br />
Gertrud von Helfta, Mechthild von Magdeburg, Katharina von Siena und Roswitha<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 15
von Gandersheim. Einen HÑhepunkt weiblichen Schreibens bildete „Das Buch von<br />
der Stadt der <strong>Frauen</strong>“ (Le Citã des Dames) von Christine de Pizan. Sie entwarf im<br />
15. Jhd. die Utopie einer Stadt der Schwesterlichkeit. Dabei berief sie sich auf ihre<br />
eigene IdentitÉt, ohne auf die Meinung gebildeter MÉnner zu verweisen, im Vertrauen<br />
auf das (wie sie es ausdrÇckte), „was ich als Frau fÇhlte und wusste“.<br />
4.1 Roswitha von Gandersheim (935 - 1001)<br />
Diese Frau des 10. Jhds. ist die Namenspatronin von Roswitha Unfried, der Autorin<br />
dieses Heftes. Aber nicht nur deswegen wird sie hier erwÉhnt, sondern weil sie in der<br />
deutschen Literaturgeschichte eine bedeutende Rolle spielt. Sie gilt als erste<br />
deutsche Dichterin, als erste Geschichtsschreiberin Deutschlands und als erste<br />
Theaterautorin des christlichen Europa. Sie selbst Çbersetzt ihren Namen ins<br />
Lateinische mit „Starker Klang oder Ruf“. Die Bedeutung des mittelhochdeutschen<br />
„Hrotsvith“ ist „Ruhmreiche“ bzw. „HochberÇhmte“.<br />
Roswitha lebt von ungefÉhr 935 bis 1001 n. Chr. im Konvent von Gandersheim<br />
(Sachsen). Dieses Kloster ist erst 856 gegrÇndet worden und entwickelt sich schnell.<br />
Es steht dem Haus des deutschen Kaisers sehr nahe und ist eine Art FÇrstentum mit<br />
eigener MÇnzprÉgung, eigener Gerichtsbarkeit, eigenem Heer und dem Privileg, bei<br />
kaiserlichen Versammlungen Sitz und Stimme zu haben. Erst ab 1007 wird der<br />
Konvent dem Bischof von Hildesheim zu- und untergeordnet.<br />
Im Kloster von Gandersheim leben einerseits Ordensfrauen, welche die drei<br />
OrdensgelÇbde (Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam) ablegen, andererseits (meist<br />
adelige) freie Kanonissen. Diese legen nur zwei GelÇbde ab, verfÇgen Çber ihr<br />
eigenes VermÑgen und kÑnnen sich freier bewegen als die Ordensfrauen.<br />
Roswitha ist wahrscheinlich eine Kanonissin. Sie liest in Gandersheim viele Werke,<br />
die in der Klosterbibliothek vorhanden sind - aus dem Altertum und dem Mittelalter,<br />
die Hl. Schrift, liturgische Texte, Heiligenlegenden und sogenannte Apokryphe<br />
Schriften (= Schriften aus biblischer Zeit, die nicht in die Bibel aufgenommen<br />
wurden). Die Kirche der damaligen Zeit will nicht, dass diese Apokryphen bekannt<br />
und gelesen werden. Dennoch liest Roswitha sie und verwendet sie auch fÇr ihre<br />
eigenen Dichtungen.<br />
Die Dichterin Roswitha<br />
Sie schreibt ihre Werke in lateinischer Sprache. In acht Versgedichten stellt sie<br />
Heiligenlegenden dar. Weiters sind sechs TheaterstÇcke (KomÑdien) und zwei<br />
geschichtliche Werke Çber Kaiser Otto den Großen und Çber das Kloster<br />
Gandersheim erhalten.<br />
Roswitha bringt ihr <strong>Frauen</strong>leben in ihre Dichtung ein. Sie schreibt von<br />
Auseinandersetzungen, Streitigkeiten und Spannungen zwischen <strong>Frauen</strong> und<br />
MÉnnern, wobei die <strong>Frauen</strong> den MÉnnern Çberlegen sind - im Gegensatz zur<br />
damaligen gesellschaftlichen Wirklichkeit. Das tut sie auf eine Weise, dass es fÇr<br />
manche Forscher offen bleibt, ob sie tatsÉchlich schon als Kind nach Gandersheim<br />
gekommen ist oder doch erst, nachdem sie als junge Frau eine Zeit lang an einem<br />
FÇrstenhof gelebt hat. Ihre Kenntnisse vor allem der Liebesleidenschaften und der<br />
literarischen Klassiker wÇrden ein eigenes Erleben voraussetzen. Selbst spricht sie<br />
immer wieder davon, dass es ihr schwer fÉllt zu schreiben und dass sie an ihren<br />
FÉhigkeiten zweifelt. Sie vernichtet sogar Teile ihrer Arbeit selbst. Es ist jedoch<br />
fraglich, ob sie dies aus einer Art falscher Bescheidenheit tut, um ihre Werke<br />
besser erscheinen zu lassen. Sicher ist, dass ihre TheaterstÇcke (KomÑdien) die<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 16
ersten erhaltenen Zeugnisse dafÇr sind, welche groÖe Rolle das Theater im<br />
Mittelalter spielt.<br />
Roswithas Werke finden zunÉchst keine groÖe Verbreitung, werden aber im 16. Jhd.<br />
wiederentdeckt. Roswitha hat zur Verchristlichung beigetragen und mit den frommen<br />
und moralisch vorbildhaften Inhalten ihrer Werke ein Gegengewicht zu den<br />
leichtfertigen KomÑdien antiker Dichter geschaffen.<br />
Roswitha bricht in zweifacher Weise in Gebiete ein, die damals MÉnnern vorbehalten<br />
sind und stellt damit die geltende Ordnung auf den Kopf. Sie schreibt (und sie tut<br />
dies) mit einem doppelbÑdigen Humor.<br />
<strong>Frauen</strong>themen<br />
In ihren KomÑdien geht sie als Frau auf die Sorgen ein, die mit dem weiblichen<br />
KÑrper in Zusammenhang stehen, und macht änderungsvorschlÉge. Sie stellt Çber<br />
das Ideal des mit Ehe und Mutterschaft erfÇllten Lebens das Ideal alleinstehender<br />
<strong>Frauen</strong>, welche sexuelle Beziehungen ablehnen und ein aktives (der Predigt<br />
gewidmetes) Leben fÇhren. MÑglicherweise nimmt sie damit altchristliche<br />
<strong>Frauen</strong>traditionen auf, die sie aus den Apokryphen kennt, z. B. dass Maria<br />
Magdalena ein solches Leben gefÇhrt hat.<br />
Weitere Themen sind Vergewaltigung (vor der nur Gott schÇtzen kann - dies zeigt ein<br />
Verhaftetsein Roswithas in der patriarchalen Gesellschaft) und Prostitution (aus der<br />
die <strong>Frauen</strong> nicht durch eine Versorgungsehe befreit werden, sondern durch aktive<br />
Askese). Roswitha unterstreicht die Macht der SchÑnheit von <strong>Frauen</strong>, die alle<br />
MÉnner in den Bann zieht und „schwach“ macht.<br />
Die Eroberung des Gelächters<br />
Neuere soziologischen Untersuchungen haben ergeben, dass es Unterschiede im<br />
Lachen gibt, die auch davon abhÉngen, ob ein Mann oder eine Frau lacht. In der<br />
abendlÉndischen Gesellschaft lÉcheln <strong>Frauen</strong>, sie lachen wenig, in GelÉchter<br />
auszubrechen gilt als unschicklich. Die Kirche im Mittelalter (und weithin auch heute<br />
noch?!) hatte nicht viel Çbrig fÇr das Lachen (vgl. Umberto Eco „Der Name der<br />
Rose“). Roswitha lehnt eine solche Ansicht ab. Sie schreibt ihre Texte, um ihre<br />
Mitschwestern zum Lachen zu bringen. Es gelingt ihr, das in ihrer Welt als typisch<br />
mÉnnlich und fÇr <strong>Frauen</strong> als absolut unschicklich Geltende lÉcherlich zu machen.<br />
Dadurch bekommt es einen neuen Stellenwert.<br />
Das Lachen als GelÉchter ist damals eine typisch mÉnnliche DomÉne. Roswitha<br />
nimmt es fÇr sich und fÇr <strong>Frauen</strong> in Anspruch. Humorvoll stellen <strong>Frauen</strong> MÉnner bloÖ<br />
und Çberwinden damit die gesellschaftliche und sexuelle àberlegenheit der MÉnner.<br />
Im StÇck „Das Leiden von Agape, Chionia und Irene“ will der rÑmische Statthalter Dulcitius, der sich<br />
mÉchtig und stark gibt, die drei jungen Christinnen durch seine VerfÇhrungskraft oder durch Gewalt<br />
dazu bewegen, mit ihm ins Bett zu gehen. Von Begehren erfÇllt, gibt er den Befehl, dass sie in der<br />
HinterkÇche, wo das KÇchengeschirr der Dienstboten steht, eingesperrt werden. Nachts kommt<br />
Dulcitius in dieses Zimmer und beginnt, die TÑpfe und Pfannen zu umarmen, wobei er grÑÖte Lust<br />
empfindet. WÉhrenddessen schauen ihm die <strong>Frauen</strong> zwischen den TÇrritzen hindurch zu und lachen<br />
erleichtert Çber ihn. Dulcitius kommt befriedigt und stolz wieder heraus. Er hat sein Begehren mit den<br />
TÑpfen befriedigt und ist von ihrem RuÖ so schwarz, dass ihn seine Soldaten mit dem Teufel<br />
verwechseln und vor ihm die Flucht ergreifen, wÉhrend er selbst nichts bemerkt und sich vor seiner<br />
Frau und vor dem Kaiser, also privat und Ñffentlich, lÉcherlich macht.<br />
Anregungen:<br />
� Kenne ich Pionierinnen auf Gebieten, die fast ausschlieÖlich von MÉnnern<br />
eingenommen werden?<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 17
� Wann und wie lache ich? Kenne ich die Wirkung eines befreienden, entwaffnenden<br />
Lachens?<br />
4.2 Teresa von Avila (1515 – 1582) Helga Haider<br />
Teresa wird 1515 in Kastilien in Spanien geboren. Die Mutter entstammt<br />
altkastilischem Adel. Der Vater kommt aus einer jÇdischen Familie. Kindheit und<br />
Jugend verbringt sie im Kreis ihrer groÖen Familie. Schon als Kind fÉllt sie durch ihre<br />
liebevolle Kontaktfreude und ihr energisches Temperament auf. Als sie 13 Jahre alt<br />
ist, stirbt ihre Mutter. Ihr Vater schickt sie in das Internat der Augustinerinnen in Avila.<br />
Dort freundet sie sich mit dem Gedanken an, ein Ordensleben zu fÇhren.<br />
Im Alter von 20 Jahren tritt sie gegen den Widerstand ihres Vaters in das Karmelitinnenkloster<br />
in Avila ein. Doch kurze Zeit nach Ablegung der GelÇbde erkrankt<br />
Teresa schwer. Genesung stellt sich erst langsam ein. Diese Zeit der Krankheit ist<br />
der Beginn eines innerlichen, mystischen Gebetslebens. Immer wieder sind es<br />
Erkrankungen oder andere schmerzliche Ereignisse, die sie antreiben, ihre<br />
Beziehung zu Gott noch weiter zu vertiefen. Als Teresa mit 28 Jahren ihren Vater<br />
verliert, findet sie Halt in ihrer innigen Beziehung zu Gott. Seit dieser Zeit widmet sie<br />
tÉglich zwei bis drei Stunden der Meditation. Doch ist ihr Ordensleben auch geprÉgt<br />
von oberflÉchlichen GesprÉchen, die sie als Zeitvergeudung einschÉtzt. Im Konvent<br />
ringt Teresa viele Jahre lang um Fortschritt im Gebet und im asketischen Leben.<br />
Mit Çber 40 Jahren erfÉhrt sie noch grÑÖere Verbundenheit mit Gott, die sich auch im<br />
Erleben von Ekstasen und Visionen zeigt. Viele distanzieren sich von ihr als „falscher<br />
VisionÉrin“ und Teresa wird von Selbstzweifeln geplagt. Im Alter von 45 Jahren<br />
beginnt sie ihre schriftstellerische TÉtigkeit. Sie schreibt eine autobiographische Wiedergabe<br />
ihres Lebens, wobei sie ihren Weg in mitreiÖender SpontaneitÉt und<br />
unbefangener Offenheit darlegt.<br />
Umbrüche dieser Zeit<br />
Teresa lebt in einer Zeit des Umbruchs. Es ist die Epoche der Renaissance, die<br />
durch die änderung des Weltbildes und des LebensgefÇhls geprÉgt ist<br />
(RÇckbesinnung auf die Antike, Betonung von Vernunft und Erfahrung). In dieser Zeit<br />
wird die ReformbedÇrftigkeit der Kirche offensichtlich, worauf das Konzil von Trient<br />
(1545-63) einzugehen versucht.<br />
Viele der Reformbestrebungen fallen der Inquisition zum Opfer. „Falsche“ Mystiker<br />
werden zum Flammentod verurteilt. Viele BÇcher werden verbrannt, auch solche, die<br />
Teresa gelesen und geschÉtzt hat. Die Reformbestrebungen richten sich gegen den<br />
zunehmenden Formalismus und die mangelnde Innerlichkeit der Kirche. Diese<br />
Verinnerlichung soll in einer persÑnlichen Beziehung zu Jesus, in einer RÇckkehr zu<br />
den Quellen (zur Heiligen Schrift, zu den KirchenvÉtern) geschehen.<br />
Teresa reformiert ihren Orden<br />
Teresa steht mitten in den geistigen Auseinandersetzungen ihrer Zeit, sucht und<br />
erkennt LÑsungen. Sie ist in groÖer Sorge Çber die ZustÉnde in der Kirche. In dieser<br />
Sorge packt sie dort an, wo sie Handlungsspielraum hat, in ihrem eigenen Orden. Sie<br />
beginnt ihn zu reformieren und grÇndet ihr erstes Kloster, wo sie mit einigen wenigen<br />
<strong>Frauen</strong> in besonders strenger Gebetsdisziplin lebt. Als sie die Erlaubnis des<br />
Ordensgenerals zu weiteren OrdensgrÇndungen erhÉlt, beginnen fÇr sie unruhige<br />
Jahre, in denen sie ihr Organisationstalent unter Beweis stellt.<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 18
Durch den Erfolg der Reform wachsen aber auch die WiderstÉnde. 1575 kommen<br />
Teresas engste MitarbeiterInnen ins GefÉngnis. Sie selbst bekommt Schwierigkeiten<br />
mit der Inquisition und ist gezwungen, ihre ReformtÉtigkeit aufzugeben. Weitere<br />
OrdensgrÇndungen werden ihr untersagt. Der apostolische Nuntius nennt sie bei<br />
dieser Gelegenheit eine „ruhelose Landstreicherin“ und spielt damit auf ihre rege<br />
ReisetÉtigkeit zur NeugrÇndung von Ordensniederlassungen an.<br />
Sie gehorcht zwar, verteidigt aber ihr Werk in Briefen an alle mÑglichen Instanzen: an<br />
den KÑnig, den Nuntius, den Ordensgeneral und an viele andere einflussreiche<br />
PersÑnlichkeiten. Und das nicht ohne Wirkung – denn Teresa erhÉlt daraufhin wieder<br />
die Erlaubnis, ihre KlostergrÇndungen fortzusetzen. In den Briefen aus dieser Zeit<br />
zeigt sich die „andere“ Seite der aus der Stille und dem Gebet lebenden Frau. Sie ist<br />
eine Frau der Tat, die mit beiden Beinen im Leben steht. Sie schreibt:<br />
„Allein mit Gebet und Beschauung kÑnnt ihr euer Fundament nicht legen. Wenn ihr nicht nach<br />
Tugenden trachtet und euch nicht tÉtig darin Çbt, werdet ihr immer Zwerge bleiben.“<br />
Sie tritt dafÇr ein, dass das Leben im Kloster nicht nur der Pflege persÑnlicher<br />
geistlicher Interessen gewidmet sein darf, sondern hinaus in die „Welt“ wirken muss.<br />
Sie interessiert sich fÇr kirchliche und gesellschaftliche Entwicklungen ihrer Zeit:<br />
Glaubensspaltung in Europa, Evangelisierung neu entdeckter LÉnder, GrÉueltaten,<br />
die den Indios von den Landsleuten Teresas angetan worden sind. Diese Themen,<br />
die Teresa bewegen, finden Niederschlag in ihren Schriften.<br />
Teresas Schriften<br />
Neben ihren autobiographischen Schriften und ihrer reichen Korrespondenz (400<br />
Briefe von ihr sind erhalten, es dÇrften aber mehrere tausend gewesen sein) verfasst<br />
Teresa auch viele theologische Texte. Sie mÑchte Jesus, in dem Gott Mensch<br />
geworden ist, den Menschen nÉher bringen und diese einladen, sich auf eine<br />
Beziehung mit Gott einzulassen. Christsein erschÑpft sich fÇr Teresa nicht in der<br />
ErfÇllung von frommen Verpflichtungen, sondern ist ein Leben in der Beziehung mit<br />
dem lebendigen Gott. Die liebende Verbindung ist der Kern des Gebetes. Die<br />
mystische Beziehung ist keine menschliche Errungenschaft, sondern bleibt immer ein<br />
Geschenk Gottes. Aus diesem Glauben lebt auch ihre Zuneigung und ihr Einsatz fÇr<br />
die Menschen.<br />
Sie betont die Notwendigkeit des Nachsinnens mit dem Verstand. Deshalb gibt sie<br />
stets gelehrten Theologen den Vorzug vor bloÖ frommen Geistlichen. Sie leidet<br />
darunter, dass <strong>Frauen</strong> diese Gelehrtheit abgesprochen wird und ihnen die<br />
VerkÇndigung versagt bleibt. Ist folgender Text auch in manchen Formulierungen<br />
altertÇmlich, so sind die GedankengÉnge verblÇffend fÇr eine Frau aus dem 16.<br />
Jhd. :<br />
„Herr meiner Seele! Als Du noch in dieser Welt wandeltest, hast Du den <strong>Frauen</strong> immer Deine<br />
besondere Zuneigung bewiesen. Fandest Du doch in ihnen nicht weniger Liebe und Glauben als bei<br />
den MÉnnern. Auch befand sich ja unter ihnen Deine Heilige Mutter, deren Verdienste uns zukommen<br />
und deren Habit wir tragen. Die Welt irrt, wenn sie von uns verlangt, dass wir nicht Ñffentlich fÇr Dich<br />
wirken dÇrfen, noch Wahrheiten aussprechen, um derentwillen wir im Geheimen weinen, und dass Du,<br />
Herr, unsere gerechten Bitten nicht erhÑren wÇrdest. Ich glaube das nicht, Herr, denn ich kenne Deine<br />
GÇte und Gerechtigkeit, der Du kein Richter bist wie die Richter dieser Welt, die Kinder Adams; kurz,<br />
nichts als MÉnner, die meinen, jede gute FÉhigkeit bei einer Frau verdÉchtigen zu mÇssen. Aber es<br />
wird der Tag kommen, mein KÑnig, wo dieses alles bekannt wird. Ich spreche hier nicht fÇr mich<br />
selbst, denn die Welt kennt meine Schlechtigkeit, und das ist mir lieb. Aber ich werfe unserer Zeit vor,<br />
dass sie starke und zu allem Guten begabte Geister zurÇckstÑÖt, nur weil es sich um <strong>Frauen</strong> handelt.“<br />
Tiefe und Tatkraft<br />
Teresa zeichnet sich durch ihre sympathische Art und ihre Begabung aus,<br />
Freundschaften zu knÇpfen. Diese Gabe ist ihr eine groÖe Hilfe bei ihren zahlreichen<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 19
OrdensgrÇndungen, einem fÇr eine Frau damals vÑllig ungewÑhnlichem<br />
Unternehmen.<br />
Mit ihrem Selbstbewusstsein macht sich Teresa nicht nur Freunde. In allen<br />
Lebenslagen lebt sie aus einem tiefen Glauben, einer innigen Beziehung zu Jesus,<br />
worÇber sie schreibt: „Mit ihm kann ich reden wie mit einem Freund, obwohl er doch<br />
der Herr ist“.<br />
Sie ist eine Frau voll Tatkraft, eine Frau, die organisieren kann, die KlÑster grÇndet<br />
und leitet. Sie ist eine eigenstÉndige Frau, die sich wÇnscht, dass <strong>Frauen</strong> ihre KlÑster<br />
selber leiten und dass sie in der Kirche als Christinnen und Theologinnen ernst<br />
genommen werden. Im klÑsterlichen Miteinander empfiehlt sie: Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit,<br />
Freundschaft, Freude und Heiterkeit. Ihr Ausspruch: „Ich bin ein Weib, und<br />
obendrein kein gutes!“, lÉsst auf ihre humorvolle und selbstkritische Art schlieÖen.<br />
Zugleich ist sie eine der bedeutendsten christlichen Mystikerinnen, die Visionen hat<br />
und mit Christus wie mit einem Freund redet. Die Inquisition hat sie deshalb immer<br />
genau im Blick behalten und scharf beobachtet. Doch sie steht mit Mut zu dem, was<br />
sie als richtig erkennt.<br />
Ihre Innerlichkeit und ihre Kraft zum Handeln und Organisieren stehen in einer engen<br />
Verbindung. Doch sie bringt nicht nur Alltag und SpiritualitÉt, harte Arbeit und Gebet<br />
zusammen, vielmehr beeindruckt sie auch durch einen liebevollen Umgang mit sich<br />
selbst, mit Leib und Seele. Sie wendet sich gegen eine FrÑmmigkeit, die so<br />
vergeistigt ist, dass sie das Leibliche ablehnt. Ihr wird der Ausspruch zugeschrieben:<br />
„Tu deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“<br />
Ihre Zuwendung zu den Menschen hat ihren festen Grund in ihrer Freundschaft zu<br />
Gott, die sie auch angesichts des Todes trÉgt. So sagt sie 1582, als sie im Sterben<br />
liegt:<br />
„Gekommen ist die Stunde, die ich sosehr ersehnte. Zeit ist es, mein Herr, dass wir endlich<br />
zusammenkommen.“<br />
Heilige und Kirchenlehrerin<br />
1614, gut 30 Jahre nach ihrem Tod wird sie selig gesprochen, 1617 zur<br />
Schutzpatronin Spaniens ernannt, 1622 heiliggesprochen. 1970 wird ihr aufgrund der<br />
Bedeutung ihrer Schriften der Titel „Kirchenlehrerin“ verliehen. Bei der Feier im<br />
Petersdom sagt Paul VI.:<br />
„Es ist einstimmig anerkannt, dass Teresa Mutter und Meisterin all derer ist, denen innerliches Leben<br />
etwas bedeutet. Eine Mutter voll faszinierender Einfachheit, eine Meisterin von nie genug bestaunter<br />
Tiefe.“<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 20
Nada te turbe<br />
Nichts soll dich verwirren,<br />
nichts soll dich beirren,<br />
alles vergeht.<br />
Gott wird sich stets gleichen,<br />
Geduld kann erreichen,<br />
was nicht verweht.<br />
Wer Gott kann erwählen,<br />
nichts wird solchem fehlen<br />
Gott nur besteht.<br />
Anregungen:<br />
� „Ich werfe unserer Zeit vor ...!“ – Was werfe ich der Gesellschaft, dem Staat, der<br />
Kirche im Umgang mit <strong>Frauen</strong> vor?<br />
� „Tu deinem Leib etwas Gutes ...“ – Was kÑnnte das konkret in meinem Leben<br />
heiÖen?<br />
� „Nichts soll dich verwirren“ – Was kann es in den verschiedenen Situationen des<br />
Lebens (in Freud und Leid) bedeuten, wenn ich mich auf einen festen Grund in der<br />
Beziehung mit Gott verlassen kann?<br />
5. Machtvolle <strong>Frauen</strong> in der Bibel Roswitha Unfried<br />
Die biblischen Schriften sind in einer patriarchalen Gesellschaftsordnung entstanden<br />
und spiegeln deren Gegebenheiten wider. Der Mann ist in der patriarchalen<br />
Gesellschaft nicht nur Familienoberhaupt. Er fÇllt ganz selbstverstÉndlich alle ämter<br />
aus und besorgt die Rechtssprechung (Ex 18,13ff). MÉnner bilden den ältestenrat<br />
(Ex 24,9-11; Num 11,24ff; Ez 20,1), sie allein sind zum Priesteramt und Tempeldienst<br />
zugelassen (Num 18; 1 Chr 24-26).<br />
In dieser Gesellschaft gibt es fÇr <strong>Frauen</strong> wenig EntfaltungsmÑglichkeit nach auÖen.<br />
ähnlich wie in der Geschichte des Mittelalters gibt es aber auch in biblischer Zeit<br />
nicht wenige herausragende (Ausnahme-)<strong>Frauen</strong>persÑnlichkeiten.<br />
Das Alte Testament (= Erstes Testament) hat der Frau nicht grundsÉtzlich die<br />
FÉhigkeit abgesprochen, leitende Stellungen des Ñffentlichen Lebens zu bekleiden.<br />
Es scheint im Israel des Alten Testamentes (AT) noch so gewesen zu sein, dass eine<br />
begabte Frau auch Ñffentliche ämter versehen konnte.<br />
Vorbemerkungen zum Verständnis von Bibeltexten<br />
Macht ist eine Wirklichkeit, die in Beziehungen sichtbar wird. In der Bibel stehen viele<br />
Geschichten von dem, was sich zwischen den Menschen und zwischen Gott und<br />
Menschen ereignet. DarÇber wird jedoch nicht berichtet, sondern erzÉhlt. Biblische<br />
ErzÉhlungen sind mit eigenen Erfahrungen und Empfindungen erfÇllt. Sowohl die<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 21
HÑrerInnen als auch die ErzÉhlerInnen werden in die Geschichte mit<br />
hineingenommen und bringen die eigenen Erfahrungen ein.<br />
Darum haben (biblische) ErzÉhlungen meist mehrere Ebenen:<br />
� die zeitliche Ebene des ErzÉhlten<br />
� die Ebene der mÇndlichen àberlieferung<br />
� die Ebene der schriftlichen Aufzeichnung<br />
� die Ebene der verschiedenen HinzufÇgungen in den Text<br />
� die Ebene der HÑrerInnen/LeserInnen<br />
Biblische ErzÉhlungen sind durchwegs von MÉnnern und vom mÉnnlichen Standpunkt<br />
aus aufgeschrieben worden ... und sie wurden bis vor kurzem weithin von MÉnnern<br />
ausgelegt. HÉufig sind <strong>Frauen</strong> zu Negativbildern von MÉnnergestalten geworden (z. B.<br />
Michal und David in 2 Sam 6,20-23; Isebel und Elija in 1 KÑn 19 und 21). Biblische Texte<br />
von und Çber <strong>Frauen</strong> wurden lange Zeit wenig beachtet und haben meist nur eine<br />
untergeordnete Rolle in der Schriftauslegung gespielt. Dennoch: Es gibt sie und sie<br />
sagen uns Wichtiges fÇr unser Leben.<br />
Seit den 70er Jahren des 20. Jhds. sind AufsÉtze und SammelbÉnde zu biblischen<br />
<strong>Frauen</strong>gestalten erschienen. Im Jahr 1998 haben deutsche Exegetinnen ein<br />
„Kompendium Feministischer Bibelauslegung“ (siehe Literaturliste) verÑffentlicht, in<br />
dem alle BÇcher der Bibel von <strong>Frauen</strong> ausgelegt werden. Sie zeigen neue und<br />
aufschlussreiche Ansichten, welche die bisher gÉngigen Bibelauslegungen<br />
bereichern und fÇr <strong>Frauen</strong> zugÉnglicher machen.<br />
5.1 Machtvolle <strong>Frauen</strong> im Alten Testament<br />
5.1.1 Debora, die Richterin<br />
Im Richterbuch wird von fÇhrenden Gestalten des 12. und 11. Jhds. v. Chr. erzÉhlt.<br />
Es ist die Zeit, in der die israelitischen StÉmme sesshaft werden. Das ist vielfach ein<br />
friedlicher Vorgang. Die Einwanderer passen sich an die einheimische BevÑlkerung<br />
an, ohne sich jedoch mit ihr zu vermischen. Wo sie auf Widerstand der<br />
kanaanÉischen Stadtstaaten stoÖen, dort kommt es zu kriegerischen Auseinandersetzungen.<br />
Personen, die im Normalfall das Amt eines Richters ausÇben, also Recht<br />
sprechen und Streitigkeiten der Israeliten untereinander schlichten, werden zu<br />
FÇhrern und Rettern aus der Not.<br />
Im Buch der Richter (Ri 4 und 5) begegnet uns auch eine groÖe <strong>Frauen</strong>gestalt der<br />
FrÇhzeit Israels als Retterin und Richterin: Debora. Der Sieg am Tabor ist ihrer<br />
FÇhrung zuzuschreiben. Zwei fÇr eine Frau bemerkenswerte Dinge werden von ihr<br />
erzÉhlt: Einerseits ruft sie den Feldherrn Barak zum Widerstand gegen die<br />
unterdrÇckenden KananaanÉer auf und andererseits will Barak nicht ohne Debora<br />
gegen die Feinde ziehen:<br />
„Wenn du mit mir gehst, werde ich gehen; wenn du aber nicht mit mir gehst, werde ich nicht gehen.“<br />
(Ri 4,8)<br />
Das Debora-Lied (Ri 5) feiert die àberwindung der gott- und lebensfeindlichen<br />
MÉchte in einer sehr kriegerischen Sprache. Das lÉsst auf die àbermacht der Feinde<br />
und die Notlage zur Zeit des Geschehens - aber auch zur Zeit der Niederschrift des<br />
Textes - schlieÖen. Dieses Siegeslied ist eines der Éltesten Lieder im AT (Ri 5,2-31):<br />
„Dass FÇhrer Israel fÇhrten und das Volk sich bereit zeigte, dafÇr preist den Herrn! HÑrt, ihr KÑnige,<br />
horcht auf, ihr FÇrsten! Ich will dem Herrn zu Ehren singen, ich will zu Ehren des Herrn, des Gottes<br />
Israels, spielen. Herr, als du auszogst aus Seår, als du vom GrÇnland Edoms heranschrittest, da bebte<br />
die Erde, die Himmel ergossen sich, ja, aus den Wolken ergoss sich das Wasser. Die Berge wankten<br />
vor dem Blick des Herrn vor dem Blick des Herrn, des Gottes Israels. In den Tagen Schamgars, des<br />
Sohnes des Anat, in den Tagen Jaçls lagen die Wege verlassen da; wer unterwegs war, musste<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 22
Umwege machen. Bewohner des offenen Landes gab es nicht mehr, es gab sie nicht mehr in Israel,<br />
bis du dich erhobst, Debora, bis du dich erhobst, Mutter in Israel. Man hatte sich neue GÑtter erwÉhlt.<br />
Es gab kein Brot an den Toren. Schild und Speer waren nicht mehr zu sehen bei den Vierzigtausend<br />
in Israel. Mein Herz gehÑrt Israels FÇhrern. Ihr, die ihr bereit seid im Volk, preist den Herrn! ...“<br />
5.1.2 Hulda, die Prophetin und Ratgeberin des Königs<br />
Propheten im Alten Orient waren angestellt am Reichsheiligtum oder am KÑnigshof.<br />
Die Hofpropheten waren Ratgeber des KÑnig und damit wichtige<br />
EntscheidungstrÉger.<br />
Die groÖen Einzelpropheten Israels hingegen wissen sich von Gott berufen, gehÑren<br />
keinem Stand an und sind nicht an irgendeine Macht gebunden wie die Hof- oder<br />
Tempelpropheten. Sie rufen die Weisung Gottes in Erinnerung und zeigen auf, wohin<br />
Ungehorsam fÇhrt. Darum drÉngen sie darauf, dass der KÑnig und das Volk ihr<br />
verkehrtes Tun sehen, sich bekehren und den Willen Gottes tun. Sie sehen<br />
sozusagen tiefer als die Zeitgenossen und deuten das, was geschieht, im Licht<br />
Gottes. Es hat auch <strong>Frauen</strong> als Seherinnen und Prophetinnen in Israel gegeben. Von<br />
einer, Hulda, lesen wir in 2 KÑn 22,14-20:<br />
„Da gingen der Priester Hilkija, Ahikam, Achbor, Schafan und Asaja zur Prophetin Hulda. Sie war die<br />
Frau Schallums, des Sohnes Tikwas, des Sohnes des Harhas, des Verwalters der Kleiderkammer,<br />
und wohnte in Jerusalem in der Neustadt. Die Abgesandten trugen ihr alles vor und sie gab ihnen<br />
diese Antwort: So spricht der Herr, der Gott Israels: Sagt zu dem Mann, der euch zu mir geschickt hat:<br />
So spricht der Herr: Ich bringe Unheil Çber diesen Ort und seine Bewohner, alle Drohungen des<br />
Buches, das der KÑnig von Juda gelesen hat. Denn sie haben mich verlassen, anderen GÑttern<br />
geopfert und mich durch alle Werke ihrer HÉnde erzÇrnt. Darum ist mein Zorn gegen diesen Ort<br />
entbrannt und er wird nicht erlÑschen. Sagt aber zum KÑnig von Juda, der euch hergesandt hat, um<br />
den Herrn zu befragen: So spricht der Herr, der Gott Israels: Durch die Worte, die du gehÑrt hast,<br />
wurde dein Herz erweicht. Du hast dich vor dem Herrn gedemÇtigt, als du vernahmst, was ich Çber<br />
diesen Ort und seine Bewohner gesprochen habe: dass sie zu einem Bild des Entsetzens und zum<br />
Fluch werden sollen. Du hast deine Kleider zerrissen und vor mir geweint. Darum habe ich dich erhÑrt<br />
- Spruch des Herrn. Ich werde dich mit deinen VÉtern vereinen, und du sollst in Frieden in deinem<br />
Grab beigesetzt werden. Deine Augen sollen all das Unheil nicht mehr sehen, das ich Çber diesen Ort<br />
bringen werde. – Sie berichteten dies dem KÑnig.“<br />
Bei Renovierungsarbeiten im Jerusalemer Tempel hat man ein Gesetzbuch<br />
gefunden. Gott soll befragt werden, was dies zu bedeuten habe. Die Prophetin Hulda<br />
wird gebeten, das Geschehen zu deuten. Diese wird als die Frau des Schallum<br />
vorgestellt (sie ist also verheiratet und wird von ihrem Mann her definiert). Hulda<br />
verkÇndet das prophetische Urteil, das in Israel als von Gott selbst gesprochenes<br />
Wort gilt. Auf diese AutoritÉt hin fÇhrt KÑnig Joschija die groÖe Glaubensreform von<br />
622 v. Chr., die deuteronomische Kult- und Sozialreform, durch.<br />
Hulda ist die einzige namentlich erwÉhnte Prophetin der KÑnigszeit. Daneben gibt es<br />
jedoch einige wenige Hinweise, dass es <strong>Frauen</strong> als Prophetinnen gegeben hat,<br />
welche die Zeichen der Zeit deuteten und ihre Zeitgenossen zum richtigen Handeln<br />
aufgerufen haben. So werden Mirjam (Ex 15,20) und die bereits erwÉhnte Debora (Ri<br />
4,4) „Prophetinnen“ genannt; Jes 8,3 erwÉhnt eine Prophetin ohne Namensnennung<br />
und Ez 13,17 weiÖ von Prophetinnen zur Zeit des Exils in Babylon (586 – 538 v.<br />
Chr.).<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 23
5.1.3 Stammmütter und Führerinnen<br />
a) Sara, Rebekka, Lea, Rahel (Gen)<br />
Sara/Abraham, Rebekka/Isaak und Lea/Rahel/Jakob sind die Stammeltern im<br />
Glauben. Ihre Geschichten sind UrsprungserzÉhlungen. Sie zeigen auf, dass<br />
Menschen zwischen Glauben und Unglauben schwanken, dass es gute und weniger<br />
gute Zeiten im menschlichen Dasein gibt.<br />
In den ErzÉhlungen von den StammmÇttern und StammvÉtern Israels geht es um<br />
Geschichten vom Anfang, um das àberleben und die Zukunft einer Personengruppe.<br />
Es sind BeispielserzÉhlungen, wie sich Menschen und das Gottesvolk verhalten<br />
sollen.<br />
b) Tamar – List gegen Macht (Gen 38)<br />
Eine wenig bekannte Stammmutter ist die KanaanÉerin Tamar, die nach Mt 1,3 eine<br />
der Ahnfrauen des Jesus von Nazaret ist.<br />
In der etwas komplizierten ErzÉhlung im Buch Genesis wird Tamar das Recht auf<br />
Nachkommenschaft vorenthalten. Nachdem zwei EhemÉnner - SÑhne des Juda -<br />
gestorben waren, will Juda das Leben seines dritten und letzten Sohnes nicht mehr<br />
riskieren (nach geltendem Recht muss ein Mann nach dem Tod seines Bruders<br />
dessen Frau - die Witwe - heiraten).<br />
Juda verheiratet seinen Sohn nicht mit Tamar, sondern er schickt sie zu ihrer Familie<br />
zurÇck. Sie lÉsst sich aber nicht einfach abschieben, sondern tut das ihr MÑgliche.<br />
Sie ergreift die Initiative, nachdem sie gemerkt hat, dass Juda sie hintergeht. Als<br />
Kultdirne verkleidet empfÉngt sie von Juda (also von ihrem Schwiegervater) ein Kind,<br />
ohne dass er ahnt, mit wem er sich eingelassen hat. Er ist auÖer sich vor Zorn Çber<br />
die Schwangerschaft Tamars. Diese aber kann beweisen, dass das Kind von Juda<br />
ist. Juda muss bekennen: „Sie ist mir gegenÇber im Recht, weil ich sie meinem Sohn<br />
Schela nicht zur Frau gegeben habe.“ (Gen 38,26)<br />
Das Recht einer Frau behauptet sich gegen das Recht eines Mannes. Tamar<br />
durchbricht die bestehenden Strukturen und das ist fÇr diese Zeit sehr<br />
auÖergewÑhnlich.<br />
c) Mirjam – AnfÇhrerin und Prophetin (Ex)<br />
Am Anfang des Volkes Israel steht die groÖe FÇhrergestalt des Mose. Der biblischen<br />
àberlieferung nach hat er zwei Geschwister: Mirjam und den Hohenpriester Aaron.<br />
Mirjam ist eine jener <strong>Frauen</strong>, die in der Geburtsgeschichte des Mose (Ex 2,1-10) dem<br />
Kind (gegen den ausdrÇcklichen Befehl des Pharao) das Leben ermÑglichen. Die<br />
Geschichten mit dem BinsenkÑrbchen und der Mutter als Amme sind Zeugnisse von<br />
ganz auÖergewÑhnlichem Mut und weiblichem Einfallsreichtum, wenn es darum geht,<br />
tÑdlicher Macht entgegenzuwirken.<br />
Mirjam ist auch jene, die nach der Rettung am Schilfmeer in prophetischer Weise<br />
offenbar macht, dass diese weder das Werk des Mose noch ein Naturereignis und<br />
schon gar nicht ein Zufall ist, sondern das Werk von Israels Gott:<br />
„Singt dem Herrn ein Lied, denn er ist hoch und erhaben. Rosse und Wagen warf er ins Meer.“ (Ex<br />
15,21)<br />
Dieses Lob- und Preislied der Mirjam wurde spÉter zum „Moselied“ erweitert. Als<br />
Moselied hat es Eingang gefunden in die katholische Liturgie der Osternacht. Die<br />
Erinnerung daran, dass <strong>Frauen</strong> als erste das Geschehen gedeutet, Ñffentlich bekannt<br />
gemacht und prophetisch gehandelt haben, ist auf diese Weise verschwunden.<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 24
Der Ursprung Israels liegt in der Nomadenzeit. Die Stammeltern waren Beduinen.<br />
Num 12,1-16 ist ein Beispiel dafür, wie das Volk Israel aus mehreren Sippen zu einer<br />
Einheit zusammengewachsen ist. Mose, Mirjam und Aaron sind Führergestalten<br />
zunächst selbständiger Beduinengruppen gewesen. Beim Zusammenschluss von<br />
verschiedenen Gruppen ist es sicherlich zu Konflikten um die Gesamtführung<br />
gekommen. Num 12 gibt einen Streit um den alleinigen Führungsanspruch des Mose<br />
wieder. Erzählt wird von der Zu- und Unterordnung Mirjams und Aarons unter die<br />
Führung des einzigartigen Mose. Mirjam wird härter bestraft als Aaron, nämlich mit<br />
Aussatz. Durch ihre Kritik steht sie außerhalb der Gemeinschaft wie eine Aussätzige.<br />
Durch das Gebet des Mose um Heilung wird die vom Volk geschätzte Mirjam wieder<br />
in die Gemeinschaft aufgenommen.<br />
Mit dieser Erzählung wird der Führungsschicht zur Zeit der Abfassung (Königszeit,<br />
irgendwann in der Zeit zwischen dem 10. und 6. Jhd. v. Chr.) ein Spiegel<br />
vorgehalten, wie man sich in einem Machtkonflikt verhalten soll. Num 20,1 erzählt<br />
vom Tod der Mirjam. In der Zeit des Exodus und der Wüstenwanderung wird nur vom<br />
Sterben des Mose, des Aaron und der Mirjam erzählt. Wenn (sogar) von ihrem Tod<br />
erzählt wird, muss Mirjam eine wichtige Person in der Entstehungszeit Israels<br />
gewesen sein.<br />
Anregungen:<br />
� Obwohl <strong>Frauen</strong> in Ex 14 nicht direkt erwähnt sind, kommen sie doch vor. Sie<br />
brechen auf, sie ziehen weg, sie gehen weiter und verändern dadurch ihr Leben.<br />
Gibt es solche Situationen auch in meinem Leben?<br />
� Wie werden in Num 12,1-16 Mose, Aaron, Mirjam dargestellt? Welche Fragen<br />
habe ich dazu?<br />
� Kritik gehört zum menschlichen Leben. Bin ich auch dann bereit zu Kritik, wenn<br />
sie (vielleicht) unangenehme Folgen hat?<br />
� Wie verhalte ich mich gegenüber Menschen, die durch Kritik in Schwierigkeiten<br />
gekommen sind?<br />
5.1.4 Priesterinnen?<br />
Das Priesteramt in Israel ist zumindest während der Zeit der schriftlichen<br />
Aufzeichnungen immer nur Männern vorbehalten gewesen. Das hat vor allem zwei<br />
Gründe:<br />
� Einerseits hat der Mann die öffentlichen Angelegenheiten der Gesellschaft<br />
wahrzunehmen und dazu gehörte der Opferkult als eigentliche Aufgabe des<br />
Priesters. Die Aufgaben der Frau dagegen lagen im Bereich des Hauses und der<br />
Familie.<br />
� Andererseits sind die Personen im kultischen Bereich direkt der Gottheit<br />
ausgesetzt. Durch die körperliche und sexuelle Ausprägung schien die Frau dem<br />
Geheimnis des Lebens viel näher zu stehen als der Mann. Um dieses Geheimnis<br />
nicht zu gefährden, mussten Kult und Trägerinnen des Lebens voneinander<br />
getrennt werden.<br />
Was in Zeiten, in denen man um die sexuellen Vorgänge und Zusammenhänge<br />
nichts oder sehr wenig wusste, als Schutz für die Frau geboten war, wurde später zu<br />
einem Tabu, das sich nicht selten bis heute gegen <strong>Frauen</strong> richtet.<br />
5.1.5 Königinnen<br />
Macht bietet die Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen<br />
auch gegen Widerstreben durchzusetzen. In der Königsgeschichte des Alten<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 25
Testamentes finden sich zwei Beispiele dieser Art von MachtausÇbung von <strong>Frauen</strong>:<br />
Isebel und Atalja.<br />
a) Königin Isebel<br />
Im 9. Jhd. v. Chr. will König Ahab von Israel den beiden BevÑlkerungsgruppen seines<br />
Reiches (KanaanÉer und Israeliten) gerecht werden. Ein Mittel dazu ist seine Heirat<br />
mit der phÑnizischen Prinzessin Isebel. Ahab scheint ihr machtlos verfallen zu sein<br />
(vgl. 1 KÑn 18,4.13.19; 19,1f und vor allem 1 KÑn 21,5-15). Das zeigt sich besonders<br />
deutlich in der Auseinandersetzung mit dem Propheten Elija.<br />
Isebel ist die eigentliche Gegenspielerin des Propheten Elija. Die Propheten des<br />
Gottes Baal und der GÑttin Aschera stehen im Dienst Isebels (1 KÑn 18,19). Das<br />
verstÑÖt jedoch gegen das erste Gebot, das in Israel gilt: „Du sollst keine anderen<br />
GÑtter neben mir haben“ (Ex 20,3). Nach 1 KÑn 18,4.13 lieÖ Isebel alle Jahwe-<br />
Propheten hinrichten. Nachdem sich beim sogenannten GÑtterwettstreit am Berg<br />
Karmel der von Elija vertretene Jahwe-Glaube als die einzig richtige und wahre<br />
Gottesverehrung erwiesen hat (1 KÑn 18,20ff), schwÑrt Isebel Rache. Sie droht Elija<br />
umzubringen. Elija flieht und wÇnscht sich den Tod (1 KÑn 19,1-4).<br />
SchlieÖlich begegnen wir der KÑnigin Isebel in der ErzÉhlung vom Weingarten des<br />
Nabot (1 KÑn 21,1-16.23). Hier ist sie diejenige, die mit List ihre Macht ausspielt und<br />
Ahab zu dem GrundstÇck (einem Weinberg) verhilft, das der Besitzer Nabot nicht<br />
hergeben will und das sich der KÑnig nach geltendem Jahwe-Recht nicht aneignen<br />
kann. Isebel stiftet zwei älteste zu einer falschen Zeugenaussage an. Nachdem<br />
Nabot daraufhin wegen Gottes- und MajestÉtsbeleidigung hingerichtet ist, fÉllt das<br />
GrundstÇck an die Krone. Isebel bringt KÑnig Ahab die gute Nachricht, dass ihm das<br />
GrundstÇck nun rechtmÉÖig gehÑrt. Dieser geht, um den Weinberg in Besitz zu<br />
nehmen. Elija jedoch zeigt in zwei harten Drohworten auf, wie sich die Sache verhÉlt.<br />
Er spricht damit das Urteil Çber Ahab (1 KÑn 21,17-24) und Isebel (1 KÑn 21,23 erfÇllt<br />
sich in 2 KÑn 9,30-37). SchlieÖlich wird sie fÇr alles verantwortlich gemacht, was<br />
Ahab verbrochen hat:<br />
„Es gab in der Tat niemand, der sich wie Ahab hergab zu tun, was dem Herrn missfiel, da seine Frau<br />
Isebel ihn verfÇhrte.“ (1 KÑn 21,25)<br />
Ob Isebel tatsÉchlich den groÖen Einfluss auf Ahab und die Religionspolitik des<br />
Nordreiches gehabt hat, ist mehr als zweifelhaft. In den Traditionen Çber den<br />
Propheten Elija, dessen kÑniglicher Gegenpol das KÑnigspaar Ahab/Isebel ist, geht<br />
es nicht darum, die Ehefrau als die VerfÇhrerin schlechthin darzustellen. Vielmehr<br />
soll gezeigt werden, dass der Baalskult schon bis in den KÑnigshof vorgedrungen ist<br />
und Ahab zumindest dabei zugesehen hat.<br />
Wir werden hineingenommen in den spannenden Kampf zwischen zwei<br />
Gesellschaftssystemen, nÉmlich der heidnisch-kanaanÉischen Lebensart der bereits<br />
lange vor Israel sesshaft gewordenen BevÑlkerung und der Gesellschaftsform der<br />
aus der WÇste und Steppe gekommenen StÉmme Israels, die vom Nomadentum<br />
geprÉgt sind. Isebel und Elija sind die Exponenten dieser BevÑlkerungsgruppen. In<br />
der einen gab es KÑnige, die groÖe Macht Çber die Untertanen hatten, in der<br />
anderen gab es FÇhrer, die aber nicht die Machtbefugnisse der kanaanÉischen<br />
StadtkÑnige besaÖen. Das KÑnigtum ist in Israel erst spÉt entstanden und galt den<br />
konservativen Kreisen als Abfall vom Glauben der FrÇhzeit, in der Jahwe der<br />
(eigentliche) KÑnig Çber Israel war und keine ReprÉsentanten auf der Erde hatte (vgl.<br />
1 Sam 8,7; 12,12).<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 26
Vom Anfang an hat der KÑnig der Versuchung zur Macht nicht widerstehen kÑnnen.<br />
Statt Hirte seines Volkes zu sein, wohl der Erste - aber unter Gleichen (= primus inter<br />
pares), hat er sich Çber seine Volksgenossen gestellt. Zu diesen sozialen SÇnden<br />
der KÑnige des Gottesvolkes kam schon sehr bald die falsche Gottesverehrung.<br />
Wir wÇrden heute sagen: die Vergehen der KÑnige waren gegen die Gottes- und<br />
NÉchstenliebe. Und damit schlieÖt sich der Kreis: KÑnigin Isebel stammt aus einem<br />
nicht-israelitischen KÑnigsgeschlecht und bringt selbstverstÉndlich ihre Lebens- und<br />
Glaubensauffassung mit. Ahab hat dem zuwenig entgegengestellt. Es geht in der<br />
Gestalt der Isebel also nicht um die bÑse KÑnigin, sondern um eine Frau, durch die<br />
eine Gesellschaftsordnung hervortritt, die von der Bibel abgelehnt wird. Ahab ist<br />
dabei als derjenige gezeichnet, der schwach ist und nachgibt. Er ist von sich und<br />
seinem Glauben nicht Çberzeugt, und lÉsst gewÉhren, auch wenn dabei gegen die<br />
Weisungen Gottes verstoÖen wird, ja ihre ErfÇllung seinem Volk unmÑglich<br />
gemacht wird (vgl. 1 KÑn 16,29-34).<br />
b) Königinmutter und Regentin Atalja<br />
Die KÑniginmutter und Regentin Atalja ist nach 2 KÑn 8,26 eine Tochter Ahabs, also<br />
eine Prinzessin aus dem Nordreich Israel. Sie ist die Frau des judÉischen KÑnigs<br />
Joram. Nach dem Tod ihres Sohnes lÉsst Atalja alle ThronanwÉrter umbringen. Nur<br />
ihr Enkel Joasch kann vor ihr versteckt und gerettet werden. Atalja regiert sechs<br />
Jahre in Juda. Ein Umsturz macht dann den geretteten Joasch zum KÑnig. Atalja<br />
wird hingerichtet und die von ihr errichteten Baalstempel werden zerstÑrt.<br />
In der Bibel ist Atalja eine grausame Machthaberin, die Çber Leichen geht (2 KÑn 11).<br />
Doch es handelt sich dabei weniger um Aussagen Çber Atalja, sondern es wird der<br />
Streit zwischen den beiden Schwesterstaaten Juda und Israel und deren<br />
HerrscherhÉusern widergespiegelt. Seit dem Tod Salomos war das Reich Davids<br />
auseinandergefallen. Juda hat sowohl die Abspaltung der NordstÉmme als auch das<br />
israelitische KÑnigtum negativ beurteilt. Das davidische KÑnigtum dagegen hatte eine<br />
starke gÑttliche Legitimation (vgl. 2 Sam 7). Eine Frau - noch dazu eine Fremde - als<br />
Herrscherin wurde von dieser Partei abgelehnt, mehr noch: das Fortbestehen des<br />
davidischen KÑnigtums schien durch Atalja gefÉhrdet.<br />
Um die GrÑÖe der Gefahr fÇr das davidische KÑnigshaus zu schildern, wird Atalja als<br />
eine Art Hexengestalt in die geschichtlichen àberlieferungen dargestellt. Sie ist aber<br />
sicherlich eine fÉhige Herrscherin, deren Herkunft und Aktionen vielen in Juda ein<br />
Dorn im Auge ist. Die Abneigung der Verfasser gegen die Fremde, gegen <strong>Frauen</strong>,<br />
gegen Nicht-Davididen darf aber nicht zu einer Verallgemeinerung fÇhren. Negative<br />
Vorurteile gegen <strong>Frauen</strong> in FÇhrungspositionen lassen sich von 2 KÑn 11 nicht<br />
ableiten.<br />
Anregungen:<br />
� Wie nehme ich <strong>Frauen</strong> in hÑheren Positionen wahr?<br />
� Ist Gleichbehandlung von <strong>Frauen</strong> und MÉnnern immer und Çberall<br />
wÇnschenswert - mÑglich - notwendig?<br />
� Welche Chancen haben <strong>Frauen</strong> in meinem Umkreis?<br />
� Wie stehe ich zur „Quotenregelung“?<br />
5.1.6 <strong>Frauen</strong> mit Einfluss auf Mächtige<br />
Insgesamt drei der biblischen BÇcher sind nach einer Frau benannt. Neben Rut, die<br />
ebenso wie Tamar im Stammbaum Jesu nach MatthÉus (Mt 1) aufscheint, sind das<br />
Ester und Judit. Ihre Geschichten sind in den nach ihnen benannten<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 27
LehrerzÉhlungen nachzulesen. Beide retten durch listige und mutige Intervention bei<br />
den MÉchtigen – und nicht zuletzt durch den Einsatz ihrer SchÑnheit – das<br />
Gottesvolk aus der BedrÉngnis durch Feinde.<br />
„Herr, schenke mir, der Witwe, die Kraft zu der Tat, die ich plane. Schlag den Knecht wie den Herrn und<br />
den Herrn wie den Diener durch meine listigen Worte; brich ihren Trotz durch die Hand einer Frau! Denn<br />
deine Macht stÇtzt sich nicht auf die groÖe Zahl, deine Herrschaft braucht keine starken MÉnner, sondern<br />
du bist der Gott der Schwachen und der Helfer der Geringen; du bist der Beistand der Armen, der<br />
BeschÇtzer der Verachteten und der Retter der Hoffnungslosen. Ja, du Gott meines Vaters und Gott<br />
deines Erbbesitzes Israel, du Herr des Himmels und der Erde, SchÑpfer der Meere und KÑnig deiner<br />
ganzen SchÑpfung, erhÑre mein Gebet!“ (Jud 9,9b-12)<br />
5.1.7 Rizpa, eine Frau im passiven Widerstand<br />
Rizpa wirkt nicht an der groÖen Macht mit, aber sie setzt ihr Familieninteresse gegen<br />
den Willen der MÉchtigen durch. ZunÉchst ist sie nur der Spielball der MÉchtigen.<br />
Rizpa gehÑrte zum Hof Sauls und war eine seiner Nebenfrauen (2 Sam 3,7). Nach<br />
dem Tod Sauls nahm sie dessen Feldherr Abner zur Frau. Das „Nehmen von <strong>Frauen</strong><br />
des kÑniglichen Hofes“ bedeutete in der damaligen Zeit einen Herrschaftsanspruch<br />
(vgl. 2 Sam 16,20-22; 1 KÑn 2,17.21f). Ischbaal, der Sohn und Nachfolger Sauls<br />
macht Abner VorwÇrfe. Darum wechselt Abner die Fronten und bietet David, der im<br />
SÇden bereits zum KÑnig gemacht wurde, seine Dienste an.<br />
Wichtiger ist jedoch die Begebenheit von 2 Sam 21,1-14, welche Rizpa als eine treue<br />
Frau zeigt, die ehrfÇrchtig die SchÉndung von Toten verhindert. Sie bringt den in<br />
dieser Angelegenheit unnachgiebigen David zum Umdenken. David hat die letzten<br />
AngehÑrigen der Familie Sauls (vor allem auch die SÑhne der Rizpa) zur Hinrichtung<br />
freigegeben. In weiterer Folge durften sie nicht begraben werden. Rizpa jedoch ist<br />
treu Çber den Tod hinaus und bewahrt die Hingerichteten davor, dass VÑgel und<br />
wilde Tiere an sie herankommen kÑnnen. David ist von dieser Treue beeindruckt und<br />
lÉsst die Hingerichteten gemeinsam mit seinem Freund Jonatan und KÑnig Saul, die<br />
nur provisorisch begraben worden sind, bestatten.<br />
5.2 Machtvolle <strong>Frauen</strong> im Neuen Testament<br />
Das Christentum hat viele <strong>Frauen</strong> angezogen. Das hatte mehrere GrÇnde: ZunÉchst<br />
ist Jesus von Nazaret sehr offen mit allen Menschen, d. h. auch mit <strong>Frauen</strong>,<br />
umgegangen. Das war im Judentum seiner Zeit sehr ungewÑhnlich. Vor allem die<br />
jÇdischen Reinheitsvorschriften, die sich auf das Buch Levitikus beriefen, verbannten<br />
die Frau aus dem Ñffentlichen Leben. Aber auch in der griechisch-rÑmischen Antike<br />
waren die Geschlechter nicht gleichberechtigt. Der Satz „Es gibt nicht mehr Juden<br />
und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr seid ‚einer‘ in<br />
Christus“ (Gal 3,28), barg revolutionÉre Sprengkraft fÇr die Gesellschaft. Viele<br />
Sklaven und <strong>Frauen</strong> sind Christen geworden. Darum wurde das Christentum auch<br />
abfÉllig als „Weiberreligion“ bezeichnet.<br />
Das war wohl der Hauptgrund fÇr die Aussagen in den neutestamentlichen Briefen,<br />
vor allem in den Pastoralbriefen, welche die Frau in die „normale“ Stellung, in den<br />
Çblichen familiÉr-hÉuslichen Bereich zurÇckweisen. Aussagen wie: „Eine Frau soll<br />
sich still und in aller Unterordnung belehren lassen. Dass eine Frau lehrt, erlaube ich<br />
nicht, auch nicht, dass sie Çber ihren Mann herrscht; sie soll sich still verhalten“ (1<br />
Tim 2,11f) sind eine Gegenbewegung zu dieser hohen Bedeutung von <strong>Frauen</strong> und<br />
zugleich eine verschenkte Chance. Diese ZurÇckweisung der wichtigen Stellung der<br />
Frau in der frÇhen Kirche bestimmte und bestimmt das Handeln von <strong>Frauen</strong> und<br />
MÉnnern in Gesellschaft und Kirche bis in unsere Zeit.<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 28
5.2.1 <strong>Frauen</strong> um Jesus<br />
„Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach.“ (Joh 4,27) Jesu Umgang mit<br />
<strong>Frauen</strong> war offen, ungezwungen, ungewÑhnlich und hat Verwunderung und<br />
Widerstand ausgelÑst. Das ist oft in Vergessenheit geraten,<br />
� weil manche Bibelstellen (z. B. die Heilung einer Frau am Sabbat, Lk 13,10-17) in<br />
der Sonntagsleseordnung nicht vorkommen;<br />
� weil die biblische Sprechweise <strong>Frauen</strong> selbstverstÉndlich miteinschlieÖt (z. B. mit<br />
„die Menge“ oder „das Volk“ sind wohl immer <strong>Frauen</strong> und MÉnner gemeint);<br />
� weil durch àbersetzungen die Tatsache verschwunden ist, dass es sehr wohl<br />
<strong>Frauen</strong> im Umkreis Jesu gegeben hat.<br />
„Herr, ich glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen<br />
soll“ spricht in Joh 11,27 nicht Petrus (wie in den anderen Evangelien), sondern Marta.<br />
Lk 8,1-3 nennt einen Kreis von <strong>Frauen</strong>, die Jesus nachfolgten, also JÇngerinnen waren.<br />
Sie begleiteten Jesus (wie die ZwÑlf) und unterstÇtzten ihn und die JÇnger mit ihrem<br />
Besitz.<br />
Maria Magdalena<br />
Die Erstgenannte der <strong>Frauen</strong> in Lk 8,1-3 ist Maria Magdalena, „aus der sieben<br />
DÉmonen ausgefahren waren“. Schon bald beginnt in der Wirkungsgeschichte eine<br />
Verschmelzung verschiedener <strong>Frauen</strong>gestalten zu einer einzigen.<br />
� In der Wirkungsgeschichte wird Maria aus Magdala (Lk 8,2) zunÉchst mit der Frau<br />
im Haus des Simon, einer SÇnderin (Lk 7,36-50) gleichgestellt, - und damit wird<br />
aus einer stadtbekannten Frau eine Prostituierte.<br />
� In einem weiteren Schritt wird sie auch Maria aus Betanien, die Jesus die FÇÖe<br />
salbte (Joh 12,3), gleichgesetzt.<br />
� Dann wird sie mit jener Frau identifiziert, die nach Mk 14,3 und Mt 26,6f nicht die<br />
FÇÖe, sondern das Haupt Jesu in Betanien salbte.<br />
� Weiters wird Maria Magdalena mit der Samariterin am Jakobsbrunnen (Joh 4)<br />
gleichgesetzt.<br />
Noch spÉter wird sie mit der Gestalt einer Legende verbunden: Maria von Ägypten soll<br />
eine Prostituierte gewesen sein, die sich bekehrte und siebenundvierzig Jahre als<br />
Einsiedlerin gelebt hat. Anderen Legenden nach soll Maria Magdalena mit Marta und<br />
Lazarus auf einem steuerlosen Schiff nach Marseille gelangt sein, das KÑnigshaus<br />
bekehrt haben und schlieÖlich wieder in die WÇste zurÇckgekehrt sein.<br />
Im 13. Jhd. wird in einer Legende erzÉhlt (Legenda Aurea), dass Maria Magdalena die<br />
verlassene Braut des JÇngers Johannes gewesen sei.<br />
Diese Vermischungen lassen andere <strong>Frauen</strong>gestalten aus der biblischen<br />
Glaubensgeschichte verschwinden und verfÉlschen das biblische Bild der Maria aus<br />
Magdala. Noch immer ist sie fÇr viele GlÉubige nicht die erste JÇngerin, sondern die<br />
groÖe SÇnderin. Als solche ist sie auch in die bildende Kunst eingegangen. Sie ist die<br />
Dirne, die Frau, die sich Jesus zu FÇÖen wirft und diese salbt, die BÇÖerin in der<br />
WÇste, die Patronin derer, die sich besonders um weibliche GefÉhrdete annehmen.<br />
Die ErwÉhnung ihrer Çberragenden Bedeutung bei der VerkÇndigung der<br />
Auferstehung Jesu fehlt in dieser AufzÉhlung.<br />
Dreizehn Mal (Mt 27,56.61; 28,1; Mk 15,40.47; 16,1.9; Lk 24,10; Joh 19,25;<br />
20,1.11.16.18) nennen die Evangelien Maria Magdalena in den Passions- und<br />
AuferstehungserzÉhlungen. Sie ist die AnfÇhrerin einer Gruppe von <strong>Frauen</strong>, die<br />
Jesus bis zum Kreuz gefolgt sind (Mk 15,40f), nachdem die JÇnger Jesus verlassen<br />
und verraten haben (Mk 14,50.66-72). <strong>Frauen</strong> beobachten die Grablegung Jesu (Mk<br />
15,47) und gehen am Tag nach dem Sabbat zum Grab Jesu (Mk 16,2). Sie machen<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 29
die erschreckende Entdeckung, dass der Stein weggerollt und das Grab leer ist. Sie<br />
hÑren die unglaubliche Botschaft, dass der tote Jesus lebt und sie erhalten den<br />
Auftrag, diese Botschaft von der Auferweckung Jesu den JÇngern zu bringen (Mk<br />
16,6f).<br />
Das Élteste Evangelium unterstreicht das Unerwartete der Botschaft: „Da verlieÖen<br />
sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie<br />
sagten niemand etwas davon; denn sie fÇrchteten sich.“ (Mk 16,8) SpÉter (bei Lk)<br />
wird ergÉnzt und weitergeschrieben: „Doch die Apostel hielten das alles fÇr<br />
GeschwÉtz und glaubten ihnen nicht.“ (Lk 24,11; vgl. Mk 16,11)<br />
Nach anfÉnglichem Unglauben kommen sie durch ihre eigenen Erfahrungen mit dem<br />
Auferstandenen zum Glauben, wie z. B. die EmmausjÇnger. Sie wissen von der<br />
Botschaft der <strong>Frauen</strong> (Lk 24,22f), glauben aber erst nach der Geste des<br />
Brotbrechens (Lk 24,31).<br />
Das zeitlich als letztes entstandene Evangelium nach Johannes erzÉhlt von einer<br />
sehr persÑnlichen Begegnung Jesu mit Maria Magdalena und ihrem besonderen<br />
Auftrag:<br />
„Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und sagte<br />
auf hebrÉisch zu ihm: Rabbuni!, das heiÖt: Meister. Jesus<br />
sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum<br />
Vater hinaufgegangen. Geh aber zu meinen BrÇdern, und sag<br />
ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater,<br />
zu meinem Gott und zu eurem Gott. Maria von Magdala ging<br />
zu den JÇngern und verkÇndete ihnen: Ich habe den Herrn<br />
gesehen. Und sie richtete aus, was er ihr gesagt hatte.“ (Joh<br />
20,16-18)<br />
Das Wort Apostel kommt aus<br />
dem Griechischen und bedeutet<br />
„Bote, Gesandter, Vertreter“;<br />
(Apostola Apostolorum =<br />
Apostolin der Apostel).<br />
Damit wird Maria Magdalena zur „apostola apostolorum“, zur Apostolin der<br />
Apostel, wie sie von den KirchenvÉtern bezeichnet wird. Auch in der bildenden Kunst<br />
war dieses Motiv von der Maria Magdala als Apostolin der Apostel bis weit ins<br />
Mittelalter bekannt. Die Miniatur aus dem Kloster St. Albans zeigt Maria von Magdala<br />
als Lehrende gegenÇber den Aposteln.<br />
Erst haben sie dich zur Dirne gemacht und mit dir alle <strong>Frauen</strong>.<br />
So haben sie dich in Verruf gebracht und mit dir alle <strong>Frauen</strong>.<br />
Dann steckten sie dich ins BÇÑerkleid und du hast fremde SÇnden bereut.<br />
Maria Magdalena Apostola Apostolorum<br />
Dein Leben ist uns kaum bekannt, wie das von vielen <strong>Frauen</strong>.<br />
Doch Jesus hat dich beim Namen genannt, vielleicht noch viele <strong>Frauen</strong>.<br />
Er hat dich aus Schmerz und Not befreit, und du standest zu ihm in Kreuz und<br />
Leid.<br />
Maria Magdalena Apostola Apostolorum<br />
Nur du weiÑt, was an jenem Morgen geschah, Maria Magdalena,<br />
als er tot war und doch so lebendig dir nah, Maria Magdalena.<br />
Deine Stimme, sie ist im Schweigen verhallt, denn <strong>Frauen</strong> wie dich verdrÖngte man<br />
bald.<br />
Maria Magdalena Apostola Apostolorum<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 30
Doch heute ist deine Stimme erwacht in vielen vielen <strong>Frauen</strong><br />
und du stehst auf und du kündest mit Macht für viele viele <strong>Frauen</strong>.<br />
Du kündest, dass Gott die Ketten gesprengt<br />
und dir ein Leben in Freiheit geschenkt, und mit dir allen <strong>Frauen</strong>.<br />
Maria Magdalena Apostola Apostolorum Claudia Mitscha-Eibl<br />
Maria aus Magdala - sie wird die Vertreterin der <strong>Frauen</strong> um Jesus und hatte eine<br />
Vorrangstellung Éhnlich der des Petrus im ZwÑlferkreis. Die <strong>Frauen</strong> um Jesus lassen<br />
sich auf die Trauer beim Tod Jesu ein, sie hÑren jedoch auch auf den Ruf und stellen<br />
sich dem Anspruch des Evangeliums. Sie wenden sich Jesus zu und treten in den<br />
Dienst und in die Nachfolge des Auferstandenen.<br />
Das grundlegende Zeugnis dieser Frau aus Magdala wurde im Laufe der Geschichte<br />
der Kirche vergessen, verdrÉngt und abgewertet – zum Schaden fÇr die<br />
GlaubwÇrdigkeit der Botschaft und zur Verarmung fÇr das christliche Miteinander.<br />
Glauben, Nachfolge, VerkÇndigung in der âffentlichkeit, Aushalten im Leid und in der<br />
Glaubensanfechtung, Freude Çber die Frohbotschaft und preisendes Bekenntnis von<br />
<strong>Frauen</strong> und MÉnnern in der Kirche – dafÇr finden wir Vorbilder in der Bibel, eines<br />
davon ist Maria aus Magdala.<br />
5.2.2 <strong>Frauen</strong> der frühen Christengemeinden<br />
Die Apostelgeschichte und die GruÖlisten am Ende des RÑmerbriefes und des 1.<br />
Korintherbriefes lassen auf die bedeutsame Rolle von <strong>Frauen</strong> im frÇhen Christentum<br />
schlieÖen.<br />
a) Lydia, die Purpurhändlerin<br />
Die Apostelgeschichte erzÉhlt von einer PurpurhÉndlerin Lydia, die wohlhabend war<br />
und ein groÖes Haus besaÖ, das sie als Anlaufstelle fÇr die Christengemeinde und<br />
natÇrlich fÇr die Missionare zur VerfÇgung stellte. Sie wird in Apg 16,14 als<br />
„GottesfÇrchtige“ bezeichnet. „GottesfÇrchtige“ waren jene SympathisantInnen des<br />
Judentums und seiner Heiligen Schriften, die nicht zur jÇdischen Gemeinschaft<br />
zÉhlten, da sie das gesellschaftliche AuÖenseitertum der jÇdischen Speisegesetze<br />
und der Beschneidung nicht teilen wollten. Das Christentum gab ihnen die<br />
MÑglichkeit des Glaubens an den einen und einzigen Gott und die liturgische<br />
Gemeinschaft.<br />
b) Phöbe, die Diakonin<br />
Phöbe ist eine der fÇhrenden <strong>Frauen</strong>gestalten der frÇhen Kirche, die den heutigen<br />
ChristInnen fast vÑllig unbekannt ist. Auch in der Kunst finden wir PhÑbe kaum<br />
dargestellt.<br />
In der GruÖliste am Ende des Briefes an die RÑmer wird PhÑbe an erster Stelle<br />
genannt. Sie erhÉlt von Paulus ein Empfehlungsschreiben wie andere christliche<br />
Missionare und MitarbeiterInnen in den frÇhchristlichen Gemeinden, um Zugang und<br />
Gastfreundschaft in Gemeinden zu finden. Paulus schreibt:<br />
„Ich empfehle euch unsere Schwester PhÑbe, die Dienerin der Gemeinde von<br />
KenchreÉ: Nehmt sie im Namen des Herrn auf, wie es Heilige tun sollen, und steht<br />
ihr in jeder Sache bei, in der sie euch braucht; sie selbst hat vielen, darunter auch<br />
mir, geholfen.“ (RÑm 16,1f)<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 31
Paulus bezeichnet sie als „Dienerin der Gemeinde“. Im griechischen Text steht fÇr<br />
den Begriff „Dienerin“ das heute fÇr eine Amtsbezeichnung vorgesehene „diakonã“<br />
(„Diakonin“). Es ist bemerkenswert, dass PhÑbe durch ihre Funktion in der Gemeinde<br />
beschrieben wird (nicht durch ihren Familienstand - z. B. Frau von ..., Witwe,<br />
Jungfrau). Sie ist Diakonin und sie hat geholfen. Im griechischen Urtext steht statt<br />
dieses Zeitwortes (helfen) ein Hauptwort, das soviel wie „Vorsteherin, Leiterin,<br />
Patronin“ bedeutet. Es gab in der frÇhen Christenheit solche Patrone, die -<br />
unabhÉngig und wohl auch etwas wohlhabend - wichtig waren fÇr die Organisation<br />
und das Bestehen der Gemeinden. PhÑbe dÇrfte eine solche wichtige und<br />
einflussreiche PersÑnlichkeit gewesen sein.<br />
c) Junia, die Apostolin<br />
Unter der frÇhchristlichen Missionaren gab es auch Ehepaare. Ein bekanntes Paar<br />
sind Priska und Aquila, die nicht nur in den beiden GruÖlisten RÑm 16,3 und 1 Kor<br />
16,19 genannt werden, sondern auch in der Apostelgeschichte (Apg 18,2) und im 2.<br />
Timotheusbrief (2 Tim 4,19).<br />
ähnlich wie Priska und Aquila waren auch Andronikus und Junia als<br />
Missionsehepaar tÉtig (RÑm 16,7). Allerdings sind sie fÇr die LeserInnen der<br />
EinheitsÇbersetzung (und anderer àbersetzungen) nicht mehr als solches erkennbar.<br />
Da die beiden in zahlreichen Bibelhandschriften als „Apostel“ bezeichnet werden,<br />
wurde aus dem verbreiteten <strong>Frauen</strong>namen „Junia“ ein sonst nirgends belegter<br />
MÉnnername „Junias“: Ein trauriger Abschnitt der àberlieferungsgeschichte der<br />
Bibel!<br />
Dagegen hebt Johannes Chrysostomus (4. Jhd.) die Bedeutung der Junia hervor:<br />
„Ein Apostel zu sein ist etwas GroÖes. Aber hervorragend unter den Aposteln – bedenke, welch<br />
wunderbares Loblied das ist. Sie waren hervorragend auf Grund ihrer Arbeit und ihrer rechtschaffenen<br />
Taten. Wie groÖ muss doch die Weisheit dieser Frau gewesen sein, dass sie fÇr den Titel ‚Apostel‘<br />
wÇrdig befunden wurde!“<br />
Literaturtipps<br />
� Luise Schottroff und Maria-Theres Wacker (Hgg), Kompendium feministische<br />
Bibelauslegung, GÇtersloh (GÇtersloher Verlagshaus) 1998<br />
� Bettina Eltrop und Anneliese Hecht, Nur weil wir <strong>Frauen</strong> sind? Weil wir <strong>Frauen</strong><br />
sind!, Stuttgart (Verlag Katholisches Bibelwerk) 1995<br />
� Angelika Meissner (Hg), Und sie tanzten aus der Reihe. <strong>Frauen</strong> im Alten<br />
Testament, Stuttgart (Verlag Katholisches Bibelwerk) 1992<br />
� Stark bin ich und voller Leben, <strong>Frauen</strong> der Bibel kommen ins Wort, MÇnchen (Don<br />
Bosco) 1997<br />
� <strong>Frauen</strong>bibelarbeit – eine Serie des Bibelwerkes Stuttgart, bis jetzt erschienen: I:<br />
<strong>Frauen</strong>bilder, II: <strong>Frauen</strong>leben, III: <strong>Frauen</strong>streit, IV: <strong>Frauen</strong>dinge, V:<br />
<strong>Frauen</strong>gefÅhle, VI: <strong>Frauen</strong>gottesbilder, VII: <strong>Frauen</strong>stÇrke<br />
Diese BÇcher<br />
kÑnnen Sie im Bibelwerk <strong>Linz</strong> bestellen:<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 32
Texte zur Besinnung und zur Ermutigung<br />
4<br />
Gebet<br />
Geist des Lebens, wir denken heute an <strong>Frauen</strong>,<br />
die bekannten und die namenlosen.<br />
Du gabst ihnen zu allen Zeiten die Kraft,<br />
die Welt zu verändern.<br />
Wir denken an TAMAR,<br />
die sich nicht einfach mit ihrem Schicksal abfand.<br />
Sie setzte sich für ihr Recht ein und diente so dem Leben.<br />
Wir bitten um Einsicht,<br />
damit wir zum rechten Zeitpunkt gute Entscheidungen treffen.<br />
Wir denken an MARIA MAGDALENA,<br />
der man keinen Glauben schenkte,<br />
als sie die Auferstehung verkündigte.<br />
Wir bitten um die Kraft ihres Glaubens<br />
angesichts von Zweifel und Misstrauen.<br />
Wir denken an PHÖBE und JUNIA,<br />
die die frühe Kirche mitführten und ihren Einsatz gaben.<br />
Wir bitten um die Kraft,<br />
das Evangelium zu verkünden<br />
und die Gemeinden zu inspirieren.<br />
Wir denken an TERESA VON AVILA,<br />
die sich gegen Fehlentwicklungen in der Kirche stellte.<br />
Wir bitten um die Kraft der Einsicht<br />
und einer offenen und klaren Sprache,<br />
die Dinge beim Namen zu nennen.<br />
Wir denken an BERTHA VON SUTTNER,<br />
die in ihrem Engagement für den Frieden viele Hindernisse überwand.<br />
Wir bitten um die Gabe, Versöhnung zu stiften<br />
und uns nicht entmutigen zu lassen.<br />
Wir denken an unsere eigenen Mütter und Großmütter,<br />
deren Leben das unsere geprägt hat.<br />
Wir bitten, dass das Gute,<br />
das sie uns weitergegeben haben,<br />
in uns gedeiht und wächst.<br />
<strong>Frauen</strong>Beziehungen 33