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RATUBS 4/2013 Rechtliche Methodik: Die Auslegungsregeln Insgesamt nimmt der Ansatz Gesichtspunkte der folgenorientierten Auslegung auf, relativiert aber mit der Auffächerung der Gesichtspunkte dessen Unzulänglichkeiten, die sich aus dessen monistischem Zugang ergeben: Soweit sich hinsichtlich der Zweckmäßigkeit keine überzeugenden Aussagen erreichen lassen, kann das Gewicht der Norminterpretation stärker auf die weiteren Standbeine Rechtssicherheit und Legitimität ausgerichtet werden. Besser als die Ausrichtung an einem eher diffusen Begriff wie Gerechtigkeit könnte es die Ausrichtung an den drei konkreten Kriterien erleichtern, die konstatierten Schwierigkeiten zu lösen. Zugleich bedeutet die Ausrichtung am Gemeinwohl einen grundsätzlich anderen Zugang. Es ist durchaus denkbar, dass – von den Ermittlungsschwierigkeiten absehend – herrschende Gerechtigkeitsvorstellungen und Gemeinwohl auseinanderfallen, weil z.B. neuere Erkenntnisse und Entwicklungen sich im allgemeinen Bewusstsein noch nicht durchgesetzt haben. Die Chance, sachgerechte und damit richtige Entscheidungen zu treffen, steigt, wenn die vorgeschlagenen Kriterien zugrundegelegt werden. Der Erkenntnisgewinn, der durch die genaue Betrachtung der Kriterien Rechtssicherheit, Legitimität und Zweckmäßigkeit erreicht und dargestellt werden kann, und so vermittelbar wird, fördert die sachliche Angemessenheit und die Möglichkeit zur Anerkennung des Ergebnisses. Auslegungsergebnisse, die diesen drei Maßstäben gerecht werden, sind in besserer Weise von etwaigen individuellen Werthaltungen der Entscheider abstrahiert, als lediglich die herkömmliche Anwendung der vier tradierten Auslegungsregeln. Sowohl dem Fall, dass der Gesetzgeber nicht jeden Sachverhalt normieren kann – angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse –, als auch der sachgerechten Lösung des Konflikts wäre gedient. Die Kompetenzproblematik würde deutlich vermindert, da die Bindung des Auslegenden an das Gesetz konturierte Formen erhält. Zugleich liegt in dem Ansatz BRUGGERs die Chance, Entscheidungen über vernünftige gesellschaftliche Zustände herzustellen, da der Auslegende Rechenschaft über die Zweckmäßigkeitserwägungen ablegen muss. Auch wenn ein Auslegungsergebnis nicht den unterschiedlichen Gerechtigkeitsvorstellungen entspricht, ist dank der zwischengeschalteten Filter Rechtssicherheit, Legitimität und Zweckmäßigkeit das Ergebnis hinreichend abgesichert. Das mag nach wie vor keine allseits befriedigende Problemlösung sein. Gleichwohl wird ein höheres Maß an Rationalität in der Auslegung gewährleistet, als das bei der bloßen Beschränkung auf grammatische, systematische, historische 32
RATUBS 4/2013 Rechtliche Methodik: Die Auslegungsregeln und teleologische Auslegung der Fall wäre. Die Transparenz der Begründung und Argumentation wird gesteigert. Der Rechtsanwender muss seine Entscheidung auf weitere Prüfschritte zurückführen. Er wird veranlasst, bewusst zu entscheiden und seine Wertvorstellungen offenzulegen. 182 Bei der Bestimmung des Normsinns ist daher die von BRUGGER vorgeschlagene Zieltrias als zusätzlicher Interpretationsfilter mit einzubeziehen. Ob es die Transparenz erhöht, wenn die drei Gesichtspunkte als zusätzliche Prüfungspunkte aufgefasst werden oder in die teleologische Auslegung integriert werden, ist letztlich nebensächlich. Für eine Integration spricht aber, dass sie Kriterien thematisieren, die zum Teil seit längerem im Zusammenhang mit der teleologischen Auslegung diskutiert wurden und werden. 183 182 Ähnlich BÖHLK/UNTERSEHER, JuS 1980, 323 f.; SAMBUC, S. 18. 183 Vgl. LARENZ/CANARIS, S. 245; FIKENTSCHER, S. 676 f.; BYDLINSKY, S. 453 ff. 33
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