[DVRW 2013] - Georg-August-Universität Göttingen
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In welchem Verhältnis steht die Erforschung der Nichtreligion zu säkularisierungstheoretischen<br />
Forschungsansätzen und wie verhalten sich Konfessionslosigkeit,<br />
religiöse Indifferenz und Religionskritik zueinander?<br />
Stefan Schröder: Säkulare Organisationen in Deutschland<br />
Nicht-religiöse Lebensentwürfe und Weltanschauungen sind von der Religionswissenschaft<br />
und anderen religionsbezogenen Wissenschaften lange Zeit<br />
vernachlässigt worden. Dies hat dazu beigetragen, dass die Rolle von Religion/en<br />
bzw. Religiosität in modernen Gesellschaften mitunter überschätzt wird und<br />
öffentliche Diskurse „religionisiert“ werden. In diesem Vortrag sollen säkulare<br />
Organisationen in Deutschland als ein Ort (neben anderen!) untersucht werden,<br />
an dem eine korrelativ in Abgrenzung und als weltanschauliche Alternative zu<br />
Religion/en bzw. Religiosität verstandene „Nicht-Religiosität“ hergestellt und<br />
praktiziert wird. Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass säkulare Organisationen<br />
in Deutschland sich seit Ende des Zweiten Weltkrieges über die engen Verbindungen<br />
zu Kirchenaustritts- und Feuerbestattungsbewegung hinaus neu ausgerichtet<br />
haben, und nun „selber ein Sinnangebot zu machen“ beanspruchen, wie<br />
es Horst Groschopp, ehemaliger Präsident des Humanistischen Verbandes<br />
Deutschlands, ausdrückt. Ihr identitäres Selbstverständnis formiert sich dabei<br />
zunehmend um den Begriff „Humanismus“. Am Beispiel des Humanistischen<br />
Verbandes Deutschlands und der Giordano Bruno Stiftung sollen verschiedene<br />
Humanismuskonzeptionen säkularer Organisationen in Deutschland miteinander<br />
verglichen und auf diese Weise sowohl nationale Spezifika als auch Differenzen<br />
des organisierten „(säkularen) Humanismus' " rekonstruiert werden. Dabei tun<br />
sich sowohl interne (z.B. zwischen den Funktionären und der Mitgliederbasis<br />
säkularer Organisationen) als auch externe Spannungsfelder (z.B. bei der religionspolitischen<br />
Inkorporation säkularer Organisationen) auf, die, so die These des<br />
Vortrags, auf Rückkopplungen zwischen den (neuen) Strategien der Organisationen<br />
und den weltanschaulich-religiösen Diskursen, Institutionen und Ressourcen,<br />
die sie in Deutschland vorfinden bzw. mit denen sie sich konfrontiert sehen,<br />
zurück zu führen sind.<br />
20<br />
Katharina Neef: Säkularisten unter sich. Internationale Verflechtungen<br />
nichtreligiöser Akteure und Organisationen um 1900<br />
Unter den Vorzeichen der sichtbaren Entkirchlichung und des Erblühens von<br />
Sozietäten, die eine monistische (d.h. dezidiert nichtreligiöse) Weltanschauung<br />
forderten, bildete sich um 1900 ein vitales internationales Netzwerk von Akteuren<br />
heraus, das Fragen des Selbstverständnisses und der Programmatik in einem<br />
ebenso internationalen Raum diskutierte. Dabei bestanden bemerkenswerterweise<br />
wenig Probleme der Kommunikation, obgleich die Label, die in den<br />
verschiedenen nationalen Rahmen als ‚modern‘ oder ‚progressiv‘ oder ‚antiklerikal‘<br />
kursierten, stark differierten. Über die so kommunizierten Eigen- und gegenseitigen<br />
Fremdwahrnehmungen lassen sich ein als modern apostrophiertes und