Kaktus Herbst 2012 - Grüne Solingen
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Blickpunkt<br />
10<br />
handlungsposition keine sehr starke sein würde. Klar war auch,<br />
dass auf den zu verhandelnden Preis für den Rückkauf des 49,9 %-<br />
Anteils ein etwa 10-prozentiger Aufschlag aufgerechnet würde,<br />
eben weil ein bestehender Vertrag aufgelöst werden sollte. Die<br />
spannende Frage war, welchen Preis die Verhandlungsgruppe aus<br />
Oberbürgermeister Norbert Feith, Aufsichtsratsvorsitzendem Manfred<br />
Krause, Beteiligungsausschussvorsitzenden Jan Welzel (CDU)<br />
sowie dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Ernst Lauterjung erzielen<br />
könnte. Natürlich verhandelte man nicht öffentlich, aber nach dem<br />
zu urteilen, was immer wieder in die Presse vordrang, waren diese<br />
Verhandlungen schwierig und häufig wenig erfreulich. Zur großen<br />
Überraschung von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft war es Ende<br />
August aber soweit – die Verhandler konnten Vollzug melden.<br />
Für insgesamt ca. 116 Mio. Euro konnte die Trennung von MVV<br />
vollzogen werden. Mit darin enthalten die Ablösung aus dem unseligen<br />
Löschwasservertrag, der als Nebenabrede im Kleingedruckten<br />
des Konsortialvertrags erst viel später öffentlich wurde – und der<br />
MVV eine jährliche Überweisung in Höhe von über einer halben<br />
Mio. Euro allein für die Bereitstellung von Löschwasser in Solinger<br />
Stadtgebiet bescherte. Man könnte auch sagen, dass sich damit<br />
der 2001 anerkanntermaßen gute Verkaufserlös von 125 Mio. Euro<br />
deutlich relativierte! Auch der Rückkauf der MVV Energiedienstleistungsgesellschaft<br />
EDL war im Kaufpreis enthalten.<br />
Was folgte war eine Medienschlacht gegen den Preis für den<br />
Rückkauf vor allem durch das Solinger Tageblatt, ohne sich allzu<br />
sehr mit den grundsätzlichen Fragen von Rekommunalisierung und<br />
zukünftiger Entwicklung des Solinger Stadtwerks aufzuhalten.<br />
Sieg des Politischen<br />
Trotz aller Aufgeregtheiten und politischer Unterschiede – als<br />
die Debatte in der Ratssitzung am 27. September begann, war<br />
sehr rasch klar, dass wir hier nicht eine dieser üblichen Hau-Drauf-<br />
Redeschlachten erleben würden. Hier wurde tatsächlich um Positionen<br />
gerungen, Argumente ausgetauscht (manchmal auch ein<br />
wenig heftiger, polemischer – geschenkt) und es wurden durchaus<br />
auch gute Reden gehalten. Es hatte natürlich Vor-Positionierungen<br />
gegeben, die CDU hatte die Rekommunalisierung nie gewollt und<br />
hielt an einem strategischen Partner fest. Auch der Oberbürgermeister<br />
war zunächst gegen den Rückkauf der Stadtwerkeanteile.<br />
Allerdings musste er den Ratsbeschluss zur Verhandlungsaufnahme<br />
mit MVV natürlich umsetzen, und im Verhandlungsprozess ist bei<br />
OB Feith offensichtlich die Überzeugung entstanden, dass der Verbleib<br />
beim Partner keine zukunftsfähige Entwicklung des Stadtwerks<br />
zulassen würde. Von daher – und das habe ich in fast 18<br />
Jahren Ratssitzungen noch nie erlebt – hat der OB gegen seine eigene<br />
Fraktion für den Rückkauf votiert. Auch CDU-Ratsmitglied<br />
Welzel war als Verhandlungspartner in der Zwickmühle, hatte er<br />
doch die ganzen Verhandlungen (konstruktiv) mit gemacht und<br />
dazu beigetragen, dass sie zu einem Erfolg führten, um dann am<br />
Ende in Solidarität zu seiner Fraktion gegen sein eigenes Verhandlungsergebnis<br />
zu stimmen. Die Reden machten diesen Spagat sehr<br />
deutlich. Die Begründung zur Ablehnung allerdings war mehr als<br />
dürftig: Trotz der Erfahrungen mit MVV bestand die CDU darauf,<br />
sich sofort nach dem Rückkauf auf die Suche nach einem neuen<br />
strategischen Partner zu machen. Das aber würde die Chancen, die<br />
für die SWS nun etwa in Form von Kooperationen in einzelnen Geschäftsfeldern<br />
bestehen, völlig außer Acht lassen. Unsere grüne<br />
Positionierung sollte das Ergebnis einer Stärke-Schwäche-Analyse<br />
der Stadtwerke berücksichtigen, deren Ergebnis noch aussteht.<br />
Festzuhalten ist auf jeden Fall, dass die Zeit der strategischen<br />
Partner im Energiebereich stark rückläufig ist, weil der Trend zu<br />
mehr intelligenten Netzwerken auf Augenhöhe geht. So wurde<br />
denn diese historische Entscheidung im Solinger Stadtrat leider<br />
nur mit der Mehrheit der Koop-Fraktionen, dem OB und <strong>Solingen</strong><br />
Aktiv getroffen. Allerdings wissen wir die Belegschaft der Stadtwerke<br />
und einen Großteil der Solinger Bevölkerung hinter uns.<br />
Was haben wir davon?<br />
Die Solinger Stadtwerke werden sich nun unabhängig von Börsenwert<br />
und kurzfristigen Renditeerwartungen eines strategischen<br />
Partners um die Stärkung der eigenen Position im Markt kümmern<br />
und sich gemäß der politisch beschlossenen Leitplanken entwickeln<br />
können. Dabei werden Kooperationsmöglichkeiten ausschließlich<br />
vor dem Hintergrund geprüft werden, ob diese gut sind<br />
für das Gesamtunternehmen SWS GmbH oder nicht. Energiebeschaffung,<br />
Netzoptimierung, IT, Abrechnung etc. sind die Bereiche,<br />
in denen wir Kooperationen prüfen werden. Wir werden zukünftig<br />
alles dafür tun, dass die SWS als wesentlicher Garant der<br />
öffentlichen Daseinsvorsorge und einer der größten Arbeitgeber in<br />
<strong>Solingen</strong> prosperiert. Die SWS GmbH muss sich als Energiedienstleister<br />
verstehen lernen, der sowohl umfassend berät, zuverlässig<br />
und umweltschonend mit Energie versorgt, sowie selber in erneuerbare<br />
Energien investiert. Dabei sollten Eigenerzeugungsanlagen<br />
als Risikoabsicherung gegen schwankende Energiemärkte nicht das<br />
einzige Engagement bleiben. Die SWS GmbH sind mehr als ein<br />
Energieversorgungsunternehmen. Sie sind als Verkehrsbetrieb auch<br />
Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs in <strong>Solingen</strong>. Auch die<br />
Einführung von Elektromobilität ist daher ein wichtiges neues Geschäftsfeld<br />
für unser Stadtwerk.<br />
Die Solinger Stadtwerke sind Energieversorger, Arbeitgeber und<br />
Finanzier des ÖPNV. Deswegen ist es gut, dass sie nun wieder zu<br />
100 % „uns“ gehören.<br />
Susanne Fingscheidt