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Kaktus Herbst 2012 - Grüne Solingen

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<strong>Kaktus</strong><br />

Informationen über bündnis/grüne Politik in <strong>Solingen</strong><br />

<strong>Herbst</strong> <strong>2012</strong><br />

Neuer Schwung<br />

Stadtwerke wieder in Bürgerhand


2 „ ... “


3<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

diese Ausgabe des <strong>Kaktus</strong> steht ganz im Zeichen der Solinger Stadtwerke. Die mehrheitliche Entscheidung<br />

des Rates der Stadt <strong>Solingen</strong>, die Stadtwerkeanteile wieder zurück zu kaufen, die vor über 10 Jahren mehrheitlich<br />

(gegen die Grünen) an MVV verkauft worden waren, hat die Gemüter der Stadt über Monate hinweg intensiv<br />

beschäftigt. Die Materie ist kompliziert, die Zusammenhänge mit anderen Bereichen komplex und nicht zuletzt<br />

geht es um sehr viel Geld.<br />

Wir werden versuchen, in dieser Ausgabe darzulegen, weshalb wir den Rückkauf für so immens wichtig gehalten<br />

haben, warum der Preis gerechtfertigt ist, wie der Zusammenhang mit dem Solinger Öffentlichen Nahverkehr<br />

besteht und wie – ganz subjektiv gesehen – die entscheidende Ratssitzung gelaufen ist. Außerdem machen wir<br />

einen Ausflug in die ebenso komplexe Materie der Strompreisermittlung, streifen das EnergieEinspeisevergütungsGesetz<br />

EEG und analysieren die Position der IHK im Hinblick auf die Dinosaurier der Energiegewinnung,<br />

die Kohlekraftwerke.<br />

Aber es gab und gibt noch andere, wichtige Themen. Wir sind jetzt FriedensnobelpreisträgerInnen, kamen<br />

dazu wie die Mutter zum Kinde und können nichts dagegen tun. Wir haben eine wunderschöne Wanderung durch<br />

das Ittertal unternommen und vieles über Bienen erfahren und wir haben mit der Bürgerinitiative gesprochen,<br />

die sich gegen weitere Gewerbeansiedlung im Einzugsgebiet der Itter wehrt. Wir beschäftigen uns mit dem Hermann-Löns-Stadion,<br />

das eigentlich als Bauland veräußert werden sollte, was nun in den Sternen steht. Und wir<br />

stellen im Landtagsreport einige Punkte der Planungen der Landesregierung im Bereich Bildung vor.<br />

Viel Spaß beim Lesen wünscht<br />

Die Redaktion<br />

Inhalt<br />

Editorial<br />

Fraktion in Aktion 4<br />

Grün und Bündig 8<br />

Blickpunkt 9<br />

Service<br />

Adressen, Termine,<br />

Impressum 17<br />

Landtagsreport 18<br />

Vorgestellt 22


Fraktion in Aktion<br />

Auf Sand gebaut<br />

Das Hermann-Löns-Stadion<br />

4<br />

Nun will man selten als der Besserwisser dastehen. Aber man<br />

steht in diesem Fall auch nicht alleine da. Schon bei Bekanntgabe<br />

der Sparmaßnahme – Abriss und Verkauf der Stadionfläche mitsamt<br />

des Trainingsplatzes sind Teil des Haushaltssicherungskonzepts–<br />

wurde vor allem seitens der Bürgerschaft darauf hingewiesen,<br />

dass der Baugrund problematisch ist und sich Fließsand und<br />

ein hoher Grundwasserstand unter den Sportplätzen befindet. Wir<br />

Grüne haben diese Bedenken ernst genommen und bereits 2010<br />

entsprechende Anfragen gestellt. Denn unter diesen Bodenbedingungen<br />

war die Gewinnerwartung, die mit dem Projekt verbunden<br />

war, erstens sehr optimistisch und zweitens vor allem gewagt,<br />

schließlich sollte hier Wohnbebauung realisiert werden. Auch im<br />

Februar diesen Jahres wollten wir in der Bezirksvertretung und im<br />

Sportausschuss zunächst von der Verwaltung eine konkretere Kostenrechnung<br />

vorgelegt bekommen, bevor der in diesen Gremien<br />

anstehende Beschluss zur Einleitung eines Bauleitplanverfahrens<br />

auf der Höher Heide zum möglichen Bau eines Ersatzplatz für den<br />

wegfallenden Trainingsplatz am Hermann-Löns-Weg gefasst wird 1 .<br />

Leider gab es keine konkreten Antworten und für den Beschluss<br />

waren unsere Stimmen nicht erforderlich. Im Mai musste dann der<br />

Kämmerer in einem ersten Schritt die ursprüngliche Erlöserwartung<br />

von 3 auf 1,5 Mio. Euro reduzieren. Nun folgte der zweite Schritt<br />

mit den Ergebnisses aus dem Bodengutachten, die aufzeigen, dass<br />

die HSK-Maßnahme auf Sand gebaut ist. In ihrem Sachstandsbericht<br />

fasst die Verwaltung die „neuen“ Erkenntnisse aus dem Gutachten<br />

zusammen. Demnach sind weite Bereiche des Geländes angeschüttet<br />

und kaum tragfähig. Geeignete Lastböden befinden<br />

sich meist in größeren Tiefen. Gewachsener Fels steht östlich des<br />

Stadions dicht unter der Geländeoberkante und östlich der Sportplätze<br />

verläuft bereits bereichsweise unter einem Meter Grundwasser.<br />

Hinzu kommt der Nachweis von Altlasten, die zum Teil einer<br />

externen Entsorgung zugeführt werden müssten. Festgehalten wird<br />

im Sachstandsbericht, Zitat: „…dass sich die hieraus gewonnenen<br />

Erkenntnisse als ungewöhnlich schwierig darstellen“. Nun warten<br />

wir auf eine detailliertere Auswertung seitens der Verwaltung und<br />

darauf basierende Vorschläge für das weitere Vorgehen. Aus grüner<br />

Sicht ist der Erhalt des Trainingsplatzes an diesem Ort und in diesem<br />

Stadtteil auch für die nicht vereinsgebunden spielenden Kinder<br />

und Jugendlichen wünschenswert. Eine notwendige Sanierung<br />

der Tribüne ist seitens der Stadt wohl nicht zu leisten. Hier bedarf<br />

es weiterer Überlegungen, vielleicht mit Hilfe engagierter BürgerInnen.<br />

Insgesamt erscheint es ratsam, einen Runden Tisch zur<br />

weiteren Vorgehensweise einzuberufen, an dem sich alle, Politik,<br />

Vereine und interessierte Bürger und Bürgerinnen über Möglichkeiten<br />

des Erhalts der Spielstätte Gedanken machen können. Das<br />

muss aber mit Stoßrichtung Erhalt der Sportstätte auch von den<br />

handelnden Akteuren so unterstützt werden. Sonst baut man erneut<br />

auf Sand.<br />

Thilo Schnor<br />

1 Siehe hierzu unseren Bericht im <strong>Kaktus</strong> Ausgabe März <strong>2012</strong>, Seite 8.


Es war DIE Ratssitzung schlechthin<br />

5<br />

Am 27.9. fand die entscheidende Ratssitzung zum Stadtwerkerückkauf<br />

statt. Das Tageblatt hatte seit Tagen, wohl eher Wochen<br />

gegen den Rückkauf der Stadtwerke geschossen, hatte Richtigstellungen<br />

unsererseits ignoriert und immer weiter darauf rumgeritten,<br />

wie verantwortungslos dieser Rückkauf zu diesem Preis sei.<br />

Natürlich weitestgehend losgelöst von seriöser inhaltlicher Diskussion<br />

und Abwägung. Einzig der Preis von 116 Mio. Euro wurde immer<br />

wieder angeprangert.<br />

In der Bevölkerung gab es schon seit langem die rührige, fachkundige<br />

und sehr um inhaltliche Auseinandersetzung bemühte<br />

Bürgerinitiative „<strong>Solingen</strong> gehört uns“, die bereits in der ersten<br />

Hälfte des Jahres mit einer sehr guten Veranstaltungsreihe dafür<br />

sorgte, dass sich jeder, der wollte, ein eigenes Bild zum Thema<br />

machen konnte. Und in der Politik herrschte Daueralarm. Eine Sitzung<br />

jagte die nächste, um die wohl wichtigste Entscheidung der<br />

Kommunalpolitik seit dem Teilverkauf der Stadtwerke im Jahre<br />

2001 umfassend, nachvollziehbar und verantwortlich vorzubereiten.<br />

Die letzten Tage vor der Ratssitzung hatten etwas fiebriges,<br />

sie waren aber auch voller Befürchtungen, voll ernsthaftem Ringen<br />

um die richtige Position – nicht nur der Fraktionen, sondern jedes<br />

einzelnen Ratsmitglieds. Der Ernst der Entscheidung war genauso<br />

deutlich zu spüren wie die tiefe Ernsthaftigkeit der Entscheidungsfindung.<br />

Und dann kam der 27.9.<strong>2012</strong>!<br />

Kurz vor der Sitzung eine Hiobsbotschaft: der Beteiligungsgesellschaft<br />

<strong>Solingen</strong>, die – als GmbH organisiert – zwar zu 100 %<br />

der Stadt gehört, der aber die Verlustbringer Orchester, Kunstmuseum,<br />

Musikschule und Bäder untergehängt sind, die sie mit finanziert,<br />

drohe die Insolvenz. Diese Nachricht steigerte die Nervosität<br />

noch weiter. Denn eines war klar: Für die zugesagten Hilfen des<br />

Landes im Rahmen des so genannten Stärkungspaktes musste der<br />

Haushalt mit einem genehmigungsfähigen Haushaltssicherungsplan<br />

in der September-Sitzung verabschiedet werden. Da könnte<br />

die drohende Pleite der BSG nicht nur schlecht sein, sondern geradezu<br />

dramatische Auswirkungen haben.<br />

Insofern hatte diese Ratssitzung alles, was man braucht, um<br />

für Spannung zu sorgen. Unter den vielen Ratssitzungen, die ich<br />

in den letzten 17 Jahren miterlebt habe waren selten Sternstunden<br />

der Demokratie, meist waren die Reden schleppend, häufig<br />

nicht strukturiert, viel zu oft geprägt von Parteigezänk und ideologischer<br />

Verbohrtheit. Und viel zu oft wurde schlicht geprügelt,<br />

verbal natürlich, selten kurzweilig, eher mit dem Hammer. Ein<br />

kommunales, von EhrenamtlerInnen getragenes Parlament eben.<br />

Diesmal war es anders. Denn es war klar, dass der (CDU)-Oberbürgermeister<br />

als Verhandlungsführer für den von ihm zu verantwortenden<br />

Verwaltungsvorschlag des Rückkaufs der Stadtwerkeanteile<br />

von MVV votieren würde. Damit stellte er sich gegen seine eigene<br />

Fraktion, die – obwohl doch ebenso unzufrieden mit der Zusammenarbeit<br />

mit MVV wie alle anderen auch – gegen den Rückkauf<br />

war.<br />

Der OB begründete den Rückkauf der SWS-Anteile vor allem mit<br />

der dadurch abzuwendenden Insolvenz der Beteiligungsgesellschaft<br />

<strong>Solingen</strong>. Der Rückkauf als wichtige Säule des Ausstiegs aus<br />

der Überschuldung, weil die Bezirksregierung dem zu beschließenden<br />

Haushaltsplan mit einer insolventen BSG nicht genehmigen<br />

würde, und damit die Gelder des Stärkungspaktes des Landes ausblieben.<br />

Mit anderen Worten: Der Rückkauf ist nicht nur ein Meilenstein<br />

in der Geschichte der Solinger Stadtwerke GmbH – er ist<br />

auch ein wichtiger Rettungsanker für die zukünftige Haushaltssituation<br />

insgesamt.<br />

Jan Welzel (CDU), Mitglied der Verhandlungsgruppe und Vorsitzender<br />

des Beteiligungsausschusses, ging dann ans Podium – er<br />

der immer für einen flotten lateinischen Spruch gut ist, bemühte<br />

heute tatsächlich Willy Brandt. Zumindest den Grabstein von ihm,<br />

auf dem zu lesen steht: „Man hat sich bemüht“. So fühle er sich<br />

und lobt die Verhandlungsgruppe, die mit dem (einstimmig angenommenen)<br />

Ergebnis das Bestmögliche heraus geholt habe. Aber:<br />

Die CDU habe immer für den Verbleib beim strategischen Partner<br />

plädiert, habe immer wieder versucht, die Zusammenarbeit mit<br />

MVV fruchtbarer für <strong>Solingen</strong> zu gestalten – was zugegebener Maßen<br />

nicht gelungen sei. Aber das führe logischer Weise dazu, dass<br />

man nun einem Rückkauf nur zustimmen könne, wenn gleichzeitig<br />

vereinbart werde, sofort nach einem echten strategischen Partner<br />

mit einer Beteiligung von mindestens 25 % zu suchen. Also raus<br />

aus den Kartoffeln, rein in die Kartoffeln? Offensichtlich. Wie<br />

widersinnig das ist zeigt die Tatsache, dass schon längst vom Rat<br />

ein Gutachten in Auftrag gegeben wurde, das alle strategischen<br />

Partnerschaftsmodelle, Kooperationsmöglichkeiten etc. prüfen soll.<br />

Insofern wird in Kürze eine Entscheidungsgrundlage vorliegen, um<br />

die zukünftige Ausrichtung der SWS GmbH weitgehend unabhängig<br />

von Ideologien diskutieren zu können. Eine Vorfestlegung auf ei-<br />

Fraktion in Aktion


Fraktion in Aktion<br />

nen strategischen Partner zum jetzigen Zeitpunkt würde die Entwicklungsmöglichkeiten<br />

drastisch einschränken.<br />

Der Rückkauf der Stadtwerkeanteile wurde dann (leider) nur mit<br />

der Mehrheit der Koop-Fraktionen Grüne, SPD, BfS, DSW sowie der<br />

Stimme des OB beschlossen.<br />

Nachtrag I:<br />

Einen wirklich bitteren Nachgeschmack hinterließ bei dieser<br />

Debatte allerdings der Vorschlag von SPD, Oberbürgermeister und<br />

CDU, Energieversorger und Verkehrsbetriebe zu trennen – aus<br />

Transparenzgründen, wie es hieß. Damit würde der ÖPNV dem Kürzungswahn<br />

anheim gegeben, denn im Raum standen schon wieder<br />

Einsparungen in Höhe von 400.000 Euro im Jahr. Bisher ist es so,<br />

dass die Stadtwerke mit den guten Profiten aus der Energieversorgung<br />

die Defizite des ÖPNV weitestgehend ausgleichen. Das hat<br />

nicht nur Vorteile für den Nahverkehr sondern (steuerlicher Art)<br />

auch für die SWS selber. Eine „Win-Win-Situation“, die wir keinesfalls<br />

aufgeben sollten! (siehe hierzu auch den Artikel von Dietmar<br />

Gaida in dieser Ausgabe).<br />

Nachtrag II<br />

Eine Stilblüte aus der Ratsdebatte möchte ich der geneigten<br />

Leserschaft nicht vorenthalten: Nachdem also parteiübergreifend<br />

seit Monaten Einigkeit darüber besteht, dass die Zusammenarbeit<br />

mit MVV ein Flopp war, meldet sich CDU-Fraktionsvorsitzender<br />

Krebs zu Wort und führt aus: „Ich war am Verkauf der Stadtwerkeanteile<br />

beteiligt, und daraus entstand eine Erfolgsstory, und ich<br />

würde es jederzeit wieder tun.“ Na dann Gute Nacht <strong>Solingen</strong>.<br />

Haushalt geht unter<br />

Neben den Stadtwerken gingen alle anderen Tagesordnungspunkte<br />

der Ratssitzung fast unter. Dabei gab es mit dem Haushalt<br />

der Stadt noch wichtige Entscheidungen zu treffen. Wir hatten den<br />

Verwaltungsvorschlag wie immer unter der Prämisse diskutiert,<br />

1. die gesellschaftliche Infrastruktur in <strong>Solingen</strong> zu sichern und<br />

2. das Gesamtvolumen des Haushaltssicherungsplans einzuhalten,<br />

um die Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes nicht zu gefährden.<br />

Dabei waren die vielen Bürgervorschläge ungeheuer hilfreich. Gefreut<br />

hat uns, dass so viele davon ökologisch orientiert waren. Also<br />

haben wir Vorschläge wie die Einführung von Carsharing, die<br />

Überprüfung des städtischen Fuhrparks, die Nutzung öffentlicher<br />

(Dach)Flächen für Photovoltaikanlagen etc. gerne aufgenommen<br />

und damit ein zusätzliches Einsparvolumen von insgesamt etwa<br />

287.000 Euro realisiert.<br />

Eines aber ist uns leider, leider nicht gelungen: der Erhalt des<br />

Bürgerbüros Wald.<br />

Wald geht leer aus<br />

Wir wollten die Sparmaßnahme der Verwaltung – nämlich auf<br />

lediglich drei Bürgerbüros in Mitte, Höhscheid und Ohligs zu setzen<br />

– nicht akzeptieren und haben vorgeschlagen, für nur 5.000<br />

Euro Mehrkosten jährlich und einer sinnvollen Verteilung des Gesamtbudgets<br />

„Bürgerbüro“ auch in Wald an zumindest zwei Tagen<br />

die Woche ein solches Angebot vorzuhalten. Sozusagen als kleines<br />

wichtiges Angebot zur Unterstützung des großen bürgerschaftlichen<br />

Engagements, das wir gerade in den letzten Wochen und<br />

Monaten in Wald erlebt haben. Dabei ist das Angebot des Betreibers<br />

des Walder Stadtsaals, Räumlichkeiten für das Bürgerbüro für<br />

10 Jahre mietfrei zur Verfügung zu stellen, nur eines von vielen<br />

Zeichen dafür, dass die WalderInnen bereit sind, sich für ihren<br />

Stadtteil einzusetzen. Trotz aller Reden fand sich schlussendlich<br />

keine Mehrheit für unseren Antrag. Das ist wirklich bitter!<br />

6<br />

Hallenbad Vogelsang gefährdet?!<br />

Die drohende Insolvenz der BSG betrifft auch die Renovierungsund<br />

Attraktivierungsvorhaben für das Hallenbad Vogelsang. Man<br />

erinnere sich: Es gab vor nicht allzu langer Zeit mit Birkerstraße,<br />

Ohligs, Klingenhalle und Vogelsang noch vier Hallenbäder in unserer<br />

Stadt. Da tummelten sich die Vereinssportler genauso wie<br />

Schulklassen und die „gemeine“ Öffentlichkeit. Ohligs wurde geschlossen,<br />

die Birkerstraße ebenso, die Klingenhalle ist dem Vereins-<br />

und Schulsport vorbehalten. Bleibt nur noch das Hallenbad<br />

Vogelsang für die Öffentlichkeit. Eine bittere Pille für eine Stadt<br />

mit 165.000 EinwohnerInnen. Zumindest aber – so die politische<br />

Beschlusslage – sollte das Hallenbad nun möglichst zügig attraktiviert<br />

werden: Rutsche, Außenbereich, Renovierung der Duschen<br />

etc. sollten dazu beitragen, den Verlust der anderen Bäder erträglicher<br />

zu machen. Mit der drohenden Pleite der BSG stand nun<br />

auch das schon wieder in den Sternen. Aus unserer Sicht ein Unding.<br />

Mit dem Rückkauf der Stadtwerkeanteile wird sich die Situa-


7<br />

tion der BSG verbessern, so dass jetzt der unmissverständliche politische<br />

Wille geäußert werden muss, dass das Vogelsang saniert<br />

wird. Der Bäderbereich hat durch die Schließung von zwei Hallenbädern<br />

und des Freibades Schellbergtal sowie der Streichung aller<br />

Zuschüsse für das Freibad Ittertal in den letzten Jahren überproportional<br />

zur Konsolidierung des städtischen Haushalts beigetragen.<br />

Jetzt muss auch mal Schluss sein. Schwimmen ist Gesundheitsprävention,<br />

sinnvolle Freizeitbeschäftigung und überhaupt<br />

ein Muss für die Attraktivität einer Stadt!<br />

SozialTicket = Regelangebot<br />

In den vergangenen Monaten haben es einige Städte bereits<br />

ausprobiert, darunter auch <strong>Solingen</strong>: das Sozialticket. Viel wurde<br />

im Vorfeld daran rumgekrittelt, nun liegen die Ergebnisse der Evaluation<br />

vor. Und siehe da, die Befürchtungen – alle fahren nur<br />

noch billig, es wird zu horrenden Verlusten der Verkehrsbetriebe<br />

kommen – haben sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil. Bezogen<br />

auf alle beteiligten Städte gab es zwar so genannte Wanderungsverluste<br />

in Höhe von 8,2 Mio. Euro, denen standen jedoch Einnahmen<br />

aus dem Verkauf des SozialTickets in Höhe von 13,2 Mio. Euro<br />

gegenüber. Aufgrund dieser Erfolgsgeschichte hat die VRR-Verbandsversammlung<br />

gegen die Stimmen der FDP nun das SozialTicket<br />

als Regelangebot im gesamten VRR eingeführt. Für 29,90 Euro<br />

monatlich wird dieses Ticket ab 1.1.2013 in allen VRR-Kommunen<br />

zum Verkauf stehen. Noch ausschließlich für die Preisstufe A (ähn-<br />

lich dem Ticket 1000). Aber wir Grüne werden uns dafür einsetzen,<br />

dass das SozialTicket weiterentwickelt und auf alle Tarifsegmente<br />

und Preisstufen ausgedehnt wird. Damit alle Menschen ihre persönlichen<br />

Mobilitätsansprüche mit Bus und Bahn befriedigen können.<br />

Das ist sozial, umweltschonend und ein wichtiger Beitrag zu<br />

Energiewende und Klimaschutz.<br />

Mehr Geld für U3<br />

Sieh an, sieh an – es braucht nur den Widerstand der rot-grün<br />

regierten Bundesländer, und schon funktioniert die Bundesregierung<br />

in Sachen U3. So halbwegs zumindest. Denn bereits im Juni<br />

diesen Jahres hatten die rot-grün regierten Bundesländer ihre Zustimmung<br />

zum Fiskalpakt u.a. davon abhängig gemacht, dass der<br />

Bund insgesamt 580 Mio. Euro zusätzliche Mittel in den investiven<br />

U3-Ausbau steckt, um die Kommunen in die Lage zu versetzen,<br />

das U3-Angebot bis zum Rechtsanspruch noch weiter auszubauen.<br />

<strong>Solingen</strong> hat zur Zeit zwar schon einen ganz beachtlichen Versorgungsgrad<br />

von 32 bis 37 %, je nach Stadtteil, aber wir gehen von<br />

einer weit größeren Nachfrage aus, so dass auch unsere Stadt diese<br />

zusätzlichen Mittel dringend brauchen könnte. Das Gerangel um<br />

das Wie der Ausschüttung hat dann noch ein Weilchen gedauert,<br />

aber jetzt ist klar: NRW wird insgesamt 126,4 Mio. Euro verteilen<br />

können. <strong>Solingen</strong> sollte mit dazu beitragen, dass diese Mittel<br />

nicht an den Bundesfinanzminister zurückgehen müssen! Entsprechende<br />

Anträge müssen bis zum 30.11. gestellt werden.<br />

Fraktion in Aktion


grün & bündig<br />

Die Urwahl<br />

Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik entscheiden<br />

die Mitglieder einer Partei über ihre Spitzenkandidatinnen und<br />

-kandidaten für den Bundestagswahlkampf. Bereits am 8. Oktober<br />

wurden hierzu Briefwahlunterlagen an die rund 60.000 Mitglieder<br />

von Bündnis90/Die Grünen versandt. Bis zum 30. Oktober haben<br />

die Mitglieder dann Zeit, über die Zusammensetzung des grünen<br />

Spitzenduos für den Bundestagswahlkampf 2013 zu entscheiden.<br />

Grüne vor Ort – ab ins Grüne<br />

Bereits zum 7. Mal haben wir Solinger Grüne zu einem Ausflug<br />

unter dem Motto „Grüne vor Ort“ eingeladen. Unsere diesjährige<br />

<strong>Herbst</strong>wanderung starteten wir an der Heidberger Mühle.<br />

Somit liegt es in den Händen der Parteibasis, (Grüne) Geschichte<br />

zu schreiben. Denn noch nie durften in Deutschland die Mitglieder<br />

einer Partei selbst ihre Spitzenkandidat/innen verbindlich bestimmen.<br />

Bis zum Stichtag haben 15 Bewerber/innen ihre Kandidatur<br />

erklärt. Alle Bewerbungen können unter dem folgenden Link aufgerufen<br />

werden: http://gruenlink.de/brt<br />

Unsere Wanderung führte uns dann bei sonnigem Wetter durch<br />

das Ittertal. Vorbei an den typischen Kotten, dem Freibad Ittertal<br />

und dem Freizeitpark bis zur Bausmühle.<br />

Zu Beginn erläuterte uns Dietmar Gaida, grünes Ratsmitglied,<br />

die Regionalpläne, die eine Ausweitung von Gewerbegebieten im<br />

Ittertal vorsehen, was zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen<br />

würde, da dieser Grünzug wichtige ökologische Funktionen erfüllt.<br />

Dort erwartete uns die Imkerin Frau Dinnebier. In ihrem idyllisch<br />

gelegen Garten bekamen wir nicht nur einen fachkundigen<br />

Vortrag über die Bienenzucht geboten, sondern erlebten das Wirken<br />

eines Bienenvolkes aus nächster Nähe und zum Anfassen.<br />

8<br />

Nach einer Kostprobe des hauseigenen Honigs ging die Wanderung<br />

wieder zurück zur Heidberger Mühle. Die nächste Wanderung<br />

haben wir für das Frühjahr 2013 geplant.


Am Ende eines langen Weges<br />

<strong>Solingen</strong> rekommunalisiert die Stadtwerke<br />

9<br />

Am 27. September <strong>2012</strong> beschloss der Rat der Stadt <strong>Solingen</strong><br />

mit der Mehrheit der Fraktionen von SPD, Grünen, BfS (Bürger für<br />

<strong>Solingen</strong>) und DSW (die Soziale Wahlalternative – ex-Die Linke)<br />

den Rückkauf der 49,9 % Anteile der Solinger Stadtwerke von der<br />

Mannheimer MVV AG für rund 116 Mio. Euro. Damit war man am<br />

Ende eines langen Weges angelangt und kann nun endlich nach<br />

vorne sehen.<br />

Historie<br />

2001 hatten die Mannheimer diese 49,9 % der Solinger Stadtwerke<br />

für rund 125 Mio. Euro erworben. Die damaligen politischen<br />

Mehrheiten von CDU, SPD und FDP waren angesichts der von der<br />

EU vorgeschriebenen Liberalisierung des Energiemarktes der festen<br />

Überzeugung, dass ein rein kommunales Stadtwerk nicht überlebensfähig<br />

sein könnte. Das Wort des „strategischen Partners“ war<br />

in aller Munde. Und mit MVV schien man den perfekten Partner gefunden<br />

zu haben: nicht zu groß (wie etwa RWE), immer noch kommunal<br />

verwurzelt und inzwischen Anteilseigner bei den Stadtwerken<br />

Kiel und Offenbach. Wir Grüne – und große Teile der Bevölkerung<br />

– waren gegen die Teilprivatisierung unseres Solinger Energieversorgers.<br />

Das von uns initiierte Bürgerbegehren zeigte das<br />

eindrucksvoll: binnen kürzester Zeit hatten wir die notwendige Anzahl<br />

von Unterzeichnern unseres Aufrufs gegen den Teilverkauf<br />

beisammen. Aber die Mehrheitsfraktionen lehnten die Einleitung<br />

eines Bürgerentscheids mit fadenscheinigen Argumenten ab. Damit<br />

war der Weg frei für das, was wir am 27.9. endlich wieder rückgängig<br />

gemacht haben: die Erfahrung nämlich, dass der strategische<br />

Partner immer und zuallererst seine eigenen Interessen verfolgt.<br />

Alternative<br />

Schon 2001 hätte es Alternativen gegeben. Das Gegeneinander<br />

von entweder mit MVV oder ganz allein auf weiter Flur hat es so<br />

nie gegeben. Denn mit Trianel etwa wuchs bereits seit 1999 ein<br />

Stadtwerkeverbund heran, der die Unabhängigkeit der kommunalen<br />

Unternehmen weitgehend unangetastet ließ, bei Energieeinkauf<br />

und in anderen Bereichen jedoch eine enge Kooperation einging.<br />

Auf Augenhöhe und zum Vorteil jedes einzelnen Partners. Trianel<br />

gibt es immer noch: gegründet 1999 von gerade einmal vier Stadtwerken<br />

hat die GmbH mittlerweile über 100 Gesellschafter und<br />

Partner aus dem kommunalen Bereich. Sie versorgen über fünf<br />

Millionen Menschen nicht nur in Deutschland, sondern auch in<br />

Holland, Österreich und der Schweiz. Gemeinsamer Energiehandel<br />

und gemeinsame Beschaffung stärken die einzelnen Stadtwerke in<br />

einem heiß umkämpften Markt, und lassen sie gegen die vier Energieriesen<br />

RWE, EnBW, Vattenfall und Eon bestehen und sogar noch<br />

in neue Märkte drängen. Energieproduktion ist dabei ein ganz<br />

entscheidender Faktor – denn damit sichern sich die Stadtwerke<br />

ihre Unabhängigkeit vom teuren Großhandelsmarkt. Logisch also,<br />

dass die Trianel schon früh mit den Planungen für ein eigenes Gaskraftwerk<br />

begann. Seit 2008 produziert dieses Kraftwerk in Hamm-<br />

Uentrop mit einer Leistung von 850 Megawatt 6,9 Milliarden Kilowatt<br />

Strom. Gut, dass die Solinger Stadtwerke als eines von insgesamt<br />

28 kommunalen Stadtwerken am Kraftwerk beteiligt sind.<br />

„Ehekrach“<br />

Das Verhältnis von SWS zu MVV war hingegen kein einfaches.<br />

Dasjenige der Solinger Politik zum Partner ebenso wenig. Man hatte<br />

sich von der Kooperation viel versprochen und musste nach und<br />

nach erkennen, dass die 49,9 % SWS-Anteile auch als Melkkuh für<br />

MVV gedacht waren. Die fehlende inhaltliche Fortentwicklung der<br />

Stadtwerke wie z.B. Aufbau von Energiedienstleistungen oder Investitionen<br />

in Erneuerbare Energien bzw. Erzeugungsanlagen, und<br />

vor allem die äußerst schwache Entwicklung der Fondsanlagen von<br />

100 Mio. Euro aus dem Verkaufserlös (die weiteren 25 Mio. Euro<br />

wurden in MVV-Aktien angelegt, die sich relativ gut entwickelten)<br />

führten dazu, dass sich alle Ratsfraktionen zunehmend kritischer<br />

mit der Zusammenarbeit auseinandersetzten. Dies führte dann<br />

letztendlich dazu, dass der Rat der Stadt <strong>Solingen</strong> sich mit seinen<br />

neuen Mehrheiten nach der Kommunalwahl im <strong>Herbst</strong> 2009 dazu<br />

entschloss, die Beraterfirma BET mit einer grundsätzlichen Überprüfung<br />

der Zusammenarbeit zwischen MVV und SWS GmbH zu beauftragen.<br />

Ziel war die Erarbeitung einer umfassenden Bestandsaufnahme<br />

der Zusammenarbeit, die Entwicklung einer strategischen<br />

Perspektive für das Solinger Stadtwerk sowie die Bewertung<br />

der Anlagestrategie der Stadt für die in Fonds angelegten Verkaufserlöse.<br />

Das Ergebnis war sehr differenziert, legte aber nahe, dass<br />

man den bestehenden Vertrag mit MVV nachverhandeln sollte in<br />

der Hoffnung, insbesonsders inhaltliche Fortschritte für die SWS zu<br />

erzielen. Grundlage dafür waren die so genannten Leitplanken für<br />

eine zukunftsfähige Entwicklung der SWS GmbH, die im Zuge des<br />

Beratungsverfahrens entwickelt worden waren und im Februar<br />

2011 dann auch im Rat der Stadt beschlossen wurden. Die Stadt<br />

verhandelte, allerdings ohne Erfolg. Denn wesentlich für MVV war<br />

die Realisierung seiner (viel zu hohen) Gewinnerwartungen. Alles<br />

andere, Solinger Befindlichkeiten und Wünsche, interessierte das<br />

Unternehmen nicht. Als das klar war, entschied man sich in <strong>Solingen</strong><br />

dafür, ernsthafte Verhandlungen über einen Ausstieg aus dem<br />

Vertrag aufzunehmen.<br />

Trennung<br />

Der Vertrag mit MVV galt bis 2021. Nachdem also die Nachverhandlungen<br />

gescheitert waren, war klar, dass die Solinger Ver-<br />

Blickpunkt


Blickpunkt<br />

10<br />

handlungsposition keine sehr starke sein würde. Klar war auch,<br />

dass auf den zu verhandelnden Preis für den Rückkauf des 49,9 %-<br />

Anteils ein etwa 10-prozentiger Aufschlag aufgerechnet würde,<br />

eben weil ein bestehender Vertrag aufgelöst werden sollte. Die<br />

spannende Frage war, welchen Preis die Verhandlungsgruppe aus<br />

Oberbürgermeister Norbert Feith, Aufsichtsratsvorsitzendem Manfred<br />

Krause, Beteiligungsausschussvorsitzenden Jan Welzel (CDU)<br />

sowie dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Ernst Lauterjung erzielen<br />

könnte. Natürlich verhandelte man nicht öffentlich, aber nach dem<br />

zu urteilen, was immer wieder in die Presse vordrang, waren diese<br />

Verhandlungen schwierig und häufig wenig erfreulich. Zur großen<br />

Überraschung von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft war es Ende<br />

August aber soweit – die Verhandler konnten Vollzug melden.<br />

Für insgesamt ca. 116 Mio. Euro konnte die Trennung von MVV<br />

vollzogen werden. Mit darin enthalten die Ablösung aus dem unseligen<br />

Löschwasservertrag, der als Nebenabrede im Kleingedruckten<br />

des Konsortialvertrags erst viel später öffentlich wurde – und der<br />

MVV eine jährliche Überweisung in Höhe von über einer halben<br />

Mio. Euro allein für die Bereitstellung von Löschwasser in Solinger<br />

Stadtgebiet bescherte. Man könnte auch sagen, dass sich damit<br />

der 2001 anerkanntermaßen gute Verkaufserlös von 125 Mio. Euro<br />

deutlich relativierte! Auch der Rückkauf der MVV Energiedienstleistungsgesellschaft<br />

EDL war im Kaufpreis enthalten.<br />

Was folgte war eine Medienschlacht gegen den Preis für den<br />

Rückkauf vor allem durch das Solinger Tageblatt, ohne sich allzu<br />

sehr mit den grundsätzlichen Fragen von Rekommunalisierung und<br />

zukünftiger Entwicklung des Solinger Stadtwerks aufzuhalten.<br />

Sieg des Politischen<br />

Trotz aller Aufgeregtheiten und politischer Unterschiede – als<br />

die Debatte in der Ratssitzung am 27. September begann, war<br />

sehr rasch klar, dass wir hier nicht eine dieser üblichen Hau-Drauf-<br />

Redeschlachten erleben würden. Hier wurde tatsächlich um Positionen<br />

gerungen, Argumente ausgetauscht (manchmal auch ein<br />

wenig heftiger, polemischer – geschenkt) und es wurden durchaus<br />

auch gute Reden gehalten. Es hatte natürlich Vor-Positionierungen<br />

gegeben, die CDU hatte die Rekommunalisierung nie gewollt und<br />

hielt an einem strategischen Partner fest. Auch der Oberbürgermeister<br />

war zunächst gegen den Rückkauf der Stadtwerkeanteile.<br />

Allerdings musste er den Ratsbeschluss zur Verhandlungsaufnahme<br />

mit MVV natürlich umsetzen, und im Verhandlungsprozess ist bei<br />

OB Feith offensichtlich die Überzeugung entstanden, dass der Verbleib<br />

beim Partner keine zukunftsfähige Entwicklung des Stadtwerks<br />

zulassen würde. Von daher – und das habe ich in fast 18<br />

Jahren Ratssitzungen noch nie erlebt – hat der OB gegen seine eigene<br />

Fraktion für den Rückkauf votiert. Auch CDU-Ratsmitglied<br />

Welzel war als Verhandlungspartner in der Zwickmühle, hatte er<br />

doch die ganzen Verhandlungen (konstruktiv) mit gemacht und<br />

dazu beigetragen, dass sie zu einem Erfolg führten, um dann am<br />

Ende in Solidarität zu seiner Fraktion gegen sein eigenes Verhandlungsergebnis<br />

zu stimmen. Die Reden machten diesen Spagat sehr<br />

deutlich. Die Begründung zur Ablehnung allerdings war mehr als<br />

dürftig: Trotz der Erfahrungen mit MVV bestand die CDU darauf,<br />

sich sofort nach dem Rückkauf auf die Suche nach einem neuen<br />

strategischen Partner zu machen. Das aber würde die Chancen, die<br />

für die SWS nun etwa in Form von Kooperationen in einzelnen Geschäftsfeldern<br />

bestehen, völlig außer Acht lassen. Unsere grüne<br />

Positionierung sollte das Ergebnis einer Stärke-Schwäche-Analyse<br />

der Stadtwerke berücksichtigen, deren Ergebnis noch aussteht.<br />

Festzuhalten ist auf jeden Fall, dass die Zeit der strategischen<br />

Partner im Energiebereich stark rückläufig ist, weil der Trend zu<br />

mehr intelligenten Netzwerken auf Augenhöhe geht. So wurde<br />

denn diese historische Entscheidung im Solinger Stadtrat leider<br />

nur mit der Mehrheit der Koop-Fraktionen, dem OB und <strong>Solingen</strong><br />

Aktiv getroffen. Allerdings wissen wir die Belegschaft der Stadtwerke<br />

und einen Großteil der Solinger Bevölkerung hinter uns.<br />

Was haben wir davon?<br />

Die Solinger Stadtwerke werden sich nun unabhängig von Börsenwert<br />

und kurzfristigen Renditeerwartungen eines strategischen<br />

Partners um die Stärkung der eigenen Position im Markt kümmern<br />

und sich gemäß der politisch beschlossenen Leitplanken entwickeln<br />

können. Dabei werden Kooperationsmöglichkeiten ausschließlich<br />

vor dem Hintergrund geprüft werden, ob diese gut sind<br />

für das Gesamtunternehmen SWS GmbH oder nicht. Energiebeschaffung,<br />

Netzoptimierung, IT, Abrechnung etc. sind die Bereiche,<br />

in denen wir Kooperationen prüfen werden. Wir werden zukünftig<br />

alles dafür tun, dass die SWS als wesentlicher Garant der<br />

öffentlichen Daseinsvorsorge und einer der größten Arbeitgeber in<br />

<strong>Solingen</strong> prosperiert. Die SWS GmbH muss sich als Energiedienstleister<br />

verstehen lernen, der sowohl umfassend berät, zuverlässig<br />

und umweltschonend mit Energie versorgt, sowie selber in erneuerbare<br />

Energien investiert. Dabei sollten Eigenerzeugungsanlagen<br />

als Risikoabsicherung gegen schwankende Energiemärkte nicht das<br />

einzige Engagement bleiben. Die SWS GmbH sind mehr als ein<br />

Energieversorgungsunternehmen. Sie sind als Verkehrsbetrieb auch<br />

Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs in <strong>Solingen</strong>. Auch die<br />

Einführung von Elektromobilität ist daher ein wichtiges neues Geschäftsfeld<br />

für unser Stadtwerk.<br />

Die Solinger Stadtwerke sind Energieversorger, Arbeitgeber und<br />

Finanzier des ÖPNV. Deswegen ist es gut, dass sie nun wieder zu<br />

100 % „uns“ gehören.<br />

Susanne Fingscheidt


Ende einer Kampagne<br />

Eine Medienschelte<br />

11<br />

Auch Wochen nach dem Stadtwerkerückkauf hadert der langjährige<br />

Chefredakteur des Solinger Tageblatts, Stefan Kob, im Samstags-Kommentar<br />

(13.10.) mit dieser Entscheidung und erläutert<br />

seine Sicht der Dinge. Die Solinger Ratspolitik habe beim Rückkauf<br />

den Rückwärtsgang eingelegt und sei „unentschlossen, zerstritten<br />

und verzagt“ auf der Stelle getreten und habe sich dabei nach den<br />

„kuscheligen“ Zeiten kommunaler Stadtwerke gesehnt, statt dem<br />

rauen Wind des globalen Wettbewerbs zu trotzen „wo man nur besteht,<br />

wenn man sich mit starken Partnern unterhakt“. Sein Fazit:<br />

für diese Sehnsucht gehe man ein finanzielles Risiko ein, das in<br />

der Geschichte unserer Stadt beispiellos sei.<br />

Da ist man erst mal sprachlos und fragt sich, ob das Tageblatt<br />

in den letzten Wochen nicht ganz bewusst eine Kampagne gegen<br />

den Rückkauf der Stadtwerke gefahren hat. Fakt ist doch, dass die<br />

Ratsmehrheit in dieser Frage alles andere als „unentschlossen, zerstritten<br />

und verzagt“ agiert sondern vielmehr eine Entscheidung<br />

herbeigeführt hat, die ihr noch vor Monaten keiner zugetraut hätte.<br />

Und wie blind ist ein Stefan Kob, dass er das Wohl und Wehe<br />

eines unserer größten kommunalen Betriebe sowie seiner Beschäftigten<br />

und KundInnen gerade von starken Partnern abhängig machen<br />

will. Haben wir nicht genügend Beispiele im Solinger Wirtschaftsleben,<br />

wo Privatbetriebe – sei es Kieserling, Rautenbach<br />

oder andere – gerade durch den starken Partner letztlich abgewickelt<br />

wurden. Und ist es nicht gerade das Solinger Tageblatt, das<br />

durch die Betonung seiner eigenen Unabhängigkeit versucht, „dem<br />

rauen Wind des globalen Wettbewerbs zu trotzen“? Was das finanzielle<br />

Risiko anbelangt, das „in der Geschichte unserer Stadt beispiellos<br />

ist“, so fragt man sich doch, wieso das Solinger Tageblatt<br />

den Skandal der katastrophal niedrigen Rendite der Fonds, in denen<br />

die Erlöse aus dem Stadtwerkeverkauf angelegt wurden, in den<br />

letzten Jahren nicht näher aufgegriffen hat. Die Solinger Stadtwerke<br />

haben in jedem Fall schon heute eine bessere Rendite als<br />

sie die Fonds jemals erwirtschaftet haben. Der Rückkauf der Stadtwerke<br />

wird daher wesentlich dazu beitragen, die drohende Insolvenz<br />

der Solinger Beteiligungsgesellschaft strukturell zu verhindern.<br />

Und im Übrigen: Wie viel Lokalpatriotismus besitzt das Solinger<br />

Tageblatt eigentlich, wenn offen für den Verkauf an Regional-<br />

oder Großkonzerne geworben wird, die doch zu aller erst ihre<br />

eigenen Interessen verfolgen und nicht als Samariter nach <strong>Solingen</strong><br />

kommen.<br />

Manfred Krause<br />

Blickpunkt


Blickpunkt<br />

12<br />

Was kostet der Strom?<br />

Strom ist weit mehr als das, was aus der Steckdose kommt! Zum<br />

Beispiel Zankapfel Nr. 1 für alle, die schon immer am EEG – dem<br />

Energieeinspeisegesetz – rumgemäkelt haben. Im Oktober waren<br />

die Gazetten tagelang gefüllt mit Horrormeldungen über die<br />

Strompreisentwicklung. Denn am 15. Oktober haben die Stromnetzbetreiber<br />

die Höhe der so genannten EEG-Umlage für 2013 bekannt<br />

gegeben: und wirklich, sie stieg von 3,6 auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde.<br />

Eine Steigerung, die sich sonst nirgends findet und<br />

die natürlich alle Kritik wert ist. Aber, bei aller Aufgeregtheit, man<br />

sollte schon etwas genauer analysieren, worüber hier geredet wird.<br />

Die zentralen Fragen sind doch:<br />

Was macht den Strom so teuer, wie funktioniert die Ermittlung<br />

des Strompreises und woraus setzt er sich zusammen?<br />

EEG<br />

Das EEG heißt eigentlich „Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer<br />

Energien“ und geht zurück auf die rot-grüne Koalition unter Kanzler<br />

Schröder, die dieses Gesetz im Jahre 2000 beschloss. Hierin<br />

wird geregelt, dass Strom aus regenerativer Erzeugung (Wind, Sonne,<br />

Wasser, Biomasse, Geothermie) für insgesamt 20 Jahre mit einem<br />

Festpreis vergütet wird, der immer deutlich über dem Marktpreis<br />

liegt. Damit sollte die Produktion von dezentralen regenerativ<br />

produzierenden Kleinanlagen angekurbelt werden, was so gut<br />

funktionierte, dass wir heute feststellen müssen, dass das vorhandene<br />

Stromnetz die produzierten Strommengen in Spitzenzeiten<br />

kaum noch aufnehmen kann. Vorgänger des EEG war das „Gesetz<br />

über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das<br />

öffentliche Netz“ aus der dritten Kohlschen Legislatur, das 1991<br />

verabschiedet wurde. Erst mit diesem Gesetz gelang es, die großen<br />

Energiekonzerne dazu zu zwingen, ihre Stromnetze für die Einspeisung<br />

aus privater Stromproduktion zu öffnen.<br />

Die Auffassung also, dass wir dringend die Stromproduktion dezentralisieren<br />

und auf regenerative Energieerzeuger umstellen<br />

müssen ist also alt, und von allen Fraktionen nicht nur getragen,<br />

sondern auch vorangetrieben worden.<br />

Die aus der Preisgarantie entstehenden Mehrkosten zahlt nicht<br />

der Staat, sondern wir alle, nämlich über die viel zitierte Umlage.<br />

Jede Kilowattstunde Strom wird uns in 2013 also alle 5,3 Cent<br />

mehr als ohne Umlage kosten.<br />

Uns alle?<br />

Nein, und das ist die Krux am Ganzen. Schon in der Ursprungsversion<br />

des Gesetzes waren bestimmte, vor allem energieintensive<br />

Unternehmen von der Umlage ausgenommen, um sie im internationalen<br />

Wettbewerb nicht zu schwächen. Einerseits soll mit dem<br />

Förderprogramm ein Anreiz zur Umstellung auf regenerative Energieträger<br />

geschaffen werden, andererseits werden aus reinen Konkurrenzängsten<br />

gerade diejenigen von diesem Anreiz „befreit“, die<br />

doch die meiste Energie schlucken. Massive Lobbyarbeit in Berlin<br />

hat dann über die Jahre dafür gesorgt, dass immer mehr Unternehmen<br />

aus dem Umlagesystem herausgenommen wurden. Mittlerweile<br />

zahlt etwa die Rheinbahn Düsseldorf keinen Cent Umlage mehr,<br />

obwohl hier von internationaler Konkurrenz nun wirklich keine Rede<br />

sein kann, es gibt Befreiungen für Golfplätze, Hähnchenmastbetriebe,<br />

den Berliner Friedrichstadtpalast und vieles mehr. Im<br />

März <strong>2012</strong> war nach Angaben des Bundesverbandes Erneuerbare<br />

Energien etwa die Hälfte des industriell verbrauchten Stroms ganz<br />

oder teilweise von der EEG-Umlage befreit. Und die Bundesregierung<br />

hat angekündigt, zum Jahreswechsel noch einmal Umlagebefreiungen<br />

mit der Gießkanne zu verteilen. Damit steigt aber die<br />

Belastung der im System Verbleibenden immer mehr. Das schreit<br />

förmlich nach Nachbesserung! Selbst die Bundesnetzagentur kritisierte<br />

die Situation und berechnete, dass bei einer Beteiligung aller<br />

an der Umlage diese auf knapp 3 Cent/kWh abgesenkt werden<br />

könnte.<br />

Nachbessern tut not!<br />

All das zeigt deutlich, dass die Politik – und hier ist nun einmal<br />

der Bund gefordert – die gesetzlichen Regelungen nachbessern<br />

muss. Nur wer tatsächlich nachweisen kann, durch eine Beteiligung<br />

an der Umlage im internationalen Wettbewerb geschädigt zu<br />

werden, sollte – wenn überhaupt – befreit werden. Denn eines ist<br />

klar: internationaler Wettbewerb hin oder her, wir müssen weg von<br />

den fossilen Energieträgern. Kohle, Öl und letztendlich auch Gas<br />

sind endlich, und wir müssen die uns verbleibende Zeit nutzen, um<br />

alternative Stormversorgungssysteme aufzubauen. Wir haben viele<br />

Jahre lang mit Milliardeneinsatz auf das falsche Pferd Atomstrom<br />

gesetzt. Unter völliger Ausblendung der Entsorgungskosten wird<br />

heute immer noch an der einen oder anderen Stelle behauptet,<br />

Atomstrom sei sauber und vor allem preiswerter, als die regenerativ<br />

erzeugten Energien. Spätestens seit Fukushima dürfte der<br />

Mehrheit der Menschheit klar geworden sein, dass das eine der<br />

größten und teuersten Lebenslügen der letzten Jahrzehnte war. An<br />

der sich im Übrigen die vier großen Energiekonzerne RWE, EnBW,<br />

Vattenfall und Eon eine goldene Nase verdient haben und immer<br />

noch verdienen.<br />

Was macht den Strom so preiswert?<br />

Jetzt denken Sie: Da hat sie sich aber vertan mit dieser Überschrift.<br />

Nein, keineswegs. Denn Tatsache ist, dass das EEG den<br />

Strompreis an der Energiebörse EEX in Leipzig in den letzten Jahren<br />

deutlich gesenkt hat. Denn das Gesetz sieht vor, dass regenerativ<br />

erzeugter Strom an der Börse vorrangig gehandelt wird. Dadurch<br />

findet ein Verdrängungswettbewerb auf dem Markt statt,<br />

den man „Merit-Order-Effekt“ nennt. Verdrängt werden die teuersten<br />

konventionellen Kraftwerke, die ihren Strom nicht mehr loswerden,<br />

da der Anteil an erneuerbar erzeugtem Strom mittlerweile<br />

signifikant hoch ist und auch relativ zuverlässig geliefert wird. Die


Berechnungen dieses Preissenkungseffekts durch unterschiedliche<br />

Behörden und Verbände haben eines gemeinsam: Sie sprechen von<br />

mehreren Milliarden Euro jährlich. Von denen spürt der Verbraucher<br />

aber nichts, weil diese Preissenkungen nicht an ihn weiter gegeben<br />

werden. Zählt man dann noch hinzu, dass durch die schiere<br />

Masse an Erneuerbaren Energien der notwendige Energieimport<br />

deutlich sinkt (auch dies wieder in Höhe von mehreren Milliarden<br />

Euro) und bedenkt außerdem noch, dass die Branche der Erneuerbaren<br />

Hunderttausende von Arbeitsplätzen schafft – dann wird<br />

man erkennen, dass die schlichte Forderung auf Abschaffung des<br />

EEG einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden verursachen<br />

würde. Von den Auswirkungen auf die notwendige Energiewende<br />

ganz zu schweigen.<br />

Welchen Anteil hat denn nun das EEG?<br />

Der Strompreis setzt sich aus unterschiedlichen Kosten für seine<br />

Bereitstellung zusammen. Da sind zum Einen die reinen Stromerzeugungskosten<br />

mit etwa einem Drittel der Kosten, die allerdings<br />

auch die Gewinne der Produzenten beinhalten sowie die<br />

Kosten für die CO 2 -Emissi onsrechte. Zum Anderen macht die Netznutzung<br />

etwa 20 % des Preises aus. Hinzu kommen Abgaben mitetwa<br />

20 %. Darin enthalten auch die Konzessionsabgabe, also das<br />

Geld, das die Energiekonzerne an die Kommunen dafür zahlen,<br />

dass diese ihnen die Wegerechte einräumen), Mehrwertsteuer,<br />

Stromsteuer und schließlich die Abgaben aus dem EEG. Man kann<br />

es auch einfacher sagen: der Durchschnittsstrompreis für Privathaushalte<br />

in Deutschland beträgt etwa 25 Cent je Kilowattstunde,<br />

davon wurden im laufenden Jahr etwa 3,6 Cent für die EEG-Umlage<br />

gezahlt. Die Erhöhung auf 5,3 Cent ist enorm, keine Frage. Aber<br />

damit wird niemand in den Ruin getrieben. Anstatt jetzt die Armen<br />

zu bedauern, sollte man die Umlage auf breitere Schultern<br />

stellen, die Befreiungen entrümpeln und die Energiewende vorantreiben!<br />

Denn fest steht doch: Je mehr sich die fossilen Brennstoffe<br />

verknappen, desto teurer werden sie!<br />

Susanne Fingscheidt<br />

13<br />

Blickpunkt


Blickpunkt<br />

14<br />

IHK setzt bei der Energiewende auf Kohle<br />

In ihren aktuellen energiepolitischen Positionen 1 sorgt sich die<br />

IHK um zunehmende Energiekosten, die die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der deutschen Industrie gefährden könnten, und plädiert für eine<br />

reduzierte Importabhängigkeit mit Hilfe der heimischen Energieträger<br />

Braun- und Steinkohle. Zugleich warnt sie im Klimaschutzbereich<br />

vor einem deutschen Sonderweg oder europäischen Insellösungen.<br />

„Oberstes Gebot bei der Umsetzung der politischen Ziele<br />

und der Wahl der Mittel muss Wirtschaftlichkeit sein.“ 2 Dabei<br />

prangert die IHK die staatlichen Strompreisbelastungen, u.a. durch<br />

das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und den CO 2 -Emissionsrechtehandel,<br />

an. Letztlich würden die fossilen Energieträger durch<br />

den Ausstieg aus der Atomenergie an Bedeutung gewinnen. Doch<br />

durch einseitige Förderung würden Investitionen von Braun- und<br />

Kohlekraftwerken erheblich erschwert. „Daher müssen die energieund<br />

klimapolitischen Rahmenbedingungen so gestaltet werden,<br />

dass eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der heimischen Energieträger<br />

sichergestellt ist und alle Optionen auf deren Nutzung offen<br />

gehalten werden“ 3 , so die IHK, die zudem in dieser Diskussion vor<br />

ideologischen Scheuklappen warnt.<br />

Klar, die Zukunft der heimischen Kohle sieht nicht gut aus. Der<br />

Abbau der Steinkohle soll 2018 enden und für die Braunkohleförderung<br />

ist eine schrittweise Senkung geplant. Dabei gilt für die<br />

IHK Braunkohle als subventionsfreier heimischer Energieträger 4 .<br />

Der These von der Subventionslosigkeit trat das Umweltbundesamt<br />

jedoch bereits mit einer Kurzstudie des Wuppertaler Klimainstituts<br />

2004 entgegen mit dem Ergebnis, dass einige indirekte Begünstigungen<br />

Subventionen gleichkommen. 5 Dazu zählen auch externalisierte<br />

Kosten durch Klimaschäden. Nach einer neuen Studie im<br />

Auftrag des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) 6<br />

müssten private Haushalte <strong>2012</strong>, würden die versteckten Kosten<br />

der konventionellen Energieträger inklusive der Atomenergie in einer<br />

Umlage ähnlich der EEG-Umlage verrechnet, 10,2 Cent mehr<br />

pro Kilowattstunde Strom bezahlen. So gesehen ist der jetzige<br />

Strompreis noch günstig.<br />

In NRW tragen zurzeit Braun- und Steinkohle mit rund 70 % zur<br />

Stromerzeugung bei. In ganz Deutschland sind es über 40 %. Da<br />

die Bundesregierung den CO 2 -Ausstoß bis 2020 um 40 % und bis<br />

2050 um 80 bis 95 % unter den Referenzwerte von 1990 reduzieren<br />

möchte, passt der klimaschädlichste Energieträger aber nicht<br />

mehr in das neu zu schaffende Energiesystem. Jährlich pusten die<br />

unflexiblen deutschen Kohlekraftwerke 300 Mio. Tonnen CO 2 in die<br />

Luft. Zukünftig sind sie ein Fremdkörper im Energiemarkt, der auf<br />

schwankende Stromeinspeisung aus Wind und Sonne reagieren<br />

können muss. Hierfür eignen sich hocheffiziente und schnell zuschaltbare<br />

Gaskraftwerke. Die Weichen für einen solchen Markt<br />

sind mit dem EEG gestellt.<br />

Das EEG ist eine tragende Säule der Energiewende. 7 Indem sie<br />

den erneuerbaren Energieträgern eine Einspeisevergütung garan-<br />

tiert, fördert sie die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. Hierbei entstehen<br />

im Jahr <strong>2012</strong> 14 Mrd. Euro prognostizierte Kosten für die<br />

Gesellschaft. Diese Kosten werden auf den Endverbraucher umgelegt.<br />

Politisch entschieden wurde, dass es für Großabnehmer erhebliche<br />

Vergünstigungen oder gar Befreiungen von der EEG-Umlage<br />

geben soll. Private Verbraucher und der Mittelstand dürfen die<br />

Rechnung in Höhe von 2,5 Mrd. Euro dafür übernehmen. Daher betrug<br />

die EEG-Umlage für nicht privilegierte Verbrauchergruppen<br />

anstatt 2,68 Ct/kWh 3,59 Ct/kWh. Da aber die Einspeisung der erneuerbaren<br />

Energien auch verantwortlich für sinkende Börsenstrompreise<br />

ist, profitiert die Industrie ein zweites Mal. Denn an<br />

der Leipziger Strombörse wird zuerst der günstigste Strom eingekauft.<br />

Was günstiger Strom ist, bemisst sich an den flexiblen Kosten,<br />

die für die Erzeugung von Strom z.B. durch den Erwerb von<br />

Brennstoffe und Emissionszertifikate anfallen. Folglich wird Strom<br />

aus Erneuerbare Energien vor fossil erzeugten Strom erworben.<br />

Fossile Großkraftwerke werden also vom Markt verdrängt, deren<br />

Strom nicht in Gänze nachgefragt, was auch Investitionen in<br />

Großkraftwerke, wie auch in Gaskraftwerke, kaum noch lohnend<br />

macht. Fakt ist aber auch, dass große Unternehmen durch sinkende<br />

Börsenstrompreise allein in <strong>2012</strong> um 727 Mio. Euro entlastet<br />

wurden. 8 So zeigt sich erstens, dass vorhandene Be- und Entlastungen<br />

durch das EEG sehr verschieden von der schwarz-gelben<br />

Bundespolitik verteilt werden und zweitens, wo die Konfliktlinie<br />

verläuft. Hinzu kommt, dass der sinkende Börsenstrompreis von<br />

den Stromversorgern nicht weiter gegeben wird. So entsteht eine<br />

Strompreislüge gegenüber dem privaten Endverbraucher, der seit<br />

2008 20 % mehr für den Strom ausgeben muss, wobei der geringste<br />

Anteil auf die EEG-Umlage zurückzuführen ist und wo im<br />

Gegenzug der Strompreis für die Sondervertragskunden bzw. Großabnehmer<br />

im gleichen Zeitraum um 3 % gefallen ist, wie die grüne<br />

Bundestagsfraktion aktuell in einem Gutachten nachweist. 9<br />

Weltweit stehen die Unternehmen aus der Branchengruppe Öl,<br />

Bergbau, Rohstoffe auf Platz eins der global 500 größten börsennotierten<br />

Unternehmen bezogen auf den Jahresumsatz. Die Wachstumsraten<br />

dieser „braunen“ Branchengruppe sind gewaltig und<br />

strahlen auch positiv auf die Unternehmensbranche Energieproduzenten<br />

und Versorger aus. Diese fossilen Branchen hatten 2011 zusammen<br />

einen Profitanteil am gesamten Global-500-Umsatz von<br />

über 40 %. 10 Der weltweite Energiebedarf wird zu 85 % durch die<br />

Energieträger Kohle, Gas und Öl gedeckt. Darunter ist seit 2000<br />

der Anteil der „Kohleenergie“ deutlich angestiegen. 11 Die IHK verweist<br />

selber auf den zusammenwachsenden europäischen Strommarkt,<br />

auf dem deutsche Unternehmen mit staatlich gestützten<br />

Unternehmen aus dem Ausland konkurrieren müssen. 12 Nun wird<br />

der Energiemarkt in Deutschland von vier Großkonzernen zu 70 %<br />

dominiert. Von den derzeit 250 bestehenden Großkraftwerken in<br />

Deutschland werden die meisten mit Kohle befeuert. Und noch


2007 bestanden mehr als 30 Neubauplanungen für Kohlekraftwerke<br />

auf der Investitionsliste der Unternehmen 13 . Doch mit der Energiewende<br />

und dem EEG, dem Ende der Steinkohleförderung im eigenen<br />

Land, einer zunehmenden dezentralen und regenerativen Energieförderung,<br />

mit steigenden Kosten von Importkohle (in den letzten<br />

Jahren von 42 Euro auf 106 Euro pro Tonne 14 ) bei gleichzeitiger<br />

Marktverdrängung (siehe oben) und einer zivilgesellschaftlichen<br />

Gegenbewegung gegen den Bau von neuen Großkraftwerken,<br />

bläst der Kohleindustrie der Wind mächtig ins Gesicht. So<br />

schreibt die Deutsche Umwelthilfe: „Wer in Deutschland heute<br />

noch neue Kohlekraftwerke baut, stellt die Gesellschaft in einigen<br />

Jahren vor die Alternative: Klimaschutz oder Vernichtung von investiertem<br />

Kapital“. 15 Entsprechend dieser Konfliktlinie hat 2008<br />

die Klima-Allianz ein Anti-Kohle-Büro eingerichtet und laut eigenen<br />

Angaben schon mehr als ein Dutzend Kohlekraftwerke verhindert.<br />

16<br />

Um am Ende des Artikels auf die energiepolitischen Positionen<br />

der IHK zu antworten, halten wir es mit dem<br />

Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung<br />

(SRU): „Deutschland steht vor einer Systementscheidung.<br />

Der notwendige Ausbau der erneuerbaren<br />

Energien ist mit hohen Anteilen von Kohle<br />

oder Kernkraft an der Stromversorgung nicht vereinbar.“<br />

17 Und auch der Deutschen Umwelthilfe ist nur<br />

beizupflichten, wenn sie schreibt: „Der Klimawandel<br />

ist ein globales Problem. Ohne internationale<br />

Verträge mit ausgewogener Lastenverteilung gibt<br />

es keine Lösung. Aber gehandelt werden muss vor<br />

Ort. 18 Es gibt kein Zusammen von Klimaschutz<br />

und Energiewende hin zu den Erneuerbaren Energieträgern<br />

mit einem Zubau an Kohlekraftwerken.<br />

Phantomtechnologien, die CO 2 abspalten und<br />

unterirdisch speichern (CCS), die die IHK weiter<br />

als potenzielle Klimaschutzmaßnahmen erforscht<br />

sehen will, sind als unbezahlbare Megatechnologie<br />

abzulehnen und werden von der Bevölkerung<br />

nicht gewollt. Es gilt zu bedenken, dass alle heutigen Investitionsentscheidungen<br />

pro Kohlekraftwerke die Bedingungen der<br />

Energiepolitik für die nächsten 50 Jahre setzen. Für den Klimaschutz<br />

gibt es heute keine Alternative zur Energiewende mit dem<br />

Zubau an Erneuerbare Energien.<br />

Thilo Schnor<br />

15<br />

Blickpunkt<br />

1 http://www.wuppertal.ihk24.de/linkableblob/2069994/.3./data/Energiepolitische_Positionen_<strong>2012</strong>-data.pdf<br />

2 Ebenda, Seite 23<br />

3 Ebenda, Seite 7<br />

4 Ebenda, Seite 17<br />

5 Vgl. http://www.umweltdaten.de/uba-info-presse/hintergrund/braunkohle.pdf<br />

6 Vgl. , S. 4<br />

7 Vgl. Forum Ökologisch-Soziale-Marktwirtschaft e.V, Green Budget Germany,<br />

8/<strong>2012</strong>, Kurzanalyse im Auftrag der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE<br />

GRÜNEN, Be- und Entlastung der Industriestrompreise durch die Energiewende,<br />

Seite 2 ff.<br />

8 ebenda, Seiten 5 und 6<br />

9 Vgl. , S. 11<br />

10 vgl. Grüner Kapitalismus oder braune kapitale Struktur, Winfried Wolf, in<br />

lunapark 21, Heft 19, <strong>Herbst</strong> <strong>2012</strong>, S. 12-19<br />

11 vgl. 1. Es grünt so grün. 2. Der Chinese schmutz, in lunapark 21, Heft 19,<br />

<strong>Herbst</strong> <strong>2012</strong>, S.4 und 5<br />

12 vgl.<br />

http://www.wuppertal.ihk24.de/linkableblob/2069994/.3./data/Energiepolitische_Positionen_<strong>2012</strong>-data.pdf,<br />

S. 12<br />

13 vgl. http://www.duh.de/uploads/media/DUH-Liste_Kohlekraftwerke_Uebersicht_<strong>2012</strong>.pdf<br />

14 vgl. http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/energie/PDF/Strompreise.pdf<br />

15 vgl. Deutsche Umwelthilfe, Kohle gegen Klimaziele,<br />

http://www.duh.de/1939.html<br />

16 vgl. Die erfolgreiche Kampagne gegen neue Kohlekraftwerke, Daniela Setton,<br />

in: umwelt aktuell, Infodienst für europäische und deutsche Umweltpolitik,<br />

07.<strong>2012</strong>, S. 29 und 30<br />

17 Zitiert nach Deutsche Umwelthilfe, Kohle gegen Klimaziel:<br />

http://www.duh.de/1939.html<br />

18 Vgl. ebenda: Deutsche Umwelthilfe, Kohle gegen Klimaziele,<br />

http://www.duh.de/1939.html


Blickpunkt<br />

16<br />

Ratsmehrheit verhindert erneut massiven<br />

Abbau beim Solinger Busverkehr<br />

Zurzeit wird der neue Nahverkehrsplan erstellt, der das Solinger<br />

Busangebot für dieses Jahrzehnt festlegt. Daran arbeitet seit zwei<br />

Jahren neben einem von der Stadt beauftragten Gutachter und der<br />

Verwaltung auch der im März 2010 vom Stadtentwicklungsausschuss<br />

(ASUKM) erstmals eingerichtete ÖPNV-Fahrgastbeirat. Diesem<br />

gehören u.a. VertreterInnen der Abo-KundInnen, des Senioren-<br />

und des Behindertenbeirates sowie der Vereine und Verbände<br />

an. Wenig später beschloss der Rat dann mit den Stimmen der Gestaltungsmehrheit<br />

aus den Fraktionen SPD, B 90/Die Grünen-offene<br />

Liste, BfS und Die Linke (inzwischen DSW) ein umfangreiches<br />

Haushaltsicherungskonzept. Damit wurde auch entschieden, dass<br />

die ursprünglichen Planungen der Verwaltungsspitze, beim Busverkehr<br />

massiv um 750.000 EUR/Jahr zu kürzen, vom Tisch waren.<br />

Seit Juli 2010 wurde dann im Fahrgastbeirat und im ASUKM seitens<br />

Verwaltung und Politik immer wieder festgehalten: Der neue<br />

Nahverkehrsplan soll so entwickelt werden, dass mit der derzeitigen<br />

Bus-Kilometerleistung ein besser an die Wünsche der Kunden<br />

angepasster Fahrplan aufgestellt wird. Dadurch sollen neue Kunden<br />

gewonnen werden, was eine Ergebnisverbesserung von<br />

200.000 EUR/Jahr bringen soll.<br />

Auf dieser Grundlage haben seit Juli 2010 sowohl der Fahrgastbeirat<br />

als auch der Gutachter gearbeitet, und es wurde ein Busfahrplan<br />

erstellt, der in den Abend- und Morgenstunden eine verbesserte<br />

Bedienung vorsieht, u.a. um SchichtarbeiterInnen und<br />

TeilnehmerInnen von Abendveranstaltungen zu ermöglichen, den<br />

Bus zu nutzen. Weitere Vorschläge haben die Anbindung bisher<br />

nicht erschlossener Wohn- und Gewerbegebiete zum Ziel. Hierfür<br />

will der Fahrgastbeirat Kleinbus-Linien einführen: U.a. sollen Fürkeltrath,<br />

das Dycker Feld, Wohngebiete am Lochbachtal und das<br />

Ohligser Unterland besser angebunden werden. Der Gutachter sieht<br />

stattdessen eine neue Buslinie Wald - Gräfrath sowie eventuell den<br />

Einsatz von Anruflinientaxis vor. Die Vorschläge zur Fahrplanverbesserungen<br />

von beiden - Fahrgastbeirat und Gutachter – sollen<br />

durch moderate Taktausdünnungen zu anderen Tageszeiten finanziert<br />

werden. Dabei wird darauf geachtet, dass der neue Nahverkehrsplan<br />

den Wünschen der BürgerInnen entspricht. Diese waren<br />

auf Drängen des Fahrgastbeirates in einer telefonischen Befragung<br />

sowie in fünf Bürgerversammlungen beteiligt worden.<br />

CDU macht weiter Druck für Kürzungen<br />

Ende August <strong>2012</strong> wurde nun erneut öffentlicher Druck aus Politik<br />

und Verwaltung entfacht. Die Grundlage der Arbeit sollte<br />

komplett auf den Kopf gestellt werden. Verwaltungsspitze und CDU<br />

schlugen vor, das Angebot (also die Bus-Kilometer-Leistungen) radikal<br />

zu kürzen. Dazu wurde gefordert, im Wirtschaftsplan der SWS<br />

400.000 EUR beim Busverkehr einzusparen. Das hätte bedeutet,<br />

dass das Solinger Busangebot um ca. 200.000 Kilometer/Jahr gekürzt<br />

worden wäre. Damit ließe sich kein Nahverkehrsplan mehr erstellen,<br />

der durch Umschichtung besser an die Wünsche der NutzerInnen<br />

angepasst ist und so zu einer Neukundengewinnung führt.<br />

Der zweijährigen Arbeit im Fahrgastbeirat sowie der stattgefundenen<br />

Beteiligung der BürgerInnen wäre so der Boden entzogen worden<br />

Im Endeffekt würde der nächste Busfahrplan deutliche Verschlechterungen<br />

enthalten. Daraufhin gab es schnell Proteste: Die<br />

Arbeitsgruppe Mobilität der Solinger Klimaallianz, die Arbeitsgruppen<br />

Marketing und Liniennetz des Fahrgastbeirates, das Frauenforum,<br />

der Jugendstadtrat und der Verkehrsverband VCD wandten<br />

sich eindringlich an die EntscheidungsträgerInnen. Mit Erfolg: Ende<br />

September lehnten die Fraktionen der Gestaltungsmehrheit diese<br />

Kürzungen ab.<br />

Aber die CDU gibt keine Ruhe! So forderte ihr Fraktionsvorsitzender<br />

Bernd Krebs auch nach dieser Entscheidung erneut einen<br />

einschneidenden Abbau beim Busverkehr. Der Fahrgastbeirat<br />

sprach sich daraufhin einstimmig gegen einen Abbau von Fahrleistungen<br />

beim Solinger Busverkehr aus. Obwohl die Ablehnung der<br />

Kürzungen im Wirtschaftsplan der SWS eine wichtige Vorentscheidung<br />

für die Zukunft des Busverkehrs in <strong>Solingen</strong> darstellt, ist das<br />

Thema noch nicht ganz vom Tisch. Ob die derzeit bestehende Buskilometerleistung<br />

im neuen Nahverkehrsplan tatsächlich erhalten<br />

wird, oder ob dort doch noch Streichungen festgeschrieben werden,<br />

wird in Kürze im ASUKM und im Rat entschieden.<br />

Diese Entscheidung hat natürlich große Auswirkungen auf die<br />

soziale Situation, auf den Klimaschutz und auf die Glaubwürdigkeit<br />

von Bürgerbeteiligung in <strong>Solingen</strong>.<br />

Dietmar Gaida


Büros<br />

Kreisverbandsbüro geöffnet mo, mi, do 10 bis 13 Uhr;<br />

Annette Müller, T· 201060, F· 12404;<br />

E· buendnis90diegruenen@telebel.de<br />

Ktonr. 868711, BLZ 34250000, SSS<br />

Fraktionsbüro geöffnet mo, di und do 10 bis 15 Uhr,<br />

mi 15 bis 18 Uhr, fr 9 bis 13 Uhr, Susanne Fingscheidt, Thilo<br />

Schnor T· 200740, F· 12404; E· gruene-sg@telebel.de<br />

Büro der Landtagsabgeordneten Sylvia Löhrmann T· 202095<br />

Adresse der oben genannten Büros ist Eiland 17, 42651 <strong>Solingen</strong>;<br />

zu erreichen mit allen O-Bussen, Haltestelle Graf-Wilhelm-Platz.<br />

Vorstand<br />

Sprecherin Edelmira Zarniko, T· 45272, E· edelmiraz@t-online.de<br />

Sprecher Reiner Daams, T· 530355, E· reiner.daams@telebel.de<br />

Kassierer Dr. Hans Peter Kubersky, T· 54249<br />

BeisitzerInnen<br />

Annette Checchin, T· 318520, E· annette@checchin.de;<br />

Fariha El-Zein, E· F_elzein@hotmail.com; Jonas Friege,<br />

E· jonasfriege@gmx.de; Mario-Konstantin Pless,<br />

E· mario.konstantin@googlemail.com; Ursel Ullmann,<br />

T· 80523, E·Ursel_2004@gmx.de<br />

Grüne Jugend <strong>Solingen</strong><br />

Teuta Kostovic E· teuta_kostovic@hotmail.com;<br />

Harun Suratli E· harun_jsr@hotmail.de<br />

Ratsmitglieder<br />

Nasser Firouzkhah, T· 0172/2636027, E· nasfirou@gmx.de<br />

Dietmar Gaida, T· 16606, E· dietmar.gaida@web.de<br />

Juliane Hilbricht, T· 5992542, E· juliane.hilbricht@gmx.de<br />

Frank Knoche, T· 2308415, E· frankknoche@t-online.de<br />

Havva Koru, T· 814497, E· havva.koru@gmx.de<br />

Manfred Krause, T· 2242112, E· manfred.krause.gruene@web.de<br />

Joachim Schmidt, T· 6457608, E· hennes781@gmx.de<br />

Gisela Weih, T· 2471479, E· gisela@weih-solingen.de<br />

Ursula-Linda Zarniko, T· 0163/4543331, E· u.l.zarniko@gmail.com<br />

Martina Zsack-Möllmann, T· 2591016, F· 2591017,<br />

E·martina.moellmann@rmcnet.de<br />

Bezirksvertretungen<br />

Burg/Höhscheid<br />

Eckhard Plath, T·80767, E· eckhard.plath@telebel.de;<br />

Henning Pless, T· 87660, E· suse.pless@gmx.de<br />

Gräfrath Monika Tönnies, T· 590401, E· toennies.m@t-online.de;<br />

Abdel Badache, E· abdel.badache@web.de<br />

Mitte Annette Müller, T·549742, E· anroso@gmx.de<br />

Birgit Evertz, T· 53642, E· b.evertz@gmx.de;<br />

Ohligs/Aufderhöhe/Merscheid<br />

Juliane Hilbricht, T· 5992542, E· juliane@hilbricht.de;<br />

Thilo Schnor, T· 6457946, E· t.schnor@web.de<br />

Wald Iris Michelmann, T· 593806, E· irisbluete@telebel.de;<br />

Frank Knoche, T· 2308415, E· frankknoche@t-online.de<br />

Arbeitsgemeinschaften<br />

Jugend Nancy Kaniut, T· 0176/81109936; Nasser Firouzkhah<br />

E·nasfirou@gmx.de<br />

Finanzen/Beteiligungen Ursula Linda Zarniko, T· 0163/4543331<br />

Kultur Manfred Krause, T· 2242112,<br />

Migration Nasser Firouzkhah, T· 0172/2636027<br />

Soziales Julia Freiwald, T· 58052<br />

Sport Birgit Evertz, T· 53642<br />

Umwelt und Stadtplanung Dietmar Gaida, T· 16606<br />

Wirtschaft Reiner Daams, T· 530355<br />

Grüne SeniorInnen Almut Marczinski, E· almut.marczinski@gmx.de<br />

Frauen Edelmira Zarniko, edelmiraz@t-online.de<br />

Termine<br />

Die erweiterte Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen-offene Liste<br />

tagt jeden Mittwoch ab 18 Uhr in der Regel in der Geschäftsstelle,<br />

Eiland 17. Wir tagen öffentlich und freuen uns über interessierte<br />

Bürgerinnen und Bürger. Die „offene Liste“ im Namen ist<br />

Programm: Bei uns kann jeder mitmachen, auch in den politischen<br />

Gremien, unabhängig davon, ob er oder sie Mitglied ist oder nicht.<br />

Grüne Jugend: Die Grüne Jugend trifft sich regelmäßig in der<br />

grünen Geschäftsstelle, Eiland 17. Wer mitmachen möchte fragt Harun<br />

unter T·0179/9962492 nach dem nächsten Termin!<br />

Vorstandssitzungen: Wer Lust hat, sich in der Partei zur engagieren<br />

ist herzlich zu den Vorstandssitzungen eingeladen, Termine<br />

auf www.gruene-sg.de oder T· 0212/201060.<br />

Grüner Stammtisch am Montag, den 5. November um 19 Uhr<br />

im Café Art, direkt am Bus- und Bahnhaltepunkt Grünewald.<br />

Der Vorstand der Solinger Grünen freut sich auf alle interessierten<br />

Solingerinnen und Solinger!<br />

www.gruene-solingen.de<br />

Impressum<br />

Der <strong>Kaktus</strong> erscheint sechsmal im Jahr in einer Auflage von 1.000 Stück,<br />

wovon 150 Exemplare als Abo u.a. an grüne Mitglieder verschickt werden,<br />

850 liegen im Stadtgebiet von <strong>Solingen</strong> in Kneipen, Geschäften etc.<br />

kostenlos aus.<br />

Herausgeber und verantwortlich für diese Ausgabe:<br />

Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen-offene Liste<br />

Ausnahmen:<br />

Landtagsreport (S. 18-20) – verantwortlich: Sylvia Löhrmann, MdL;<br />

Grün & Bündig (S. 8) – verantwortlich: Kreisverband<br />

Bündnis 90/Die Grünen<br />

Redaktion: Jan Boomers, Susanne Fingscheidt (V.i.S.d.P.), Eckhard Plath,<br />

Thilo Schnor<br />

Fotos Umschlagkakteen: Deutsche Kakteen-Gesellschaft<br />

Geodaten S. 22: Stadt <strong>Solingen</strong> Der Oberbürgermeister Stadtdienst<br />

Vermessung und Kataster (<strong>2012</strong>-2063)<br />

Titelfoto: Susanne Fingscheidt<br />

Die AutorInnen der eingesandten Artikel sind jeweils benannt<br />

Gestaltung/Layout: Jan Boomers und Erik Pieck<br />

Gesamtherstellung: satz- und druckprojekte TEXTART verlag,<br />

T· 0212/43343, F· 44787, E· TEXTART@t-online.de<br />

Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier<br />

17<br />

Service


Landtagsreport<br />

18<br />

Neues aus Düsseldorf<br />

Liebe Freundinnen und Freunde,<br />

im Schulbereich können wir unsere Regierungsarbeit unter der<br />

Mehrheitsregierung fortsetzen. Seit Beginn des Schuljahres<br />

<strong>2012</strong>/2013 werden die Veränderungen, die wir durch den Schulkonsens<br />

eingeleitet haben, sichtbar – in einem Maße, wie ich es<br />

mir nicht zu träumen gewagt hätte: Es sind viele neue Schulen an<br />

den Start gegangen, die das Gesicht der Bildungslandschaft vor<br />

Ort verändern werden. Sowohl im ländlichen Raum als auch in den<br />

Ballungszentren haben 41 neue Sekundarschulen und 21 neue Gesamtschulen<br />

ihre Arbeit aufgenommen sowie 12 Gemeinschaftsschulen<br />

ihre Arbeit im zweiten Jahr fortgesetzt – über 70 neue<br />

Schulen, die sich dem längeren gemeinsamen Lernen verpflichtet<br />

haben, die trotz demographischen Wandels alle Bildungswege vor<br />

Ort halten und die bestmögliche Bildung für ihre SchülerInnen<br />

wollen. Einige dieser Schulen habe ich zur Eröffnung besucht. Und<br />

vor Ort ist eine ungeheure Aufbruchsstimmung spürbar, die deutlich<br />

macht, dass es wirklich nicht nur um äußere Strukturveränderungen<br />

geht, sondern auch um Veränderungen der Lernkultur. Es<br />

war diese Haltung von „wir gestalten gemeinsam die Bildungslandschaft<br />

vor Ort – dezentral, bedarfsgerecht und schülerorientiert“,<br />

die mir durchgängig begegnet ist. Darüber freue ich mich sehr,<br />

denn genau das ist es, was wir Grüne mit unserer pragmatischen,<br />

innovativen Schulentwicklung von unten erreichen wollten. Erfreulich<br />

auch, dass die Akteure vor Ort in der Regel an einem Strang<br />

ziehen, und Verwaltung und Bezirksregierung überschwänglich für<br />

ihre Kooperationen gelobt werden.<br />

Natürlich bleibt noch viel zu tun: Immer noch hängt der Bildungserfolg<br />

in Deutschland und auch in NRW zu stark von der sozialen<br />

Herkunft der Kinder ab. Immer noch verschwenden wir in<br />

unserem Schulsystem zu viele Potentiale, weil wir die Talente und<br />

individuellen Lernvoraussetzungen der Kinder und Jugendlichen<br />

nicht hinreichend entwickeln. Und immer noch liegt ein sehr weiter<br />

Weg vor uns, bis wir tatsächlich die inklusive Schule realisiert<br />

haben. Aber wir haben endlich begonnen, Schule als Haus des Lernens<br />

zu gestalten, in dessen Zentrum die einzelne Schülerin bzw.<br />

der einzelne Schüler steht. Das ist ein Paradigmenwechsel!<br />

Was muss noch getan werden?<br />

Inklusion<br />

Deutschland hat mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

im März 2009 ein rechtsverbindliches Bekenntnis<br />

zu einem inklusiven Bildungssystem abgegeben, und der Landtag<br />

NRW hat sich im Dezember 2010 ohne Gegenstimme für die Umsetzung<br />

dieser Konvention ausgesprochen. Damit war der Grundstein<br />

für ein Recht auf inklusive Bildung gelegt, wofür wir nun die<br />

Voraussetzungen schaffen. Auch hier ist in den letzten Jahren vieles<br />

geschehen:<br />

t<br />

t<br />

t<br />

Die Quote des gemeinsamen Lernens ist erkennbar gestiegen.<br />

Die Lehrerstellen für das gemeinsame Lernen wurden mehr als<br />

verdoppelt auf jetzt insgesamt 1.250.<br />

Die 53 Koordinatorenstellen in den örtlichen Schulämtern sind<br />

fast alle besetzt, die Moderatorenausbildung läuft und 37.000<br />

Lehrerinnen und Lehrer haben in den letzten beiden Jahren an<br />

fachspezifischen Fort- und Weiterbildungsangeboten teilgenommen.<br />

Im Zuge des vom Landeskabinett beschlossenen Aktionsplans<br />

„Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv“ (www.mags.nrw.de)<br />

werden nun in allen Lebensbereichen die politischen Voraussetzungen<br />

für Inklusion geschaffen.<br />

Referentenentwurf Inklusion<br />

Der Referentenentwurf (9. Schulrechtsänderungsgesetz) als erstes<br />

Gesetz zur Umsetzung der inklusiven Schule befindet sich bereits<br />

in der Verbändeanhörung. Näheres dazu unter<br />

www.msw.nrw.de. Mit der Schaffung des Elternrechts soll das gemeinsame<br />

Lernen der Regelfall werden, d.h. wenn die Eltern es<br />

wünschen, muss ihnen die Schulaufsicht mindestens eine allgemeine<br />

Schule für ihr Kind mit sonderpädagogischen Förderbedarf<br />

nennen. Da der Elternwille zählt, können Eltern für ihr Kind aber<br />

auch weiterhin eine Förderschule wählen.<br />

Der Weg zu einem inklusiven Schulsystem erfolgt Schritt für<br />

Schritt über den Ausbau des Gemeinsamen Unterrichts. Es werden<br />

nicht direkt alle Schulen umstellen, es wird Vorreiterschulen geben,<br />

auch um die zusätzlichen Ressourcen, die es für die inklusive<br />

Schule geben wird, zielgerichtet einzusetzen. Die didaktischen<br />

Kompetenzen der Lehrkräfte aller Schulstufen und – formen werden<br />

gestärkt. Die Qualifizierung der ModeratorInnen der für die<br />

Lehrerfortbildung zuständigen Kompetenzteams hat begonnen. Sie<br />

stehen für schulinterne Fortbildungen zu Verfügung. Wir reformieren<br />

die Lehrerausbildung und ab 2013 können LehrerInnen allgemeiner<br />

Lehrämter über eine besondere Qualifizierungsmaßnahme<br />

berufsbegleitend das Lehramt für sonderpädagogische Förderung<br />

erwerben. Es ist klar, dass der Ausbau des inklusiven Lernens einer<br />

der Investitionsschwerpunkte der nächsten Jahre sein wird.<br />

Wir begegnen vielen Ängsten und Vorbehalten auf unserem Weg<br />

zum inklusiven Lernen, denen wir natürlich so gut wie möglich begegnen<br />

müssen und wollen. Bei einer ersten Diskussion im Gesprächskreis<br />

Inklusion über den Referentenentwurf wurde aber<br />

deutlich, dass die meisten Verbände nicht mehr das „Ob“ in Frage<br />

stellen. Über das „Wie“ jedoch bestehen unterschiedliche, teils<br />

widerstreitende Auffassungen. Vielleicht kein schlechtes Zeichen<br />

für einen ausgewogenen Ansatz der Landesregierung.


19<br />

Ganztag<br />

Der Ganztag dient der besseren Bildung unserer Kinder, und er<br />

ist ein Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.<br />

Die Entwicklung von Schule zu Häusern des Lernens und Lebens<br />

braucht mehr Flexibilität im Schulalltag, einen neuen Rhythmus<br />

und eben einfach mehr Zeit. All das bieten Ganztagsangebote.<br />

Deswegen werden wir den Ganztag in allen Schulformen sukzessive<br />

ausbauen. Heute besucht etwa ein Drittel aller Schülerinnen und<br />

Schüler eine Ganztagsschule. Dazu haben die Offenen Ganztagsschulen<br />

im Grundschulbereich (OGS) ganz wesentlich beigetragen.<br />

Natürlich wird hier nicht von 8 bis 17 Uhr „gepaukt“. Das Angebot<br />

in den Schulen ist höchst unterschiedlich und vielfältig, es wird in<br />

enger Zusammenarbeit mit Trägern aus Jugendhilfe, Kultur und<br />

Sport gestaltet und verschränkt daher in vielen Kommunen Schulentwicklung<br />

und Jugendhilfeplanung.<br />

Grundschulangebot vor Ort<br />

Die Grundschulen spüren den demographischen Wandel naturgemäß<br />

als erste, wobei sich der Rückgang der SchülerInnen im<br />

ländlichen Raum anders zeigt, als in den Städten. Zähl- und spürbar<br />

wird er aber überall (2001 bis 2010 NRW-weit ein Rückgang<br />

um 17,6 %). Nach dem Grundsatz „kurze Beine – kurze Wege“ ist<br />

es um so wichtiger, ein Konzept zu entwickeln, wie ein wohnortnahes<br />

und qualitativ hochwertiges Schulangebot überall im Land gewährleistet<br />

werden kann. Dazu braucht es innovative Lehr- und<br />

Lernkonzepte– etwa jahrgangsübergreifendes Lernen, um Fachlichkeit<br />

und effektiven Mitteleinsatz zu sichern. Wir werden einzügige<br />

Grundschulen mit einer Mindestgröße von 92 Kindern ermöglichen.<br />

Noch kleinere Schulen können nur als Teilstandorte weiter geführt<br />

werden. Mit der neuen kommunalen Klassenrichtzahl wird den<br />

Kommunen ein größerer Spielraum für die Klassenbildung eröffnet<br />

– bzgl. Größe, Zusammensetzung und sozialpolitischer Steuerung.<br />

Dieses Konzept ist gerechter, weil es insgesamt eine gleichmäßigere<br />

Klassengröße im Land schafft als bisher. Wir senken den Klassenfrequenzrichtwert<br />

schrittweise von 24 auf 22 und schaffen<br />

mehr Leitungszeit für die Schulleitungen von Schulen mit Teilstandorten.<br />

In dieses Konzept investiert das Land rund 1.700<br />

Lehrerstellen – gut angelegtes Geld, schließlich wird in der Grundschule<br />

das Fundament der schulischen Bildungswege unserer Kinder<br />

und Jugendlichen gelegt. Der Gesetzentwurf zur Umsetzung ist<br />

schon im Landtag und wird hoffentlich zeitnah beschlossen, so<br />

dass die neuen Regelungen zum Schuljahr 2013/14 greifen können.<br />

Landtagsreport


Landtagsreport<br />

20<br />

Islamischer Religionsunterricht<br />

In diesem Schuljahr startete mit dem islamischen Religionsunterricht<br />

(IRU) auch ein neues Fach in insgesamt 33 Grundschulen<br />

des Landes. 40 LehrerInnen werden etwa 2.500 SchülerInnen<br />

in diesem Fach unterrichten. Die LehrerInnen wurden natürlich<br />

fachlich aus- bzw. fortgebildet, viele sind IslamwissenschaftlerInnen<br />

und unterrichten das Fach Islamkunde bereits seit Jahren.<br />

NRW ist damit das erste und bislang einzige Bundesland, das den<br />

bekenntnisorientierten Islamunterricht einführt und ihn so gleichberechtigt<br />

neben den evangelischen und katholischen Unterricht<br />

in Schulen stellt. Die Verfahren sind analog, also können auch hier<br />

Eltern bzw. religionsmündige Schülerinnen und Schüler entscheiden,<br />

sich vom IRU abzumelden.<br />

Die Einführung des IRU erfolgt Schritt für Schritt. Bis zum flächendeckenden<br />

Angebot für alle SchülerInnen islamischen Glaubens<br />

gibt es jedoch noch Einiges zu tun. Zum Einen fehlen<br />

schlicht die ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer mit der Befähigung<br />

zum Unterricht des IRU. An der Universität Münster haben<br />

wir einen ersten Lehrstuhl eingerichtet, der auch stark nachgefragt<br />

wird, aber es wird noch dauern, bis die ersten AbsolventInnen<br />

an die Schulen kommen.<br />

Zum Anderen ist der christliche Religionsunterricht ein von der<br />

Verfassung garantiertes Unterrichtsfach auch an staatlichen Schulen.<br />

Dieser Unterricht wird jedoch von den staatlich anerkannten<br />

Religionsgemeinschaften unter Wahrung der Trennung von Kirche<br />

und Staat verantwortet. Es bedürfte also einer anerkannten islamischen<br />

Religionsgemeinschaft als Ansprechpartner für die staatlichen<br />

Institutionen, um die islamischen mit den christlichen Religionsgemeinschaften<br />

gleichzustellen. Diese gibt es noch nicht. Also<br />

werden wir nun übergangsweise mit einem Beirat zusammen arbeiten,<br />

zusammengesetzt aus ExpertInnen für islamische Theologie<br />

und Religionsdidaktik, der die Anliegen und Interessen der islamischen<br />

Organisationen gegenüber dem Schulministerium vertritt.<br />

Im Grunde hat der Beirat die Rolle übernommen, die die<br />

christlichen Kirchen in Bezug auf den Religionsunterricht gegenüber<br />

dem Staat ebenfalls inne haben. Dieses Konstrukt ist bis 2019<br />

befristet und soll bis dahin in eine verfassungsrechtlich abgesicherte<br />

Lösung überführt werden, um den islamischen Religionsunterricht<br />

dem christlichen auch im Sinne des Artikels 7 Abs. 3<br />

des Grundgesetzes gleichzustellen.<br />

Und wieder habe ich persönlich Einblick nehmen können in die<br />

schulische Praxis, und die zeigt: Ja, die Einführung des IRU ist ein<br />

Beitrag zur Gleichberechtigung und Integration. Die Kinder sind<br />

stolz, das Lernen erreicht auch die Eltern!<br />

Parlamentarisches<br />

Natürlich hat es über die rein schulischen Belange hinaus noch<br />

einiges an parlamentarischer Arbeit gegeben. Begonnen hat alles<br />

mit der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin, die sie am<br />

12. September im Landtag NRW abgegeben hat. Darin zeichnete<br />

sie ein Regierungsprogramm, das eine eindeutige rot-grüne Handschrift<br />

trägt und den Grundsätzen vorbeugend, nachhaltig und gerecht<br />

verpflichtet ist. Wir haben uns gemeinsam sehr viel vorgenommen<br />

für die nächsten fünf Jahre und werden daran arbeiten,<br />

das Industrieland NRW zukunftsfest zu machen. Dafür werden wir<br />

auf der Grundlage des Koalitionsvertrags das Land ökologisch, sozial<br />

und demokratisch fortentwickeln. Dazu gehört<br />

t ein gerechteres Bildungssystem, das kein Kind zurück lässt;<br />

t eine nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik, die das Defizit<br />

herunterfährt und die vorhandenen Finanzmittel fair verteilt;<br />

t handlungsfähige Kommunen als Fundament unserer Gesellschaft;<br />

t ein leistungsfähiger Wirtschafts- und Innovationsstandort NRW<br />

mit gut ausgebildeten und gerecht bezahlten Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmern;<br />

t<br />

der Fortschrittsmotor Energiewende und Klimaschutz, der Ökonomie<br />

und Ökologie miteinander versöhnt<br />

Uns Grünen ist wichtig, dass wir – obwohl wir politisch jetzt<br />

mit einer Mehrheit regieren – unsere Politik im dialogorientierten<br />

Stil fortführen.<br />

Ergänzend zur Regierungserklärung der Ministerpräsidentin haben<br />

alle Kabinettsmitglieder in ihren Ausschüssen die Pläne ihres<br />

Ressorts genauer vorgestellt. So habe auch ich im Ausschuss für<br />

Schule und Weiterbildung meine „kleine Regierungserklärung“ gehalten.<br />

Die Aussprache dazu erfolgt in der kommenden Sitzung.<br />

Auch das Land muss sparen<br />

Der Haushalt <strong>2012</strong> ist mittlerweile ins Parlament eingebracht –<br />

spät, natürlich, aber der überraschenden Neuwahl des Landtags im<br />

Mai diesen Jahres geschuldet. Wir gehen mit diesem Haushalt den<br />

Weg der Konsolidierung mit dem Ziel, bis 2017 eine Milliarde Euro<br />

strukturell einzusparen und ab 2020 entsprechend der im Grundgesetzt<br />

verankerten Schuldenbremse keine Neuverschuldung mehr<br />

aufzunehmen. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel, für das wir sowohl<br />

Ausgaben senken als auch Einnahmen erhöhen müssen. Letzteres<br />

haben wir z.B. mit der Erhöhung der Grunderwerbssteuer getan.<br />

Wir haben aber auch die Steinkohlesubventionen gesenkt, wir<br />

werden die Einnahmen steigern, in dem wir mehr SteuerprüferInnen<br />

einsetzen, und wir werden sämtliche Förderprogramme des<br />

Landes auf den Prüfstand stellen. Aber wir setzen auch inhaltliche<br />

Schwerpunkte: So unterstützen wir die notleidenden Kommunen<br />

mit rund einer Milliarde Euro mehr bei den Zuweisungen an die Gemeinden,<br />

als das Schwarz-Gelb noch getan hat. Hinzu kommt der<br />

milliardenschwere Stärkungspakt, der die Kommunen bei ihren<br />

Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen unterstützt, und an dem alle<br />

drei bergischen Städte partizipieren. Zudem investieren wir in Bildung,<br />

in den Kita-Ausbau und die Hochschulen in unserem Land.


21<br />

Im Bereich der Schule haben wir vereinbart, Mittel aus den demographischen<br />

Effekten für verschiedene Maßnahmen der strukturellen<br />

Verbesserung der Lernsituation zu nutzen. Bis 2015 ist dies<br />

verbindlich festgelegt mit einem Volumen von immerhin rund<br />

8.000 Stellen.<br />

Für viel mediale Aufregung sorgte der NRW-Ankauf von Steuer-<br />

CDs aus der Schweiz, weil dies angeblich dem Steuerabkommen<br />

zwischen Deutschland und der Schweiz widerspräche. Die grüne<br />

Landtagsfraktion hat sich da ganz klar positioniert: Wir halten den<br />

Aufkauf der Steuer-CDs für gerechtfertigt. Es hat sich gezeigt, dass<br />

damit dem Staat zustehende Steuern in signifikanter Höhe eingeholt<br />

werden können. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt<br />

und muss offensiv bekämpft werden. Unser Vorgehen ist auch ein<br />

Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit im Land.<br />

Sylvia Löhrmann<br />

Landtagsreport<br />

Anlässlich einer Spende an die Notschlafstelle hat Sylvia Löhrman die Einrichtung im September besucht und sich in einem intensiven Gespräch mit den MitarbeiterInnen<br />

bzw. der Fördervereinsvorsitzenden die Arbeit erläutern lassen.


vorgestellt<br />

„Rettet das Ittertal“<br />

22<br />

Gegen die Gewerbegebietsplanung der Stadt <strong>Solingen</strong> regt sich<br />

Widerstand – vor allem die Anwohnerschaft des Ittertals ist besorgt<br />

und mobilisiert. Warum?<br />

Das Ittertal ist ein Freiraumverbund von regionaler Bedeutsamkeit<br />

und ein beliebtes Naherholungsgebiet mit zahlreichen Wanderwegen.<br />

Es hat eine wesentliche Vernetzungsfunktion zwischen<br />

den Großbiotopen Hildener Heide und dem Tal der Wupper. Schon<br />

in der Vergangenheit wurde es immer stärker beschnitten. Durch<br />

die zusätzlich geplanten vier Gewerbegebiete würde dieses Freiraumband<br />

extrem schmal. Hier lebt eine hochwertige Tier- und<br />

Pflanzenwelt, so der Eisvogel und seltene Spechtvogelarten. Die<br />

überplante Fläche Buschfeld ist heute Landschaftsschutzgebiet<br />

und zu 2/3 von Naturschutzgebiet umgeben. Es ist eine wichtige<br />

Transferstrecke für mehrere Fledermausarten, die Offenlandflächen<br />

brauchen. Das Tal hat eine bedeutende Funktion für das Stadtklima:<br />

Der Klimawandel erzeugt unter anderem Wärmeinseln im Sommer<br />

mit hohen Gesundheitsbelastungen. Die überplanten Flächen<br />

liegen in Kaltluftentstehungsgebieten, die für eine stärkere Abkühlung<br />

bei Nacht in den benachbarten Siedlungsräumen sorgen.<br />

Zum Landschaftsverbrauch kommen noch Zerstörungen durch Regenrückhaltebecken<br />

hinzu. Neue Gewerbegebiete in den nicht integrierten<br />

Außenbereichen ziehen enorme Infrastrukturkosten<br />

nach sich. Laut Bezirksregierung verfügt <strong>Solingen</strong> ohne die vier<br />

Flächen über brutto circa 45 Hektar freie Gewerbliche Baufläche.<br />

In den letzten Jahren wurden circa 3,7 Hektar pro Jahr verbraucht.<br />

Sinnvoller wäre es, verstärkt Gewerbebrachen zu recyceln, keine<br />

Gewerbeflächen für Discounter und Einkaufszentren aufzugeben,<br />

die Förderbedingungen für kleine Brachen zu verbessern, Netzwerkbildung<br />

und Branchenkonzepte zu entwickeln sowie Qualifizierungseinrichtungen<br />

auszubauen. Auch die engagierte Förderung<br />

des Strukturwandels hin zur Dienstleistungsgesellschaft muss effektiver<br />

angepackt werden.<br />

t<br />

Dietmar Gaida<br />

Die Bürgerinitiative „Rettet das Ittertal“ freut sich über Gleichgesinnte!<br />

Näheres unter www.rettetdasittertal.de, Infos auch<br />

über post@rettetdasittertal.de


Wir sind Nobelpreis<br />

23<br />

Na so was, da schlägt man morgens nichts ahnend die Zeitung<br />

auf und zack – man ist Nobelpreisträger. Und auch noch Friedensnobelpreisträger!<br />

Das hat schon was. Schade nur, dass wir nicht<br />

alle nach Oslo eingeladen wurden, um den Preis entgegen zu nehmen.<br />

Jetzt fehlt noch der Literaturnobelpreis, dann haben wir die<br />

beiden wichtigsten Preise beisammen. Jeder von uns. Warum, ist<br />

mir persönlich nicht ganz klar. Ich habe bisher so vor mich hin gelebt,<br />

niemanden umgebracht und auch keinen Staatsstreich geplant.<br />

Dass das reicht, hätte ich nicht gedacht. Obwohl – in einer<br />

Reihe zu stehen mit Barrack Obama ist ja nicht ganz verkehrt. Der<br />

hat bisher auch nur so vor sich hin gelebt, jedenfalls, was Friedenserhalt<br />

und Friedenschaffung angeht.<br />

In letzter Zeit verstärkt sich mein Eindruck, dass selbst so<br />

wichtige Preisverleihungskommittees wie das für den Friedensnobelpreis<br />

nicht mehr so genau wissen, wen man denn noch ehren<br />

könnte. Die Verleihungen werden immer abstruser. Nicht, dass Sie<br />

mich falsch verstehen. Ich gönne uns den Preis. Jedem einzelnen<br />

von uns. Aber mal ehrlich. Wenn es reicht das Glück zu haben, in<br />

einem reichen, demokratisch organisierten Land geboren zu werden,<br />

mit einer Chance von 1 : wasweißich, nicht unter die Räder zu<br />

kommen, wenn man dann die Füße still hält und brav alle vier<br />

oder fünf Jahre sein Kreuzchen macht (oder auch nicht, das war<br />

bisher relativ egal) und ansonsten die Problemchen löst, mit denen<br />

Wohlstandsmenschen so zu tun haben – wenn das alles reicht,<br />

um den Friedensnobelpreis zu bekommen, dann gehört er abgeschafft.<br />

Susanne Fingscheidt<br />

vorgestellt


Bündnis 90/Die Grünen<br />

Eiland 17<br />

42651 <strong>Solingen</strong><br />

T· 0212/201060<br />

F· 0212/12404<br />

www.gruene-solingen.de<br />

aufgestachelt<br />

„ Energie ist genug da“<br />

<strong>Solingen</strong> <strong>2012</strong><br />

„Idyllen und kleinere Katastrophen“ von Peter Holtfreter

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