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Kaktus Herbst 2012 - Grüne Solingen

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Blickpunkt<br />

12<br />

Was kostet der Strom?<br />

Strom ist weit mehr als das, was aus der Steckdose kommt! Zum<br />

Beispiel Zankapfel Nr. 1 für alle, die schon immer am EEG – dem<br />

Energieeinspeisegesetz – rumgemäkelt haben. Im Oktober waren<br />

die Gazetten tagelang gefüllt mit Horrormeldungen über die<br />

Strompreisentwicklung. Denn am 15. Oktober haben die Stromnetzbetreiber<br />

die Höhe der so genannten EEG-Umlage für 2013 bekannt<br />

gegeben: und wirklich, sie stieg von 3,6 auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde.<br />

Eine Steigerung, die sich sonst nirgends findet und<br />

die natürlich alle Kritik wert ist. Aber, bei aller Aufgeregtheit, man<br />

sollte schon etwas genauer analysieren, worüber hier geredet wird.<br />

Die zentralen Fragen sind doch:<br />

Was macht den Strom so teuer, wie funktioniert die Ermittlung<br />

des Strompreises und woraus setzt er sich zusammen?<br />

EEG<br />

Das EEG heißt eigentlich „Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer<br />

Energien“ und geht zurück auf die rot-grüne Koalition unter Kanzler<br />

Schröder, die dieses Gesetz im Jahre 2000 beschloss. Hierin<br />

wird geregelt, dass Strom aus regenerativer Erzeugung (Wind, Sonne,<br />

Wasser, Biomasse, Geothermie) für insgesamt 20 Jahre mit einem<br />

Festpreis vergütet wird, der immer deutlich über dem Marktpreis<br />

liegt. Damit sollte die Produktion von dezentralen regenerativ<br />

produzierenden Kleinanlagen angekurbelt werden, was so gut<br />

funktionierte, dass wir heute feststellen müssen, dass das vorhandene<br />

Stromnetz die produzierten Strommengen in Spitzenzeiten<br />

kaum noch aufnehmen kann. Vorgänger des EEG war das „Gesetz<br />

über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das<br />

öffentliche Netz“ aus der dritten Kohlschen Legislatur, das 1991<br />

verabschiedet wurde. Erst mit diesem Gesetz gelang es, die großen<br />

Energiekonzerne dazu zu zwingen, ihre Stromnetze für die Einspeisung<br />

aus privater Stromproduktion zu öffnen.<br />

Die Auffassung also, dass wir dringend die Stromproduktion dezentralisieren<br />

und auf regenerative Energieerzeuger umstellen<br />

müssen ist also alt, und von allen Fraktionen nicht nur getragen,<br />

sondern auch vorangetrieben worden.<br />

Die aus der Preisgarantie entstehenden Mehrkosten zahlt nicht<br />

der Staat, sondern wir alle, nämlich über die viel zitierte Umlage.<br />

Jede Kilowattstunde Strom wird uns in 2013 also alle 5,3 Cent<br />

mehr als ohne Umlage kosten.<br />

Uns alle?<br />

Nein, und das ist die Krux am Ganzen. Schon in der Ursprungsversion<br />

des Gesetzes waren bestimmte, vor allem energieintensive<br />

Unternehmen von der Umlage ausgenommen, um sie im internationalen<br />

Wettbewerb nicht zu schwächen. Einerseits soll mit dem<br />

Förderprogramm ein Anreiz zur Umstellung auf regenerative Energieträger<br />

geschaffen werden, andererseits werden aus reinen Konkurrenzängsten<br />

gerade diejenigen von diesem Anreiz „befreit“, die<br />

doch die meiste Energie schlucken. Massive Lobbyarbeit in Berlin<br />

hat dann über die Jahre dafür gesorgt, dass immer mehr Unternehmen<br />

aus dem Umlagesystem herausgenommen wurden. Mittlerweile<br />

zahlt etwa die Rheinbahn Düsseldorf keinen Cent Umlage mehr,<br />

obwohl hier von internationaler Konkurrenz nun wirklich keine Rede<br />

sein kann, es gibt Befreiungen für Golfplätze, Hähnchenmastbetriebe,<br />

den Berliner Friedrichstadtpalast und vieles mehr. Im<br />

März <strong>2012</strong> war nach Angaben des Bundesverbandes Erneuerbare<br />

Energien etwa die Hälfte des industriell verbrauchten Stroms ganz<br />

oder teilweise von der EEG-Umlage befreit. Und die Bundesregierung<br />

hat angekündigt, zum Jahreswechsel noch einmal Umlagebefreiungen<br />

mit der Gießkanne zu verteilen. Damit steigt aber die<br />

Belastung der im System Verbleibenden immer mehr. Das schreit<br />

förmlich nach Nachbesserung! Selbst die Bundesnetzagentur kritisierte<br />

die Situation und berechnete, dass bei einer Beteiligung aller<br />

an der Umlage diese auf knapp 3 Cent/kWh abgesenkt werden<br />

könnte.<br />

Nachbessern tut not!<br />

All das zeigt deutlich, dass die Politik – und hier ist nun einmal<br />

der Bund gefordert – die gesetzlichen Regelungen nachbessern<br />

muss. Nur wer tatsächlich nachweisen kann, durch eine Beteiligung<br />

an der Umlage im internationalen Wettbewerb geschädigt zu<br />

werden, sollte – wenn überhaupt – befreit werden. Denn eines ist<br />

klar: internationaler Wettbewerb hin oder her, wir müssen weg von<br />

den fossilen Energieträgern. Kohle, Öl und letztendlich auch Gas<br />

sind endlich, und wir müssen die uns verbleibende Zeit nutzen, um<br />

alternative Stormversorgungssysteme aufzubauen. Wir haben viele<br />

Jahre lang mit Milliardeneinsatz auf das falsche Pferd Atomstrom<br />

gesetzt. Unter völliger Ausblendung der Entsorgungskosten wird<br />

heute immer noch an der einen oder anderen Stelle behauptet,<br />

Atomstrom sei sauber und vor allem preiswerter, als die regenerativ<br />

erzeugten Energien. Spätestens seit Fukushima dürfte der<br />

Mehrheit der Menschheit klar geworden sein, dass das eine der<br />

größten und teuersten Lebenslügen der letzten Jahrzehnte war. An<br />

der sich im Übrigen die vier großen Energiekonzerne RWE, EnBW,<br />

Vattenfall und Eon eine goldene Nase verdient haben und immer<br />

noch verdienen.<br />

Was macht den Strom so preiswert?<br />

Jetzt denken Sie: Da hat sie sich aber vertan mit dieser Überschrift.<br />

Nein, keineswegs. Denn Tatsache ist, dass das EEG den<br />

Strompreis an der Energiebörse EEX in Leipzig in den letzten Jahren<br />

deutlich gesenkt hat. Denn das Gesetz sieht vor, dass regenerativ<br />

erzeugter Strom an der Börse vorrangig gehandelt wird. Dadurch<br />

findet ein Verdrängungswettbewerb auf dem Markt statt,<br />

den man „Merit-Order-Effekt“ nennt. Verdrängt werden die teuersten<br />

konventionellen Kraftwerke, die ihren Strom nicht mehr loswerden,<br />

da der Anteil an erneuerbar erzeugtem Strom mittlerweile<br />

signifikant hoch ist und auch relativ zuverlässig geliefert wird. Die

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