Lebensbahnen - St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH
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Perspektiven<br />
Trotz Aufwand: Wiederholung nicht ausgeschlossen<br />
Familie aus Erfurt nutzte die Arche Noah als Domizil für den Verwandten-Besuch<br />
Rund zwei Drittel der Kinder, die<br />
in der Arche Noah zu Gast sind,<br />
leben im Ruhrgebiet. Viele Eltern<br />
nehmen teilweise weite Wege auf<br />
sich, um den Nachwuchs in professionelle<br />
Obhut zu geben und selbst<br />
ein wenig Entlastung zu erfahren.<br />
Im Frühjahr war Johanna mit ihren<br />
Eltern in der Arche Noah zu Gast.<br />
Die Familie lebt in Erfurt.<br />
Ein nicht ganz typischer Besuch.<br />
Denn während die meisten Eltern<br />
ihr Kind in der Kurzzeiteinrichtung<br />
unterbringen, um mit den Geschwisterkindern<br />
in den Urlaub zu<br />
fahren, beruflichen Verpflichtungen<br />
nachgehen zu können oder<br />
einfach mal für ein paar Tage Luft<br />
zu holen, zogen Evelyn Kleiner-Pohl<br />
und Roland Alkemper ins Elternzimmer<br />
der Einrichtung. Die junge<br />
Familie war zu einer Hochzeit in<br />
Bottrop eingeladen. Bottrop ist die<br />
Heimatstadt von Vater Roland. Als<br />
die Einladung zur Hochzeit kam,<br />
stellte sich die Frage, wie Johanna<br />
untergebracht werden kann.<br />
„In Thüringen kennen wir solche<br />
Einrichtungen nicht“, bedauert<br />
Evelyn Kleiner-Pohl. „Also haben<br />
wir gesucht, telefoniert und haben<br />
hier schnell und unproblematisch<br />
einen Platz bekommen.“ Johanna<br />
hat regelmäßig Schreiattacken.<br />
„Deswegen konnten wir in kein<br />
Hotel gehen.“ Das Mädchen ist<br />
mit unklarer Diagnose körperlich<br />
und geistig behindert. „Wir wissen<br />
eigentlich nur, was sie alles nicht<br />
hat“, erzählt Evelyn Kleiner-Pohl<br />
von unzähligen Untersuchungen.<br />
Johanna ist ein Reflux-Kind, das viel<br />
erbricht. Obwohl fast drei Jahre alt,<br />
muss sie wie ein sechs bis acht Monate<br />
alter Säugling ernährt werden<br />
– mit sechs kleinen Mahlzeiten und<br />
sechs Teegaben am Tag. Johanna<br />
krabbelt nicht, läuft nicht, spricht<br />
nicht, auf Duschen und Baden reagiert<br />
sie mit Schreiattacken.<br />
Aufgrund der regelmäßigen Flüssigkeitsgaben<br />
ist der Bewegungsradius<br />
eingeschränkt. Lediglich<br />
kleine Spaziergänge sind möglich.<br />
Morgens geht sie in den Kindergarten,<br />
was ihrer Mutter es erlaubt,<br />
stundenweise als EDV-Trainerin zu<br />
arbeiten. Vater Roland Alkemper<br />
arbeitet Vollzeit in der Hochschulentwicklung<br />
der Fachhochschule<br />
Erfurt. Freizeitaktivitäten und soziale<br />
Kontakte sind aufgrund der<br />
Belastung kaum möglich. Der Versuch,<br />
mit Freundinnen ins Kino zu<br />
gehen, endete für Mutter Evelyn<br />
nach einer <strong>St</strong>unde im Tiefschlaf im<br />
Kinosessel.<br />
„Je älter Johanna wird, desto mehr<br />
Hilfsmittel benötigt sie“, erzählt<br />
Evelyn Kleiner-Pohl. Für die Reise<br />
ins Ruhrgebiet mietete das<br />
Paar einen Mini-Van, um dann<br />
beim Packen festzustellen,<br />
dass Buggy, Sitzeinheit und<br />
Überwachungsgeräte gar nicht<br />
zusammen hineinpassten. Ein<br />
Arbeitskollege begleitete die<br />
Familie mit seinem Auto auf<br />
Hin- und Rückreise.<br />
Bei allem Aufwand<br />
habe sich die Reise<br />
gelohnt. Seit 2009<br />
hatte das Paar die<br />
Familie nicht mehr<br />
gesehen. „Mir hat die<br />
Arche Noah sehr gut<br />
gefallen. Die Schwes-<br />
tern sind sehr nett“, freut sich Evelyn<br />
Kleiner-Pohl.<br />
Als angenehm empfanden sie die<br />
Unterbringung in den nebeneinanderliegenden<br />
Zimmern für Kind und<br />
Eltern. Snoezelen-Raum und Schaukel<br />
boten zwischen den Mahlzeiten<br />
Rückzugsmöglichkeiten. Und die<br />
benachbarte Kinderklinik sicherte<br />
die medizinische Versorgung.<br />
„Wir werden heute noch einmal<br />
Verwandte und Freunde besuchen“,<br />
sagt Roland Alkemper am<br />
Tag vor der Rückfahrt. Das ist uns<br />
sehr wichtig.“ Und eine Wiederholung<br />
der aufwändigen Reise sei aufgrund<br />
der Arche Noah jetzt nicht<br />
mehr ausgeschlossen: „Vielleicht<br />
im nächsten Jahr.“ [rp]<br />
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