aus Ihrer Region BADEN- WÜRTTEMBERG Ausgabe - Grünkauf
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INTERVIEW<br />
Martin Rücker ist Pressesprecher der Organisation foodwatch,<br />
die für das Recht der Verbraucher auf gute und gesunde<br />
Lebensmittel kämpft.<br />
Herr Rücker, was ist ihrem Verständnis nach sicheres<br />
und gutes Essen?<br />
Rücker: Niemand sollte unter Hunger leiden oder<br />
verunreinigtes Wasser trinken müssen. In westlichen<br />
Industrienationen ist der Fokus natürlich<br />
ein etwas anderer: Jeder Mensch sollte die Möglichkeiten<br />
haben, sich <strong>aus</strong>reichend mit gesunden<br />
und sicheren Lebensmitteln zu versorgen und<br />
ganz bewusste Kaufentscheidungen treffen zu<br />
können. Zum Beispiel sollte jeder Verbraucher<br />
beim Kauf entscheiden können, ob er Produkte<br />
mit oder ohne Gentechnik kaufen möchte.<br />
Wie kann ich mich orientieren, wenn ich solche<br />
Lebensmittel kaufen möchte?<br />
Rücker: Im Moment ist dies sehr schwer, weil der<br />
Lebensmittelmarkt äußerst intransparent ist. Es<br />
gibt ja derzeit nicht einmal eine verlässliche Möglichkeit,<br />
sich über eigentlich banale Dinge zu<br />
informieren. Wie viel Zucker ist beispielsweise in<br />
einem Produkt? Eigentlich ist das Einzige, was wir<br />
im Supermarkt miteinander vergleichen können,<br />
der Preis.<br />
Wofür steht denn das bekannte Biosiegel?<br />
Rücker: Das bekannte deutsche sechseckige Siegel<br />
garantiert, dass die europäischen Standards eingehalten<br />
werden. Ab Juli gibt es ein neues europaweites<br />
Bio-Siegel, das dann auch verpflichtend<br />
drauf ist. Bioprodukte sind weniger pestizidbelastet.<br />
Sie sind auch ökologischer produziert als<br />
konventionelle Lebensmittel, wenn auch nicht<br />
in jedem Falle und in jeder Hinsicht besser. Dem<br />
Verbraucher kann man nur den Tipp geben:<br />
Eine Kombination <strong>aus</strong> Bio, <strong>aus</strong> regional und <strong>aus</strong><br />
saisonal, d. h. idealerweise den Salat <strong>aus</strong><br />
Deutschland hier kaufen, wenn er auch hier in<br />
Deutschland wächst und geerntet werden kann.<br />
Haben die Siegel von Anbauverbänden wie Bioland,<br />
Demeter oder Naturland höhere Standards?<br />
Rücker: Sie erfüllen alle die Kriterien der europäischen<br />
Öko-Verordnung und haben dann zusätzlich<br />
noch strengere Regeln. Die Problematik für die<br />
Verbraucher ist, dass sie bei der Vielzahl von<br />
Siegeln nicht genau wissen, was dahinter steht.<br />
Wo finde ich gute Informationen zum Thema<br />
sicheres und gutes Essen?<br />
Rücker: Sie haben sehr wenige Möglichkeiten,<br />
sich gut zu informieren. Die Produktion von<br />
Lebensmitteln ist von Seiten der Industrie und<br />
der Behörden intransparent. Beispielsweise wird<br />
bei amtlichen Kontrollen jährlich etwa jeder vierte<br />
Betrieb beanstandet, veröffentlicht wird aber nur<br />
eine anonyme Statistik. Wenn wir wüssten, von<br />
diesem Unternehmen wird dort Gammelfleisch<br />
verkauft, dann gehen wir dort nicht mehr hin und<br />
kaufen woanders. Genau das passiert nicht.<br />
Wie kann ich mich gut ernähren, wenn ich aufs<br />
Geld achten muss?<br />
Der wichtigste Tipp für den Verbraucher:<br />
Bei der Ernährung auf eine Kombination<br />
von Bioprodukten mit regionalen und<br />
saisonalen Angeboten achten.<br />
Rücker: Biolebensmittel sind im Durchschnitt<br />
teurer. Dafür verursachen konventionell erzeugte<br />
Lebensmittel hohe Kosten, die gesellschaftlich<br />
getragen werden. Würden die Umweltfolgen den<br />
Produzenten angelastet, käme es zu einer Angleichung<br />
der Preise. Ein Verbrauchertipp ist auf<br />
jeden Fall, dass es günstiger ist, nicht auf Bio-<br />
Fertigprodukte zurückzugreifen, sondern frische<br />
Zutaten zu verwenden und selber zu kochen.<br />
Heiko Balsmeyer<br />
INFO<br />
Weiterführende Informationen zum<br />
Thema Bio-Einkauf beim Discounter<br />
finden Sie in der aktuellen<br />
März<strong>aus</strong>gabe der Zeitschrift ÖKO-TEST.<br />
14 <strong>Grünkauf</strong>Magazin 2–2010