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Die Solar-Architektur steht vor dem Durchbruch. Mit Kollektoren und ...

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NZZ am Sonntag � 6. September 2009 Immobilien 9<br />

«Energieeffizientes Umbauen<br />

muss belohnt werden»<br />

<strong>Die</strong> Sanierung von Altbauten ist die Bauaufgabe der Zukunft. Der Architekt Beat Kämpfen formuliert<br />

dieAnsprücheseinesBerufsstandesandiepraktischeUmsetzung<br />

R<strong>und</strong> zwei Millionen Gebäude warten<br />

allein in der Schweiz auf die Sanierung.<br />

Um eine nachhaltige Entwicklung der<br />

Bausubstanz zu gewährleisten, braucht<br />

es meist mehr als nur die schnell realisierbaren<br />

«Pinselrenovationen». Wer<br />

in die Zukunft denkt, muss mit <strong>dem</strong><br />

<strong>vor</strong>handenen architektonischen Potenzial,<br />

mit Ressourcen <strong>und</strong> Materialien<br />

umgehen können.<br />

Seit Beginn seiner Tätigkeit hat sich<br />

der Architekt Beat Kämpfen bei Neuwie<br />

bei Umbauten die Erfüllung des<br />

Minergie-P-Eco-Standards auf die<br />

Fahne geschrieben. Darüber hinaus<br />

realisiert sein <strong>Architektur</strong>büro auch<br />

sogenannte Nullenergie- <strong>und</strong> Plus-<br />

Energie-Häuser. Kämpfen erinnert<br />

Bauherrschaften <strong>und</strong> Immobilienverwaltungen<br />

an ihre Verantwortung<br />

<strong>und</strong> formuliert im Gespräch seine<br />

pointierten Forderungen.<br />

NZZ am Sonntag: Wenn Sie an ein<br />

sanierungsbedürftiges Haus herantreten,<br />

wie erkennen Sie das Potenzial der<br />

Liegenschaft?<br />

Beat Kämpfen: <strong>Die</strong> entscheidende<br />

Frage ist die der Situation. Macht das<br />

Gebäude an diesem Ort überhaupt<br />

noch Sinn? So ist es wenig sinnvoll,<br />

ein Einfamilienhaus in einem Quartier<br />

zu erhalten, in <strong>dem</strong> in der Zwischenzeit<br />

Hochhäuser errichtet worden<br />

sind oder eine viel höhere Ausnützung<br />

des Baulandes möglich wäre.<br />

Meist lässt sich anhand der Ausnützungsziffer<br />

noch ein bisschen etwas<br />

erweitern, jedoch nicht sehr viel. Aber<br />

gerade in diesen kleinen Erweiterungsmöglichkeiten<br />

liegt das Potenzial<br />

des Umbaus. Durch eine Erweiterung<br />

lässt sich oft ein Mehrwert für<br />

Mieter <strong>und</strong> Bauherrschaft gewinnen.<br />

Ausser<strong>dem</strong> helfen die Neubauteile,<br />

den Minergie-P-Standard zu erfüllen.<br />

Darum be<strong>vor</strong>zugen wir, die Bausubstanz<br />

möglichst zu erhalten <strong>und</strong> im<br />

Rahmen des Gesetzes weiterzubauen,<br />

als schon von <strong>vor</strong>nherein den Ersatzneubau<br />

ins Auge zu fassen.<br />

Fliesst die alte Bausubstanz in die Berechnung<br />

des Minergie-P-Standards ein?<br />

Selbstverständlich, denn die Bilanz<br />

der grauen Energie ist um ein Vielfaches<br />

besser. Natürlich ist es aber auch<br />

schwieriger, einen Altbau auf den<br />

Minergie-P-Standard zu trimmen als<br />

einen Neubau. Beim Neubau kommt<br />

für mich gar nichts anderes mehr in<br />

Frage, <strong>und</strong> beim Umbau muss man<br />

zum Teil kompensieren können. Bei<br />

einem Umbau eines Einfamilienhauses<br />

in ein Mehrfamilienhaus konnten<br />

wir das Kellergeschoss nicht isolieren,<br />

dafür haben wir beim neu gebauten<br />

Dachgeschoss umso höhere Isolationsstärken<br />

gewählt.<br />

Eine wichtige Voraussetzung für die<br />

Erreichung des Minergie- bzw. Minergie-P-Standards<br />

ist der Einbau einer<br />

kontrollierten Lüftung, was gerade bei<br />

einem Umbau einen erheblichen Aufwand<br />

bedeutet. Wie sinnvoll finden Sie<br />

diese Gr<strong>und</strong>satzforderung?<br />

Ich finde sie sehr sinnvoll, denn das<br />

Lüftungsverhalten der Bewohner kann<br />

nicht kontrolliert werden. Da die Gebäudehülle<br />

nach einer energetischen<br />

Sanierung viel dichter ist, muss für<br />

einen genügenden Luftaustausch eine<br />

kontrollierte Lüftung eingebaut werden.<br />

Ein zu geringer Luftaustausch hat<br />

Einwirkungen sowohl auf das Klima<br />

<strong>und</strong> die Luftqualität in der Wohnung<br />

als auch auf die Erhaltung der Bausubstanz.<br />

Und glauben Sie mir, der<br />

Unterschied ist riech- <strong>und</strong> spürbar.<br />

Nicht selten klagen Mieter in ungenügend<br />

gelüfteten Wohnungen über ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Beschwerden.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich gibt es zwei Varianten<br />

für den nachträglichen Einbau einer<br />

kontrollierten Lüftung. Entweder wird<br />

die Ab- <strong>und</strong> Zuluft über die Fassade<br />

geführt oder über eine im Raum abgehängte<br />

Decke. Welche Methode ziehen<br />

sie <strong>vor</strong>?<br />

Das ist eine Frage der Geometrie<br />

<strong>und</strong> der Raumhöhe. Bei Gebäuden, die<br />

nur eine Raumhöhe von 2,4 Metern<br />

aufweisen, ist der Einbau einer heruntergehängten<br />

Decke nicht sinnvoll.<br />

Auch wenn die Immobilie während<br />

des Baus bewohnt bleibt, ist es einfacher,<br />

die Lüftungskanäle über die Fas-<br />

Vorreiter für Minergie-P<br />

Kämpfen für<br />

gute <strong>Architektur</strong><br />

Beat Kämpfen ist diplomierter Architekt<br />

ETH <strong>und</strong> hat zusätzlich an der University<br />

of California Berkeley den Master of<br />

Architecture erworben. Seit 1995 leitet<br />

er das Büro «Kämpfen für <strong>Architektur</strong>»<br />

in Zürich (www.kaempfen.com). «Wir<br />

kämpfen für gute <strong>Architektur</strong> <strong>und</strong> eine<br />

nachhaltige, ökologische Entwicklung<br />

unserer gebauten Umwelt», sagt er.<br />

Dass dieses Zitat nicht nur ein Lippenbekenntnis<br />

ist, zeigen die zahlreichen<br />

Auszeichnungen, welche das Büro für<br />

verschiedene Bauten erhielt, unter anderem<br />

den Schweizer <strong>und</strong> den Europäischen<br />

<strong>Solar</strong>preis für das Mehrfamilienhaus<br />

Sunny Woods in Zürich Höngg<br />

sowie den National Energy Globe <strong>und</strong><br />

weitere Preise für das erste Nullenergie-<br />

Bürogebäude in der Schweiz, den Sitz<br />

von Marché International in Kemptthal<br />

(ZH). Anita Simeon Lutz<br />

..................................................................................<br />

«<strong>Die</strong> höhere Ausnutzung<br />

des Gr<strong>und</strong>stücks wäre<br />

hilfreicher als mancher<br />

Förderungs- <strong>und</strong><br />

Subventionstopf.»<br />

..................................................................................<br />

JUSTIN HESSION<br />

«Bauen ist Teamarbeit»: Beat Kämpfen<br />

plädiert dafür, Bestehendes zu<br />

erhalten, wo es Sinn macht.<br />

sade zu installieren. <strong>Die</strong> Leitungsführung<br />

ist nicht nur eine Sache des Ingenieurs<br />

oder des Technikers, sondern<br />

muss auch im Kompetenzbereich des<br />

Architekten liegen. Um ein gutes Resultat<br />

zu erreichen, müssen Fachplaner<br />

<strong>und</strong> Spezialisten von Beginn weg<br />

involviert werden. Das alte hierarchische<br />

System, in <strong>dem</strong> die Ingenieure<br />

die Fehler der Architekten noch ausbügeln<br />

oder zurechtbiegen mussten,<br />

ist überholt. Bauen ist Teamarbeit.<br />

Wie beurteilen Sie die Voraussetzungen<br />

für ein energieeffizientes Umbauen in<br />

der Schweiz?<br />

Wenn wir die Ziele der 2000-Watt-<br />

Gesellschaft erreichen wollen, dann<br />

bedarf es auch baugesetzlicher Änderungen.<br />

Ich plädiere für ein Bonus-<br />

System, das Bauherren, welche ihre<br />

Liegenschaft im Minergie- P- oder<br />

einem ähnlichen Standard sanieren<br />

wollen, eine erhöhte Ausnutzung des<br />

Gr<strong>und</strong>stückes erlaubt. <strong>Die</strong>s wäre zur<br />

Förderung energieeffizienter Umbauten<br />

viel hilfreicher als manche Förderungs-<br />

<strong>und</strong> Subventionstöpfe, deren<br />

Inhalt man sich heute im Vorbeigehen<br />

noch holt, aber der nicht wirklich<br />

relevant ist. Auch bei den Steuerabzügen<br />

für den Unterhalt einer Liegenschaft<br />

wäre ein Umdenken nötig.<br />

Heute ist es oft so, dass Ende September<br />

oft noch ein bisschen Geld auf<br />

den Rückstellungskonti liegt, das bis<br />

Ende Jahr noch verbaut werden soll,<br />

um die Ausgaben von den Steuern<br />

abziehen zu können. <strong>Die</strong>s fördert jedoch<br />

Basteleingriffe <strong>und</strong> Etappierungen,<br />

die für die Qualität der Umbauten<br />

nicht gerade dienlich sind.<br />

Interview: Anita Simeon Lutz

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