berlin – brandenburg - Lilienthaler Online
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Endlich Start frei für<br />
Lilienthal-Zentrum in Stölln am ältesten Flugplatz der Welt<br />
Fotos: Jonny Dorf<br />
Am 29. Januar 2009 überreichte Brandenburgs<br />
Agrar- und Umweltstaatssekretär<br />
Dietmar Schulze dem Otto-Lilienthal-Verein<br />
Stölln e. V einen Fördermittelbescheid<br />
in Höhe von 1,36 Mio Euro zum Umbau der<br />
„Alten Brennerei“ in Stölln zum Lilienthal-<br />
Zentrum. Nur die, die dabei gewesen sind,<br />
wissen wirklich zu schätzen, was sich hinter<br />
dieser sachlichen Mitteilung verbirgt.<br />
Ganz am Anfang stehen die Stöllner selbst,<br />
die sich eigentlich schon seit langem darüber<br />
einig sind, von welch großer historischer Bedeutung<br />
Lilienthals erste erfolgreiche Gleitflüge<br />
mit selbst gebauten Flugzeugen auf dem<br />
Gollenberg bei Stölln für die Menschheit sind.<br />
Das Lilienthalfest um den 9. August (Tag des<br />
tödlichen Absturzes von Otto Lilienthal) wurde<br />
hier schon gefeiert, als in Deutschland noch<br />
wenigen bewusst war, dass hier die Wiege der<br />
Luftfahrt steht. Mit der Entwicklung des Luftsports<br />
auf dem ältesten Flugplatz der Welt,<br />
der Landung der IL 62 in Stölln, die als Flugzeugmuseum<br />
und Standesamt mit dem Namen<br />
„Lady Agnes“ (Agnes hieß die Frau von Otto<br />
Lilienthal) jährlich Tausende Besucher anzieht<br />
und der Anlage und Pflege von Gedenkstätten<br />
am Gollenberg hat sich die kleine Gemeinde<br />
den Namen „Otto Lilienthal“ redlich verdient.<br />
Richtige Unterstützung „von außen“ kam 1990<br />
mit der Gründung des Otto-Lilienthal-Vereins<br />
e.V. In diesem Verein bemühen sich neben Historikern<br />
und Wissenschaftlern Kommunalpolitiker<br />
vom Havelland, die Bürgermeisterin von<br />
Stölln und nicht zuletzt erfahrene Flieger des<br />
FSV „Otto Lilienthal“ Stölln/Rhinow e.V. sowie<br />
Vertreter des Luftsportlandesverbandes Brandenburg<br />
e. V. darum, dass endlich Lilienthals<br />
Erbe und Vermächtnis so beachtet und anerkannt<br />
wird, wie es ihm gebührt. Prof. Dr. Wolfgang<br />
Nitsche vom Institut für Aerodynamik der<br />
TU Berlin ahnte bei seinem Umzug nach Stölln<br />
noch nicht, wo er da gelandet war und ist heute<br />
mit 8 Jahren Zugehörigkeit eines der langjährigsten<br />
und sicher auch, was die Kenntnis der<br />
Luftfahrt betrifft, erfahrensten Mitglieder des<br />
Vereins. Aber inzwischen haben sich alle Vereinsmitglieder,<br />
egal aus welchem beruflichen<br />
Umfeld, zu Lilienthalspezialisten entwickelt.<br />
Der Vereinsvorsitzende Horst Schwenzer, der<br />
über die Kommunalpolitik zum Verein kam, lebt<br />
förmlich für den Verein und dessen Anliegen.<br />
Es ist vor allem dem außerordentlichen Engagement<br />
und der großen Hartnäckigkeit dieser<br />
Leute zu verdanken, dass es endlich gelungen<br />
ist, auch die Landesregierung davon zu überzeugen,<br />
dass Brandenburg als Wiege der Luftfahrt<br />
seine besondere Verantwortung für Stölln<br />
wahrnehmen muss.<br />
Die Gaststätte „Zum 1. Flieger“, in der schon<br />
Otto Lilienthal Quartier nahm, war schon immer<br />
ein guter Treffpunkt traditionsbewusster<br />
Besucher gewesen. Und deshalb war dieses<br />
Restaurant in Stölln auch eine würdige Stätte<br />
zur Übergabe des Fördermittel-Bescheids.<br />
Heinz Schulz<br />
Im Rahmen der Veranstaltung kam es zu regen<br />
Gesprächen mit Piloten, deren fliegerische<br />
Laufbahn aufs engste mit Stölln verbunden ist,<br />
darunter Heinz Schulz, der 50 Jahre lang Segelflieger<br />
ausbildete, seit 1952 auf dem Flugplatz<br />
in Stölln aktiv war und ihn von 1956 bis<br />
1982 leitete, und Klaus Reinhardt, ebenfalls<br />
lange Fluglehrer und Funktionär im Verein in<br />
Stölln. Dazu kam Rudolf Tkotz, der in Stölln<br />
lebt und sich wie die beiden Piloten an vieles<br />
gut erinnert, was die Stöllner schon für ihren<br />
Otto Lilienthal auf die Beine gebracht haben,<br />
wie sie z. B. den 1. Mai lieber zum Ausbau der<br />
Gaststätte „Zum 1. Flieger“ nutzten, als dem<br />
Aufruf zur Demonstration zu folgen. Jeder<br />
von ihnen hat inzwischen selbst ein Stück Geschichte<br />
mitgeschrieben, aber auch eine Fülle<br />
von interessanten Dokumenten aus dieser Zeit<br />
gesammelt und hier und da noch etwas dazu<br />
besorgt, was älter als sie selbst ist. Wo sind die<br />
Historiker, die sich dafür interessieren, es für<br />
die Nachwelt aufzubereiten?<br />
Heinz Schulz sagte treffend: „Die eigentlichen<br />
Erben von Lilienthal sind wir Flieger. Die anderen<br />
können das Erbe nur pflegen.“ Sollen die<br />
anderen die Denkmäler setzen <strong>–</strong> bei uns geht<br />
es ums Fliegen, für das Otto Lilienthal sein<br />
Herz, seinen Verstand, viel Mut und sein Leben<br />
hergab. Manchmal wird das leider zu sehr<br />
vergessen. Daraus, so war man sich in dieser<br />
Runde einig, erwächst unsere besondere Verantwortung,<br />
uns mit dem Leben, dem Gedankengut<br />
und den Idealen Lilienthals vertraut zu<br />
machen und es an unsere Kinder und Enkel<br />
zu vermitteln. Und daraus ergibt sich auch die<br />
Notwendigkeit, die einzubeziehen, die heute<br />
auf dem ältesten Flugplatz der Welt das Fliegen<br />
lehren.<br />
Alte Brennerei<br />
Das Lilienthalzentrum soll das Gedankengut<br />
der Brüder Otto und Gustav Lilienthal auch für<br />
die nachfolgenden Generationen bewahren<br />
und anschaulich machen. Geschichte zum Anfassen,<br />
aber auch erlebte Wissenschaft vom<br />
Fliegen sollen hier geboten werden. Die Besucher<br />
werden angeregt, durch Experimente und<br />
Bastelarbeiten zu verstehen, worin die Kunst<br />
des Fliegens besteht und welche Voraussetzungen<br />
dazu notwendig sind. Damit wird der<br />
museale Charakter des Zentrums ganz im<br />
Sinne der Gebrüder Lilienthal ergänzt, die nicht<br />
nur beeindruckende Vorträge, Schriften und<br />
Zeichnungen zum Thema Menschenflug verfassten,<br />
sondern auch pädagogisches Spielzeug,<br />
unter anderem einen Steinbaukasten,<br />
der heute noch im Angebot ist, herstellten,<br />
weil sie erkannten, wie nachhaltig eigene praktische<br />
Erfahrungen für die Aneignung und Anwendung<br />
von Wissen sind.<br />
Ingrid Fritz und<br />
Jonny Dorf<br />
10<br />
De r Li l i e n t h a l e r 1/2009