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Hin und wieder zurück! Mit der AWO zum Nordkap - R. Nawrath

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<strong>Hin</strong> <strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> zurück!<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

Reiseaufzeichnungen von Bernd Richter<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>p<br />

„Eins <strong>der</strong> größten Abenteuer meines<br />

bisherigen Lenbens liegt nun nicht<br />

allzufern hinter mir <strong>und</strong> ich möchte mich<br />

bemühen alles erlebte zeitnah<br />

festzuhalten.“


VORWORT<br />

Eins <strong>der</strong> größten Abenteuer meines bisherigen Lebens<br />

liegt nun nicht allzufern hinter mir <strong>und</strong> ich möchte<br />

mich bemühen, alles erlebte zeitnah festzuhalten.<br />

Am wichtigsten ist, <strong>wie<strong>der</strong></strong> zu Hause angekommen<br />

zu sein.<br />

Ich habe oft in Gesprächen über mein Ziel berichtigen<br />

müßen; mein Ziel ist, zu Hause anzukommen,<br />

Wendepunkt ist das <strong>Nordkap</strong>. Damit ich die Strecke<br />

bewältigen <strong>und</strong> dieses Ziel erreichen konnte, mußten<br />

so einige technische, menschliche <strong>und</strong> organisatorische<br />

Hürden gemeistert werden. Darum möchte ich<br />

als erstes den Menschen danken, die mich unterstützt<br />

haben.<br />

Meine liebe Anja, Lukas, Lina, Leni, meine Eltern<br />

<strong>und</strong> Geschwister mit Familien, Daniel <strong>und</strong> Claudia,<br />

Andre´, Romy <strong>und</strong> Nick, Herr Ludvig L., Andreas <strong>und</strong><br />

Conny, Reidar, Anny <strong>und</strong> Oddm<strong>und</strong>, Roland <strong>und</strong> Assar<br />

Rene´ (Mopedprinz) für herausragenden technischen<br />

Support, die Bereitstellung absolut standfester<br />

Antriebstechnik <strong>und</strong> viele dankend an- <strong>und</strong> aufgenommene<br />

Lektionen zu <strong>AWO</strong> - technischen Belangen,<br />

die wesentlich <strong>zum</strong> besseren Verständnis <strong>der</strong><br />

Materie sowie <strong>zum</strong> Beginn einer neuen Fre<strong>und</strong>schaft<br />

beigetragen haben<br />

Nicht zuletzt den 2011er Deutschland - Tourern für<br />

die Inspiration <strong>und</strong> den Leuten vom Nie<strong>der</strong>barnimer<br />

<strong>AWO</strong>- Stammtisch für einen ganz beson<strong>der</strong>en Höhenpunkt<br />

<strong>der</strong> Reise ( euer tolles Treffen ) noch kurz<br />

vor dem Ziel.<br />

Auch alle an<strong>der</strong>en, die mich bestärkt <strong>und</strong> gute Worte<br />

für das Vorhaben gef<strong>und</strong>en haben sollen nicht vergessen<br />

sein!<br />

Familienabschied<br />

DER PLAN<br />

Eine Reise <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong> <strong>und</strong> natürlich zurück mit<br />

dem Motorrad zu unternehmen. Recht schnell wurde<br />

im Kopf „Eine Reise <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong> mit <strong>der</strong> <strong>AWO</strong>“.<br />

gerüstet<br />

ERSTER GEDANKE<br />

Nach <strong>der</strong> gespannten Verfolgung <strong>der</strong> Deutschlandtour<br />

einiger <strong>AWO</strong> - Forumsmitglie<strong>der</strong> mit weit über<br />

2000 km setzte sich <strong>der</strong> Gedanke, selbst einmal so<br />

eine lange Reise zu bewältigen fest <strong>und</strong> ließ mich<br />

nicht mehr los.<br />

Nach dem 15. <strong>AWO</strong> - Treffen in Danewitz 2011 <strong>und</strong><br />

dem Motorschaden bei <strong>der</strong> Heimreise stand einerseits<br />

sowieso eine komplette Motorregeneration an,<br />

an<strong>der</strong>erseits hatten die Erzählungen <strong>der</strong> Langstreckenfahrer<br />

meine Gedanken noch mehr untermauert.<br />

Es folgten längere Gespräche mit Anja, die dann<br />

<strong>Mit</strong>leid mit mir hatte <strong>und</strong> schließlich zustimmte, ( das<br />

werde ich dir nie vergessen ) sowie mit den Eltern<br />

<strong>und</strong> dem Rest <strong>der</strong> Familie.<br />

2 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


BEGINN DER VORBEREITUNGEN<br />

Erste, von mir etwas unbeholfene Telefonate mit<br />

Rene´ „Mopedprinz“ <strong>Nawrath</strong> vom Trekker aus. Es<br />

geht um technische Machbarkeit: allein, mit <strong>AWO</strong><br />

<strong>und</strong> Beiwagen + Ersatzteile an Board.<br />

Ergebnis : machbar !<br />

Voraussetztung : Motor, Getriebe <strong>und</strong> Kardan<br />

instandgesetzt., Rest <strong>der</strong> Maschine in gutem technischen<br />

Zustand<br />

Die Instandsetzung erfolgte durch Rene´.<br />

Im September 2011 holten Anja <strong>und</strong> ich den Motor<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> ab.Bei <strong>der</strong> ersten Probefahrt klemmte das<br />

Auslassventil. Nach Telefonat mit Rene´ lud ich die<br />

komplette <strong>AWO</strong> in den Espace <strong>und</strong> fuhr nach Reinsdorf.<br />

Er nahm sich fast einen ganzen Tag Zeit für<br />

mich.<br />

„Alles hat sein gutes.“ Dieser Spruch trifft hier<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> voll ins Schwarze. Denn hätte das Ventil<br />

nicht gehangen, hätten wir auch nicht nochmals<br />

die Zuganker kontrolliert <strong>und</strong> dabei bemerkt, daß<br />

einer sich aus dem Block gelöst hatte <strong>und</strong> es sicher<br />

irgendwann während <strong>der</strong> Fahrt <strong>zum</strong> Ausfall gekommen<br />

wäre.<br />

Es folgten 500 km Einfahrphase ohne Beiwagen.<br />

Danach wurde <strong>der</strong> dieser angebaut.<br />

Die letzte große Prober<strong>und</strong>e am 13.11.2011 führte<br />

mich erneut nach Reinsdorf. Die Beladung glich <strong>der</strong><br />

im fertigen Reisezustand schon sehr ( Ersatzmotor,<br />

Werkzeug, warmer Tee usw. ).<br />

Start war 7:30 bei -2°C. Die von Anja „verschriebenen“<br />

Klamotten bewährten sich bei -2 bis -5°C. Die<br />

Eiskruste am Brillenrand <strong>und</strong> Beiwagenreling blieb<br />

bis zur Ankunft zu Hause dran :-) . Schwachstelle:<br />

Kalte Füße ! Gefahren bin ich ca. 500 km mit Abstecher<br />

<strong>zum</strong> Wroebe. Das ganze passierte bei ca.<br />

4-5 l/100km Verbrauch <strong>und</strong> 70 bis 80 km/h Reisegeschwindigkeit<br />

ohne größere Anstrengungen <strong>und</strong><br />

Sitzprobleme. So stelle ich mir reisen vor.<br />

Zur Routenplanung entschloß ich mich nach Karte<br />

zu fahren. Per Hand wurden die Seiten ausgesucht,<br />

eingescannt <strong>und</strong> ausgedruckt, Der Weg wurde<br />

eingezeichnet <strong>und</strong> anschließend wasserdicht einlaminiert.<br />

Das ganze war etwas mühsam, aber ich fand es toll,<br />

sich in Gedanken schon mit <strong>der</strong> Strecke vertraut zu<br />

machen. Außerdem „ Navi? No way!<br />

Ein weiteres Problem war, meine eigene Vorfreude<br />

im Zaum zu halten <strong>und</strong> nicht ständig nur davon zu<br />

erzählen. Also versuchte ich mich zurückzuhalten,<br />

um die an<strong>der</strong>en, beson<strong>der</strong>s Anja <strong>und</strong> Mutti nicht zu<br />

sehr zu nerven bzw. zu ängstigen. Das gelang mir<br />

manchmal glaube ich nicht so gut :-\<br />

<strong>Mit</strong>tlerweile war auch das Zelt <strong>und</strong> die Isomatte,<br />

sowie einiges an<strong>der</strong>e an Utensilien gekauft.<br />

Bei den Arbeiten am Gespann stellten wir fest , daß<br />

einiges an den Rä<strong>der</strong>n zu tun war. Die Beiwagenfelge<br />

war Schrott, <strong>der</strong> Lack schlecht <strong>und</strong> die Speichen<br />

problematisch. Daniel half ( wie so oft ) mit<br />

einer guten Felge aus. Die Die Lackierung übernahmen<br />

Friedrichs <strong>und</strong> es wurde sehr gut !<br />

März 2012<br />

Der Reservemotor hat sicher verschraubt im Beiwagen<br />

Platz genommen <strong>und</strong> zwar so, daß ich noch die<br />

Spitze des Boots mit Sachen füllen kann.<br />

April 2012<br />

07.04.2012 Ostersamstag mit Schneefällen.<br />

14.04.2012 Endlich kamen die frisch eingespeichten<br />

Felgen von Torsten Dietel an.<br />

18.04.2012 Einbau des Ersatzmotors. Dieser sprang<br />

sofort an, lief ruhig <strong>und</strong> fuhr gut. Bei abgebautem<br />

Beiwagen dauerte <strong>der</strong> Motorwechsel 1h 45min. Seit<br />

die Rä<strong>der</strong> neu <strong>und</strong> die Schrottfelge weg war, lief das<br />

Gespann sehr ruhig <strong>und</strong> ohne Vibrationen.<br />

Nach 250 km stellten sich Probleme beim Reservemotor<br />

ein, die trotz mehrerer eher laienhafter Versuche<br />

meinerseits nicht beseitigt werden konnten.<br />

Mai 2012<br />

18.05.2012 Der „Retter“ naht. Rene´ kam zu Besuch<br />

<strong>und</strong> wir stellten gemeinsam Zündung <strong>und</strong> Vergaser<br />

ein. Der Vergaser wurde komplett überholt. Probefahrt:<br />

läuft ! (na klar was sonst ;-) )<br />

21.05.2012 Die Getriebeeingangswelle war leicht<br />

<strong>und</strong>icht geworden <strong>und</strong> so tauschte ich noch den<br />

WeDi-Ring, als ich das Getriebe sowieso wegen<br />

dem Rücktausch <strong>der</strong> Motoren draußen hatte. Öle<br />

wurden auch gleich komplett gewechselt.<br />

25.05.2012 Es wurde langsam spannend. Ich packte<br />

alles zusammen...<br />

Und los geht’s...<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

3


TAG 1<br />

Deutschland möchte ich auf dem kurzen Wege<br />

durchqueren, also Autobahn.<br />

Bis Niesky, dann auf die B115 <strong>und</strong> ab Roggosen<br />

auf die A15. Unterwegs lege ich mehrere Stopps<br />

ein. Mal nach den Speichen gucken, Kerzengesicht<br />

usw.. Dann auf die A13 <strong>und</strong> bei regem Verkehr,<br />

aber ohne Stau durch Berlin durch. Der Gegenwind<br />

verstärkt sich hinter Berlin <strong>und</strong> ich hänge mich hinter<br />

einen polnischen LKW <strong>der</strong> bestimmt 100 km mit 80<br />

vor mir her fährt <strong>und</strong> ich lasse mich ziehen. Erholsam<br />

für die <strong>AWO</strong>, aber ich muß mehr mit Verwirbelungen<br />

kämpfen <strong>und</strong> aufpassen. Auf <strong>der</strong> A10 fl iegt<br />

die Zeit dahin <strong>und</strong> schon fahren wir in Hamburg ein.<br />

Ab durch die City. <strong>Mit</strong>tendrin geht die Ladekontrolle<br />

an. Limadeckel ab <strong>und</strong> gucken. Aber es ist nichts zu<br />

fi nden, die Ladekontrolle geht jedoch <strong>wie<strong>der</strong></strong> aus.<br />

Währenddessen spreche ich kurz mit einem Skateboardfahrer,<br />

<strong>der</strong> auch ein Motorrad hat <strong>und</strong> gerade<br />

Zeit <strong>zum</strong> quatschen. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit<br />

bis <strong>der</strong> Molloch hinter uns kleiner wird.<br />

Noch ein paar km bis <strong>zum</strong> Etappenziel für heute.<br />

Das so schon fl ache Land wird noch fl acher <strong>und</strong> es<br />

riecht verdächtig nach Meer, hmmmm. Letzte Hürde<br />

NOK ( Nord – Ostsee – Kanal ). Ich montiere meine<br />

selbstausgedachte Helmkamerahalterung, nur um<br />

auf halbem Wege nach oben festzustellen, daß ich<br />

vergessen hab, sie anzuschalten :-\ . Die Halterung<br />

bewährt sich nicht, zu schwierig einzustellen <strong>und</strong><br />

man muß auch dorthin gucken, wo man fi lmen will.<br />

Aber wie will man links fi lmen <strong>und</strong> geradeaus gucken<br />

.... also <strong>zum</strong> fi lmen Knipse in die Hand. Die<br />

Einfahrt nach Friedrichskoog endet mit einer fröhlichen<br />

Romy die mir zuwinkt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verschönerung<br />

des Beiwagenkotfl ügels unter zu Hilfenahme von<br />

Nick´s <strong>und</strong> Romy´s Gartenzaun :-\ . Der Quotenunfall<br />

mit grüner Beule wäre also auch erledigt. Ein<br />

von mir eilig angebotenes Gümmibärchen nimmt<br />

Romy erst an, als es runtergefallen ist. - Merke:<br />

Man kann auch runtergefallene Sachen noch essen!<br />

An diese Episode werde ich ab jetzt für den Rest<br />

meines Lebens <strong>und</strong> immer, wenn ich was runtergefallenes<br />

esse, gerne zurückdenken!<br />

Noch schnell den kleinen Service machen, Öl auffüllen,<br />

r<strong>und</strong>herum gucken <strong>und</strong> kontrollieren. Zudecken.<br />

Fertig.<br />

Es folgen sehr nette ( wie immer ) St<strong>und</strong>en bei<br />

Schnack <strong>und</strong> lecker gegrilltem, sowie eine kurze<br />

Nacht.<br />

TAG 2<br />

31.05.2012 (584 km)<br />

Ich starte gut „gefüttert <strong>und</strong> gewässert“ um 8:00<br />

Richtung Husum <strong>und</strong> Flensburg <strong>und</strong> steure somit<br />

auf die erste Grenze zu. Eine frische Brise begleitet<br />

mich, die ab Höhe Kolding in DK dann endlich<br />

von hinten etwas schiebt. So fährt es sich erheblich<br />

leichter. Heute werden die Brücken „erklommen“.<br />

Zuerst <strong>der</strong> große Belt <strong>und</strong> dann <strong>der</strong> Öres<strong>und</strong>.. Für<br />

mich zweimal ein spektakuläres Ereignis mit leicht<br />

mulmigem Gefühl wegen dem Wind <strong>und</strong>... wisst ihr<br />

eigentlich, wie schieten hoch diese Brücken sind ?<br />

Unvergesslich.<br />

Und das mit <strong>der</strong> <strong>AWO</strong>. Ich zahle 2 mal jeweils um<br />

die 160 Dänische Kronen <strong>und</strong> freue mich, kein<br />

Wohnmobil zu fahren. Nicht nur weil das unheimlich<br />

viel teurer ist als Motorrad. Unterwegs in Schweden<br />

halte ich an einer Tanke einen sehr netten Plausch<br />

mit nem böse dreinblickenden Rocker, dessen<br />

Gesichtszüge sich schnell lockern, als er die <strong>AWO</strong><br />

, meinen „Eisbrecher“ sieht. Ruckzuck sind 10 min<br />

verquatscht (Motorrä<strong>der</strong>, Wetter, Reiseziel, Strecke<br />

bis Oslo). Oberhalb von Helsingborg nehme<br />

ich Kurs auf Ängelholm, um mir ein Nachtlager zu<br />

suchen. Nach einigem suchen mache ich Halt auf<br />

einem Zeltplatz, baue den Beiwagenkardan ein <strong>und</strong><br />

mache den täglichen Check. Die ersten Mücken<br />

sind da <strong>und</strong> zwei Fahrradfahrerinnen mit ihren H<strong>und</strong>en.<br />

Ich gehe <strong>zum</strong> Strand <strong>und</strong> sehe, dort werde ich<br />

schlafen. Also zurück <strong>zum</strong> Zeltplatz, <strong>AWO</strong> schnappen<br />

<strong>und</strong> DIREKT an den Strand. Der Weg über die<br />

Düne ist mit Holz ausgelegt <strong>und</strong> so kann man fahren.<br />

Ein Traum. Und wie Thomas D. Singen würde:<br />

„...ein Tag am Meeeeer...“. Ich schlafe auf <strong>der</strong> Lee<br />

– Seite <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> .<br />

<strong>Mit</strong>ten in <strong>der</strong> Nacht quatscht mich ein Chinese aus<br />

dem Schlaf; mit lautem Hi, Hi <strong>und</strong> seinem „Eifon“ vor<br />

meinem Gesicht fuchtelnd ?!?!<br />

„What you do here?“ > „sleeping“<br />

„Where you from?“ > „Germany“<br />

„I here tent sleeping! See you next time.“<br />

<strong>und</strong> verschwindet hinter <strong>der</strong> Düne. Verrückt !<br />

4 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


TAG 3<br />

01.06.2012 (486 km) Start 6:30 von Ängelholm<br />

nach Vestby<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

4:30 erwache ich <strong>und</strong> erlebe einen tollen Sonnenaufgang<br />

. Es gibt auch eine Dusche am Strand, die<br />

zwar kalt ist, aber meine Lebensgeister zuverlässig<br />

weckt. Danach gibt es lecker Im Nu vom Benzinkocher<br />

<strong>und</strong> friedliche Minuten am Meer. Zusammenpacken<br />

<strong>und</strong> los. Meine Geschwindigkeit pendelt sich<br />

zwischen 60 <strong>und</strong> 70 km/h ein <strong>und</strong> das fühlt sich besser<br />

an, als sich bei den jetzt häufi geren Steigungen<br />

mit gequälten 80 Sachen fortzubewegen. Allerdings<br />

sinkt auch die schaffbare Strecke. Das ist mir aber<br />

nicht so wichtig.<br />

Morgens wird wohl meine liebste Zeit <strong>zum</strong> fahren,<br />

wenn die Natur erwacht <strong>und</strong> noch wenig Verkehr<br />

ist. Durch w<strong>und</strong>erschöne Landschaften mit sanften<br />

Hügeln, sattem Grün <strong>und</strong> roten Höfen geht es Richtung<br />

norwegische Grenze. Ein letztes Mal tanke ich<br />

in Schweden in einem Shoppingcenter bei Nordby.<br />

Dort genieße ich mein Teechen <strong>und</strong> paar Kekse<br />

bei herrlich wärmendem Sonnenscheinlich. An <strong>der</strong><br />

Grenze sagt mir <strong>der</strong> Beamte, daß Motorradfahrer<br />

an vielen Stellen keine Maut zahlen müßen <strong>und</strong> ein<br />

paar Zöllner winken mich lächelnd durch die Kontrolle.<br />

Das fahren macht super Spaß, seit ich mich<br />

richtig anziehe ( Halswärmer ). Dann die erste Regenfahrt:<br />

die Kleidung bewährt sich , aber lei<strong>der</strong> verliere<br />

ich die Überhandschuhe. Hab ja noch ein paar<br />

mit, aber die sind schwer anzuziehen <strong>und</strong> naja...<br />

unhandlich. In Vestby steuere ich einen Hüttenplatz<br />

an. Für 450NOK gibt’s ein sehr sauberes Zimmer<br />

mit gutem Bett <strong>und</strong> Dusche auf dem Gang. Trotz<br />

dem Regen hab ich einen leichten Sonnenbrand auf<br />

<strong>der</strong> Nase <strong>und</strong> leichtes Brummen in den Ohren. Nun<br />

noch Öl auffüllen, duschen <strong>und</strong> ins Bett.<br />

TAG 4<br />

02.06.2012 (277 km) Start 7:30 Vestby, Oslo, Honefoss,<br />

Nores<strong>und</strong>, Nesbyen, Gol, Al<br />

Nach einer sehr ruhigen Nacht in einem sehr guten<br />

Bett mit netten polnischen Leuten im Nachbarzimmer,<br />

die wohl eine Knobi – Fete hatten, trete ich bei<br />

ca. 7°C <strong>und</strong> herrlicher Sonne meinen Weg Richtung<br />

Oslo an. Der Schlüssel fürs Zimmer mitsamt<br />

einem Dankzettel für das gute Bett landet in einer<br />

Art „Schlüsselrückgabebriefkasten des Vertrauens“.<br />

Mein Tacho fängt an zu spinnen, doch nach kurzer<br />

Zeit mag er <strong>wie<strong>der</strong></strong> richtig funktionieren. Oslo durchfahre<br />

ich bei Kaiserwetter, wenns auch etwas frisch<br />

erscheint. Nach einer Tunneldurchfahrt öffnet sich<br />

das Land <strong>und</strong> ich sehe, jetzt beginnt das richtige<br />

Norwegen. Und schon wird <strong>der</strong> 3. Gang etwas öfter<br />

gebraucht.<br />

Mich friert etwas bis zu einer Tankstelle. Dort gerate<br />

ich bei heißem Kakao <strong>und</strong> einem „Aunt Mabels“<br />

Muffi n mit Schokostückchen mit den beiden sehr<br />

netten Leuten an <strong>der</strong> Kasse gleich ins Gespräch.<br />

Eine viertel St<strong>und</strong>e später gehe ich glücklich, munter,<br />

satt <strong>und</strong> warm zu meinem Gespann <strong>und</strong> nach einem<br />

Kick knattern wir weiter, Zwischendurch fällt mir<br />

auf, daß mein Beanie (Mütze) weg ist <strong>und</strong> ich kaufe<br />

mir in Nores<strong>und</strong> nach <strong>der</strong> ersten Bedienung einer<br />

Minibank (Geldautomat) eine neue <strong>und</strong> ein paar<br />

Schlappen. Auch hier ist die Bedienung äußerst nett<br />

<strong>und</strong> fröhlich <strong>und</strong> freut sich über mein „tusen takk“.<br />

Beim nächsten Halt schmeiße ich mein viel zu wohlwollendes<br />

Thermometer ( zeigt bei 5°C super optimistische<br />

15°C an, ich frier mir mit unangemessenen<br />

Klamotten einen ab <strong>und</strong> denke was ich für ein<br />

Schlappi bin ) weg <strong>und</strong> kaufe mir ein norwegisches,<br />

das nachher auch noch in Deutschland richtig geht.<br />

Auch hier gibt’s sofort kostenlos nette Gespräche<br />

mit <strong>der</strong> Kassiererin die auch meint , es wäre bissl<br />

kühl <strong>zum</strong> Motorrad fahren, als ich erzähle, daß mein<br />

altes Thermometer mich belügt.<br />

Alle sind so nett hier, egal wo !<br />

In Gol Richtung Laerdal biege ich falsch ab <strong>und</strong><br />

komme in den Genuß einer ganz tollen Aussicht<br />

beim befahren des Schleichweges zurück zur<br />

richtigen Strecke. Beim Halt an einer Kirche sehe<br />

ich Autos, die auch da halten, <strong>und</strong> eine ganz toll<br />

in Trachten gewandete Dame steigt aus. Das sieht<br />

nach Hochzeit aus, also schnell los, um nicht zu<br />

5


stören.<br />

In Al spricht mich Herr Ludvig Lindemann an. Ein<br />

kurzer Plausch <strong>und</strong> er fragt mich, ob ich ihm helfen<br />

könne, etwas Holz abzuladen. Ich bejahe, er holt<br />

etwas zu essen im KIWI – Markt <strong>und</strong> dann folge ich<br />

ihm. Nach 2 min. geht es einen Schotterweg steil<br />

bergauf, den ich im 1. Gang nur mit Anlauf schaffe.<br />

Wir laden Holz von einem sehr alten Lufta ( Holzhaus<br />

) ab <strong>und</strong> er läd mich in sein „Häuschen“ ein.<br />

Wir essen <strong>und</strong> trinken ( Wasser aus einer jahrh<strong>und</strong>erte<br />

alten Quelle die absolut keimfrei <strong>und</strong> zudem<br />

noch sehr schmackhaft ist ) zusammen <strong>und</strong> er<br />

meint, ich könne hier für eine Nacht o<strong>der</strong> so lange<br />

ich möchte bleiben. Das wichtigste wäre, den Wasserhahn<br />

ordentlich zuzudrehen. Nach einer St<strong>und</strong>e<br />

verabschiedet er sich höfl ich mit vielen Wünschen<br />

<strong>und</strong> fährt zurück zu seiner Frau. Nun sitze ich hier<br />

allein mit 2 alten Holzhäusern auf <strong>der</strong> Veranda,<br />

genieße das Hallingdal von seiner schönsten Stelle<br />

aus <strong>und</strong> bin völlig Baff über soviel entgegengebrachtes<br />

Vertrauen <strong>und</strong> ungezwungene Fre<strong>und</strong>lichkeit<br />

<strong>und</strong> mit <strong>der</strong> Garantie, <strong>wie<strong>der</strong></strong> her kommen zu<br />

dürfen. „<strong>Mit</strong> meiner Braut“: wie er meint.<br />

Bei 8°C fallen ein paar Schneefl öckchen, die Quelle<br />

sprudelt, Schafe weiden unterhalb <strong>und</strong> auf <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite stürzt ein Wasserfall ins Tal, während<br />

ich Öl kontrolliere <strong>und</strong> den rechten Stoßdämpfer an<br />

<strong>der</strong> unteren Aufnahme repariere. Wahrscheinlich ist<br />

das hier die Servicestation mit dem besten Ausblick<br />

im ganzen Hallingdal. Nach einer Dusche liege ich<br />

im Bett <strong>und</strong> höre Max Rabe bis nach 3 min. <strong>der</strong><br />

Tiefschlaf einsetzt.<br />

Cut – Was nützt das beste Handtelefon, wenn die<br />

SIM – Karte kaputt ist ? -<br />

TECHNISCHES:<br />

- Stoßdämpfer hinten rechts unteres Auge, Gummi<br />

repariert<br />

- Ventilspiel geprüft ... ok<br />

- Steuergehäusedeckel nachgezogen<br />

TAG 5<br />

03.06.2012 (378km) Start 6:30 Al, Aurlandsvangen,<br />

Laerdalsoyri, Ovre Ardal, Turtagro, Juvvashytta,<br />

Lom, Grotli<br />

Ein toller Reisetag mit schwierigen Passagen bricht<br />

an. Nach einem sehr frühen, gemütlichen <strong>und</strong><br />

ausgiebigen Frühstück mit Quellwasser, Kaviar <strong>und</strong><br />

Brot hinterlasse ich den mir überlassenen Bauernhof<br />

ohne Spuren zu hinterlassen in Richtung Aurlandsvangen.<br />

Auf dem Aurlandsvegen will ich fahren, <strong>der</strong> nicht<br />

ohne Gr<strong>und</strong> „Eisweg“ genannt wird. Vom lieblichen<br />

Hallingdal fahre ich hinauf in eine an<strong>der</strong>e Welt.<br />

Zugefrorene Seen, nicht nur die Bergspitzen sind<br />

schneebedeckt , ein scharfer Wind pfeift um die<br />

Nase <strong>und</strong> das Beste: für 90 km keine Menschenseele<br />

weit <strong>und</strong> breit. Ich hab das alles für mich. In<br />

<strong>der</strong> <strong>Mit</strong>te geht das Benzin aus <strong>und</strong> <strong>der</strong> Resevekanister<br />

kommt <strong>zum</strong> Einsatz. Es schneit bei 3 bis 5°C.<br />

Mir ist nicht kalt.<br />

Heute muß auch <strong>der</strong> 2. Gang ab <strong>und</strong> zu etwas tun.<br />

Kurz vor einem Tunnel überholt mich ein Bus mit<br />

Japanern.<br />

Wenns hoch geht, geht’s auch <strong>wie<strong>der</strong></strong> runter. Steile<br />

Serpentinen mit Tunneln die im inneren schlecht<br />

ausgeleuchtete 90° Kurven haben, sind schon<br />

etwas abenteuerlich, wenn auch imposant. Vom<br />

Tal aus sieht man die Straße gar nicht. An einem<br />

Aussichtspunkt halte ich <strong>und</strong> treffe den Bus <strong>wie<strong>der</strong></strong>,<br />

<strong>der</strong> gerade losfährt. Plötzlich schreit es aus einem<br />

Busch . Der Bus stoppt nach ein paar Metern... fast<br />

einen vergessen!<br />

Im schönen Aurlandsvangen tanke ich <strong>und</strong> telefoniere<br />

mit kurz Anja via Festnetz um den SIM – Karten<br />

– defekt zu berichten. Jetzt geht’s ab, in das<br />

längste Straßentunnel <strong>der</strong> Welt. Das Laerdalstunnel<br />

misst über 24 km Länge. Das ist verdammt viel <strong>und</strong><br />

eigentlich eintönig, wenn nicht 3 in Fels gehauene<br />

Hallen, die mit blauem <strong>und</strong> orangenen Licht ausgleuchtet<br />

werden, eine Abwechslung mit „Aha - Effekt“<br />

6 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


ieten würden.<br />

In <strong>der</strong> letzten <strong>der</strong> drei Hallen halte ich verbotenerweise<br />

trotzdem heimlich an, hinterlasse ein klitzekleines<br />

Tag, mache paar Fotos <strong>und</strong> staune über die<br />

unheimliche Akustik im Tunnel. Die Autos schieben<br />

förmlich die Schallwellen durch die Röhre vor sich<br />

her. Diese entfalten sich in den Hallen <strong>und</strong> hören<br />

sich noch imposanter an. Man glaubt ein Lkw<br />

kommt angesaust, <strong>und</strong> bereitet sich schon auf den<br />

Windstoß vor, dann kommt ein PKW nicht mal all<br />

zu schnell vorbei. Schein <strong>und</strong> Sein. Weiter geht’s ...<br />

o<strong>der</strong> doch nicht.? Beim Antreten bricht die Kickstarterfe<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Kicker bleibt unten. Recht schnell<br />

ist ein Provisorium aus einem Gummiband angebracht,<br />

das nach einigen kleinen Modifi kationen<br />

ohne Probleme bis nach Hause seinen Dienst tut.<br />

Über Laerdalsoyri fahre ich am kalt aussehenden<br />

Ardalsfjord bis Ovre Ardal. In dem kleinen, von<br />

steilen Felsen umgebenen Städtchen richte ich den<br />

Fußbremshebel. Die Schraube hat sich, absolut<br />

unüblich für die <strong>AWO</strong> selbst FEST gezogen.<br />

Schon ein paar Minuten später schlage einen <strong>der</strong><br />

steilsten Wege meiner Reise ein. Den Weg durchs<br />

Fardalen in Richtung Turtagro. Haarnadelkurven<br />

werden im ersten Gang bei vollem Lenkeinschlag<br />

bewältigt <strong>und</strong> langsam wird es mal <strong>wie<strong>der</strong></strong> Winter.<br />

Wenn man denkt, man ist oben … nene... .<br />

<strong>und</strong> packe danach alles <strong>wie<strong>der</strong></strong> zusammen.<br />

Zunächst läuft alles noch ganz passabel ( im 1.<br />

Gang ), doch <strong>der</strong> Nebel wird immer dicker <strong>und</strong> die<br />

Temperatur sackt von 12°C auf bis – 2°C ab. Kann<br />

ja nur gut für die Luftkühlung sein . Es beginnt zu<br />

schneien. Wir klettern immer weiter hinauf <strong>und</strong> um<br />

jede Kurve wird die Sicht weniger. Schätze so 5m<br />

noch. Doch das stört ja keinen großen Geist, solange<br />

kein tiefer Schnee auf <strong>der</strong> Straße ist. Schon<br />

hinter <strong>der</strong> nächsten Kurve ist es dann soweit <strong>und</strong><br />

das erste Schneefeld ist zu sehen. Anlauf <strong>und</strong> durch.<br />

Jetzt wäre Crosspelle <strong>und</strong> Seitenwagenantrieb toll.<br />

Noch einmal 20m freie Straße <strong>zum</strong> Schwung holen<br />

<strong>und</strong> dann ist Feierabend. Umdrehen <strong>und</strong> nochmal<br />

mit Schwung... keine Chance. Ich gebe auf.<br />

Schließlich soll ja nix kaputt gehen.<br />

Bei jetzt noch 2 m Sicht baue ich aus lauter Freude<br />

am Frust einen Schneemann auf die Straße <strong>und</strong><br />

mache paar Fotos, damit das auch einer glaubt. Auf<br />

dem Weg nach unten sollte es leichter gehen. Blos<br />

doof, wenn beim bremsen beide Rä<strong>der</strong> im Schnee<br />

schon rutschen <strong>und</strong> man trotzdem nicht langsamer<br />

wird. Auf Wie<strong>der</strong>sehen Galdhoppigen !<br />

Im Tal ist dann <strong>wie<strong>der</strong></strong> alles gut <strong>und</strong> ich fahre weiter<br />

nach Lom. Nach zwei kurzen Stopps <strong>zum</strong> tanken<br />

<strong>und</strong> <strong>zum</strong> gucken an einer Stabkirche biegen wir auf<br />

die Strynefjellstraße ab. Heute wird gezeltet; mitten<br />

An <strong>der</strong> Mautstation bin ich schon voll Schnee <strong>und</strong><br />

es weht. Aber die Straße ist gefräst, wenn auch <strong>zum</strong><br />

Teil mit imposanten mit 4m hohen Schneewänden.<br />

Immer weiter hinauf zieht sich die Straße, die dann<br />

übers Sognefjell bis ca 1430 m hoch führt. Manchmal<br />

denke ich, <strong>der</strong> Motor geht fest o<strong>der</strong> zieht nichtmehr<br />

richtig, denn ich komme trotz gefühlt wenig<br />

Steigung selbst im 2. Gang nur mühsam vorwärts.<br />

Dann die Aufl ösung in Form eines Warnschildes:<br />

14 % Steigung. Rechts <strong>der</strong> Straße ragen Berge bis<br />

2100m auf, links geht’s bis 1600m. Im Leirdal dagegen<br />

grüne Bäume <strong>und</strong> <strong>der</strong> Flie<strong>der</strong> blüht.<br />

Jotunheimen: Die Riesen verhüllen ihre Gesichter.<br />

In Galdesanden biege ich rechts auf den Weg zur<br />

Juvvashytta ab <strong>und</strong> fahre fast die ganze Zeit bis<br />

<strong>zum</strong> Raubergstulen im ersten Gang. Mannometer ist<br />

das steil hier. An <strong>der</strong> Schranke zahle ich Maut <strong>und</strong> …<br />

upps … die Schranke geht aber schnell <strong>wie<strong>der</strong></strong> runter.<br />

Also, … an <strong>der</strong> Schranke bezahle ich ein zweites<br />

mal Maut, sehe zu, schnell durch zu schlüpfen<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

im Fjell! Bei Grotli schlage ich an einer noch wegen<br />

Schneeverwehungen gesperrten Seitenstraße mein<br />

Zelt so auf, daß ich einen herrlichen Blick auf dieses<br />

bizarre Fleckchen Erde genießen kann, das nur auf<br />

den ersten Blick aus nicht mehr als Wasser, Stein,<br />

Schnee <strong>und</strong> Moos zu bestehen scheint. Als Abendbrot<br />

gibt’s nach dem täglichen Motorradservice<br />

feinen Fencheltee <strong>und</strong> lecker norwegisches Brot mit<br />

Salami von Onkel Reiner <strong>und</strong> Tante Claudia. Als Zugabe<br />

noch die Wärme vom Benzinkocher <strong>und</strong> diese<br />

herrliche Aussicht. Der Schnee rieselt leise aufs Zelt<br />

Ein bunter Vogel hüpft hier herum <strong>und</strong> sucht zwischen<br />

den Steinen nach Samen.<br />

TECHNISCHES:<br />

Kickerfe<strong>der</strong> gebrochen … Berndes patentierte Gummibandkickstarteraußenrückholkinematik<br />

Fußbremshebel hat sich von alleine fest gezogen<br />

Magnet <strong>und</strong> Lichtmaschine geprüft … ok<br />

7


TAG 6<br />

04.06.12 (194km) Start 7:00 Grotli, Djupvasshytta,<br />

Geiranger, Trollstigen, Andalsnes, Vistdal<br />

Ich wache gegen 4:30 auf <strong>und</strong> fühle mich unerwarteterweise<br />

schön ausgeschlafen. 1°C zeigt das<br />

Thermometer an. Es ist grau, still <strong>und</strong> friedlich hier.<br />

Nachts gab es seltsame Geräusche r<strong>und</strong> um das<br />

Zelt. Denke, irgendwelche „Viecher“.<br />

Das Frühstück schmeckt , wie wahrscheinlich immer<br />

an <strong>der</strong> frischen Luft <strong>und</strong> selbst, wenns nichts beson<strong>der</strong>es<br />

ist beson<strong>der</strong>s gut. Mein allmorgendliches<br />

Highlight ist <strong>der</strong> heiße IM NU ( Muggefugg ) mit<br />

bisschen Zucker <strong>und</strong> Kaffeeweißer. Danach packe<br />

ich in aller Ruhe zusammen, räume mein bisschen<br />

Müll weg <strong>und</strong> starte in den Tag.<br />

<strong>und</strong> mit Schnee bedeckt, so daß man nur ahnen<br />

kann, wo er ist. An <strong>der</strong> noch geschlossenen Djupvasshytta<br />

biege ich Richtung Dalsnibba ab. Mautstation!<br />

Ich zahle <strong>und</strong> fahre fl ux durch, damit die<br />

Schranke es sich nicht <strong>wie<strong>der</strong></strong> an<strong>der</strong>s überlegt. „Diesen<br />

Aussichtspunkt sollte man immer mitnehmen!“,<br />

höre ich noch so manche Stimme mit Begeisterung<br />

erzählen. Aber auch hier zeigt mir <strong>der</strong> Schnee<br />

meine Grenzen. Fast eingeklemmt zwischen gefrästen<br />

Wänden fahre ich vielleicht bis zur Hälfte<br />

um zu erkennen, hier geht’s für mich nicht weiter.<br />

20 m weiter hinter <strong>der</strong> nächsten Kurve STEHT eine<br />

riesige Schneefräse.<br />

Ich kehre um <strong>und</strong> weiter geht’s, hinein in einen<br />

Waschkessel aus Wolken, Nebel, <strong>und</strong> Schneefl o-<br />

cken. Hoffentlich fahre ich nicht an Geiranger vorbei,<br />

ohne es zu sehen! Nach einigen rasch aus dem Nebel<br />

auftauchenden <strong>und</strong> sehr engen Kurven stoßen<br />

wir durch die Wolkendecke, die das Tal überspannt<br />

<strong>und</strong>... AHA... jetzt wird mir klar, warum alle hier hin<br />

wollen.<br />

Der Blick ist wirklich grandios, genauso wie die<br />

Straße, die ins Tal führt. Jetzt kommt auch die<br />

Sonne raus <strong>und</strong> spielt mit den Wolken, die sich um<br />

die Bergspitzen tummeln. Es wird immer grüner <strong>und</strong><br />

man meint, vom Winter binnen einer halben St<strong>und</strong>e<br />

Die Wolken hängen wie Seidentücher um die Berge.<br />

Auch hier bei 1 bis 3°C ist mir komischerweise nicht<br />

kalt. Liegt vielleicht an meiner Vorfreude, wer weiß.<br />

Dann das Schild: Geiranger; Trollstigen rechts<br />

rum. Meinen Weg begleiten 2 bis 4m hohe gefräste<br />

Schneewände. Der See ( Djupvatnet ) ist zugefroren<br />

in den schönsten Frühlingstag zu fahren. Das ist<br />

viel Input , den ich erstmal verarbeiten muß. An<br />

einem Aussichtspunkt mache ich Halt <strong>und</strong> genieße.<br />

Ruhe, Fjord, Berge, Sonne, <strong>AWO</strong> <strong>und</strong> ich, hier nach<br />

8 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


ca 2700 km, Solche Bil<strong>der</strong> gehen wahrscheinlich<br />

auch nicht mehr aus dem Kopf, jedenfalls hoffe ich,<br />

daß sie lange dort bleiben.<br />

Weiter abwärts führt die Straße ins schicke Örtchen<br />

Geiranger. Im Souvenirshop kaufe ich 3 Ansichtskarten<br />

<strong>und</strong> schreibe gleich an Tine, Kati <strong>und</strong> v.<br />

Jagemanns.<br />

In einem an<strong>der</strong>en Einkaufsladen bekomme ich eine<br />

norwegische SIM- Karte fürs Handtelefon <strong>und</strong> von<br />

einer sehr netten Verkäuferin bis ins Detail erklärt,<br />

was ich zu tun habe, damit alles funktioniert. Nach<br />

2h ist <strong>der</strong> Kontakt zur Außenwelt <strong>wie<strong>der</strong></strong> hergestellt.<br />

Ich gönne mir ein Eis <strong>und</strong> einen Ananas-Kokos-<br />

Smoothie <strong>und</strong> sitze bei Sonne am spiegelglatten<br />

Geirangerfjord. Noch ist hier bis auf ein paar einzelne<br />

Wohnmobile <strong>und</strong> einen japanischen Touristenbus<br />

nichts los, ich denke aber, das wird sich in den<br />

nächsten Tagen än<strong>der</strong>n. Zwischen Fjord <strong>und</strong> Fels<br />

eingeklemmt schlängelt sich die Strasse.<br />

Kein Schiff ? Doch da kommt ein „großer Weißer“<br />

um die Kurve <strong>und</strong> ich halte an um zu schauen. Ein<br />

Päärchen aus Chemnitz steht mit Kamera bereit<br />

<strong>zum</strong> Knipsen <strong>und</strong> freut sich über „ne <strong>AWO</strong> am Geiranger“.<br />

Da klappts doch noch mit dem Ozeanriesen. Nach<br />

einer halben St<strong>und</strong>e nähert sich bereits <strong>der</strong> zweite<br />

große Pott. Ich sehe noch ein bisschen zu, wie die<br />

beiden umeinan<strong>der</strong> herum „tanzen“. Bei dem heutigen<br />

Wetter ohne Wind allerdings ein Schauspiel<br />

mit bitterem Beigeschmack … in <strong>der</strong> Luft , wegen<br />

<strong>der</strong> Abgase. Weiter geht’s Richtung Trollstigen im 2.<br />

Gang die Serpentinen rauf. Auf halbem Wege den<br />

Berg hinauf halte ich doch nochmal an. Ein weiterer<br />

Aussichtspunkt mit einem grandiosen Panoramablick<br />

auf Geiranger <strong>und</strong> den Fjord, den man keinesfalls<br />

auslassen sollte.<br />

Den Norddalsfjord mit seinem schwarzblauen<br />

Wasser <strong>und</strong> <strong>der</strong> kalten, extrem sauberen Luft überqueren<br />

wir via Fähre. Es folgen liebliche Täler mit<br />

auffallend üppigem Grün. Hier werden sogar Wiesen<br />

bewässert. Im Valldalen staune ich über große<br />

Erdbeerfel<strong>der</strong> <strong>und</strong> blühende Apfelbäume . Auch hier<br />

sind die umzingelnden Bergspitzen schneebedeckt.<br />

Ich lasse mir an <strong>der</strong> nächsten Tanke erklären, daß<br />

die Norweger IHRE norwegischen Erdbeeren trotz<br />

des schwindelerregenden Preises wegen des vorzüglichen<br />

Geschmacks immer den „an<strong>der</strong>en“ vorziehen.<br />

Am Trollstigen: Ein wahrer Augenöffner! Als ich am<br />

Abgr<strong>und</strong> stehe bin ich plötzlich froh, runter fahren<br />

zu dürfen. Das kann man gar nicht so beschreiben.<br />

1000 m Höhenunterschied! Ich überwinde meine<br />

Höhenangst <strong>und</strong> mache mich auf den Weg. Der<br />

führt an einem … äh … künstlerisch gestalteten<br />

Gebäude mit Wasserspiel <strong>und</strong> ohne Funktion, bei<br />

dem sogar die „kunstgewohnten“ Norweger fragend<br />

stehen bleiben vorbei, zu dieser verrückten Aussichtsplattform.<br />

Vor mir eine Familie mit einem Vati <strong>der</strong> das selbe<br />

Problem zu haben scheint, wie ich <strong>und</strong> ein Biker mit<br />

Bierkuttel <strong>und</strong> in voller Montur. Die Sonne meint es<br />

gut <strong>und</strong> Gedanken kommen hoch, warum man den<br />

Kosmonautenanzug nicht abgelegt hat. Opfer müßen<br />

sein. Vor uns versperrt eine Schneewehe den<br />

Weg <strong>und</strong> läßt noch 30cm Platz zu Gelän<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Abgr<strong>und</strong>. Für mein Voraus ist hier Schluß. Er kehrt<br />

dampfend um. Zu eng.<br />

Ich zwänge mich durch <strong>und</strong> hänge mich an die deutsche<br />

Familie. Ein Blick von ihm <strong>und</strong> ein Wort von<br />

mir <strong>und</strong> es wird klar, ich hab richtig getippt mit <strong>der</strong><br />

Höhenangst. Der Aussichtspunkt führt geschätzte<br />

10m über den Abgr<strong>und</strong>. Es erwartet uns eine super<br />

sauber <strong>und</strong> annähernd unsichtbar geputzte Glasreling,<br />

durch die man alles schön sieht. Ich ziehe die<br />

Betonwand mit Sitznieschen vor. An <strong>der</strong> „herausragendsten“<br />

Stelle macht eine Mädchengruppe von<br />

meiner Warte aus gesehen, gewagt aussehende<br />

Bil<strong>der</strong>. Ich denke noch, hoffenlich fällt keine runter.<br />

... Shit … entfährt es mir laut, als ich merke, ich stehe<br />

unverhofft auf einer Art großem Grillrost, das<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

9


freilich die gähnende Leere unter mir frei gibt. Klar<br />

bin ich bei den Kids <strong>der</strong> Lacher. Also „trolle“ ich<br />

mich von dort, um die Fahrt ins Tal zu wagen. Janz<br />

schön steil !!!<br />

Krass; hier schinden sich auch Fahrradfahrer hoch.<br />

Ich grüße jeden o<strong>der</strong> winke! Das ist das mindeste<br />

an Respekt was man den Leuten entgegenbringen<br />

sollte. Man ist schier Kurven – <strong>und</strong> Gefällegesättigt<br />

wenn man unten ist <strong>und</strong> als die Serpentinen <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

in normale Straße übergehen, ist fast Stille um<br />

mich rum. Nach ein paar mal schlucken hat sich <strong>der</strong><br />

Druck in den Ohren ausgeglichen <strong>und</strong> die „Akustik“<br />

stimmt <strong>wie<strong>der</strong></strong>. Gut, daß ich an diesem recht warmen<br />

Tag bei um die 15°C dieses Monument nicht in<br />

entgegengesetzter Richtung zu bewältigen hatte.<br />

Die nächste größere Stadt auf meinem Weg ist Andalsnes<br />

am Romsdalsfjord. Dort hole ich mir<br />

im KIWI – Markt Fishermans Friend „Mint“, einen<br />

Mango – Smoothie <strong>und</strong> einen Apfel. Die sind so<br />

teuer, daß man sie lieber nur einzeln nimmt. Dafür<br />

genieße ich ihn um so mehr. Man kann sich auch<br />

ne halbe Gurke einpacken lassen, ohne komisch<br />

angeschaut zu werden.<br />

Ich möchte mit <strong>der</strong> Fähre noch nach Molde übersetzen.<br />

Als ich nahe Afarnes <strong>zum</strong> Anlegesteg komme,<br />

machen die gerade die Klappe zu <strong>und</strong> fahren mir<br />

vor <strong>der</strong> Nase weg. Zeit, <strong>zum</strong> verschnaufen.<br />

„Mensch, das gibt’s doch nicht, ne Awo, wie ich<br />

eine hatte.“, höre ich jemanden.rufen. Andreas, ein<br />

deutscher Busfahrer aus dem brandenburgischen<br />

<strong>der</strong> hier lebt <strong>und</strong> arbeitet, kommt freudestrahlend<br />

auf mich zu <strong>und</strong> kanns gar nicht fassen. „Ich hab<br />

im Bus gesessen <strong>und</strong> im Rückspiegel diese gelbe<br />

6 Volt – Funzel gesehen <strong>und</strong> gleich gedacht, das<br />

kann nur ne alte DDR – Kiste sein.“ Da er Linienbus<br />

fährt <strong>und</strong> auch auf die nächste ankommende<br />

Fähre wartet, um die Leute die mitkommen auf die<br />

Dörfer zu verteilen, haben wir schön Zeit um <strong>zum</strong><br />

erzählen. Eh ich michs versehe, bin ich zu ihm heim<br />

eingeladen. Er gibt gleich fernmündlich seinem<br />

Sohn zu Hause die Anweisung, in <strong>der</strong> Hütte den<br />

Boiler an<strong>zum</strong>achen, damit ich dann warmes Wasser<br />

<strong>zum</strong> duschen hab. Ich bin komplett platt. Mal sehen,<br />

wann ich mal was von soviel Gastfre<strong>und</strong>schaft<br />

zurück geben kann. Wir machen aus, daß ich ihm<br />

folge <strong>und</strong> dort anhalte, wo er Conny, seine Frau,<br />

aussteigen läßt. Es folgt eine für mich recht rasante,<br />

für norwegische Busfahrer aber völlig normale<br />

Fahrt am Langfjorg entlang. Da fahre ich das erste<br />

<strong>und</strong> einzige Mal 80 km/h mit dem Beiwagenkardan.<br />

Unterwegs ein kurzer Stop. Er hat vergessen, ein<br />

Päckchen bei einer Butykk ( Laden ) abzugeben. Da<br />

mit Bus umdrehen schwierig ist, übernehme ich die<br />

Botenfahrt <strong>und</strong> gebe es ab. Zuhause angekommen<br />

lade ich ab. Conny zeigt mir die schöne, gemütliche,<br />

alte Hütte <strong>und</strong> geht dann Rasen mähen. Als ich <strong>zum</strong><br />

Fenster raus gucke, wird mir klar, daß ich erneut<br />

an einem w<strong>und</strong>erschönen Flecken Erde rasten darf.<br />

Sie habens echt schön hier in Vistdal. Heut steht<br />

noch folgendes an: mit dem Trekker ( Fordson Dexta<br />

) einen Bulli mit Hänger den Berg hoch schleppen<br />

, <strong>der</strong> tägliche Service an <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> (Kerze, Vergaser,<br />

Magnet, Ventile, Radlager, Öl ), ein längeres nettes<br />

Gespräch mit Rene´ mit <strong>wie<strong>der</strong></strong> je<strong>der</strong> Menge Tips,<br />

<strong>und</strong> ein Besuch von Andreas Bootsstegbaustelle.<br />

Seine Kids sind klasse. Der Sohn hat Soljanka gemacht<br />

<strong>und</strong> die Tochter begeistert mich mit <strong>der</strong> wohl<br />

besten Mischung aus typisch brandenburgischem<br />

Slang <strong>und</strong> perfektem norwegisch. Nach dem Essen<br />

geht’s in die Hytta. Noch ein sehr liebes Telefonat<br />

mit Anja <strong>und</strong> die Augen fallen zu. Manchmal hab ich<br />

echt zu tun mein Tagebuch zu schreiben, weil es<br />

mich so sehr in die Waagerechte zieht.<br />

TECHNISCHES:<br />

Kardan fängt leicht an, zu schwitzen … ein kleiner<br />

Lappen um die Ablassschraube hält bis nach Hause<br />

weil ich dauernd irgendwas mit Öl hab, bin ich bei<br />

Rene´ unter „Ölbernde“ abgespeichert ;-)<br />

Ventilspiel kontrolliert … leicht nachgestellt<br />

Radlager geprüft … kein Spiel<br />

TAG 7<br />

05.06.12 (423 km) Start 6:00 Vistdal, Eidsvag, Molde,<br />

Elnesvagen, Bud, Kristians<strong>und</strong>, Halsa, Trondheim,<br />

Vikhammer<br />

Nach einer regnerischen ( draußen ) <strong>und</strong> himmli-<br />

10 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


schen ( drinnen, schlafend ) Nacht präsentiert sich<br />

<strong>der</strong> Langfjord als Spiegel, über dem jemand Watte<br />

aufgehangen hat. Meine Gutste war schön zugedeckt<br />

<strong>und</strong> es ist nix naß geworden. Packen <strong>und</strong> los.<br />

Ab 6:00 sind wir in Richtung Eidsvag unterwegs. Ein<br />

Blick zurück in Dankbarkeit für die schöne Bekanntschaft<br />

<strong>und</strong> das trockene Plätzchen. Schon nach den<br />

ersten 5 km merke ich hier wäre mir eine tolle Strecke<br />

entgangen ( wahrscheinlich wie an so vielen an<strong>der</strong>en<br />

Stellen in diesem Lande, aber man kann nicht<br />

alles schaffen ). Andreas kommt mir früh schon mit<br />

seinem Bus entgegen <strong>und</strong> wir winken nochmal wie<br />

wild. Nach ca. einer halben St<strong>und</strong>e Fahrt läuft mir<br />

ein Dachs über den Weg <strong>und</strong> ich werde langsamer.<br />

Der läßt sich gar nicht stören. 100m weiter: ein Elch<br />

( übrigens <strong>der</strong> einzige auf <strong>der</strong> ganzen Reise ) kreuzt<br />

sehr kurz vor mir die Straße. Ganz schön Verkehr<br />

hier <strong>und</strong> gut, daß ich wegen dem Dachs gebremst<br />

hab.<br />

<strong>Mit</strong> Elchen verhält es sich so, daß man trotz <strong>der</strong><br />

vielen Schil<strong>der</strong> „Store Elgfare“, „Große Gefahr vor<br />

Elchen“ entwe<strong>der</strong> nie einen zu Gesicht bekommt<br />

o<strong>der</strong> man direkt in einen rein fährt. Ich hatte Glück<br />

<strong>und</strong> durfte nur zusehen, wie er gemächlich meinen<br />

Weg kreuzte. Seit gestern mache ich mir Gedanken<br />

über meine Bil<strong>der</strong>. Da ich, was plötzlichen Datenverlust<br />

auf den neuen Speichermedien angeht ein<br />

gebranntes Kind bin, bin ich auf <strong>der</strong> Suche nach einer<br />

Möglichkeit alles nochmal zu sichern. In Elnesvagen<br />

an einer Shell – Tanke gerate ich in ein sehr<br />

nettes Gespräch mit <strong>der</strong> Verkaufsdame. Während<br />

sie mir Polse mit Bacon, einen heißen Kakao <strong>und</strong><br />

„Aunt Mabels“ Muffi ns mit Schokostückchen zurecht<br />

macht, ist ruckzuck <strong>wie<strong>der</strong></strong> ne halbe St<strong>und</strong>e verplau<strong>der</strong>t<br />

<strong>und</strong> sie gibt mir den Tip, mal in <strong>der</strong> Bücherei<br />

nach nem Rechenkasten zu fragen, wo man die<br />

Bil<strong>der</strong> sicher überspielt bekommt.<br />

Nach <strong>der</strong> Stärkung verabschieden wir uns lachend<br />

<strong>und</strong> ich fahre zur Bücherei, gleich neben <strong>der</strong> Schule.<br />

Die hat aber noch zu <strong>und</strong> so nehme ich die<br />

nächste Tür, wo ABC draufsteht. Der Nachhilferaum.<br />

Ein verdutzter Blick des nachzuhelfenden <strong>und</strong><br />

eine kurze Erklärung <strong>der</strong> Lehrerin leiten mich <strong>zum</strong><br />

Nebengebäude. Die Schule. Ich spreche vorsichtig<br />

die erste Schülerin an, die ich im Foyer sitzen sehe.<br />

Sie fi ndet mein Begehr wohl lustig <strong>und</strong> bringt mich<br />

lächelnd <strong>zum</strong> Sekretariat, wo ich abermals Rede<br />

<strong>und</strong> Antwort stehe. Eine Lehrerin nimmt mich interessiert<br />

ins Schlepptau durchs Gängelabyrinth <strong>der</strong><br />

sehr künstlerisch gestalteten, innen bunten Schule.<br />

In einem kleinen Raum voller kaputter PCs wird mir<br />

geholfen. Ein junger Kerl nimmt meine Karten an<br />

sich <strong>und</strong> packt alle Bil<strong>der</strong> schön auf die leere Karte.<br />

Während <strong>der</strong> Rechner meine Bil<strong>der</strong> sichert, reden<br />

wir über deutsche Autos . Verw<strong>und</strong>ert ist er, als ich<br />

auf seine Frage meines deutschen Lieblingsautos<br />

mit „ 81´er Ford Taunus Kombi“ antworte. Er mag<br />

Audi am meisten hält aber weniger von Opel. So,<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

alle Bil<strong>der</strong> sind nun doppelt vorhanden <strong>und</strong> nichts<br />

ist verloren gegangen. Ich freue mich, er sich auch.<br />

Nach einem Händedruck (was dort wohl nicht so<br />

üblich ist ist, wie bei uns <strong>und</strong> ich als Kompliment<br />

auffasse )<strong>und</strong> „ guter Reise“ fi nde ich mich aus <strong>der</strong><br />

Schule <strong>wie<strong>der</strong></strong> heraus <strong>und</strong> fahre erleichtert weiter.<br />

Es geht straff Richtung Atlantik. Ah, Meer liegt in <strong>der</strong><br />

Luft. Ab dem kleinen Örtchen Bud schlängelt sich<br />

die Straße mehr o<strong>der</strong> weniger direkt am Atlantik<br />

entlang. Highlight hier für mich ein Aussichtspunkt,<br />

<strong>der</strong> nur durch „The Ford – Country“, einen schrottplatzartigen<br />

Autofriedhof für die verschiedensten<br />

Ford – Modelle von alten Ami´s über Taunus – Badewanne,<br />

Weltkugel – Taunus, Granada <strong>und</strong> einen<br />

mattschwarzen Vorkriegs - BMW – Hotrod - Pickupumbau<br />

mit Sheriffstern zu erreichen ist.<br />

Natürlich zieht mich das Meer an, wie die Mücken<br />

das Licht. Es ist sagenhaft. Diese Stille. Wie<strong>der</strong>mal<br />

keine Leute, nur Meer, <strong>AWO</strong> , frische Luft. Bei dem<br />

klaren Wetter kann man zig Kilometer gucken.<br />

Bist du in den Bergen <strong>und</strong> endlich oben, siehst du<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> nur Berge. Meer ist halt …........ , aber weiter.......<br />

. Eines <strong>der</strong> wohl am meisten geknipsten<br />

Bauwerke Norwegens ist wohl diese, auf dem Atlanterhavsveien<br />

befi ndliche, imposant geschwungene<br />

Brücke, die sich wie eine große Welle förmlich aus<br />

dem Wasser hebt.<br />

Auch ich mache meine Bil<strong>der</strong>. Eigentlich bewegt<br />

sich die Strasse ab hier brückenförmig hüpfend<br />

von einem Inselchen <strong>zum</strong> nächsten fort. Kann man<br />

irgendwie nicht an<strong>der</strong>s beschreiben. Die See ist<br />

ruhig. Was wird wohl hier los sein, wenn die Wellen<br />

ein paar Meter hoch durch die Brücken <strong>und</strong> an die<br />

Straße kommen? Vor einem <strong>der</strong> tiefsten Tunnel <strong>der</strong><br />

Welt ( es geht 250 m unter dem Meer durch <strong>und</strong><br />

verdammt steil runter <strong>und</strong> auch <strong>wie<strong>der</strong></strong> rauf; im 3.<br />

Gang mit Hängen <strong>und</strong> Würgen ) halte ich nochmal<br />

an einem Kreisverkehrähnlichen Parkplatz an.<br />

Dort sind ein Haufen Kiddies unterwegs. Es dauert<br />

nicht lange <strong>und</strong> ein vielleicht 12 jähriger Junge<br />

spricht mich an. Erst norwegisch, dann, als ich mich<br />

auf englisch entschuldige nichts zu verstehen, in<br />

11


echt gutem englisch. Nach einer weiteren Minute<br />

ist die ganze Klasse um mich rum <strong>und</strong> wir unterhalten<br />

uns 4 sprachig, deutsch, englisch, norwegisch<br />

<strong>und</strong> mit Händen <strong>und</strong> Füßen. Ich hab die Idee, ein<br />

Bild zu machen <strong>und</strong> ein Mädel kommandiert in<br />

zackigem norwegisch innerhalb von Sek<strong>und</strong>en die<br />

gesamte Klasse samt Fahrrä<strong>der</strong>n rechts <strong>und</strong> links<br />

neben mein(e) Gefährt(in). Das Bild wird schön. Ein<br />

kurzes Gespräch mit <strong>der</strong> rasch herbeigezerrten Lehrerin<br />

<strong>und</strong> wir machen aus, daß ich das Bild via email<br />

an die Klasse schicke. Dann knattere ich, wie bisher<br />

immer nach nur einmal kicken ( bin begeistert ) los.<br />

Die Tunnelmaut, die dort im Gegensatz zu Deutschland<br />

oftmals nur so lange erhoben wird, bis das Teil<br />

bezahlt ist, nimmt mir ein fre<strong>und</strong>licher Glatzkopf<br />

mit einem herrlichen Kaiser – Wilhelm – Bart ab. Er<br />

fragt wie alt mein Motorrad ist <strong>und</strong> ist entzückt über<br />

die „fi ftiesix“, die er zur Antwort bekommt.<br />

In Kristians<strong>und</strong> ( Kristiansünn gesprochen ) tanke<br />

ich mal <strong>wie<strong>der</strong></strong>. Schätze ich werde so bei um die<br />

5 bis 6 l/100km rauskommen. Ein holländisches<br />

Ehepaar spricht mich an <strong>und</strong> freut sich über das Gespann<br />

<strong>und</strong>, daß ich exakt den selben Weg in an<strong>der</strong>er<br />

Richtung fahre wie sie. Nach <strong>der</strong> Freifjorddurchquerung,<br />

Maut zahlen <strong>und</strong> falsch über die schöne<br />

Brücke fahren, kehre ich <strong>wie<strong>der</strong></strong> um, über die Bücke<br />

zurück <strong>und</strong> hätte müßen nochmal zahlen, aber <strong>der</strong><br />

Herr winkt mich nach ein zwei erklärenden Worten,<br />

den richtigen Weg betreffend kostenlos durch.<br />

Ein <strong>Hin</strong>weisschild, an dem ich kurz halte, um einem<br />

Afrikaner Feuer für seine Zigarette zu borgen sagt<br />

mir E39 Richtung Trondheim links. Auf dieser Straße<br />

werde ich bis kurz vor Trondheim bleiben. Auf<br />

einer kurzen Fährüberfahrt erfahre ich von einem<br />

jungen Norweger, <strong>der</strong> für die Ölindustrie arbeitet<br />

einige interessante Sachen. So z.B. daß die allermeisten<br />

Norweger vor lauter Scham wegen Breivik<br />

am liebsten im Boden versinken würden, daß<br />

seine Heimatstadt vor vielen Jahren fast vollständig<br />

abgebrannt ist <strong>und</strong> durch Hilfslieferungen, die<br />

Kaiser Wilhelm veranlasste, komplett im Jugendstil<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> aufgebaut wurde <strong>und</strong> daß die Nazizeit eine<br />

<strong>der</strong> dunkelsten Zeiten in <strong>der</strong> Weltgeschichte war.<br />

Viele,beson<strong>der</strong>s ältere Norweger werden sehr still,<br />

<strong>und</strong> wollen nicht darüber sprechen. Ich kann ihm nur<br />

uneingeschränkt Recht geben <strong>und</strong> in dieser Beziehung<br />

meine Scham ausdrücken. Und JA verdammt,<br />

es kommt auch heute noch gut an, sich für den<br />

schlimmsten weißen Abschaum deutscher Herkunft<br />

zu entschuldigen auch, wenns für manche auch<br />

schon ach so lang her ist !!!!!!!!<br />

Er ist trotz seines jungen Alters sichtlich überrascht<br />

<strong>und</strong> erfreut. Umso herzlicher mit kräftigem<br />

Händedruck ist die Verabschiedung. Es folgt eine<br />

Fahrt entlang am Vinjefjord. Am Omnfjell fahre ich<br />

rechts vorbei. Ein wenig Müdigkeit schleicht herbei,<br />

springt auf ( bei 60 Sachen kein Problem ) <strong>und</strong> läßt<br />

erst <strong>wie<strong>der</strong></strong> bei einem Halt an einer sehr schönen<br />

Raststätte mit Dachbegrünung <strong>und</strong> Currywurst mit<br />

heißem Kakao von mir ab.<br />

Inzwischen habe ich meine, ab Kristians<strong>und</strong> mindestens<br />

5 mal an <strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> aus gezogenen Regensachen<br />

anbehalten, Ich empfi nde es als schön,<br />

daß sich das Wetter endlich mal entscheiden konnte.<br />

Zwar für leichten Niesel aber DAS stört keinen<br />

großen Geist. Mich auch nicht. Ab Trondheim werde<br />

ich dann <strong>wie<strong>der</strong></strong> mit eitel Sonnenschein belohnt.<br />

Achtung <strong>der</strong> Sonnenbrannt schlägt hier schnell zu!<br />

In Vikhammer, etwas hinter Trondheim am Strindfjord<br />

miete ich bei einer Dame mit Bonny Tyler<br />

– Stimme Hytta Nummer 15 für 450 NOK. <strong>Mit</strong> tollem<br />

Blick auf den Fjord. Meine Hüttennachbarn sind<br />

Fahrradfahrer aus Leipzsch. Sie schaffen am Tag<br />

80-100km... HIER..... Wahnsinn <strong>und</strong> Hut ab. Noch<br />

den täglichen Service an <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> erledigt, dann<br />

lecker Fencheltee <strong>und</strong> SkinkeOst aus <strong>der</strong> „Zahnpastatube“.<br />

Viel brauche ich nicht.<br />

Als Tagesabschluß gibt’s eine 15 – minütige 4 – Minuten<br />

Dusche, weil <strong>der</strong> Chipautomat mich wohl nett<br />

fi ndet. Mein Fazit bei einem Bildbandreifen Sonnenuntergang<br />

lautet: müßte ich jetzt wegen irgendeinem<br />

Defekt o<strong>der</strong> so heim, wäre ich nicht enttäuscht,<br />

denn knapp 3000 <strong>der</strong> schönsten Kilometer meines<br />

Lebens sind gefahren <strong>und</strong> die bis jetzt gemachten<br />

Eindrücke bringen meinen Kopf schier <strong>zum</strong> überlaufen!<br />

12 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


TECHNISCHES:<br />

Zündung kontrolliert <strong>und</strong> etwas nachgestellt ( von<br />

kurz vor OT in Richtung erster ZP Marke )<br />

Lichtmaschinenschraube ( die mit dem Linksgewinde)<br />

war locker … festgezogen<br />

rote Leitung von Lichtmaschine hat irgendwo gescheuert<br />

<strong>und</strong> hatte kurz Masse, Ladekontrolle ging<br />

an … Kabel repariert <strong>und</strong> sorgfältiger verlegt<br />

Hoffentlich ist das Licht an <strong>und</strong> ich fahre vorschriftsmäßig.<br />

Weil die sich so lange Zeit nehmen, kriege<br />

ich Bedenken. Dann fahren sie langsam neben<br />

mich. Jetzt winken sie mich raus, denke ich noch,<br />

aber nein, die beiden lächeln fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> winken<br />

mir zu. Also keine Angst :-)<br />

Lange Zeit zieht sich die E6 an einem See entlang.<br />

Heute hab ich mal <strong>wie<strong>der</strong></strong> Mukke im Ohr. Ein hörenswertes<br />

potpourrie aus Guano Apes, Manowar,<br />

Tarja Turunen, Ramones <strong>und</strong> Anne Clark läßt die<br />

Kilometer schrumpfen.<br />

In Grong tanke ich. Wenn man den Schil<strong>der</strong>n glauben<br />

darf, ist hier ein guter Platz <strong>zum</strong> Lachs angeln.<br />

Aus <strong>der</strong> Tanke kommt ein Typ mit nem Softeis <strong>und</strong><br />

obwohl mir nicht gerade mollig ist, leckerts mich<br />

unheimlich. Ich zahle das Benzin, nehme noch zwei<br />

Äpfel (40NOK) <strong>und</strong> bestelle so ein Eis. DAS war<br />

das leckerste Softeis, das ich während <strong>der</strong> ganzen<br />

Reise gegessen hab! Fast hätte ich mir noch eins<br />

geholt, aber das trägt ja auch nicht gerade <strong>zum</strong><br />

innerlichen warm werden bei. Die einheimischen<br />

laufen hier trotz <strong>der</strong> frischen Temperaturen kurzärmelig<br />

herum.<br />

TAG 8<br />

06.06.12 (449km) Start 6:00 Vikhammer, Steinkjer,<br />

Grong, Mosjoen, Leira<br />

Der Tag beginnt, wie <strong>der</strong> vorige ausklang, nämlich<br />

mit herrlichem Sonnenschein. Auf dem Campingplatz<br />

schlafen alle noch <strong>und</strong> verpassen, wie die<br />

Natur erwacht. Ich schlage die große Richtung<br />

Narvik ein. Hier ist die Gegend weniger rau. Viel<br />

Landwirtschaft, was mich natürlich interessiert. Auch<br />

die Vegatation ist an<strong>der</strong>s hier als bei uns.<br />

Da es ein halbes Jahr nicht richtig hell wird muß<br />

sich die Natur in dem restlichen halben Jahr umso<br />

mehr beeilen. So hat das Gras eben nur die halbe<br />

Zeit wie bei uns <strong>zum</strong> wachsen. Dafür geht’s durch<br />

die hellen „Nächte“ aber doppelt so schnell.<br />

Noch vor Steinkjer hab ich den 1. Kontakt mit <strong>der</strong><br />

Polizei. Die fährt bestimmt 15 km hinter mir her.<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

Unterwegs sehe ich eine Herde Rentiere, die erst<br />

neugierig guckt, mir dann langsam den <strong>Hin</strong>tern zu<br />

dreht <strong>und</strong> im Gebüsch verschwindet. Mein Foto<br />

„Rentierherde mit <strong>AWO</strong>“ hab ich im Kasten. An <strong>der</strong><br />

nächsten Tankstelle braucht nicht die <strong>AWO</strong> schon<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> Kraftstoff, son<strong>der</strong>n ich. Einen Redbull bitte.<br />

Tusen takk! Dort spricht mich ein Trucker an. Es<br />

folgt ein sehr netter Small Talk mit dem wichtigen<br />

<strong>Hin</strong>weis, ich solle unbedingt die RV17 Richtung<br />

Bodö nehmen. Im nachhinen war das einer <strong>der</strong><br />

besten Tipps ! In Mosjoen tanke ich bei strömendem<br />

Regen an einer unüberdachten Tanke, biege anschließen<br />

falsch ab <strong>und</strong> fahre fast bis Aufl es in die<br />

falsche Richtung. Egal, Wetter ist tolles schottisches<br />

( <strong>der</strong> Regen fällt fast lotrecht ; passendes Zitat<br />

aus Braveheart ), also machen die paar Kilometer<br />

mehr auch nichts. Wie<strong>der</strong> in die richtige Richtung<br />

unterwegs biege ich in Kulstad auf die RV 78 ab,<br />

Ein braunes Schild macht mich schlauer. Helgeland<br />

13


Kystvegen steht da zu lesen. Und <strong>der</strong> Name kommt<br />

nicht von ungefähr. Es ist wirklich toll zu fahren,<br />

kurvenreich, absolut unlangweilige Aussichten <strong>und</strong><br />

die ab <strong>und</strong> zu durchblinzelnde Sonne bringt ein<br />

faszinierendes Lichtspiel auf dem Vefsnfjord, so daß<br />

meine Müdigkeit <strong>wie<strong>der</strong></strong> verfl iegt.<br />

Irgendwo zwischen Remnes <strong>und</strong> Leira liegt „Kvitnesset<br />

Camping“. Es hängen zwei Schil<strong>der</strong> am<br />

Weg. Eines sagt „frei“, das zweite sagt „belegt“. Ich<br />

glaube dem ersten <strong>und</strong> fahre auf den Platz, wo die<br />

Hytten stehen. Es ist glaub ich nach 8:00 abends<br />

<strong>und</strong> keiner ist zu sehen. Eigentlich möchte ich hier<br />

bleiben. Da kommen vier Schweden vom Wasser<br />

herauf <strong>und</strong> wir kommen sehr schnell in ein sehr<br />

lustiges Gespräch. Sie haben heute gut gefi scht<br />

<strong>und</strong> das hebt die Stimmung. Einer erklärt, daß alle<br />

Hyttas belegt sind, ruft aber gleich den Besitzer Reidar<br />

Eriksen an. Er kommt! Es stellt sich heraus, daß<br />

auch er Landwirt ist <strong>und</strong> wir die gleichen Traktoren<br />

(John Deere <strong>und</strong> MF ) haben.<br />

Mein heimlicher Wunsch sich mal mit einheimischen<br />

Landwirten austauschen zu können, wird doch noch<br />

erfüllt. So vergessen wir die Frage <strong>der</strong> Unterkunft<br />

<strong>und</strong> widmen uns den Fachfragen. Nach einer ganzen<br />

Weile sagt er, er hat für mich bei seinem Kumpel<br />

20km weg beim nächsten Campingplatz eine<br />

Hytta reservieren lassen. Ich meine nur, ich könne<br />

nicht mehr so weit fahren <strong>und</strong> vielleicht gibt’s noch<br />

ne an<strong>der</strong>e Lösung. Er lacht <strong>und</strong> meint <strong>zum</strong> Scherz<br />

ich könne ja in <strong>der</strong> BBQ – Hütte schlafen. Dafür<br />

kann er selbstverständlich kein Geld verlangen <strong>und</strong><br />

ich wäre <strong>der</strong> erste <strong>der</strong> dort schläft. Gerne nehme ich<br />

das Angebot an <strong>und</strong> wir verständigen uns auf nen<br />

kleinen Obolus fürs duschen. Die Hütte ist cool, mit<br />

Strom, Grill in <strong>der</strong> <strong>Mit</strong>te <strong>und</strong> Panoramablick auf den<br />

Fjord <strong>und</strong> die <strong>Hin</strong>terteile <strong>der</strong> „sieben Schwestern“<br />

(eine Bergkette) ,wie er erklärt.<br />

Die Schweden sind am Wasser, in einem kleinen<br />

Raum <strong>und</strong> fi letieren dort den heutigen Fang. Dorsch.<br />

„Aah de tyske motorsykkelist“ , werde ich begrüßt,<br />

als ich mal neugierig bin. Von Rechts wegen darf<br />

je<strong>der</strong> 15 kg mit heim nehmen. Aber dieses Jahr war<br />

<strong>der</strong> Fang „etwas“ reichhaltiger, sagt einer mir zuzwinkernd.<br />

Als ich mich zurückziehen will, werde ich unverhofft<br />

noch <strong>zum</strong> Fisch essen eingeladen. Fangfrisch<br />

zubereitet mit Salz <strong>und</strong> Pfeffer, Kartoffeln, gebratenen<br />

Zwiebeln, heller Soße <strong>und</strong> Rotwein, sowie, was<br />

nie fehlen darf, Knäckebrot, Butter <strong>und</strong> Wasser. Wir<br />

essen <strong>und</strong> trinken zusammen. Es geht von einem<br />

Thema (alles in englisch) ins an<strong>der</strong>e <strong>und</strong> die St<strong>und</strong>en<br />

fl iegen dahin. Als Delikatesse <strong>zum</strong> Nachtisch<br />

darf ich zwei Scheiben eines wie von selbst auf <strong>der</strong><br />

Zunge zergehenden, sehr aromatischen Stückes<br />

geräucherten Fleisches probieren. Das Herz eines<br />

selbst erlegten Elchs, erklärt mir einer. Wirklich<br />

delikat. Wann kriegt man als gewöhnlicher „Außerirdischer“<br />

schonmal sowas angeboten.<br />

Die Zeit: es ist gefühlt nachmittags halb 6, tatsächlich<br />

bewegen wir uns straff auf 0:00 zu. Ich verabschiede<br />

mich unter vielen „Danke“ <strong>und</strong> zurückgegebenen<br />

Glückwünschen in meine Grillhütte. Keinen<br />

Bock mehr, den Schlafsack rauszuwühlen. Heute<br />

tuts auch das Schaffell <strong>und</strong> die ersten 3 Akkorde<br />

vom Album Machina the machines of god von den<br />

Smashing Pumpkins. Guts Nächtle!<br />

TECHNISCHES:<br />

Zündung <strong>wie<strong>der</strong></strong> etwas später gestellt, da die Vibrationen<br />

vom Motor härter wurden<br />

sämtliche Ölstände geprüft … ok<br />

TAG 9<br />

07.06.12 (338km ohne die Fährstrecke ) Start 7:00<br />

Remnes, Levang, Nesna. Kilboghamn, Jektvika,<br />

RV17 bis Bodö, Moskens, A<br />

Ein verregneter Morgen. Nach einer kurzen, nicht<br />

all zu gemütlichen Nacht ( das Schaffell eignet sich<br />

doch besser <strong>zum</strong> sitzen als <strong>zum</strong> drauf schlafen)<br />

14 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


freue ich mich dennoch über den tollen Panoramablick<br />

aus meinem Hüttchen heraus <strong>und</strong> schmeiße<br />

erstmal den Benzinkocher an. 1l Wasser ist in 3 – 4<br />

min am kochen. Mein Emailletippel für IMNU ist in<br />

ner knappen Minute heiß. Nebenbei ist die Hütte<br />

auch mit warm geworden. Das Bild meiner Family<br />

kriegt heute einen Ehrenplatz neben einer Kerze.<br />

Bevor heut die Reise <strong>wie<strong>der</strong></strong> losgeht, noch ein paar<br />

Gedanken an die „daheimgebliebenen“, ohne die<br />

ich jetzt auch nicht hier wäre.<br />

Wenn ich auf die Karte schaue, wird mir klar, heute<br />

ist <strong>der</strong> Fährentag. Die erste erwartet mich schon<br />

8:30 <strong>und</strong> irgendwie schaffe ich es ohne große Planspiele<br />

immer gerade richtig da zu sein. Nach 5 min<br />

schon öffnet <strong>der</strong> Kahn sein Maul <strong>und</strong> es wird eingestapelt..<br />

Motorrä<strong>der</strong> ( auch mit Beiwagen ) kommen<br />

in <strong>der</strong> Regel recht günstig mit, denn es geht nach<br />

Länge. Keine 20 Minuten <strong>und</strong> wir legen in Nesna<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> an.<br />

schönem Schweizer Akzent an. Er <strong>und</strong> seine Frau<br />

sind auch unterwegs <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>. Sein Sohn hat<br />

Skandinavien schon oft auch mit dem Motorrad bereist<br />

<strong>und</strong> ist <strong>der</strong> „Reiseleiter“. Und nun möchte auch<br />

er noch einmal ans „Ende <strong>der</strong> Welt“. Nach einem<br />

netten Gespräch verabschieden wir uns mit „Auf<br />

Wie<strong>der</strong>sehen“, denn wir ahnen das war nicht das<br />

letzte Mal.<br />

In Kilboghamn ist die Fähre gerade abgelegt <strong>und</strong><br />

zirka eine dreiviertel St<strong>und</strong>e Wartezeit. Es gibt einen<br />

Kiosk <strong>und</strong> ein Klo. Beides suche ich auf <strong>und</strong> im Warteraum<br />

sitzen …. die Schweizer <strong>und</strong> spielen Karten.<br />

Als <strong>der</strong> Kiosk öffnet hole ich mir ein leckeres Daim<br />

– Eis mit Krokant <strong>und</strong> verwickle die, wie sich herausstellt<br />

polnische Dame, die den Kiosk bedient in ein<br />

Gespräch. Als ich erzähle , daß ich aus dem Dreilän<strong>der</strong>eck<br />

bei Görlitz <strong>und</strong> Zittau komme, horcht sie<br />

auf, denn sie wohnte auf polnischer Seite ebenfalls<br />

nicht sehr weit entfernt. So wird es eine recht lustige<br />

Plau<strong>der</strong>ei. Zwischen Wetter, polnischen Dieben <strong>und</strong><br />

verschiedenen Mentalitäten innerhalb Norwegens<br />

verfl iegt die Wartezeit, während ich durchs Fenster<br />

immer einen Blick auf meine Gutste hab. Gerade<br />

eben interessiert sich ein deutsches Päärchen, die<br />

aus einem „MOL“ - beschil<strong>der</strong>ten Ford aussteigen,<br />

für die <strong>AWO</strong>. Noch 5min Zeit auch dort ins Gespräch<br />

zu kommen. Die Fähre legt an <strong>und</strong> das Ent<br />

- <strong>und</strong> Beladen beginnt. Diesmal bekomme ich nen<br />

Gurt in die Hand gedrückt <strong>zum</strong> Maschine sichern.<br />

Die Überfahrt wird ca. eine St<strong>und</strong>e dauern <strong>und</strong> wir<br />

werden den Polarkreis überqueren. Vom Schiff aufs<br />

Festland zu schauen, ist teilweise noch atemberauben<strong>der</strong><br />

als an<strong>der</strong>s herum. Der Wind ist sehr frisch,<br />

Die RV 17 zieht sich nahe <strong>der</strong> Küste um den Sorfjord<br />

herum. Auf dem Weg nach Norden sollte man,<br />

wenn man Zeit hat die RV17 <strong>der</strong> E6 unbedingt<br />

vorziehen, Es ist eine <strong>der</strong> schönsten in diesem Areal.<br />

Hätte ich den Tip eher bekommen, so wäre ich<br />

bereits in Grong abgebogen <strong>und</strong> eher <strong>der</strong> 17 gefolgt.<br />

So habe ich Bronnoys<strong>und</strong> knapp verfehlt. Dort gibt’s<br />

unter an<strong>der</strong>em den Torghatten, ein ungefähr 300m<br />

hohen Berg mit einem natürlichen Loch drin.<br />

Unterwegs an einer Tankstelle gibt’s <strong>wie<strong>der</strong></strong> nen<br />

heißen Kakao <strong>und</strong> ein nettes Gespräch mit dem<br />

Kassierer, dem ich mein Leid wegen <strong>der</strong> noch nicht<br />

vorhandenen MMS – Funktion meines Handtelefons<br />

( Sonim Outdoor ) klage. Er sieht es sich staunend<br />

an <strong>und</strong> meint, so ein Teil hätte er noch nie gesehen.<br />

Gleich darauf nimmt er seinen Hörer in die Hand<br />

<strong>und</strong> ruft bei dem Anbieter an. Auf norwegisch erklärt<br />

er welches Gerät; was nicht geht <strong>und</strong> 5 min <strong>und</strong><br />

einen Tastendruck später verrichtet mein Handy<br />

auch den MMS – Versand klaglos. Cool. Als ich<br />

gehe spricht mich ein älterer Herr auf deutsch mit<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

aber die Sonne lugt ein wenig hervor. Ein Schwarm<br />

Gänse zieht in militärischer Ordnung dicht über dem<br />

Wasser am Schiff vorbei. Ich hole mir ein Sandwich<br />

<strong>und</strong> ( nochmal ) ein Eis. Als ich noch nen Kakao bestellen<br />

will, erinnert mich die fre<strong>und</strong>liche Bedienung<br />

höfl ich, daß wir in Kürze anlegen werden. Die Zeit<br />

ist verrannt wie nix <strong>und</strong> ich habe zu tun, mein Eis<br />

runter zu schlingen. Schon ertönt die Auffor<strong>der</strong>ung,<br />

sich zu den Fahrzeugen zu begeben.<br />

Sandwich <strong>und</strong> Klamotten geschnappt <strong>und</strong> unter<br />

Deck. So schnell wie alle an<strong>der</strong>en Autos <strong>und</strong> LKWs<br />

raus sind, bin ich nicht fertig <strong>und</strong> schmeiße schnell<br />

15


alles auf den Beiwagen. Der „Entladungsbeauftragte“<br />

hat ein Einsehen mit mir <strong>und</strong> wartet geduldig<br />

mit einem Lächeln. Kaum <strong>wie<strong>der</strong></strong> auf festem Gr<strong>und</strong>,<br />

kommen 2 ältere deutsche Herren aus dem Ruhrpott<br />

auf mich zu <strong>und</strong> texten mich zu, ob ich schon<br />

beim Elefantentreffen war <strong>und</strong> dass <strong>der</strong> eine auch<br />

so ne ähnliche BMW hat. Ist ja ganz nett, aber ich<br />

bin noch voll mit dem entwirren <strong>und</strong> verstauen<br />

meiner eilig gerafften Sachen beschäftigt <strong>und</strong> , sorry,<br />

höre so nur halb hin. Der kleine Ort wo die Fähre<br />

anlegt, ist umrahmt von hohen Bergen <strong>und</strong> die<br />

hindurchführende Straße entsprechend „schlangenartig“.<br />

Rechts <strong>der</strong> RV17 erstreckt sich <strong>der</strong> Svartisen<br />

Nationalpark mit dem nach dem Jostedalsbreen<br />

zweitgrößten Inlandeis in Norwegen. Eine <strong>der</strong> Gletscherzungen<br />

reicht, was eher ungewöhnlich ist, direkt<br />

bis in den Fjord. Man kann diese vom Schiff aus<br />

<strong>der</strong> Nähe besichtigen. Ich begnüge mich mit dem<br />

„Cinemascope – Format“ aus <strong>der</strong> Ferne. Die Straße<br />

trägt mich weiter Richtung Bodö. Die engste Stelle<br />

zwischen Salt – <strong>und</strong> Skjerstadfjord überspannt<br />

eine elegant gebogene Brücke, unter welcher <strong>der</strong><br />

„Saltstraumen“- Gezeitenstrom hindurch fl ießt.<br />

Dies ist <strong>der</strong> weltweit stärkste Gezeitenstrom. Hier<br />

spielt sich alle 6 St<strong>und</strong>en ein beson<strong>der</strong>es Schauspiel<br />

ab, denn es fl ießen während einem einzigen<br />

Gezeitenwechsel bis zu 400 Millionen Kubikmeter<br />

Wasser hin <strong>und</strong> her. Es bilden sich richtige Strudel<br />

an den Rän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> das Wasser schießt mit bis zu<br />

40 km/h da durch. Als ich die Brücke überquere, ist<br />

das Spektakel bereits abgeklungen <strong>und</strong> man sieht<br />

nur noch ganz leicht die Verwirbelungen. Bei Loding<br />

geht die RV17 in die 80 über <strong>und</strong> ich halte mich in<br />

Richtung Bodö. Das Fährterminal zu fi nden ist nicht<br />

schwierig, die Schil<strong>der</strong> eindeutig. Da ich ja etwas<br />

planlos bin, was die Fährzeiten anbetrifft, bin ich<br />

umso erfreuter, eine relativ große Ansammlung an<br />

Autos, LKWs <strong>und</strong> Bobilen ( norw. für Wohnmobil )<br />

warten zusehen.<br />

Ich treffe „alte“ Bekannte <strong>wie<strong>der</strong></strong>. Das Pärchen aus<br />

dem brandenburgischen steht <strong>und</strong> wartet direkt vor<br />

mir. Abendbrot. Wir teilen unsere paar „Habseeligkeiten“;<br />

Astronautenkaviar gegen ein Paar Wiener<br />

mit Ketchup. Bald hält ein Wohnmobil aus Rügen<br />

hinter uns <strong>und</strong> nach 5 Minuten gibt’s die erste „größere“<br />

deutschsprachige Zusammenkunft auf meiner<br />

Reise in Skandinavien. Die Kassiererin kommt vorbei,<br />

um das Geld für die Überfahrt von uns abzuverlangen.<br />

So kriege ich live mit, wie das Pärchen nicht<br />

schlecht staunt, daß das Auto über 700 NOK kosten<br />

soll. Der Bobilfahrer kippt bei über 2000 NOK<br />

bald aus den Latschen <strong>und</strong> ich frohlocke bei einem<br />

zehntel des Preises für mich <strong>und</strong> meine „old Lady“.<br />

Zu allem Überfl uss darf/ soll ich mich ganz vorne vor<br />

allen an<strong>der</strong>en anstellen. Einmal pole position für die<br />

<strong>AWO</strong>.<br />

Auf <strong>der</strong> Fähre ganz vorne rechts schnalle ich meine<br />

Gafährtin <strong>wie<strong>der</strong></strong> fest. Und ab aufs Sonnendeck.<br />

Während <strong>der</strong> Überfahrt darf keiner auf dem Fahrzeugdeck<br />

sein. Jetzt hatte ich 4 St<strong>und</strong>en chillen <strong>und</strong><br />

ne Mütze voll Schlaf geplant. Es gibt aber viel zu<br />

viel zu erzählen mit den <strong>wie<strong>der</strong></strong> getroffenen Schweizer<br />

Leuten <strong>und</strong> dem MOL – Pärchen.<br />

Während des Ablegens aus dem Hafen stehen wir<br />

am Heck <strong>und</strong> schauen zu, wie sich das Festland<br />

langsam entfernt. Noch eine Kurve <strong>und</strong> dann geht’s<br />

los. Für Umweltschutzfanatiker müßen die schwarzen<br />

Abgaswolken, die beim hoch drehen <strong>der</strong> Maschinen<br />

aus beiden Schloten stoßen, eher nicht das<br />

16 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


Highlight <strong>der</strong> Reise sein. Man spürt förmlich die unheimliche<br />

Kraft, die das große Schiff immer schneller<br />

durch die ruhige See schiebt. Für mich Gänsekombi<br />

– Feeling. Bald sind wir auf offener See <strong>und</strong><br />

recht schnell unterwegs. Ich hab mich in <strong>der</strong> <strong>Mit</strong>te<br />

hingesetzt <strong>und</strong> beobachte wie das Schiff leicht von<br />

Backbord nach Steuerbord hin <strong>und</strong> her rollt. Die<br />

meisten Menschen schauen kurz <strong>und</strong> verschwinden<br />

schnell <strong>wie<strong>der</strong></strong> in <strong>der</strong> warmen Lounge. Das Festland<br />

<strong>und</strong> die Erhebungen an <strong>der</strong> Küste entlang, <strong>der</strong>en<br />

Spitzen durch eine tief hängende Wolkendecke verhüllt<br />

sind, werden kleiner. Ab <strong>und</strong> an schafft es ein<br />

Sonnenstrahl hindurch <strong>und</strong> gibt ein Schlaglicht auf<br />

einen <strong>der</strong> wie Wächter aufgereihten Berge.<br />

Ich fahre als letzter raus, habe so diesmal genug<br />

Zeit um mich anzuziehen <strong>und</strong> ein Einweiser verabschiedet<br />

mich noch mit für diese Uhrzeit sehr nettem<br />

(das galt mir ) <strong>und</strong> anerkennenden ( das galt<br />

<strong>der</strong> <strong>AWO</strong> ) Lächeln <strong>und</strong> einer Hand <strong>zum</strong> Gruß. Es<br />

ist zwischen halb <strong>und</strong> um 12 nachts <strong>und</strong> trotz einiger<br />

Wolken so hell, daß man ohne Probleme ohne Blitz<br />

fotografi eren kann. 2 Jungs, die vorbei kommen<br />

frage ich nach einer Unterkunft. Sie überlegen kurz,<br />

<strong>der</strong> eine holt ein Telefon raus <strong>und</strong> gibt mir eine Nummer<br />

von ihrem Kumpel, <strong>der</strong> im Restaurant Brygge in<br />

A, dem Ort mit nur einem Buchstaben arbeitet.<br />

Der ist tatsächlich um 0:00 noch zu erreichen <strong>und</strong><br />

so bekomme ich für 600NOK ( Lofoten – Touri<br />

– Son<strong>der</strong>kondition ) eine sehr schöne , saubere Unterkunft<br />

im westlichsten Ort ( gut, die vorgelagerten<br />

Ich bin gleichzeitig aufgekratzt, geschafft durch die<br />

über 320 km, die heute hinter mir liegen <strong>und</strong> tiefenentspannt<br />

durch den sonoren Klang <strong>der</strong> Maschinen<br />

<strong>und</strong> … DAS NORDMEER... Gut, daß ich die Motorradklamotten<br />

an behalten hab. So halte ich es eine<br />

ganze Weile alleine an Deck aus <strong>und</strong> keiner behelligt<br />

mich mit meinen Gedanken. Als die Inselkette<br />

<strong>der</strong> Lofoten in Sicht kommt, füllt sich das Deck trotz<br />

eisigen Windes <strong>wie<strong>der</strong></strong>. Kein W<strong>und</strong>er. Was mir dazu<br />

einfällt: FAHRT SELBER DORTHIN UND MACHT<br />

DIE AUGEN AUF. Man ist eben einfach überwältigt.<br />

Die <strong>Mit</strong>ternachtssonne ( die erste, die ich überhaupt<br />

in meinem Leben erblicke ) trägt ihren Teil zu diesem<br />

Spiel aus Wolken, Meer, Licht <strong>und</strong> Felsen bei.<br />

Grandios!<br />

Sorry an <strong>der</strong> Stelle, wenn ich mal bissl zu sehr ins<br />

schwärmen gerate, aber ich hab das echt so empf<strong>und</strong>en.<br />

Das entladen dagegen ist <strong>wie<strong>der</strong></strong> durch<br />

geschäftiges fuchteln <strong>und</strong> rangieren geprägt.<br />

Inseln Mosken, Vaeroy, Rost <strong>und</strong> Storfjellet gehören<br />

auch noch dazu ) <strong>der</strong> Lofoten in einem <strong>der</strong> dort typischen,<br />

Rorbu genannten , auf Pfählen stehenden<br />

Häusern. Die <strong>AWO</strong> darf direkt davor auf den Planken<br />

stehen. Vom Zimmer mit licht<strong>und</strong>urchlässigen<br />

Gardinen <strong>und</strong> malerischer Aussicht auf den Bootshafen<br />

beobachte ich noch kurz, wie die Jungs, die<br />

mir bei <strong>der</strong> Zimmerfi ndung behilfl ich waren Fische<br />

sortieren <strong>und</strong> ausnehmen. Übrigens hatte ich hier<br />

das beste Bett <strong>der</strong> Reise. Hatte ich das irgendwo<br />

schonmal geschrieben? Kann sein. Das kann auch<br />

nochmal vorkommen, da ich diesen Titel mehrmals<br />

hätte vergeben können! Da eigentlich ja schon Tag<br />

10 angebrochen ist, verschiebe ich den Service am<br />

Motorrad auf den Morgen <strong>und</strong> schlafe nach einer<br />

warmen Dusche, einem Schluck Wasser <strong>und</strong> ein<br />

paar Bissen Brot selig ein. Hätte nicht gedacht,<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

17


heute schon bis hierher zu kommen<br />

TECHNISCHES:<br />

leichtes klingeln beim Vollgas geben ( z.B. an Steigungen)<br />

… 98er Sprit <strong>und</strong> es hört sich besser an<br />

Ventilspiel geprüft … ok<br />

Motoröl aufgefüllt ,,, das ist jeden Tag wichtig, nachzusehen<br />

bei <strong>der</strong> Dauerbelastung auf den Motor<br />

TAG 10<br />

08.06.12 (327km) Start 10:00 A, Leknes, Svolvaer,<br />

Bogen<br />

Guten Morgen. Und es ist ein schöner, sonniger <strong>und</strong><br />

frischer Morgen. Am Haus gegenüber nisten viele<br />

Möwen <strong>und</strong> das Gezeter ist nicht zu überhören. Die<br />

roten blauen, gelben <strong>und</strong> weißen Häuser mit meist<br />

weißen Fenster – <strong>und</strong> Türeinfassungen leuchten in<br />

<strong>der</strong> Sonne <strong>und</strong> heben sich wie bunte Farbkleckse<br />

von <strong>der</strong> Umgebung ab. Die Inselkette präsentiert<br />

sich heute von ihrer „sanften“ Seite. Ich mache den<br />

Service heute etwas auf dem Präsentierteller, direkt<br />

vor dem Restaurant <strong>und</strong> dessen Insassen. Die gucken<br />

belustigt, als ich den Benzinkocher anmache<br />

<strong>und</strong> mein Im Nu – Wasser erhitze, während ich Öl<br />

auffülle <strong>und</strong> Ventilspiel kontrolliere. Hier ist Obacht<br />

geboten, denn durch die Ritzen <strong>der</strong> Planken kann<br />

sich Werkzeug <strong>und</strong> Kleinteile schnell auf Nimmer<strong>wie<strong>der</strong></strong>sehen<br />

nach unten verabschieden.<br />

Passend <strong>zum</strong> Gezeter <strong>der</strong> Möwen gesellen sich<br />

die lauten Stimmen von deutschen Touri´s die nicht<br />

grüßen, die <strong>AWO</strong> aber „geil“ fi nden. Einer schalmeit<br />

seinen Fre<strong>und</strong>en nach, sehr selbstsicher, auch mal<br />

was zu wissen: „Ey, das ist doch ne alte SIMMONS“.<br />

Aber wenigstens haben sie ihren Spaß ... „eat,<br />

sleep, go fi shing“ …<br />

Die Lofoten sind eine <strong>der</strong> Regionen, in denen<br />

man beson<strong>der</strong>s bei Kaiserwetter mit <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> nur<br />

schwierig voran kommt. Einfach weil man überall<br />

anhalten MUSS!!! Es gibt einfach um jede Ecke<br />

eine neue „schönste Aussicht“. Nicht ohne Gr<strong>und</strong><br />

wollen hier alle hin. Vielleicht mehr wegen <strong>der</strong><br />

fantastischen Landschaft als wegen dem Geruch.<br />

Überall hängen Fische zu h<strong>und</strong>erten <strong>zum</strong> trocknen<br />

an hölzernen Gestellen. Torfi sk. Manch ein zartes<br />

Näschen wird sich wohl dran stören, ich fi nds passend,<br />

Heute im Einkaufsladen hab ich mir mal eine<br />

Packung <strong>zum</strong> probieren geholt. Schmeckt nicht<br />

übel <strong>und</strong> ist sehr ges<strong>und</strong>. Nur das essen ist etwas<br />

schwierig, weils hart ist.<br />

Unterwegs mache ich Halt an einer Bucht mit<br />

richtig weißem Sandstrand. Zum Baden lädt die<br />

kalte Luft zwar nicht ein, aber für ein Foto reichts.<br />

Ich hatte mich auch in letzter Zeit über ein geringes<br />

kippeln des Beiwagens gew<strong>und</strong>ert. Heute sehe<br />

ich die Ursache: <strong>der</strong> obere Befestigungspunkt des<br />

Beiwagens ist locker. Ein kurzer Halt an einem<br />

Bauernhof mit Milchvieh <strong>und</strong> dem größten Schlepper,<br />

den ich auf den Lofoten sehen konnte ( ein<br />

John Deere 6930 ähnlich meinem eigenen). Werkzeug<br />

raus, Auge festgezogen, Werkzeug rein, Foto<br />

machen, weiter.<br />

In einem größeren Ort ( bin nicht mehr sicher ob<br />

Leknes o<strong>der</strong> Svolvaer ) hole ich mir in einem expert<br />

– Elektroladen einen Speicherstick <strong>und</strong> lasse mir<br />

gleich <strong>wie<strong>der</strong></strong> alle Bil<strong>der</strong> sichern. Auf meine Frage<br />

was ich für die Datensicherung schuldig bin, lächelt<br />

er <strong>und</strong> meint „this service is for free“. Dafür war <strong>der</strong><br />

Stick ja teuer genug. Auf dem Parkplatz dann die<br />

erste Fehlzündung in Skandinavien. Zwei Frauen,<br />

die zufällig hinter mir entlang liefen: Schock. Zwei<br />

Männer, bei <strong>der</strong> <strong>Mit</strong>tagspause, die am Eingang vor<br />

mir standen: Freude <strong>und</strong> Daumen hoch. Ein kurzes<br />

„sorry“ zu den Damen <strong>und</strong> ich fahre los. Unterwegs<br />

mache heute mal ein kleines <strong>Mit</strong>tagsschläfchen an<br />

einer Haltebucht zu Füßen des Moysalen Nationalparks.<br />

Ruck zuck bin ich weggenickt. Als die Sonne<br />

hinter einer Wolke verschwindet, wird’s etwas<br />

frischer um die Nase <strong>und</strong> ich werde munter. Eine<br />

halbe St<strong>und</strong>e reicht <strong>und</strong> frisch geht’s weiter.<br />

18 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


Es fährt sich gut heute, aber die Eindrücke <strong>der</strong><br />

Lofoten, welche ich nun fast hinter mir lasse tun<br />

das ihre <strong>und</strong> so ist die Müdigkeit bald <strong>wie<strong>der</strong></strong> da.<br />

In Bogen, einem kleinen direkt an <strong>der</strong> E10, <strong>und</strong><br />

schön an einem Ausläufer des Ofotfjords gelegenen<br />

Örtchen fahre ich zunächst vorbei, weil ich keine<br />

Lust auf Hotel hab. Etwas weiter sehe ich dann ein<br />

im Umbau begriffenes ehemaliges Wirtshaus, an<br />

dem „Rom“ <strong>und</strong> „Hostel“ steht. Das passt mir besser.<br />

Vor dem Haus auf einer Bank sitzen 2 Männer <strong>und</strong><br />

diskutieren angeregt.<br />

Einer gibt sich schmunzelnd als Besitzer zu erkennen,<br />

um mir gleich einen Platz anzubieten. Ein paar<br />

Minuten später bin ich voll ins Gespräch integriert<br />

<strong>und</strong> meine Unterkunft ist zweitrangig, da er sowieso<br />

was frei hat. Es geht um norwegische Wasserkraft,<br />

deutschen Atomstrom, die verlogene Politik <strong>und</strong> was<br />

wäre, wenn alles zusammenbricht. Nebenbei zeigt<br />

er mir stolz seinen alten rostigen Bolin<strong>der</strong> – Munktell<br />

Traktor <strong>und</strong> berichtet, <strong>der</strong> Präsident vom „Rolling<br />

Anarchy“ - Motorradklub aus Moskau <strong>und</strong> seine<br />

Kumpels die hier einmal übernachtet haben, hätten<br />

den Trekker toll gef<strong>und</strong>en. Da aber kein Logo mehr<br />

auf <strong>der</strong> Motorhaube war, haben sie einen Klubaufkleber<br />

an <strong>der</strong> Stelle draufgeklebt, als Erinnerung<br />

. Eine St<strong>und</strong>e später ( gefühlte 10 min ) liegen meine<br />

Klamotten immer noch so rum, als wäre ich gerade<br />

erst angekommen. Nun aber fi x, ehe <strong>der</strong> Einkaufsladen<br />

zu macht, etwas zu essen holen <strong>und</strong> Bargeld<br />

von <strong>der</strong> Minibank. Er nimmt mich mit, wir einigen<br />

uns auf 350 NOK <strong>und</strong> ich hole ihm das bare.<br />

Ich kaufe Torfi sk <strong>zum</strong> probieren <strong>und</strong> 2 Flaschen<br />

Wasser . Er fi ndet gut, daß ich den getrockneten<br />

Fisch genommen hab, lacht aber beim Wasser<br />

<strong>und</strong> meint, daß in Norwegen nur Touristen Wasser<br />

kaufen würden. Wie<strong>der</strong> zurück, bekomme ich mein<br />

Zimmer zugewiesen. Ein wirklich gemütliches kleines<br />

Räumchen mit Bett, knuffi gem Le<strong>der</strong>sessel <strong>und</strong><br />

Panoramablick ( Schon <strong>wie<strong>der</strong></strong>? JA! Schön! ) auf<br />

den Fjord. Wenn man hier nicht die Seele baumeln<br />

lassen kann, wo dann.<br />

Beim Abendbrot mit Torfi sk, Kaviar, Kartoffelbrot,<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

Tee <strong>und</strong> Butterkeksen bringt <strong>der</strong> Herr des Hauses<br />

die nächsten Gäste herein. Tschechen, hier Angelurlaub<br />

machen wollen, aber fälschlicherweise im<br />

„HOTEL Bogen“ Einlass begehrten. Dort wurden<br />

sie abgelehnt, ohne in Kenntnis gesetzt zu werden,<br />

daß es ja auch noch das „HOSTEL Bogen gibt“. Ich<br />

höre, wie <strong>der</strong> Mann seinen Gästen erzählt, daß es<br />

auch hier im Fjord reiche Fischschwärme gäbe. Ein<br />

deutscher Tourist hätte eben erst gestern nahe <strong>der</strong><br />

kleinen Insel Delphine gesehen <strong>und</strong> das wäre ein<br />

sicheres Zeichen für guten Fisch.<br />

Die Tschechen sind sichtlich begeistert <strong>und</strong> machen<br />

gleich aus, auf dem Heimweg <strong>wie<strong>der</strong></strong> vorbei <strong>und</strong><br />

noch ein, zwei Tage länger zu bleiben, um hier zu<br />

fi schen. Die Ruhe ist zwar durch meine glaube ich<br />

feiernden tschechischen Nachbarn nicht mehr ganz<br />

so durchdringend, aber dennoch schlafe ich nach<br />

wenigen Takten „Schiller“ zufrieden ein.<br />

TECHNISCHES:<br />

oberes Befestigungsauge beim Beiwagen locker …<br />

festgezogen<br />

Reifen hinten nimmt beachtlich schnell ab … weiterfahren<br />

<strong>und</strong> beobachten<br />

eine Speiche vorn gebrochen, nur durch Ausfall des<br />

digitalen Tachos bemerkt, da ausgerechnet dort <strong>der</strong><br />

Gebermagnet dran war … gewechselt ( eine von<br />

Bastis Speichen aus Danewitz 2011. Danke Basti )<br />

Öl<br />

TAG 11<br />

09.06.12 (380km) Start 6:25 Bogen, Setermoen,<br />

Olsborg, Nordkjosbotn, Tromsö, Nordkjosbotn, Skibotn<br />

Dieser Morgen beginnt mal völlig an<strong>der</strong>s. Als ich los<br />

möchte; es ist kühl am Fjord <strong>und</strong> ich bin dick eingemummelt;<br />

will SIE nicht. Ich trete <strong>und</strong> trete aber<br />

außer ein paar kurzen Zündungen passiert nichts.<br />

Na doch, denn sie säuft ab. Werkzeug raus holen?<br />

Kerze trocknen? Boah ist das warm hier am Fjord...<br />

19


keine Lust... will los. Also anschieben.<br />

Die Straße geht bergab, aber bis zur Straße ist noch<br />

ein Stück <strong>und</strong> das geht nicht bergab. Ich dampfe<br />

jetzt schon. Endlich auf <strong>der</strong> Straße, anschieben ...<br />

sofort läuft sie; drauf geschwungen <strong>und</strong> weiter. Ich<br />

merke schon, wie ich innerlich schmelze. Nach vielleicht<br />

3 km halte ich an <strong>und</strong> MUSS mich ausziehen.<br />

Merke: Kerzenschlüssel immer griffbereit halten.<br />

Anschieben ist auch sonst nicht gut für den Antrieb.<br />

Außerdem ist man ja im Urlaub <strong>und</strong> nicht auf <strong>der</strong><br />

Flucht. Blö<strong>der</strong> Heini, denke ich noch, über meine<br />

Faulheit erschüttert <strong>und</strong> mache zur Strafe ne extra<br />

lange Pause. Danach ist alles <strong>wie<strong>der</strong></strong> ok. Die <strong>AWO</strong><br />

springt wie gewohnt an <strong>und</strong> ich bin auch <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

„abgelüftet“. Nie <strong>wie<strong>der</strong></strong> anschieben!<br />

An <strong>der</strong> nächsten Tankstation in Nordkjosbotn tanke<br />

ich, genehmige mir eine Käsebratwurst mit Schinken<br />

<strong>und</strong> frittierten Zwiebeln <strong>und</strong> frage nach einem<br />

Reifenladen in <strong>der</strong> Nähe. Die Verkäuferin meint,<br />

Tromsö. Upps, das liegt ja nicht gerade auf meinem<br />

Weg … aber … wir haben ja Zeit . Also auf nach<br />

Tromsö.<br />

Der Weg dorthin ist gut ausgebaut <strong>und</strong> … hatte ich<br />

schon erwähnt, daß die Natur umwerfend schön ist<br />

Ich versuche, mich durch die Stadt zu schlängeln<br />

<strong>und</strong> fahre durch die zweite Verbindung <strong>zum</strong> Festland.<br />

Wenn keine Brücke, was kanns in Norwegen<br />

sonst sein, als … EIN TUNNEL .... . Der „Motorradclub“<br />

befi ndet sich in Sichtweite <strong>der</strong> Eismeerkathedrale<br />

<strong>und</strong> entpuppt sich als wahrscheinlich nördlichster<br />

Außenposten <strong>der</strong> „Hells Angels“ .<br />

Die Tür ist zu. Vorsichtig ;-) drücke ich die Klingel<br />

<strong>und</strong> es öffnet ein langhaariger Kerl mit Brille die Tür.<br />

Ich erzähle ihm von meinem Reifenproblem <strong>und</strong> er<br />

schaut sich interessiert die <strong>AWO</strong> an. Kurz entschlossen<br />

nimmt er mich mit rein <strong>und</strong> kocht mir einen Kaffee,<br />

während er für mich mit <strong>Hin</strong>z <strong>und</strong> Kunz wegen<br />

einem passenden Pneu telefoniert. Nach ca. einer<br />

halben St<strong>und</strong>e gibt er auf, entschuldigt sich <strong>und</strong><br />

meint, es wäre Samstag Nachmittag <strong>und</strong> hier wäre<br />

da eben alles schon geschlossen. Ich bringe meinen<br />

Dank <strong>zum</strong> Ausdruck <strong>und</strong> verabschiede mich. Er<br />

wünscht mir noch ne gute Reise <strong>und</strong> schließt hinter<br />

mir <strong>wie<strong>der</strong></strong> ab, wegen <strong>der</strong> Polizei, wie er meint.<br />

Bisher bin ich ja fast keinen Weg doppelt gefahren.<br />

Die knapp 70 km zurück nach Nordkjosbotn sind<br />

zwar <strong>der</strong> gleiche Weg, nur kommt es einem vor,<br />

als ob man noch nicht da lang gefahren wäre. Die<br />

Landschaft zeigt mir jetzt das Gesicht, was sonst<br />

nur mein Rücklicht zu sehen bekommt. Wie<strong>der</strong> in<br />

Nordkjosbotn hole ich mir in dem Markt neben <strong>der</strong><br />

Tankstelle etwas Seelennahrung; einen Energieriegel,<br />

einen Daim - Krokantriegel <strong>und</strong> einen Smoothie.<br />

Dann telefoniere ich mit Anja <strong>und</strong> den Kin<strong>der</strong>n.<br />

Zu Hause ist alles so weit in Ordnung. Bis auf ein<br />

paar Streitereien bei den Kin<strong>der</strong>n geben sich doch<br />

alle Mühe, Frieden zu halten, wenn <strong>der</strong> Papa schon<br />

so lange weg sein muss. Anja zeigt zu Hause immer<br />

schön auf <strong>der</strong> Karte, wo ich gerade bin <strong>und</strong> Oma<br />

<strong>und</strong> Opa verfolgen alles im Atlas. Manchmal gibt sie<br />

mir auch dienliche <strong>Hin</strong>weise. So auf <strong>der</strong> RV17, als<br />

ich ohne Karte fuhr o<strong>der</strong> jetzt, dass ich von Tromsö<br />

mit <strong>der</strong> Fähre schneller über den Sörfjord gekommen<br />

wäre, als <strong>wie<strong>der</strong></strong> die E8 zurück. Diese Art fernmündlicher<br />

Unterstützung fi nde ich sehr angenehm.<br />

… bis Tromsö sind es trotzdem an die 70 km. Schon<br />

von weitem sieht man die schmale, stelzbeinige<br />

Brücke, welche die Innenstadt <strong>und</strong> das Festland<br />

verbindet. Davor steht wie ein verkehrt herum in den<br />

Boden gesteckter Eiszapfen die Eismeerkathedrale.<br />

Diese umr<strong>und</strong>e ich <strong>und</strong> ein paar verw<strong>und</strong>ert drein<br />

blickende Passanten machen mich stutzig; oje, in<br />

eine gesperrte Straße rein gefahren, Sorry. Noch<br />

schnell ein Bild: „Eiszapfenkathedrale mit <strong>AWO</strong>“ <strong>und</strong><br />

schwupp, über die Brücke in die City. Dort pulsiert<br />

das Leben.<br />

Einen jungen Mann an <strong>der</strong> Tankstelle spreche ich<br />

wegen einem Reifenladen an. Er zeigt mir auf <strong>der</strong><br />

Karte einen Reifenladen <strong>und</strong> auch einen „Motorradclub“,<br />

meint aber auch, es könne Samstag Nachmittag<br />

schwierig werden, weil alle Geschäfte zu hätten.<br />

20 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


Auf <strong>der</strong> eingeschlagenen Route wird die E8 zur E6<br />

<strong>und</strong> wir bewegen uns jetzt schon ganz schön weit<br />

nördlich. Noch ist nicht abzusehen, daß irgendwann<br />

die Straßen nur noch <strong>wie<strong>der</strong></strong> runter nach Süden<br />

führen <strong>und</strong> … ich fi nde das fabelhaft. … .<br />

Es geht entlang <strong>der</strong> Ostseite des Storfjords. Skibotn<br />

bietet mir <strong>wie<strong>der</strong></strong> eine Möglichkeit, Benzin zu fassen,<br />

was ich auch tue. Meine Gedanken sind aber abgelenkt,<br />

weil sich genau gegenüber ein Hof befi ndet,<br />

wo ein Bauer Heu aus <strong>der</strong> Scheune holt <strong>und</strong> in eine<br />

Presse gabelt. Da ich auf Gr<strong>und</strong> meiner Reise ( die<br />

Zeit kleine Bündel zu pressen war zu knapp <strong>und</strong><br />

so haben wir nur große Qua<strong>der</strong>, die wir bei Bedarf<br />

aufl ösen <strong>und</strong> pressen möchten) dieses „stationäre“<br />

System zu Hause auch einsetzen möchte, mache<br />

ich kehrt <strong>und</strong> fahre auf <strong>der</strong> gegenüberliegenden<br />

Seite in die Hofeinfahrt. Jetzt halte ich auch noch<br />

die Leute von ihrer Arbeit ab. Sowas!<br />

Der Mann ist schätze ich <strong>Mit</strong>te – Ende 50 sehr nett,<br />

kann gut englisch, macht gleich die Maschine aus<br />

<strong>und</strong> wir kommen schnell in Fachgespräche. Seine<br />

Frau guckt um die Scheunenecke, wer zu Besuch<br />

ist <strong>und</strong> kommt kurz darauf mit ihrer Schwägerin<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong>. Diese meint, ich solle ihr mit dem Motorrad<br />

folgen <strong>und</strong> mit <strong>zum</strong> Kaffee kommen. Ich bin etwas<br />

verunsichert <strong>und</strong> fahre langsam hinterher.<br />

Sie stellt sich als Anny vor <strong>und</strong> ruft auch ihren Mann<br />

Oddm<strong>und</strong> herbei. Sogleich gibt’s <strong>wie<strong>der</strong></strong> viel zu erzählen<br />

<strong>und</strong> bald ist auch <strong>der</strong> Kaffee fertig. Es stehen<br />

noch so einige an<strong>der</strong>e lokale Leckereien auf dem<br />

Tisch ( eine Art Knäckebrot, Moltebeerenmarmelade,<br />

<strong>und</strong> Prim, sowas wie etwas süßlich schmecken<strong>der</strong><br />

Käse <strong>zum</strong> aufs Brot streichen, von dem Anny sagt<br />

sie würden selten ohne dieses „Zeug“ verreisen)<br />

<strong>und</strong> ich soll doch zugreifen, nach <strong>der</strong> langen Reise.<br />

Das Häuschen ist wirklich schön <strong>und</strong> gemütlich.<br />

Rasch sind zwei St<strong>und</strong>en verquatscht <strong>und</strong> sie<br />

wollten doch noch etwas tun. Natürlich wäre es jetzt<br />

zu spät <strong>zum</strong> weiter fahren <strong>und</strong> ich könne hier natürlich<br />

übernachten. Anny möchte auf dem Gr<strong>und</strong>stück<br />

Löcher mit Erde ausfüllen, damit die Wiese schön<br />

eben wird. Während ich ihr dabei helfe, schneidet<br />

Oddm<strong>und</strong> mit seinem mobilen Sägegatter Bretter für<br />

die Sanierung einer alten Hütte zurecht. Sie meint<br />

noch, sie müßte mich für meine Arbeit bezahlen.<br />

Als ich meine, soweit kommt es noch, daß sie mich<br />

aufnehmen <strong>und</strong> noch dafür bezahlen, <strong>und</strong> wenn das<br />

so wäre, müße ich sofort aufbrechen lacht sie nur.<br />

Thema abgehakt :-) .<br />

Als die Arbeit geschafft ist, sehe ich mir das Sägegatter<br />

an <strong>und</strong> mache den täglichen <strong>AWO</strong> – Service.<br />

Anny geht Abendbrot vorbereiten.<br />

Wie ich meinen Wal möchte, fragt sie, gegrillt o<strong>der</strong><br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

21


mit heller Soße. Ehe ich was sagen kann meint sie,<br />

wir machen einfach beides. Da kannst du kosten,<br />

was besser schmeckt. Wow. Es gibt was? Wal? Hier<br />

werde ich völlig unaufgefor<strong>der</strong>t eingeladen, darf<br />

übernachten, bekomme in Gesprächen so viele<br />

Informationen, wie ich kaum aufnehmen kann <strong>und</strong><br />

werde auch noch mit lokalen Delikatessen verwöhnt?<br />

Das klingt alles wie ausgedacht, fühlt sich<br />

aber verdammt echt an!!! Wenn sich mir die Gedanken<br />

jetzt noch im Kopf drehen, kann ichs selber<br />

kaum glauben …<br />

gelassen. Viele starben <strong>und</strong> wurden, weil die Erde<br />

gefroren war, unter <strong>der</strong> Straße verscharrt. Dieser<br />

Pfad dient heute dem Gedenken.<br />

Tief bewegt hat mich auch, als Anny sichtlich bedrückt<br />

von einem Spaziergang auf diesem Weg<br />

erzählt. Sie sind sich sehr <strong>der</strong> Bedeutung um diesen<br />

Weg bewußt. Während sie gehen, bekommen sie<br />

von einem ihrer Kin<strong>der</strong> einen erschütternden Anruf.<br />

Sie werden informiert, daß ein Norweger namens<br />

Breivik in Oslo Gebäude in die Luft gejagt hat <strong>und</strong><br />

sehr viele Menschen, darunter auch Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Jedenfalls gibt’s Wal mit Gemüse <strong>und</strong> roten Kartoffeln.<br />

Beide Zubereitungsformen sind äußerst lecker<br />

<strong>und</strong> völlig überraschend im Geschmack. Von Aussehen<br />

<strong>und</strong> Konsistenz her würde ich es zwischen Rind<br />

<strong>und</strong> Schwein einordnen <strong>und</strong>, obwohl es ein Säugetier<br />

ist kommt ein feiner Fischgeschmack durch.<br />

Alles in allem ein für mich einzigartiges Geschmackserlebnis.<br />

Preiselbeeren <strong>und</strong> Rotwein dürfen nicht<br />

fehlen.<br />

Bei essen, trinken <strong>und</strong> unterhalten vergehen St<strong>und</strong>en<br />

in Minuten. Auch sogenannte Tabuthemen wie<br />

Walfang <strong>und</strong> 2. Weltkrieg sprechen wir ganz normal<br />

an <strong>und</strong> es gibt keinerlei Irritationen, auch wenn<br />

ich <strong>zum</strong> Ausdruck bringe, dich es, wie die beide<br />

übrigens auch, gut fi nde, daß Walfang strengstens<br />

reglementiert ist.<br />

Ich erfahre auch, daß hier die fi nnische Kultur größeren<br />

Einfl uß hat, weil vor langer Zeit in Finnland<br />

eine große Hungersnot herrschte <strong>und</strong> viele Finnen<br />

sich retteten, indem sie in Richtung Küste zogen.<br />

Auch hier haben die Deutschen tiefe Narben hinterlassen.<br />

Es wurden ohne Gnade die Leute vertrieben<br />

o<strong>der</strong> umgebracht <strong>und</strong> alles Vieh getötet, sowie alle<br />

Häuser verbrannt <strong>und</strong> Bäume abgeholzt. Zweck<br />

dieser „Aktion“ sollte sein, den „feindlichen“ Truppen<br />

nichts als verbrannte Erde ohne Möglichkeit des Unterschlupfes,<br />

<strong>der</strong> Nahrungsbeschaffung o<strong>der</strong> etwa<br />

sogar des Zuspruches <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hilfe <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

zu hinterlassen. Es gibt hier hauch eine Passstraße,<br />

die „<strong>der</strong> Blutweg“ genannt wird. Sie wurde<br />

im Krieg durch die Nazis von Gefangenen errichten<br />

Jugendliche gezielt ermordet hat, offensichtlich aus<br />

rassistischen <strong>Hin</strong>tergründen. Sie kann nicht ausdrücken,<br />

was für Gefühle sie dort hatten, aber ich sehe<br />

es ihnen an <strong>und</strong> schweige auch.<br />

Es gibt aber auch schöne Themen. Ich erzähle viel<br />

von <strong>der</strong> Landwirtschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> Familie.<br />

Anny holt noch ein Buch heraus, in das ich etwas<br />

schreiben soll. Es ist spät, aber natürlich nicht<br />

dunkel geworden. Ich bedanke mich nochmals für<br />

die Gastfre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> erzähle, daß wir zeitig<br />

aufbrechen wollen. Es folgt eine kurze Erklärung,<br />

wo ich alles mögliche zu essen fürs Frühstück fi nde<br />

<strong>und</strong>, daß sie die Tür offen lassen. Ich könne mich<br />

dann selber kümmern. Abschließend gibt es noch<br />

eine Einladung, je<strong>der</strong>zeit <strong>wie<strong>der</strong></strong> herkommen zu<br />

dürfen <strong>und</strong> Adressen <strong>und</strong> Telefonnummern werden<br />

getauscht. Sie unterschreiben noch auf meinem<br />

„Tour – T-Shirt“ <strong>und</strong> dann ziehe ich mich in die Hütte<br />

zurück. In meinem Tagebuch ist heute die Schrift<br />

recht unleserlich, weil ich gegen die zu fallenden<br />

Augen ankämpfe. Sollte ich besser morgens die<br />

Aufzeichnungen machen?<br />

TECHNISCHES:<br />

ein wenig Öl vom Entlüfterdrehschieber steht im<br />

Lichtmaschinendeckel .. gereinigt<br />

Luftfi lter gereinigt <strong>und</strong> bissl eingeölt<br />

Magnet gereinigt<br />

Zündkerze gereinigt<br />

Vorn <strong>wie<strong>der</strong></strong> eine Speiche gebrochen … gewechselt<br />

22 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


TAG 12<br />

10.06.12 (485km) Gesamtstrecke 4962km Start<br />

6:30 Skibotn, Sorstraumen, Alta, Hammerfest<br />

Als ich <strong>wie<strong>der</strong></strong> den Helm aufsetze <strong>und</strong> noch schnell<br />

mein Benzinbuch einschreibe ( 10,1 l bei 4655 km )<br />

trottelt er <strong>wie<strong>der</strong></strong> von dannen.<br />

Irgendwo zwischen Sorstraumen <strong>und</strong> Alta mache<br />

ich bei einer Red Bull – Pause eine Entdeckung.<br />

Das Seitenwagenboot fängt hinten an <strong>der</strong> letzten<br />

Schraube mit <strong>der</strong> <strong>der</strong> Kotfl ügel befestigt ist an, zu<br />

reißen. Beim Schraubertag in Kamenz hatte ich bei<br />

einem Sportawogespann schon eine Verstrebung<br />

vom Bodenblech <strong>zum</strong> äußeren Ende des Kotfl ügels<br />

gesehen <strong>und</strong> wollte das noch bei mir anbauen. Aber,<br />

Kopp wie Sieb,,, vergessen. Und nun reißts.<br />

Ich wühle mein Werkzeug <strong>und</strong> die Ersatzteile nach<br />

irgendetwas durch <strong>und</strong> fi nde nur ein größeres Stück<br />

Flacheisen. Es ist meine selbst gebaute hintere<br />

Auspuffhalterung in extra schwerer Ausführung. Das<br />

wird doch nix, denke ich noch <strong>und</strong> halte mal aus<br />

Spaß <strong>und</strong> weil auch nix an<strong>der</strong>es da ist, das leicht<br />

Gemütlich geht’s los. Heut hab ich die Ruhe weg.<br />

Erstmal schön frühstücken, waschen, Zähne putzen<br />

usw. . Dann packe ich alles zusammen <strong>und</strong><br />

fahre „leise“ vom Hof . Es war schön bei euch! Heut<br />

fröstelts mich obwohl 8-10°C sind ein bisschen.<br />

Was steht heute auf dem Programm: fahren, fahren,<br />

fahren. Die E6 schlängelt sich an <strong>der</strong> Küste entlang.<br />

In Sorstraumen freue ich mich schon auf einen<br />

Tankstopp mit Kakao. Der Kakao muß ausfallen, da<br />

<strong>der</strong> Laden geschlossen ist. Also gibts Automatenbenzin<br />

<strong>und</strong> ein paar leckere r<strong>und</strong>e Wikana – Butterkekse<br />

(die leckersten die ich kenne ), die Lukas mir<br />

von seinem eigenen Taschengeld gekauft <strong>und</strong> „für<br />

schlechte Zeiten“ mitgegeben hat.<br />

Das Dorf besteht aus wenigen, verstreut liegenden<br />

Häusern. Aus einem in <strong>der</strong> Nähe kommt ein großer<br />

weißer H<strong>und</strong> auf mich zu. Erst schnuppert er an<br />

<strong>der</strong> <strong>AWO</strong>, kommt dann aber doch zu mir <strong>und</strong> wir<br />

knuddeln eine Weile. Ob er mich versteht, wenn ich<br />

deutsch mit ihm rede, weiß ich nicht.<br />

gebogene Stück Eisen an die Stelle, wo es hin<br />

kommen soll. Mich trifft <strong>der</strong> Schlag. Das Teil passt<br />

!!!! Die Löcher, die Länge, die Biegung. Ich werd<br />

verrückt. Hätte ich ein Ersatzfl acheisen für eben<br />

diese Kotfl ügelhalterung bauen müßen, hätte es<br />

genauso aussehen müßen. Ein kleiner Freudentanz<br />

bleibt nicht aus. Zufälle gibt’s, die gibt’s gar nicht.<br />

Dafür, daß ich eigentlich nichts dafür mit hatte, war<br />

die Reparaturdauer von 15 min inklusive Red Bull<br />

trinken, Sachen aus- <strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> einräumen <strong>und</strong><br />

Freudentanz sehr angemessen.<br />

Nächster Halt : Alta am Altafjord. Die größte Stadt<br />

im hohen Norden Norwegens. An einer Tankstelle<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

23


weich sich das anfühlt. Sie stammt aus Karasjok,<br />

erzählt mir mit Stolz, daß sie den Betrieb von ihrem<br />

Vater übernommen hat <strong>und</strong> die Felle von ihren eigenen<br />

Herden stammen <strong>und</strong> selbst gegerbt sind. Ein<br />

kleines Fell kostet um die 500 NOK, ein superschönes<br />

großes möchte sie mir nicht für unter 650 NOK<br />

überlassen. Lei<strong>der</strong> habe ich viel zu wenig Bargeld<br />

dabei <strong>und</strong> bis Alta zurück <strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> hin ist auch ne<br />

St<strong>und</strong>e weg. Schade.<br />

Hammerfest ist ein größerer Umweg <strong>und</strong> als ich den<br />

etwas heruntergekommenen Hüttenpark sehe <strong>und</strong><br />

bemerke, daß die ganze Stadt mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

eine riesige Baustelle ist, bekomme ich meine<br />

Zweifel, obs die insgesamt 100 km Umweg wert<br />

war. Ich tanke, fahre eine schmale Straße zwischen<br />

Wohnhäusern den Berg hinauf, bis es nicht weiter<br />

geht. <strong>und</strong> komme doch noch auf meine Kosten. Ein<br />

w<strong>und</strong>ervoller Blick auf die Stadt, den Hafen <strong>und</strong> den<br />

rede ich mit einer Gruppe „Gummikuhfahrer“ <strong>der</strong>en<br />

Sprache bayrisch klingt <strong>und</strong> die etwas ungläubig<br />

meine „alte Dame“ beäugen. Sie kamen über<br />

Schweden hinauf <strong>und</strong> hatten mehrere Tage hintereinan<strong>der</strong><br />

Dauerregen. Ähnlich erging es ihnen am<br />

Kap; Nebel, 2 °C, Wind. Die Motivation hatte schon<br />

etwas nachgelassen <strong>und</strong> alle hofften auf besseres<br />

Wetter <strong>und</strong> mehr Erlebnisse in Norge.<br />

Ich ermuntere sie etwas mit guten Aussichten, wünsche<br />

gute Fahrt <strong>und</strong> sie summen davon.<br />

Kurz darauf spricht mich ein Pärchen aus Holland<br />

an, das auch mit den Bikes hier ist <strong>und</strong> richtig Pech<br />

hatte. Bei <strong>der</strong> einen Maschine ist die Telegabel<br />

kaputt, bei <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> Reifen platt. Deshalb<br />

sind sie scharf auf meinen Ersatzreifen. Der passt<br />

nicht wirklich auf ihre Triumph <strong>und</strong> es ist <strong>wie<strong>der</strong></strong>mal<br />

Sonntag <strong>und</strong> alle in Frage kommenden Läden haben<br />

zu. So sitzen sie halt in Alta fest. Wir wünschen<br />

uns gegenseitig alles Gute <strong>und</strong> ich knatter los in<br />

Richtung Innenstadt. Hammerfest <strong>und</strong> <strong>Nordkap</strong> sind<br />

ausgeschil<strong>der</strong>t.<br />

Die Stadt wird hinter uns kleiner <strong>und</strong> die Landschaft<br />

verän<strong>der</strong>t ihr Gesicht. An dieser Stelle wi<strong>der</strong>spreche<br />

ich allen, die sagen es wäre langweilig, öde <strong>und</strong><br />

gäbe nichts zu sehen. Das verstehe ich nicht. Leute,<br />

dann setzt die Filzbrille ab! Auch diese Landschaft<br />

ist sehr reizvoll, allerdings auf ihre ei(-gene)sige<br />

Art. Man wird nicht mehr so von den Eindrücken<br />

erschlagen, muß mehr im Kleinen schauen, entdeckt<br />

dann dafür aber so manche Überraschung.<br />

Die Artenvielfalt hier ist erstaunlich, aber eben eine<br />

Dimension kleiner. Unterwegs halte ich an einer<br />

Hütte an, wo eine Frau mit zwei H<strong>und</strong>en Rentierfelle<br />

<strong>und</strong> Souvenirs verkauft. Bis dahin hatte ich die<br />

Felle noch lebend in <strong>der</strong> Natur rum rennen gesehen<br />

<strong>und</strong> bin jetzt sehr positiv überrascht, wie warm <strong>und</strong><br />

Storoys<strong>und</strong> mit <strong>der</strong> kleinen Insel Haja entschädigen<br />

mich für die „Extratour“ Ich verweile ein paar Minuten<br />

<strong>und</strong> lasse mir den Wind um die Ohren fegen.<br />

Für einen kleinen Moment öffnet sich die Wolkendecke<br />

<strong>und</strong> läßt einen Strahl Sonnenlicht auf das<br />

leicht gekräuselte Wasser fallen. Zack, das schönste<br />

Bild von Hammerfest ist im Kasten <strong>und</strong> schon<br />

zieht es sich <strong>wie<strong>der</strong></strong> zu. Durch Straßenbaustellen<br />

<strong>und</strong> viel Verkehr manövriere ich durch die „nördlichste<br />

Stadt“ Europas. Eigentlich wollte ich heute<br />

mal ein Hotelzimmer nehmen, doch mir kommt<br />

nichts in die Quere, was mir so auf Anhieb gefällt.<br />

Also verlasse ich die Stadt. An einem Eisbären aus<br />

Plastik wird die <strong>AWO</strong> nochmal schnell für ein Foto<br />

platziert. Beim nächsten Haus an dem „Rom“ steht,<br />

klingle ich, um nach Unterkunft zu fragen. Niemand<br />

da. Das Zelt ruft schon aus dem Beiwagen: „Nimm<br />

mich! Zelte mal <strong>wie<strong>der</strong></strong>. Vor allem hier, so nördlich<br />

wies kaum nördlicher geht!“ Tatsächlich fi nden wir<br />

ein schönes Plätzchen mit herrlichem Blick auf das<br />

Wasser, die Insel Soroya <strong>und</strong> die schneebedeckten<br />

Spitzen <strong>der</strong> Berge.<br />

24 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


Vögel beobachten konnte, die es in <strong>Mit</strong>teleuropa<br />

nur äußerst selten zu sehen gibt. Ihr Highlight auf<br />

<strong>der</strong> Reise, einen Gerfalken in seiner natürlichen<br />

Umgebung vor das Fernglas zu bekommen. Etwas<br />

später verabschieden wir uns scherzhaft „vorläufi g“.<br />

<strong>Mit</strong> Sicherheit trifft man sich nochmal. Der Tag klingt<br />

aus bei einem Emailletippel Tee <strong>und</strong> einem Dokumentarfi<br />

lm ohne Sprecher über Nordnorwegen, <strong>der</strong><br />

live direkt vor meinem Zelt <strong>und</strong> ohne Werbepause<br />

abgespielt wird.<br />

Hach … Ja... richtige Entscheidung. In zweih<strong>und</strong>ert<br />

Metern Entfernung verläuft die Straße, Knapp 1 km<br />

bis zur nächsten Hütte <strong>und</strong> 100m weiter weidet<br />

eine Herde Rentiere, neugierig näher kommend. An<br />

einer geraden Stelle schlage ich das Zelt auf <strong>und</strong><br />

merke, daß ich heute ein Himmelbett haben werde.<br />

Das Zelt steht auf total dichtem, weichem, grünem<br />

Bewuchs. Das sieht saftig aus <strong>und</strong> ich glaube, die<br />

Rentiere fressen das gerne.<br />

Das Zelt steht, die <strong>AWO</strong> hat ihre wohlverdiente tägliche<br />

Pfl ege, ist schon zugedeckt <strong>und</strong> schläft friedlich,<br />

so wie ich auch gleich. Der Benzinkocher gibt schon<br />

wohlige Wärme ab <strong>und</strong> wartet, daß ich mir den Tee<br />

ausgesucht hab. Thüringer 9 – Kräuter muß es<br />

heute sein.<br />

Plötzlich hupt es <strong>und</strong> ich sehe Leute aussteigen <strong>und</strong><br />

winken. Als ich an näher komme, sind die Schweizer<br />

zu erkennen. Ich freue mich ehrlich. Unverhofft<br />

kommt oft. So was kann man nicht planen. Die<br />

Mutter des Fahrers ist begeisterte Ornithologin <strong>und</strong><br />

erzählt, daß sie schon die verschiedensten<br />

TECHNISCHES:<br />

Beiwagenkotfl ügelhalterung am Boot gerissen …<br />

mit Ersatzauspuffhalterung sehr gut fest bekommen<br />

Öl geprüft <strong>und</strong> aufgefüllt<br />

ein paar Worte <strong>der</strong> Dankbarkeit gen <strong>AWO</strong> fürs bis<br />

hier her aushalten<br />

TAG 13<br />

1.06.12 (228 km) Start 6:00 Hammerfest, Skaidi,<br />

Ol<strong>der</strong>fjord, Honningsvag, <strong>Nordkap</strong>, Skarsvag<br />

Dies ist <strong>der</strong> erste Tag, an dem ich wegen <strong>der</strong> Ernte<br />

meine Reiseaufzeichnungen via tragbarem Kleinkomputer,<br />

immer wenn Zeit ist ,auf dem Trekker<br />

eintippe.<br />

Der <strong>Nordkap</strong>tag bricht an. Tag 13 <strong>und</strong> ich mache mir<br />

beim Frühstück auf dem MP3 – Spieler vom Unheilig<br />

– Album „Große Freiheit“ Titel 13 „Fernweh“ an.<br />

„Ferne Welt ich komme, ich kann deine Himmel sehn<br />

…“, singt <strong>der</strong> Graf. Ich sitze mittendrin <strong>und</strong> fi nde das<br />

Lied ultrapassend! Etwas aufgeregt bin ich schon,<br />

aber es liegen auch noch ein paar einzelne Kilometerchen<br />

hier <strong>und</strong> da herum, die bewältigt werden<br />

wollen. Der Benzinkocher erledigt seinen Job wie<br />

immer ohne Mucken, nachdem ich gestern abend<br />

aus <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> noch was abgezapft habe.<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

25


Stadt Europas ist, wird, wie so oft, an einer Shell<br />

getankt <strong>und</strong> es gibt endlich <strong>wie<strong>der</strong></strong> Polse mit Bacon<br />

<strong>und</strong> heißen Kakao <strong>zum</strong> durchwärmen.<br />

Ready … Steady … Go ! Auf <strong>zum</strong> Kap, in den Nebel.<br />

Kurz vor Skarsvag fahre ich geradeaus, statt links<br />

hoch. Ich lande in einer Sackgasse am Meer. Das<br />

kann nicht das <strong>Nordkap</strong>p sein :-).<br />

Danach das Standardproze<strong>der</strong>e. Waschen, Zähne<br />

putzen (das nördlichste Zähne putzen in freier Natur<br />

in meinem bisherigen Leben), Zelt abbauen <strong>und</strong><br />

alles verstauen. Fertig. Los! Die Strecke zieht sich<br />

hin. Zunächst recht unspektakulär ( für norwegische<br />

Verhältnisse ), dann schlängelt sie sich teils gewagt<br />

an <strong>der</strong> Küste des Porsangerfjordes entlang.<br />

Mein Thermometer zeigt 8-12 °C <strong>und</strong> ich friere<br />

wie ein Schlossh<strong>und</strong>. Komisch, die 4°C auf dem<br />

Strynefjell haben mir doch auch nichts ausgemacht.<br />

Ignorieren <strong>und</strong> öfters mal anhalten <strong>und</strong> paar Liegestütze<br />

machen. Die so schon recht „übersichtlichen“<br />

menschlichen Spuren werden hier noch sperlicher.<br />

Von Smorfjord bis Honningsvag gibt es kaum 5 Dörfer<br />

<strong>und</strong> zwischen Ol<strong>der</strong>fjord <strong>und</strong> Honningsvag sollte<br />

man auch nicht grade mit dem letzten Tropfen Benzin<br />

ohne Reserve unterwegs sein. Da das Kap auf<br />

<strong>der</strong> Insel Mageroya liegt, gab es bis vor einer Weile<br />

eine Fähre. Jetzt ein Tunnel. 6km lang über 200m<br />

tief <strong>und</strong> mautpfl ichtig. In Honningsvag, das, seit es<br />

als Stadt anerkannt ist, die eigentlich nördlichste<br />

Auf dem Rückweg sehe ich vor dem kleinen, nett<br />

aussehenden „<strong>Nordkap</strong> Touristhotel“ einen Motorradfahrer<br />

an seiner BMW – Reisemaschine mit<br />

deutschem Nummernschild stehen <strong>und</strong> schwenke<br />

auf den Parkplatz ein. Er freut sich <strong>und</strong> erzählt, daß<br />

er sich vom Kap runterschleppen lassen mußte,<br />

weil seine Gummikuh nicht mehr anspringen wollte.<br />

Heute, am zweiten Tag hier ist das selbe Wetter,<br />

nämlich ohne Aussicht, etwas am Kap zu sehen <strong>und</strong><br />

er läßt sich vom Hotelier in eine Halle schleppen.<br />

Dort wird er versuchen, den Fehler zu fi nden <strong>und</strong> zu<br />

beheben. Der Hotelmanager möchte gleich wissen,<br />

wo ich her komme <strong>und</strong> winkt ab, als ich „Hammerfest“<br />

sage <strong>und</strong> meine erfolglose Suche nach eine<br />

Unterkunft, sowie die vielen Baustellen beschreibe.<br />

Er meint dazu nur: „Ich denke manchmal, die<br />

26 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


wollen dort gar keine Touristen noch jemand an<strong>der</strong>en<br />

haben <strong>und</strong> unter sich bleiben.“ <strong>und</strong> schmunzelt.<br />

Ein Zimmer inkl. Frühstück <strong>und</strong> die Chance auf ein<br />

Abendbrot sichere ich mir gleich <strong>und</strong> verabschiede<br />

mich vorerst. Dem Biker wünsche ich viel Erfolg bei<br />

seiner Fehlersuche.<br />

Von Skarsvag aus sind es jetzt noch zirka 12 km<br />

bis an den Wendepunkt meiner Reise. Es geht<br />

fast die ganze Strecke bergan <strong>und</strong> quer über die<br />

Insel. Den Namen hat dieses Eiland nicht umsonst.<br />

„Mager“oya. Sieht genauso aus, wie sie heißt. Kleine<br />

Seen zwischen Fels <strong>und</strong> Geröll; kein Baum, niedriges<br />

Gras, <strong>wie<strong>der</strong></strong> Geröll <strong>und</strong> … hatte ich schon<br />

Geröll erwähnt?<br />

Ab geschätzt 300m Höhe über NN verschwindet die<br />

Straße recht plötzlich in einer Nebelwand. Willkommen<br />

am <strong>Nordkap</strong>. Gerade fährt das <strong>Hin</strong>weisschild<br />

<strong>zum</strong> Kap Knivskjellodden, dem wirklich nördlichsten<br />

Punkt des europ. Festlandes an uns vorbei. Gerade<br />

noch so erkannt in dieser Suppe. Also weit kanns<br />

nicht mehr sein. Die Spannung steigt. Aus dem<br />

weißen Nichts taucht das Terminal <strong>zum</strong> Maut bezahlen<br />

auf. Ein Ticket gilt 2 Tage. Der junge Mann<br />

ist begeistert von meiner Gutsten <strong>und</strong> da sowieso<br />

nichts los ist, quatschen wir ne ganze Weile. Nebenbei<br />

bemerkt er ( wenn ich ihn richtig verstanden hab<br />

) seine Mutter hätte auch ein Motorrad mit den selben<br />

Tankemblemen, aber <strong>der</strong> Rahmen wäre an<strong>der</strong>s.<br />

Kann ja nur ne Touren-<strong>AWO</strong> sein. Dieses Gespräch<br />

hätte man noch vertiefen sollen. Ich frage noch, wie<br />

ich DIREKT <strong>zum</strong> Globus komme. „Normalerweise<br />

gar nicht“, meint er lächelnd, aber ich solle doch mal<br />

10 m zurück rollen <strong>und</strong> die Busspur entlang fahren<br />

<strong>und</strong> kurz vor <strong>der</strong> <strong>Nordkap</strong>halle rechts um das Gebäude<br />

herum fahren. Dann würde ich schon sehen.<br />

Thanks a lot!<br />

Durch den Nebel sehe ich zwar nichts, aber fi nde<br />

meinen Weg <strong>und</strong> werde auch nicht behelligt. Hier<br />

ist top Wetter: 4°C, straffer Wind von <strong>der</strong> Seite <strong>und</strong><br />

Nebel mit 5m Sicht. Also top Wetter für Grog mit<br />

Glysantin. Thats norway“, denke ich <strong>und</strong> fi nde es<br />

total klasse, egal ob man was sieht o<strong>der</strong> nicht.<br />

Ich postiere uns vor dem Globus <strong>und</strong> mir entfährt<br />

ein Freudenjauchzer: „YES“. Einer macht für mich<br />

ein Beweisfoto <strong>und</strong> ich spreche mit einem Fahrradfahrer,<br />

<strong>der</strong> über 3000km von Deutschland hier her<br />

geschafft hat.Wahnsinn!<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

27


Und ich?<br />

NORDKAP: ERREICHT !<br />

Wir habens wirklich die 5180km bis hierher super<br />

zusammen ausgehalten <strong>und</strong> technisch gabs nichts,<br />

was uns hätte stoppen können. Ein erheben<strong>der</strong> Moment,<br />

den ich erst in <strong>der</strong> Halle richtig realisiere. Auf<br />

<strong>der</strong> Treppe sitzend <strong>und</strong> draußen den Nebel beobachtend<br />

führe ich ein sehr emotionales Telefonat mit<br />

zu Hause. Langsam realisiert man, daß es schon<br />

etwas ganz beson<strong>der</strong>es ist, nach, <strong>der</strong> bewältigten<br />

Strecke ges<strong>und</strong> hier stehen zu können. Jetzt geht’s<br />

ans schreiben. Viele Adressen sind abzuarbeiten<br />

<strong>und</strong> warten auf ein Zeichen. Nach über einer St<strong>und</strong>e<br />

kommt <strong>der</strong> Fahrradfahrer <strong>wie<strong>der</strong></strong> vorbei <strong>und</strong><br />

freut sich, weil ich immer noch schreibe. Im Souvenirshop<br />

kaufe ich dann ein Rentierfell <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e<br />

<strong>Mit</strong>bringsel für daheim <strong>und</strong> bringe gleich nicht ganz<br />

ohne Stolz den gekauften „<strong>Nordkap</strong>“ - Aufkleber am<br />

Beiwagen an. Ganz in Ruhe schaue ich mir den<br />

ganzen Komplex mit Kino, Restaurants, Museum<br />

etc. an, esse noch ein Eis <strong>und</strong> lasse beim Blick aus<br />

dem Fenster die Gedanken schweifen.<br />

Mal sieht man gar nichts, dann klart es <strong>wie<strong>der</strong></strong> auf<br />

<strong>und</strong> gibt den Blick bis <strong>zum</strong> Globus frei . Der Wind<br />

treibt immer neue Wolken <strong>und</strong> Nebelschwaden<br />

heran <strong>und</strong> am Fenster vorbei. Gestört werden<br />

meine Gedanken nur durch laut sprechende, etwas<br />

genervt aussehende Bustouristen, <strong>der</strong>en Herkunftsland<br />

ich mal verschweige gestört. Sie regen sich<br />

über eine nicht ganz volle Tasse Kaffee Latte auf,<br />

<strong>und</strong> texten die (bei mir) eigentlich sehr nette Bedienung<br />

zu , was das soll. Ich höre <strong>wie<strong>der</strong></strong> WEG.<br />

Ein paar erfroren aussehende Motorradfahrer treten<br />

durchs Portal in die Halle, sehen mich sitzen <strong>und</strong><br />

sprechen mich an. „Bist du das mit <strong>der</strong> <strong>AWO</strong>? Wir<br />

dachten schon, wir können heute den Titel ältestes<br />

Motorrad am Kap für uns verbuchen, aber nee, wir<br />

kommen an <strong>und</strong> direkt am Eingang steht so ne<br />

alte Kiste!“sagen sie <strong>und</strong> lachen dabei. Es folgt <strong>der</strong><br />

übliche nette Informationsaustausch <strong>und</strong> die beide<br />

bringen ihre Verw<strong>und</strong>erung <strong>und</strong> Hochachtung<br />

dem durchhalten „<strong>der</strong> alten Kiste“ gegenüber <strong>zum</strong><br />

Ausdruck. Nachdem ich einige St<strong>und</strong>en innen <strong>und</strong><br />

außen verbracht habe <strong>und</strong> alle Briefe im Maul des<br />

roten nördlichsten Briefkastens Europas gelandet<br />

sind, schicke ich mich an, <strong>wie<strong>der</strong></strong> ins Tal hinab zu<br />

steigen. Doch gerade kommen einige Busse an <strong>und</strong><br />

ich muß noch eine Weile deutschen <strong>und</strong> italienischen<br />

Touristen Rede <strong>und</strong> Antwort stehen.<br />

2 Biker aus dem bayerischen kommen auch noch<br />

hinzu <strong>und</strong> auch hier gibt’s natürlich was zu erzählen.<br />

Auch erzähle ich von dem gestrandeten Gummikuhfahrer<br />

<strong>und</strong> seinem Problem. Die beiden gucken<br />

sich wissend an <strong>und</strong> meinen fast zugleich: „Hallgeber“<br />

<strong>und</strong> „jaja die kochen alle nur noch mit Wasser“.<br />

Vom Gelände runter nehme ich den offi ziellen Weg.<br />

Tschüß <strong>Nordkap</strong>! Es wars wert her zu kommen!<br />

Ungefähr auf dem halben Weg nach unten gibt es<br />

einen Halteplatz an dem man sich mit einem Rentier<br />

<strong>und</strong> einem Einheimischen zusammen knipsen<br />

lassen kann. Dieses „event“ übergehe ich <strong>und</strong> fahre<br />

<strong>zum</strong> Hotel.<br />

Es ist inzwischen nachmittag. Der Mann an <strong>der</strong> Rezeption<br />

begrüßt mich fröhlich. Er läuft mit Gehhilfen;<br />

ein Schneemobilunfall, wir unterhalten uns <strong>und</strong> ich<br />

checke für eine Nacht ein.<br />

Vom an<strong>der</strong>en Motorradfahrer ist noch nichts zu<br />

sehen, er bastelt immer noch. Nachdem ich meine<br />

Sachen verstaut, die <strong>AWO</strong> klar gemacht <strong>und</strong> schön<br />

warm geduscht habe, geselle ich mich zu den an<strong>der</strong>en<br />

in die Lounge. Dort läuft gerade Dmax. Die Mythbusters<br />

testen gerade ob ein rotes Auto bei einem<br />

Unfall weniger Schäden aufweist, als ein weißes.<br />

Ein kleiner Junge guckt nur halb zu <strong>und</strong> freut sich<br />

wie die beiden <strong>wie<strong>der</strong></strong>mal ein paar Autos schrotten,<br />

während er auf einem Ipad im Internet surft.<br />

Das hier ist nicht das Ende <strong>der</strong> Welt. Es gibt sicher<br />

an einem entlegenen Ort im Brandenburgischen<br />

o<strong>der</strong> in Mc Pomm Stellen wo man um ein vielfaches<br />

mehr „offl ine“ ist, wie hier. Eigentlich wollte ich auf<br />

den an<strong>der</strong>en Biker warten , damit wir hätten zusammen<br />

essen <strong>und</strong> noch bissl erzählen können. Aber<br />

keiner weiß, wann er fertig sein wird. So bestelle ich.<br />

Was darfs denn sein? Fragt die Köchin. Was empfi<br />

ehlt denn die Köchin? Frage ich zurück. Sie antwortet<br />

mit dem typisch nordnorwegischen Charme,<br />

mit strenger Stimme <strong>und</strong> einem Zwinkern, daß sie<br />

natürlich das teuerste empfi ehlt. Ok, zwinkere ich<br />

zurück. Aber dann was lokales. Rentier mit Gemüse,<br />

Kartoffeln <strong>und</strong> Preiselbeeren plus ein Glas Rotwein.<br />

Wasser gibt’s soviel man möchte kostenlos dazu.<br />

Das Essen ist in kürzester Zeit zubereitet, schmeckt<br />

sehr vorzüglich ( beson<strong>der</strong>s das sehr saftige Fleisch<br />

) <strong>und</strong> ist für mich viel zuviel. Ich schlinge es nur<br />

noch aus Geiz rein <strong>und</strong> weils so lecker ist. Am Fenster<br />

sitzend genieße ich das Essen <strong>und</strong> bin neben<br />

28 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


<strong>der</strong> Familie <strong>der</strong> Kellnerin <strong>der</strong> einzige Gast, Ein Auto<br />

mit österreicher Kennzeichen fährt vorbei, kehrt um,<br />

die Leute steigen aus <strong>und</strong> kommen ins Restaurant.<br />

Sie setzen sich an den Nachbartisch <strong>und</strong> sind sich<br />

nicht einig, ob des Essens. Ich empfehle Rentier!<br />

Das nehmen sie auch <strong>und</strong> sind sehr zufrieden mit<br />

ihrer Wahl. Wir tauschen einige Gedanken aus. Sie<br />

wollen noch weiterfahren.<br />

Nach einer Weile zahle ich ohne Witz 370 NOK für<br />

mein Essen. Dafür MUSS es einfach lecker gewesen<br />

sein! Wir verabreden noch, daß ich früh zeitig<br />

losfahren werde. Sie bereiten mein Frühstück vor<br />

<strong>und</strong> bringen es noch auf mein Zimmer. Erst gegen<br />

9 kommt <strong>der</strong> BMW – Fahrer ziemlich k.o. <strong>und</strong><br />

dreckverschmiert aber mit einem grinsen auf dem<br />

Gesicht zurück. Auf dem Flur werden noch ein paar<br />

Worte gewechselt. Er hat den Fehler gef<strong>und</strong>en. Der<br />

Hallgeber. Ich schmunzle in mich hinein <strong>und</strong> erzähle<br />

ihm von den Leuten am Kap <strong>und</strong> daß sie die selbe<br />

Ferndiagnose gestellt haben. Er sieht wirklich<br />

fertig aus <strong>und</strong> meint, morgen früh erstmal richtig<br />

ausschlafen zu wollen. Wir wünschen uns eine gute<br />

Weiterreise <strong>und</strong> erstmal ne geruhsame Nacht. Ich<br />

ziehe mich zurück <strong>und</strong> gucke noch aus dem Fenster.<br />

Draußen fängt es an zu regnen. Das Bett ruft<br />

<strong>und</strong> im MP3 – Player wartet Toni Krahl <strong>und</strong> City mit<br />

„Unter <strong>der</strong> Haut“ auf Lautstärkestufe 3. Aaaaaaah<br />

…Absolut herrlich <strong>zum</strong> abschalten <strong>und</strong> in Gedanken<br />

nochmal über die Klippen <strong>zum</strong> Kap fl iegen. Ich liege<br />

einfach da <strong>und</strong> bin selig.<br />

Leute, macht sowas auch! Fahrt ( am besten mit <strong>der</strong><br />

<strong>AWO</strong> ) an einen schönen Ort eurer Wahl <strong>und</strong> nehmt<br />

Eure Lieblingsmusik mit.<br />

Nach einer draußen regnerischen, drinnen traumlosen<br />

Nacht schaue ich aus dem Fenster <strong>und</strong> was<br />

sehen meine verschlafenen Augen. Frau Sonne gibt<br />

sich die Ehre. Eigentlich sollte mich mein Weg <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

weiter südlich bringen, aber vielleicht gebe ich<br />

dem Kap noch ne Chance? Erstmal wird in Ruhe<br />

gefrühstückt, Frisches Brot, Aufl öseschokolade,<br />

Honig <strong>und</strong> einen komisch aussehenden sehr leckeren<br />

Käse. Doch die Sonnenstrahlen locken <strong>und</strong> ich<br />

beeile mich beim zusammenpacken.<br />

TECHNISCHES:<br />

Ventilspiel geprüft ... ok<br />

Magnet geprüft ... alles ok<br />

Getriebe <strong>und</strong> Kardan etwas Öl aufgefüllt<br />

bis hierher wurde 27 mal getankt :-)<br />

TAG 14<br />

12.06.2012 (352km) Start 6:00 Sorvag, <strong>Nordkap</strong>,<br />

Lakselv, Karasjok, nirgendwo kurz vor Ivalo<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

29


Draußen realisiere ich erst, daß kein Wölkchen<br />

am Himmel ist <strong>und</strong> meine Freude steigt. Noch ein<br />

schnelles Foto; Motiv: <strong>AWO</strong> mit <strong>Nordkap</strong>hotel bei<br />

Sonne. Ich entdecke die Insel nochmal ganz neu<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Anblick ist ein komplett an<strong>der</strong>er, als am Tag<br />

zuvor. Die grauen Hänge schimmern plötzlich rötlich<br />

grün. Die grauen Seen scheinen über Nacht das<br />

graue Wasser gegen tiefblau wellendes getauscht<br />

zu haben <strong>und</strong> selbst die Steine sind nicht mehr alle<br />

nur grau, son<strong>der</strong>n leuchten aus dem erdfarbenen<br />

Untergr<strong>und</strong> hervor.<br />

Das <strong>Hin</strong>weisschild <strong>zum</strong> Kap Knivskjellodden ist<br />

nicht mehr nur ein rasch <strong>wie<strong>der</strong></strong> im Nebel verschwindendes<br />

Etwas, son<strong>der</strong>n gibt eine Zufahrt zu einem<br />

Wan<strong>der</strong>parkplatz frei, <strong>der</strong> auf einer Art Hochebene<br />

liegt. Selbst <strong>der</strong> wirklich nördlichste Punkt ist klar<br />

<strong>und</strong> deutlich zu sehen <strong>und</strong> hebt sich aus dem umgebenden<br />

Wasser hervor. Die Pforten zu <strong>Nordkap</strong><br />

sind um die Uhrzeit noch geschlossen. Natürlich<br />

nehme ich <strong>wie<strong>der</strong></strong> die Busspur. Auf dem offi ziellen<br />

Touristenparkplatz sind auch ein paar Autos <strong>und</strong> Motorrä<strong>der</strong><br />

zu sehen. Zwei Moppedfahrer grüßen von<br />

weitem. Wir knattern ums Gebäude herum <strong>und</strong> ... Ja<br />

ich will nicht meckern, bei Sonne ists auch ganz gut.<br />

Nee im Ernst, bei Sonne ist es, wenn man den<br />

Vergleich zu gestern hat, wie ein ganz an<strong>der</strong>er Platz<br />

an dem man sich befi ndet. Wer das Meer liebt, wird<br />

diese Aussicht nie mehr vergessen !<br />

Sonne lacht, Blende acht, denke ich mir <strong>und</strong> mache<br />

viele w<strong>und</strong>erbare Fotos. Zwei Biker mit einer profi -<br />

mäßig aussehenden Kameraausrüstung, mit denen<br />

ich ins Gespräch komme versichern mir, erst vor ca.<br />

einer St<strong>und</strong>e habe es aufgeklart. Sie hätten auf <strong>der</strong><br />

Lauer nach dem perfekten Licht gelegen, waren um<br />

12, um 2 <strong>und</strong> um 3 am Globus, aber es war nix zu<br />

machen. Keine <strong>Mit</strong>ternachtssonne. Dafür aber jetzt<br />

eine ganz tolle Sicht <strong>und</strong> klaren Himmel. Ich bin<br />

irgendwie gerührt, daß ich das <strong>Nordkap</strong> auf zwei so<br />

verschiedene <strong>und</strong> schöne Arten erleben durfte.<br />

So denke ich an die vielen etwas enttäuscht aussehenden<br />

Bustouristen, die gestern an den 2 St<strong>und</strong>en<br />

Aufenthalt ihrer Meinung nach nichts gesehen haben,<br />

außer daß <strong>der</strong> Kaffee Latte zu wenig drin hatte<br />

<strong>und</strong> zu teuer war. Dabei fi nde ich auch heute in „einer<br />

an<strong>der</strong>en Welt“ <strong>wie<strong>der</strong></strong> die gleiche Stelle mit den<br />

kleinen rosa Blümchen, die sich direkt am Abhang<br />

zwischen den Felsen ans Licht quetschen schöner<br />

als das Glas <strong>und</strong> den Stahl des Gebäudes. Am<br />

Horizont ziehen Wolken heran. „In ein zwei St<strong>und</strong>en<br />

kann hier schon <strong>wie<strong>der</strong></strong> alles dicht sein, gut, daß wir<br />

so früh los sind.“ höre ich einen sagen. Das gleiche<br />

Gefühl hatte ich heute früh auch <strong>und</strong> muß <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

an den Motorradfahrer im Hotel denken. Hoffentlich<br />

schläft er nicht zu lange aus. Dann verpasst er auch<br />

an seinem 3. Tag hier die schöne Aussicht.<br />

Nun gehts aber endgültig <strong>wie<strong>der</strong></strong> in Richtung Süden,<br />

aber nur weils nach Norden nicht weiter geht. Wäre<br />

da eine Brücke, die 600 km Luftlinie bis Svalbard<br />

( Spitzbergen ) wäre ich auch noch gefahren, das<br />

hätte jetzt auch keinen großen Unterschied mehr<br />

gemacht ;-) .<br />

30 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


Die See liegt da wie ein Spiegel <strong>und</strong> läd ein <strong>zum</strong><br />

Steine „titschern“. Bei wärmenden Sonnenstrahlen<br />

fahren wir die Küste entlang in Richtung Lappland.<br />

Eigentlich ist <strong>der</strong> ganze Norden Lappland, aber<br />

Karasjok, wohin meine große Richtung zielt ist die<br />

„Hauptstadt“. Die erste größere Stadt ist Lakselv.<br />

Wenn man in die Stadt hineinfährt, sieht man zunächst<br />

gar keine Häuser. Alles ist zwischen vielem<br />

Grün <strong>und</strong> Bäumen eingebettet. Man sieht zwar<br />

Schil<strong>der</strong>, die auf dies <strong>und</strong> jenes hinweisen, aber erst<br />

im Zentrum wird es „stadtähnlich“. Tanken, Eis essen,<br />

Kakao. Mein Ritual ;-). Am Rande eines Gewerbegebietes<br />

fahre ich an einen Yamaha – Laden ran,<br />

aber die haben gar keine Reifen. Tja, Schneemobile<br />

brauchen das ja auch nicht. Auf dem Parkplatz steht<br />

ein w<strong>und</strong>erschöner orangener Gran Torino.<br />

Da stellen wir uns gleich daneben <strong>und</strong> machen ein<br />

Bild. Es ist jetzt sehr warm <strong>und</strong> irgendwie ärgere<br />

ich mich, daß ich soviele Sachen anbehalten hab.<br />

Wie<strong>der</strong> anhalten. Gerade da klingelt das Telefon.<br />

Sorry Anja, <strong>der</strong> Anruf lief irgendwie nicht so gut. Ich<br />

liebe dich trotzdem!!! Bei Karasjok denke ich an die<br />

Rentierzüchterin aber ich hab ja mein Fell schon am<br />

<strong>Nordkap</strong> mitgenommen. So halte ich mich In Richtung<br />

Straße 92 <strong>und</strong> fi nnische Grenze. Ich betrete<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> EU – Territorium. In Finnland gehen die Straßen<br />

wesentlich länger geradeaus, als in Norwegen.<br />

An einem schönen Halteplatz mit weiter Sicht über<br />

die sanften Hügel <strong>und</strong> den Wald gibts einen Red<br />

Bull, ein paar Minuten chillen <strong>und</strong> eine Begutachtung<br />

des <strong>Hin</strong>terreifens, <strong>der</strong> mir immer mehr Sorgen<br />

macht, Zwar ist noch nicht ganz „Glatze“ aber er<br />

reißt längs an manchen Stellen auf. Des weiteren<br />

entsteht hier eines <strong>der</strong> für mich schönsten Bil<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Reise. Es heißt „Zwiegespräch“ <strong>und</strong> zeigt, wie<br />

verb<strong>und</strong>en ich mich mittlerweile zu meiner Gefährtin<br />

fühle. Es sieht aus, als ob wir uns unterhalten.<br />

Es geht weiter durch schier endlose Wäl<strong>der</strong> in Richtung<br />

Ivalo. Ach ja, Finnland ist an<strong>der</strong>s. Wenn man<br />

denkt, man könne aus den Worten, die da irgendwo<br />

an Schil<strong>der</strong>n (außer Städtenamen) stehen, irgendeine<br />

Bedeutung ableiten, hat man sich aber geirrt.<br />

Worte mit Doppel – i o<strong>der</strong> Doppel – ö o<strong>der</strong> gar zweimal<br />

Doppel – i in einem Wort sind absolut normal.<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

Ich glaube das Finnische ist noch vor Mandarin die<br />

schwierigste Sprache <strong>der</strong> Welt. Dafür braucht man<br />

das Geld nicht umzurechnen. Der Euro wird hier (<br />

noch ;-) ) überall „akzeptiert“.<br />

Ca. 30 km vor Ivalo entdecken wir einen schönen<br />

Camping – <strong>und</strong> Hüttenplatz. Die nette, schätzungsweise<br />

mittfünfziger Jahre alte Dame mit Kopftuch<br />

empfängt mich an <strong>der</strong> Rezeption <strong>und</strong> ich miete<br />

eine Hütte mit Dusche. Als erstes schließe ich mich<br />

aus. Nach einem Lachen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Übergabe des<br />

Generalschlüssels erzählt mir die Dame, was es mit<br />

dem kleinen Knöpfchen am Schloss zu tun hat. Aha,<br />

kapiert. Die Hütte ist nett eingerichtet mit doppelter<br />

Tür <strong>und</strong> Fenstern, sowie mit Mückenschutzöffnungen.<br />

Zurzeit wird das noch nicht so gebraucht, aber<br />

ich denke noch 2 – 3 Wochen <strong>und</strong> hier summts an<br />

<strong>der</strong> Luft, so direkt am Wasser <strong>und</strong> dem Wald. Der<br />

Service an <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>und</strong> das häusliche einrichten<br />

sind heut schnell erledigt. Noch die Plane drüber, es<br />

sieht nicht nach Regen aus, aber sicher ist sicher.<br />

Nach einer erfrischenden Dusche gibts noch bissl<br />

was zu essen, Als ich aus dem Fenster gucke,<br />

kommt ein ausgewachsenes Rentier, <strong>der</strong> Größe<br />

nach ein Bulle um die Ecke <strong>und</strong> mitten zwischen<br />

den Hütten durch, schrickt etwas vor <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>und</strong><br />

einem an<strong>der</strong>en Auto zurück <strong>und</strong> rennt weiter. Cool.<br />

TECHNISCHES:<br />

Magnet ausgebaut <strong>und</strong> Entlüftungsschieber begutachtet<br />

<strong>und</strong> gesäubert<br />

Zündkerze geprüft ... ok<br />

TAG 15<br />

13.06.12 (523km) Start 6:30 30km vor Ivalo, Ivalo,<br />

Rovaniemie, Aavasaksa<br />

Ich hatte mich doch getäuscht. Denn in <strong>der</strong> Nacht<br />

hat es kräftig geregnet. Ein bisschen nieselt es immer<br />

noch. Gut, daß die <strong>AWO</strong> zugedeckt war. Nach<br />

31


dem „ideal Standard“ - Frühstück sind schnell ( ja so<br />

langsam kommt Routine in die täglichen Handgriffe<br />

) alle Sachen zusammengeschnürt <strong>und</strong> es kann los<br />

gehen. Der Schlüssel landet <strong>wie<strong>der</strong></strong> in <strong>der</strong> Box. Wie<br />

schon angedeutet, fährt es sich in Finnland an<strong>der</strong>s.<br />

Viel geradeaus. Die Straßen sind durchaus passabel,<br />

wenn man nicht gerade mit Starrahmen unterwegs<br />

ist. Auch die Natur zeigt sich wandlungsfähig.<br />

Ist es bedeckt, sieht alles gleich aus, nämlich grau.<br />

Kommt aber die Sonne heraus, gibts den „magic<br />

colour – effect“ <strong>und</strong> selbst die kleinste gerade geöffnete<br />

Birkenknospe prahlt mit sattem grün.<br />

Die Menschen hier sind fre<strong>und</strong>lich aber meiner<br />

Empfi ndung nach noch zurückhalten<strong>der</strong> gegenüber<br />

„Außerirdischen“ . Noch ein wichtiger Unterschied:<br />

an <strong>der</strong> Tanke gibts jetzt keine „ Aunt Mabels“ Muffi ns<br />

mit Schokostückchen mehr <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kakao liegt in<br />

Tütchen da, o<strong>der</strong> wie daheim in <strong>der</strong> Blechdose <strong>und</strong><br />

man kann sich selber in die Tasse schaufeln <strong>und</strong><br />

heißes Wasser drüber schütten. An einem point – S<br />

Reifenladen gibts auch keinen passenden Reifen,<br />

ABER einen <strong>Hin</strong>weis, daß im Hauptlager in Rovaniemie<br />

etwas für mich liegt. Das passt ja, ich fahre<br />

da sowieso hin. Es ist noch ein Weg bis dahin, aber<br />

es wartet Hilfe. Eigentlicher Gr<strong>und</strong> des Weges in die<br />

größte Stadt Nordfi nnlands ist ja <strong>der</strong> Weihnachtsmann.<br />

Denn <strong>der</strong> wohnt da <strong>und</strong> kann besucht werden,<br />

Als ich um drei da ankomme , ist nur <strong>der</strong> Souvenirshop<br />

offen <strong>und</strong> er selber wahrscheinlich gerade<br />

am Nordpol. Außer ein paar japanischen Mädels die<br />

Pic Pic Pictures machen <strong>und</strong> auch wegen <strong>der</strong> <strong>AWO</strong><br />

belustigt sind, ist nix los. Und irgendwie will sich<br />

bei 20°C <strong>und</strong> Sonnenschein auch keine so rechte<br />

Weihnachtsstimmung bei mir einstellen. Also Good<br />

Bye Santa, Hello City.<br />

In <strong>der</strong> Innenstadt pulsiert das Leben; viele Läden,<br />

viele Leute, viel Verkehr. Haufenweise Straßen,<br />

<strong>der</strong>en Namen man als gewöhnlicher „Otto Normal<br />

– Tourist“ nur schwer über die Lippen bringt. Englisch<br />

funktioniert tadellos <strong>und</strong> so bekomme ich in<br />

einem Restaurant mit angeschlossener Tankstelle<br />

einen kostenlosen <strong>und</strong> sehr ausführlichen Stadtplan.<br />

Die Kassiererin bittet noch eine ältere Dame um Hilfe.<br />

Sie weiß wo sich die Straße befi ndet <strong>und</strong> zusammen<br />

zeichnen sie mir den Weg ein. Ich bedanke<br />

mich recht herzlich, fahre nach „Plan“ <strong>und</strong> verfahre<br />

mich prompt, weil anscheinend auch manchmal<br />

Straßen über Parkplätze führen <strong>und</strong> man die Einfahrt<br />

leicht übersieht. Mein Fehler. Aber kurz vor 4<br />

fahre ich auf den richtigen Shop zu <strong>und</strong> werde noch<br />

kurz vor Arbeitsschluß bedient.<br />

Genau 1 , in Worten EIN einziger Reifen 3,25x18 ist<br />

auf Lager. Michelin. Total egal. „Selbst aufziehen ?“,<br />

fragt <strong>der</strong> Verkäufer. Ich antworte zwar mit Ja, doch<br />

ich kann gar nicht so schnell gucken, da wird meine<br />

„alte Lady“ schon aufgebockt, Rad ab, Reifen runter,<br />

Reifen rauf... Mist; Reifen, falschrum ... nochmal... .<br />

Trotzdem bin ich keine 20 Minuten <strong>und</strong> 88,00 Euro<br />

später <strong>wie<strong>der</strong></strong> bereit für weitere 8000 km ;-). Auf<br />

jeden Fall bis heim! Ölwechsel wird auch gleich<br />

noch gemacht. Nachdem mich ein VW – Händler<br />

auf meine Frage hin, ob ich ihm natürlich gegen<br />

Bezahlung meinen Liter Altöl überlassen kann, mit<br />

„Wir haben geschlossen“.abblitzen läßt, werde ich<br />

beim Nachbarhändler „Hy<strong>und</strong>ai“ gern <strong>und</strong> sehr nett<br />

trotz Feierabend aufgenommen. Ein Montuer bringt<br />

mir gleich Pappe <strong>zum</strong> unterlegen <strong>und</strong> Saugtücher.<br />

Er weicht mir nicht von <strong>der</strong> Seite <strong>und</strong> wir unterhalten<br />

uns sehr nett. Das Altöl nimmt er nur ohne Bezahlung,<br />

aber<br />

32 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


mit einem Lächeln an <strong>und</strong> macht sogar meine kleine<br />

Schüssel <strong>wie<strong>der</strong></strong> blitzblank sauber. Viele Wünsche<br />

auf den Weg <strong>und</strong> wir fahren „frisch geölt“ <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

los. Wir verlassen die Großstadt in südlicher Richtung<br />

<strong>und</strong> nehmen dann eine etwas kleinere Straße<br />

( Nr.930), die sich sehr gut fährt. Auf <strong>der</strong> Karte sind<br />

zwar „ Orte“ eingezeichnet, doch davon sieht man<br />

abgesehen von Straßenschil<strong>der</strong>n, die scheinbar in<br />

den Wald hinein zeigen, nicht viel.<br />

Die Abendsonne, gibt nochmal alles, um mir die<br />

Fahrt so angenehm wie möglich zu gestalten. Das<br />

Grün ist fast so satt wie bei uns im Frühling. Die<br />

Bauern sind auf den Fel<strong>der</strong>n beschäftigt, Ein schöner<br />

Kontrast zu <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ralandschaft, die schon ein<br />

Stückchen hinter mir liegt. Dort ist Landwirtschaft<br />

nun wirklich nicht mehr möglich. In Aavasaksa fi nde<br />

ick! Die Sauna <strong>und</strong> <strong>der</strong> Fernseher bleiben zwar ungenutzt,<br />

aber nice to have. Mücken gibts hier gratis<br />

dazu.<br />

Der Service ist heut, nur unterbrochen um einmal<br />

komplett „Ballistol stichfrei“ aufzutragen, schnell<br />

erledigt. Da die Tour heute sehr lang war, falle ich<br />

auch gleich ins Bett <strong>und</strong> das wars für heute. Heute<br />

habe ich den Nordpolarkreis <strong>wie<strong>der</strong></strong> in südlicher<br />

Richtung, dieses mal auf dem Landwege überquert<br />

<strong>und</strong> werde ihn ( so hoffe ich ) das nächste mal mit<br />

meiner lieben Anja überschreiten.<br />

TECHNISCHES:<br />

Ölwechsel<br />

<strong>Hin</strong>terrad gewechselt<br />

Magnet <strong>und</strong> Kerze geprüft ...ok<br />

ich nach etwas durchfragen einen, auf einem knapp<br />

300m hohen Hügel gelegenen Aussichtspunkt mit<br />

angeschlossenem Camping- <strong>und</strong> Hüttenplatz, sowie<br />

einem Skilift. Der junge Mann bietet mir sein bestes<br />

Haus an. Kamin, Sauna, Dusche, Sat – TV. Alles da<br />

<strong>und</strong> urst gemütlich. Was wird das <strong>wie<strong>der</strong></strong> kosten? 50<br />

Euro ruft er auf <strong>und</strong> ich bin positiv überrascht. Nehm<br />

Zündung <strong>und</strong> Ventilspiel kontrolliert<br />

leichte Metallische Geräusche ... beobachten <strong>und</strong><br />

weiterfahren<br />

TAG 16<br />

14.06.12 (349km) Start 6:30 Aavasaksa, Haparanda,<br />

Jävre<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

Aufwachen! Die Sonne lacht. Halb 5 pelle ich mich<br />

aus dem Bett. Es bricht ein herrlicher Tag an. Kein<br />

Wölkchen, ein blau, daß es fast weh tut <strong>und</strong> sehr<br />

angenehme Temperaturen warten nur darauf, den<br />

Tag zu einem w<strong>und</strong>erbaren Reisetag werden zu<br />

lassen. Ein Katzensprung bis zur schwedischen<br />

Grenze <strong>und</strong> über einen mächtigen, ruhig dahin<br />

strömenden Fluß. Der Tana ist in dieser Region <strong>der</strong><br />

Grenzfl uß zwischen Schweden <strong>und</strong> Finnland. Ihm<br />

folge ich in südlicher Richtung auf <strong>der</strong> schwedischen<br />

Seite. Trotz <strong>der</strong> Unaufgeregtheit, mit <strong>der</strong> die<br />

Wassermassen an uns vorbeiströmen, hat man den<br />

Eindruck, daß unheimliche Kraft unter <strong>der</strong> Oberfl ä-<br />

che steckt. Ebenfalls wie auf einem Fluß lasse ich<br />

33


in Richtung Lulea halte ich schließlich <strong>wie<strong>der</strong></strong> auf die<br />

E4 zu. Diese Straße fährt sich gut <strong>und</strong> ist fürs erste<br />

nicht so eintönig wie ich befürchtet hatte.<br />

Die Sonne bringt <strong>wie<strong>der</strong></strong> Farbe ins Spiel. Hier tut<br />

sich grün <strong>und</strong> gelb vor dem blau des Himmel beson<strong>der</strong>s<br />

hervor. Da die Straßenführung sagen wir mal<br />

nicht so „schwierig“ ist, wie in Norwegen werde ich<br />

schneller müdiglich. Daher wähle ich meine Musik<br />

etwas „straffer“. Green Day, Bullet for my Valentine<br />

<strong>und</strong> die geliebten Guanos müßen <strong>wie<strong>der</strong></strong> ran. Dann<br />

übermannt es mich doch <strong>und</strong> es gibt einen 15 minütigen<br />

5 Minuten – Schlaf auf einer Wiese. Los hoch!<br />

<strong>AWO</strong> fahren! Sagt jemand ... Klar gerne, nur die<br />

Augen müßen noch auf gehen. Ein paar mal sehe<br />

ich ein paar mir unbekannte, taubengroße Vögel mit<br />

langen gebogenen Schnäbeln <strong>und</strong> braunem Gefi e-<br />

<strong>der</strong> am Straßenrand, die vom<br />

Geknatter hoch schrecken.<br />

In Jävre schließlich suche ich mir eine Bleibe. An<br />

<strong>der</strong> Shelltanke direkt an <strong>der</strong> E4 ist auch gleichzeitig<br />

die Rezeption eines Hüttendorfes, Einer netten Frau<br />

mit fl otter blon<strong>der</strong> Kurzhaarfrisur (ich glaube DAS<br />

könnte die typische Durchschnittsschwedin aus dem<br />

mich auf <strong>der</strong> E99 in Richtung Haparanda „treiben“.<br />

Die Gemütlichkeit wird aber jäh unterbrochen, als<br />

ein Baustellenschild auftaucht <strong>und</strong> sowas wie<br />

„schlechte Straße“ verkündet. Schotterpiste wäre<br />

wohl das bessere Wort. 2 mal für jeweils 10km<br />

hoppelts nicht nur ganz schön, son<strong>der</strong>n ich werde<br />

auch noch von unten naß. Damits nicht so staubt,<br />

haben die da irgenwelches Zeugs versprüht, das<br />

aber auch nicht <strong>wie<strong>der</strong></strong> trocknet. Die ganze Karre,<br />

mich eingeschlossen, ist binnen weniger Minuten so<br />

verdreckt, wie die ganze Fahrt bisher nicht .<br />

In Haparanda tanke ich <strong>und</strong> kaufe Zahnpasta. Die<br />

an<strong>der</strong>e liegt wohl behütet in Finnland in <strong>der</strong> ersten<br />

Hütte. Es sprechen mich gleich mehrere Leute an.<br />

Einer hat grad erst gestern den Motorradführerschein<br />

bestanden <strong>und</strong> fi ndet jetzt wahrscheinlich<br />

jedes Bike toll. Er ruft gleich die gerade aussteigenden<br />

Polizisten herbei, ob sie so was schon mal<br />

gesehen hätten. Während ich mein leckeres Daim<br />

– Pistazieneis ( He, warum gibts das eigentlich nicht<br />

bei uns? ) esse <strong>und</strong> mich mit den Polizeiern unterhalte,<br />

ist gleich <strong>wie<strong>der</strong></strong> ne halbe St<strong>und</strong>e verquatscht.<br />

Verhaftet werde ich auch nicht. Hab ja den neuen<br />

Reifen drauf <strong>und</strong> Licht geht auch.<br />

Wie<strong>der</strong> halte ich mich an <strong>der</strong> E4 in Richtung Umea.<br />

In Ranea mache ich nochmal einen „Schlenker“<br />

<strong>und</strong> fahre eine Route an einem Fluß entlang. Von<br />

weitem sieht dieser ja ganz gemächlich aus, aber<br />

als ich auf <strong>der</strong> Brücke stehe, sehe ich, daß die Strömung<br />

sehr stark ist. Es geht durch den Wald eine<br />

Schotterpiste entlang, Diese ist aber topfeben <strong>und</strong><br />

fährt sich fast wie eine Asphaltstraße. Über Boden<br />

Fernsehen sein, wenn man auf solche Typisierung<br />

steht :-\ ) lege ich meinen „Hüttenwunsch“ dar <strong>und</strong><br />

daß ich nur noch Dusche <strong>und</strong> Bett brauch. Sie hat<br />

ein Einsehen ;-) <strong>und</strong> nachdem 600SEK den Besitzer<br />

gewechselt haben fahren wir zu dem Platz r<strong>und</strong><br />

300m von <strong>der</strong> Tankstelle entfernt. Mich erwartet<br />

eine sehr saubere Anlage mit neuwertigen Hütten<br />

<strong>und</strong> tadellosem Interieur samt Veranda, Dusche <strong>und</strong><br />

Küche. Noch ein kurzer Plausch <strong>und</strong> sie fährt <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

zurück. Da ich heute etwas eher „ Schluß“ gemacht<br />

habe, bleibt bei bestem Wetter genug Zeit, um<br />

dieses eklige salzig, klebrige Gelumpe von dieser<br />

Baustelle von <strong>AWO</strong> <strong>und</strong> Klamotten abzuwaschen.<br />

Bin ja nicht so <strong>der</strong> Putzfanatiker, aber das Zeug<br />

mußte runter. Wer weiß, sonst hätte das Aluminium<br />

vom Beiwagen vielleicht ein Loch gehabt, wenn ich<br />

zu Hause angekommen wäre.<br />

34 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


Ja, was ist noch so passiert? Achso, die norwegische<br />

Telefonkarte ist runter. Aufl aden geht hier in<br />

Schweden nicht ohne weiteres <strong>und</strong> selbst <strong>der</strong> Aufladeservice<br />

geht nicht mehr anzurufen. Könnte ich<br />

gleich in die Ecke schmeißen.... ABER wir haben ja<br />

Urlaub <strong>und</strong> alle Zeit <strong>der</strong> Welt was neues zu besorgen.<br />

Nun noch schnell unter die Dusche gesprungen<br />

<strong>und</strong> dann ist Feierabend.<br />

Ein Zitronenmelisse - Teechen mache ich mir noch,<br />

haue mich hin <strong>und</strong> gucke den Kultfi lm von den Wachowsky<br />

Brü<strong>der</strong>n. Animatrix. Laßt mal noch 50 Jahre<br />

vergehen <strong>und</strong> auch dieser „Science fi ction“ - Anime<br />

wird so nahe an <strong>der</strong> Wirklichkeit sein, daß einem<br />

jetzt schon bei dem Gedanken daran die Gänsehaut<br />

den Nacken hochkriecht. Denn eigentlich wissen wir<br />

alle, <strong>der</strong> Mensch ist kein Säugetier. Seinem Verhalten<br />

nach ähnelt er eher einem Virus. Er zieht in (<br />

o<strong>der</strong> besetzt eine )bestimmte Region, verän<strong>der</strong>t sie<br />

zu seinem ( <strong>und</strong> nur seinem ) Vorteil, beutet sie aus<br />

<strong>und</strong> wenn nix mehr zu holen ist, zieht er weiter.<br />

gebrochen. Doch mit nichten. Die vor<strong>der</strong>e Beiwagenaufnahme<br />

ist gebrochen. Was nun? ADAC!<br />

Aber halt, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite <strong>der</strong> Straße sind<br />

doch Briefkästen, da müßen auch Leute wohnen.<br />

Vorsichtig überquere ich die E4 <strong>und</strong> bewege mich in<br />

Schleichfahrt einen kleinen Weg entlang. Da kommt<br />

mir ein Herr mit nem Cross-Moped entgegen, hält<br />

an <strong>und</strong> ich bitte um Hilfe. Er fängt an zu telefonieren.<br />

Kurze Zeit später kommt auch sein Bru<strong>der</strong> mit<br />

Frau herbei <strong>und</strong> alles wird begutachtet. Schließlich<br />

fahren wir noch 100m weiter bis zu seinem Hof <strong>und</strong><br />

wollen das Boot reparieren. Die beiden dachten, die<br />

Aufnahme wäre, wie das Boot, aus Aluminium <strong>und</strong><br />

deshalb hat Assar einen Verwandten angerufen, <strong>der</strong><br />

Alu schweißen kann. In <strong>der</strong> Zwischenzeit räumen<br />

CUT<br />

Es tut mir leid, bin abgeschweift. Zähle ja auch dazu<br />

<strong>und</strong> muß nicht den Apostel spielen, son<strong>der</strong>n mir<br />

selber an <strong>der</strong> Nase ziehen.<br />

TECHNISCHES:<br />

Kerze geprüft<br />

Dreck abgewaschen<br />

mechanisch lauter werden<strong>der</strong> Motor (Beobachtung<br />

von gestern) ist unverän<strong>der</strong>t. Tippe mit meiner<br />

wenigen Erfahrung darauf, daß <strong>der</strong> Kolben vielleicht<br />

etwas kippelt<br />

TAG 17<br />

15.6.12 (312km) Start 6:30 Jävre, Umea, Hörnefoss,<br />

Norbyn Husum in Schweden<br />

Der morgentliche Start gelingt mir um 6:30 bei<br />

Sonnenschein. Aber es zieht sich zu. Den Schlüssel<br />

gebe ich an <strong>der</strong> Tankstelle ab. Skeleftea lasse<br />

ich nach dem Kauf einer neuen schwedischen SIM<br />

– Karte hinter mir. Bin jetzt <strong>wie<strong>der</strong></strong> zu erreichen.<br />

Eigentlich geht es immer geradeaus. <strong>Hin</strong>ter Umea,<br />

mache ich einen kleinen, aber schönen Abstecher<br />

an die Ostsee über Hörnefors <strong>und</strong> Norrbyn. Es ist<br />

eine schöne Strecke im grünen <strong>und</strong> am Ende liegt<br />

ein kleiner Hafen mit Blick auf die See <strong>und</strong> die kleinen<br />

vorgelagerten Inseln. Im Dorf muß ich anhalten,<br />

weil mir ein „Fairlane“ Coupe ins Auge sticht. Ein<br />

kurzer Schwatz mit dem Besitzer <strong>und</strong> schon gehts<br />

weiter.<br />

Gerade als ich mir anfangen will, eine Bleibe zu<br />

suchen, macht es Knack <strong>und</strong> <strong>der</strong> Beiwagen fängt<br />

an, zu schleifen. An <strong>der</strong> ersten Parkniesche ca 50m<br />

weiter bleibe ich stehen, schiebe das Gespann in<br />

den Schatten <strong>und</strong> schaue nach. Bestimmt die Fe<strong>der</strong><br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

wir den Beiwagen aus <strong>und</strong> alle sind belustigt über<br />

die vielen Sachen, die im Boot Platz hatten <strong>und</strong> nun<br />

überall rum stehen. Das Boot ist recht schnell demontiert<br />

<strong>und</strong> das kaputte Teil ausgebaut. Es ist aber<br />

kein Alu. Nur normales Blech. Ich sehe auch <strong>und</strong><br />

bin erschrocken, daß 6 Speichen am Beiwagenrad<br />

gebrochen sind. Ich glaube nicht, daß die alle auf<br />

einmal kaputt gegangen sind <strong>und</strong> obwohl ich oft<br />

nachgeschaut habe, sind diese mir entgangen. Es<br />

war auch schlecht zu sehen, da die Köpfe alle auf<br />

<strong>der</strong> abgewandten Seite waren, <strong>und</strong> die Speichen<br />

noch noch in ihrer Position hingen. Da kommt <strong>der</strong><br />

„Aluschweißer“ im feinsten Zwirn. Das ist mir peinlich,<br />

daß er extra von <strong>der</strong> Feier weg geholt wurde. Er<br />

meinte nur, daß das überhaupt gar kein Problem sei<br />

<strong>und</strong> man doch helfen müße. Da es aber nur „black<br />

iron“ sei, könne das Roland, Assars Bru<strong>der</strong> machen.<br />

Der war Berufsschweißer <strong>und</strong> kann das! Er selbst<br />

fährt aber nicht gleich <strong>wie<strong>der</strong></strong> zu seiner Festivität,<br />

son<strong>der</strong>n läßt sich noch in Ruhe über die <strong>AWO</strong> <strong>und</strong><br />

meine Reise unterrichten. Rolands Frau hat sich<br />

einen Stuhl geholt <strong>und</strong> schaut dem Treiben zu. Bald<br />

ist das Teil geschweißt <strong>und</strong> „müßte bis nach Hause<br />

halten“ sagen die beiden. Also alles <strong>wie<strong>der</strong></strong> zusammenschrauben<br />

<strong>und</strong> einräumen. Ich bedanke mich<br />

35


herzlich <strong>und</strong> sie lassen mich mit meinem Haufen<br />

Sachen alleine. Du kommst klar? Ja!<br />

10min später kommt Assar aber <strong>wie<strong>der</strong></strong> <strong>und</strong> sagt, ich<br />

müßte noch mit essen <strong>und</strong> „follow me“. Ich betrete<br />

aufs neue ein fremdes Haus in das ich völlig ohne<br />

zu fragen eingeladen werde. Es ist sehr gemütlich<br />

<strong>und</strong> wir sitzen im Wintergarten. Zu essen gibts<br />

einen Aufl auf mit Fisch <strong>und</strong> Kartoffeln, sowie Milch<br />

<strong>und</strong> Knäckebrot mit Butter. Alles ist sehr wohlschmeckend.<br />

Er versteht mich gut, kann aber selber<br />

nicht so gut englisch. Trotzdem ist eine St<strong>und</strong>e<br />

schnell verquatscht. Er war auch mal Bauer <strong>und</strong><br />

das ist ein gutes Thema. Nachher verabschieden<br />

wir uns <strong>und</strong> nachdem ich meine restlichen Sachen<br />

verstaut habe, geht es weiter. Tusen Takk Roland<br />

<strong>und</strong> Assar Eriksson.<br />

So richtig Lust hab ich heute nicht mehr <strong>und</strong> mein<br />

Soll ist auch geschafft.<br />

So nehme ich den nächsten Campingplatz dankbar<br />

an. Mosjön Camping bei Husum. Kaum abgestiegen<br />

spricht mich gleich ein Herr an <strong>und</strong> meint, daß alte<br />

Simsons sehr rar sind in ganz Skandinavien. WOW.<br />

Der erste auf <strong>der</strong> ganzen Tour, <strong>der</strong> meine Gefährtin<br />

bei ihrem richtigen Namen kennt <strong>und</strong> nennt. Das<br />

sage ich ihm auch freudig überrascht <strong>und</strong> er freut<br />

sich ebenso. Die Hütte ist mit 640 Kronen recht<br />

teuer <strong>und</strong> nicht gerade <strong>der</strong> Knaller. Ich hole noch<br />

Bettwäsche dazu. Das kostet nochmal 80 Kronen<br />

Aufpreis. Dusche, WC <strong>und</strong> Küchenzeile sind vorhanden,<br />

aber nicht allzu gemütlich. Zweckdienlich<br />

allemal. Der Boiler ist mit 5 min warmes Wasser<br />

<strong>zum</strong> duschen nicht gerade überdimensioniert. Dann<br />

eben kalt. Das weckt die Lebensgeister <strong>und</strong> so fi nde<br />

ich nach <strong>AWO</strong> – Service <strong>und</strong> Abendbrot noch genug<br />

Kraft, um Tagebuch zu schreiben <strong>und</strong> mit zu Hause<br />

zu telefonieren.<br />

TECHNISCHES<br />

Beiwagenaufnahme gerissen ... geschweißt<br />

6 Speichen am Beiwagen gewechselt<br />

alle Speichen kontrolliert<br />

Öl<br />

Motorengeräusche unverän<strong>der</strong>t, Anspring- <strong>und</strong><br />

Fahrverhalten auch<br />

TAG 18<br />

16.06.12 (337km) Start 6:30 Husum, S<strong>und</strong>svall,<br />

Gnarp, Gränsfors, Bergsjö, Jättendal, Hudiksvall,<br />

Enanger<br />

Nach einer gut durchschlafenen Nacht gehts am<br />

Morgen <strong>wie<strong>der</strong></strong> wie gewohnt <strong>und</strong> schon fast routiniert<br />

los. Packen, in Ruhe essen, Zündung an <strong>und</strong><br />

los tuckern. Der Hüttenschlüssel verschwindet in<br />

einem Loch am Rezeptionsgebäude <strong>und</strong> schon<br />

rollen wir <strong>wie<strong>der</strong></strong> auf <strong>der</strong> E4 gen Süden nahe <strong>der</strong><br />

Ostseeküste. Durch die Stadt Timra hindurch stinkt<br />

es ziemlich eklig bei einer Fabrik. Später erfahre<br />

ich, das wäre eine Papierfabrik. Gleich darauf folgt<br />

S<strong>und</strong>svall. Für Sonnabend früh ist hier schon ganz<br />

schön Verkehr. An einer Shell freue ich mich schon<br />

auf heißen Kakao mit Milch, genehmige mir eine<br />

Rumkugel mit Haferfl ocken <strong>und</strong> packe Pistazienschnecken<br />

für unterwegs ein. Weiter gehts ohne, in<br />

Worten OHNE Vorkommnisse bis Gnarp.<br />

Das kanns heute noch nicht gewesen sein! Die<br />

nächstbeste Ausfahrt nehmend schlage ich mich „in<br />

die Büsche“. Mal sehen was es in Schweden außer<br />

<strong>der</strong> E4 als <strong>Mit</strong>tel <strong>zum</strong> Zwecke des reisens noch so<br />

zu sehen gibt.<br />

Kaum abgefahren kommt ein braunes Schild.<br />

Gränsfors Bruks Axe Museum steht zu lesen. Was<br />

für ein Zufall. Da geht man jahrelang mit einer<br />

legän<strong>der</strong>en Gränsfors Bruks Axt in den Wald <strong>und</strong><br />

freut sich, daß sie wie Butter auch durch harte Äste<br />

geht <strong>und</strong> irgendwo in Schweden biegt man<br />

mal willkürlich ab <strong>und</strong> kommt direkt zu Fabrik <strong>und</strong><br />

Museum. Schon im Ort realisiere ich, daß (<strong>wie<strong>der</strong></strong>mal)<br />

Samstag ist <strong>und</strong> die Fabrik sowie das Museum<br />

zu haben. Am Museum steckt <strong>der</strong> Schlüssel, aber<br />

es ist abgeschlossen. Beim Nachbarn frage ich<br />

nach <strong>und</strong> er holt sogleich seine Frau herbei. Sie<br />

winkt mich hinter sich her <strong>und</strong> meint sie habe auch<br />

den Schlüssel fürs Museum <strong>und</strong> zeigt mir alles, Am<br />

Ende drückt sie mir noch „Das Buch <strong>der</strong> Äxte“ in<br />

deutsch mit Geschichten <strong>und</strong> Erklärungen r<strong>und</strong> um<br />

die Manufaktur kostenlos in die Hand.<br />

Als ich schon los will, geht ein Mann ins an<strong>der</strong>e<br />

Gebäude wo „Shop“ dransteht. Hat also doch etwas<br />

geöffnet, denke ich <strong>und</strong> laufe hinterher. Der Mann<br />

stellt sich als Australier vor <strong>und</strong> möchte die Äxte<br />

nach „Down Un<strong>der</strong>“ importieren. Zusammen mit<br />

dem Verkäufer kommen wir 3 schnell ins Gespräch.<br />

Es geht um <strong>AWO</strong>, Äxte <strong>und</strong> ob es in Australien<br />

keine guten zu kaufen gibt, so daß er dafür um die<br />

halbe Welt reisen muß ;-) . Ein <strong>Mit</strong>nimmsel für zu<br />

Hause ( handgeschmiedeter Kerzenstän<strong>der</strong>) wird<br />

auch noch gekauft. Wie<strong>der</strong> am Gespann spricht<br />

36 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


mich ein älterer Herr in fl ießendem Deutsch an. Wir<br />

geraten in ein sehr nettes Gespräch <strong>und</strong> es stellt<br />

sich heraus, daß er <strong>der</strong> ehemalige Besitzer <strong>der</strong> Fabrik<br />

<strong>und</strong> im Ruhestand ist. Er hat trotzdem noch ein<br />

wachsames Auge auf das Gelände, wohnt er doch<br />

gleich um die Ecke. Nach guten Wünschen auf meinen<br />

Weg verabschieden wir uns <strong>und</strong> weiter gehts.<br />

Auf <strong>der</strong> E4 entgeht einem die wirkliche Schönheit<br />

Schwedens aber sowas von komplett.<br />

bis Enanger. Auf dem dortigen Campingplatz werde<br />

ich sehr fre<strong>und</strong>lich empfangen, es ist aber „nur“<br />

noch ein Stugor (Haus) frei. Das kostet 800Kronen<br />

<strong>und</strong> ist sehr schön. Hier käme es einem zu gute,<br />

wenn man in <strong>der</strong> Gruppe reisen würde. Dann könnte<br />

man sich rein teilen. Aber <strong>der</strong> Gastgeber hat ein<br />

Einsehen <strong>und</strong> gibt mir wenigstens die Bettwäsche<br />

statt 120 extra Kronen für umsonst. Abendbrot gibts<br />

heute frisch zubereitet vom Campingplatzbesitzer.<br />

Fl<strong>und</strong>ra mit Mauke ( Kartoffelbrei ) <strong>und</strong> Gemüse<br />

plus Preiselbeeren. Dazu gibts Heidelbeersaft.<br />

Eine junge Familie kommt auch noch. Sie haben die<br />

kleine Hütte gemietet. Sie ist Schwedin, er Englän<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> gerade eben hat England bei <strong>der</strong> EM gegen<br />

Schweden verloren. Sie <strong>und</strong> die Tochter hielten zur<br />

schwedischen Mannschaft <strong>und</strong> er zu seinen Landsleuten.<br />

Zündstoff in <strong>der</strong> Family ;-) . Wir geraten in<br />

ein sehr angenehmes Gespräch <strong>und</strong> als ich meine<br />

guten Erfahrungen schil<strong>der</strong>e ist sie sichtlich stolz<br />

auf ihre Landsleute. Wie überall gäbe es aber auch<br />

hier nicht so schöne Sachen, die ich ja aber nicht<br />

erleben mußte. Genau so wäre es in England, erzählt<br />

<strong>der</strong> Mann.<br />

Je weiter man aufs Land hinaus kommt, umso herzlicher<br />

wird im allgemeinen <strong>der</strong> Umgang, Erst reserviert,<br />

doch wenn gespürt wird, man hat das Herz am<br />

rechten Fleck <strong>und</strong> verhält sich nicht wie die Axt im<br />

Walde, wird es umso fre<strong>und</strong>schaftlicher. In <strong>der</strong> Stadt<br />

sind alle so „busy“. Beschäftigt; <strong>und</strong> am meisten<br />

mit sich selbst. Es ist nett hier <strong>und</strong> die Zeit vergeht.<br />

Die Kleine bekommt gerade ihre Waffeln mit Eis<br />

<strong>und</strong> Apfelmus. DAS leckert mich natürlich auch <strong>und</strong><br />

so essen wir kurze Zeit später „stereo“. Das Mädel<br />

guckterst verdutzt, warum auf einmal <strong>der</strong> „Fremde“<br />

auch Waffeln mit Eis bestellt, freut sich dann aber,<br />

als sie sieht wie gut mirs schmeckt. Ich verabschiede<br />

mich einstweilen <strong>und</strong> gehe duschen. Diese befi<br />

nden sich rustikal in einem ehemaligen Pferdestall<br />

sind aber super sauber <strong>und</strong> <strong>der</strong> Besitzer<br />

20 o<strong>der</strong> auch 50km Umweg lohnen IMMER, Hier<br />

ziehen sich um diese Jahreszeit kilometerweit<br />

blühende Lupinenteppiche am Straßenrand entlang.<br />

Eine Augenweide! Ab Bergsjö halte ich mich auf <strong>der</strong><br />

Straße 307 <strong>wie<strong>der</strong></strong> Richtung „graues Band“ (E4) .<br />

Nach einer Weile fängt es ziemlich bindfädenartig<br />

an zu regnen. In Igges<strong>und</strong> tanke ich <strong>und</strong> w<strong>und</strong>ere<br />

mich noch, daß alle Campingplätze belegt <strong>und</strong><br />

so viele Kin<strong>der</strong> unterwegs sind. Später stellt sich<br />

heraus, daß in <strong>der</strong> Nähe eine riesige Kin<strong>der</strong>fußballveranstaltung<br />

ist.<br />

<strong>Mit</strong>ten im Wald an <strong>der</strong> Straße steht ein Häuschen<br />

mit einer roten Anzeige. Ist das eine Waage? Warum<br />

auch immer diese dort steht, ich drehe um <strong>und</strong><br />

fahre auf die Plattform. 480Kg wiegen wir zusammen.<br />

Macht 400kg für das Gespann inkl. allem was<br />

mitfährt, exklusive mir :-) . Weiter gehts im Regen<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

37


hat mich schon vorgewarnt, daß die ersten 3 min<br />

nur kaltes Wasser kommt . Als ich fertig bin, wartet<br />

die Familie schon. Sie wollen auch zu Bett <strong>und</strong><br />

noch schnell Zähne putzen. Nach einem sehr lieben<br />

Gespräch mit zu Hause ( dort sind 27°C <strong>und</strong> Lukas<br />

mäht mit dem Trekker den Rasen) mache ich meine<br />

Aufzeichnungen <strong>und</strong> sinke in den Schlaf.<br />

TECHNISCHES:<br />

Speichen kontrolliert ...ok<br />

Ventilspiel kontrolliert ... ok<br />

Vergaserüberwurfmutter festgezogen<br />

R<strong>und</strong>umkontrolle auf Brüche, fehlende Schrauben<br />

etc.<br />

TAG 19<br />

17.06.12 (289km) Start 6:30 Enanger, Sö<strong>der</strong>hamn,<br />

Gävle, Uppsala, Märsta<br />

Start bei bedecktem Himmel. Es regnet aber nicht<br />

mehr. Mal sehen, was also <strong>der</strong> Tag bringt. Gleich<br />

biege ich falsch ab <strong>und</strong> darf zur „Strafe“ noch 20 km<br />

schöne Landstraße genießen. Bei Hagsta ist mal<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> Zeit <strong>zum</strong> tanken. Diesmal gibts einen Apfel,<br />

heißen Kakao <strong>und</strong> ein nicht so ganz leckeres Würstchen.<br />

Die Verkaufsdame ist maximal 1,50m groß<br />

<strong>und</strong> schaut etwas bärbeißig drein. Nach meiner Bestellung<br />

<strong>und</strong> Bezahlung <strong>und</strong> noch ein paar Fragen<br />

zur Strecke schaut sie schon fre<strong>und</strong>licher aus. Is ja<br />

auch noch früh am morgen.<br />

Draußen spricht mich ein Mann an <strong>und</strong> verwickelt<br />

mich in ein Gespräch über die <strong>AWO</strong> <strong>und</strong> das Wetter.<br />

Es soll schlecht werden. Regen von Südwesten.<br />

Cool, da muß ich hin. Vorsorglich werden alle<br />

Regensachen angezogen, denn es kommen wirklich<br />

schwarze Wolken hinter den Bäumen hoch. Das<br />

tollste ist, ich hab vor zwei Tagen meine etwas regenfesteren<br />

Stiefel ganz unten ins Boot gestopft <strong>und</strong><br />

muß nun diese schieten Überschuhe anziehen. Mir<br />

schwant schon, daß es mit den Dingern nicht lange<br />

gut gehen wird. Keine 10 min später fahre ich in<br />

den Regen. Nach 20 weiteren Minuten sind meine<br />

Schuhe trotz Überschuhen erst naß, dann Aquarien<br />

mit 2 mal 5 frierenden „Fischen“. Handschuhe? Dito!<br />

Nach mehr als 170 km in feinstem Schottischen Regen<br />

( fast lotrecht, Bindfäden, auf <strong>der</strong> Straße Blasen<br />

schlagend) hab ich keine Lust mehr <strong>und</strong> die „Fische“<br />

in meinen 2 Aquarien sind ertrunken. Das nächste<br />

Hotel ist meins.<br />

Im Arlanda Quality Hotel checke ich schließlich ein,<br />

nachdem ich vor dem Eingang des riesigen Komplexes<br />

mit angeschlossenem Shoppingcenter wütend<br />

meine schieten Überschuhe in die Tonne knalle.<br />

<strong>Mit</strong>leidige Blicke fl iegen mir zu als ich als näßester<br />

Deutscher des Tages mit komischen Geräuschen<br />

aus meinen Schuhen durchs Entre´ stapfe.<br />

I´m looking for a warm dry place, please for me and<br />

my motorcycle. Der Mann an <strong>der</strong> Rezeption überreicht<br />

mir die Karte für Raum 605 <strong>und</strong> informiert<br />

mich, daß ich die <strong>AWO</strong> auf den gesicherten Gästeparkplatz<br />

im Keller fahren kann. Das tue ich als<br />

erstes <strong>und</strong> nach <strong>der</strong> Passage dreier Sicherheitstore<br />

steht meine Gutste sicher <strong>und</strong> trocken. Schön! Zimmer<br />

605 hat fast alles, was ich heute noch brauche.<br />

Eins <strong>der</strong> tollsten Betten in denen ich je schlafen<br />

durfte, Klimaanlage, <strong>und</strong> Dusche. Was fehlt, ist ein<br />

20 kW Baustellentrockner für meine Schuhe <strong>und</strong><br />

Handschuhe. Obwohl die Regensachen wirklich<br />

sehr gut dicht gehalten haben. Die wichtigen Stellen<br />

am Körper sind gut geschützt, Auch die Kombi ist<br />

nicht naß.<br />

Und nun. Die Schuhe hab ich ausgeschüttet <strong>und</strong><br />

ans Fenster gestellt. Gummistiefel wären Klasse.<br />

Aber Sonntag? Mal schauen. Also nasse Schuhe<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> an <strong>und</strong> shopping.<br />

Einkaufszettel: Gummistiefel, Zahnpasta, Zahnbürste,<br />

Süßigkeiten, Eis.<br />

Ich nehme Sachen, die mir bekannt vorkommen,<br />

38 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


Sensodyne, Dr. Best . Die Zahnpasta heißt Pro<br />

Emalij . Das heißt Pro Zahnschmelz <strong>und</strong> erinnert<br />

mich an mein Emailletippel :-) . Eis? Yessssssss!<br />

Häagen Dasz. Problem ist, bei den großen Bechern<br />

ist kein Löffel dabei. Also nehme ich 4 kleine, denn<br />

da sind welche im Deckel. Süßigkeiten hole ich mir<br />

aus einer riesigen Wand mit den verschiedensten<br />

Sachen. Cashewkerne mit weißer Schoki, Apfelstücken<br />

mit Vollmilchschoki <strong>und</strong> Zimt, sowie Himbeeren<br />

mit weißer Schoki. Wie<strong>der</strong> im Zimmer schalte<br />

ich das erste mal auf <strong>der</strong> ganzen Reise einen<br />

Fernseher selber an <strong>und</strong> gucke BBC World News.<br />

Dabei esse ich das Eis alles auf <strong>und</strong> werfe ein Paar<br />

Süßigkeiten ein. Das hab ich mir aber verdient ;-)<br />

Also „suhle“ ich mich ab halb 3 nachmittags im Bett<br />

rum. Zwischendurch schön warm duschen, chillen<br />

<strong>und</strong> .... chillen. Irgendwann schlafe ich total entspannt<br />

mit Mukke im Ohr ein. Wie kann man bei<br />

Transvision Vamp <strong>und</strong> VNV-Nation bloß einschlafen.<br />

Fragt jemand an<strong>der</strong>es! :-)<br />

TECHNISCHES:<br />

Sichtprüfung r<strong>und</strong> ums Motorrad<br />

Öl<br />

TAG 20 UND 21<br />

18. <strong>und</strong> 19. 06. 2012 (1170km in Worten eintausendeinh<strong>und</strong>ertsiebzig<br />

Kilometer ) Start: 6:30 Märsta,<br />

Stockholm, Nyköping, Norrköping, Linköping,<br />

Jönköping, Värnamo, Ljungby, Markaryd, Helsingborg,<br />

Malmö, Kopenhagen, Slagelse, Odense,<br />

Middelfart, Kolding, Padborg, Flensburg, Husum,<br />

Heide, Meldorf, Helse, Friedrichskoog Ankunft 7:30<br />

Wie <strong>der</strong> junge Morgen erwache ich <strong>und</strong> bin trotz<br />

<strong>der</strong> frühen St<strong>und</strong>e schon fi t. Im Erdgeschoß des<br />

Centers wartet seit 4 Uhr das Frühstück. In Nicki,<br />

Jeans <strong>und</strong> meinen stolz getragenen niegelnagelneuen<br />

Gummistiefeln ;-) hole ich Saft , Joghurt , Müsli<br />

<strong>und</strong> einen Apfel auf die Hand. Das reicht! Zurück in<br />

Zimmer 605 werden alle Sachen zusammengepackt<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

<strong>und</strong> Ordnung gemacht. Zahnpasta nicht vergessen?<br />

Check!<br />

Nasse Socken, die aus dem Fenster baumeln geborgen?<br />

Check!<br />

Alle Eisdosen im Papierkorb? Check!<br />

Dann los!<br />

Auschecken <strong>und</strong> durch die Sicherheitsschleusen<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> zurück zur <strong>AWO</strong>. Die noch dreiviertel nassen<br />

Schuhe hänge ich ins Ersatzrad <strong>und</strong> binde sie<br />

fest. Vielleicht trocknet <strong>der</strong> Fahrtwind sie ja . Nach<br />

weiteren 3 Sicherheitstüren <strong>wie<strong>der</strong></strong> am Licht, tanken<br />

wir <strong>und</strong> stürzen uns volle Pulle mit 60 km/h ;-) ins<br />

Montagmorgengetümmel des Stockholmer Speckgürtels<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Hauptstadt.<br />

Wenn man sich auf einer Reise befi ndet, bei <strong>der</strong><br />

man an soviel Natur teilhaben durfte, sind Großstädte<br />

alle gleich „schön“ anzuschauen. Ausnahme<br />

für mich; Dresden. Vorsicht, Meinung des Autors<br />

! Komisch ist aber schon, wenn man sich im Gespräch<br />

mit Leuten erklärt, scheint den meisten nicht<br />

bei East Germany o<strong>der</strong> Saxony ein Licht aufzugehen.<br />

Sagt man aber „near Dresden“ weiß je<strong>der</strong>, wo<br />

das ist <strong>und</strong> daß es eine w<strong>und</strong>erschöne Stadt ist. Ja<br />

sogar Görlitz ist bemerkenswerterweise selbst oberhalb<br />

des Polarkreises nicht unbekannt.<br />

Wie dem auch sei, Stockholm wird also, wie die<br />

meisten an<strong>der</strong>en Großstädte, die ich während<br />

<strong>der</strong> Reise passiert habe <strong>und</strong> noch werde, einfach<br />

durchfahren. Ein „Stückchen“ weiter folgt eine Perle<br />

<strong>der</strong> Natur. Nein nicht das Bier! Der große Väternsee.<br />

Und er ist wirklich groß. Ich glaube <strong>der</strong> größte and<br />

dem wir vorbeigefahren sind. Zig Kilometer zieht<br />

die Straße am Ufer entlang. Bei tollstem „Nichtgummistiefelwetter“<br />

mit blauem Himmel <strong>und</strong> Schäfchenwolken<br />

bei 20°C lassen wir uns mit ein paar<br />

Päuschen treiben. Heute läuft es richtig gut. Das<br />

ausschlafen hat W<strong>und</strong>er gewirkt. Mal sehen, wie<br />

weit wir kommen.<br />

Helsingborg scheint ein gutes Ziel. In diese Richtung<br />

halte ich mich auch. Die Gedanken streichen<br />

schonmal ein paar h<strong>und</strong>ert Kilometer voraus in<br />

Richtung Heimat. Alles geht heute wie von selbst<br />

<strong>und</strong> ich genieße nach dem Regen gestern jeden<br />

Kilometer mit Sonne. Selbst Porsches <strong>und</strong> riesige<br />

Volvos nehmen es mir nicht krumm, wenn sie auf<br />

<strong>der</strong> manchmal einspurigen Straße eine Weile hinter<br />

mir her „gurken“ müßen. Sie fahren einfach hinterher<br />

<strong>und</strong> wenns <strong>wie<strong>der</strong></strong> zweispurig wird überholen<br />

sie gemächlich. Das ist hier eben so. Um Linköping<br />

herum säumen viele Flugzeuge den Straßenrand.<br />

Hier befi nden sich die Saab – Flugzeugwerke.<br />

Fast möchte sich ob des schönen Wetters meine<br />

Laune <strong>wie<strong>der</strong></strong> eintrüben, hätte ich doch die Gummistiefel<br />

umsonst gekauft. Naja vor Regen schützen<br />

geht ja auch indirekt. Das Ziel des trockenbleibens<br />

wird auch bei Trockenheit erreicht :-) . Aber bald<br />

trübt es sich ein. Sie sollen ihre Chance bekommen,<br />

sich zu bewähren, denn bald regnet es richtig <strong>und</strong><br />

39


lange.<br />

Von einem Tankstop <strong>zum</strong> nächsten ( ca 200 km )<br />

schüttet es von oben <strong>und</strong> unten <strong>und</strong> ich gucke dauernd<br />

runter, wackle mit den warmen Zehen in trockenen<br />

Socken <strong>und</strong> freue mich wie ein kleines Kind,<br />

wie toll die Gummistiefel doch halten! Irgendwann<br />

ist auch die schönste Regenfahrt vorbei <strong>und</strong> wir<br />

nähern uns Helsingborg. Irgendwie ist die Luft noch<br />

nicht ganz raus heute, ein paar Kilometerchen könnten<br />

noch, dann das Schild „Malmö 40km“. Wäre<br />

cool, die Brücke heute noch zu sehen, diesmal bei<br />

Sonnenuntergang. Soll es also weitergehen? JA ES<br />

SOLL !<br />

Ab hier fahren wir die selbe Strecke <strong>wie<strong>der</strong></strong> zurück.<br />

Bis Malmö kommt es uns wie ein Katzensprung vor<br />

<strong>und</strong> .... ach wenn wir schonmal da sind .... . Schon<br />

ist die Maut gezahlt <strong>und</strong> bei Abenddämmerung<br />

gehts hoch hinaus auf die Brücke. Bei ganz an<strong>der</strong>em<br />

Licht <strong>und</strong> mehr Wind. Herz, was willst du mehr?<br />

Natürlich das Meer !!! Geht klar, kommt sofort! DAS<br />

ist <strong>wie<strong>der</strong></strong> ein Erlebnis <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Art.. Aber<br />

hier wird auch noch gearbeitet. Kurz vor dem dunkel<br />

werden wird hier noch mit mehreren großen Maschinen<br />

am Straßenrand Gras gemäht. Zurück zu<br />

dem Emotionen. Da sehr wenig Verkehr ist, kann<br />

ich auch schön langsam fahren <strong>und</strong> den Blick<br />

übers Wasser fl iegen lassen. Die Sonne will sich<br />

hinter den Wolken, die über Dänemark hängen zur<br />

Ruhe begeben <strong>und</strong> läßt für wenige Minuten noch<br />

ihr Abendrot auf dem Öres<strong>und</strong> frei. Ich muß einfach<br />

anhalten <strong>und</strong> DAS aufnehmen ( nicht auf Digikam<br />

son<strong>der</strong>n auf einen wesentlich zuverlässigeren Speicher:<br />

Optik: Auge, Speichermedium: Kortex. ).<br />

Recht schnell kommt jedoch die Wirklichkeit <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

<strong>und</strong> ich realisiere, es ist 1. hoch, 2. viel zu hoch für<br />

meinen Geschmack <strong>und</strong> 3. recht windig, was meine<br />

auf einmal recht wackeligen Beine nicht gerade<br />

standfester macht. Schnell <strong>wie<strong>der</strong></strong> <strong>zum</strong> Gespann<br />

<strong>und</strong> weiter! Was man auf <strong>der</strong> <strong>Hin</strong>reise nicht gesehen<br />

hat, da man ja noch am Festland in ein Tunnel<br />

fuhr ist, daß die Brücke scheinbar im Meer endet.<br />

Also das Tunnel beginnt auf einer Insel. Wenn man<br />

in <strong>der</strong> Dämmerung über die Brücke fährt, sieht es so<br />

aus, als ob man ins Wasser abtaucht. Rechts liegt<br />

die Insel Saltholm. Diese wurde aus dem Abraum<br />

<strong>der</strong> Brücken- <strong>und</strong> Tunnelbaustelle aufgeschüttet <strong>und</strong><br />

ist Schutzgebiet.<br />

Noch vor dem Tunnel überholt mich sehr zügig ein<br />

Harleyfahrer mit deutscher Nummer. Schon <strong>zum</strong><br />

zweiten Mal <strong>der</strong> selbe. Das Tunnel entlässt uns kurz<br />

vor Kopenhagen <strong>wie<strong>der</strong></strong> aus seiner Obhut. Der Himmel<br />

sieht auf einmal gefährlich nach Gewitter aus<br />

<strong>und</strong> es weht ein kräftiger Wind von rechts. Ich muß<br />

gegensteuern. Das macht die Fahrt nicht leichter.<br />

An einer Tankstelle gibts einen schnellen Red Bull,<br />

<strong>und</strong> ein paar Minuten verschnaufen, Eigentlich wollte<br />

ich mich nach ner Bleibe umsehen, aber es ist<br />

nun schon halb zwölf <strong>und</strong> so richtig will sich keine<br />

Lust <strong>zum</strong> Hotel suchen o<strong>der</strong> Zelt aufbauen einstellen.<br />

Gerade hab ich meine „Stärkung“ hinter geschüttet<br />

<strong>und</strong> will <strong>wie<strong>der</strong></strong> los. Da sehe ich einen Biker an<br />

seiner Kiste schrauben. Ach <strong>der</strong> Harleyfahrer <strong>wie<strong>der</strong></strong>!<br />

Ich frage ob Hilfe gebraucht wird. Ölverschmiert<br />

kommt er unter seiner Karre hervorgekrochen <strong>und</strong><br />

sein Gesicht sagt mir: Ja! Er hat ein Ölleck. WOW<br />

das gibts auch bei an<strong>der</strong>en Maschinen ? Und Öllecks<br />

sehen ja auch immer gleich katastrophal aus.<br />

Der gesamte Motorblock <strong>und</strong> das Getriebe, sowie<br />

das <strong>Hin</strong>terrad sind sehr gut „geschmiert“. Es<br />

40 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


dauert eine Weile bis wir den w<strong>und</strong>en Punkt gef<strong>und</strong>en<br />

haben. <strong>Hin</strong>ter dem Ölfi lter schlängelt sich ein<br />

kleines Röhrchen hinauf am Tank vorbei <strong>und</strong> endet<br />

an einem superwichtigen „High – Performance“<br />

Öldruckmanometer. Das Röhrchen hatte sich in das<br />

Ölfi ltergehäuse verliebt <strong>und</strong> sich an ihm aufgerieben.<br />

So lief das Öl am Filter runter <strong>und</strong> tropfte auf den<br />

Motorblock <strong>und</strong> das Getriebe, von wo es sich schön<br />

gleichmäßig auf den Reifen verteilte. Lösung: Röhrchen<br />

blind machen!<br />

Kurzehand wird das Röhrchen vom Besitzer mittels<br />

eines chinesischen Seitenschnei<strong>der</strong>s abgezwickt.<br />

Naja <strong>der</strong> Seitenschnei<strong>der</strong> sieht eher nur so aus.<br />

Richtig müßte es Seitenquetscher heißen. Jedenfalls<br />

wird das Röhrchen mehr o<strong>der</strong> weniger abgerissen,<br />

umgebördelt <strong>und</strong> soll jetzt dicht sein. Ich<br />

melde Bedenken an, <strong>und</strong> zitiere den Mopedprinz .<br />

Öl hat einen spitzen Kopf <strong>und</strong> ist fl üssig wie Wasser,<br />

wenns warm ist! Das umbördeln klappt natürlich<br />

nicht. Jetzt darf ich meine Variante probieren. Am<br />

hinteren Zylin<strong>der</strong>fuß ist das Röhrchen mit einer kleinen<br />

zölligen Überwurfmutter befestigt. Ich umwickle<br />

den Anfang des Röhrchens fest mit Tefl onband aus<br />

meinem Repertoire <strong>und</strong> schraube das ganze <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

fest.<br />

Vergnügt steht <strong>der</strong> glatzköpfi ge Endfünfziger neben<br />

mir <strong>und</strong> meint: „Da steh ich mitten in <strong>der</strong> Nacht<br />

irgendwo in Dänemark an einer Tankstelle <strong>und</strong><br />

gucke zu, wie mir so ein Simsontyp , <strong>der</strong> es im<br />

Gegenteil zu mir mit seinem Alteisen bis <strong>zum</strong> Kap<br />

<strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> zurück geschafft hat, meine Harley<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> heil macht.“ Wir lachen beide herzlich. Meine<br />

Flickschusterei hält. Wir sind begeistert. Er läd mich<br />

noch auf nen Kaffee ein. Kaffee lehne ich ab, also<br />

muß es noch ein Redbull sein :-) ( <strong>der</strong> zweite innerhalb<br />

einer halben St<strong>und</strong>e, wenn das nicht hilft ... ).<br />

Wir unterhalten uns noch ganz nett <strong>und</strong> er erzählt<br />

von seinem Zünspulendefekt mit langer Wartezeit<br />

unterwegs <strong>und</strong> daß ihn oberhalb von Trondheim<br />

schon gefroren hat. Er hatte dann keine Lust mehr<br />

<strong>und</strong> ist umgedreht. Ich schmunzle in mich rein als er<br />

dramatisch von „einstelligen Temperaturen“ erzählt.<br />

Seine teuren Goretex – Wan<strong>der</strong>schuhe waren auch<br />

schon mehrmals abgesoffen <strong>und</strong> seine Harleykombi<br />

sieht auch schicker aus, als sie wärmt. Diese<br />

Erkenntnisse hat er mittlerweile selbst gesammelt.<br />

Er möchte am liebsten durchfahren bis nach Hause<br />

<strong>und</strong> will noch eine Fähre in Puttgarden erwischen.<br />

Ob nachts halb 2 noch was fährt bezweifl e ich <strong>und</strong><br />

schlage meine, ihm unbekannte Route über die Brücke<br />

als Alternative vor. Das ist ihm zu weit <strong>und</strong> so<br />

trennen sich wenige Minuten später nach einer sehr<br />

fre<strong>und</strong>schaftlichen Verabschiedung unsere Wege<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong>.<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

Aufgeputscht durch 2 Redbull <strong>und</strong> ein paar leckere<br />

Schnitten Brot <strong>und</strong> Kaviar mache ich den Autopilot<br />

rein <strong>und</strong> wir schweben im Tieffl ug durch die wolkenverhangene<br />

dänische Nacht, als ob die Kilometer<br />

nur Luft wären.<br />

Paul van Dyk mit seinem Album „out there and back“<br />

(^^ hin <strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> zurück) in Endlosschleife begleitet<br />

mich so sicher, wie schon im Jahre 2000, als wir<br />

mit dem Auto nachts durchgefahren sind. Anja neben<br />

mir seelenruhig schlafend mit unserem ältesten<br />

im Bäuchel. .... Memories pur...<br />

Bei Durst wird getrunken, bei Hunger gegessen.<br />

Wenn getankt werden muß gibts rechtzeitig Benzin.<br />

Werden die Augen schwer gibts nen Schluck Redbull<br />

<strong>und</strong> 25 Liegestütze in voller Montur. Kein Bock<br />

anzuhalten. Kein Bock zu schlafen. Nur Bock auf<br />

<strong>AWO</strong> fahren. Die Nacht vergeht wie im Flug.<br />

Der Morgentau senkt sich herab <strong>und</strong> es ist, als führe<br />

man durch unsichtbaren Regen. Alles wird klamm,<br />

die Luft wird frisch <strong>und</strong> ab <strong>und</strong> zu fröstelt es mich<br />

ein bisschen. Liegestütze sind hier <strong>wie<strong>der</strong></strong> das <strong>Mit</strong>tel<br />

<strong>der</strong> Wahl. Allein durch Dänemark sicher über 100 :-)<br />

. Die Sonne wagt einen ersten Blick über den Horizont.<br />

Ein unglaublicher Anblick, wenn die morgentliche<br />

Welt vom Himmel her in rosarote Tücher gehüllt<br />

wird <strong>und</strong> die Nebelschleier den Wiesen schmeicheln.<br />

Soeben fahre ich an einer Herde Kühe vorbei. Die<br />

ersten haben sich schon aufgerappelt <strong>und</strong> grasen<br />

gemächlich. Die Kleinen dürfen noch ein bisschen<br />

dösen. Das alles bei diesem Licht. Noch jetzt beim<br />

schreiben bekomme ich Gänsehaut, wenn ich mich<br />

erinnere.<br />

Aber upps, was ist das? Ein Schild. Flensborg nur<br />

noch 40 km. So heimlich es nur geht, hat sich schon<br />

die deutsche Grenze angeschlichen. Ein letztes Mal<br />

tanke ich in Dänemark <strong>und</strong> .... kanns kaum glauben,<br />

daß wir schon HIER sind,<br />

Im Morgengrauen überqueren wir die Grenze <strong>und</strong><br />

gerade denke ich an das letzte Mal, als wir 2000<br />

mit Anja diese Grenze in dieser Richtung um fast<br />

dieselbe Uhrzeit passiert haben. Das erste was uns<br />

damals wie ein Hammer auf den Kopf daran erinnerte<br />

in D zu sein, ist die Tatsache, daß es gleich<br />

alle <strong>wie<strong>der</strong></strong> total eilig haben. Genauso geht es mir<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong>. Soeben von <strong>der</strong> Autobahn runter sehe ich,<br />

wie ein popeliger 1,4 er Polo mit seinen Scheinwerfern<br />

an meinem Auspuff klebt <strong>und</strong> am liebsten<br />

schieben möchte.<br />

Wenn ich nur eine einzige Sache von <strong>der</strong> Reise<br />

aussuchen müßte, die ich behalten dürfte, so wäre<br />

meine Bitte, für mich etwas von <strong>der</strong> innerlichen <strong>und</strong><br />

äußerlichen Ruhe hinüberretten zu können. Das<br />

war auch meine leise Hoffnung, aber man kann sich<br />

selbst auch in solchen 3 Wochen wie ich erleben<br />

durfte nicht so wandeln <strong>und</strong> verfällt lei<strong>der</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

schnell in den selben Trott wie vorher.<br />

Ich versuche, gelassen zu bleiben <strong>und</strong> es gelingt<br />

41


mir auch ansatzweise. Du bringst mich jetzt auch<br />

nicht mehr aus meinem seit über 8000 km bewährten<br />

Konzept. Bei <strong>der</strong> nächsten unpassenden<br />

Möglichkeit macht er einen auf Schumi <strong>und</strong> verheizt<br />

mich als gäbe es kein Morgen! Soll ich jetzt beeindruckt<br />

sein? Keine Zeit, muß weiter meine letzten<br />

Marathonkilometer genießen. Aber wenn jemand<br />

fragt, wie man am besten erkennt, daß man sich in<br />

Deutschland befi ndet, so weiß ich spätestens jetzt,<br />

das ist das Fahrverhalten.<br />

Mein Herz klopft. Wir sind jetzt 24 St<strong>und</strong>en unterwegs<br />

<strong>und</strong> 26 auf den Beinen. Die 1000 km Marke<br />

ist gefallen. Genau 1103 km von halb 7 bis <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

halb 7. Jetzt würden wir zwei sogar für die Iron Butt<br />

Association taugen. Die Sonne lacht <strong>und</strong> Husum<br />

<strong>und</strong> Heide fl iegen vorbei. Kein halten mehr. Marne.<br />

Friedrichskoog. Noch einmal tief durchatmen, Noch<br />

einmal Gas geben. Noch ein Kreisverkehr. Halb 8<br />

<strong>und</strong> heute mit 1170km auf <strong>der</strong> Uhr biege ich beim<br />

großen Deichgarage – Schild ein, ramme dieses<br />

Mal nicht den Gartenzaun <strong>und</strong> drehe den Zündschlüssel<br />

auf 0. Geschafft. Kreis geschlossen! Vor<br />

Freude lege ich mich ins Gras, liege ruhig mit geschlossenen<br />

Augen da, während die Sonnenstrahlen<br />

mein Gesicht wärmen <strong>und</strong> atme Seeluft.<br />

Wenn jetzt Schnee wäre könnte man einen Schneeengel<br />

machen. So mache ich einen Grasengel <strong>und</strong><br />

auch das fühlt sich gut an.<br />

Romy kommt raus <strong>und</strong> w<strong>und</strong>ert sich. <strong>AWO</strong> da,<br />

Bernde weg ? Es folgt ein herzlicher Empfang <strong>und</strong><br />

nachdem Nick <strong>und</strong> die an<strong>der</strong>en aus den Fe<strong>der</strong>n<br />

geholt sind, gibts lecker Frühstück. Ich stehe Rede<br />

<strong>und</strong> Antwort. Nick überreicht mir den „Pokal für die<br />

weiteste Anreise nach Friedrichskoog“. Einmal mehr<br />

bin ich platt. Ich weiß nicht, ob es so rüberkommt<br />

angesichts meiner Müdigkeit, aber ich bin wirklich<br />

<strong>und</strong> ehrlich erfreut <strong>und</strong> gerührt. Es setzt <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />

dieses unbeschreibliche Gefühl ein, wie ich es lei<strong>der</strong><br />

sonst kaum woan<strong>der</strong>s, als auf dem Deich empfi nde.<br />

Auf einmal haben auch alle an<strong>der</strong>en keinen Bock<br />

mehr auf irgendwas an<strong>der</strong>es, als sitzen, chillen,<br />

schnacken <strong>und</strong> die Sonne die Nasenspitze kitzeln<br />

zu lassen. Es folgt ein ganz liebes Telefonat mit<br />

Anja. Sie kann es nicht glauben, daß ich schon in<br />

Deutschland bin. Weit nach <strong>Mit</strong>tag rappel ich mich<br />

hoch um 5m Luftlinie weiter erneut, diesmal aber<br />

liegend in die Traumwelt hinabzusteigen. 5 Minuten<br />

später werde ich <strong>wie<strong>der</strong></strong> munter <strong>und</strong> es ist schon<br />

Abend.<br />

Nick hat Kneipendienst, es fi ndet ein kleines Open<br />

Air Konzert hinter dem Deich statt <strong>und</strong> Erna braucht<br />

ihren Auslauf. Das Wasser ist wie immer weg, aber<br />

das stört überhaupt nicht. Das Deichgefühl setzt<br />

schlagartig ein <strong>und</strong> Tolkien kommt mir <strong>wie<strong>der</strong></strong> in<br />

den Sinn. Nun würde ich mich eher zu den Hobbits<br />

als zu den Elben zählen, obwohl ich keine Haare<br />

an den Füßen habe. Trotzdem kann ich dem Elb<br />

mitfühlen, <strong>der</strong> seine erste Möwe schreien hört,<br />

nachdem er geweissagt bekam, er solle sich vor<br />

dem Schrei <strong>der</strong> Möwe hüten. Sonst würde er nie<br />

mehr Ruhe fi nden bis er ans Meer zurückkehre <strong>und</strong><br />

es endlich für immer überquere. Ich könnte St<strong>und</strong>en<br />

hier verbringen. Beim nochmal durchlesen klingt<br />

das alles schon sehr sentimental. Laßt mich doch.<br />

Nach so einer Strecke ist das aber erlaubt !<br />

TECHNISCHES:<br />

„nicht öffnen“ - Schraube zweimal locker gewesen ...<br />

festgezogen<br />

Kardan abgeschmiert<br />

Lichtmaschinengehäuse gereinigt ( Wasser – Öl<br />

– Gemisch )<br />

<strong>Hin</strong>terradbremse gereinigt<br />

Öl<br />

TAG 22<br />

20.06.2012 ( null km ) Friedrichskoog<br />

Ein Tag Urlaub in Friedrichskoog für die <strong>AWO</strong> <strong>und</strong><br />

mich. Das können wir uns gut leisten, denn wir haben<br />

ja gut rausgearbeitet ;-)<br />

Was mir auffi el, als ich hier ankam, war <strong>der</strong> Geruch<br />

<strong>der</strong> Fel<strong>der</strong> kurz vor <strong>der</strong> Reife. Das habe ich vermisst.<br />

Ich vermisse schnell zunehmend auch meine<br />

Familie <strong>und</strong> bin echt versucht, heim zu fahren.<br />

Nachmittags kommt Mario mit seiner „Schönen“ .<br />

Wir fahren noch bis nach Friedrichskoog – Spitze<br />

in Nicks „Bier Pinte – Achtern Diek“ <strong>und</strong> chillen<br />

draußen vor <strong>der</strong> Bar bis Feierabend ist. Noch einige<br />

Vorbereitungen in <strong>der</strong> Garage für morgen. Alle sind<br />

schon in freudiger Erwartung ob <strong>der</strong> morgigen Abreise<br />

in Richtung Danewitz bei Bernau <strong>zum</strong> größten<br />

<strong>AWO</strong> <strong>und</strong> EMW – Treffen in Deutschland. Das sind<br />

nochmal ca. 500 km. Ich freue mich auch schon<br />

riesig, mal nicht alleine <strong>und</strong> dann noch in so netter<br />

Gesellschaft reisen zu dürfen. Doch erstmal gehts in<br />

die Kiste. Gute Nacht!<br />

TAG 23<br />

21.06.2012 (359 km) Start 9:30 Friedrichskoog,<br />

Nord-Ostsee-Kanal, Ludwigslust, Havelberg, Sandau<br />

an <strong>der</strong> Elbe<br />

42 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


Romy+Nick mit <strong>AWO</strong>s, Andre <strong>und</strong> Leo im Auto mit<br />

<strong>AWO</strong> an Board, Mario mit <strong>AWO</strong>, Bernde dito<br />

Nach Frühstück, Erna in die Ferien schicken <strong>und</strong><br />

viel Schnack während <strong>der</strong> Vorbereitungen <strong>zum</strong> Start,<br />

gehts mit fröhlichem Geknatter bei tollem Sonnenwetter<br />

los in Richtung Danewitz. Bei ca 70 pendeln<br />

wir uns ein, außer am N-O-K. Da wollens alle<br />

wissen. Volle Pulle brettern wir die Brücke hinauf ,<br />

Romy führt das Rudel den Berg hoch an, alle halb<br />

liegend mit Kinn voran wegen <strong>der</strong> besseren Windschnittigkeit<br />

:-). Oben gelingt mir während <strong>der</strong> Fahrt<br />

ein ganz tolles Foto von Nick mit seinem metallic<br />

– orangenen Glitzerhelm. Andre <strong>und</strong> Leo fahren<br />

mit dem Transporter hinterher <strong>und</strong> genießen das<br />

Schauspiel.<br />

Für Mario <strong>und</strong> Romy könnten es ruhig 10 km/h mehr<br />

sein, da ich aber um Nachsicht gebeten habe halten<br />

wir uns an die 70. Unterwegs wird Ewi eingesammelt.<br />

Es folgen ein paar Stops, mal <strong>zum</strong> tanken,<br />

mal <strong>zum</strong> Schnacken. Ich schmeiß ne R<strong>und</strong>e Eis.<br />

Obwohl Kolonne fahren an<strong>der</strong>s ist ( man muß mehr<br />

aufpassen ), genieße ich jeden Kilometer. Die Jungs<br />

bobbern voraus <strong>und</strong> machen ihre Späßchen.<br />

in <strong>der</strong> Hosentasche immer so unschön aussieht<br />

eine Blechbüchse geschenkt. Obendrauf noch eine<br />

herzliche Umarmung mit den Worten: „Mensch ist<br />

das toll, daß du das geschafft hast.“ Er ist wirklich<br />

eine liebe Seele von Mensch. Das merke ich, obwohl<br />

wir uns erst einen Tag kennen. Mario kriegt<br />

von mir noch eine „geschmiert“. Schwedisches Brot<br />

mit Kaviar mache ich ihm noch zurecht. Keiner soll<br />

hungern :-). Unterdessen ist <strong>der</strong> Whisky alle <strong>und</strong> wir<br />

fallen ins Bett.<br />

TAG 24<br />

22.06.2012 (166 km) Sandau, Danewitz<br />

Langen Nächten folgt meist ein langsames erwachen.<br />

So auch bei uns. Gegen 7:30 schälen sich<br />

Romy entpuppt sich als <strong>der</strong> weltbeste Gleichmäßigkeitsfahrer<br />

in unserer Gruppe. Ihr muß ich nur blind<br />

folgen <strong>und</strong> alles ist gut. Ewi fährt hinter mir <strong>und</strong><br />

Andre mit dem Transporter schirmt unseren Konvoi<br />

nach hinten ab. Kleinere Raucher – <strong>und</strong> <strong>Hin</strong>ternerholungspausen<br />

für unsere „Don Johnsons“ auf ihren<br />

Feuerstühlen mit weniger als 1cm Fe<strong>der</strong>weg <strong>und</strong><br />

nur einer Hand breit Polsterung auf dem Sitz müßen<br />

natürlich sein. In Havelberg sind alle ziemlich groggy.<br />

Flux noch was eingekauft für heute Abend <strong>und</strong><br />

dann die letzten Kilometer bis Sandau an <strong>der</strong> Elbe,<br />

wo schon die „Little Boom Ranch“ auf uns wartet.<br />

Dort machen wir Rast, um morgen den letzten<br />

„Katzensprung“ bis Danewitz zu tun. Abends gibt es<br />

lecker gegrilltes <strong>und</strong> viel zu erzählen bei einem gediegenen<br />

Glas Whisky <strong>und</strong> Lagerfeuer. Andre <strong>und</strong><br />

ich teilen die gleiche Leidenschaft für „Fishermans<br />

Friend - Mint“ <strong>und</strong> ich bekomme, weil meine Tüte<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

nach <strong>und</strong> nach alle aus den Fe<strong>der</strong>n. Es wartet eine<br />

Dusche, belegte Brötchen <strong>und</strong> frischer Pfefferminztee<br />

ausm Jaaten ;-) . Öl auffüllen <strong>und</strong> los. Heute<br />

werde ich die letzte Schnapszahl meiner Reise<br />

„überfahren“. Irgendwo im schönen brandenburgischen<br />

wird die Zahl 8888.8 km fallen. Die Hühner<br />

sind gesattelt. Auf gehts! Good Bye Little Boom<br />

Ranch.<br />

Kurz vor dem nächsten Tankstop fällt mein blö<strong>der</strong><br />

Digitaltacho <strong>wie<strong>der</strong></strong> aus, warum auch immer. Endlich,<br />

nach einigem rumprobieren bekomme ich ihn<br />

<strong>wie<strong>der</strong></strong> <strong>zum</strong> laufen. <strong>Mit</strong>tagessen gibts in einem tollen<br />

Holzhaus für sensationell günstiges Geld. Für 38 €<br />

inklusive Kaffee, Kola <strong>und</strong> Eis werden alle satt. Das<br />

haut den skandinavische Preise gewohnten Fernreisenden<br />

fast um. Das geht auf mich <strong>und</strong> DANKE,<br />

daß wir so eine schöne Fahrt zusammen haben. In<br />

Perleberg auf dem Markt spüre ich live den Unterschied<br />

von Gruppe zu Einzelfahrer. Da für das Gespann<br />

kein Platz mehr bei den an<strong>der</strong>en ist, stelle ich<br />

mich an den Rand etwas abseits. Während Mario<br />

zur Apotheke fl itzt, bekommen die an<strong>der</strong>en „wilden<br />

Jugendlichen mit ihren lauten Moppeds“ leicht verwirrte<br />

Blicke, während mich gleich ein älterer Herr<br />

anspricht, daß ich mit seinem Jugendtraum unterwegs<br />

wäre. Die Klangkulisse bei unserer Abfahrt<br />

vom Markt ist (<strong>zum</strong>indestens für uns) auf jeden Fall<br />

erinnernswert.<br />

Auf einem schick gepfl asterten Marktplatz kurz<br />

43


<strong>und</strong> die St<strong>und</strong>en vergehen wie Minuten. Es gibt<br />

noch ein ganz tolles Foto von Fränki, Romy, Rene´<br />

<strong>und</strong> Wroebe. Romy bekommt Stereobeschallung<br />

von Fränki von links <strong>und</strong> die beiden an<strong>der</strong>en diskutieren<br />

immer lauter rechts. Sie werden wohl noch<br />

Fre<strong>und</strong>e werden ;-) . Der kleine Trinkwettbewerb,<br />

den <strong>der</strong> zwei meter Mopedprinz <strong>und</strong> die „kleine“<br />

OmiK.rdan vom Zaun gebrochen haben endet sehr<br />

spät mit einem erstklassigen unentschieden. Als <strong>der</strong><br />

Morgen graut, bette ich mich ( wie schon fast Tradition<br />

in Danewitz ) irgendwo auf einer Bank zur Ruhe.<br />

TAG 25<br />

23.06.2012 Danewitz, Zoblitz<br />

vor Eberswalde darf Andre´s blau gelbe Grasbahn<br />

– <strong>AWO</strong> ans Licht. Ab hier also per Achse. <strong>Mit</strong> zweieinhalb<br />

Litern Tankinhalt ist mindestens noch ein<br />

Halt <strong>zum</strong> auffüllen nötig. Alle sind gespannt. Ein<br />

Kick <strong>und</strong> das Unikum mit Crosspelle <strong>und</strong> Springergabel<br />

erwacht <strong>zum</strong> Leben. Mindestens einer hier auf<br />

dem Platz ist high vom So<strong>und</strong>, <strong>der</strong> Optik dem Sonnenlicht,<br />

dem Gedanken „alle zusammen hier“ o<strong>der</strong><br />

allem auf einmal. Ein Gruppenfoto noch schnell <strong>und</strong><br />

weiter gehts. Keiner macht mehr Sperenzchen. Ich<br />

habe den Eindruck, alle fi ebern Danewitz entgegen.<br />

Gegen nachmittag endet die Etappe mit <strong>der</strong> ersehnten<br />

Einfahrt in Danewitz. Die Begrüßung erhält die<br />

Prädikate „beson<strong>der</strong>s wertvoll“ <strong>und</strong> „Balsam für die<br />

Seele“!!! Stellvertretend für die vielen von Freude<br />

<strong>und</strong> Anerkennung gezeichneten Gesichter ist mir<br />

beson<strong>der</strong>s das Gesicht von Peter dem „Eisbär“ in<br />

Erinnerung geblieben, als er mit Romy <strong>und</strong> mir am<br />

Bierwagen steht. absolut selig <strong>und</strong> genau wie wir<br />

tiefenentspannt ist <strong>und</strong> all seine Kraft zusammen<br />

nehmen muß, um weiter fi lmen zu gehen <strong>und</strong> nicht<br />

für immer bei uns stehen zu bleiben. Die nächsten<br />

St<strong>und</strong>en sind Genuß pur für meine weitgereiste<br />

Seele <strong>und</strong> das merkt man mir glaube ich auch an.<br />

Rene´ ist total hin <strong>und</strong> weg, daß wirs geschafft<br />

haben <strong>und</strong> erzählt mir so nebenbei, daß er meinen<br />

Antriebsstrang für „Forschungszwecke“ an sich<br />

nimmt <strong>und</strong> kostenlos regeneriert. Dieses Angebot<br />

haut mich ehrlich aus den Socken! So viele Kilometer<br />

bei einer <strong>der</strong>artigen Belastung in so kurzer Zeit<br />

hat noch keiner mit einem von ihm regenerierten<br />

Motor gefahren.<br />

Viele nette Gespräche später sitzen wir am Feuer<br />

Nach einem Stündchen Schlaf werde ich sanft von<br />

den Erzählungen <strong>der</strong> Danewitzer „Wurstschnibbeler“<br />

geweckt. Raus aus den Fe<strong>der</strong>n! Langsam kommt<br />

Leben auf den Platz. Bei einem solchen Wetter werden<br />

heute sicher viele Gäste <strong>und</strong> Tagesbesucher<br />

mit ihren <strong>AWO</strong>s <strong>und</strong> EMWs kommen. Nach dem<br />

verregneten vorigen Jahr wünsche ich es dem Organisationsteam,<br />

das sich immer mit soviel Herzblut<br />

in <strong>der</strong> Sache engagiert <strong>und</strong> so eine tolle Feier auf<br />

die Beine stellt. Lecker Frühstück gibts von <strong>der</strong><br />

Danewitzer Feuerwehr die ( bis auf die Gurken :-) )<br />

preiswert <strong>und</strong> sehr fre<strong>und</strong>lich zu uns sind. Der Tag<br />

ist erfüllt von Motorrä<strong>der</strong> gucken, erzählen , ausruhen,<br />

Benzingespräche, <strong>wie<strong>der</strong></strong> ausruhen <strong>und</strong> einfach<br />

mit netten Bekannten <strong>und</strong> neu kennengelernten<br />

Leuten ungezwungen Spaß haben. Ab <strong>und</strong> zu<br />

kommt einer zu mir, fragt mich aus <strong>und</strong> drückt seine<br />

Hochachtung vor „unserer Leistung“ aus. Ich bin<br />

44 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>


freudig überrascht <strong>und</strong> gerührt, wieviele Leute doch<br />

mitgefi ebert haben, daß die Reise gut geht.<br />

Nachmittag fi ndet die Ausfahrt statt. Bis <strong>zum</strong> Highlight<br />

des Tages, dem „GS – Spezial“ auf einer<br />

Crossstrecke in <strong>der</strong> Nähe fahre ich mit. Und das<br />

lohnt sich echt. Heiko, Rene´ <strong>und</strong> ein paar an<strong>der</strong>e<br />

zeigen eindrucksvoll, wie man eine <strong>AWO</strong> im Gelände<br />

bewegen kann. Unsere zwei „rennverrückten“<br />

<strong>AWO</strong>-treiber , die sonst immer den Platz unsicher<br />

machen ;-) (sorry, wenn ich eure Namen vergessen<br />

hab) fahren mit Serien-<strong>AWO</strong>s mit <strong>und</strong> das echt nicht<br />

schlecht! Einer muß das Rennen vorzeitig beenden,<br />

weil die Hupe nicht mehr aus geht. Für Fahrer <strong>und</strong><br />

Zuschauer ist die Veranstaltung ein voller Erfolg, wie<br />

man deutlich auf den Gesichtern sehen kann.<br />

Trotz aller Zerstreuung drängt nun das Heimweh<br />

immer mehr in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Auf dem Heimweg<br />

von <strong>der</strong> Crossstrecke tanken Micha <strong>und</strong> ich. Wir genehmigen<br />

uns noch ein Eis. Nachmittag gibts Bikerspiele<br />

<strong>und</strong> Geschicklichkeitsfahren. Wir chillen auf<br />

<strong>der</strong> Wiese <strong>und</strong> lassen noch bissl die Seele baumeln.<br />

Es gibt auch <strong>wie<strong>der</strong></strong> Pokale zu verteilen. Dieses Mal<br />

fällt es schwer, den besten Umbau zu küren. Einige<br />

sehr super gemachte Unikate präsentieren sich von<br />

ihrer schönsten Seite.<br />

Diesmal darf sich Ralles knallrote „Johnnie Walker“<br />

- <strong>AWO</strong> mit Musikbox im Anhänger mit dem Pokal<br />

„schönster Umbau“ schmücken. Der Pokal für den<br />

„größten Haufen“ geht an die Kamenzer. Auch meine<br />

Strecke wird mit 9070 km als „längste Anreise“ anerkannt<br />

<strong>und</strong> ich knie nie<strong>der</strong>, nachdem ich den Pokal<br />

überreicht bekomme. Für mich ein toller Moment,<br />

<strong>der</strong> mich sehr rührt. Noch ein paar letze St<strong>und</strong>en<br />

ausruhen <strong>und</strong> quatschen mit Nick <strong>und</strong> Romy, Awonewbie<br />

<strong>und</strong> seinem Bru<strong>der</strong>, Rene´, Wroebe, Ekki<br />

<strong>und</strong> dann .... ich muß los ... halb acht packe ich meine<br />

Sachen zusammen <strong>und</strong> viertel neun verabschieden<br />

wir uns. Mir wird ganz schön mulmig, weil alle<br />

so herzlich zu mir sind <strong>und</strong> die Worte fallen etwas<br />

schwer, nicht nur mir...<br />

DENN ... das Ziel gilt es noch zu erreichen! UND<br />

LOS! Ein letzter Winker <strong>und</strong> die letzte Etappe beginnt.<br />

Wir lassen es <strong>wie<strong>der</strong></strong> ruhig mit 60 bis 70 km/h<br />

angehen. Kurz vor Schluß soll doch nicht noch was<br />

kaputt gehen. Es folgt die schwierigste Etappe <strong>der</strong><br />

Fahrt. Die Gedanken über die vergangenen 3 Wochen<br />

kreiseln wie verrückt im Kopf <strong>und</strong> dazu kommt<br />

eine Bettschwere, wie ich die ganze Reise über<br />

kaum mal hatte. Gefühlt muß ich alle 20 km anhalten<br />

<strong>und</strong> Liegestütze machen . Wie oft es wirklich<br />

war ... keinen Schimmer.<br />

In Roggosen verlasse ich die Autobahn <strong>und</strong> ab<br />

Rietschen bin ich <strong>wie<strong>der</strong></strong> putzmunter. Die Vorfreude<br />

steigt in mir hoch <strong>und</strong> ich singe vor mich hin. Niesky:<br />

noch 15 km. Ich möchte Vollgas fahren, reiße<br />

mich aber zusammen. Es riecht verdammt gut nach<br />

Heimat. Kleinradmeritz: noch 5 km. Wir fahren an<br />

dem ersten Feldstück vorbei, wo ich dieses Jahr<br />

Wintergerste angebaut habe. Der Dachs, <strong>der</strong> auf<br />

dem Feld seit Jahren seinen Bau hat, läuft wackelnd<br />

vor mir auf <strong>der</strong> Straße <strong>und</strong> verschwindet zwischen<br />

den Halmen. In <strong>der</strong> nächsten Kurve wird <strong>der</strong> Klang<br />

plötzlich kerniger <strong>und</strong> ich realisiere, daß sich 2 km<br />

vor zu Hause noch das Innenleben meines Auspuffs<br />

verabschiedet hat. Gut, dann hören mich wenigstens<br />

alle, wenn ich ankomme.<br />

Sonntagmorgen halb zwei biegen wir in die kleine<br />

Straße ein, die <strong>zum</strong> Hof führt. Langsam <strong>und</strong> total<br />

aufgeregt. Ich sehe Elis, unseren lieben Schäferh<strong>und</strong><br />

verschlafen <strong>und</strong> ohne zu bellen durchs Tor<br />

binzeln. Sie erkennt mich, legt sich vor mir hin <strong>und</strong><br />

for<strong>der</strong>t rückwirkend drei Wochen Streicheleinheiten<br />

am Stück ein. Ich stelle meine treue Reisegefährtin<br />

unter die großen Kastanien. Ein sanfter Klaps auf<br />

den Tank, ein leises „DANKE !“. Dann nehme ich<br />

das Rentierfell <strong>und</strong> den schmiedeeisernen Kerzenstän<strong>der</strong><br />

an mich <strong>und</strong> schleiche hinauf. Keiner<br />

entdeckt mich, bis ich direkt vor Anjas Bett stehe.<br />

Sie bemerkt mich nach einer Weile. Ich falle auf die<br />

Knie <strong>und</strong> ... für Minuten sind keine Worte nötig ... .<br />

Danke für dein abermaliges „JA“ !<br />

Dein Bernd<br />

<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />

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