Hin und wieder zurück! Mit der AWO zum Nordkap - R. Nawrath
Hin und wieder zurück! Mit der AWO zum Nordkap - R. Nawrath
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<strong>Hin</strong> <strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> zurück!<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
Reiseaufzeichnungen von Bernd Richter<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>p<br />
„Eins <strong>der</strong> größten Abenteuer meines<br />
bisherigen Lenbens liegt nun nicht<br />
allzufern hinter mir <strong>und</strong> ich möchte mich<br />
bemühen alles erlebte zeitnah<br />
festzuhalten.“
VORWORT<br />
Eins <strong>der</strong> größten Abenteuer meines bisherigen Lebens<br />
liegt nun nicht allzufern hinter mir <strong>und</strong> ich möchte<br />
mich bemühen, alles erlebte zeitnah festzuhalten.<br />
Am wichtigsten ist, <strong>wie<strong>der</strong></strong> zu Hause angekommen<br />
zu sein.<br />
Ich habe oft in Gesprächen über mein Ziel berichtigen<br />
müßen; mein Ziel ist, zu Hause anzukommen,<br />
Wendepunkt ist das <strong>Nordkap</strong>. Damit ich die Strecke<br />
bewältigen <strong>und</strong> dieses Ziel erreichen konnte, mußten<br />
so einige technische, menschliche <strong>und</strong> organisatorische<br />
Hürden gemeistert werden. Darum möchte ich<br />
als erstes den Menschen danken, die mich unterstützt<br />
haben.<br />
Meine liebe Anja, Lukas, Lina, Leni, meine Eltern<br />
<strong>und</strong> Geschwister mit Familien, Daniel <strong>und</strong> Claudia,<br />
Andre´, Romy <strong>und</strong> Nick, Herr Ludvig L., Andreas <strong>und</strong><br />
Conny, Reidar, Anny <strong>und</strong> Oddm<strong>und</strong>, Roland <strong>und</strong> Assar<br />
Rene´ (Mopedprinz) für herausragenden technischen<br />
Support, die Bereitstellung absolut standfester<br />
Antriebstechnik <strong>und</strong> viele dankend an- <strong>und</strong> aufgenommene<br />
Lektionen zu <strong>AWO</strong> - technischen Belangen,<br />
die wesentlich <strong>zum</strong> besseren Verständnis <strong>der</strong><br />
Materie sowie <strong>zum</strong> Beginn einer neuen Fre<strong>und</strong>schaft<br />
beigetragen haben<br />
Nicht zuletzt den 2011er Deutschland - Tourern für<br />
die Inspiration <strong>und</strong> den Leuten vom Nie<strong>der</strong>barnimer<br />
<strong>AWO</strong>- Stammtisch für einen ganz beson<strong>der</strong>en Höhenpunkt<br />
<strong>der</strong> Reise ( euer tolles Treffen ) noch kurz<br />
vor dem Ziel.<br />
Auch alle an<strong>der</strong>en, die mich bestärkt <strong>und</strong> gute Worte<br />
für das Vorhaben gef<strong>und</strong>en haben sollen nicht vergessen<br />
sein!<br />
Familienabschied<br />
DER PLAN<br />
Eine Reise <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong> <strong>und</strong> natürlich zurück mit<br />
dem Motorrad zu unternehmen. Recht schnell wurde<br />
im Kopf „Eine Reise <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong> mit <strong>der</strong> <strong>AWO</strong>“.<br />
gerüstet<br />
ERSTER GEDANKE<br />
Nach <strong>der</strong> gespannten Verfolgung <strong>der</strong> Deutschlandtour<br />
einiger <strong>AWO</strong> - Forumsmitglie<strong>der</strong> mit weit über<br />
2000 km setzte sich <strong>der</strong> Gedanke, selbst einmal so<br />
eine lange Reise zu bewältigen fest <strong>und</strong> ließ mich<br />
nicht mehr los.<br />
Nach dem 15. <strong>AWO</strong> - Treffen in Danewitz 2011 <strong>und</strong><br />
dem Motorschaden bei <strong>der</strong> Heimreise stand einerseits<br />
sowieso eine komplette Motorregeneration an,<br />
an<strong>der</strong>erseits hatten die Erzählungen <strong>der</strong> Langstreckenfahrer<br />
meine Gedanken noch mehr untermauert.<br />
Es folgten längere Gespräche mit Anja, die dann<br />
<strong>Mit</strong>leid mit mir hatte <strong>und</strong> schließlich zustimmte, ( das<br />
werde ich dir nie vergessen ) sowie mit den Eltern<br />
<strong>und</strong> dem Rest <strong>der</strong> Familie.<br />
2 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
BEGINN DER VORBEREITUNGEN<br />
Erste, von mir etwas unbeholfene Telefonate mit<br />
Rene´ „Mopedprinz“ <strong>Nawrath</strong> vom Trekker aus. Es<br />
geht um technische Machbarkeit: allein, mit <strong>AWO</strong><br />
<strong>und</strong> Beiwagen + Ersatzteile an Board.<br />
Ergebnis : machbar !<br />
Voraussetztung : Motor, Getriebe <strong>und</strong> Kardan<br />
instandgesetzt., Rest <strong>der</strong> Maschine in gutem technischen<br />
Zustand<br />
Die Instandsetzung erfolgte durch Rene´.<br />
Im September 2011 holten Anja <strong>und</strong> ich den Motor<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> ab.Bei <strong>der</strong> ersten Probefahrt klemmte das<br />
Auslassventil. Nach Telefonat mit Rene´ lud ich die<br />
komplette <strong>AWO</strong> in den Espace <strong>und</strong> fuhr nach Reinsdorf.<br />
Er nahm sich fast einen ganzen Tag Zeit für<br />
mich.<br />
„Alles hat sein gutes.“ Dieser Spruch trifft hier<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> voll ins Schwarze. Denn hätte das Ventil<br />
nicht gehangen, hätten wir auch nicht nochmals<br />
die Zuganker kontrolliert <strong>und</strong> dabei bemerkt, daß<br />
einer sich aus dem Block gelöst hatte <strong>und</strong> es sicher<br />
irgendwann während <strong>der</strong> Fahrt <strong>zum</strong> Ausfall gekommen<br />
wäre.<br />
Es folgten 500 km Einfahrphase ohne Beiwagen.<br />
Danach wurde <strong>der</strong> dieser angebaut.<br />
Die letzte große Prober<strong>und</strong>e am 13.11.2011 führte<br />
mich erneut nach Reinsdorf. Die Beladung glich <strong>der</strong><br />
im fertigen Reisezustand schon sehr ( Ersatzmotor,<br />
Werkzeug, warmer Tee usw. ).<br />
Start war 7:30 bei -2°C. Die von Anja „verschriebenen“<br />
Klamotten bewährten sich bei -2 bis -5°C. Die<br />
Eiskruste am Brillenrand <strong>und</strong> Beiwagenreling blieb<br />
bis zur Ankunft zu Hause dran :-) . Schwachstelle:<br />
Kalte Füße ! Gefahren bin ich ca. 500 km mit Abstecher<br />
<strong>zum</strong> Wroebe. Das ganze passierte bei ca.<br />
4-5 l/100km Verbrauch <strong>und</strong> 70 bis 80 km/h Reisegeschwindigkeit<br />
ohne größere Anstrengungen <strong>und</strong><br />
Sitzprobleme. So stelle ich mir reisen vor.<br />
Zur Routenplanung entschloß ich mich nach Karte<br />
zu fahren. Per Hand wurden die Seiten ausgesucht,<br />
eingescannt <strong>und</strong> ausgedruckt, Der Weg wurde<br />
eingezeichnet <strong>und</strong> anschließend wasserdicht einlaminiert.<br />
Das ganze war etwas mühsam, aber ich fand es toll,<br />
sich in Gedanken schon mit <strong>der</strong> Strecke vertraut zu<br />
machen. Außerdem „ Navi? No way!<br />
Ein weiteres Problem war, meine eigene Vorfreude<br />
im Zaum zu halten <strong>und</strong> nicht ständig nur davon zu<br />
erzählen. Also versuchte ich mich zurückzuhalten,<br />
um die an<strong>der</strong>en, beson<strong>der</strong>s Anja <strong>und</strong> Mutti nicht zu<br />
sehr zu nerven bzw. zu ängstigen. Das gelang mir<br />
manchmal glaube ich nicht so gut :-\<br />
<strong>Mit</strong>tlerweile war auch das Zelt <strong>und</strong> die Isomatte,<br />
sowie einiges an<strong>der</strong>e an Utensilien gekauft.<br />
Bei den Arbeiten am Gespann stellten wir fest , daß<br />
einiges an den Rä<strong>der</strong>n zu tun war. Die Beiwagenfelge<br />
war Schrott, <strong>der</strong> Lack schlecht <strong>und</strong> die Speichen<br />
problematisch. Daniel half ( wie so oft ) mit<br />
einer guten Felge aus. Die Die Lackierung übernahmen<br />
Friedrichs <strong>und</strong> es wurde sehr gut !<br />
März 2012<br />
Der Reservemotor hat sicher verschraubt im Beiwagen<br />
Platz genommen <strong>und</strong> zwar so, daß ich noch die<br />
Spitze des Boots mit Sachen füllen kann.<br />
April 2012<br />
07.04.2012 Ostersamstag mit Schneefällen.<br />
14.04.2012 Endlich kamen die frisch eingespeichten<br />
Felgen von Torsten Dietel an.<br />
18.04.2012 Einbau des Ersatzmotors. Dieser sprang<br />
sofort an, lief ruhig <strong>und</strong> fuhr gut. Bei abgebautem<br />
Beiwagen dauerte <strong>der</strong> Motorwechsel 1h 45min. Seit<br />
die Rä<strong>der</strong> neu <strong>und</strong> die Schrottfelge weg war, lief das<br />
Gespann sehr ruhig <strong>und</strong> ohne Vibrationen.<br />
Nach 250 km stellten sich Probleme beim Reservemotor<br />
ein, die trotz mehrerer eher laienhafter Versuche<br />
meinerseits nicht beseitigt werden konnten.<br />
Mai 2012<br />
18.05.2012 Der „Retter“ naht. Rene´ kam zu Besuch<br />
<strong>und</strong> wir stellten gemeinsam Zündung <strong>und</strong> Vergaser<br />
ein. Der Vergaser wurde komplett überholt. Probefahrt:<br />
läuft ! (na klar was sonst ;-) )<br />
21.05.2012 Die Getriebeeingangswelle war leicht<br />
<strong>und</strong>icht geworden <strong>und</strong> so tauschte ich noch den<br />
WeDi-Ring, als ich das Getriebe sowieso wegen<br />
dem Rücktausch <strong>der</strong> Motoren draußen hatte. Öle<br />
wurden auch gleich komplett gewechselt.<br />
25.05.2012 Es wurde langsam spannend. Ich packte<br />
alles zusammen...<br />
Und los geht’s...<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
3
TAG 1<br />
Deutschland möchte ich auf dem kurzen Wege<br />
durchqueren, also Autobahn.<br />
Bis Niesky, dann auf die B115 <strong>und</strong> ab Roggosen<br />
auf die A15. Unterwegs lege ich mehrere Stopps<br />
ein. Mal nach den Speichen gucken, Kerzengesicht<br />
usw.. Dann auf die A13 <strong>und</strong> bei regem Verkehr,<br />
aber ohne Stau durch Berlin durch. Der Gegenwind<br />
verstärkt sich hinter Berlin <strong>und</strong> ich hänge mich hinter<br />
einen polnischen LKW <strong>der</strong> bestimmt 100 km mit 80<br />
vor mir her fährt <strong>und</strong> ich lasse mich ziehen. Erholsam<br />
für die <strong>AWO</strong>, aber ich muß mehr mit Verwirbelungen<br />
kämpfen <strong>und</strong> aufpassen. Auf <strong>der</strong> A10 fl iegt<br />
die Zeit dahin <strong>und</strong> schon fahren wir in Hamburg ein.<br />
Ab durch die City. <strong>Mit</strong>tendrin geht die Ladekontrolle<br />
an. Limadeckel ab <strong>und</strong> gucken. Aber es ist nichts zu<br />
fi nden, die Ladekontrolle geht jedoch <strong>wie<strong>der</strong></strong> aus.<br />
Währenddessen spreche ich kurz mit einem Skateboardfahrer,<br />
<strong>der</strong> auch ein Motorrad hat <strong>und</strong> gerade<br />
Zeit <strong>zum</strong> quatschen. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit<br />
bis <strong>der</strong> Molloch hinter uns kleiner wird.<br />
Noch ein paar km bis <strong>zum</strong> Etappenziel für heute.<br />
Das so schon fl ache Land wird noch fl acher <strong>und</strong> es<br />
riecht verdächtig nach Meer, hmmmm. Letzte Hürde<br />
NOK ( Nord – Ostsee – Kanal ). Ich montiere meine<br />
selbstausgedachte Helmkamerahalterung, nur um<br />
auf halbem Wege nach oben festzustellen, daß ich<br />
vergessen hab, sie anzuschalten :-\ . Die Halterung<br />
bewährt sich nicht, zu schwierig einzustellen <strong>und</strong><br />
man muß auch dorthin gucken, wo man fi lmen will.<br />
Aber wie will man links fi lmen <strong>und</strong> geradeaus gucken<br />
.... also <strong>zum</strong> fi lmen Knipse in die Hand. Die<br />
Einfahrt nach Friedrichskoog endet mit einer fröhlichen<br />
Romy die mir zuwinkt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verschönerung<br />
des Beiwagenkotfl ügels unter zu Hilfenahme von<br />
Nick´s <strong>und</strong> Romy´s Gartenzaun :-\ . Der Quotenunfall<br />
mit grüner Beule wäre also auch erledigt. Ein<br />
von mir eilig angebotenes Gümmibärchen nimmt<br />
Romy erst an, als es runtergefallen ist. - Merke:<br />
Man kann auch runtergefallene Sachen noch essen!<br />
An diese Episode werde ich ab jetzt für den Rest<br />
meines Lebens <strong>und</strong> immer, wenn ich was runtergefallenes<br />
esse, gerne zurückdenken!<br />
Noch schnell den kleinen Service machen, Öl auffüllen,<br />
r<strong>und</strong>herum gucken <strong>und</strong> kontrollieren. Zudecken.<br />
Fertig.<br />
Es folgen sehr nette ( wie immer ) St<strong>und</strong>en bei<br />
Schnack <strong>und</strong> lecker gegrilltem, sowie eine kurze<br />
Nacht.<br />
TAG 2<br />
31.05.2012 (584 km)<br />
Ich starte gut „gefüttert <strong>und</strong> gewässert“ um 8:00<br />
Richtung Husum <strong>und</strong> Flensburg <strong>und</strong> steure somit<br />
auf die erste Grenze zu. Eine frische Brise begleitet<br />
mich, die ab Höhe Kolding in DK dann endlich<br />
von hinten etwas schiebt. So fährt es sich erheblich<br />
leichter. Heute werden die Brücken „erklommen“.<br />
Zuerst <strong>der</strong> große Belt <strong>und</strong> dann <strong>der</strong> Öres<strong>und</strong>.. Für<br />
mich zweimal ein spektakuläres Ereignis mit leicht<br />
mulmigem Gefühl wegen dem Wind <strong>und</strong>... wisst ihr<br />
eigentlich, wie schieten hoch diese Brücken sind ?<br />
Unvergesslich.<br />
Und das mit <strong>der</strong> <strong>AWO</strong>. Ich zahle 2 mal jeweils um<br />
die 160 Dänische Kronen <strong>und</strong> freue mich, kein<br />
Wohnmobil zu fahren. Nicht nur weil das unheimlich<br />
viel teurer ist als Motorrad. Unterwegs in Schweden<br />
halte ich an einer Tanke einen sehr netten Plausch<br />
mit nem böse dreinblickenden Rocker, dessen<br />
Gesichtszüge sich schnell lockern, als er die <strong>AWO</strong><br />
, meinen „Eisbrecher“ sieht. Ruckzuck sind 10 min<br />
verquatscht (Motorrä<strong>der</strong>, Wetter, Reiseziel, Strecke<br />
bis Oslo). Oberhalb von Helsingborg nehme<br />
ich Kurs auf Ängelholm, um mir ein Nachtlager zu<br />
suchen. Nach einigem suchen mache ich Halt auf<br />
einem Zeltplatz, baue den Beiwagenkardan ein <strong>und</strong><br />
mache den täglichen Check. Die ersten Mücken<br />
sind da <strong>und</strong> zwei Fahrradfahrerinnen mit ihren H<strong>und</strong>en.<br />
Ich gehe <strong>zum</strong> Strand <strong>und</strong> sehe, dort werde ich<br />
schlafen. Also zurück <strong>zum</strong> Zeltplatz, <strong>AWO</strong> schnappen<br />
<strong>und</strong> DIREKT an den Strand. Der Weg über die<br />
Düne ist mit Holz ausgelegt <strong>und</strong> so kann man fahren.<br />
Ein Traum. Und wie Thomas D. Singen würde:<br />
„...ein Tag am Meeeeer...“. Ich schlafe auf <strong>der</strong> Lee<br />
– Seite <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> .<br />
<strong>Mit</strong>ten in <strong>der</strong> Nacht quatscht mich ein Chinese aus<br />
dem Schlaf; mit lautem Hi, Hi <strong>und</strong> seinem „Eifon“ vor<br />
meinem Gesicht fuchtelnd ?!?!<br />
„What you do here?“ > „sleeping“<br />
„Where you from?“ > „Germany“<br />
„I here tent sleeping! See you next time.“<br />
<strong>und</strong> verschwindet hinter <strong>der</strong> Düne. Verrückt !<br />
4 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
TAG 3<br />
01.06.2012 (486 km) Start 6:30 von Ängelholm<br />
nach Vestby<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
4:30 erwache ich <strong>und</strong> erlebe einen tollen Sonnenaufgang<br />
. Es gibt auch eine Dusche am Strand, die<br />
zwar kalt ist, aber meine Lebensgeister zuverlässig<br />
weckt. Danach gibt es lecker Im Nu vom Benzinkocher<br />
<strong>und</strong> friedliche Minuten am Meer. Zusammenpacken<br />
<strong>und</strong> los. Meine Geschwindigkeit pendelt sich<br />
zwischen 60 <strong>und</strong> 70 km/h ein <strong>und</strong> das fühlt sich besser<br />
an, als sich bei den jetzt häufi geren Steigungen<br />
mit gequälten 80 Sachen fortzubewegen. Allerdings<br />
sinkt auch die schaffbare Strecke. Das ist mir aber<br />
nicht so wichtig.<br />
Morgens wird wohl meine liebste Zeit <strong>zum</strong> fahren,<br />
wenn die Natur erwacht <strong>und</strong> noch wenig Verkehr<br />
ist. Durch w<strong>und</strong>erschöne Landschaften mit sanften<br />
Hügeln, sattem Grün <strong>und</strong> roten Höfen geht es Richtung<br />
norwegische Grenze. Ein letztes Mal tanke ich<br />
in Schweden in einem Shoppingcenter bei Nordby.<br />
Dort genieße ich mein Teechen <strong>und</strong> paar Kekse<br />
bei herrlich wärmendem Sonnenscheinlich. An <strong>der</strong><br />
Grenze sagt mir <strong>der</strong> Beamte, daß Motorradfahrer<br />
an vielen Stellen keine Maut zahlen müßen <strong>und</strong> ein<br />
paar Zöllner winken mich lächelnd durch die Kontrolle.<br />
Das fahren macht super Spaß, seit ich mich<br />
richtig anziehe ( Halswärmer ). Dann die erste Regenfahrt:<br />
die Kleidung bewährt sich , aber lei<strong>der</strong> verliere<br />
ich die Überhandschuhe. Hab ja noch ein paar<br />
mit, aber die sind schwer anzuziehen <strong>und</strong> naja...<br />
unhandlich. In Vestby steuere ich einen Hüttenplatz<br />
an. Für 450NOK gibt’s ein sehr sauberes Zimmer<br />
mit gutem Bett <strong>und</strong> Dusche auf dem Gang. Trotz<br />
dem Regen hab ich einen leichten Sonnenbrand auf<br />
<strong>der</strong> Nase <strong>und</strong> leichtes Brummen in den Ohren. Nun<br />
noch Öl auffüllen, duschen <strong>und</strong> ins Bett.<br />
TAG 4<br />
02.06.2012 (277 km) Start 7:30 Vestby, Oslo, Honefoss,<br />
Nores<strong>und</strong>, Nesbyen, Gol, Al<br />
Nach einer sehr ruhigen Nacht in einem sehr guten<br />
Bett mit netten polnischen Leuten im Nachbarzimmer,<br />
die wohl eine Knobi – Fete hatten, trete ich bei<br />
ca. 7°C <strong>und</strong> herrlicher Sonne meinen Weg Richtung<br />
Oslo an. Der Schlüssel fürs Zimmer mitsamt<br />
einem Dankzettel für das gute Bett landet in einer<br />
Art „Schlüsselrückgabebriefkasten des Vertrauens“.<br />
Mein Tacho fängt an zu spinnen, doch nach kurzer<br />
Zeit mag er <strong>wie<strong>der</strong></strong> richtig funktionieren. Oslo durchfahre<br />
ich bei Kaiserwetter, wenns auch etwas frisch<br />
erscheint. Nach einer Tunneldurchfahrt öffnet sich<br />
das Land <strong>und</strong> ich sehe, jetzt beginnt das richtige<br />
Norwegen. Und schon wird <strong>der</strong> 3. Gang etwas öfter<br />
gebraucht.<br />
Mich friert etwas bis zu einer Tankstelle. Dort gerate<br />
ich bei heißem Kakao <strong>und</strong> einem „Aunt Mabels“<br />
Muffi n mit Schokostückchen mit den beiden sehr<br />
netten Leuten an <strong>der</strong> Kasse gleich ins Gespräch.<br />
Eine viertel St<strong>und</strong>e später gehe ich glücklich, munter,<br />
satt <strong>und</strong> warm zu meinem Gespann <strong>und</strong> nach einem<br />
Kick knattern wir weiter, Zwischendurch fällt mir<br />
auf, daß mein Beanie (Mütze) weg ist <strong>und</strong> ich kaufe<br />
mir in Nores<strong>und</strong> nach <strong>der</strong> ersten Bedienung einer<br />
Minibank (Geldautomat) eine neue <strong>und</strong> ein paar<br />
Schlappen. Auch hier ist die Bedienung äußerst nett<br />
<strong>und</strong> fröhlich <strong>und</strong> freut sich über mein „tusen takk“.<br />
Beim nächsten Halt schmeiße ich mein viel zu wohlwollendes<br />
Thermometer ( zeigt bei 5°C super optimistische<br />
15°C an, ich frier mir mit unangemessenen<br />
Klamotten einen ab <strong>und</strong> denke was ich für ein<br />
Schlappi bin ) weg <strong>und</strong> kaufe mir ein norwegisches,<br />
das nachher auch noch in Deutschland richtig geht.<br />
Auch hier gibt’s sofort kostenlos nette Gespräche<br />
mit <strong>der</strong> Kassiererin die auch meint , es wäre bissl<br />
kühl <strong>zum</strong> Motorrad fahren, als ich erzähle, daß mein<br />
altes Thermometer mich belügt.<br />
Alle sind so nett hier, egal wo !<br />
In Gol Richtung Laerdal biege ich falsch ab <strong>und</strong><br />
komme in den Genuß einer ganz tollen Aussicht<br />
beim befahren des Schleichweges zurück zur<br />
richtigen Strecke. Beim Halt an einer Kirche sehe<br />
ich Autos, die auch da halten, <strong>und</strong> eine ganz toll<br />
in Trachten gewandete Dame steigt aus. Das sieht<br />
nach Hochzeit aus, also schnell los, um nicht zu<br />
5
stören.<br />
In Al spricht mich Herr Ludvig Lindemann an. Ein<br />
kurzer Plausch <strong>und</strong> er fragt mich, ob ich ihm helfen<br />
könne, etwas Holz abzuladen. Ich bejahe, er holt<br />
etwas zu essen im KIWI – Markt <strong>und</strong> dann folge ich<br />
ihm. Nach 2 min. geht es einen Schotterweg steil<br />
bergauf, den ich im 1. Gang nur mit Anlauf schaffe.<br />
Wir laden Holz von einem sehr alten Lufta ( Holzhaus<br />
) ab <strong>und</strong> er läd mich in sein „Häuschen“ ein.<br />
Wir essen <strong>und</strong> trinken ( Wasser aus einer jahrh<strong>und</strong>erte<br />
alten Quelle die absolut keimfrei <strong>und</strong> zudem<br />
noch sehr schmackhaft ist ) zusammen <strong>und</strong> er<br />
meint, ich könne hier für eine Nacht o<strong>der</strong> so lange<br />
ich möchte bleiben. Das wichtigste wäre, den Wasserhahn<br />
ordentlich zuzudrehen. Nach einer St<strong>und</strong>e<br />
verabschiedet er sich höfl ich mit vielen Wünschen<br />
<strong>und</strong> fährt zurück zu seiner Frau. Nun sitze ich hier<br />
allein mit 2 alten Holzhäusern auf <strong>der</strong> Veranda,<br />
genieße das Hallingdal von seiner schönsten Stelle<br />
aus <strong>und</strong> bin völlig Baff über soviel entgegengebrachtes<br />
Vertrauen <strong>und</strong> ungezwungene Fre<strong>und</strong>lichkeit<br />
<strong>und</strong> mit <strong>der</strong> Garantie, <strong>wie<strong>der</strong></strong> her kommen zu<br />
dürfen. „<strong>Mit</strong> meiner Braut“: wie er meint.<br />
Bei 8°C fallen ein paar Schneefl öckchen, die Quelle<br />
sprudelt, Schafe weiden unterhalb <strong>und</strong> auf <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Seite stürzt ein Wasserfall ins Tal, während<br />
ich Öl kontrolliere <strong>und</strong> den rechten Stoßdämpfer an<br />
<strong>der</strong> unteren Aufnahme repariere. Wahrscheinlich ist<br />
das hier die Servicestation mit dem besten Ausblick<br />
im ganzen Hallingdal. Nach einer Dusche liege ich<br />
im Bett <strong>und</strong> höre Max Rabe bis nach 3 min. <strong>der</strong><br />
Tiefschlaf einsetzt.<br />
Cut – Was nützt das beste Handtelefon, wenn die<br />
SIM – Karte kaputt ist ? -<br />
TECHNISCHES:<br />
- Stoßdämpfer hinten rechts unteres Auge, Gummi<br />
repariert<br />
- Ventilspiel geprüft ... ok<br />
- Steuergehäusedeckel nachgezogen<br />
TAG 5<br />
03.06.2012 (378km) Start 6:30 Al, Aurlandsvangen,<br />
Laerdalsoyri, Ovre Ardal, Turtagro, Juvvashytta,<br />
Lom, Grotli<br />
Ein toller Reisetag mit schwierigen Passagen bricht<br />
an. Nach einem sehr frühen, gemütlichen <strong>und</strong><br />
ausgiebigen Frühstück mit Quellwasser, Kaviar <strong>und</strong><br />
Brot hinterlasse ich den mir überlassenen Bauernhof<br />
ohne Spuren zu hinterlassen in Richtung Aurlandsvangen.<br />
Auf dem Aurlandsvegen will ich fahren, <strong>der</strong> nicht<br />
ohne Gr<strong>und</strong> „Eisweg“ genannt wird. Vom lieblichen<br />
Hallingdal fahre ich hinauf in eine an<strong>der</strong>e Welt.<br />
Zugefrorene Seen, nicht nur die Bergspitzen sind<br />
schneebedeckt , ein scharfer Wind pfeift um die<br />
Nase <strong>und</strong> das Beste: für 90 km keine Menschenseele<br />
weit <strong>und</strong> breit. Ich hab das alles für mich. In<br />
<strong>der</strong> <strong>Mit</strong>te geht das Benzin aus <strong>und</strong> <strong>der</strong> Resevekanister<br />
kommt <strong>zum</strong> Einsatz. Es schneit bei 3 bis 5°C.<br />
Mir ist nicht kalt.<br />
Heute muß auch <strong>der</strong> 2. Gang ab <strong>und</strong> zu etwas tun.<br />
Kurz vor einem Tunnel überholt mich ein Bus mit<br />
Japanern.<br />
Wenns hoch geht, geht’s auch <strong>wie<strong>der</strong></strong> runter. Steile<br />
Serpentinen mit Tunneln die im inneren schlecht<br />
ausgeleuchtete 90° Kurven haben, sind schon<br />
etwas abenteuerlich, wenn auch imposant. Vom<br />
Tal aus sieht man die Straße gar nicht. An einem<br />
Aussichtspunkt halte ich <strong>und</strong> treffe den Bus <strong>wie<strong>der</strong></strong>,<br />
<strong>der</strong> gerade losfährt. Plötzlich schreit es aus einem<br />
Busch . Der Bus stoppt nach ein paar Metern... fast<br />
einen vergessen!<br />
Im schönen Aurlandsvangen tanke ich <strong>und</strong> telefoniere<br />
mit kurz Anja via Festnetz um den SIM – Karten<br />
– defekt zu berichten. Jetzt geht’s ab, in das<br />
längste Straßentunnel <strong>der</strong> Welt. Das Laerdalstunnel<br />
misst über 24 km Länge. Das ist verdammt viel <strong>und</strong><br />
eigentlich eintönig, wenn nicht 3 in Fels gehauene<br />
Hallen, die mit blauem <strong>und</strong> orangenen Licht ausgleuchtet<br />
werden, eine Abwechslung mit „Aha - Effekt“<br />
6 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
ieten würden.<br />
In <strong>der</strong> letzten <strong>der</strong> drei Hallen halte ich verbotenerweise<br />
trotzdem heimlich an, hinterlasse ein klitzekleines<br />
Tag, mache paar Fotos <strong>und</strong> staune über die<br />
unheimliche Akustik im Tunnel. Die Autos schieben<br />
förmlich die Schallwellen durch die Röhre vor sich<br />
her. Diese entfalten sich in den Hallen <strong>und</strong> hören<br />
sich noch imposanter an. Man glaubt ein Lkw<br />
kommt angesaust, <strong>und</strong> bereitet sich schon auf den<br />
Windstoß vor, dann kommt ein PKW nicht mal all<br />
zu schnell vorbei. Schein <strong>und</strong> Sein. Weiter geht’s ...<br />
o<strong>der</strong> doch nicht.? Beim Antreten bricht die Kickstarterfe<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Kicker bleibt unten. Recht schnell<br />
ist ein Provisorium aus einem Gummiband angebracht,<br />
das nach einigen kleinen Modifi kationen<br />
ohne Probleme bis nach Hause seinen Dienst tut.<br />
Über Laerdalsoyri fahre ich am kalt aussehenden<br />
Ardalsfjord bis Ovre Ardal. In dem kleinen, von<br />
steilen Felsen umgebenen Städtchen richte ich den<br />
Fußbremshebel. Die Schraube hat sich, absolut<br />
unüblich für die <strong>AWO</strong> selbst FEST gezogen.<br />
Schon ein paar Minuten später schlage einen <strong>der</strong><br />
steilsten Wege meiner Reise ein. Den Weg durchs<br />
Fardalen in Richtung Turtagro. Haarnadelkurven<br />
werden im ersten Gang bei vollem Lenkeinschlag<br />
bewältigt <strong>und</strong> langsam wird es mal <strong>wie<strong>der</strong></strong> Winter.<br />
Wenn man denkt, man ist oben … nene... .<br />
<strong>und</strong> packe danach alles <strong>wie<strong>der</strong></strong> zusammen.<br />
Zunächst läuft alles noch ganz passabel ( im 1.<br />
Gang ), doch <strong>der</strong> Nebel wird immer dicker <strong>und</strong> die<br />
Temperatur sackt von 12°C auf bis – 2°C ab. Kann<br />
ja nur gut für die Luftkühlung sein . Es beginnt zu<br />
schneien. Wir klettern immer weiter hinauf <strong>und</strong> um<br />
jede Kurve wird die Sicht weniger. Schätze so 5m<br />
noch. Doch das stört ja keinen großen Geist, solange<br />
kein tiefer Schnee auf <strong>der</strong> Straße ist. Schon<br />
hinter <strong>der</strong> nächsten Kurve ist es dann soweit <strong>und</strong><br />
das erste Schneefeld ist zu sehen. Anlauf <strong>und</strong> durch.<br />
Jetzt wäre Crosspelle <strong>und</strong> Seitenwagenantrieb toll.<br />
Noch einmal 20m freie Straße <strong>zum</strong> Schwung holen<br />
<strong>und</strong> dann ist Feierabend. Umdrehen <strong>und</strong> nochmal<br />
mit Schwung... keine Chance. Ich gebe auf.<br />
Schließlich soll ja nix kaputt gehen.<br />
Bei jetzt noch 2 m Sicht baue ich aus lauter Freude<br />
am Frust einen Schneemann auf die Straße <strong>und</strong><br />
mache paar Fotos, damit das auch einer glaubt. Auf<br />
dem Weg nach unten sollte es leichter gehen. Blos<br />
doof, wenn beim bremsen beide Rä<strong>der</strong> im Schnee<br />
schon rutschen <strong>und</strong> man trotzdem nicht langsamer<br />
wird. Auf Wie<strong>der</strong>sehen Galdhoppigen !<br />
Im Tal ist dann <strong>wie<strong>der</strong></strong> alles gut <strong>und</strong> ich fahre weiter<br />
nach Lom. Nach zwei kurzen Stopps <strong>zum</strong> tanken<br />
<strong>und</strong> <strong>zum</strong> gucken an einer Stabkirche biegen wir auf<br />
die Strynefjellstraße ab. Heute wird gezeltet; mitten<br />
An <strong>der</strong> Mautstation bin ich schon voll Schnee <strong>und</strong><br />
es weht. Aber die Straße ist gefräst, wenn auch <strong>zum</strong><br />
Teil mit imposanten mit 4m hohen Schneewänden.<br />
Immer weiter hinauf zieht sich die Straße, die dann<br />
übers Sognefjell bis ca 1430 m hoch führt. Manchmal<br />
denke ich, <strong>der</strong> Motor geht fest o<strong>der</strong> zieht nichtmehr<br />
richtig, denn ich komme trotz gefühlt wenig<br />
Steigung selbst im 2. Gang nur mühsam vorwärts.<br />
Dann die Aufl ösung in Form eines Warnschildes:<br />
14 % Steigung. Rechts <strong>der</strong> Straße ragen Berge bis<br />
2100m auf, links geht’s bis 1600m. Im Leirdal dagegen<br />
grüne Bäume <strong>und</strong> <strong>der</strong> Flie<strong>der</strong> blüht.<br />
Jotunheimen: Die Riesen verhüllen ihre Gesichter.<br />
In Galdesanden biege ich rechts auf den Weg zur<br />
Juvvashytta ab <strong>und</strong> fahre fast die ganze Zeit bis<br />
<strong>zum</strong> Raubergstulen im ersten Gang. Mannometer ist<br />
das steil hier. An <strong>der</strong> Schranke zahle ich Maut <strong>und</strong> …<br />
upps … die Schranke geht aber schnell <strong>wie<strong>der</strong></strong> runter.<br />
Also, … an <strong>der</strong> Schranke bezahle ich ein zweites<br />
mal Maut, sehe zu, schnell durch zu schlüpfen<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
im Fjell! Bei Grotli schlage ich an einer noch wegen<br />
Schneeverwehungen gesperrten Seitenstraße mein<br />
Zelt so auf, daß ich einen herrlichen Blick auf dieses<br />
bizarre Fleckchen Erde genießen kann, das nur auf<br />
den ersten Blick aus nicht mehr als Wasser, Stein,<br />
Schnee <strong>und</strong> Moos zu bestehen scheint. Als Abendbrot<br />
gibt’s nach dem täglichen Motorradservice<br />
feinen Fencheltee <strong>und</strong> lecker norwegisches Brot mit<br />
Salami von Onkel Reiner <strong>und</strong> Tante Claudia. Als Zugabe<br />
noch die Wärme vom Benzinkocher <strong>und</strong> diese<br />
herrliche Aussicht. Der Schnee rieselt leise aufs Zelt<br />
Ein bunter Vogel hüpft hier herum <strong>und</strong> sucht zwischen<br />
den Steinen nach Samen.<br />
TECHNISCHES:<br />
Kickerfe<strong>der</strong> gebrochen … Berndes patentierte Gummibandkickstarteraußenrückholkinematik<br />
Fußbremshebel hat sich von alleine fest gezogen<br />
Magnet <strong>und</strong> Lichtmaschine geprüft … ok<br />
7
TAG 6<br />
04.06.12 (194km) Start 7:00 Grotli, Djupvasshytta,<br />
Geiranger, Trollstigen, Andalsnes, Vistdal<br />
Ich wache gegen 4:30 auf <strong>und</strong> fühle mich unerwarteterweise<br />
schön ausgeschlafen. 1°C zeigt das<br />
Thermometer an. Es ist grau, still <strong>und</strong> friedlich hier.<br />
Nachts gab es seltsame Geräusche r<strong>und</strong> um das<br />
Zelt. Denke, irgendwelche „Viecher“.<br />
Das Frühstück schmeckt , wie wahrscheinlich immer<br />
an <strong>der</strong> frischen Luft <strong>und</strong> selbst, wenns nichts beson<strong>der</strong>es<br />
ist beson<strong>der</strong>s gut. Mein allmorgendliches<br />
Highlight ist <strong>der</strong> heiße IM NU ( Muggefugg ) mit<br />
bisschen Zucker <strong>und</strong> Kaffeeweißer. Danach packe<br />
ich in aller Ruhe zusammen, räume mein bisschen<br />
Müll weg <strong>und</strong> starte in den Tag.<br />
<strong>und</strong> mit Schnee bedeckt, so daß man nur ahnen<br />
kann, wo er ist. An <strong>der</strong> noch geschlossenen Djupvasshytta<br />
biege ich Richtung Dalsnibba ab. Mautstation!<br />
Ich zahle <strong>und</strong> fahre fl ux durch, damit die<br />
Schranke es sich nicht <strong>wie<strong>der</strong></strong> an<strong>der</strong>s überlegt. „Diesen<br />
Aussichtspunkt sollte man immer mitnehmen!“,<br />
höre ich noch so manche Stimme mit Begeisterung<br />
erzählen. Aber auch hier zeigt mir <strong>der</strong> Schnee<br />
meine Grenzen. Fast eingeklemmt zwischen gefrästen<br />
Wänden fahre ich vielleicht bis zur Hälfte<br />
um zu erkennen, hier geht’s für mich nicht weiter.<br />
20 m weiter hinter <strong>der</strong> nächsten Kurve STEHT eine<br />
riesige Schneefräse.<br />
Ich kehre um <strong>und</strong> weiter geht’s, hinein in einen<br />
Waschkessel aus Wolken, Nebel, <strong>und</strong> Schneefl o-<br />
cken. Hoffentlich fahre ich nicht an Geiranger vorbei,<br />
ohne es zu sehen! Nach einigen rasch aus dem Nebel<br />
auftauchenden <strong>und</strong> sehr engen Kurven stoßen<br />
wir durch die Wolkendecke, die das Tal überspannt<br />
<strong>und</strong>... AHA... jetzt wird mir klar, warum alle hier hin<br />
wollen.<br />
Der Blick ist wirklich grandios, genauso wie die<br />
Straße, die ins Tal führt. Jetzt kommt auch die<br />
Sonne raus <strong>und</strong> spielt mit den Wolken, die sich um<br />
die Bergspitzen tummeln. Es wird immer grüner <strong>und</strong><br />
man meint, vom Winter binnen einer halben St<strong>und</strong>e<br />
Die Wolken hängen wie Seidentücher um die Berge.<br />
Auch hier bei 1 bis 3°C ist mir komischerweise nicht<br />
kalt. Liegt vielleicht an meiner Vorfreude, wer weiß.<br />
Dann das Schild: Geiranger; Trollstigen rechts<br />
rum. Meinen Weg begleiten 2 bis 4m hohe gefräste<br />
Schneewände. Der See ( Djupvatnet ) ist zugefroren<br />
in den schönsten Frühlingstag zu fahren. Das ist<br />
viel Input , den ich erstmal verarbeiten muß. An<br />
einem Aussichtspunkt mache ich Halt <strong>und</strong> genieße.<br />
Ruhe, Fjord, Berge, Sonne, <strong>AWO</strong> <strong>und</strong> ich, hier nach<br />
8 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
ca 2700 km, Solche Bil<strong>der</strong> gehen wahrscheinlich<br />
auch nicht mehr aus dem Kopf, jedenfalls hoffe ich,<br />
daß sie lange dort bleiben.<br />
Weiter abwärts führt die Straße ins schicke Örtchen<br />
Geiranger. Im Souvenirshop kaufe ich 3 Ansichtskarten<br />
<strong>und</strong> schreibe gleich an Tine, Kati <strong>und</strong> v.<br />
Jagemanns.<br />
In einem an<strong>der</strong>en Einkaufsladen bekomme ich eine<br />
norwegische SIM- Karte fürs Handtelefon <strong>und</strong> von<br />
einer sehr netten Verkäuferin bis ins Detail erklärt,<br />
was ich zu tun habe, damit alles funktioniert. Nach<br />
2h ist <strong>der</strong> Kontakt zur Außenwelt <strong>wie<strong>der</strong></strong> hergestellt.<br />
Ich gönne mir ein Eis <strong>und</strong> einen Ananas-Kokos-<br />
Smoothie <strong>und</strong> sitze bei Sonne am spiegelglatten<br />
Geirangerfjord. Noch ist hier bis auf ein paar einzelne<br />
Wohnmobile <strong>und</strong> einen japanischen Touristenbus<br />
nichts los, ich denke aber, das wird sich in den<br />
nächsten Tagen än<strong>der</strong>n. Zwischen Fjord <strong>und</strong> Fels<br />
eingeklemmt schlängelt sich die Strasse.<br />
Kein Schiff ? Doch da kommt ein „großer Weißer“<br />
um die Kurve <strong>und</strong> ich halte an um zu schauen. Ein<br />
Päärchen aus Chemnitz steht mit Kamera bereit<br />
<strong>zum</strong> Knipsen <strong>und</strong> freut sich über „ne <strong>AWO</strong> am Geiranger“.<br />
Da klappts doch noch mit dem Ozeanriesen. Nach<br />
einer halben St<strong>und</strong>e nähert sich bereits <strong>der</strong> zweite<br />
große Pott. Ich sehe noch ein bisschen zu, wie die<br />
beiden umeinan<strong>der</strong> herum „tanzen“. Bei dem heutigen<br />
Wetter ohne Wind allerdings ein Schauspiel<br />
mit bitterem Beigeschmack … in <strong>der</strong> Luft , wegen<br />
<strong>der</strong> Abgase. Weiter geht’s Richtung Trollstigen im 2.<br />
Gang die Serpentinen rauf. Auf halbem Wege den<br />
Berg hinauf halte ich doch nochmal an. Ein weiterer<br />
Aussichtspunkt mit einem grandiosen Panoramablick<br />
auf Geiranger <strong>und</strong> den Fjord, den man keinesfalls<br />
auslassen sollte.<br />
Den Norddalsfjord mit seinem schwarzblauen<br />
Wasser <strong>und</strong> <strong>der</strong> kalten, extrem sauberen Luft überqueren<br />
wir via Fähre. Es folgen liebliche Täler mit<br />
auffallend üppigem Grün. Hier werden sogar Wiesen<br />
bewässert. Im Valldalen staune ich über große<br />
Erdbeerfel<strong>der</strong> <strong>und</strong> blühende Apfelbäume . Auch hier<br />
sind die umzingelnden Bergspitzen schneebedeckt.<br />
Ich lasse mir an <strong>der</strong> nächsten Tanke erklären, daß<br />
die Norweger IHRE norwegischen Erdbeeren trotz<br />
des schwindelerregenden Preises wegen des vorzüglichen<br />
Geschmacks immer den „an<strong>der</strong>en“ vorziehen.<br />
Am Trollstigen: Ein wahrer Augenöffner! Als ich am<br />
Abgr<strong>und</strong> stehe bin ich plötzlich froh, runter fahren<br />
zu dürfen. Das kann man gar nicht so beschreiben.<br />
1000 m Höhenunterschied! Ich überwinde meine<br />
Höhenangst <strong>und</strong> mache mich auf den Weg. Der<br />
führt an einem … äh … künstlerisch gestalteten<br />
Gebäude mit Wasserspiel <strong>und</strong> ohne Funktion, bei<br />
dem sogar die „kunstgewohnten“ Norweger fragend<br />
stehen bleiben vorbei, zu dieser verrückten Aussichtsplattform.<br />
Vor mir eine Familie mit einem Vati <strong>der</strong> das selbe<br />
Problem zu haben scheint, wie ich <strong>und</strong> ein Biker mit<br />
Bierkuttel <strong>und</strong> in voller Montur. Die Sonne meint es<br />
gut <strong>und</strong> Gedanken kommen hoch, warum man den<br />
Kosmonautenanzug nicht abgelegt hat. Opfer müßen<br />
sein. Vor uns versperrt eine Schneewehe den<br />
Weg <strong>und</strong> läßt noch 30cm Platz zu Gelän<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
Abgr<strong>und</strong>. Für mein Voraus ist hier Schluß. Er kehrt<br />
dampfend um. Zu eng.<br />
Ich zwänge mich durch <strong>und</strong> hänge mich an die deutsche<br />
Familie. Ein Blick von ihm <strong>und</strong> ein Wort von<br />
mir <strong>und</strong> es wird klar, ich hab richtig getippt mit <strong>der</strong><br />
Höhenangst. Der Aussichtspunkt führt geschätzte<br />
10m über den Abgr<strong>und</strong>. Es erwartet uns eine super<br />
sauber <strong>und</strong> annähernd unsichtbar geputzte Glasreling,<br />
durch die man alles schön sieht. Ich ziehe die<br />
Betonwand mit Sitznieschen vor. An <strong>der</strong> „herausragendsten“<br />
Stelle macht eine Mädchengruppe von<br />
meiner Warte aus gesehen, gewagt aussehende<br />
Bil<strong>der</strong>. Ich denke noch, hoffenlich fällt keine runter.<br />
... Shit … entfährt es mir laut, als ich merke, ich stehe<br />
unverhofft auf einer Art großem Grillrost, das<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
9
freilich die gähnende Leere unter mir frei gibt. Klar<br />
bin ich bei den Kids <strong>der</strong> Lacher. Also „trolle“ ich<br />
mich von dort, um die Fahrt ins Tal zu wagen. Janz<br />
schön steil !!!<br />
Krass; hier schinden sich auch Fahrradfahrer hoch.<br />
Ich grüße jeden o<strong>der</strong> winke! Das ist das mindeste<br />
an Respekt was man den Leuten entgegenbringen<br />
sollte. Man ist schier Kurven – <strong>und</strong> Gefällegesättigt<br />
wenn man unten ist <strong>und</strong> als die Serpentinen <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
in normale Straße übergehen, ist fast Stille um<br />
mich rum. Nach ein paar mal schlucken hat sich <strong>der</strong><br />
Druck in den Ohren ausgeglichen <strong>und</strong> die „Akustik“<br />
stimmt <strong>wie<strong>der</strong></strong>. Gut, daß ich an diesem recht warmen<br />
Tag bei um die 15°C dieses Monument nicht in<br />
entgegengesetzter Richtung zu bewältigen hatte.<br />
Die nächste größere Stadt auf meinem Weg ist Andalsnes<br />
am Romsdalsfjord. Dort hole ich mir<br />
im KIWI – Markt Fishermans Friend „Mint“, einen<br />
Mango – Smoothie <strong>und</strong> einen Apfel. Die sind so<br />
teuer, daß man sie lieber nur einzeln nimmt. Dafür<br />
genieße ich ihn um so mehr. Man kann sich auch<br />
ne halbe Gurke einpacken lassen, ohne komisch<br />
angeschaut zu werden.<br />
Ich möchte mit <strong>der</strong> Fähre noch nach Molde übersetzen.<br />
Als ich nahe Afarnes <strong>zum</strong> Anlegesteg komme,<br />
machen die gerade die Klappe zu <strong>und</strong> fahren mir<br />
vor <strong>der</strong> Nase weg. Zeit, <strong>zum</strong> verschnaufen.<br />
„Mensch, das gibt’s doch nicht, ne Awo, wie ich<br />
eine hatte.“, höre ich jemanden.rufen. Andreas, ein<br />
deutscher Busfahrer aus dem brandenburgischen<br />
<strong>der</strong> hier lebt <strong>und</strong> arbeitet, kommt freudestrahlend<br />
auf mich zu <strong>und</strong> kanns gar nicht fassen. „Ich hab<br />
im Bus gesessen <strong>und</strong> im Rückspiegel diese gelbe<br />
6 Volt – Funzel gesehen <strong>und</strong> gleich gedacht, das<br />
kann nur ne alte DDR – Kiste sein.“ Da er Linienbus<br />
fährt <strong>und</strong> auch auf die nächste ankommende<br />
Fähre wartet, um die Leute die mitkommen auf die<br />
Dörfer zu verteilen, haben wir schön Zeit um <strong>zum</strong><br />
erzählen. Eh ich michs versehe, bin ich zu ihm heim<br />
eingeladen. Er gibt gleich fernmündlich seinem<br />
Sohn zu Hause die Anweisung, in <strong>der</strong> Hütte den<br />
Boiler an<strong>zum</strong>achen, damit ich dann warmes Wasser<br />
<strong>zum</strong> duschen hab. Ich bin komplett platt. Mal sehen,<br />
wann ich mal was von soviel Gastfre<strong>und</strong>schaft<br />
zurück geben kann. Wir machen aus, daß ich ihm<br />
folge <strong>und</strong> dort anhalte, wo er Conny, seine Frau,<br />
aussteigen läßt. Es folgt eine für mich recht rasante,<br />
für norwegische Busfahrer aber völlig normale<br />
Fahrt am Langfjorg entlang. Da fahre ich das erste<br />
<strong>und</strong> einzige Mal 80 km/h mit dem Beiwagenkardan.<br />
Unterwegs ein kurzer Stop. Er hat vergessen, ein<br />
Päckchen bei einer Butykk ( Laden ) abzugeben. Da<br />
mit Bus umdrehen schwierig ist, übernehme ich die<br />
Botenfahrt <strong>und</strong> gebe es ab. Zuhause angekommen<br />
lade ich ab. Conny zeigt mir die schöne, gemütliche,<br />
alte Hütte <strong>und</strong> geht dann Rasen mähen. Als ich <strong>zum</strong><br />
Fenster raus gucke, wird mir klar, daß ich erneut<br />
an einem w<strong>und</strong>erschönen Flecken Erde rasten darf.<br />
Sie habens echt schön hier in Vistdal. Heut steht<br />
noch folgendes an: mit dem Trekker ( Fordson Dexta<br />
) einen Bulli mit Hänger den Berg hoch schleppen<br />
, <strong>der</strong> tägliche Service an <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> (Kerze, Vergaser,<br />
Magnet, Ventile, Radlager, Öl ), ein längeres nettes<br />
Gespräch mit Rene´ mit <strong>wie<strong>der</strong></strong> je<strong>der</strong> Menge Tips,<br />
<strong>und</strong> ein Besuch von Andreas Bootsstegbaustelle.<br />
Seine Kids sind klasse. Der Sohn hat Soljanka gemacht<br />
<strong>und</strong> die Tochter begeistert mich mit <strong>der</strong> wohl<br />
besten Mischung aus typisch brandenburgischem<br />
Slang <strong>und</strong> perfektem norwegisch. Nach dem Essen<br />
geht’s in die Hytta. Noch ein sehr liebes Telefonat<br />
mit Anja <strong>und</strong> die Augen fallen zu. Manchmal hab ich<br />
echt zu tun mein Tagebuch zu schreiben, weil es<br />
mich so sehr in die Waagerechte zieht.<br />
TECHNISCHES:<br />
Kardan fängt leicht an, zu schwitzen … ein kleiner<br />
Lappen um die Ablassschraube hält bis nach Hause<br />
weil ich dauernd irgendwas mit Öl hab, bin ich bei<br />
Rene´ unter „Ölbernde“ abgespeichert ;-)<br />
Ventilspiel kontrolliert … leicht nachgestellt<br />
Radlager geprüft … kein Spiel<br />
TAG 7<br />
05.06.12 (423 km) Start 6:00 Vistdal, Eidsvag, Molde,<br />
Elnesvagen, Bud, Kristians<strong>und</strong>, Halsa, Trondheim,<br />
Vikhammer<br />
Nach einer regnerischen ( draußen ) <strong>und</strong> himmli-<br />
10 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
schen ( drinnen, schlafend ) Nacht präsentiert sich<br />
<strong>der</strong> Langfjord als Spiegel, über dem jemand Watte<br />
aufgehangen hat. Meine Gutste war schön zugedeckt<br />
<strong>und</strong> es ist nix naß geworden. Packen <strong>und</strong> los.<br />
Ab 6:00 sind wir in Richtung Eidsvag unterwegs. Ein<br />
Blick zurück in Dankbarkeit für die schöne Bekanntschaft<br />
<strong>und</strong> das trockene Plätzchen. Schon nach den<br />
ersten 5 km merke ich hier wäre mir eine tolle Strecke<br />
entgangen ( wahrscheinlich wie an so vielen an<strong>der</strong>en<br />
Stellen in diesem Lande, aber man kann nicht<br />
alles schaffen ). Andreas kommt mir früh schon mit<br />
seinem Bus entgegen <strong>und</strong> wir winken nochmal wie<br />
wild. Nach ca. einer halben St<strong>und</strong>e Fahrt läuft mir<br />
ein Dachs über den Weg <strong>und</strong> ich werde langsamer.<br />
Der läßt sich gar nicht stören. 100m weiter: ein Elch<br />
( übrigens <strong>der</strong> einzige auf <strong>der</strong> ganzen Reise ) kreuzt<br />
sehr kurz vor mir die Straße. Ganz schön Verkehr<br />
hier <strong>und</strong> gut, daß ich wegen dem Dachs gebremst<br />
hab.<br />
<strong>Mit</strong> Elchen verhält es sich so, daß man trotz <strong>der</strong><br />
vielen Schil<strong>der</strong> „Store Elgfare“, „Große Gefahr vor<br />
Elchen“ entwe<strong>der</strong> nie einen zu Gesicht bekommt<br />
o<strong>der</strong> man direkt in einen rein fährt. Ich hatte Glück<br />
<strong>und</strong> durfte nur zusehen, wie er gemächlich meinen<br />
Weg kreuzte. Seit gestern mache ich mir Gedanken<br />
über meine Bil<strong>der</strong>. Da ich, was plötzlichen Datenverlust<br />
auf den neuen Speichermedien angeht ein<br />
gebranntes Kind bin, bin ich auf <strong>der</strong> Suche nach einer<br />
Möglichkeit alles nochmal zu sichern. In Elnesvagen<br />
an einer Shell – Tanke gerate ich in ein sehr<br />
nettes Gespräch mit <strong>der</strong> Verkaufsdame. Während<br />
sie mir Polse mit Bacon, einen heißen Kakao <strong>und</strong><br />
„Aunt Mabels“ Muffi ns mit Schokostückchen zurecht<br />
macht, ist ruckzuck <strong>wie<strong>der</strong></strong> ne halbe St<strong>und</strong>e verplau<strong>der</strong>t<br />
<strong>und</strong> sie gibt mir den Tip, mal in <strong>der</strong> Bücherei<br />
nach nem Rechenkasten zu fragen, wo man die<br />
Bil<strong>der</strong> sicher überspielt bekommt.<br />
Nach <strong>der</strong> Stärkung verabschieden wir uns lachend<br />
<strong>und</strong> ich fahre zur Bücherei, gleich neben <strong>der</strong> Schule.<br />
Die hat aber noch zu <strong>und</strong> so nehme ich die<br />
nächste Tür, wo ABC draufsteht. Der Nachhilferaum.<br />
Ein verdutzter Blick des nachzuhelfenden <strong>und</strong><br />
eine kurze Erklärung <strong>der</strong> Lehrerin leiten mich <strong>zum</strong><br />
Nebengebäude. Die Schule. Ich spreche vorsichtig<br />
die erste Schülerin an, die ich im Foyer sitzen sehe.<br />
Sie fi ndet mein Begehr wohl lustig <strong>und</strong> bringt mich<br />
lächelnd <strong>zum</strong> Sekretariat, wo ich abermals Rede<br />
<strong>und</strong> Antwort stehe. Eine Lehrerin nimmt mich interessiert<br />
ins Schlepptau durchs Gängelabyrinth <strong>der</strong><br />
sehr künstlerisch gestalteten, innen bunten Schule.<br />
In einem kleinen Raum voller kaputter PCs wird mir<br />
geholfen. Ein junger Kerl nimmt meine Karten an<br />
sich <strong>und</strong> packt alle Bil<strong>der</strong> schön auf die leere Karte.<br />
Während <strong>der</strong> Rechner meine Bil<strong>der</strong> sichert, reden<br />
wir über deutsche Autos . Verw<strong>und</strong>ert ist er, als ich<br />
auf seine Frage meines deutschen Lieblingsautos<br />
mit „ 81´er Ford Taunus Kombi“ antworte. Er mag<br />
Audi am meisten hält aber weniger von Opel. So,<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
alle Bil<strong>der</strong> sind nun doppelt vorhanden <strong>und</strong> nichts<br />
ist verloren gegangen. Ich freue mich, er sich auch.<br />
Nach einem Händedruck (was dort wohl nicht so<br />
üblich ist ist, wie bei uns <strong>und</strong> ich als Kompliment<br />
auffasse )<strong>und</strong> „ guter Reise“ fi nde ich mich aus <strong>der</strong><br />
Schule <strong>wie<strong>der</strong></strong> heraus <strong>und</strong> fahre erleichtert weiter.<br />
Es geht straff Richtung Atlantik. Ah, Meer liegt in <strong>der</strong><br />
Luft. Ab dem kleinen Örtchen Bud schlängelt sich<br />
die Straße mehr o<strong>der</strong> weniger direkt am Atlantik<br />
entlang. Highlight hier für mich ein Aussichtspunkt,<br />
<strong>der</strong> nur durch „The Ford – Country“, einen schrottplatzartigen<br />
Autofriedhof für die verschiedensten<br />
Ford – Modelle von alten Ami´s über Taunus – Badewanne,<br />
Weltkugel – Taunus, Granada <strong>und</strong> einen<br />
mattschwarzen Vorkriegs - BMW – Hotrod - Pickupumbau<br />
mit Sheriffstern zu erreichen ist.<br />
Natürlich zieht mich das Meer an, wie die Mücken<br />
das Licht. Es ist sagenhaft. Diese Stille. Wie<strong>der</strong>mal<br />
keine Leute, nur Meer, <strong>AWO</strong> , frische Luft. Bei dem<br />
klaren Wetter kann man zig Kilometer gucken.<br />
Bist du in den Bergen <strong>und</strong> endlich oben, siehst du<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> nur Berge. Meer ist halt …........ , aber weiter.......<br />
. Eines <strong>der</strong> wohl am meisten geknipsten<br />
Bauwerke Norwegens ist wohl diese, auf dem Atlanterhavsveien<br />
befi ndliche, imposant geschwungene<br />
Brücke, die sich wie eine große Welle förmlich aus<br />
dem Wasser hebt.<br />
Auch ich mache meine Bil<strong>der</strong>. Eigentlich bewegt<br />
sich die Strasse ab hier brückenförmig hüpfend<br />
von einem Inselchen <strong>zum</strong> nächsten fort. Kann man<br />
irgendwie nicht an<strong>der</strong>s beschreiben. Die See ist<br />
ruhig. Was wird wohl hier los sein, wenn die Wellen<br />
ein paar Meter hoch durch die Brücken <strong>und</strong> an die<br />
Straße kommen? Vor einem <strong>der</strong> tiefsten Tunnel <strong>der</strong><br />
Welt ( es geht 250 m unter dem Meer durch <strong>und</strong><br />
verdammt steil runter <strong>und</strong> auch <strong>wie<strong>der</strong></strong> rauf; im 3.<br />
Gang mit Hängen <strong>und</strong> Würgen ) halte ich nochmal<br />
an einem Kreisverkehrähnlichen Parkplatz an.<br />
Dort sind ein Haufen Kiddies unterwegs. Es dauert<br />
nicht lange <strong>und</strong> ein vielleicht 12 jähriger Junge<br />
spricht mich an. Erst norwegisch, dann, als ich mich<br />
auf englisch entschuldige nichts zu verstehen, in<br />
11
echt gutem englisch. Nach einer weiteren Minute<br />
ist die ganze Klasse um mich rum <strong>und</strong> wir unterhalten<br />
uns 4 sprachig, deutsch, englisch, norwegisch<br />
<strong>und</strong> mit Händen <strong>und</strong> Füßen. Ich hab die Idee, ein<br />
Bild zu machen <strong>und</strong> ein Mädel kommandiert in<br />
zackigem norwegisch innerhalb von Sek<strong>und</strong>en die<br />
gesamte Klasse samt Fahrrä<strong>der</strong>n rechts <strong>und</strong> links<br />
neben mein(e) Gefährt(in). Das Bild wird schön. Ein<br />
kurzes Gespräch mit <strong>der</strong> rasch herbeigezerrten Lehrerin<br />
<strong>und</strong> wir machen aus, daß ich das Bild via email<br />
an die Klasse schicke. Dann knattere ich, wie bisher<br />
immer nach nur einmal kicken ( bin begeistert ) los.<br />
Die Tunnelmaut, die dort im Gegensatz zu Deutschland<br />
oftmals nur so lange erhoben wird, bis das Teil<br />
bezahlt ist, nimmt mir ein fre<strong>und</strong>licher Glatzkopf<br />
mit einem herrlichen Kaiser – Wilhelm – Bart ab. Er<br />
fragt wie alt mein Motorrad ist <strong>und</strong> ist entzückt über<br />
die „fi ftiesix“, die er zur Antwort bekommt.<br />
In Kristians<strong>und</strong> ( Kristiansünn gesprochen ) tanke<br />
ich mal <strong>wie<strong>der</strong></strong>. Schätze ich werde so bei um die<br />
5 bis 6 l/100km rauskommen. Ein holländisches<br />
Ehepaar spricht mich an <strong>und</strong> freut sich über das Gespann<br />
<strong>und</strong>, daß ich exakt den selben Weg in an<strong>der</strong>er<br />
Richtung fahre wie sie. Nach <strong>der</strong> Freifjorddurchquerung,<br />
Maut zahlen <strong>und</strong> falsch über die schöne<br />
Brücke fahren, kehre ich <strong>wie<strong>der</strong></strong> um, über die Bücke<br />
zurück <strong>und</strong> hätte müßen nochmal zahlen, aber <strong>der</strong><br />
Herr winkt mich nach ein zwei erklärenden Worten,<br />
den richtigen Weg betreffend kostenlos durch.<br />
Ein <strong>Hin</strong>weisschild, an dem ich kurz halte, um einem<br />
Afrikaner Feuer für seine Zigarette zu borgen sagt<br />
mir E39 Richtung Trondheim links. Auf dieser Straße<br />
werde ich bis kurz vor Trondheim bleiben. Auf<br />
einer kurzen Fährüberfahrt erfahre ich von einem<br />
jungen Norweger, <strong>der</strong> für die Ölindustrie arbeitet<br />
einige interessante Sachen. So z.B. daß die allermeisten<br />
Norweger vor lauter Scham wegen Breivik<br />
am liebsten im Boden versinken würden, daß<br />
seine Heimatstadt vor vielen Jahren fast vollständig<br />
abgebrannt ist <strong>und</strong> durch Hilfslieferungen, die<br />
Kaiser Wilhelm veranlasste, komplett im Jugendstil<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> aufgebaut wurde <strong>und</strong> daß die Nazizeit eine<br />
<strong>der</strong> dunkelsten Zeiten in <strong>der</strong> Weltgeschichte war.<br />
Viele,beson<strong>der</strong>s ältere Norweger werden sehr still,<br />
<strong>und</strong> wollen nicht darüber sprechen. Ich kann ihm nur<br />
uneingeschränkt Recht geben <strong>und</strong> in dieser Beziehung<br />
meine Scham ausdrücken. Und JA verdammt,<br />
es kommt auch heute noch gut an, sich für den<br />
schlimmsten weißen Abschaum deutscher Herkunft<br />
zu entschuldigen auch, wenns für manche auch<br />
schon ach so lang her ist !!!!!!!!<br />
Er ist trotz seines jungen Alters sichtlich überrascht<br />
<strong>und</strong> erfreut. Umso herzlicher mit kräftigem<br />
Händedruck ist die Verabschiedung. Es folgt eine<br />
Fahrt entlang am Vinjefjord. Am Omnfjell fahre ich<br />
rechts vorbei. Ein wenig Müdigkeit schleicht herbei,<br />
springt auf ( bei 60 Sachen kein Problem ) <strong>und</strong> läßt<br />
erst <strong>wie<strong>der</strong></strong> bei einem Halt an einer sehr schönen<br />
Raststätte mit Dachbegrünung <strong>und</strong> Currywurst mit<br />
heißem Kakao von mir ab.<br />
Inzwischen habe ich meine, ab Kristians<strong>und</strong> mindestens<br />
5 mal an <strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> aus gezogenen Regensachen<br />
anbehalten, Ich empfi nde es als schön,<br />
daß sich das Wetter endlich mal entscheiden konnte.<br />
Zwar für leichten Niesel aber DAS stört keinen<br />
großen Geist. Mich auch nicht. Ab Trondheim werde<br />
ich dann <strong>wie<strong>der</strong></strong> mit eitel Sonnenschein belohnt.<br />
Achtung <strong>der</strong> Sonnenbrannt schlägt hier schnell zu!<br />
In Vikhammer, etwas hinter Trondheim am Strindfjord<br />
miete ich bei einer Dame mit Bonny Tyler<br />
– Stimme Hytta Nummer 15 für 450 NOK. <strong>Mit</strong> tollem<br />
Blick auf den Fjord. Meine Hüttennachbarn sind<br />
Fahrradfahrer aus Leipzsch. Sie schaffen am Tag<br />
80-100km... HIER..... Wahnsinn <strong>und</strong> Hut ab. Noch<br />
den täglichen Service an <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> erledigt, dann<br />
lecker Fencheltee <strong>und</strong> SkinkeOst aus <strong>der</strong> „Zahnpastatube“.<br />
Viel brauche ich nicht.<br />
Als Tagesabschluß gibt’s eine 15 – minütige 4 – Minuten<br />
Dusche, weil <strong>der</strong> Chipautomat mich wohl nett<br />
fi ndet. Mein Fazit bei einem Bildbandreifen Sonnenuntergang<br />
lautet: müßte ich jetzt wegen irgendeinem<br />
Defekt o<strong>der</strong> so heim, wäre ich nicht enttäuscht,<br />
denn knapp 3000 <strong>der</strong> schönsten Kilometer meines<br />
Lebens sind gefahren <strong>und</strong> die bis jetzt gemachten<br />
Eindrücke bringen meinen Kopf schier <strong>zum</strong> überlaufen!<br />
12 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
TECHNISCHES:<br />
Zündung kontrolliert <strong>und</strong> etwas nachgestellt ( von<br />
kurz vor OT in Richtung erster ZP Marke )<br />
Lichtmaschinenschraube ( die mit dem Linksgewinde)<br />
war locker … festgezogen<br />
rote Leitung von Lichtmaschine hat irgendwo gescheuert<br />
<strong>und</strong> hatte kurz Masse, Ladekontrolle ging<br />
an … Kabel repariert <strong>und</strong> sorgfältiger verlegt<br />
Hoffentlich ist das Licht an <strong>und</strong> ich fahre vorschriftsmäßig.<br />
Weil die sich so lange Zeit nehmen, kriege<br />
ich Bedenken. Dann fahren sie langsam neben<br />
mich. Jetzt winken sie mich raus, denke ich noch,<br />
aber nein, die beiden lächeln fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> winken<br />
mir zu. Also keine Angst :-)<br />
Lange Zeit zieht sich die E6 an einem See entlang.<br />
Heute hab ich mal <strong>wie<strong>der</strong></strong> Mukke im Ohr. Ein hörenswertes<br />
potpourrie aus Guano Apes, Manowar,<br />
Tarja Turunen, Ramones <strong>und</strong> Anne Clark läßt die<br />
Kilometer schrumpfen.<br />
In Grong tanke ich. Wenn man den Schil<strong>der</strong>n glauben<br />
darf, ist hier ein guter Platz <strong>zum</strong> Lachs angeln.<br />
Aus <strong>der</strong> Tanke kommt ein Typ mit nem Softeis <strong>und</strong><br />
obwohl mir nicht gerade mollig ist, leckerts mich<br />
unheimlich. Ich zahle das Benzin, nehme noch zwei<br />
Äpfel (40NOK) <strong>und</strong> bestelle so ein Eis. DAS war<br />
das leckerste Softeis, das ich während <strong>der</strong> ganzen<br />
Reise gegessen hab! Fast hätte ich mir noch eins<br />
geholt, aber das trägt ja auch nicht gerade <strong>zum</strong><br />
innerlichen warm werden bei. Die einheimischen<br />
laufen hier trotz <strong>der</strong> frischen Temperaturen kurzärmelig<br />
herum.<br />
TAG 8<br />
06.06.12 (449km) Start 6:00 Vikhammer, Steinkjer,<br />
Grong, Mosjoen, Leira<br />
Der Tag beginnt, wie <strong>der</strong> vorige ausklang, nämlich<br />
mit herrlichem Sonnenschein. Auf dem Campingplatz<br />
schlafen alle noch <strong>und</strong> verpassen, wie die<br />
Natur erwacht. Ich schlage die große Richtung<br />
Narvik ein. Hier ist die Gegend weniger rau. Viel<br />
Landwirtschaft, was mich natürlich interessiert. Auch<br />
die Vegatation ist an<strong>der</strong>s hier als bei uns.<br />
Da es ein halbes Jahr nicht richtig hell wird muß<br />
sich die Natur in dem restlichen halben Jahr umso<br />
mehr beeilen. So hat das Gras eben nur die halbe<br />
Zeit wie bei uns <strong>zum</strong> wachsen. Dafür geht’s durch<br />
die hellen „Nächte“ aber doppelt so schnell.<br />
Noch vor Steinkjer hab ich den 1. Kontakt mit <strong>der</strong><br />
Polizei. Die fährt bestimmt 15 km hinter mir her.<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
Unterwegs sehe ich eine Herde Rentiere, die erst<br />
neugierig guckt, mir dann langsam den <strong>Hin</strong>tern zu<br />
dreht <strong>und</strong> im Gebüsch verschwindet. Mein Foto<br />
„Rentierherde mit <strong>AWO</strong>“ hab ich im Kasten. An <strong>der</strong><br />
nächsten Tankstelle braucht nicht die <strong>AWO</strong> schon<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> Kraftstoff, son<strong>der</strong>n ich. Einen Redbull bitte.<br />
Tusen takk! Dort spricht mich ein Trucker an. Es<br />
folgt ein sehr netter Small Talk mit dem wichtigen<br />
<strong>Hin</strong>weis, ich solle unbedingt die RV17 Richtung<br />
Bodö nehmen. Im nachhinen war das einer <strong>der</strong><br />
besten Tipps ! In Mosjoen tanke ich bei strömendem<br />
Regen an einer unüberdachten Tanke, biege anschließen<br />
falsch ab <strong>und</strong> fahre fast bis Aufl es in die<br />
falsche Richtung. Egal, Wetter ist tolles schottisches<br />
( <strong>der</strong> Regen fällt fast lotrecht ; passendes Zitat<br />
aus Braveheart ), also machen die paar Kilometer<br />
mehr auch nichts. Wie<strong>der</strong> in die richtige Richtung<br />
unterwegs biege ich in Kulstad auf die RV 78 ab,<br />
Ein braunes Schild macht mich schlauer. Helgeland<br />
13
Kystvegen steht da zu lesen. Und <strong>der</strong> Name kommt<br />
nicht von ungefähr. Es ist wirklich toll zu fahren,<br />
kurvenreich, absolut unlangweilige Aussichten <strong>und</strong><br />
die ab <strong>und</strong> zu durchblinzelnde Sonne bringt ein<br />
faszinierendes Lichtspiel auf dem Vefsnfjord, so daß<br />
meine Müdigkeit <strong>wie<strong>der</strong></strong> verfl iegt.<br />
Irgendwo zwischen Remnes <strong>und</strong> Leira liegt „Kvitnesset<br />
Camping“. Es hängen zwei Schil<strong>der</strong> am<br />
Weg. Eines sagt „frei“, das zweite sagt „belegt“. Ich<br />
glaube dem ersten <strong>und</strong> fahre auf den Platz, wo die<br />
Hytten stehen. Es ist glaub ich nach 8:00 abends<br />
<strong>und</strong> keiner ist zu sehen. Eigentlich möchte ich hier<br />
bleiben. Da kommen vier Schweden vom Wasser<br />
herauf <strong>und</strong> wir kommen sehr schnell in ein sehr<br />
lustiges Gespräch. Sie haben heute gut gefi scht<br />
<strong>und</strong> das hebt die Stimmung. Einer erklärt, daß alle<br />
Hyttas belegt sind, ruft aber gleich den Besitzer Reidar<br />
Eriksen an. Er kommt! Es stellt sich heraus, daß<br />
auch er Landwirt ist <strong>und</strong> wir die gleichen Traktoren<br />
(John Deere <strong>und</strong> MF ) haben.<br />
Mein heimlicher Wunsch sich mal mit einheimischen<br />
Landwirten austauschen zu können, wird doch noch<br />
erfüllt. So vergessen wir die Frage <strong>der</strong> Unterkunft<br />
<strong>und</strong> widmen uns den Fachfragen. Nach einer ganzen<br />
Weile sagt er, er hat für mich bei seinem Kumpel<br />
20km weg beim nächsten Campingplatz eine<br />
Hytta reservieren lassen. Ich meine nur, ich könne<br />
nicht mehr so weit fahren <strong>und</strong> vielleicht gibt’s noch<br />
ne an<strong>der</strong>e Lösung. Er lacht <strong>und</strong> meint <strong>zum</strong> Scherz<br />
ich könne ja in <strong>der</strong> BBQ – Hütte schlafen. Dafür<br />
kann er selbstverständlich kein Geld verlangen <strong>und</strong><br />
ich wäre <strong>der</strong> erste <strong>der</strong> dort schläft. Gerne nehme ich<br />
das Angebot an <strong>und</strong> wir verständigen uns auf nen<br />
kleinen Obolus fürs duschen. Die Hütte ist cool, mit<br />
Strom, Grill in <strong>der</strong> <strong>Mit</strong>te <strong>und</strong> Panoramablick auf den<br />
Fjord <strong>und</strong> die <strong>Hin</strong>terteile <strong>der</strong> „sieben Schwestern“<br />
(eine Bergkette) ,wie er erklärt.<br />
Die Schweden sind am Wasser, in einem kleinen<br />
Raum <strong>und</strong> fi letieren dort den heutigen Fang. Dorsch.<br />
„Aah de tyske motorsykkelist“ , werde ich begrüßt,<br />
als ich mal neugierig bin. Von Rechts wegen darf<br />
je<strong>der</strong> 15 kg mit heim nehmen. Aber dieses Jahr war<br />
<strong>der</strong> Fang „etwas“ reichhaltiger, sagt einer mir zuzwinkernd.<br />
Als ich mich zurückziehen will, werde ich unverhofft<br />
noch <strong>zum</strong> Fisch essen eingeladen. Fangfrisch<br />
zubereitet mit Salz <strong>und</strong> Pfeffer, Kartoffeln, gebratenen<br />
Zwiebeln, heller Soße <strong>und</strong> Rotwein, sowie, was<br />
nie fehlen darf, Knäckebrot, Butter <strong>und</strong> Wasser. Wir<br />
essen <strong>und</strong> trinken zusammen. Es geht von einem<br />
Thema (alles in englisch) ins an<strong>der</strong>e <strong>und</strong> die St<strong>und</strong>en<br />
fl iegen dahin. Als Delikatesse <strong>zum</strong> Nachtisch<br />
darf ich zwei Scheiben eines wie von selbst auf <strong>der</strong><br />
Zunge zergehenden, sehr aromatischen Stückes<br />
geräucherten Fleisches probieren. Das Herz eines<br />
selbst erlegten Elchs, erklärt mir einer. Wirklich<br />
delikat. Wann kriegt man als gewöhnlicher „Außerirdischer“<br />
schonmal sowas angeboten.<br />
Die Zeit: es ist gefühlt nachmittags halb 6, tatsächlich<br />
bewegen wir uns straff auf 0:00 zu. Ich verabschiede<br />
mich unter vielen „Danke“ <strong>und</strong> zurückgegebenen<br />
Glückwünschen in meine Grillhütte. Keinen<br />
Bock mehr, den Schlafsack rauszuwühlen. Heute<br />
tuts auch das Schaffell <strong>und</strong> die ersten 3 Akkorde<br />
vom Album Machina the machines of god von den<br />
Smashing Pumpkins. Guts Nächtle!<br />
TECHNISCHES:<br />
Zündung <strong>wie<strong>der</strong></strong> etwas später gestellt, da die Vibrationen<br />
vom Motor härter wurden<br />
sämtliche Ölstände geprüft … ok<br />
TAG 9<br />
07.06.12 (338km ohne die Fährstrecke ) Start 7:00<br />
Remnes, Levang, Nesna. Kilboghamn, Jektvika,<br />
RV17 bis Bodö, Moskens, A<br />
Ein verregneter Morgen. Nach einer kurzen, nicht<br />
all zu gemütlichen Nacht ( das Schaffell eignet sich<br />
doch besser <strong>zum</strong> sitzen als <strong>zum</strong> drauf schlafen)<br />
14 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
freue ich mich dennoch über den tollen Panoramablick<br />
aus meinem Hüttchen heraus <strong>und</strong> schmeiße<br />
erstmal den Benzinkocher an. 1l Wasser ist in 3 – 4<br />
min am kochen. Mein Emailletippel für IMNU ist in<br />
ner knappen Minute heiß. Nebenbei ist die Hütte<br />
auch mit warm geworden. Das Bild meiner Family<br />
kriegt heute einen Ehrenplatz neben einer Kerze.<br />
Bevor heut die Reise <strong>wie<strong>der</strong></strong> losgeht, noch ein paar<br />
Gedanken an die „daheimgebliebenen“, ohne die<br />
ich jetzt auch nicht hier wäre.<br />
Wenn ich auf die Karte schaue, wird mir klar, heute<br />
ist <strong>der</strong> Fährentag. Die erste erwartet mich schon<br />
8:30 <strong>und</strong> irgendwie schaffe ich es ohne große Planspiele<br />
immer gerade richtig da zu sein. Nach 5 min<br />
schon öffnet <strong>der</strong> Kahn sein Maul <strong>und</strong> es wird eingestapelt..<br />
Motorrä<strong>der</strong> ( auch mit Beiwagen ) kommen<br />
in <strong>der</strong> Regel recht günstig mit, denn es geht nach<br />
Länge. Keine 20 Minuten <strong>und</strong> wir legen in Nesna<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> an.<br />
schönem Schweizer Akzent an. Er <strong>und</strong> seine Frau<br />
sind auch unterwegs <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>. Sein Sohn hat<br />
Skandinavien schon oft auch mit dem Motorrad bereist<br />
<strong>und</strong> ist <strong>der</strong> „Reiseleiter“. Und nun möchte auch<br />
er noch einmal ans „Ende <strong>der</strong> Welt“. Nach einem<br />
netten Gespräch verabschieden wir uns mit „Auf<br />
Wie<strong>der</strong>sehen“, denn wir ahnen das war nicht das<br />
letzte Mal.<br />
In Kilboghamn ist die Fähre gerade abgelegt <strong>und</strong><br />
zirka eine dreiviertel St<strong>und</strong>e Wartezeit. Es gibt einen<br />
Kiosk <strong>und</strong> ein Klo. Beides suche ich auf <strong>und</strong> im Warteraum<br />
sitzen …. die Schweizer <strong>und</strong> spielen Karten.<br />
Als <strong>der</strong> Kiosk öffnet hole ich mir ein leckeres Daim<br />
– Eis mit Krokant <strong>und</strong> verwickle die, wie sich herausstellt<br />
polnische Dame, die den Kiosk bedient in ein<br />
Gespräch. Als ich erzähle , daß ich aus dem Dreilän<strong>der</strong>eck<br />
bei Görlitz <strong>und</strong> Zittau komme, horcht sie<br />
auf, denn sie wohnte auf polnischer Seite ebenfalls<br />
nicht sehr weit entfernt. So wird es eine recht lustige<br />
Plau<strong>der</strong>ei. Zwischen Wetter, polnischen Dieben <strong>und</strong><br />
verschiedenen Mentalitäten innerhalb Norwegens<br />
verfl iegt die Wartezeit, während ich durchs Fenster<br />
immer einen Blick auf meine Gutste hab. Gerade<br />
eben interessiert sich ein deutsches Päärchen, die<br />
aus einem „MOL“ - beschil<strong>der</strong>ten Ford aussteigen,<br />
für die <strong>AWO</strong>. Noch 5min Zeit auch dort ins Gespräch<br />
zu kommen. Die Fähre legt an <strong>und</strong> das Ent<br />
- <strong>und</strong> Beladen beginnt. Diesmal bekomme ich nen<br />
Gurt in die Hand gedrückt <strong>zum</strong> Maschine sichern.<br />
Die Überfahrt wird ca. eine St<strong>und</strong>e dauern <strong>und</strong> wir<br />
werden den Polarkreis überqueren. Vom Schiff aufs<br />
Festland zu schauen, ist teilweise noch atemberauben<strong>der</strong><br />
als an<strong>der</strong>s herum. Der Wind ist sehr frisch,<br />
Die RV 17 zieht sich nahe <strong>der</strong> Küste um den Sorfjord<br />
herum. Auf dem Weg nach Norden sollte man,<br />
wenn man Zeit hat die RV17 <strong>der</strong> E6 unbedingt<br />
vorziehen, Es ist eine <strong>der</strong> schönsten in diesem Areal.<br />
Hätte ich den Tip eher bekommen, so wäre ich<br />
bereits in Grong abgebogen <strong>und</strong> eher <strong>der</strong> 17 gefolgt.<br />
So habe ich Bronnoys<strong>und</strong> knapp verfehlt. Dort gibt’s<br />
unter an<strong>der</strong>em den Torghatten, ein ungefähr 300m<br />
hohen Berg mit einem natürlichen Loch drin.<br />
Unterwegs an einer Tankstelle gibt’s <strong>wie<strong>der</strong></strong> nen<br />
heißen Kakao <strong>und</strong> ein nettes Gespräch mit dem<br />
Kassierer, dem ich mein Leid wegen <strong>der</strong> noch nicht<br />
vorhandenen MMS – Funktion meines Handtelefons<br />
( Sonim Outdoor ) klage. Er sieht es sich staunend<br />
an <strong>und</strong> meint, so ein Teil hätte er noch nie gesehen.<br />
Gleich darauf nimmt er seinen Hörer in die Hand<br />
<strong>und</strong> ruft bei dem Anbieter an. Auf norwegisch erklärt<br />
er welches Gerät; was nicht geht <strong>und</strong> 5 min <strong>und</strong><br />
einen Tastendruck später verrichtet mein Handy<br />
auch den MMS – Versand klaglos. Cool. Als ich<br />
gehe spricht mich ein älterer Herr auf deutsch mit<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
aber die Sonne lugt ein wenig hervor. Ein Schwarm<br />
Gänse zieht in militärischer Ordnung dicht über dem<br />
Wasser am Schiff vorbei. Ich hole mir ein Sandwich<br />
<strong>und</strong> ( nochmal ) ein Eis. Als ich noch nen Kakao bestellen<br />
will, erinnert mich die fre<strong>und</strong>liche Bedienung<br />
höfl ich, daß wir in Kürze anlegen werden. Die Zeit<br />
ist verrannt wie nix <strong>und</strong> ich habe zu tun, mein Eis<br />
runter zu schlingen. Schon ertönt die Auffor<strong>der</strong>ung,<br />
sich zu den Fahrzeugen zu begeben.<br />
Sandwich <strong>und</strong> Klamotten geschnappt <strong>und</strong> unter<br />
Deck. So schnell wie alle an<strong>der</strong>en Autos <strong>und</strong> LKWs<br />
raus sind, bin ich nicht fertig <strong>und</strong> schmeiße schnell<br />
15
alles auf den Beiwagen. Der „Entladungsbeauftragte“<br />
hat ein Einsehen mit mir <strong>und</strong> wartet geduldig<br />
mit einem Lächeln. Kaum <strong>wie<strong>der</strong></strong> auf festem Gr<strong>und</strong>,<br />
kommen 2 ältere deutsche Herren aus dem Ruhrpott<br />
auf mich zu <strong>und</strong> texten mich zu, ob ich schon<br />
beim Elefantentreffen war <strong>und</strong> dass <strong>der</strong> eine auch<br />
so ne ähnliche BMW hat. Ist ja ganz nett, aber ich<br />
bin noch voll mit dem entwirren <strong>und</strong> verstauen<br />
meiner eilig gerafften Sachen beschäftigt <strong>und</strong> , sorry,<br />
höre so nur halb hin. Der kleine Ort wo die Fähre<br />
anlegt, ist umrahmt von hohen Bergen <strong>und</strong> die<br />
hindurchführende Straße entsprechend „schlangenartig“.<br />
Rechts <strong>der</strong> RV17 erstreckt sich <strong>der</strong> Svartisen<br />
Nationalpark mit dem nach dem Jostedalsbreen<br />
zweitgrößten Inlandeis in Norwegen. Eine <strong>der</strong> Gletscherzungen<br />
reicht, was eher ungewöhnlich ist, direkt<br />
bis in den Fjord. Man kann diese vom Schiff aus<br />
<strong>der</strong> Nähe besichtigen. Ich begnüge mich mit dem<br />
„Cinemascope – Format“ aus <strong>der</strong> Ferne. Die Straße<br />
trägt mich weiter Richtung Bodö. Die engste Stelle<br />
zwischen Salt – <strong>und</strong> Skjerstadfjord überspannt<br />
eine elegant gebogene Brücke, unter welcher <strong>der</strong><br />
„Saltstraumen“- Gezeitenstrom hindurch fl ießt.<br />
Dies ist <strong>der</strong> weltweit stärkste Gezeitenstrom. Hier<br />
spielt sich alle 6 St<strong>und</strong>en ein beson<strong>der</strong>es Schauspiel<br />
ab, denn es fl ießen während einem einzigen<br />
Gezeitenwechsel bis zu 400 Millionen Kubikmeter<br />
Wasser hin <strong>und</strong> her. Es bilden sich richtige Strudel<br />
an den Rän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> das Wasser schießt mit bis zu<br />
40 km/h da durch. Als ich die Brücke überquere, ist<br />
das Spektakel bereits abgeklungen <strong>und</strong> man sieht<br />
nur noch ganz leicht die Verwirbelungen. Bei Loding<br />
geht die RV17 in die 80 über <strong>und</strong> ich halte mich in<br />
Richtung Bodö. Das Fährterminal zu fi nden ist nicht<br />
schwierig, die Schil<strong>der</strong> eindeutig. Da ich ja etwas<br />
planlos bin, was die Fährzeiten anbetrifft, bin ich<br />
umso erfreuter, eine relativ große Ansammlung an<br />
Autos, LKWs <strong>und</strong> Bobilen ( norw. für Wohnmobil )<br />
warten zusehen.<br />
Ich treffe „alte“ Bekannte <strong>wie<strong>der</strong></strong>. Das Pärchen aus<br />
dem brandenburgischen steht <strong>und</strong> wartet direkt vor<br />
mir. Abendbrot. Wir teilen unsere paar „Habseeligkeiten“;<br />
Astronautenkaviar gegen ein Paar Wiener<br />
mit Ketchup. Bald hält ein Wohnmobil aus Rügen<br />
hinter uns <strong>und</strong> nach 5 Minuten gibt’s die erste „größere“<br />
deutschsprachige Zusammenkunft auf meiner<br />
Reise in Skandinavien. Die Kassiererin kommt vorbei,<br />
um das Geld für die Überfahrt von uns abzuverlangen.<br />
So kriege ich live mit, wie das Pärchen nicht<br />
schlecht staunt, daß das Auto über 700 NOK kosten<br />
soll. Der Bobilfahrer kippt bei über 2000 NOK<br />
bald aus den Latschen <strong>und</strong> ich frohlocke bei einem<br />
zehntel des Preises für mich <strong>und</strong> meine „old Lady“.<br />
Zu allem Überfl uss darf/ soll ich mich ganz vorne vor<br />
allen an<strong>der</strong>en anstellen. Einmal pole position für die<br />
<strong>AWO</strong>.<br />
Auf <strong>der</strong> Fähre ganz vorne rechts schnalle ich meine<br />
Gafährtin <strong>wie<strong>der</strong></strong> fest. Und ab aufs Sonnendeck.<br />
Während <strong>der</strong> Überfahrt darf keiner auf dem Fahrzeugdeck<br />
sein. Jetzt hatte ich 4 St<strong>und</strong>en chillen <strong>und</strong><br />
ne Mütze voll Schlaf geplant. Es gibt aber viel zu<br />
viel zu erzählen mit den <strong>wie<strong>der</strong></strong> getroffenen Schweizer<br />
Leuten <strong>und</strong> dem MOL – Pärchen.<br />
Während des Ablegens aus dem Hafen stehen wir<br />
am Heck <strong>und</strong> schauen zu, wie sich das Festland<br />
langsam entfernt. Noch eine Kurve <strong>und</strong> dann geht’s<br />
los. Für Umweltschutzfanatiker müßen die schwarzen<br />
Abgaswolken, die beim hoch drehen <strong>der</strong> Maschinen<br />
aus beiden Schloten stoßen, eher nicht das<br />
16 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
Highlight <strong>der</strong> Reise sein. Man spürt förmlich die unheimliche<br />
Kraft, die das große Schiff immer schneller<br />
durch die ruhige See schiebt. Für mich Gänsekombi<br />
– Feeling. Bald sind wir auf offener See <strong>und</strong><br />
recht schnell unterwegs. Ich hab mich in <strong>der</strong> <strong>Mit</strong>te<br />
hingesetzt <strong>und</strong> beobachte wie das Schiff leicht von<br />
Backbord nach Steuerbord hin <strong>und</strong> her rollt. Die<br />
meisten Menschen schauen kurz <strong>und</strong> verschwinden<br />
schnell <strong>wie<strong>der</strong></strong> in <strong>der</strong> warmen Lounge. Das Festland<br />
<strong>und</strong> die Erhebungen an <strong>der</strong> Küste entlang, <strong>der</strong>en<br />
Spitzen durch eine tief hängende Wolkendecke verhüllt<br />
sind, werden kleiner. Ab <strong>und</strong> an schafft es ein<br />
Sonnenstrahl hindurch <strong>und</strong> gibt ein Schlaglicht auf<br />
einen <strong>der</strong> wie Wächter aufgereihten Berge.<br />
Ich fahre als letzter raus, habe so diesmal genug<br />
Zeit um mich anzuziehen <strong>und</strong> ein Einweiser verabschiedet<br />
mich noch mit für diese Uhrzeit sehr nettem<br />
(das galt mir ) <strong>und</strong> anerkennenden ( das galt<br />
<strong>der</strong> <strong>AWO</strong> ) Lächeln <strong>und</strong> einer Hand <strong>zum</strong> Gruß. Es<br />
ist zwischen halb <strong>und</strong> um 12 nachts <strong>und</strong> trotz einiger<br />
Wolken so hell, daß man ohne Probleme ohne Blitz<br />
fotografi eren kann. 2 Jungs, die vorbei kommen<br />
frage ich nach einer Unterkunft. Sie überlegen kurz,<br />
<strong>der</strong> eine holt ein Telefon raus <strong>und</strong> gibt mir eine Nummer<br />
von ihrem Kumpel, <strong>der</strong> im Restaurant Brygge in<br />
A, dem Ort mit nur einem Buchstaben arbeitet.<br />
Der ist tatsächlich um 0:00 noch zu erreichen <strong>und</strong><br />
so bekomme ich für 600NOK ( Lofoten – Touri<br />
– Son<strong>der</strong>kondition ) eine sehr schöne , saubere Unterkunft<br />
im westlichsten Ort ( gut, die vorgelagerten<br />
Ich bin gleichzeitig aufgekratzt, geschafft durch die<br />
über 320 km, die heute hinter mir liegen <strong>und</strong> tiefenentspannt<br />
durch den sonoren Klang <strong>der</strong> Maschinen<br />
<strong>und</strong> … DAS NORDMEER... Gut, daß ich die Motorradklamotten<br />
an behalten hab. So halte ich es eine<br />
ganze Weile alleine an Deck aus <strong>und</strong> keiner behelligt<br />
mich mit meinen Gedanken. Als die Inselkette<br />
<strong>der</strong> Lofoten in Sicht kommt, füllt sich das Deck trotz<br />
eisigen Windes <strong>wie<strong>der</strong></strong>. Kein W<strong>und</strong>er. Was mir dazu<br />
einfällt: FAHRT SELBER DORTHIN UND MACHT<br />
DIE AUGEN AUF. Man ist eben einfach überwältigt.<br />
Die <strong>Mit</strong>ternachtssonne ( die erste, die ich überhaupt<br />
in meinem Leben erblicke ) trägt ihren Teil zu diesem<br />
Spiel aus Wolken, Meer, Licht <strong>und</strong> Felsen bei.<br />
Grandios!<br />
Sorry an <strong>der</strong> Stelle, wenn ich mal bissl zu sehr ins<br />
schwärmen gerate, aber ich hab das echt so empf<strong>und</strong>en.<br />
Das entladen dagegen ist <strong>wie<strong>der</strong></strong> durch<br />
geschäftiges fuchteln <strong>und</strong> rangieren geprägt.<br />
Inseln Mosken, Vaeroy, Rost <strong>und</strong> Storfjellet gehören<br />
auch noch dazu ) <strong>der</strong> Lofoten in einem <strong>der</strong> dort typischen,<br />
Rorbu genannten , auf Pfählen stehenden<br />
Häusern. Die <strong>AWO</strong> darf direkt davor auf den Planken<br />
stehen. Vom Zimmer mit licht<strong>und</strong>urchlässigen<br />
Gardinen <strong>und</strong> malerischer Aussicht auf den Bootshafen<br />
beobachte ich noch kurz, wie die Jungs, die<br />
mir bei <strong>der</strong> Zimmerfi ndung behilfl ich waren Fische<br />
sortieren <strong>und</strong> ausnehmen. Übrigens hatte ich hier<br />
das beste Bett <strong>der</strong> Reise. Hatte ich das irgendwo<br />
schonmal geschrieben? Kann sein. Das kann auch<br />
nochmal vorkommen, da ich diesen Titel mehrmals<br />
hätte vergeben können! Da eigentlich ja schon Tag<br />
10 angebrochen ist, verschiebe ich den Service am<br />
Motorrad auf den Morgen <strong>und</strong> schlafe nach einer<br />
warmen Dusche, einem Schluck Wasser <strong>und</strong> ein<br />
paar Bissen Brot selig ein. Hätte nicht gedacht,<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
17
heute schon bis hierher zu kommen<br />
TECHNISCHES:<br />
leichtes klingeln beim Vollgas geben ( z.B. an Steigungen)<br />
… 98er Sprit <strong>und</strong> es hört sich besser an<br />
Ventilspiel geprüft … ok<br />
Motoröl aufgefüllt ,,, das ist jeden Tag wichtig, nachzusehen<br />
bei <strong>der</strong> Dauerbelastung auf den Motor<br />
TAG 10<br />
08.06.12 (327km) Start 10:00 A, Leknes, Svolvaer,<br />
Bogen<br />
Guten Morgen. Und es ist ein schöner, sonniger <strong>und</strong><br />
frischer Morgen. Am Haus gegenüber nisten viele<br />
Möwen <strong>und</strong> das Gezeter ist nicht zu überhören. Die<br />
roten blauen, gelben <strong>und</strong> weißen Häuser mit meist<br />
weißen Fenster – <strong>und</strong> Türeinfassungen leuchten in<br />
<strong>der</strong> Sonne <strong>und</strong> heben sich wie bunte Farbkleckse<br />
von <strong>der</strong> Umgebung ab. Die Inselkette präsentiert<br />
sich heute von ihrer „sanften“ Seite. Ich mache den<br />
Service heute etwas auf dem Präsentierteller, direkt<br />
vor dem Restaurant <strong>und</strong> dessen Insassen. Die gucken<br />
belustigt, als ich den Benzinkocher anmache<br />
<strong>und</strong> mein Im Nu – Wasser erhitze, während ich Öl<br />
auffülle <strong>und</strong> Ventilspiel kontrolliere. Hier ist Obacht<br />
geboten, denn durch die Ritzen <strong>der</strong> Planken kann<br />
sich Werkzeug <strong>und</strong> Kleinteile schnell auf Nimmer<strong>wie<strong>der</strong></strong>sehen<br />
nach unten verabschieden.<br />
Passend <strong>zum</strong> Gezeter <strong>der</strong> Möwen gesellen sich<br />
die lauten Stimmen von deutschen Touri´s die nicht<br />
grüßen, die <strong>AWO</strong> aber „geil“ fi nden. Einer schalmeit<br />
seinen Fre<strong>und</strong>en nach, sehr selbstsicher, auch mal<br />
was zu wissen: „Ey, das ist doch ne alte SIMMONS“.<br />
Aber wenigstens haben sie ihren Spaß ... „eat,<br />
sleep, go fi shing“ …<br />
Die Lofoten sind eine <strong>der</strong> Regionen, in denen<br />
man beson<strong>der</strong>s bei Kaiserwetter mit <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> nur<br />
schwierig voran kommt. Einfach weil man überall<br />
anhalten MUSS!!! Es gibt einfach um jede Ecke<br />
eine neue „schönste Aussicht“. Nicht ohne Gr<strong>und</strong><br />
wollen hier alle hin. Vielleicht mehr wegen <strong>der</strong><br />
fantastischen Landschaft als wegen dem Geruch.<br />
Überall hängen Fische zu h<strong>und</strong>erten <strong>zum</strong> trocknen<br />
an hölzernen Gestellen. Torfi sk. Manch ein zartes<br />
Näschen wird sich wohl dran stören, ich fi nds passend,<br />
Heute im Einkaufsladen hab ich mir mal eine<br />
Packung <strong>zum</strong> probieren geholt. Schmeckt nicht<br />
übel <strong>und</strong> ist sehr ges<strong>und</strong>. Nur das essen ist etwas<br />
schwierig, weils hart ist.<br />
Unterwegs mache ich Halt an einer Bucht mit<br />
richtig weißem Sandstrand. Zum Baden lädt die<br />
kalte Luft zwar nicht ein, aber für ein Foto reichts.<br />
Ich hatte mich auch in letzter Zeit über ein geringes<br />
kippeln des Beiwagens gew<strong>und</strong>ert. Heute sehe<br />
ich die Ursache: <strong>der</strong> obere Befestigungspunkt des<br />
Beiwagens ist locker. Ein kurzer Halt an einem<br />
Bauernhof mit Milchvieh <strong>und</strong> dem größten Schlepper,<br />
den ich auf den Lofoten sehen konnte ( ein<br />
John Deere 6930 ähnlich meinem eigenen). Werkzeug<br />
raus, Auge festgezogen, Werkzeug rein, Foto<br />
machen, weiter.<br />
In einem größeren Ort ( bin nicht mehr sicher ob<br />
Leknes o<strong>der</strong> Svolvaer ) hole ich mir in einem expert<br />
– Elektroladen einen Speicherstick <strong>und</strong> lasse mir<br />
gleich <strong>wie<strong>der</strong></strong> alle Bil<strong>der</strong> sichern. Auf meine Frage<br />
was ich für die Datensicherung schuldig bin, lächelt<br />
er <strong>und</strong> meint „this service is for free“. Dafür war <strong>der</strong><br />
Stick ja teuer genug. Auf dem Parkplatz dann die<br />
erste Fehlzündung in Skandinavien. Zwei Frauen,<br />
die zufällig hinter mir entlang liefen: Schock. Zwei<br />
Männer, bei <strong>der</strong> <strong>Mit</strong>tagspause, die am Eingang vor<br />
mir standen: Freude <strong>und</strong> Daumen hoch. Ein kurzes<br />
„sorry“ zu den Damen <strong>und</strong> ich fahre los. Unterwegs<br />
mache heute mal ein kleines <strong>Mit</strong>tagsschläfchen an<br />
einer Haltebucht zu Füßen des Moysalen Nationalparks.<br />
Ruck zuck bin ich weggenickt. Als die Sonne<br />
hinter einer Wolke verschwindet, wird’s etwas<br />
frischer um die Nase <strong>und</strong> ich werde munter. Eine<br />
halbe St<strong>und</strong>e reicht <strong>und</strong> frisch geht’s weiter.<br />
18 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
Es fährt sich gut heute, aber die Eindrücke <strong>der</strong><br />
Lofoten, welche ich nun fast hinter mir lasse tun<br />
das ihre <strong>und</strong> so ist die Müdigkeit bald <strong>wie<strong>der</strong></strong> da.<br />
In Bogen, einem kleinen direkt an <strong>der</strong> E10, <strong>und</strong><br />
schön an einem Ausläufer des Ofotfjords gelegenen<br />
Örtchen fahre ich zunächst vorbei, weil ich keine<br />
Lust auf Hotel hab. Etwas weiter sehe ich dann ein<br />
im Umbau begriffenes ehemaliges Wirtshaus, an<br />
dem „Rom“ <strong>und</strong> „Hostel“ steht. Das passt mir besser.<br />
Vor dem Haus auf einer Bank sitzen 2 Männer <strong>und</strong><br />
diskutieren angeregt.<br />
Einer gibt sich schmunzelnd als Besitzer zu erkennen,<br />
um mir gleich einen Platz anzubieten. Ein paar<br />
Minuten später bin ich voll ins Gespräch integriert<br />
<strong>und</strong> meine Unterkunft ist zweitrangig, da er sowieso<br />
was frei hat. Es geht um norwegische Wasserkraft,<br />
deutschen Atomstrom, die verlogene Politik <strong>und</strong> was<br />
wäre, wenn alles zusammenbricht. Nebenbei zeigt<br />
er mir stolz seinen alten rostigen Bolin<strong>der</strong> – Munktell<br />
Traktor <strong>und</strong> berichtet, <strong>der</strong> Präsident vom „Rolling<br />
Anarchy“ - Motorradklub aus Moskau <strong>und</strong> seine<br />
Kumpels die hier einmal übernachtet haben, hätten<br />
den Trekker toll gef<strong>und</strong>en. Da aber kein Logo mehr<br />
auf <strong>der</strong> Motorhaube war, haben sie einen Klubaufkleber<br />
an <strong>der</strong> Stelle draufgeklebt, als Erinnerung<br />
. Eine St<strong>und</strong>e später ( gefühlte 10 min ) liegen meine<br />
Klamotten immer noch so rum, als wäre ich gerade<br />
erst angekommen. Nun aber fi x, ehe <strong>der</strong> Einkaufsladen<br />
zu macht, etwas zu essen holen <strong>und</strong> Bargeld<br />
von <strong>der</strong> Minibank. Er nimmt mich mit, wir einigen<br />
uns auf 350 NOK <strong>und</strong> ich hole ihm das bare.<br />
Ich kaufe Torfi sk <strong>zum</strong> probieren <strong>und</strong> 2 Flaschen<br />
Wasser . Er fi ndet gut, daß ich den getrockneten<br />
Fisch genommen hab, lacht aber beim Wasser<br />
<strong>und</strong> meint, daß in Norwegen nur Touristen Wasser<br />
kaufen würden. Wie<strong>der</strong> zurück, bekomme ich mein<br />
Zimmer zugewiesen. Ein wirklich gemütliches kleines<br />
Räumchen mit Bett, knuffi gem Le<strong>der</strong>sessel <strong>und</strong><br />
Panoramablick ( Schon <strong>wie<strong>der</strong></strong>? JA! Schön! ) auf<br />
den Fjord. Wenn man hier nicht die Seele baumeln<br />
lassen kann, wo dann.<br />
Beim Abendbrot mit Torfi sk, Kaviar, Kartoffelbrot,<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
Tee <strong>und</strong> Butterkeksen bringt <strong>der</strong> Herr des Hauses<br />
die nächsten Gäste herein. Tschechen, hier Angelurlaub<br />
machen wollen, aber fälschlicherweise im<br />
„HOTEL Bogen“ Einlass begehrten. Dort wurden<br />
sie abgelehnt, ohne in Kenntnis gesetzt zu werden,<br />
daß es ja auch noch das „HOSTEL Bogen gibt“. Ich<br />
höre, wie <strong>der</strong> Mann seinen Gästen erzählt, daß es<br />
auch hier im Fjord reiche Fischschwärme gäbe. Ein<br />
deutscher Tourist hätte eben erst gestern nahe <strong>der</strong><br />
kleinen Insel Delphine gesehen <strong>und</strong> das wäre ein<br />
sicheres Zeichen für guten Fisch.<br />
Die Tschechen sind sichtlich begeistert <strong>und</strong> machen<br />
gleich aus, auf dem Heimweg <strong>wie<strong>der</strong></strong> vorbei <strong>und</strong><br />
noch ein, zwei Tage länger zu bleiben, um hier zu<br />
fi schen. Die Ruhe ist zwar durch meine glaube ich<br />
feiernden tschechischen Nachbarn nicht mehr ganz<br />
so durchdringend, aber dennoch schlafe ich nach<br />
wenigen Takten „Schiller“ zufrieden ein.<br />
TECHNISCHES:<br />
oberes Befestigungsauge beim Beiwagen locker …<br />
festgezogen<br />
Reifen hinten nimmt beachtlich schnell ab … weiterfahren<br />
<strong>und</strong> beobachten<br />
eine Speiche vorn gebrochen, nur durch Ausfall des<br />
digitalen Tachos bemerkt, da ausgerechnet dort <strong>der</strong><br />
Gebermagnet dran war … gewechselt ( eine von<br />
Bastis Speichen aus Danewitz 2011. Danke Basti )<br />
Öl<br />
TAG 11<br />
09.06.12 (380km) Start 6:25 Bogen, Setermoen,<br />
Olsborg, Nordkjosbotn, Tromsö, Nordkjosbotn, Skibotn<br />
Dieser Morgen beginnt mal völlig an<strong>der</strong>s. Als ich los<br />
möchte; es ist kühl am Fjord <strong>und</strong> ich bin dick eingemummelt;<br />
will SIE nicht. Ich trete <strong>und</strong> trete aber<br />
außer ein paar kurzen Zündungen passiert nichts.<br />
Na doch, denn sie säuft ab. Werkzeug raus holen?<br />
Kerze trocknen? Boah ist das warm hier am Fjord...<br />
19
keine Lust... will los. Also anschieben.<br />
Die Straße geht bergab, aber bis zur Straße ist noch<br />
ein Stück <strong>und</strong> das geht nicht bergab. Ich dampfe<br />
jetzt schon. Endlich auf <strong>der</strong> Straße, anschieben ...<br />
sofort läuft sie; drauf geschwungen <strong>und</strong> weiter. Ich<br />
merke schon, wie ich innerlich schmelze. Nach vielleicht<br />
3 km halte ich an <strong>und</strong> MUSS mich ausziehen.<br />
Merke: Kerzenschlüssel immer griffbereit halten.<br />
Anschieben ist auch sonst nicht gut für den Antrieb.<br />
Außerdem ist man ja im Urlaub <strong>und</strong> nicht auf <strong>der</strong><br />
Flucht. Blö<strong>der</strong> Heini, denke ich noch, über meine<br />
Faulheit erschüttert <strong>und</strong> mache zur Strafe ne extra<br />
lange Pause. Danach ist alles <strong>wie<strong>der</strong></strong> ok. Die <strong>AWO</strong><br />
springt wie gewohnt an <strong>und</strong> ich bin auch <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
„abgelüftet“. Nie <strong>wie<strong>der</strong></strong> anschieben!<br />
An <strong>der</strong> nächsten Tankstation in Nordkjosbotn tanke<br />
ich, genehmige mir eine Käsebratwurst mit Schinken<br />
<strong>und</strong> frittierten Zwiebeln <strong>und</strong> frage nach einem<br />
Reifenladen in <strong>der</strong> Nähe. Die Verkäuferin meint,<br />
Tromsö. Upps, das liegt ja nicht gerade auf meinem<br />
Weg … aber … wir haben ja Zeit . Also auf nach<br />
Tromsö.<br />
Der Weg dorthin ist gut ausgebaut <strong>und</strong> … hatte ich<br />
schon erwähnt, daß die Natur umwerfend schön ist<br />
Ich versuche, mich durch die Stadt zu schlängeln<br />
<strong>und</strong> fahre durch die zweite Verbindung <strong>zum</strong> Festland.<br />
Wenn keine Brücke, was kanns in Norwegen<br />
sonst sein, als … EIN TUNNEL .... . Der „Motorradclub“<br />
befi ndet sich in Sichtweite <strong>der</strong> Eismeerkathedrale<br />
<strong>und</strong> entpuppt sich als wahrscheinlich nördlichster<br />
Außenposten <strong>der</strong> „Hells Angels“ .<br />
Die Tür ist zu. Vorsichtig ;-) drücke ich die Klingel<br />
<strong>und</strong> es öffnet ein langhaariger Kerl mit Brille die Tür.<br />
Ich erzähle ihm von meinem Reifenproblem <strong>und</strong> er<br />
schaut sich interessiert die <strong>AWO</strong> an. Kurz entschlossen<br />
nimmt er mich mit rein <strong>und</strong> kocht mir einen Kaffee,<br />
während er für mich mit <strong>Hin</strong>z <strong>und</strong> Kunz wegen<br />
einem passenden Pneu telefoniert. Nach ca. einer<br />
halben St<strong>und</strong>e gibt er auf, entschuldigt sich <strong>und</strong><br />
meint, es wäre Samstag Nachmittag <strong>und</strong> hier wäre<br />
da eben alles schon geschlossen. Ich bringe meinen<br />
Dank <strong>zum</strong> Ausdruck <strong>und</strong> verabschiede mich. Er<br />
wünscht mir noch ne gute Reise <strong>und</strong> schließt hinter<br />
mir <strong>wie<strong>der</strong></strong> ab, wegen <strong>der</strong> Polizei, wie er meint.<br />
Bisher bin ich ja fast keinen Weg doppelt gefahren.<br />
Die knapp 70 km zurück nach Nordkjosbotn sind<br />
zwar <strong>der</strong> gleiche Weg, nur kommt es einem vor,<br />
als ob man noch nicht da lang gefahren wäre. Die<br />
Landschaft zeigt mir jetzt das Gesicht, was sonst<br />
nur mein Rücklicht zu sehen bekommt. Wie<strong>der</strong> in<br />
Nordkjosbotn hole ich mir in dem Markt neben <strong>der</strong><br />
Tankstelle etwas Seelennahrung; einen Energieriegel,<br />
einen Daim - Krokantriegel <strong>und</strong> einen Smoothie.<br />
Dann telefoniere ich mit Anja <strong>und</strong> den Kin<strong>der</strong>n.<br />
Zu Hause ist alles so weit in Ordnung. Bis auf ein<br />
paar Streitereien bei den Kin<strong>der</strong>n geben sich doch<br />
alle Mühe, Frieden zu halten, wenn <strong>der</strong> Papa schon<br />
so lange weg sein muss. Anja zeigt zu Hause immer<br />
schön auf <strong>der</strong> Karte, wo ich gerade bin <strong>und</strong> Oma<br />
<strong>und</strong> Opa verfolgen alles im Atlas. Manchmal gibt sie<br />
mir auch dienliche <strong>Hin</strong>weise. So auf <strong>der</strong> RV17, als<br />
ich ohne Karte fuhr o<strong>der</strong> jetzt, dass ich von Tromsö<br />
mit <strong>der</strong> Fähre schneller über den Sörfjord gekommen<br />
wäre, als <strong>wie<strong>der</strong></strong> die E8 zurück. Diese Art fernmündlicher<br />
Unterstützung fi nde ich sehr angenehm.<br />
… bis Tromsö sind es trotzdem an die 70 km. Schon<br />
von weitem sieht man die schmale, stelzbeinige<br />
Brücke, welche die Innenstadt <strong>und</strong> das Festland<br />
verbindet. Davor steht wie ein verkehrt herum in den<br />
Boden gesteckter Eiszapfen die Eismeerkathedrale.<br />
Diese umr<strong>und</strong>e ich <strong>und</strong> ein paar verw<strong>und</strong>ert drein<br />
blickende Passanten machen mich stutzig; oje, in<br />
eine gesperrte Straße rein gefahren, Sorry. Noch<br />
schnell ein Bild: „Eiszapfenkathedrale mit <strong>AWO</strong>“ <strong>und</strong><br />
schwupp, über die Brücke in die City. Dort pulsiert<br />
das Leben.<br />
Einen jungen Mann an <strong>der</strong> Tankstelle spreche ich<br />
wegen einem Reifenladen an. Er zeigt mir auf <strong>der</strong><br />
Karte einen Reifenladen <strong>und</strong> auch einen „Motorradclub“,<br />
meint aber auch, es könne Samstag Nachmittag<br />
schwierig werden, weil alle Geschäfte zu hätten.<br />
20 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
Auf <strong>der</strong> eingeschlagenen Route wird die E8 zur E6<br />
<strong>und</strong> wir bewegen uns jetzt schon ganz schön weit<br />
nördlich. Noch ist nicht abzusehen, daß irgendwann<br />
die Straßen nur noch <strong>wie<strong>der</strong></strong> runter nach Süden<br />
führen <strong>und</strong> … ich fi nde das fabelhaft. … .<br />
Es geht entlang <strong>der</strong> Ostseite des Storfjords. Skibotn<br />
bietet mir <strong>wie<strong>der</strong></strong> eine Möglichkeit, Benzin zu fassen,<br />
was ich auch tue. Meine Gedanken sind aber abgelenkt,<br />
weil sich genau gegenüber ein Hof befi ndet,<br />
wo ein Bauer Heu aus <strong>der</strong> Scheune holt <strong>und</strong> in eine<br />
Presse gabelt. Da ich auf Gr<strong>und</strong> meiner Reise ( die<br />
Zeit kleine Bündel zu pressen war zu knapp <strong>und</strong><br />
so haben wir nur große Qua<strong>der</strong>, die wir bei Bedarf<br />
aufl ösen <strong>und</strong> pressen möchten) dieses „stationäre“<br />
System zu Hause auch einsetzen möchte, mache<br />
ich kehrt <strong>und</strong> fahre auf <strong>der</strong> gegenüberliegenden<br />
Seite in die Hofeinfahrt. Jetzt halte ich auch noch<br />
die Leute von ihrer Arbeit ab. Sowas!<br />
Der Mann ist schätze ich <strong>Mit</strong>te – Ende 50 sehr nett,<br />
kann gut englisch, macht gleich die Maschine aus<br />
<strong>und</strong> wir kommen schnell in Fachgespräche. Seine<br />
Frau guckt um die Scheunenecke, wer zu Besuch<br />
ist <strong>und</strong> kommt kurz darauf mit ihrer Schwägerin<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong>. Diese meint, ich solle ihr mit dem Motorrad<br />
folgen <strong>und</strong> mit <strong>zum</strong> Kaffee kommen. Ich bin etwas<br />
verunsichert <strong>und</strong> fahre langsam hinterher.<br />
Sie stellt sich als Anny vor <strong>und</strong> ruft auch ihren Mann<br />
Oddm<strong>und</strong> herbei. Sogleich gibt’s <strong>wie<strong>der</strong></strong> viel zu erzählen<br />
<strong>und</strong> bald ist auch <strong>der</strong> Kaffee fertig. Es stehen<br />
noch so einige an<strong>der</strong>e lokale Leckereien auf dem<br />
Tisch ( eine Art Knäckebrot, Moltebeerenmarmelade,<br />
<strong>und</strong> Prim, sowas wie etwas süßlich schmecken<strong>der</strong><br />
Käse <strong>zum</strong> aufs Brot streichen, von dem Anny sagt<br />
sie würden selten ohne dieses „Zeug“ verreisen)<br />
<strong>und</strong> ich soll doch zugreifen, nach <strong>der</strong> langen Reise.<br />
Das Häuschen ist wirklich schön <strong>und</strong> gemütlich.<br />
Rasch sind zwei St<strong>und</strong>en verquatscht <strong>und</strong> sie<br />
wollten doch noch etwas tun. Natürlich wäre es jetzt<br />
zu spät <strong>zum</strong> weiter fahren <strong>und</strong> ich könne hier natürlich<br />
übernachten. Anny möchte auf dem Gr<strong>und</strong>stück<br />
Löcher mit Erde ausfüllen, damit die Wiese schön<br />
eben wird. Während ich ihr dabei helfe, schneidet<br />
Oddm<strong>und</strong> mit seinem mobilen Sägegatter Bretter für<br />
die Sanierung einer alten Hütte zurecht. Sie meint<br />
noch, sie müßte mich für meine Arbeit bezahlen.<br />
Als ich meine, soweit kommt es noch, daß sie mich<br />
aufnehmen <strong>und</strong> noch dafür bezahlen, <strong>und</strong> wenn das<br />
so wäre, müße ich sofort aufbrechen lacht sie nur.<br />
Thema abgehakt :-) .<br />
Als die Arbeit geschafft ist, sehe ich mir das Sägegatter<br />
an <strong>und</strong> mache den täglichen <strong>AWO</strong> – Service.<br />
Anny geht Abendbrot vorbereiten.<br />
Wie ich meinen Wal möchte, fragt sie, gegrillt o<strong>der</strong><br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
21
mit heller Soße. Ehe ich was sagen kann meint sie,<br />
wir machen einfach beides. Da kannst du kosten,<br />
was besser schmeckt. Wow. Es gibt was? Wal? Hier<br />
werde ich völlig unaufgefor<strong>der</strong>t eingeladen, darf<br />
übernachten, bekomme in Gesprächen so viele<br />
Informationen, wie ich kaum aufnehmen kann <strong>und</strong><br />
werde auch noch mit lokalen Delikatessen verwöhnt?<br />
Das klingt alles wie ausgedacht, fühlt sich<br />
aber verdammt echt an!!! Wenn sich mir die Gedanken<br />
jetzt noch im Kopf drehen, kann ichs selber<br />
kaum glauben …<br />
gelassen. Viele starben <strong>und</strong> wurden, weil die Erde<br />
gefroren war, unter <strong>der</strong> Straße verscharrt. Dieser<br />
Pfad dient heute dem Gedenken.<br />
Tief bewegt hat mich auch, als Anny sichtlich bedrückt<br />
von einem Spaziergang auf diesem Weg<br />
erzählt. Sie sind sich sehr <strong>der</strong> Bedeutung um diesen<br />
Weg bewußt. Während sie gehen, bekommen sie<br />
von einem ihrer Kin<strong>der</strong> einen erschütternden Anruf.<br />
Sie werden informiert, daß ein Norweger namens<br />
Breivik in Oslo Gebäude in die Luft gejagt hat <strong>und</strong><br />
sehr viele Menschen, darunter auch Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
Jedenfalls gibt’s Wal mit Gemüse <strong>und</strong> roten Kartoffeln.<br />
Beide Zubereitungsformen sind äußerst lecker<br />
<strong>und</strong> völlig überraschend im Geschmack. Von Aussehen<br />
<strong>und</strong> Konsistenz her würde ich es zwischen Rind<br />
<strong>und</strong> Schwein einordnen <strong>und</strong>, obwohl es ein Säugetier<br />
ist kommt ein feiner Fischgeschmack durch.<br />
Alles in allem ein für mich einzigartiges Geschmackserlebnis.<br />
Preiselbeeren <strong>und</strong> Rotwein dürfen nicht<br />
fehlen.<br />
Bei essen, trinken <strong>und</strong> unterhalten vergehen St<strong>und</strong>en<br />
in Minuten. Auch sogenannte Tabuthemen wie<br />
Walfang <strong>und</strong> 2. Weltkrieg sprechen wir ganz normal<br />
an <strong>und</strong> es gibt keinerlei Irritationen, auch wenn<br />
ich <strong>zum</strong> Ausdruck bringe, dich es, wie die beide<br />
übrigens auch, gut fi nde, daß Walfang strengstens<br />
reglementiert ist.<br />
Ich erfahre auch, daß hier die fi nnische Kultur größeren<br />
Einfl uß hat, weil vor langer Zeit in Finnland<br />
eine große Hungersnot herrschte <strong>und</strong> viele Finnen<br />
sich retteten, indem sie in Richtung Küste zogen.<br />
Auch hier haben die Deutschen tiefe Narben hinterlassen.<br />
Es wurden ohne Gnade die Leute vertrieben<br />
o<strong>der</strong> umgebracht <strong>und</strong> alles Vieh getötet, sowie alle<br />
Häuser verbrannt <strong>und</strong> Bäume abgeholzt. Zweck<br />
dieser „Aktion“ sollte sein, den „feindlichen“ Truppen<br />
nichts als verbrannte Erde ohne Möglichkeit des Unterschlupfes,<br />
<strong>der</strong> Nahrungsbeschaffung o<strong>der</strong> etwa<br />
sogar des Zuspruches <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hilfe <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
zu hinterlassen. Es gibt hier hauch eine Passstraße,<br />
die „<strong>der</strong> Blutweg“ genannt wird. Sie wurde<br />
im Krieg durch die Nazis von Gefangenen errichten<br />
Jugendliche gezielt ermordet hat, offensichtlich aus<br />
rassistischen <strong>Hin</strong>tergründen. Sie kann nicht ausdrücken,<br />
was für Gefühle sie dort hatten, aber ich sehe<br />
es ihnen an <strong>und</strong> schweige auch.<br />
Es gibt aber auch schöne Themen. Ich erzähle viel<br />
von <strong>der</strong> Landwirtschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> Familie.<br />
Anny holt noch ein Buch heraus, in das ich etwas<br />
schreiben soll. Es ist spät, aber natürlich nicht<br />
dunkel geworden. Ich bedanke mich nochmals für<br />
die Gastfre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> erzähle, daß wir zeitig<br />
aufbrechen wollen. Es folgt eine kurze Erklärung,<br />
wo ich alles mögliche zu essen fürs Frühstück fi nde<br />
<strong>und</strong>, daß sie die Tür offen lassen. Ich könne mich<br />
dann selber kümmern. Abschließend gibt es noch<br />
eine Einladung, je<strong>der</strong>zeit <strong>wie<strong>der</strong></strong> herkommen zu<br />
dürfen <strong>und</strong> Adressen <strong>und</strong> Telefonnummern werden<br />
getauscht. Sie unterschreiben noch auf meinem<br />
„Tour – T-Shirt“ <strong>und</strong> dann ziehe ich mich in die Hütte<br />
zurück. In meinem Tagebuch ist heute die Schrift<br />
recht unleserlich, weil ich gegen die zu fallenden<br />
Augen ankämpfe. Sollte ich besser morgens die<br />
Aufzeichnungen machen?<br />
TECHNISCHES:<br />
ein wenig Öl vom Entlüfterdrehschieber steht im<br />
Lichtmaschinendeckel .. gereinigt<br />
Luftfi lter gereinigt <strong>und</strong> bissl eingeölt<br />
Magnet gereinigt<br />
Zündkerze gereinigt<br />
Vorn <strong>wie<strong>der</strong></strong> eine Speiche gebrochen … gewechselt<br />
22 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
TAG 12<br />
10.06.12 (485km) Gesamtstrecke 4962km Start<br />
6:30 Skibotn, Sorstraumen, Alta, Hammerfest<br />
Als ich <strong>wie<strong>der</strong></strong> den Helm aufsetze <strong>und</strong> noch schnell<br />
mein Benzinbuch einschreibe ( 10,1 l bei 4655 km )<br />
trottelt er <strong>wie<strong>der</strong></strong> von dannen.<br />
Irgendwo zwischen Sorstraumen <strong>und</strong> Alta mache<br />
ich bei einer Red Bull – Pause eine Entdeckung.<br />
Das Seitenwagenboot fängt hinten an <strong>der</strong> letzten<br />
Schraube mit <strong>der</strong> <strong>der</strong> Kotfl ügel befestigt ist an, zu<br />
reißen. Beim Schraubertag in Kamenz hatte ich bei<br />
einem Sportawogespann schon eine Verstrebung<br />
vom Bodenblech <strong>zum</strong> äußeren Ende des Kotfl ügels<br />
gesehen <strong>und</strong> wollte das noch bei mir anbauen. Aber,<br />
Kopp wie Sieb,,, vergessen. Und nun reißts.<br />
Ich wühle mein Werkzeug <strong>und</strong> die Ersatzteile nach<br />
irgendetwas durch <strong>und</strong> fi nde nur ein größeres Stück<br />
Flacheisen. Es ist meine selbst gebaute hintere<br />
Auspuffhalterung in extra schwerer Ausführung. Das<br />
wird doch nix, denke ich noch <strong>und</strong> halte mal aus<br />
Spaß <strong>und</strong> weil auch nix an<strong>der</strong>es da ist, das leicht<br />
Gemütlich geht’s los. Heut hab ich die Ruhe weg.<br />
Erstmal schön frühstücken, waschen, Zähne putzen<br />
usw. . Dann packe ich alles zusammen <strong>und</strong><br />
fahre „leise“ vom Hof . Es war schön bei euch! Heut<br />
fröstelts mich obwohl 8-10°C sind ein bisschen.<br />
Was steht heute auf dem Programm: fahren, fahren,<br />
fahren. Die E6 schlängelt sich an <strong>der</strong> Küste entlang.<br />
In Sorstraumen freue ich mich schon auf einen<br />
Tankstopp mit Kakao. Der Kakao muß ausfallen, da<br />
<strong>der</strong> Laden geschlossen ist. Also gibts Automatenbenzin<br />
<strong>und</strong> ein paar leckere r<strong>und</strong>e Wikana – Butterkekse<br />
(die leckersten die ich kenne ), die Lukas mir<br />
von seinem eigenen Taschengeld gekauft <strong>und</strong> „für<br />
schlechte Zeiten“ mitgegeben hat.<br />
Das Dorf besteht aus wenigen, verstreut liegenden<br />
Häusern. Aus einem in <strong>der</strong> Nähe kommt ein großer<br />
weißer H<strong>und</strong> auf mich zu. Erst schnuppert er an<br />
<strong>der</strong> <strong>AWO</strong>, kommt dann aber doch zu mir <strong>und</strong> wir<br />
knuddeln eine Weile. Ob er mich versteht, wenn ich<br />
deutsch mit ihm rede, weiß ich nicht.<br />
gebogene Stück Eisen an die Stelle, wo es hin<br />
kommen soll. Mich trifft <strong>der</strong> Schlag. Das Teil passt<br />
!!!! Die Löcher, die Länge, die Biegung. Ich werd<br />
verrückt. Hätte ich ein Ersatzfl acheisen für eben<br />
diese Kotfl ügelhalterung bauen müßen, hätte es<br />
genauso aussehen müßen. Ein kleiner Freudentanz<br />
bleibt nicht aus. Zufälle gibt’s, die gibt’s gar nicht.<br />
Dafür, daß ich eigentlich nichts dafür mit hatte, war<br />
die Reparaturdauer von 15 min inklusive Red Bull<br />
trinken, Sachen aus- <strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> einräumen <strong>und</strong><br />
Freudentanz sehr angemessen.<br />
Nächster Halt : Alta am Altafjord. Die größte Stadt<br />
im hohen Norden Norwegens. An einer Tankstelle<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
23
weich sich das anfühlt. Sie stammt aus Karasjok,<br />
erzählt mir mit Stolz, daß sie den Betrieb von ihrem<br />
Vater übernommen hat <strong>und</strong> die Felle von ihren eigenen<br />
Herden stammen <strong>und</strong> selbst gegerbt sind. Ein<br />
kleines Fell kostet um die 500 NOK, ein superschönes<br />
großes möchte sie mir nicht für unter 650 NOK<br />
überlassen. Lei<strong>der</strong> habe ich viel zu wenig Bargeld<br />
dabei <strong>und</strong> bis Alta zurück <strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> hin ist auch ne<br />
St<strong>und</strong>e weg. Schade.<br />
Hammerfest ist ein größerer Umweg <strong>und</strong> als ich den<br />
etwas heruntergekommenen Hüttenpark sehe <strong>und</strong><br />
bemerke, daß die ganze Stadt mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
eine riesige Baustelle ist, bekomme ich meine<br />
Zweifel, obs die insgesamt 100 km Umweg wert<br />
war. Ich tanke, fahre eine schmale Straße zwischen<br />
Wohnhäusern den Berg hinauf, bis es nicht weiter<br />
geht. <strong>und</strong> komme doch noch auf meine Kosten. Ein<br />
w<strong>und</strong>ervoller Blick auf die Stadt, den Hafen <strong>und</strong> den<br />
rede ich mit einer Gruppe „Gummikuhfahrer“ <strong>der</strong>en<br />
Sprache bayrisch klingt <strong>und</strong> die etwas ungläubig<br />
meine „alte Dame“ beäugen. Sie kamen über<br />
Schweden hinauf <strong>und</strong> hatten mehrere Tage hintereinan<strong>der</strong><br />
Dauerregen. Ähnlich erging es ihnen am<br />
Kap; Nebel, 2 °C, Wind. Die Motivation hatte schon<br />
etwas nachgelassen <strong>und</strong> alle hofften auf besseres<br />
Wetter <strong>und</strong> mehr Erlebnisse in Norge.<br />
Ich ermuntere sie etwas mit guten Aussichten, wünsche<br />
gute Fahrt <strong>und</strong> sie summen davon.<br />
Kurz darauf spricht mich ein Pärchen aus Holland<br />
an, das auch mit den Bikes hier ist <strong>und</strong> richtig Pech<br />
hatte. Bei <strong>der</strong> einen Maschine ist die Telegabel<br />
kaputt, bei <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> Reifen platt. Deshalb<br />
sind sie scharf auf meinen Ersatzreifen. Der passt<br />
nicht wirklich auf ihre Triumph <strong>und</strong> es ist <strong>wie<strong>der</strong></strong>mal<br />
Sonntag <strong>und</strong> alle in Frage kommenden Läden haben<br />
zu. So sitzen sie halt in Alta fest. Wir wünschen<br />
uns gegenseitig alles Gute <strong>und</strong> ich knatter los in<br />
Richtung Innenstadt. Hammerfest <strong>und</strong> <strong>Nordkap</strong> sind<br />
ausgeschil<strong>der</strong>t.<br />
Die Stadt wird hinter uns kleiner <strong>und</strong> die Landschaft<br />
verän<strong>der</strong>t ihr Gesicht. An dieser Stelle wi<strong>der</strong>spreche<br />
ich allen, die sagen es wäre langweilig, öde <strong>und</strong><br />
gäbe nichts zu sehen. Das verstehe ich nicht. Leute,<br />
dann setzt die Filzbrille ab! Auch diese Landschaft<br />
ist sehr reizvoll, allerdings auf ihre ei(-gene)sige<br />
Art. Man wird nicht mehr so von den Eindrücken<br />
erschlagen, muß mehr im Kleinen schauen, entdeckt<br />
dann dafür aber so manche Überraschung.<br />
Die Artenvielfalt hier ist erstaunlich, aber eben eine<br />
Dimension kleiner. Unterwegs halte ich an einer<br />
Hütte an, wo eine Frau mit zwei H<strong>und</strong>en Rentierfelle<br />
<strong>und</strong> Souvenirs verkauft. Bis dahin hatte ich die<br />
Felle noch lebend in <strong>der</strong> Natur rum rennen gesehen<br />
<strong>und</strong> bin jetzt sehr positiv überrascht, wie warm <strong>und</strong><br />
Storoys<strong>und</strong> mit <strong>der</strong> kleinen Insel Haja entschädigen<br />
mich für die „Extratour“ Ich verweile ein paar Minuten<br />
<strong>und</strong> lasse mir den Wind um die Ohren fegen.<br />
Für einen kleinen Moment öffnet sich die Wolkendecke<br />
<strong>und</strong> läßt einen Strahl Sonnenlicht auf das<br />
leicht gekräuselte Wasser fallen. Zack, das schönste<br />
Bild von Hammerfest ist im Kasten <strong>und</strong> schon<br />
zieht es sich <strong>wie<strong>der</strong></strong> zu. Durch Straßenbaustellen<br />
<strong>und</strong> viel Verkehr manövriere ich durch die „nördlichste<br />
Stadt“ Europas. Eigentlich wollte ich heute<br />
mal ein Hotelzimmer nehmen, doch mir kommt<br />
nichts in die Quere, was mir so auf Anhieb gefällt.<br />
Also verlasse ich die Stadt. An einem Eisbären aus<br />
Plastik wird die <strong>AWO</strong> nochmal schnell für ein Foto<br />
platziert. Beim nächsten Haus an dem „Rom“ steht,<br />
klingle ich, um nach Unterkunft zu fragen. Niemand<br />
da. Das Zelt ruft schon aus dem Beiwagen: „Nimm<br />
mich! Zelte mal <strong>wie<strong>der</strong></strong>. Vor allem hier, so nördlich<br />
wies kaum nördlicher geht!“ Tatsächlich fi nden wir<br />
ein schönes Plätzchen mit herrlichem Blick auf das<br />
Wasser, die Insel Soroya <strong>und</strong> die schneebedeckten<br />
Spitzen <strong>der</strong> Berge.<br />
24 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
Vögel beobachten konnte, die es in <strong>Mit</strong>teleuropa<br />
nur äußerst selten zu sehen gibt. Ihr Highlight auf<br />
<strong>der</strong> Reise, einen Gerfalken in seiner natürlichen<br />
Umgebung vor das Fernglas zu bekommen. Etwas<br />
später verabschieden wir uns scherzhaft „vorläufi g“.<br />
<strong>Mit</strong> Sicherheit trifft man sich nochmal. Der Tag klingt<br />
aus bei einem Emailletippel Tee <strong>und</strong> einem Dokumentarfi<br />
lm ohne Sprecher über Nordnorwegen, <strong>der</strong><br />
live direkt vor meinem Zelt <strong>und</strong> ohne Werbepause<br />
abgespielt wird.<br />
Hach … Ja... richtige Entscheidung. In zweih<strong>und</strong>ert<br />
Metern Entfernung verläuft die Straße, Knapp 1 km<br />
bis zur nächsten Hütte <strong>und</strong> 100m weiter weidet<br />
eine Herde Rentiere, neugierig näher kommend. An<br />
einer geraden Stelle schlage ich das Zelt auf <strong>und</strong><br />
merke, daß ich heute ein Himmelbett haben werde.<br />
Das Zelt steht auf total dichtem, weichem, grünem<br />
Bewuchs. Das sieht saftig aus <strong>und</strong> ich glaube, die<br />
Rentiere fressen das gerne.<br />
Das Zelt steht, die <strong>AWO</strong> hat ihre wohlverdiente tägliche<br />
Pfl ege, ist schon zugedeckt <strong>und</strong> schläft friedlich,<br />
so wie ich auch gleich. Der Benzinkocher gibt schon<br />
wohlige Wärme ab <strong>und</strong> wartet, daß ich mir den Tee<br />
ausgesucht hab. Thüringer 9 – Kräuter muß es<br />
heute sein.<br />
Plötzlich hupt es <strong>und</strong> ich sehe Leute aussteigen <strong>und</strong><br />
winken. Als ich an näher komme, sind die Schweizer<br />
zu erkennen. Ich freue mich ehrlich. Unverhofft<br />
kommt oft. So was kann man nicht planen. Die<br />
Mutter des Fahrers ist begeisterte Ornithologin <strong>und</strong><br />
erzählt, daß sie schon die verschiedensten<br />
TECHNISCHES:<br />
Beiwagenkotfl ügelhalterung am Boot gerissen …<br />
mit Ersatzauspuffhalterung sehr gut fest bekommen<br />
Öl geprüft <strong>und</strong> aufgefüllt<br />
ein paar Worte <strong>der</strong> Dankbarkeit gen <strong>AWO</strong> fürs bis<br />
hier her aushalten<br />
TAG 13<br />
1.06.12 (228 km) Start 6:00 Hammerfest, Skaidi,<br />
Ol<strong>der</strong>fjord, Honningsvag, <strong>Nordkap</strong>, Skarsvag<br />
Dies ist <strong>der</strong> erste Tag, an dem ich wegen <strong>der</strong> Ernte<br />
meine Reiseaufzeichnungen via tragbarem Kleinkomputer,<br />
immer wenn Zeit ist ,auf dem Trekker<br />
eintippe.<br />
Der <strong>Nordkap</strong>tag bricht an. Tag 13 <strong>und</strong> ich mache mir<br />
beim Frühstück auf dem MP3 – Spieler vom Unheilig<br />
– Album „Große Freiheit“ Titel 13 „Fernweh“ an.<br />
„Ferne Welt ich komme, ich kann deine Himmel sehn<br />
…“, singt <strong>der</strong> Graf. Ich sitze mittendrin <strong>und</strong> fi nde das<br />
Lied ultrapassend! Etwas aufgeregt bin ich schon,<br />
aber es liegen auch noch ein paar einzelne Kilometerchen<br />
hier <strong>und</strong> da herum, die bewältigt werden<br />
wollen. Der Benzinkocher erledigt seinen Job wie<br />
immer ohne Mucken, nachdem ich gestern abend<br />
aus <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> noch was abgezapft habe.<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
25
Stadt Europas ist, wird, wie so oft, an einer Shell<br />
getankt <strong>und</strong> es gibt endlich <strong>wie<strong>der</strong></strong> Polse mit Bacon<br />
<strong>und</strong> heißen Kakao <strong>zum</strong> durchwärmen.<br />
Ready … Steady … Go ! Auf <strong>zum</strong> Kap, in den Nebel.<br />
Kurz vor Skarsvag fahre ich geradeaus, statt links<br />
hoch. Ich lande in einer Sackgasse am Meer. Das<br />
kann nicht das <strong>Nordkap</strong>p sein :-).<br />
Danach das Standardproze<strong>der</strong>e. Waschen, Zähne<br />
putzen (das nördlichste Zähne putzen in freier Natur<br />
in meinem bisherigen Leben), Zelt abbauen <strong>und</strong><br />
alles verstauen. Fertig. Los! Die Strecke zieht sich<br />
hin. Zunächst recht unspektakulär ( für norwegische<br />
Verhältnisse ), dann schlängelt sie sich teils gewagt<br />
an <strong>der</strong> Küste des Porsangerfjordes entlang.<br />
Mein Thermometer zeigt 8-12 °C <strong>und</strong> ich friere<br />
wie ein Schlossh<strong>und</strong>. Komisch, die 4°C auf dem<br />
Strynefjell haben mir doch auch nichts ausgemacht.<br />
Ignorieren <strong>und</strong> öfters mal anhalten <strong>und</strong> paar Liegestütze<br />
machen. Die so schon recht „übersichtlichen“<br />
menschlichen Spuren werden hier noch sperlicher.<br />
Von Smorfjord bis Honningsvag gibt es kaum 5 Dörfer<br />
<strong>und</strong> zwischen Ol<strong>der</strong>fjord <strong>und</strong> Honningsvag sollte<br />
man auch nicht grade mit dem letzten Tropfen Benzin<br />
ohne Reserve unterwegs sein. Da das Kap auf<br />
<strong>der</strong> Insel Mageroya liegt, gab es bis vor einer Weile<br />
eine Fähre. Jetzt ein Tunnel. 6km lang über 200m<br />
tief <strong>und</strong> mautpfl ichtig. In Honningsvag, das, seit es<br />
als Stadt anerkannt ist, die eigentlich nördlichste<br />
Auf dem Rückweg sehe ich vor dem kleinen, nett<br />
aussehenden „<strong>Nordkap</strong> Touristhotel“ einen Motorradfahrer<br />
an seiner BMW – Reisemaschine mit<br />
deutschem Nummernschild stehen <strong>und</strong> schwenke<br />
auf den Parkplatz ein. Er freut sich <strong>und</strong> erzählt, daß<br />
er sich vom Kap runterschleppen lassen mußte,<br />
weil seine Gummikuh nicht mehr anspringen wollte.<br />
Heute, am zweiten Tag hier ist das selbe Wetter,<br />
nämlich ohne Aussicht, etwas am Kap zu sehen <strong>und</strong><br />
er läßt sich vom Hotelier in eine Halle schleppen.<br />
Dort wird er versuchen, den Fehler zu fi nden <strong>und</strong> zu<br />
beheben. Der Hotelmanager möchte gleich wissen,<br />
wo ich her komme <strong>und</strong> winkt ab, als ich „Hammerfest“<br />
sage <strong>und</strong> meine erfolglose Suche nach eine<br />
Unterkunft, sowie die vielen Baustellen beschreibe.<br />
Er meint dazu nur: „Ich denke manchmal, die<br />
26 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
wollen dort gar keine Touristen noch jemand an<strong>der</strong>en<br />
haben <strong>und</strong> unter sich bleiben.“ <strong>und</strong> schmunzelt.<br />
Ein Zimmer inkl. Frühstück <strong>und</strong> die Chance auf ein<br />
Abendbrot sichere ich mir gleich <strong>und</strong> verabschiede<br />
mich vorerst. Dem Biker wünsche ich viel Erfolg bei<br />
seiner Fehlersuche.<br />
Von Skarsvag aus sind es jetzt noch zirka 12 km<br />
bis an den Wendepunkt meiner Reise. Es geht<br />
fast die ganze Strecke bergan <strong>und</strong> quer über die<br />
Insel. Den Namen hat dieses Eiland nicht umsonst.<br />
„Mager“oya. Sieht genauso aus, wie sie heißt. Kleine<br />
Seen zwischen Fels <strong>und</strong> Geröll; kein Baum, niedriges<br />
Gras, <strong>wie<strong>der</strong></strong> Geröll <strong>und</strong> … hatte ich schon<br />
Geröll erwähnt?<br />
Ab geschätzt 300m Höhe über NN verschwindet die<br />
Straße recht plötzlich in einer Nebelwand. Willkommen<br />
am <strong>Nordkap</strong>. Gerade fährt das <strong>Hin</strong>weisschild<br />
<strong>zum</strong> Kap Knivskjellodden, dem wirklich nördlichsten<br />
Punkt des europ. Festlandes an uns vorbei. Gerade<br />
noch so erkannt in dieser Suppe. Also weit kanns<br />
nicht mehr sein. Die Spannung steigt. Aus dem<br />
weißen Nichts taucht das Terminal <strong>zum</strong> Maut bezahlen<br />
auf. Ein Ticket gilt 2 Tage. Der junge Mann<br />
ist begeistert von meiner Gutsten <strong>und</strong> da sowieso<br />
nichts los ist, quatschen wir ne ganze Weile. Nebenbei<br />
bemerkt er ( wenn ich ihn richtig verstanden hab<br />
) seine Mutter hätte auch ein Motorrad mit den selben<br />
Tankemblemen, aber <strong>der</strong> Rahmen wäre an<strong>der</strong>s.<br />
Kann ja nur ne Touren-<strong>AWO</strong> sein. Dieses Gespräch<br />
hätte man noch vertiefen sollen. Ich frage noch, wie<br />
ich DIREKT <strong>zum</strong> Globus komme. „Normalerweise<br />
gar nicht“, meint er lächelnd, aber ich solle doch mal<br />
10 m zurück rollen <strong>und</strong> die Busspur entlang fahren<br />
<strong>und</strong> kurz vor <strong>der</strong> <strong>Nordkap</strong>halle rechts um das Gebäude<br />
herum fahren. Dann würde ich schon sehen.<br />
Thanks a lot!<br />
Durch den Nebel sehe ich zwar nichts, aber fi nde<br />
meinen Weg <strong>und</strong> werde auch nicht behelligt. Hier<br />
ist top Wetter: 4°C, straffer Wind von <strong>der</strong> Seite <strong>und</strong><br />
Nebel mit 5m Sicht. Also top Wetter für Grog mit<br />
Glysantin. Thats norway“, denke ich <strong>und</strong> fi nde es<br />
total klasse, egal ob man was sieht o<strong>der</strong> nicht.<br />
Ich postiere uns vor dem Globus <strong>und</strong> mir entfährt<br />
ein Freudenjauchzer: „YES“. Einer macht für mich<br />
ein Beweisfoto <strong>und</strong> ich spreche mit einem Fahrradfahrer,<br />
<strong>der</strong> über 3000km von Deutschland hier her<br />
geschafft hat.Wahnsinn!<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
27
Und ich?<br />
NORDKAP: ERREICHT !<br />
Wir habens wirklich die 5180km bis hierher super<br />
zusammen ausgehalten <strong>und</strong> technisch gabs nichts,<br />
was uns hätte stoppen können. Ein erheben<strong>der</strong> Moment,<br />
den ich erst in <strong>der</strong> Halle richtig realisiere. Auf<br />
<strong>der</strong> Treppe sitzend <strong>und</strong> draußen den Nebel beobachtend<br />
führe ich ein sehr emotionales Telefonat mit<br />
zu Hause. Langsam realisiert man, daß es schon<br />
etwas ganz beson<strong>der</strong>es ist, nach, <strong>der</strong> bewältigten<br />
Strecke ges<strong>und</strong> hier stehen zu können. Jetzt geht’s<br />
ans schreiben. Viele Adressen sind abzuarbeiten<br />
<strong>und</strong> warten auf ein Zeichen. Nach über einer St<strong>und</strong>e<br />
kommt <strong>der</strong> Fahrradfahrer <strong>wie<strong>der</strong></strong> vorbei <strong>und</strong><br />
freut sich, weil ich immer noch schreibe. Im Souvenirshop<br />
kaufe ich dann ein Rentierfell <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e<br />
<strong>Mit</strong>bringsel für daheim <strong>und</strong> bringe gleich nicht ganz<br />
ohne Stolz den gekauften „<strong>Nordkap</strong>“ - Aufkleber am<br />
Beiwagen an. Ganz in Ruhe schaue ich mir den<br />
ganzen Komplex mit Kino, Restaurants, Museum<br />
etc. an, esse noch ein Eis <strong>und</strong> lasse beim Blick aus<br />
dem Fenster die Gedanken schweifen.<br />
Mal sieht man gar nichts, dann klart es <strong>wie<strong>der</strong></strong> auf<br />
<strong>und</strong> gibt den Blick bis <strong>zum</strong> Globus frei . Der Wind<br />
treibt immer neue Wolken <strong>und</strong> Nebelschwaden<br />
heran <strong>und</strong> am Fenster vorbei. Gestört werden<br />
meine Gedanken nur durch laut sprechende, etwas<br />
genervt aussehende Bustouristen, <strong>der</strong>en Herkunftsland<br />
ich mal verschweige gestört. Sie regen sich<br />
über eine nicht ganz volle Tasse Kaffee Latte auf,<br />
<strong>und</strong> texten die (bei mir) eigentlich sehr nette Bedienung<br />
zu , was das soll. Ich höre <strong>wie<strong>der</strong></strong> WEG.<br />
Ein paar erfroren aussehende Motorradfahrer treten<br />
durchs Portal in die Halle, sehen mich sitzen <strong>und</strong><br />
sprechen mich an. „Bist du das mit <strong>der</strong> <strong>AWO</strong>? Wir<br />
dachten schon, wir können heute den Titel ältestes<br />
Motorrad am Kap für uns verbuchen, aber nee, wir<br />
kommen an <strong>und</strong> direkt am Eingang steht so ne<br />
alte Kiste!“sagen sie <strong>und</strong> lachen dabei. Es folgt <strong>der</strong><br />
übliche nette Informationsaustausch <strong>und</strong> die beide<br />
bringen ihre Verw<strong>und</strong>erung <strong>und</strong> Hochachtung<br />
dem durchhalten „<strong>der</strong> alten Kiste“ gegenüber <strong>zum</strong><br />
Ausdruck. Nachdem ich einige St<strong>und</strong>en innen <strong>und</strong><br />
außen verbracht habe <strong>und</strong> alle Briefe im Maul des<br />
roten nördlichsten Briefkastens Europas gelandet<br />
sind, schicke ich mich an, <strong>wie<strong>der</strong></strong> ins Tal hinab zu<br />
steigen. Doch gerade kommen einige Busse an <strong>und</strong><br />
ich muß noch eine Weile deutschen <strong>und</strong> italienischen<br />
Touristen Rede <strong>und</strong> Antwort stehen.<br />
2 Biker aus dem bayerischen kommen auch noch<br />
hinzu <strong>und</strong> auch hier gibt’s natürlich was zu erzählen.<br />
Auch erzähle ich von dem gestrandeten Gummikuhfahrer<br />
<strong>und</strong> seinem Problem. Die beiden gucken<br />
sich wissend an <strong>und</strong> meinen fast zugleich: „Hallgeber“<br />
<strong>und</strong> „jaja die kochen alle nur noch mit Wasser“.<br />
Vom Gelände runter nehme ich den offi ziellen Weg.<br />
Tschüß <strong>Nordkap</strong>! Es wars wert her zu kommen!<br />
Ungefähr auf dem halben Weg nach unten gibt es<br />
einen Halteplatz an dem man sich mit einem Rentier<br />
<strong>und</strong> einem Einheimischen zusammen knipsen<br />
lassen kann. Dieses „event“ übergehe ich <strong>und</strong> fahre<br />
<strong>zum</strong> Hotel.<br />
Es ist inzwischen nachmittag. Der Mann an <strong>der</strong> Rezeption<br />
begrüßt mich fröhlich. Er läuft mit Gehhilfen;<br />
ein Schneemobilunfall, wir unterhalten uns <strong>und</strong> ich<br />
checke für eine Nacht ein.<br />
Vom an<strong>der</strong>en Motorradfahrer ist noch nichts zu<br />
sehen, er bastelt immer noch. Nachdem ich meine<br />
Sachen verstaut, die <strong>AWO</strong> klar gemacht <strong>und</strong> schön<br />
warm geduscht habe, geselle ich mich zu den an<strong>der</strong>en<br />
in die Lounge. Dort läuft gerade Dmax. Die Mythbusters<br />
testen gerade ob ein rotes Auto bei einem<br />
Unfall weniger Schäden aufweist, als ein weißes.<br />
Ein kleiner Junge guckt nur halb zu <strong>und</strong> freut sich<br />
wie die beiden <strong>wie<strong>der</strong></strong>mal ein paar Autos schrotten,<br />
während er auf einem Ipad im Internet surft.<br />
Das hier ist nicht das Ende <strong>der</strong> Welt. Es gibt sicher<br />
an einem entlegenen Ort im Brandenburgischen<br />
o<strong>der</strong> in Mc Pomm Stellen wo man um ein vielfaches<br />
mehr „offl ine“ ist, wie hier. Eigentlich wollte ich auf<br />
den an<strong>der</strong>en Biker warten , damit wir hätten zusammen<br />
essen <strong>und</strong> noch bissl erzählen können. Aber<br />
keiner weiß, wann er fertig sein wird. So bestelle ich.<br />
Was darfs denn sein? Fragt die Köchin. Was empfi<br />
ehlt denn die Köchin? Frage ich zurück. Sie antwortet<br />
mit dem typisch nordnorwegischen Charme,<br />
mit strenger Stimme <strong>und</strong> einem Zwinkern, daß sie<br />
natürlich das teuerste empfi ehlt. Ok, zwinkere ich<br />
zurück. Aber dann was lokales. Rentier mit Gemüse,<br />
Kartoffeln <strong>und</strong> Preiselbeeren plus ein Glas Rotwein.<br />
Wasser gibt’s soviel man möchte kostenlos dazu.<br />
Das Essen ist in kürzester Zeit zubereitet, schmeckt<br />
sehr vorzüglich ( beson<strong>der</strong>s das sehr saftige Fleisch<br />
) <strong>und</strong> ist für mich viel zuviel. Ich schlinge es nur<br />
noch aus Geiz rein <strong>und</strong> weils so lecker ist. Am Fenster<br />
sitzend genieße ich das Essen <strong>und</strong> bin neben<br />
28 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
<strong>der</strong> Familie <strong>der</strong> Kellnerin <strong>der</strong> einzige Gast, Ein Auto<br />
mit österreicher Kennzeichen fährt vorbei, kehrt um,<br />
die Leute steigen aus <strong>und</strong> kommen ins Restaurant.<br />
Sie setzen sich an den Nachbartisch <strong>und</strong> sind sich<br />
nicht einig, ob des Essens. Ich empfehle Rentier!<br />
Das nehmen sie auch <strong>und</strong> sind sehr zufrieden mit<br />
ihrer Wahl. Wir tauschen einige Gedanken aus. Sie<br />
wollen noch weiterfahren.<br />
Nach einer Weile zahle ich ohne Witz 370 NOK für<br />
mein Essen. Dafür MUSS es einfach lecker gewesen<br />
sein! Wir verabreden noch, daß ich früh zeitig<br />
losfahren werde. Sie bereiten mein Frühstück vor<br />
<strong>und</strong> bringen es noch auf mein Zimmer. Erst gegen<br />
9 kommt <strong>der</strong> BMW – Fahrer ziemlich k.o. <strong>und</strong><br />
dreckverschmiert aber mit einem grinsen auf dem<br />
Gesicht zurück. Auf dem Flur werden noch ein paar<br />
Worte gewechselt. Er hat den Fehler gef<strong>und</strong>en. Der<br />
Hallgeber. Ich schmunzle in mich hinein <strong>und</strong> erzähle<br />
ihm von den Leuten am Kap <strong>und</strong> daß sie die selbe<br />
Ferndiagnose gestellt haben. Er sieht wirklich<br />
fertig aus <strong>und</strong> meint, morgen früh erstmal richtig<br />
ausschlafen zu wollen. Wir wünschen uns eine gute<br />
Weiterreise <strong>und</strong> erstmal ne geruhsame Nacht. Ich<br />
ziehe mich zurück <strong>und</strong> gucke noch aus dem Fenster.<br />
Draußen fängt es an zu regnen. Das Bett ruft<br />
<strong>und</strong> im MP3 – Player wartet Toni Krahl <strong>und</strong> City mit<br />
„Unter <strong>der</strong> Haut“ auf Lautstärkestufe 3. Aaaaaaah<br />
…Absolut herrlich <strong>zum</strong> abschalten <strong>und</strong> in Gedanken<br />
nochmal über die Klippen <strong>zum</strong> Kap fl iegen. Ich liege<br />
einfach da <strong>und</strong> bin selig.<br />
Leute, macht sowas auch! Fahrt ( am besten mit <strong>der</strong><br />
<strong>AWO</strong> ) an einen schönen Ort eurer Wahl <strong>und</strong> nehmt<br />
Eure Lieblingsmusik mit.<br />
Nach einer draußen regnerischen, drinnen traumlosen<br />
Nacht schaue ich aus dem Fenster <strong>und</strong> was<br />
sehen meine verschlafenen Augen. Frau Sonne gibt<br />
sich die Ehre. Eigentlich sollte mich mein Weg <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
weiter südlich bringen, aber vielleicht gebe ich<br />
dem Kap noch ne Chance? Erstmal wird in Ruhe<br />
gefrühstückt, Frisches Brot, Aufl öseschokolade,<br />
Honig <strong>und</strong> einen komisch aussehenden sehr leckeren<br />
Käse. Doch die Sonnenstrahlen locken <strong>und</strong> ich<br />
beeile mich beim zusammenpacken.<br />
TECHNISCHES:<br />
Ventilspiel geprüft ... ok<br />
Magnet geprüft ... alles ok<br />
Getriebe <strong>und</strong> Kardan etwas Öl aufgefüllt<br />
bis hierher wurde 27 mal getankt :-)<br />
TAG 14<br />
12.06.2012 (352km) Start 6:00 Sorvag, <strong>Nordkap</strong>,<br />
Lakselv, Karasjok, nirgendwo kurz vor Ivalo<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
29
Draußen realisiere ich erst, daß kein Wölkchen<br />
am Himmel ist <strong>und</strong> meine Freude steigt. Noch ein<br />
schnelles Foto; Motiv: <strong>AWO</strong> mit <strong>Nordkap</strong>hotel bei<br />
Sonne. Ich entdecke die Insel nochmal ganz neu<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Anblick ist ein komplett an<strong>der</strong>er, als am Tag<br />
zuvor. Die grauen Hänge schimmern plötzlich rötlich<br />
grün. Die grauen Seen scheinen über Nacht das<br />
graue Wasser gegen tiefblau wellendes getauscht<br />
zu haben <strong>und</strong> selbst die Steine sind nicht mehr alle<br />
nur grau, son<strong>der</strong>n leuchten aus dem erdfarbenen<br />
Untergr<strong>und</strong> hervor.<br />
Das <strong>Hin</strong>weisschild <strong>zum</strong> Kap Knivskjellodden ist<br />
nicht mehr nur ein rasch <strong>wie<strong>der</strong></strong> im Nebel verschwindendes<br />
Etwas, son<strong>der</strong>n gibt eine Zufahrt zu einem<br />
Wan<strong>der</strong>parkplatz frei, <strong>der</strong> auf einer Art Hochebene<br />
liegt. Selbst <strong>der</strong> wirklich nördlichste Punkt ist klar<br />
<strong>und</strong> deutlich zu sehen <strong>und</strong> hebt sich aus dem umgebenden<br />
Wasser hervor. Die Pforten zu <strong>Nordkap</strong><br />
sind um die Uhrzeit noch geschlossen. Natürlich<br />
nehme ich <strong>wie<strong>der</strong></strong> die Busspur. Auf dem offi ziellen<br />
Touristenparkplatz sind auch ein paar Autos <strong>und</strong> Motorrä<strong>der</strong><br />
zu sehen. Zwei Moppedfahrer grüßen von<br />
weitem. Wir knattern ums Gebäude herum <strong>und</strong> ... Ja<br />
ich will nicht meckern, bei Sonne ists auch ganz gut.<br />
Nee im Ernst, bei Sonne ist es, wenn man den<br />
Vergleich zu gestern hat, wie ein ganz an<strong>der</strong>er Platz<br />
an dem man sich befi ndet. Wer das Meer liebt, wird<br />
diese Aussicht nie mehr vergessen !<br />
Sonne lacht, Blende acht, denke ich mir <strong>und</strong> mache<br />
viele w<strong>und</strong>erbare Fotos. Zwei Biker mit einer profi -<br />
mäßig aussehenden Kameraausrüstung, mit denen<br />
ich ins Gespräch komme versichern mir, erst vor ca.<br />
einer St<strong>und</strong>e habe es aufgeklart. Sie hätten auf <strong>der</strong><br />
Lauer nach dem perfekten Licht gelegen, waren um<br />
12, um 2 <strong>und</strong> um 3 am Globus, aber es war nix zu<br />
machen. Keine <strong>Mit</strong>ternachtssonne. Dafür aber jetzt<br />
eine ganz tolle Sicht <strong>und</strong> klaren Himmel. Ich bin<br />
irgendwie gerührt, daß ich das <strong>Nordkap</strong> auf zwei so<br />
verschiedene <strong>und</strong> schöne Arten erleben durfte.<br />
So denke ich an die vielen etwas enttäuscht aussehenden<br />
Bustouristen, die gestern an den 2 St<strong>und</strong>en<br />
Aufenthalt ihrer Meinung nach nichts gesehen haben,<br />
außer daß <strong>der</strong> Kaffee Latte zu wenig drin hatte<br />
<strong>und</strong> zu teuer war. Dabei fi nde ich auch heute in „einer<br />
an<strong>der</strong>en Welt“ <strong>wie<strong>der</strong></strong> die gleiche Stelle mit den<br />
kleinen rosa Blümchen, die sich direkt am Abhang<br />
zwischen den Felsen ans Licht quetschen schöner<br />
als das Glas <strong>und</strong> den Stahl des Gebäudes. Am<br />
Horizont ziehen Wolken heran. „In ein zwei St<strong>und</strong>en<br />
kann hier schon <strong>wie<strong>der</strong></strong> alles dicht sein, gut, daß wir<br />
so früh los sind.“ höre ich einen sagen. Das gleiche<br />
Gefühl hatte ich heute früh auch <strong>und</strong> muß <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
an den Motorradfahrer im Hotel denken. Hoffentlich<br />
schläft er nicht zu lange aus. Dann verpasst er auch<br />
an seinem 3. Tag hier die schöne Aussicht.<br />
Nun gehts aber endgültig <strong>wie<strong>der</strong></strong> in Richtung Süden,<br />
aber nur weils nach Norden nicht weiter geht. Wäre<br />
da eine Brücke, die 600 km Luftlinie bis Svalbard<br />
( Spitzbergen ) wäre ich auch noch gefahren, das<br />
hätte jetzt auch keinen großen Unterschied mehr<br />
gemacht ;-) .<br />
30 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
Die See liegt da wie ein Spiegel <strong>und</strong> läd ein <strong>zum</strong><br />
Steine „titschern“. Bei wärmenden Sonnenstrahlen<br />
fahren wir die Küste entlang in Richtung Lappland.<br />
Eigentlich ist <strong>der</strong> ganze Norden Lappland, aber<br />
Karasjok, wohin meine große Richtung zielt ist die<br />
„Hauptstadt“. Die erste größere Stadt ist Lakselv.<br />
Wenn man in die Stadt hineinfährt, sieht man zunächst<br />
gar keine Häuser. Alles ist zwischen vielem<br />
Grün <strong>und</strong> Bäumen eingebettet. Man sieht zwar<br />
Schil<strong>der</strong>, die auf dies <strong>und</strong> jenes hinweisen, aber erst<br />
im Zentrum wird es „stadtähnlich“. Tanken, Eis essen,<br />
Kakao. Mein Ritual ;-). Am Rande eines Gewerbegebietes<br />
fahre ich an einen Yamaha – Laden ran,<br />
aber die haben gar keine Reifen. Tja, Schneemobile<br />
brauchen das ja auch nicht. Auf dem Parkplatz steht<br />
ein w<strong>und</strong>erschöner orangener Gran Torino.<br />
Da stellen wir uns gleich daneben <strong>und</strong> machen ein<br />
Bild. Es ist jetzt sehr warm <strong>und</strong> irgendwie ärgere<br />
ich mich, daß ich soviele Sachen anbehalten hab.<br />
Wie<strong>der</strong> anhalten. Gerade da klingelt das Telefon.<br />
Sorry Anja, <strong>der</strong> Anruf lief irgendwie nicht so gut. Ich<br />
liebe dich trotzdem!!! Bei Karasjok denke ich an die<br />
Rentierzüchterin aber ich hab ja mein Fell schon am<br />
<strong>Nordkap</strong> mitgenommen. So halte ich mich In Richtung<br />
Straße 92 <strong>und</strong> fi nnische Grenze. Ich betrete<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> EU – Territorium. In Finnland gehen die Straßen<br />
wesentlich länger geradeaus, als in Norwegen.<br />
An einem schönen Halteplatz mit weiter Sicht über<br />
die sanften Hügel <strong>und</strong> den Wald gibts einen Red<br />
Bull, ein paar Minuten chillen <strong>und</strong> eine Begutachtung<br />
des <strong>Hin</strong>terreifens, <strong>der</strong> mir immer mehr Sorgen<br />
macht, Zwar ist noch nicht ganz „Glatze“ aber er<br />
reißt längs an manchen Stellen auf. Des weiteren<br />
entsteht hier eines <strong>der</strong> für mich schönsten Bil<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Reise. Es heißt „Zwiegespräch“ <strong>und</strong> zeigt, wie<br />
verb<strong>und</strong>en ich mich mittlerweile zu meiner Gefährtin<br />
fühle. Es sieht aus, als ob wir uns unterhalten.<br />
Es geht weiter durch schier endlose Wäl<strong>der</strong> in Richtung<br />
Ivalo. Ach ja, Finnland ist an<strong>der</strong>s. Wenn man<br />
denkt, man könne aus den Worten, die da irgendwo<br />
an Schil<strong>der</strong>n (außer Städtenamen) stehen, irgendeine<br />
Bedeutung ableiten, hat man sich aber geirrt.<br />
Worte mit Doppel – i o<strong>der</strong> Doppel – ö o<strong>der</strong> gar zweimal<br />
Doppel – i in einem Wort sind absolut normal.<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
Ich glaube das Finnische ist noch vor Mandarin die<br />
schwierigste Sprache <strong>der</strong> Welt. Dafür braucht man<br />
das Geld nicht umzurechnen. Der Euro wird hier (<br />
noch ;-) ) überall „akzeptiert“.<br />
Ca. 30 km vor Ivalo entdecken wir einen schönen<br />
Camping – <strong>und</strong> Hüttenplatz. Die nette, schätzungsweise<br />
mittfünfziger Jahre alte Dame mit Kopftuch<br />
empfängt mich an <strong>der</strong> Rezeption <strong>und</strong> ich miete<br />
eine Hütte mit Dusche. Als erstes schließe ich mich<br />
aus. Nach einem Lachen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Übergabe des<br />
Generalschlüssels erzählt mir die Dame, was es mit<br />
dem kleinen Knöpfchen am Schloss zu tun hat. Aha,<br />
kapiert. Die Hütte ist nett eingerichtet mit doppelter<br />
Tür <strong>und</strong> Fenstern, sowie mit Mückenschutzöffnungen.<br />
Zurzeit wird das noch nicht so gebraucht, aber<br />
ich denke noch 2 – 3 Wochen <strong>und</strong> hier summts an<br />
<strong>der</strong> Luft, so direkt am Wasser <strong>und</strong> dem Wald. Der<br />
Service an <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>und</strong> das häusliche einrichten<br />
sind heut schnell erledigt. Noch die Plane drüber, es<br />
sieht nicht nach Regen aus, aber sicher ist sicher.<br />
Nach einer erfrischenden Dusche gibts noch bissl<br />
was zu essen, Als ich aus dem Fenster gucke,<br />
kommt ein ausgewachsenes Rentier, <strong>der</strong> Größe<br />
nach ein Bulle um die Ecke <strong>und</strong> mitten zwischen<br />
den Hütten durch, schrickt etwas vor <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>und</strong><br />
einem an<strong>der</strong>en Auto zurück <strong>und</strong> rennt weiter. Cool.<br />
TECHNISCHES:<br />
Magnet ausgebaut <strong>und</strong> Entlüftungsschieber begutachtet<br />
<strong>und</strong> gesäubert<br />
Zündkerze geprüft ... ok<br />
TAG 15<br />
13.06.12 (523km) Start 6:30 30km vor Ivalo, Ivalo,<br />
Rovaniemie, Aavasaksa<br />
Ich hatte mich doch getäuscht. Denn in <strong>der</strong> Nacht<br />
hat es kräftig geregnet. Ein bisschen nieselt es immer<br />
noch. Gut, daß die <strong>AWO</strong> zugedeckt war. Nach<br />
31
dem „ideal Standard“ - Frühstück sind schnell ( ja so<br />
langsam kommt Routine in die täglichen Handgriffe<br />
) alle Sachen zusammengeschnürt <strong>und</strong> es kann los<br />
gehen. Der Schlüssel landet <strong>wie<strong>der</strong></strong> in <strong>der</strong> Box. Wie<br />
schon angedeutet, fährt es sich in Finnland an<strong>der</strong>s.<br />
Viel geradeaus. Die Straßen sind durchaus passabel,<br />
wenn man nicht gerade mit Starrahmen unterwegs<br />
ist. Auch die Natur zeigt sich wandlungsfähig.<br />
Ist es bedeckt, sieht alles gleich aus, nämlich grau.<br />
Kommt aber die Sonne heraus, gibts den „magic<br />
colour – effect“ <strong>und</strong> selbst die kleinste gerade geöffnete<br />
Birkenknospe prahlt mit sattem grün.<br />
Die Menschen hier sind fre<strong>und</strong>lich aber meiner<br />
Empfi ndung nach noch zurückhalten<strong>der</strong> gegenüber<br />
„Außerirdischen“ . Noch ein wichtiger Unterschied:<br />
an <strong>der</strong> Tanke gibts jetzt keine „ Aunt Mabels“ Muffi ns<br />
mit Schokostückchen mehr <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kakao liegt in<br />
Tütchen da, o<strong>der</strong> wie daheim in <strong>der</strong> Blechdose <strong>und</strong><br />
man kann sich selber in die Tasse schaufeln <strong>und</strong><br />
heißes Wasser drüber schütten. An einem point – S<br />
Reifenladen gibts auch keinen passenden Reifen,<br />
ABER einen <strong>Hin</strong>weis, daß im Hauptlager in Rovaniemie<br />
etwas für mich liegt. Das passt ja, ich fahre<br />
da sowieso hin. Es ist noch ein Weg bis dahin, aber<br />
es wartet Hilfe. Eigentlicher Gr<strong>und</strong> des Weges in die<br />
größte Stadt Nordfi nnlands ist ja <strong>der</strong> Weihnachtsmann.<br />
Denn <strong>der</strong> wohnt da <strong>und</strong> kann besucht werden,<br />
Als ich um drei da ankomme , ist nur <strong>der</strong> Souvenirshop<br />
offen <strong>und</strong> er selber wahrscheinlich gerade<br />
am Nordpol. Außer ein paar japanischen Mädels die<br />
Pic Pic Pictures machen <strong>und</strong> auch wegen <strong>der</strong> <strong>AWO</strong><br />
belustigt sind, ist nix los. Und irgendwie will sich<br />
bei 20°C <strong>und</strong> Sonnenschein auch keine so rechte<br />
Weihnachtsstimmung bei mir einstellen. Also Good<br />
Bye Santa, Hello City.<br />
In <strong>der</strong> Innenstadt pulsiert das Leben; viele Läden,<br />
viele Leute, viel Verkehr. Haufenweise Straßen,<br />
<strong>der</strong>en Namen man als gewöhnlicher „Otto Normal<br />
– Tourist“ nur schwer über die Lippen bringt. Englisch<br />
funktioniert tadellos <strong>und</strong> so bekomme ich in<br />
einem Restaurant mit angeschlossener Tankstelle<br />
einen kostenlosen <strong>und</strong> sehr ausführlichen Stadtplan.<br />
Die Kassiererin bittet noch eine ältere Dame um Hilfe.<br />
Sie weiß wo sich die Straße befi ndet <strong>und</strong> zusammen<br />
zeichnen sie mir den Weg ein. Ich bedanke<br />
mich recht herzlich, fahre nach „Plan“ <strong>und</strong> verfahre<br />
mich prompt, weil anscheinend auch manchmal<br />
Straßen über Parkplätze führen <strong>und</strong> man die Einfahrt<br />
leicht übersieht. Mein Fehler. Aber kurz vor 4<br />
fahre ich auf den richtigen Shop zu <strong>und</strong> werde noch<br />
kurz vor Arbeitsschluß bedient.<br />
Genau 1 , in Worten EIN einziger Reifen 3,25x18 ist<br />
auf Lager. Michelin. Total egal. „Selbst aufziehen ?“,<br />
fragt <strong>der</strong> Verkäufer. Ich antworte zwar mit Ja, doch<br />
ich kann gar nicht so schnell gucken, da wird meine<br />
„alte Lady“ schon aufgebockt, Rad ab, Reifen runter,<br />
Reifen rauf... Mist; Reifen, falschrum ... nochmal... .<br />
Trotzdem bin ich keine 20 Minuten <strong>und</strong> 88,00 Euro<br />
später <strong>wie<strong>der</strong></strong> bereit für weitere 8000 km ;-). Auf<br />
jeden Fall bis heim! Ölwechsel wird auch gleich<br />
noch gemacht. Nachdem mich ein VW – Händler<br />
auf meine Frage hin, ob ich ihm natürlich gegen<br />
Bezahlung meinen Liter Altöl überlassen kann, mit<br />
„Wir haben geschlossen“.abblitzen läßt, werde ich<br />
beim Nachbarhändler „Hy<strong>und</strong>ai“ gern <strong>und</strong> sehr nett<br />
trotz Feierabend aufgenommen. Ein Montuer bringt<br />
mir gleich Pappe <strong>zum</strong> unterlegen <strong>und</strong> Saugtücher.<br />
Er weicht mir nicht von <strong>der</strong> Seite <strong>und</strong> wir unterhalten<br />
uns sehr nett. Das Altöl nimmt er nur ohne Bezahlung,<br />
aber<br />
32 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
mit einem Lächeln an <strong>und</strong> macht sogar meine kleine<br />
Schüssel <strong>wie<strong>der</strong></strong> blitzblank sauber. Viele Wünsche<br />
auf den Weg <strong>und</strong> wir fahren „frisch geölt“ <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
los. Wir verlassen die Großstadt in südlicher Richtung<br />
<strong>und</strong> nehmen dann eine etwas kleinere Straße<br />
( Nr.930), die sich sehr gut fährt. Auf <strong>der</strong> Karte sind<br />
zwar „ Orte“ eingezeichnet, doch davon sieht man<br />
abgesehen von Straßenschil<strong>der</strong>n, die scheinbar in<br />
den Wald hinein zeigen, nicht viel.<br />
Die Abendsonne, gibt nochmal alles, um mir die<br />
Fahrt so angenehm wie möglich zu gestalten. Das<br />
Grün ist fast so satt wie bei uns im Frühling. Die<br />
Bauern sind auf den Fel<strong>der</strong>n beschäftigt, Ein schöner<br />
Kontrast zu <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ralandschaft, die schon ein<br />
Stückchen hinter mir liegt. Dort ist Landwirtschaft<br />
nun wirklich nicht mehr möglich. In Aavasaksa fi nde<br />
ick! Die Sauna <strong>und</strong> <strong>der</strong> Fernseher bleiben zwar ungenutzt,<br />
aber nice to have. Mücken gibts hier gratis<br />
dazu.<br />
Der Service ist heut, nur unterbrochen um einmal<br />
komplett „Ballistol stichfrei“ aufzutragen, schnell<br />
erledigt. Da die Tour heute sehr lang war, falle ich<br />
auch gleich ins Bett <strong>und</strong> das wars für heute. Heute<br />
habe ich den Nordpolarkreis <strong>wie<strong>der</strong></strong> in südlicher<br />
Richtung, dieses mal auf dem Landwege überquert<br />
<strong>und</strong> werde ihn ( so hoffe ich ) das nächste mal mit<br />
meiner lieben Anja überschreiten.<br />
TECHNISCHES:<br />
Ölwechsel<br />
<strong>Hin</strong>terrad gewechselt<br />
Magnet <strong>und</strong> Kerze geprüft ...ok<br />
ich nach etwas durchfragen einen, auf einem knapp<br />
300m hohen Hügel gelegenen Aussichtspunkt mit<br />
angeschlossenem Camping- <strong>und</strong> Hüttenplatz, sowie<br />
einem Skilift. Der junge Mann bietet mir sein bestes<br />
Haus an. Kamin, Sauna, Dusche, Sat – TV. Alles da<br />
<strong>und</strong> urst gemütlich. Was wird das <strong>wie<strong>der</strong></strong> kosten? 50<br />
Euro ruft er auf <strong>und</strong> ich bin positiv überrascht. Nehm<br />
Zündung <strong>und</strong> Ventilspiel kontrolliert<br />
leichte Metallische Geräusche ... beobachten <strong>und</strong><br />
weiterfahren<br />
TAG 16<br />
14.06.12 (349km) Start 6:30 Aavasaksa, Haparanda,<br />
Jävre<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
Aufwachen! Die Sonne lacht. Halb 5 pelle ich mich<br />
aus dem Bett. Es bricht ein herrlicher Tag an. Kein<br />
Wölkchen, ein blau, daß es fast weh tut <strong>und</strong> sehr<br />
angenehme Temperaturen warten nur darauf, den<br />
Tag zu einem w<strong>und</strong>erbaren Reisetag werden zu<br />
lassen. Ein Katzensprung bis zur schwedischen<br />
Grenze <strong>und</strong> über einen mächtigen, ruhig dahin<br />
strömenden Fluß. Der Tana ist in dieser Region <strong>der</strong><br />
Grenzfl uß zwischen Schweden <strong>und</strong> Finnland. Ihm<br />
folge ich in südlicher Richtung auf <strong>der</strong> schwedischen<br />
Seite. Trotz <strong>der</strong> Unaufgeregtheit, mit <strong>der</strong> die<br />
Wassermassen an uns vorbeiströmen, hat man den<br />
Eindruck, daß unheimliche Kraft unter <strong>der</strong> Oberfl ä-<br />
che steckt. Ebenfalls wie auf einem Fluß lasse ich<br />
33
in Richtung Lulea halte ich schließlich <strong>wie<strong>der</strong></strong> auf die<br />
E4 zu. Diese Straße fährt sich gut <strong>und</strong> ist fürs erste<br />
nicht so eintönig wie ich befürchtet hatte.<br />
Die Sonne bringt <strong>wie<strong>der</strong></strong> Farbe ins Spiel. Hier tut<br />
sich grün <strong>und</strong> gelb vor dem blau des Himmel beson<strong>der</strong>s<br />
hervor. Da die Straßenführung sagen wir mal<br />
nicht so „schwierig“ ist, wie in Norwegen werde ich<br />
schneller müdiglich. Daher wähle ich meine Musik<br />
etwas „straffer“. Green Day, Bullet for my Valentine<br />
<strong>und</strong> die geliebten Guanos müßen <strong>wie<strong>der</strong></strong> ran. Dann<br />
übermannt es mich doch <strong>und</strong> es gibt einen 15 minütigen<br />
5 Minuten – Schlaf auf einer Wiese. Los hoch!<br />
<strong>AWO</strong> fahren! Sagt jemand ... Klar gerne, nur die<br />
Augen müßen noch auf gehen. Ein paar mal sehe<br />
ich ein paar mir unbekannte, taubengroße Vögel mit<br />
langen gebogenen Schnäbeln <strong>und</strong> braunem Gefi e-<br />
<strong>der</strong> am Straßenrand, die vom<br />
Geknatter hoch schrecken.<br />
In Jävre schließlich suche ich mir eine Bleibe. An<br />
<strong>der</strong> Shelltanke direkt an <strong>der</strong> E4 ist auch gleichzeitig<br />
die Rezeption eines Hüttendorfes, Einer netten Frau<br />
mit fl otter blon<strong>der</strong> Kurzhaarfrisur (ich glaube DAS<br />
könnte die typische Durchschnittsschwedin aus dem<br />
mich auf <strong>der</strong> E99 in Richtung Haparanda „treiben“.<br />
Die Gemütlichkeit wird aber jäh unterbrochen, als<br />
ein Baustellenschild auftaucht <strong>und</strong> sowas wie<br />
„schlechte Straße“ verkündet. Schotterpiste wäre<br />
wohl das bessere Wort. 2 mal für jeweils 10km<br />
hoppelts nicht nur ganz schön, son<strong>der</strong>n ich werde<br />
auch noch von unten naß. Damits nicht so staubt,<br />
haben die da irgenwelches Zeugs versprüht, das<br />
aber auch nicht <strong>wie<strong>der</strong></strong> trocknet. Die ganze Karre,<br />
mich eingeschlossen, ist binnen weniger Minuten so<br />
verdreckt, wie die ganze Fahrt bisher nicht .<br />
In Haparanda tanke ich <strong>und</strong> kaufe Zahnpasta. Die<br />
an<strong>der</strong>e liegt wohl behütet in Finnland in <strong>der</strong> ersten<br />
Hütte. Es sprechen mich gleich mehrere Leute an.<br />
Einer hat grad erst gestern den Motorradführerschein<br />
bestanden <strong>und</strong> fi ndet jetzt wahrscheinlich<br />
jedes Bike toll. Er ruft gleich die gerade aussteigenden<br />
Polizisten herbei, ob sie so was schon mal<br />
gesehen hätten. Während ich mein leckeres Daim<br />
– Pistazieneis ( He, warum gibts das eigentlich nicht<br />
bei uns? ) esse <strong>und</strong> mich mit den Polizeiern unterhalte,<br />
ist gleich <strong>wie<strong>der</strong></strong> ne halbe St<strong>und</strong>e verquatscht.<br />
Verhaftet werde ich auch nicht. Hab ja den neuen<br />
Reifen drauf <strong>und</strong> Licht geht auch.<br />
Wie<strong>der</strong> halte ich mich an <strong>der</strong> E4 in Richtung Umea.<br />
In Ranea mache ich nochmal einen „Schlenker“<br />
<strong>und</strong> fahre eine Route an einem Fluß entlang. Von<br />
weitem sieht dieser ja ganz gemächlich aus, aber<br />
als ich auf <strong>der</strong> Brücke stehe, sehe ich, daß die Strömung<br />
sehr stark ist. Es geht durch den Wald eine<br />
Schotterpiste entlang, Diese ist aber topfeben <strong>und</strong><br />
fährt sich fast wie eine Asphaltstraße. Über Boden<br />
Fernsehen sein, wenn man auf solche Typisierung<br />
steht :-\ ) lege ich meinen „Hüttenwunsch“ dar <strong>und</strong><br />
daß ich nur noch Dusche <strong>und</strong> Bett brauch. Sie hat<br />
ein Einsehen ;-) <strong>und</strong> nachdem 600SEK den Besitzer<br />
gewechselt haben fahren wir zu dem Platz r<strong>und</strong><br />
300m von <strong>der</strong> Tankstelle entfernt. Mich erwartet<br />
eine sehr saubere Anlage mit neuwertigen Hütten<br />
<strong>und</strong> tadellosem Interieur samt Veranda, Dusche <strong>und</strong><br />
Küche. Noch ein kurzer Plausch <strong>und</strong> sie fährt <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
zurück. Da ich heute etwas eher „ Schluß“ gemacht<br />
habe, bleibt bei bestem Wetter genug Zeit, um<br />
dieses eklige salzig, klebrige Gelumpe von dieser<br />
Baustelle von <strong>AWO</strong> <strong>und</strong> Klamotten abzuwaschen.<br />
Bin ja nicht so <strong>der</strong> Putzfanatiker, aber das Zeug<br />
mußte runter. Wer weiß, sonst hätte das Aluminium<br />
vom Beiwagen vielleicht ein Loch gehabt, wenn ich<br />
zu Hause angekommen wäre.<br />
34 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
Ja, was ist noch so passiert? Achso, die norwegische<br />
Telefonkarte ist runter. Aufl aden geht hier in<br />
Schweden nicht ohne weiteres <strong>und</strong> selbst <strong>der</strong> Aufladeservice<br />
geht nicht mehr anzurufen. Könnte ich<br />
gleich in die Ecke schmeißen.... ABER wir haben ja<br />
Urlaub <strong>und</strong> alle Zeit <strong>der</strong> Welt was neues zu besorgen.<br />
Nun noch schnell unter die Dusche gesprungen<br />
<strong>und</strong> dann ist Feierabend.<br />
Ein Zitronenmelisse - Teechen mache ich mir noch,<br />
haue mich hin <strong>und</strong> gucke den Kultfi lm von den Wachowsky<br />
Brü<strong>der</strong>n. Animatrix. Laßt mal noch 50 Jahre<br />
vergehen <strong>und</strong> auch dieser „Science fi ction“ - Anime<br />
wird so nahe an <strong>der</strong> Wirklichkeit sein, daß einem<br />
jetzt schon bei dem Gedanken daran die Gänsehaut<br />
den Nacken hochkriecht. Denn eigentlich wissen wir<br />
alle, <strong>der</strong> Mensch ist kein Säugetier. Seinem Verhalten<br />
nach ähnelt er eher einem Virus. Er zieht in (<br />
o<strong>der</strong> besetzt eine )bestimmte Region, verän<strong>der</strong>t sie<br />
zu seinem ( <strong>und</strong> nur seinem ) Vorteil, beutet sie aus<br />
<strong>und</strong> wenn nix mehr zu holen ist, zieht er weiter.<br />
gebrochen. Doch mit nichten. Die vor<strong>der</strong>e Beiwagenaufnahme<br />
ist gebrochen. Was nun? ADAC!<br />
Aber halt, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite <strong>der</strong> Straße sind<br />
doch Briefkästen, da müßen auch Leute wohnen.<br />
Vorsichtig überquere ich die E4 <strong>und</strong> bewege mich in<br />
Schleichfahrt einen kleinen Weg entlang. Da kommt<br />
mir ein Herr mit nem Cross-Moped entgegen, hält<br />
an <strong>und</strong> ich bitte um Hilfe. Er fängt an zu telefonieren.<br />
Kurze Zeit später kommt auch sein Bru<strong>der</strong> mit<br />
Frau herbei <strong>und</strong> alles wird begutachtet. Schließlich<br />
fahren wir noch 100m weiter bis zu seinem Hof <strong>und</strong><br />
wollen das Boot reparieren. Die beiden dachten, die<br />
Aufnahme wäre, wie das Boot, aus Aluminium <strong>und</strong><br />
deshalb hat Assar einen Verwandten angerufen, <strong>der</strong><br />
Alu schweißen kann. In <strong>der</strong> Zwischenzeit räumen<br />
CUT<br />
Es tut mir leid, bin abgeschweift. Zähle ja auch dazu<br />
<strong>und</strong> muß nicht den Apostel spielen, son<strong>der</strong>n mir<br />
selber an <strong>der</strong> Nase ziehen.<br />
TECHNISCHES:<br />
Kerze geprüft<br />
Dreck abgewaschen<br />
mechanisch lauter werden<strong>der</strong> Motor (Beobachtung<br />
von gestern) ist unverän<strong>der</strong>t. Tippe mit meiner<br />
wenigen Erfahrung darauf, daß <strong>der</strong> Kolben vielleicht<br />
etwas kippelt<br />
TAG 17<br />
15.6.12 (312km) Start 6:30 Jävre, Umea, Hörnefoss,<br />
Norbyn Husum in Schweden<br />
Der morgentliche Start gelingt mir um 6:30 bei<br />
Sonnenschein. Aber es zieht sich zu. Den Schlüssel<br />
gebe ich an <strong>der</strong> Tankstelle ab. Skeleftea lasse<br />
ich nach dem Kauf einer neuen schwedischen SIM<br />
– Karte hinter mir. Bin jetzt <strong>wie<strong>der</strong></strong> zu erreichen.<br />
Eigentlich geht es immer geradeaus. <strong>Hin</strong>ter Umea,<br />
mache ich einen kleinen, aber schönen Abstecher<br />
an die Ostsee über Hörnefors <strong>und</strong> Norrbyn. Es ist<br />
eine schöne Strecke im grünen <strong>und</strong> am Ende liegt<br />
ein kleiner Hafen mit Blick auf die See <strong>und</strong> die kleinen<br />
vorgelagerten Inseln. Im Dorf muß ich anhalten,<br />
weil mir ein „Fairlane“ Coupe ins Auge sticht. Ein<br />
kurzer Schwatz mit dem Besitzer <strong>und</strong> schon gehts<br />
weiter.<br />
Gerade als ich mir anfangen will, eine Bleibe zu<br />
suchen, macht es Knack <strong>und</strong> <strong>der</strong> Beiwagen fängt<br />
an, zu schleifen. An <strong>der</strong> ersten Parkniesche ca 50m<br />
weiter bleibe ich stehen, schiebe das Gespann in<br />
den Schatten <strong>und</strong> schaue nach. Bestimmt die Fe<strong>der</strong><br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
wir den Beiwagen aus <strong>und</strong> alle sind belustigt über<br />
die vielen Sachen, die im Boot Platz hatten <strong>und</strong> nun<br />
überall rum stehen. Das Boot ist recht schnell demontiert<br />
<strong>und</strong> das kaputte Teil ausgebaut. Es ist aber<br />
kein Alu. Nur normales Blech. Ich sehe auch <strong>und</strong><br />
bin erschrocken, daß 6 Speichen am Beiwagenrad<br />
gebrochen sind. Ich glaube nicht, daß die alle auf<br />
einmal kaputt gegangen sind <strong>und</strong> obwohl ich oft<br />
nachgeschaut habe, sind diese mir entgangen. Es<br />
war auch schlecht zu sehen, da die Köpfe alle auf<br />
<strong>der</strong> abgewandten Seite waren, <strong>und</strong> die Speichen<br />
noch noch in ihrer Position hingen. Da kommt <strong>der</strong><br />
„Aluschweißer“ im feinsten Zwirn. Das ist mir peinlich,<br />
daß er extra von <strong>der</strong> Feier weg geholt wurde. Er<br />
meinte nur, daß das überhaupt gar kein Problem sei<br />
<strong>und</strong> man doch helfen müße. Da es aber nur „black<br />
iron“ sei, könne das Roland, Assars Bru<strong>der</strong> machen.<br />
Der war Berufsschweißer <strong>und</strong> kann das! Er selbst<br />
fährt aber nicht gleich <strong>wie<strong>der</strong></strong> zu seiner Festivität,<br />
son<strong>der</strong>n läßt sich noch in Ruhe über die <strong>AWO</strong> <strong>und</strong><br />
meine Reise unterrichten. Rolands Frau hat sich<br />
einen Stuhl geholt <strong>und</strong> schaut dem Treiben zu. Bald<br />
ist das Teil geschweißt <strong>und</strong> „müßte bis nach Hause<br />
halten“ sagen die beiden. Also alles <strong>wie<strong>der</strong></strong> zusammenschrauben<br />
<strong>und</strong> einräumen. Ich bedanke mich<br />
35
herzlich <strong>und</strong> sie lassen mich mit meinem Haufen<br />
Sachen alleine. Du kommst klar? Ja!<br />
10min später kommt Assar aber <strong>wie<strong>der</strong></strong> <strong>und</strong> sagt, ich<br />
müßte noch mit essen <strong>und</strong> „follow me“. Ich betrete<br />
aufs neue ein fremdes Haus in das ich völlig ohne<br />
zu fragen eingeladen werde. Es ist sehr gemütlich<br />
<strong>und</strong> wir sitzen im Wintergarten. Zu essen gibts<br />
einen Aufl auf mit Fisch <strong>und</strong> Kartoffeln, sowie Milch<br />
<strong>und</strong> Knäckebrot mit Butter. Alles ist sehr wohlschmeckend.<br />
Er versteht mich gut, kann aber selber<br />
nicht so gut englisch. Trotzdem ist eine St<strong>und</strong>e<br />
schnell verquatscht. Er war auch mal Bauer <strong>und</strong><br />
das ist ein gutes Thema. Nachher verabschieden<br />
wir uns <strong>und</strong> nachdem ich meine restlichen Sachen<br />
verstaut habe, geht es weiter. Tusen Takk Roland<br />
<strong>und</strong> Assar Eriksson.<br />
So richtig Lust hab ich heute nicht mehr <strong>und</strong> mein<br />
Soll ist auch geschafft.<br />
So nehme ich den nächsten Campingplatz dankbar<br />
an. Mosjön Camping bei Husum. Kaum abgestiegen<br />
spricht mich gleich ein Herr an <strong>und</strong> meint, daß alte<br />
Simsons sehr rar sind in ganz Skandinavien. WOW.<br />
Der erste auf <strong>der</strong> ganzen Tour, <strong>der</strong> meine Gefährtin<br />
bei ihrem richtigen Namen kennt <strong>und</strong> nennt. Das<br />
sage ich ihm auch freudig überrascht <strong>und</strong> er freut<br />
sich ebenso. Die Hütte ist mit 640 Kronen recht<br />
teuer <strong>und</strong> nicht gerade <strong>der</strong> Knaller. Ich hole noch<br />
Bettwäsche dazu. Das kostet nochmal 80 Kronen<br />
Aufpreis. Dusche, WC <strong>und</strong> Küchenzeile sind vorhanden,<br />
aber nicht allzu gemütlich. Zweckdienlich<br />
allemal. Der Boiler ist mit 5 min warmes Wasser<br />
<strong>zum</strong> duschen nicht gerade überdimensioniert. Dann<br />
eben kalt. Das weckt die Lebensgeister <strong>und</strong> so fi nde<br />
ich nach <strong>AWO</strong> – Service <strong>und</strong> Abendbrot noch genug<br />
Kraft, um Tagebuch zu schreiben <strong>und</strong> mit zu Hause<br />
zu telefonieren.<br />
TECHNISCHES<br />
Beiwagenaufnahme gerissen ... geschweißt<br />
6 Speichen am Beiwagen gewechselt<br />
alle Speichen kontrolliert<br />
Öl<br />
Motorengeräusche unverän<strong>der</strong>t, Anspring- <strong>und</strong><br />
Fahrverhalten auch<br />
TAG 18<br />
16.06.12 (337km) Start 6:30 Husum, S<strong>und</strong>svall,<br />
Gnarp, Gränsfors, Bergsjö, Jättendal, Hudiksvall,<br />
Enanger<br />
Nach einer gut durchschlafenen Nacht gehts am<br />
Morgen <strong>wie<strong>der</strong></strong> wie gewohnt <strong>und</strong> schon fast routiniert<br />
los. Packen, in Ruhe essen, Zündung an <strong>und</strong><br />
los tuckern. Der Hüttenschlüssel verschwindet in<br />
einem Loch am Rezeptionsgebäude <strong>und</strong> schon<br />
rollen wir <strong>wie<strong>der</strong></strong> auf <strong>der</strong> E4 gen Süden nahe <strong>der</strong><br />
Ostseeküste. Durch die Stadt Timra hindurch stinkt<br />
es ziemlich eklig bei einer Fabrik. Später erfahre<br />
ich, das wäre eine Papierfabrik. Gleich darauf folgt<br />
S<strong>und</strong>svall. Für Sonnabend früh ist hier schon ganz<br />
schön Verkehr. An einer Shell freue ich mich schon<br />
auf heißen Kakao mit Milch, genehmige mir eine<br />
Rumkugel mit Haferfl ocken <strong>und</strong> packe Pistazienschnecken<br />
für unterwegs ein. Weiter gehts ohne, in<br />
Worten OHNE Vorkommnisse bis Gnarp.<br />
Das kanns heute noch nicht gewesen sein! Die<br />
nächstbeste Ausfahrt nehmend schlage ich mich „in<br />
die Büsche“. Mal sehen was es in Schweden außer<br />
<strong>der</strong> E4 als <strong>Mit</strong>tel <strong>zum</strong> Zwecke des reisens noch so<br />
zu sehen gibt.<br />
Kaum abgefahren kommt ein braunes Schild.<br />
Gränsfors Bruks Axe Museum steht zu lesen. Was<br />
für ein Zufall. Da geht man jahrelang mit einer<br />
legän<strong>der</strong>en Gränsfors Bruks Axt in den Wald <strong>und</strong><br />
freut sich, daß sie wie Butter auch durch harte Äste<br />
geht <strong>und</strong> irgendwo in Schweden biegt man<br />
mal willkürlich ab <strong>und</strong> kommt direkt zu Fabrik <strong>und</strong><br />
Museum. Schon im Ort realisiere ich, daß (<strong>wie<strong>der</strong></strong>mal)<br />
Samstag ist <strong>und</strong> die Fabrik sowie das Museum<br />
zu haben. Am Museum steckt <strong>der</strong> Schlüssel, aber<br />
es ist abgeschlossen. Beim Nachbarn frage ich<br />
nach <strong>und</strong> er holt sogleich seine Frau herbei. Sie<br />
winkt mich hinter sich her <strong>und</strong> meint sie habe auch<br />
den Schlüssel fürs Museum <strong>und</strong> zeigt mir alles, Am<br />
Ende drückt sie mir noch „Das Buch <strong>der</strong> Äxte“ in<br />
deutsch mit Geschichten <strong>und</strong> Erklärungen r<strong>und</strong> um<br />
die Manufaktur kostenlos in die Hand.<br />
Als ich schon los will, geht ein Mann ins an<strong>der</strong>e<br />
Gebäude wo „Shop“ dransteht. Hat also doch etwas<br />
geöffnet, denke ich <strong>und</strong> laufe hinterher. Der Mann<br />
stellt sich als Australier vor <strong>und</strong> möchte die Äxte<br />
nach „Down Un<strong>der</strong>“ importieren. Zusammen mit<br />
dem Verkäufer kommen wir 3 schnell ins Gespräch.<br />
Es geht um <strong>AWO</strong>, Äxte <strong>und</strong> ob es in Australien<br />
keine guten zu kaufen gibt, so daß er dafür um die<br />
halbe Welt reisen muß ;-) . Ein <strong>Mit</strong>nimmsel für zu<br />
Hause ( handgeschmiedeter Kerzenstän<strong>der</strong>) wird<br />
auch noch gekauft. Wie<strong>der</strong> am Gespann spricht<br />
36 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
mich ein älterer Herr in fl ießendem Deutsch an. Wir<br />
geraten in ein sehr nettes Gespräch <strong>und</strong> es stellt<br />
sich heraus, daß er <strong>der</strong> ehemalige Besitzer <strong>der</strong> Fabrik<br />
<strong>und</strong> im Ruhestand ist. Er hat trotzdem noch ein<br />
wachsames Auge auf das Gelände, wohnt er doch<br />
gleich um die Ecke. Nach guten Wünschen auf meinen<br />
Weg verabschieden wir uns <strong>und</strong> weiter gehts.<br />
Auf <strong>der</strong> E4 entgeht einem die wirkliche Schönheit<br />
Schwedens aber sowas von komplett.<br />
bis Enanger. Auf dem dortigen Campingplatz werde<br />
ich sehr fre<strong>und</strong>lich empfangen, es ist aber „nur“<br />
noch ein Stugor (Haus) frei. Das kostet 800Kronen<br />
<strong>und</strong> ist sehr schön. Hier käme es einem zu gute,<br />
wenn man in <strong>der</strong> Gruppe reisen würde. Dann könnte<br />
man sich rein teilen. Aber <strong>der</strong> Gastgeber hat ein<br />
Einsehen <strong>und</strong> gibt mir wenigstens die Bettwäsche<br />
statt 120 extra Kronen für umsonst. Abendbrot gibts<br />
heute frisch zubereitet vom Campingplatzbesitzer.<br />
Fl<strong>und</strong>ra mit Mauke ( Kartoffelbrei ) <strong>und</strong> Gemüse<br />
plus Preiselbeeren. Dazu gibts Heidelbeersaft.<br />
Eine junge Familie kommt auch noch. Sie haben die<br />
kleine Hütte gemietet. Sie ist Schwedin, er Englän<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> gerade eben hat England bei <strong>der</strong> EM gegen<br />
Schweden verloren. Sie <strong>und</strong> die Tochter hielten zur<br />
schwedischen Mannschaft <strong>und</strong> er zu seinen Landsleuten.<br />
Zündstoff in <strong>der</strong> Family ;-) . Wir geraten in<br />
ein sehr angenehmes Gespräch <strong>und</strong> als ich meine<br />
guten Erfahrungen schil<strong>der</strong>e ist sie sichtlich stolz<br />
auf ihre Landsleute. Wie überall gäbe es aber auch<br />
hier nicht so schöne Sachen, die ich ja aber nicht<br />
erleben mußte. Genau so wäre es in England, erzählt<br />
<strong>der</strong> Mann.<br />
Je weiter man aufs Land hinaus kommt, umso herzlicher<br />
wird im allgemeinen <strong>der</strong> Umgang, Erst reserviert,<br />
doch wenn gespürt wird, man hat das Herz am<br />
rechten Fleck <strong>und</strong> verhält sich nicht wie die Axt im<br />
Walde, wird es umso fre<strong>und</strong>schaftlicher. In <strong>der</strong> Stadt<br />
sind alle so „busy“. Beschäftigt; <strong>und</strong> am meisten<br />
mit sich selbst. Es ist nett hier <strong>und</strong> die Zeit vergeht.<br />
Die Kleine bekommt gerade ihre Waffeln mit Eis<br />
<strong>und</strong> Apfelmus. DAS leckert mich natürlich auch <strong>und</strong><br />
so essen wir kurze Zeit später „stereo“. Das Mädel<br />
guckterst verdutzt, warum auf einmal <strong>der</strong> „Fremde“<br />
auch Waffeln mit Eis bestellt, freut sich dann aber,<br />
als sie sieht wie gut mirs schmeckt. Ich verabschiede<br />
mich einstweilen <strong>und</strong> gehe duschen. Diese befi<br />
nden sich rustikal in einem ehemaligen Pferdestall<br />
sind aber super sauber <strong>und</strong> <strong>der</strong> Besitzer<br />
20 o<strong>der</strong> auch 50km Umweg lohnen IMMER, Hier<br />
ziehen sich um diese Jahreszeit kilometerweit<br />
blühende Lupinenteppiche am Straßenrand entlang.<br />
Eine Augenweide! Ab Bergsjö halte ich mich auf <strong>der</strong><br />
Straße 307 <strong>wie<strong>der</strong></strong> Richtung „graues Band“ (E4) .<br />
Nach einer Weile fängt es ziemlich bindfädenartig<br />
an zu regnen. In Igges<strong>und</strong> tanke ich <strong>und</strong> w<strong>und</strong>ere<br />
mich noch, daß alle Campingplätze belegt <strong>und</strong><br />
so viele Kin<strong>der</strong> unterwegs sind. Später stellt sich<br />
heraus, daß in <strong>der</strong> Nähe eine riesige Kin<strong>der</strong>fußballveranstaltung<br />
ist.<br />
<strong>Mit</strong>ten im Wald an <strong>der</strong> Straße steht ein Häuschen<br />
mit einer roten Anzeige. Ist das eine Waage? Warum<br />
auch immer diese dort steht, ich drehe um <strong>und</strong><br />
fahre auf die Plattform. 480Kg wiegen wir zusammen.<br />
Macht 400kg für das Gespann inkl. allem was<br />
mitfährt, exklusive mir :-) . Weiter gehts im Regen<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
37
hat mich schon vorgewarnt, daß die ersten 3 min<br />
nur kaltes Wasser kommt . Als ich fertig bin, wartet<br />
die Familie schon. Sie wollen auch zu Bett <strong>und</strong><br />
noch schnell Zähne putzen. Nach einem sehr lieben<br />
Gespräch mit zu Hause ( dort sind 27°C <strong>und</strong> Lukas<br />
mäht mit dem Trekker den Rasen) mache ich meine<br />
Aufzeichnungen <strong>und</strong> sinke in den Schlaf.<br />
TECHNISCHES:<br />
Speichen kontrolliert ...ok<br />
Ventilspiel kontrolliert ... ok<br />
Vergaserüberwurfmutter festgezogen<br />
R<strong>und</strong>umkontrolle auf Brüche, fehlende Schrauben<br />
etc.<br />
TAG 19<br />
17.06.12 (289km) Start 6:30 Enanger, Sö<strong>der</strong>hamn,<br />
Gävle, Uppsala, Märsta<br />
Start bei bedecktem Himmel. Es regnet aber nicht<br />
mehr. Mal sehen, was also <strong>der</strong> Tag bringt. Gleich<br />
biege ich falsch ab <strong>und</strong> darf zur „Strafe“ noch 20 km<br />
schöne Landstraße genießen. Bei Hagsta ist mal<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> Zeit <strong>zum</strong> tanken. Diesmal gibts einen Apfel,<br />
heißen Kakao <strong>und</strong> ein nicht so ganz leckeres Würstchen.<br />
Die Verkaufsdame ist maximal 1,50m groß<br />
<strong>und</strong> schaut etwas bärbeißig drein. Nach meiner Bestellung<br />
<strong>und</strong> Bezahlung <strong>und</strong> noch ein paar Fragen<br />
zur Strecke schaut sie schon fre<strong>und</strong>licher aus. Is ja<br />
auch noch früh am morgen.<br />
Draußen spricht mich ein Mann an <strong>und</strong> verwickelt<br />
mich in ein Gespräch über die <strong>AWO</strong> <strong>und</strong> das Wetter.<br />
Es soll schlecht werden. Regen von Südwesten.<br />
Cool, da muß ich hin. Vorsorglich werden alle<br />
Regensachen angezogen, denn es kommen wirklich<br />
schwarze Wolken hinter den Bäumen hoch. Das<br />
tollste ist, ich hab vor zwei Tagen meine etwas regenfesteren<br />
Stiefel ganz unten ins Boot gestopft <strong>und</strong><br />
muß nun diese schieten Überschuhe anziehen. Mir<br />
schwant schon, daß es mit den Dingern nicht lange<br />
gut gehen wird. Keine 10 min später fahre ich in<br />
den Regen. Nach 20 weiteren Minuten sind meine<br />
Schuhe trotz Überschuhen erst naß, dann Aquarien<br />
mit 2 mal 5 frierenden „Fischen“. Handschuhe? Dito!<br />
Nach mehr als 170 km in feinstem Schottischen Regen<br />
( fast lotrecht, Bindfäden, auf <strong>der</strong> Straße Blasen<br />
schlagend) hab ich keine Lust mehr <strong>und</strong> die „Fische“<br />
in meinen 2 Aquarien sind ertrunken. Das nächste<br />
Hotel ist meins.<br />
Im Arlanda Quality Hotel checke ich schließlich ein,<br />
nachdem ich vor dem Eingang des riesigen Komplexes<br />
mit angeschlossenem Shoppingcenter wütend<br />
meine schieten Überschuhe in die Tonne knalle.<br />
<strong>Mit</strong>leidige Blicke fl iegen mir zu als ich als näßester<br />
Deutscher des Tages mit komischen Geräuschen<br />
aus meinen Schuhen durchs Entre´ stapfe.<br />
I´m looking for a warm dry place, please for me and<br />
my motorcycle. Der Mann an <strong>der</strong> Rezeption überreicht<br />
mir die Karte für Raum 605 <strong>und</strong> informiert<br />
mich, daß ich die <strong>AWO</strong> auf den gesicherten Gästeparkplatz<br />
im Keller fahren kann. Das tue ich als<br />
erstes <strong>und</strong> nach <strong>der</strong> Passage dreier Sicherheitstore<br />
steht meine Gutste sicher <strong>und</strong> trocken. Schön! Zimmer<br />
605 hat fast alles, was ich heute noch brauche.<br />
Eins <strong>der</strong> tollsten Betten in denen ich je schlafen<br />
durfte, Klimaanlage, <strong>und</strong> Dusche. Was fehlt, ist ein<br />
20 kW Baustellentrockner für meine Schuhe <strong>und</strong><br />
Handschuhe. Obwohl die Regensachen wirklich<br />
sehr gut dicht gehalten haben. Die wichtigen Stellen<br />
am Körper sind gut geschützt, Auch die Kombi ist<br />
nicht naß.<br />
Und nun. Die Schuhe hab ich ausgeschüttet <strong>und</strong><br />
ans Fenster gestellt. Gummistiefel wären Klasse.<br />
Aber Sonntag? Mal schauen. Also nasse Schuhe<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> an <strong>und</strong> shopping.<br />
Einkaufszettel: Gummistiefel, Zahnpasta, Zahnbürste,<br />
Süßigkeiten, Eis.<br />
Ich nehme Sachen, die mir bekannt vorkommen,<br />
38 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
Sensodyne, Dr. Best . Die Zahnpasta heißt Pro<br />
Emalij . Das heißt Pro Zahnschmelz <strong>und</strong> erinnert<br />
mich an mein Emailletippel :-) . Eis? Yessssssss!<br />
Häagen Dasz. Problem ist, bei den großen Bechern<br />
ist kein Löffel dabei. Also nehme ich 4 kleine, denn<br />
da sind welche im Deckel. Süßigkeiten hole ich mir<br />
aus einer riesigen Wand mit den verschiedensten<br />
Sachen. Cashewkerne mit weißer Schoki, Apfelstücken<br />
mit Vollmilchschoki <strong>und</strong> Zimt, sowie Himbeeren<br />
mit weißer Schoki. Wie<strong>der</strong> im Zimmer schalte<br />
ich das erste mal auf <strong>der</strong> ganzen Reise einen<br />
Fernseher selber an <strong>und</strong> gucke BBC World News.<br />
Dabei esse ich das Eis alles auf <strong>und</strong> werfe ein Paar<br />
Süßigkeiten ein. Das hab ich mir aber verdient ;-)<br />
Also „suhle“ ich mich ab halb 3 nachmittags im Bett<br />
rum. Zwischendurch schön warm duschen, chillen<br />
<strong>und</strong> .... chillen. Irgendwann schlafe ich total entspannt<br />
mit Mukke im Ohr ein. Wie kann man bei<br />
Transvision Vamp <strong>und</strong> VNV-Nation bloß einschlafen.<br />
Fragt jemand an<strong>der</strong>es! :-)<br />
TECHNISCHES:<br />
Sichtprüfung r<strong>und</strong> ums Motorrad<br />
Öl<br />
TAG 20 UND 21<br />
18. <strong>und</strong> 19. 06. 2012 (1170km in Worten eintausendeinh<strong>und</strong>ertsiebzig<br />
Kilometer ) Start: 6:30 Märsta,<br />
Stockholm, Nyköping, Norrköping, Linköping,<br />
Jönköping, Värnamo, Ljungby, Markaryd, Helsingborg,<br />
Malmö, Kopenhagen, Slagelse, Odense,<br />
Middelfart, Kolding, Padborg, Flensburg, Husum,<br />
Heide, Meldorf, Helse, Friedrichskoog Ankunft 7:30<br />
Wie <strong>der</strong> junge Morgen erwache ich <strong>und</strong> bin trotz<br />
<strong>der</strong> frühen St<strong>und</strong>e schon fi t. Im Erdgeschoß des<br />
Centers wartet seit 4 Uhr das Frühstück. In Nicki,<br />
Jeans <strong>und</strong> meinen stolz getragenen niegelnagelneuen<br />
Gummistiefeln ;-) hole ich Saft , Joghurt , Müsli<br />
<strong>und</strong> einen Apfel auf die Hand. Das reicht! Zurück in<br />
Zimmer 605 werden alle Sachen zusammengepackt<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
<strong>und</strong> Ordnung gemacht. Zahnpasta nicht vergessen?<br />
Check!<br />
Nasse Socken, die aus dem Fenster baumeln geborgen?<br />
Check!<br />
Alle Eisdosen im Papierkorb? Check!<br />
Dann los!<br />
Auschecken <strong>und</strong> durch die Sicherheitsschleusen<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> zurück zur <strong>AWO</strong>. Die noch dreiviertel nassen<br />
Schuhe hänge ich ins Ersatzrad <strong>und</strong> binde sie<br />
fest. Vielleicht trocknet <strong>der</strong> Fahrtwind sie ja . Nach<br />
weiteren 3 Sicherheitstüren <strong>wie<strong>der</strong></strong> am Licht, tanken<br />
wir <strong>und</strong> stürzen uns volle Pulle mit 60 km/h ;-) ins<br />
Montagmorgengetümmel des Stockholmer Speckgürtels<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Hauptstadt.<br />
Wenn man sich auf einer Reise befi ndet, bei <strong>der</strong><br />
man an soviel Natur teilhaben durfte, sind Großstädte<br />
alle gleich „schön“ anzuschauen. Ausnahme<br />
für mich; Dresden. Vorsicht, Meinung des Autors<br />
! Komisch ist aber schon, wenn man sich im Gespräch<br />
mit Leuten erklärt, scheint den meisten nicht<br />
bei East Germany o<strong>der</strong> Saxony ein Licht aufzugehen.<br />
Sagt man aber „near Dresden“ weiß je<strong>der</strong>, wo<br />
das ist <strong>und</strong> daß es eine w<strong>und</strong>erschöne Stadt ist. Ja<br />
sogar Görlitz ist bemerkenswerterweise selbst oberhalb<br />
des Polarkreises nicht unbekannt.<br />
Wie dem auch sei, Stockholm wird also, wie die<br />
meisten an<strong>der</strong>en Großstädte, die ich während<br />
<strong>der</strong> Reise passiert habe <strong>und</strong> noch werde, einfach<br />
durchfahren. Ein „Stückchen“ weiter folgt eine Perle<br />
<strong>der</strong> Natur. Nein nicht das Bier! Der große Väternsee.<br />
Und er ist wirklich groß. Ich glaube <strong>der</strong> größte and<br />
dem wir vorbeigefahren sind. Zig Kilometer zieht<br />
die Straße am Ufer entlang. Bei tollstem „Nichtgummistiefelwetter“<br />
mit blauem Himmel <strong>und</strong> Schäfchenwolken<br />
bei 20°C lassen wir uns mit ein paar<br />
Päuschen treiben. Heute läuft es richtig gut. Das<br />
ausschlafen hat W<strong>und</strong>er gewirkt. Mal sehen, wie<br />
weit wir kommen.<br />
Helsingborg scheint ein gutes Ziel. In diese Richtung<br />
halte ich mich auch. Die Gedanken streichen<br />
schonmal ein paar h<strong>und</strong>ert Kilometer voraus in<br />
Richtung Heimat. Alles geht heute wie von selbst<br />
<strong>und</strong> ich genieße nach dem Regen gestern jeden<br />
Kilometer mit Sonne. Selbst Porsches <strong>und</strong> riesige<br />
Volvos nehmen es mir nicht krumm, wenn sie auf<br />
<strong>der</strong> manchmal einspurigen Straße eine Weile hinter<br />
mir her „gurken“ müßen. Sie fahren einfach hinterher<br />
<strong>und</strong> wenns <strong>wie<strong>der</strong></strong> zweispurig wird überholen<br />
sie gemächlich. Das ist hier eben so. Um Linköping<br />
herum säumen viele Flugzeuge den Straßenrand.<br />
Hier befi nden sich die Saab – Flugzeugwerke.<br />
Fast möchte sich ob des schönen Wetters meine<br />
Laune <strong>wie<strong>der</strong></strong> eintrüben, hätte ich doch die Gummistiefel<br />
umsonst gekauft. Naja vor Regen schützen<br />
geht ja auch indirekt. Das Ziel des trockenbleibens<br />
wird auch bei Trockenheit erreicht :-) . Aber bald<br />
trübt es sich ein. Sie sollen ihre Chance bekommen,<br />
sich zu bewähren, denn bald regnet es richtig <strong>und</strong><br />
39
lange.<br />
Von einem Tankstop <strong>zum</strong> nächsten ( ca 200 km )<br />
schüttet es von oben <strong>und</strong> unten <strong>und</strong> ich gucke dauernd<br />
runter, wackle mit den warmen Zehen in trockenen<br />
Socken <strong>und</strong> freue mich wie ein kleines Kind,<br />
wie toll die Gummistiefel doch halten! Irgendwann<br />
ist auch die schönste Regenfahrt vorbei <strong>und</strong> wir<br />
nähern uns Helsingborg. Irgendwie ist die Luft noch<br />
nicht ganz raus heute, ein paar Kilometerchen könnten<br />
noch, dann das Schild „Malmö 40km“. Wäre<br />
cool, die Brücke heute noch zu sehen, diesmal bei<br />
Sonnenuntergang. Soll es also weitergehen? JA ES<br />
SOLL !<br />
Ab hier fahren wir die selbe Strecke <strong>wie<strong>der</strong></strong> zurück.<br />
Bis Malmö kommt es uns wie ein Katzensprung vor<br />
<strong>und</strong> .... ach wenn wir schonmal da sind .... . Schon<br />
ist die Maut gezahlt <strong>und</strong> bei Abenddämmerung<br />
gehts hoch hinaus auf die Brücke. Bei ganz an<strong>der</strong>em<br />
Licht <strong>und</strong> mehr Wind. Herz, was willst du mehr?<br />
Natürlich das Meer !!! Geht klar, kommt sofort! DAS<br />
ist <strong>wie<strong>der</strong></strong> ein Erlebnis <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Art.. Aber<br />
hier wird auch noch gearbeitet. Kurz vor dem dunkel<br />
werden wird hier noch mit mehreren großen Maschinen<br />
am Straßenrand Gras gemäht. Zurück zu<br />
dem Emotionen. Da sehr wenig Verkehr ist, kann<br />
ich auch schön langsam fahren <strong>und</strong> den Blick<br />
übers Wasser fl iegen lassen. Die Sonne will sich<br />
hinter den Wolken, die über Dänemark hängen zur<br />
Ruhe begeben <strong>und</strong> läßt für wenige Minuten noch<br />
ihr Abendrot auf dem Öres<strong>und</strong> frei. Ich muß einfach<br />
anhalten <strong>und</strong> DAS aufnehmen ( nicht auf Digikam<br />
son<strong>der</strong>n auf einen wesentlich zuverlässigeren Speicher:<br />
Optik: Auge, Speichermedium: Kortex. ).<br />
Recht schnell kommt jedoch die Wirklichkeit <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
<strong>und</strong> ich realisiere, es ist 1. hoch, 2. viel zu hoch für<br />
meinen Geschmack <strong>und</strong> 3. recht windig, was meine<br />
auf einmal recht wackeligen Beine nicht gerade<br />
standfester macht. Schnell <strong>wie<strong>der</strong></strong> <strong>zum</strong> Gespann<br />
<strong>und</strong> weiter! Was man auf <strong>der</strong> <strong>Hin</strong>reise nicht gesehen<br />
hat, da man ja noch am Festland in ein Tunnel<br />
fuhr ist, daß die Brücke scheinbar im Meer endet.<br />
Also das Tunnel beginnt auf einer Insel. Wenn man<br />
in <strong>der</strong> Dämmerung über die Brücke fährt, sieht es so<br />
aus, als ob man ins Wasser abtaucht. Rechts liegt<br />
die Insel Saltholm. Diese wurde aus dem Abraum<br />
<strong>der</strong> Brücken- <strong>und</strong> Tunnelbaustelle aufgeschüttet <strong>und</strong><br />
ist Schutzgebiet.<br />
Noch vor dem Tunnel überholt mich sehr zügig ein<br />
Harleyfahrer mit deutscher Nummer. Schon <strong>zum</strong><br />
zweiten Mal <strong>der</strong> selbe. Das Tunnel entlässt uns kurz<br />
vor Kopenhagen <strong>wie<strong>der</strong></strong> aus seiner Obhut. Der Himmel<br />
sieht auf einmal gefährlich nach Gewitter aus<br />
<strong>und</strong> es weht ein kräftiger Wind von rechts. Ich muß<br />
gegensteuern. Das macht die Fahrt nicht leichter.<br />
An einer Tankstelle gibts einen schnellen Red Bull,<br />
<strong>und</strong> ein paar Minuten verschnaufen, Eigentlich wollte<br />
ich mich nach ner Bleibe umsehen, aber es ist<br />
nun schon halb zwölf <strong>und</strong> so richtig will sich keine<br />
Lust <strong>zum</strong> Hotel suchen o<strong>der</strong> Zelt aufbauen einstellen.<br />
Gerade hab ich meine „Stärkung“ hinter geschüttet<br />
<strong>und</strong> will <strong>wie<strong>der</strong></strong> los. Da sehe ich einen Biker an<br />
seiner Kiste schrauben. Ach <strong>der</strong> Harleyfahrer <strong>wie<strong>der</strong></strong>!<br />
Ich frage ob Hilfe gebraucht wird. Ölverschmiert<br />
kommt er unter seiner Karre hervorgekrochen <strong>und</strong><br />
sein Gesicht sagt mir: Ja! Er hat ein Ölleck. WOW<br />
das gibts auch bei an<strong>der</strong>en Maschinen ? Und Öllecks<br />
sehen ja auch immer gleich katastrophal aus.<br />
Der gesamte Motorblock <strong>und</strong> das Getriebe, sowie<br />
das <strong>Hin</strong>terrad sind sehr gut „geschmiert“. Es<br />
40 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
dauert eine Weile bis wir den w<strong>und</strong>en Punkt gef<strong>und</strong>en<br />
haben. <strong>Hin</strong>ter dem Ölfi lter schlängelt sich ein<br />
kleines Röhrchen hinauf am Tank vorbei <strong>und</strong> endet<br />
an einem superwichtigen „High – Performance“<br />
Öldruckmanometer. Das Röhrchen hatte sich in das<br />
Ölfi ltergehäuse verliebt <strong>und</strong> sich an ihm aufgerieben.<br />
So lief das Öl am Filter runter <strong>und</strong> tropfte auf den<br />
Motorblock <strong>und</strong> das Getriebe, von wo es sich schön<br />
gleichmäßig auf den Reifen verteilte. Lösung: Röhrchen<br />
blind machen!<br />
Kurzehand wird das Röhrchen vom Besitzer mittels<br />
eines chinesischen Seitenschnei<strong>der</strong>s abgezwickt.<br />
Naja <strong>der</strong> Seitenschnei<strong>der</strong> sieht eher nur so aus.<br />
Richtig müßte es Seitenquetscher heißen. Jedenfalls<br />
wird das Röhrchen mehr o<strong>der</strong> weniger abgerissen,<br />
umgebördelt <strong>und</strong> soll jetzt dicht sein. Ich<br />
melde Bedenken an, <strong>und</strong> zitiere den Mopedprinz .<br />
Öl hat einen spitzen Kopf <strong>und</strong> ist fl üssig wie Wasser,<br />
wenns warm ist! Das umbördeln klappt natürlich<br />
nicht. Jetzt darf ich meine Variante probieren. Am<br />
hinteren Zylin<strong>der</strong>fuß ist das Röhrchen mit einer kleinen<br />
zölligen Überwurfmutter befestigt. Ich umwickle<br />
den Anfang des Röhrchens fest mit Tefl onband aus<br />
meinem Repertoire <strong>und</strong> schraube das ganze <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
fest.<br />
Vergnügt steht <strong>der</strong> glatzköpfi ge Endfünfziger neben<br />
mir <strong>und</strong> meint: „Da steh ich mitten in <strong>der</strong> Nacht<br />
irgendwo in Dänemark an einer Tankstelle <strong>und</strong><br />
gucke zu, wie mir so ein Simsontyp , <strong>der</strong> es im<br />
Gegenteil zu mir mit seinem Alteisen bis <strong>zum</strong> Kap<br />
<strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> zurück geschafft hat, meine Harley<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> heil macht.“ Wir lachen beide herzlich. Meine<br />
Flickschusterei hält. Wir sind begeistert. Er läd mich<br />
noch auf nen Kaffee ein. Kaffee lehne ich ab, also<br />
muß es noch ein Redbull sein :-) ( <strong>der</strong> zweite innerhalb<br />
einer halben St<strong>und</strong>e, wenn das nicht hilft ... ).<br />
Wir unterhalten uns noch ganz nett <strong>und</strong> er erzählt<br />
von seinem Zünspulendefekt mit langer Wartezeit<br />
unterwegs <strong>und</strong> daß ihn oberhalb von Trondheim<br />
schon gefroren hat. Er hatte dann keine Lust mehr<br />
<strong>und</strong> ist umgedreht. Ich schmunzle in mich rein als er<br />
dramatisch von „einstelligen Temperaturen“ erzählt.<br />
Seine teuren Goretex – Wan<strong>der</strong>schuhe waren auch<br />
schon mehrmals abgesoffen <strong>und</strong> seine Harleykombi<br />
sieht auch schicker aus, als sie wärmt. Diese<br />
Erkenntnisse hat er mittlerweile selbst gesammelt.<br />
Er möchte am liebsten durchfahren bis nach Hause<br />
<strong>und</strong> will noch eine Fähre in Puttgarden erwischen.<br />
Ob nachts halb 2 noch was fährt bezweifl e ich <strong>und</strong><br />
schlage meine, ihm unbekannte Route über die Brücke<br />
als Alternative vor. Das ist ihm zu weit <strong>und</strong> so<br />
trennen sich wenige Minuten später nach einer sehr<br />
fre<strong>und</strong>schaftlichen Verabschiedung unsere Wege<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong>.<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
Aufgeputscht durch 2 Redbull <strong>und</strong> ein paar leckere<br />
Schnitten Brot <strong>und</strong> Kaviar mache ich den Autopilot<br />
rein <strong>und</strong> wir schweben im Tieffl ug durch die wolkenverhangene<br />
dänische Nacht, als ob die Kilometer<br />
nur Luft wären.<br />
Paul van Dyk mit seinem Album „out there and back“<br />
(^^ hin <strong>und</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong> zurück) in Endlosschleife begleitet<br />
mich so sicher, wie schon im Jahre 2000, als wir<br />
mit dem Auto nachts durchgefahren sind. Anja neben<br />
mir seelenruhig schlafend mit unserem ältesten<br />
im Bäuchel. .... Memories pur...<br />
Bei Durst wird getrunken, bei Hunger gegessen.<br />
Wenn getankt werden muß gibts rechtzeitig Benzin.<br />
Werden die Augen schwer gibts nen Schluck Redbull<br />
<strong>und</strong> 25 Liegestütze in voller Montur. Kein Bock<br />
anzuhalten. Kein Bock zu schlafen. Nur Bock auf<br />
<strong>AWO</strong> fahren. Die Nacht vergeht wie im Flug.<br />
Der Morgentau senkt sich herab <strong>und</strong> es ist, als führe<br />
man durch unsichtbaren Regen. Alles wird klamm,<br />
die Luft wird frisch <strong>und</strong> ab <strong>und</strong> zu fröstelt es mich<br />
ein bisschen. Liegestütze sind hier <strong>wie<strong>der</strong></strong> das <strong>Mit</strong>tel<br />
<strong>der</strong> Wahl. Allein durch Dänemark sicher über 100 :-)<br />
. Die Sonne wagt einen ersten Blick über den Horizont.<br />
Ein unglaublicher Anblick, wenn die morgentliche<br />
Welt vom Himmel her in rosarote Tücher gehüllt<br />
wird <strong>und</strong> die Nebelschleier den Wiesen schmeicheln.<br />
Soeben fahre ich an einer Herde Kühe vorbei. Die<br />
ersten haben sich schon aufgerappelt <strong>und</strong> grasen<br />
gemächlich. Die Kleinen dürfen noch ein bisschen<br />
dösen. Das alles bei diesem Licht. Noch jetzt beim<br />
schreiben bekomme ich Gänsehaut, wenn ich mich<br />
erinnere.<br />
Aber upps, was ist das? Ein Schild. Flensborg nur<br />
noch 40 km. So heimlich es nur geht, hat sich schon<br />
die deutsche Grenze angeschlichen. Ein letztes Mal<br />
tanke ich in Dänemark <strong>und</strong> .... kanns kaum glauben,<br />
daß wir schon HIER sind,<br />
Im Morgengrauen überqueren wir die Grenze <strong>und</strong><br />
gerade denke ich an das letzte Mal, als wir 2000<br />
mit Anja diese Grenze in dieser Richtung um fast<br />
dieselbe Uhrzeit passiert haben. Das erste was uns<br />
damals wie ein Hammer auf den Kopf daran erinnerte<br />
in D zu sein, ist die Tatsache, daß es gleich<br />
alle <strong>wie<strong>der</strong></strong> total eilig haben. Genauso geht es mir<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong>. Soeben von <strong>der</strong> Autobahn runter sehe ich,<br />
wie ein popeliger 1,4 er Polo mit seinen Scheinwerfern<br />
an meinem Auspuff klebt <strong>und</strong> am liebsten<br />
schieben möchte.<br />
Wenn ich nur eine einzige Sache von <strong>der</strong> Reise<br />
aussuchen müßte, die ich behalten dürfte, so wäre<br />
meine Bitte, für mich etwas von <strong>der</strong> innerlichen <strong>und</strong><br />
äußerlichen Ruhe hinüberretten zu können. Das<br />
war auch meine leise Hoffnung, aber man kann sich<br />
selbst auch in solchen 3 Wochen wie ich erleben<br />
durfte nicht so wandeln <strong>und</strong> verfällt lei<strong>der</strong> <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
schnell in den selben Trott wie vorher.<br />
Ich versuche, gelassen zu bleiben <strong>und</strong> es gelingt<br />
41
mir auch ansatzweise. Du bringst mich jetzt auch<br />
nicht mehr aus meinem seit über 8000 km bewährten<br />
Konzept. Bei <strong>der</strong> nächsten unpassenden<br />
Möglichkeit macht er einen auf Schumi <strong>und</strong> verheizt<br />
mich als gäbe es kein Morgen! Soll ich jetzt beeindruckt<br />
sein? Keine Zeit, muß weiter meine letzten<br />
Marathonkilometer genießen. Aber wenn jemand<br />
fragt, wie man am besten erkennt, daß man sich in<br />
Deutschland befi ndet, so weiß ich spätestens jetzt,<br />
das ist das Fahrverhalten.<br />
Mein Herz klopft. Wir sind jetzt 24 St<strong>und</strong>en unterwegs<br />
<strong>und</strong> 26 auf den Beinen. Die 1000 km Marke<br />
ist gefallen. Genau 1103 km von halb 7 bis <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
halb 7. Jetzt würden wir zwei sogar für die Iron Butt<br />
Association taugen. Die Sonne lacht <strong>und</strong> Husum<br />
<strong>und</strong> Heide fl iegen vorbei. Kein halten mehr. Marne.<br />
Friedrichskoog. Noch einmal tief durchatmen, Noch<br />
einmal Gas geben. Noch ein Kreisverkehr. Halb 8<br />
<strong>und</strong> heute mit 1170km auf <strong>der</strong> Uhr biege ich beim<br />
großen Deichgarage – Schild ein, ramme dieses<br />
Mal nicht den Gartenzaun <strong>und</strong> drehe den Zündschlüssel<br />
auf 0. Geschafft. Kreis geschlossen! Vor<br />
Freude lege ich mich ins Gras, liege ruhig mit geschlossenen<br />
Augen da, während die Sonnenstrahlen<br />
mein Gesicht wärmen <strong>und</strong> atme Seeluft.<br />
Wenn jetzt Schnee wäre könnte man einen Schneeengel<br />
machen. So mache ich einen Grasengel <strong>und</strong><br />
auch das fühlt sich gut an.<br />
Romy kommt raus <strong>und</strong> w<strong>und</strong>ert sich. <strong>AWO</strong> da,<br />
Bernde weg ? Es folgt ein herzlicher Empfang <strong>und</strong><br />
nachdem Nick <strong>und</strong> die an<strong>der</strong>en aus den Fe<strong>der</strong>n<br />
geholt sind, gibts lecker Frühstück. Ich stehe Rede<br />
<strong>und</strong> Antwort. Nick überreicht mir den „Pokal für die<br />
weiteste Anreise nach Friedrichskoog“. Einmal mehr<br />
bin ich platt. Ich weiß nicht, ob es so rüberkommt<br />
angesichts meiner Müdigkeit, aber ich bin wirklich<br />
<strong>und</strong> ehrlich erfreut <strong>und</strong> gerührt. Es setzt <strong>wie<strong>der</strong></strong><br />
dieses unbeschreibliche Gefühl ein, wie ich es lei<strong>der</strong><br />
sonst kaum woan<strong>der</strong>s, als auf dem Deich empfi nde.<br />
Auf einmal haben auch alle an<strong>der</strong>en keinen Bock<br />
mehr auf irgendwas an<strong>der</strong>es, als sitzen, chillen,<br />
schnacken <strong>und</strong> die Sonne die Nasenspitze kitzeln<br />
zu lassen. Es folgt ein ganz liebes Telefonat mit<br />
Anja. Sie kann es nicht glauben, daß ich schon in<br />
Deutschland bin. Weit nach <strong>Mit</strong>tag rappel ich mich<br />
hoch um 5m Luftlinie weiter erneut, diesmal aber<br />
liegend in die Traumwelt hinabzusteigen. 5 Minuten<br />
später werde ich <strong>wie<strong>der</strong></strong> munter <strong>und</strong> es ist schon<br />
Abend.<br />
Nick hat Kneipendienst, es fi ndet ein kleines Open<br />
Air Konzert hinter dem Deich statt <strong>und</strong> Erna braucht<br />
ihren Auslauf. Das Wasser ist wie immer weg, aber<br />
das stört überhaupt nicht. Das Deichgefühl setzt<br />
schlagartig ein <strong>und</strong> Tolkien kommt mir <strong>wie<strong>der</strong></strong> in<br />
den Sinn. Nun würde ich mich eher zu den Hobbits<br />
als zu den Elben zählen, obwohl ich keine Haare<br />
an den Füßen habe. Trotzdem kann ich dem Elb<br />
mitfühlen, <strong>der</strong> seine erste Möwe schreien hört,<br />
nachdem er geweissagt bekam, er solle sich vor<br />
dem Schrei <strong>der</strong> Möwe hüten. Sonst würde er nie<br />
mehr Ruhe fi nden bis er ans Meer zurückkehre <strong>und</strong><br />
es endlich für immer überquere. Ich könnte St<strong>und</strong>en<br />
hier verbringen. Beim nochmal durchlesen klingt<br />
das alles schon sehr sentimental. Laßt mich doch.<br />
Nach so einer Strecke ist das aber erlaubt !<br />
TECHNISCHES:<br />
„nicht öffnen“ - Schraube zweimal locker gewesen ...<br />
festgezogen<br />
Kardan abgeschmiert<br />
Lichtmaschinengehäuse gereinigt ( Wasser – Öl<br />
– Gemisch )<br />
<strong>Hin</strong>terradbremse gereinigt<br />
Öl<br />
TAG 22<br />
20.06.2012 ( null km ) Friedrichskoog<br />
Ein Tag Urlaub in Friedrichskoog für die <strong>AWO</strong> <strong>und</strong><br />
mich. Das können wir uns gut leisten, denn wir haben<br />
ja gut rausgearbeitet ;-)<br />
Was mir auffi el, als ich hier ankam, war <strong>der</strong> Geruch<br />
<strong>der</strong> Fel<strong>der</strong> kurz vor <strong>der</strong> Reife. Das habe ich vermisst.<br />
Ich vermisse schnell zunehmend auch meine<br />
Familie <strong>und</strong> bin echt versucht, heim zu fahren.<br />
Nachmittags kommt Mario mit seiner „Schönen“ .<br />
Wir fahren noch bis nach Friedrichskoog – Spitze<br />
in Nicks „Bier Pinte – Achtern Diek“ <strong>und</strong> chillen<br />
draußen vor <strong>der</strong> Bar bis Feierabend ist. Noch einige<br />
Vorbereitungen in <strong>der</strong> Garage für morgen. Alle sind<br />
schon in freudiger Erwartung ob <strong>der</strong> morgigen Abreise<br />
in Richtung Danewitz bei Bernau <strong>zum</strong> größten<br />
<strong>AWO</strong> <strong>und</strong> EMW – Treffen in Deutschland. Das sind<br />
nochmal ca. 500 km. Ich freue mich auch schon<br />
riesig, mal nicht alleine <strong>und</strong> dann noch in so netter<br />
Gesellschaft reisen zu dürfen. Doch erstmal gehts in<br />
die Kiste. Gute Nacht!<br />
TAG 23<br />
21.06.2012 (359 km) Start 9:30 Friedrichskoog,<br />
Nord-Ostsee-Kanal, Ludwigslust, Havelberg, Sandau<br />
an <strong>der</strong> Elbe<br />
42 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
Romy+Nick mit <strong>AWO</strong>s, Andre <strong>und</strong> Leo im Auto mit<br />
<strong>AWO</strong> an Board, Mario mit <strong>AWO</strong>, Bernde dito<br />
Nach Frühstück, Erna in die Ferien schicken <strong>und</strong><br />
viel Schnack während <strong>der</strong> Vorbereitungen <strong>zum</strong> Start,<br />
gehts mit fröhlichem Geknatter bei tollem Sonnenwetter<br />
los in Richtung Danewitz. Bei ca 70 pendeln<br />
wir uns ein, außer am N-O-K. Da wollens alle<br />
wissen. Volle Pulle brettern wir die Brücke hinauf ,<br />
Romy führt das Rudel den Berg hoch an, alle halb<br />
liegend mit Kinn voran wegen <strong>der</strong> besseren Windschnittigkeit<br />
:-). Oben gelingt mir während <strong>der</strong> Fahrt<br />
ein ganz tolles Foto von Nick mit seinem metallic<br />
– orangenen Glitzerhelm. Andre <strong>und</strong> Leo fahren<br />
mit dem Transporter hinterher <strong>und</strong> genießen das<br />
Schauspiel.<br />
Für Mario <strong>und</strong> Romy könnten es ruhig 10 km/h mehr<br />
sein, da ich aber um Nachsicht gebeten habe halten<br />
wir uns an die 70. Unterwegs wird Ewi eingesammelt.<br />
Es folgen ein paar Stops, mal <strong>zum</strong> tanken,<br />
mal <strong>zum</strong> Schnacken. Ich schmeiß ne R<strong>und</strong>e Eis.<br />
Obwohl Kolonne fahren an<strong>der</strong>s ist ( man muß mehr<br />
aufpassen ), genieße ich jeden Kilometer. Die Jungs<br />
bobbern voraus <strong>und</strong> machen ihre Späßchen.<br />
in <strong>der</strong> Hosentasche immer so unschön aussieht<br />
eine Blechbüchse geschenkt. Obendrauf noch eine<br />
herzliche Umarmung mit den Worten: „Mensch ist<br />
das toll, daß du das geschafft hast.“ Er ist wirklich<br />
eine liebe Seele von Mensch. Das merke ich, obwohl<br />
wir uns erst einen Tag kennen. Mario kriegt<br />
von mir noch eine „geschmiert“. Schwedisches Brot<br />
mit Kaviar mache ich ihm noch zurecht. Keiner soll<br />
hungern :-). Unterdessen ist <strong>der</strong> Whisky alle <strong>und</strong> wir<br />
fallen ins Bett.<br />
TAG 24<br />
22.06.2012 (166 km) Sandau, Danewitz<br />
Langen Nächten folgt meist ein langsames erwachen.<br />
So auch bei uns. Gegen 7:30 schälen sich<br />
Romy entpuppt sich als <strong>der</strong> weltbeste Gleichmäßigkeitsfahrer<br />
in unserer Gruppe. Ihr muß ich nur blind<br />
folgen <strong>und</strong> alles ist gut. Ewi fährt hinter mir <strong>und</strong><br />
Andre mit dem Transporter schirmt unseren Konvoi<br />
nach hinten ab. Kleinere Raucher – <strong>und</strong> <strong>Hin</strong>ternerholungspausen<br />
für unsere „Don Johnsons“ auf ihren<br />
Feuerstühlen mit weniger als 1cm Fe<strong>der</strong>weg <strong>und</strong><br />
nur einer Hand breit Polsterung auf dem Sitz müßen<br />
natürlich sein. In Havelberg sind alle ziemlich groggy.<br />
Flux noch was eingekauft für heute Abend <strong>und</strong><br />
dann die letzten Kilometer bis Sandau an <strong>der</strong> Elbe,<br />
wo schon die „Little Boom Ranch“ auf uns wartet.<br />
Dort machen wir Rast, um morgen den letzten<br />
„Katzensprung“ bis Danewitz zu tun. Abends gibt es<br />
lecker gegrilltes <strong>und</strong> viel zu erzählen bei einem gediegenen<br />
Glas Whisky <strong>und</strong> Lagerfeuer. Andre <strong>und</strong><br />
ich teilen die gleiche Leidenschaft für „Fishermans<br />
Friend - Mint“ <strong>und</strong> ich bekomme, weil meine Tüte<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
nach <strong>und</strong> nach alle aus den Fe<strong>der</strong>n. Es wartet eine<br />
Dusche, belegte Brötchen <strong>und</strong> frischer Pfefferminztee<br />
ausm Jaaten ;-) . Öl auffüllen <strong>und</strong> los. Heute<br />
werde ich die letzte Schnapszahl meiner Reise<br />
„überfahren“. Irgendwo im schönen brandenburgischen<br />
wird die Zahl 8888.8 km fallen. Die Hühner<br />
sind gesattelt. Auf gehts! Good Bye Little Boom<br />
Ranch.<br />
Kurz vor dem nächsten Tankstop fällt mein blö<strong>der</strong><br />
Digitaltacho <strong>wie<strong>der</strong></strong> aus, warum auch immer. Endlich,<br />
nach einigem rumprobieren bekomme ich ihn<br />
<strong>wie<strong>der</strong></strong> <strong>zum</strong> laufen. <strong>Mit</strong>tagessen gibts in einem tollen<br />
Holzhaus für sensationell günstiges Geld. Für 38 €<br />
inklusive Kaffee, Kola <strong>und</strong> Eis werden alle satt. Das<br />
haut den skandinavische Preise gewohnten Fernreisenden<br />
fast um. Das geht auf mich <strong>und</strong> DANKE,<br />
daß wir so eine schöne Fahrt zusammen haben. In<br />
Perleberg auf dem Markt spüre ich live den Unterschied<br />
von Gruppe zu Einzelfahrer. Da für das Gespann<br />
kein Platz mehr bei den an<strong>der</strong>en ist, stelle ich<br />
mich an den Rand etwas abseits. Während Mario<br />
zur Apotheke fl itzt, bekommen die an<strong>der</strong>en „wilden<br />
Jugendlichen mit ihren lauten Moppeds“ leicht verwirrte<br />
Blicke, während mich gleich ein älterer Herr<br />
anspricht, daß ich mit seinem Jugendtraum unterwegs<br />
wäre. Die Klangkulisse bei unserer Abfahrt<br />
vom Markt ist (<strong>zum</strong>indestens für uns) auf jeden Fall<br />
erinnernswert.<br />
Auf einem schick gepfl asterten Marktplatz kurz<br />
43
<strong>und</strong> die St<strong>und</strong>en vergehen wie Minuten. Es gibt<br />
noch ein ganz tolles Foto von Fränki, Romy, Rene´<br />
<strong>und</strong> Wroebe. Romy bekommt Stereobeschallung<br />
von Fränki von links <strong>und</strong> die beiden an<strong>der</strong>en diskutieren<br />
immer lauter rechts. Sie werden wohl noch<br />
Fre<strong>und</strong>e werden ;-) . Der kleine Trinkwettbewerb,<br />
den <strong>der</strong> zwei meter Mopedprinz <strong>und</strong> die „kleine“<br />
OmiK.rdan vom Zaun gebrochen haben endet sehr<br />
spät mit einem erstklassigen unentschieden. Als <strong>der</strong><br />
Morgen graut, bette ich mich ( wie schon fast Tradition<br />
in Danewitz ) irgendwo auf einer Bank zur Ruhe.<br />
TAG 25<br />
23.06.2012 Danewitz, Zoblitz<br />
vor Eberswalde darf Andre´s blau gelbe Grasbahn<br />
– <strong>AWO</strong> ans Licht. Ab hier also per Achse. <strong>Mit</strong> zweieinhalb<br />
Litern Tankinhalt ist mindestens noch ein<br />
Halt <strong>zum</strong> auffüllen nötig. Alle sind gespannt. Ein<br />
Kick <strong>und</strong> das Unikum mit Crosspelle <strong>und</strong> Springergabel<br />
erwacht <strong>zum</strong> Leben. Mindestens einer hier auf<br />
dem Platz ist high vom So<strong>und</strong>, <strong>der</strong> Optik dem Sonnenlicht,<br />
dem Gedanken „alle zusammen hier“ o<strong>der</strong><br />
allem auf einmal. Ein Gruppenfoto noch schnell <strong>und</strong><br />
weiter gehts. Keiner macht mehr Sperenzchen. Ich<br />
habe den Eindruck, alle fi ebern Danewitz entgegen.<br />
Gegen nachmittag endet die Etappe mit <strong>der</strong> ersehnten<br />
Einfahrt in Danewitz. Die Begrüßung erhält die<br />
Prädikate „beson<strong>der</strong>s wertvoll“ <strong>und</strong> „Balsam für die<br />
Seele“!!! Stellvertretend für die vielen von Freude<br />
<strong>und</strong> Anerkennung gezeichneten Gesichter ist mir<br />
beson<strong>der</strong>s das Gesicht von Peter dem „Eisbär“ in<br />
Erinnerung geblieben, als er mit Romy <strong>und</strong> mir am<br />
Bierwagen steht. absolut selig <strong>und</strong> genau wie wir<br />
tiefenentspannt ist <strong>und</strong> all seine Kraft zusammen<br />
nehmen muß, um weiter fi lmen zu gehen <strong>und</strong> nicht<br />
für immer bei uns stehen zu bleiben. Die nächsten<br />
St<strong>und</strong>en sind Genuß pur für meine weitgereiste<br />
Seele <strong>und</strong> das merkt man mir glaube ich auch an.<br />
Rene´ ist total hin <strong>und</strong> weg, daß wirs geschafft<br />
haben <strong>und</strong> erzählt mir so nebenbei, daß er meinen<br />
Antriebsstrang für „Forschungszwecke“ an sich<br />
nimmt <strong>und</strong> kostenlos regeneriert. Dieses Angebot<br />
haut mich ehrlich aus den Socken! So viele Kilometer<br />
bei einer <strong>der</strong>artigen Belastung in so kurzer Zeit<br />
hat noch keiner mit einem von ihm regenerierten<br />
Motor gefahren.<br />
Viele nette Gespräche später sitzen wir am Feuer<br />
Nach einem Stündchen Schlaf werde ich sanft von<br />
den Erzählungen <strong>der</strong> Danewitzer „Wurstschnibbeler“<br />
geweckt. Raus aus den Fe<strong>der</strong>n! Langsam kommt<br />
Leben auf den Platz. Bei einem solchen Wetter werden<br />
heute sicher viele Gäste <strong>und</strong> Tagesbesucher<br />
mit ihren <strong>AWO</strong>s <strong>und</strong> EMWs kommen. Nach dem<br />
verregneten vorigen Jahr wünsche ich es dem Organisationsteam,<br />
das sich immer mit soviel Herzblut<br />
in <strong>der</strong> Sache engagiert <strong>und</strong> so eine tolle Feier auf<br />
die Beine stellt. Lecker Frühstück gibts von <strong>der</strong><br />
Danewitzer Feuerwehr die ( bis auf die Gurken :-) )<br />
preiswert <strong>und</strong> sehr fre<strong>und</strong>lich zu uns sind. Der Tag<br />
ist erfüllt von Motorrä<strong>der</strong> gucken, erzählen , ausruhen,<br />
Benzingespräche, <strong>wie<strong>der</strong></strong> ausruhen <strong>und</strong> einfach<br />
mit netten Bekannten <strong>und</strong> neu kennengelernten<br />
Leuten ungezwungen Spaß haben. Ab <strong>und</strong> zu<br />
kommt einer zu mir, fragt mich aus <strong>und</strong> drückt seine<br />
Hochachtung vor „unserer Leistung“ aus. Ich bin<br />
44 <strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong>
freudig überrascht <strong>und</strong> gerührt, wieviele Leute doch<br />
mitgefi ebert haben, daß die Reise gut geht.<br />
Nachmittag fi ndet die Ausfahrt statt. Bis <strong>zum</strong> Highlight<br />
des Tages, dem „GS – Spezial“ auf einer<br />
Crossstrecke in <strong>der</strong> Nähe fahre ich mit. Und das<br />
lohnt sich echt. Heiko, Rene´ <strong>und</strong> ein paar an<strong>der</strong>e<br />
zeigen eindrucksvoll, wie man eine <strong>AWO</strong> im Gelände<br />
bewegen kann. Unsere zwei „rennverrückten“<br />
<strong>AWO</strong>-treiber , die sonst immer den Platz unsicher<br />
machen ;-) (sorry, wenn ich eure Namen vergessen<br />
hab) fahren mit Serien-<strong>AWO</strong>s mit <strong>und</strong> das echt nicht<br />
schlecht! Einer muß das Rennen vorzeitig beenden,<br />
weil die Hupe nicht mehr aus geht. Für Fahrer <strong>und</strong><br />
Zuschauer ist die Veranstaltung ein voller Erfolg, wie<br />
man deutlich auf den Gesichtern sehen kann.<br />
Trotz aller Zerstreuung drängt nun das Heimweh<br />
immer mehr in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Auf dem Heimweg<br />
von <strong>der</strong> Crossstrecke tanken Micha <strong>und</strong> ich. Wir genehmigen<br />
uns noch ein Eis. Nachmittag gibts Bikerspiele<br />
<strong>und</strong> Geschicklichkeitsfahren. Wir chillen auf<br />
<strong>der</strong> Wiese <strong>und</strong> lassen noch bissl die Seele baumeln.<br />
Es gibt auch <strong>wie<strong>der</strong></strong> Pokale zu verteilen. Dieses Mal<br />
fällt es schwer, den besten Umbau zu küren. Einige<br />
sehr super gemachte Unikate präsentieren sich von<br />
ihrer schönsten Seite.<br />
Diesmal darf sich Ralles knallrote „Johnnie Walker“<br />
- <strong>AWO</strong> mit Musikbox im Anhänger mit dem Pokal<br />
„schönster Umbau“ schmücken. Der Pokal für den<br />
„größten Haufen“ geht an die Kamenzer. Auch meine<br />
Strecke wird mit 9070 km als „längste Anreise“ anerkannt<br />
<strong>und</strong> ich knie nie<strong>der</strong>, nachdem ich den Pokal<br />
überreicht bekomme. Für mich ein toller Moment,<br />
<strong>der</strong> mich sehr rührt. Noch ein paar letze St<strong>und</strong>en<br />
ausruhen <strong>und</strong> quatschen mit Nick <strong>und</strong> Romy, Awonewbie<br />
<strong>und</strong> seinem Bru<strong>der</strong>, Rene´, Wroebe, Ekki<br />
<strong>und</strong> dann .... ich muß los ... halb acht packe ich meine<br />
Sachen zusammen <strong>und</strong> viertel neun verabschieden<br />
wir uns. Mir wird ganz schön mulmig, weil alle<br />
so herzlich zu mir sind <strong>und</strong> die Worte fallen etwas<br />
schwer, nicht nur mir...<br />
DENN ... das Ziel gilt es noch zu erreichen! UND<br />
LOS! Ein letzter Winker <strong>und</strong> die letzte Etappe beginnt.<br />
Wir lassen es <strong>wie<strong>der</strong></strong> ruhig mit 60 bis 70 km/h<br />
angehen. Kurz vor Schluß soll doch nicht noch was<br />
kaputt gehen. Es folgt die schwierigste Etappe <strong>der</strong><br />
Fahrt. Die Gedanken über die vergangenen 3 Wochen<br />
kreiseln wie verrückt im Kopf <strong>und</strong> dazu kommt<br />
eine Bettschwere, wie ich die ganze Reise über<br />
kaum mal hatte. Gefühlt muß ich alle 20 km anhalten<br />
<strong>und</strong> Liegestütze machen . Wie oft es wirklich<br />
war ... keinen Schimmer.<br />
In Roggosen verlasse ich die Autobahn <strong>und</strong> ab<br />
Rietschen bin ich <strong>wie<strong>der</strong></strong> putzmunter. Die Vorfreude<br />
steigt in mir hoch <strong>und</strong> ich singe vor mich hin. Niesky:<br />
noch 15 km. Ich möchte Vollgas fahren, reiße<br />
mich aber zusammen. Es riecht verdammt gut nach<br />
Heimat. Kleinradmeritz: noch 5 km. Wir fahren an<br />
dem ersten Feldstück vorbei, wo ich dieses Jahr<br />
Wintergerste angebaut habe. Der Dachs, <strong>der</strong> auf<br />
dem Feld seit Jahren seinen Bau hat, läuft wackelnd<br />
vor mir auf <strong>der</strong> Straße <strong>und</strong> verschwindet zwischen<br />
den Halmen. In <strong>der</strong> nächsten Kurve wird <strong>der</strong> Klang<br />
plötzlich kerniger <strong>und</strong> ich realisiere, daß sich 2 km<br />
vor zu Hause noch das Innenleben meines Auspuffs<br />
verabschiedet hat. Gut, dann hören mich wenigstens<br />
alle, wenn ich ankomme.<br />
Sonntagmorgen halb zwei biegen wir in die kleine<br />
Straße ein, die <strong>zum</strong> Hof führt. Langsam <strong>und</strong> total<br />
aufgeregt. Ich sehe Elis, unseren lieben Schäferh<strong>und</strong><br />
verschlafen <strong>und</strong> ohne zu bellen durchs Tor<br />
binzeln. Sie erkennt mich, legt sich vor mir hin <strong>und</strong><br />
for<strong>der</strong>t rückwirkend drei Wochen Streicheleinheiten<br />
am Stück ein. Ich stelle meine treue Reisegefährtin<br />
unter die großen Kastanien. Ein sanfter Klaps auf<br />
den Tank, ein leises „DANKE !“. Dann nehme ich<br />
das Rentierfell <strong>und</strong> den schmiedeeisernen Kerzenstän<strong>der</strong><br />
an mich <strong>und</strong> schleiche hinauf. Keiner<br />
entdeckt mich, bis ich direkt vor Anjas Bett stehe.<br />
Sie bemerkt mich nach einer Weile. Ich falle auf die<br />
Knie <strong>und</strong> ... für Minuten sind keine Worte nötig ... .<br />
Danke für dein abermaliges „JA“ !<br />
Dein Bernd<br />
<strong>Mit</strong> <strong>der</strong> <strong>AWO</strong> <strong>zum</strong> <strong>Nordkap</strong><br />
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