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09 11<br />
<strong>StandPunkte</strong><br />
Literatur<br />
Faktor Fünf - Die Formel für nachhaltiges Wachstum<br />
Von Ernst Ulrich von Weizsäcker, Karlson Hargroves<br />
und Michael Smith<br />
„Faktor fünf – Die Formel für nachhaltiges Wachstum“<br />
heißt das neue Buch, das Ernst Ulrich von Weizsäcker mit<br />
Karlson Hargroves und Michael Smith geschrieben hat. Es<br />
knüpft an das Buch „Faktor vier“ von 1995 an. Die Kernthese:<br />
Die weltweite Ressourcenproduktivität lässt sich um<br />
mindestens 75 bis 80 Prozent steigern.<br />
Dass diese Steigerung möglich ist, zeigen die Autoren im<br />
ersten Teil an Wirtschaftssektoren, die den höchsten Verbrauch<br />
an Energie, Wasser sowie Rohstoffen haben – und<br />
sehr hohe Treibhausgas-Emissionen aufweisen. Dies sind<br />
die Bereiche Gebäude, Stahl und Zement, Landwirtschaft<br />
und Verkehr. Detailliert wird erklärt, wie groß die „Effizienzrevolution“<br />
ausfallen kann, wenn alle technischen Möglichkeiten<br />
ausgeschöpft werden. Das klingt utopisch - und ist<br />
doch in vielen Fällen bereits Wirklichkeit, wie der erste Teil<br />
des Buches an zahlreichen Beispielen vorführt. Unternehmen,<br />
die weniger Rohstoffe brauchen, Energie sparen, und<br />
Materialien recyceln, haben sogar wirtschaftliche Vorteile<br />
gegenüber ihren Konkurrenten, so Karlson Hargroves und<br />
Michael Smith.<br />
Den zweiten Teil schrieb Ernst Ulrich von Weizsäcker alleine:<br />
Er diskutiert die politische Umsetzung, wobei es u.a.<br />
um ökonomische Instrumente und eine „langfristig angelegte<br />
ökologische Steuerreform“ geht. Er fordert eine<br />
„genügsamkeitsorientierte Kultur“, die an die Stelle einer<br />
einseitigen Wachstumspolitik treten soll. Ernst Ulrich von<br />
Weizsäcker diskutiert Sinn und Unsinn von Ökosteuern,<br />
Emissionshandel, Fördermaßnahmen, freiwilligen Industrieverpflichtungen,<br />
plädiert für eine neue Balance zwischen<br />
staatlichen Eingriffen und marktwirtschaftlicher<br />
Selbstregulation: eine nüchterne, sachliche Analyse der<br />
wirtschaftspolitischen Fehler, die nicht nur in die Wirtschaftskrise<br />
führten, sondern auch zur hemmungslosen<br />
Ausbeutung der Umwelt.<br />
In einem Interview stellt Weizsäcker noch einmal die<br />
Hauptthese dar: „Das Buch heißt „Faktor Fünf“, weil wir<br />
fünfmal so viel Wohlstand aus einer Kilowattstunde rausholen<br />
wollen - oder aus einer Tonne Kupfererz, oder einem<br />
Kubikmeter Wasser“. Zum Beispiel verbrauche ein Passivhaus<br />
bei hohem Wohnkomfort, guter Lüftung und Temperatur<br />
nur 10 bis 12 Prozent der Energie, die ein normaler<br />
Altbau nötig hat. Der Hauseigentümer würde somit am<br />
Ende nur 1/8 oder 1/10 der Heizkosten bezahlen. Und das<br />
amortisiere sich in zehn bis zwanzig Jahren. „Es geht also<br />
um Ressourcenproduktivität: Das bedeutet, mehr Wohlstand<br />
aus einer Einheit Ressource, aus Energie, Wasser<br />
oder Mineralien herauszuholen. Das ist so ähnlich wie bei<br />
der Arbeitsproduktivität, bei der wir gelernt haben, aus einer<br />
Stunde menschlicher Arbeit immer mehr Wohlstand zu<br />
erwirtschaften“.<br />
Um dem „Rebound“- oder Bumerang-Effekt, laut dem neugewonnene<br />
Energie-Effizienz für zusätzlichen Konsum eingesetzt<br />
wird, entgegenzuwirken, schlägt von Weizsäcker<br />
eine langfristige Verteuerung des Energieverbrauchs vor:<br />
Jedes Jahr oder alle fünf Jahre sollten die Energiepreise<br />
in dem Umfang angehoben werden, wie in der vorangegangenen<br />
Periode die Effizienz zugenommen hat. „Dann<br />
braucht keiner befürchten, dass die Leute arm werden,<br />
im Gegenteil: Das Land wird insgesamt reicher, wenn es<br />
weniger Geld nach Saudi-Arabien fließen lässt, weil es diese<br />
Summen stattdessen in einheimische Ingenieure investiert“,<br />
folgert Weizsäcker.<br />
Auch spricht er sich für eine „Politik der BIP-Verkleinerung“<br />
aus. „Die Ökonomen haben bisher im Wesentlichen<br />
gelernt, den Umsatz zu messen. Das BIP ist ein Umsatz-<br />
Maßstab, indes kein Maßstab für Lebensqualität. Wir<br />
brauchen einen besseren Maßstab dafür, was wir wollen“.<br />
Es geht bei alledem darum, das Prinzip Nachhaltigkeit im<br />
täglichen Konsumverhalten zu verwirklichen. So wird eine<br />
ökologisch bewusste Genügsamkeit proklamiert, die die<br />
Menschen anstelle eines Massenkonsums setzen sollten.<br />
Vierfarbige Grafiken und Tabellen, Fotos und Modellzeichnungen<br />
ergänzen den Text. Bisweilen allerdings erdrücken<br />
die vielen Zahlen die Lesefreude. Nicht alle hier vorgestellten<br />
Technologien, Designideen oder Alternativen sind neu,<br />
aber darum geht es auch nicht. Vielmehr soll aufgezeigt<br />
werden, wie ein wirksames Zusammenspiel aller Maßnahmen<br />
funktionieren kann. Obwohl die Texte von Wissenschaftlern<br />
geschrieben wurden, sind sie auch für Laien<br />
leicht zu verstehen.<br />
Ernst Ulrich von Weizsäcker, Karlson Hargroves, Michael<br />
Smith: Faktor Fünf - Die Formel für nachhaltiges Wachstum<br />
Droemer Verlag (11. März 2010)<br />
ISBN-10: 3426274868 ISBN-13: 978-3426274866<br />
432 Seiten, 19,95 Euro<br />
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