(PDF) 2011 Dossier: Erdöl - Marco Bülow
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<strong>Marco</strong> Bülow<br />
dere der Atomenergie, räumte man trotz heftigen Widerstands in der Bevölkerung Vorrang<br />
ein. Zur Reduzierung der politischen Erpressbarkeit wurden in allen Staaten strategische<br />
Ölreserven angelegt oder massiv verstärkt. 28 Als weitere Reaktion auf die erste Ölkrise wurde<br />
die Internationale Energie Agentur (IEA) gegründet. Sie soll als Kooperationsplattform zur<br />
Erforschung, Entwicklung, Markteinführung und Anwendung von Energietechnologien dienen.<br />
Ihre Mitgliedsländer repräsentieren heute ca. 60 Prozent des weltweiten Ölverbrauchs,<br />
und ihre Statuten sehen vor, dass bindende Entscheidungen im Krisenfall per Mehrheitsvotum<br />
im Gouverneursrat gefällt werden. Die IEA repräsentiert aber letztendlich immer noch<br />
die Welt- und Machtverhältnisse der 70er Jahre – die USA sind Veto-Macht, Mitglieder sind<br />
die westlichen Industrienationen, der rasante Aufstieg Chinas und Indiens spiegelt sich bisher<br />
nicht wieder (siehe Anhang, S. 47, Abbildung: Mitgliedsländer der IEA).<br />
Die zweite Ölkrise ging auf eine Preissteigerungsrunde der OPEC zurück. Der Richtpreis für<br />
Erdöl wurde auf über 30 US-Dollar pro Barrel angehoben. Diese zweite drastische Preissteigerung<br />
entstand in den Jahren 1979 und 1980, als sich nach dem Krieg zwischen Iran und<br />
dem Irak (erster Golfkrieg) in wichtigen Ölförderländern der Golfregion eine große Unsicherheit<br />
breit machte. Auch die zweite Ölkrise traf Deutschland hart. Das Wirtschaftswachstum<br />
sank 1981 auf praktisch Null und 1982 auf etwa minus ein Prozent. Gegenmaßnahmen<br />
hatten zum Teil unerwünschte Folgen. Die in die Minderung der schon 1983 auf 8,1 Prozent<br />
gestiegenen Arbeitslosigkeit und in die Stärkung der Konjunktur gesteckten Milliardenbeträge<br />
hatten in den folgenden Aufschwungjahren eine wachsende Staatsverschuldung zur Folge. 29<br />
Auch während des zweiten Golfkrieges 1990/1991 schnellte der Ölpreis in die Höhe. Da es<br />
aber bei einer kurzfristigen Preissteigerung blieb, kam es zu keiner weiteren Krise. Das gleiche<br />
gilt für die Überwindung der Asienkrise im Jahre 2000, die zu einem rasanten Anstieg<br />
der Nachfrage nach Öl und somit zu einem kurzfristigen Steigen des Ölpreises führte.<br />
Die Ölkrisen und auch kurzfristige Preissteigerungen im 20. Jahrhundert sind in der Regel<br />
durch politische Ereignisse ausgelöst worden. Die Macht der OPEC wurde vor allem während<br />
der ersten und zweiten Ölkrise deutlich, als die Organisation den Ölpreis durch ihre<br />
Entscheidungen maßgeblich beeinflussen konnte. Heute sind unter den zehn größten Erdöl-<br />
Förderländer fünf OPEC-Mitglieder, unter den fünf größten Exporteuren von Erdöl befinden<br />
sich gar vier OPEC-Staaten. Das OPEC-Kartell kontrolliert aber nicht nur rund 40 Prozent<br />
der weltweiten Ölproduktion, sondern auch zwei Drittel der weltweiten Ölreserven. Die Mit-<br />
28 vgl. Rainer Karlsch und Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859–1974,<br />
München 2003<br />
29 vgl. RP-Online: Deutschland erlebte bisher vier Rezessionen, 14.08.2003<br />
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