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Die sozialistische Industrialisierung – toter Hund ... - von Helga Schultz

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schiedlich war das Niveau der Industrieproduktion am Beginn der <strong>sozialistische</strong>n <strong>Industrialisierung</strong>,<br />

das in Bulgarien nur ein Fünftel der industriellen Pro-Kopf-Produktion<br />

der Tschechoslowakei betrug. Auch die Wirkungen des Krieges waren gar nicht vergleichbar<br />

zwischen dem schwer zerstörten und ausgeplünderten Polen mit den vom<br />

Kriegsgeschehen fast unberührten Balkanländern Bulgarien und Rumänien. <strong>Die</strong> Begründungen<br />

der forcierten <strong>Industrialisierung</strong> trugen nationale Züge: In Polen waren es<br />

Wiederaufbau und Entwicklung, in der DDR der Ausgleich <strong>von</strong> Teilungsfolgen, in der<br />

ČSR die Entwicklung der Slowakei, in Ungarn, Bulgarien und Rumänien schließlich die<br />

Überwindung der Rückständigkeit, die dem Programm der <strong>sozialistische</strong>n <strong>Industrialisierung</strong><br />

die Akzeptanz der Bevölkerung sichern sollten. Doch dahinter stand das eine und<br />

gleiche Paradigma, den Sieg des Sozialismus durch den beschleunigten Ausbau einer<br />

staatlichen Großindustrie mit Vorrang der Schwerindustrie zu sichern. <strong>Die</strong> DDR nahm<br />

dabei durchaus keine Sonderstellung ein, sondern sie folgte in der Richtung und in den<br />

Proportionen und Problemen ihrer Wirtschaftspolitik getreulich dem vorgegebenen<br />

Muster. Alle im folgenden präsentierten Daten, die überwiegend zeitgenössischen Darstellungen<br />

und offiziellen Quellen entstammen und also cum grano salis als Tendenz<br />

und Relation zu nehmen sind, zeigen die ostdeutsche Wirtschaftsentwicklung immer<br />

wieder als Durchschnitt und kaum als Außenseiter der Ländergruppe.<br />

In allen Ländern wurden gewaltige Anstrengungen zum Ausbau der Grundstoffindustrie,<br />

der Schwarzmetallurgie und des Schwermaschinenbaus gemacht. Der Anteil der<br />

Industrieinvestitionen, die in die weitgehend mit der Schwerindustrie identische Abteilung<br />

I flossen, war in allen Ländern sehr hoch. Er schwankte nur geringfügig zwischen<br />

79 Prozent in der Tschechoslowakei und 84 Prozent in Polen. 25 Und überall wurden die<br />

knappen Mittel innerhalb der Schwerindustrie noch einmal auf wenige Großprojekte<br />

konzentriert. In der DDR waren es neben den Hüttenwerken und Walzwerken vor allem<br />

die Braunkohleförderung in Lauchhammer und der Schiffbau - Warnowwerft Warnemünde,<br />

Neptunwerft Rostock, Matthias-Thesen-Werft Wismar - insgesamt etwa zwei<br />

Dutzend Objekte, die das Land <strong>von</strong> westdeutschen Lieferungen unabhängig machen<br />

sollten. 26<br />

<strong>Die</strong> Zuwachsraten in diesen Branchen waren bedeutend. <strong>Die</strong> DDR und die Tschechoslowakei<br />

konnten ihr schwerindustrielles Potential <strong>von</strong> 1950 bis 1955 mehr als verdoppeln,<br />

während Bulgarien in der Schwarzmetallurgie und Polen im Schwermaschinenbau <strong>von</strong><br />

niedrigem Ausgangsniveau die Produktion auf das Fünffache steigern konnte. Bulgarien<br />

erfüllte seinen ersten Fünfjahrplan bereits nach vier Jahren vorfristig im Jahre 1952,<br />

auch darin dem Vorbild der Stalinschen <strong>Industrialisierung</strong> folgend. 27 Rumänien lenkte<br />

die größten Investitionen in die Förderung und Verarbeitung <strong>von</strong> Erdöl und Erdgas.<br />

25 M. Laschke/B. Lindert, wie Anm. 24, Anlage 4.<br />

26 L. Baar/U. Müller/F. Zschaler, Strukturveränderungen und Wachstumsschwankungen, Investitionen<br />

und Budget in der DDR 1949 bis 1989, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1995/2, 52.<br />

27 L. Berov, <strong>Die</strong> wirtschaftliche Entwicklung der Volksrepublik Bulgarien. Studien zur Wirtschaftsgeschichte<br />

<strong>sozialistische</strong>r Länder, hg. <strong>von</strong> L. Baar, Bd. 5, Hochschule für Ökonomie „Bruno Leuschner“<br />

Berlin 1975, 8.<br />

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