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Johannes 2, 13-22 - Ispringen.elkib.de

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Kurz-Predigt über Joh 2, <strong>13</strong>-<strong>22</strong>; Reformationsfest, 01. 11. 2009, <strong>Ispringen</strong><br />

„Und das Passahfest <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n war nahe, und Jesus zog hinauf nach Jerusalem. Und er<br />

fand im Tempel die Händler, die Rin<strong>de</strong>r, Schafe und Tauben verkauften, und die Wechsler,<br />

die da saßen. Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel<br />

hinaus samt <strong>de</strong>n Schafen und Rin<strong>de</strong>rn und schüttete <strong>de</strong>n Wechslern das Geld aus und<br />

stieß die Tische um und sprach zu <strong>de</strong>nen, die die Tauben verkauften: Tragt das weg und<br />

macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhaus! Seine Jünger aber dachten daran, dass<br />

geschrieben steht (Psalm 69,10): »Der Eifer um <strong>de</strong>in Haus wird mich fressen.«<br />

Da fingen die Ju<strong>de</strong>n an und sprachen zu ihm: Was zeigst du uns für ein Zeichen, dass du<br />

dies tun darfst? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Brecht diesen Tempel ab, und in<br />

drei Tagen will ich ihn aufrichten. Da sprachen die Ju<strong>de</strong>n: Dieser Tempel ist in sechsundvierzig<br />

Jahren erbaut wor<strong>de</strong>n, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten? Er aber re<strong>de</strong>te<br />

von <strong>de</strong>m Tempel seines Leibes.<br />

Als er nun auferstan<strong>de</strong>n war von <strong>de</strong>n Toten, dachten seine Jünger daran, dass er dies<br />

gesagt hatte, und glaubten <strong>de</strong>r [a] Schrift und <strong>de</strong>m Wort, das Jesus gesagt hatte.“<br />

Ihr Lieben,<br />

es gibt in unserer Gemein<strong>de</strong> sehr friedlieben<strong>de</strong><br />

und geduldige Menschen. Sie geraten<br />

nicht so leicht aus <strong>de</strong>r Fassung. Sie sind<br />

sehr großzügig und weitherzig; fast möchte<br />

man manchmal meinen, sie hätten in bestimmten<br />

Situationen Nerven wie Drahtseile.<br />

Sie sind so leicht nicht aus <strong>de</strong>r Ruhe zu<br />

bringen. Sie haben eine Engelsgeduld und<br />

eine stoische Gelassenheit. Sie haben eine<br />

große Menschenliebe und ein nahezu unendliches<br />

Verständnis für fast alles und für<br />

fast je<strong>de</strong>rmann.<br />

Nun, ich weiß nicht, ob sich einige von uns<br />

in dieser Beschreibung wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>t; ob jemand<br />

von sich sagen wür<strong>de</strong>: „Ja doch, so in<br />

etwa trifft das auf mich zu. Genau so ein Typ<br />

bin ich auch.“ Mit solchen Menschen ist im<br />

Allgemeinen gut Kirschen essen. Sie hören<br />

zu, lassen mit sich re<strong>de</strong>n, nehmen sich<br />

selbst nicht ganz so wichtig und können<br />

auch mal nachgeben, ohne gleich in Selbstzweifel<br />

zu fallen o<strong>de</strong>r sich einen Zacken aus<br />

<strong>de</strong>r Krone zu brechen.<br />

Aber wehe, wehe – und das kenne ich aus<br />

eigener Erfahrung – wehe, wenn die mal an<br />

einen Punkt kommen, an einen sog. neuralgischen<br />

Punkt, wo ihnen <strong>de</strong>r Kragen platzt.<br />

Dann ist es aber aus, selbst mit <strong>de</strong>r allerbesten<br />

Freundschaft, selbst mit <strong>de</strong>r allernächsten<br />

und allerbesten Verwandtschaft. Wenn<br />

solchen Menschen <strong>de</strong>r Kragen platzt, dann<br />

sind sie unter Garantie an einer Stelle angegriffen<br />

und verwun<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n, die ihr Innerstes<br />

aufwühlt; da ist ihre tiefste Überzeugung<br />

mit Füßen getreten und verspottet wor<strong>de</strong>n.<br />

Kein Wun<strong>de</strong>r, wenn dann selbst die friedliebendsten<br />

Menschen explodieren und ausbrechen<br />

wie einen Vulkan.<br />

Ihr Lieben, ich kenne keine menschliche<br />

Gestalt, die annähernd so friedliebend und<br />

so geduldig und so menschenfreundlich gewesen<br />

ist wie Jesus Christus. Was hat <strong>de</strong>r<br />

sich alles gefallen lassen und sagen lassen<br />

und antun lassen - geduldig, ohne Wi<strong>de</strong>rre<strong>de</strong><br />

und ohne Gleiches mit Gleichem heimzuzahlen!<br />

Göttliche Geduld und unendliche


Herzensweite und unerschöpfliche Menschenfreundlichkeit!<br />

Aber eines Tages in Jerusalem, da wird sein<br />

neuralgischer Punkt getroffen und tief verletzt.<br />

Eines Tages in Jerusalem, da geht er<br />

in <strong>de</strong>n Tempel, und dort wird sein Innerstes<br />

zutiefst aufgewühlt. Denn dort wird von <strong>de</strong>n<br />

Menschen das Wesen seines himmlischen<br />

Vaters mit Füßen getreten. Dort geschieht<br />

Gotteslästerung par excellence, nach allen<br />

Regeln <strong>de</strong>r Kunst.<br />

Da glauben die doch tatsächlich, <strong>de</strong>r Gott Israels<br />

sei nichts weiter als rachgieriger Gott,<br />

<strong>de</strong>m man nur genügend Opfergaben in <strong>de</strong>n<br />

Rachen werfen muss, um ihn gnädig zu<br />

stimmen.<br />

Da glauben die doch tatsächlich, diesen Gott<br />

mit ein paar Täubchen o<strong>de</strong>r sonstigem Getier<br />

abspeisen und beruhigen und versöhnlich<br />

stimmen zu können.<br />

Da glauben die doch tatsächlich, sich von ihren<br />

Gesetzesübertretungen und <strong>de</strong>r damit<br />

verbun<strong>de</strong>nen Schuld vor Gott selbst freikaufen<br />

zu können.<br />

Ja, waren die damals <strong>de</strong>nn schon im Mittelalter<br />

angekommen, wo man ebenfalls davor<br />

zeugt war: Ein paar Dukaten hier, ein paar<br />

Taler dort, eine Wallfahrt nach Rom o<strong>de</strong>r<br />

zehn Rosenkranzgebete, 20 Ave Maria und<br />

30 Vaterunser, so müsste Gott doch zufrie<strong>de</strong>n<br />

zu stellen, zu besänftigen sein.<br />

Jesus gerät im Tempel von Jerusalem außer<br />

Rand und Band. Denn mit dieser Glaubenseinstellung<br />

trampeln die Menschen dort<br />

alles nie<strong>de</strong>r, was <strong>de</strong>r Vater im Himmel ihnen<br />

an Güte und Barmherzigkeit und Gna<strong>de</strong> und<br />

Liebe – gratis, umsonst, nur auf Bitten hin -<br />

schenken will. Mit dieser Glaubenseinstellung<br />

machen sie aus <strong>de</strong>m gnädigen Schöpfer<br />

einen bestechlichen Kumpel, aus <strong>de</strong>m<br />

barmherzigen Vater machen sie einen käuflichen<br />

Götzen.<br />

Was für eine unverfrorene Frechheit! Was<br />

für eine Beleidigung! Was für eine Verhohnepiepelung<br />

<strong>de</strong>ssen, <strong>de</strong>r auf Glauben und<br />

Vertrauen wartet, <strong>de</strong>r an Gebet und Dankbarkeit<br />

seine Freu<strong>de</strong> hat. Jesus ist zutiefst<br />

erschüttert, welches Zerrbild sich die Menschen<br />

von seinem Vater gemacht haben. Sie<br />

haben ihn mit ihrem Opferkult <strong>de</strong>gradiert zu<br />

einem Gott, <strong>de</strong>r seinerseits – wegen ihrer<br />

Opfergaben - permanent in Bringschuld<br />

steht.<br />

Wussten sie es <strong>de</strong>nn nicht besser? Doch sie<br />

wussten es besser! Aber Gott zu bezahlen<br />

und ihn damit berechenbar zu machen, das<br />

ist eben leichter und verlocken<strong>de</strong>r als sein<br />

Erbarmen zu erbitten und ihm zu vertrauen.<br />

– Der Tempel in Jerusalem war ein verkommener<br />

Ort gewor<strong>de</strong>n, weil <strong>de</strong>r gnädige und<br />

barmherzige Gott in diesem Tempel nicht<br />

mehr vorkam.<br />

Und darum platzt Jesus <strong>de</strong>r Kragen, und er<br />

fährt aus <strong>de</strong>r Haut und bricht aus wie ein<br />

Vulkan. Mit einer Peitsche schlägt er dazwischen,<br />

<strong>de</strong>moliert das Inventar, schmeißt alle<br />

falsche Finanzfrömmigkeit über <strong>de</strong>n Haufen<br />

und macht ein für allemal klar: „Tragt das<br />

weg und macht nicht meines Vaters Haus<br />

zum Kaufhaus!“ ... ‚und macht in euren<br />

dummen Gottesvorstellungen meinen Vater<br />

nicht zu einer käuflichen und bestechlichen<br />

Witzfigur.’<br />

Auf die erschrockene Gegenfrage <strong>de</strong>r Irrgläubigen,<br />

ob es <strong>de</strong>nn vor Gott ganz ohne<br />

Opfer ginge, antwortet Jesus mit „Nein! Aber<br />

es ist Gott, <strong>de</strong>r sich selbst mit euch versöhnt,<br />

in <strong>de</strong>m er mich, seinen Sohn, ans Kreuz<br />

schickt und ich mich für euch opfere.“<br />

Es brauchte ein Opfer, eine Wie<strong>de</strong>rgutmachung<br />

für die Sün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Menschen, aber<br />

eben nur eines, und ein - für alle Zeiten -<br />

allgenugsames Opfer, nämlich das Lebensopfer<br />

<strong>de</strong>s Gottessohnes am Kreuz zur Vergebung<br />

<strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong>n für alle Menschen.


„Brecht diesen Tempel ab, - will sagen:<br />

dieses gotteslästerliche Kaufhaus einer<br />

Frömmigkeit, wo <strong>de</strong>r gnädige Gott mit Opfergaben<br />

bestochen wer<strong>de</strong>n soll. „Brecht<br />

diesen Tempel mit seinem Opferkult ab<br />

und in drei Tagen will ich ‚<strong>de</strong>n Tempel’<br />

aufrichten.“ – will sagen: <strong>de</strong>n wahren Tempel,<br />

wo einer sich opfert, und wo alle, die an<br />

ihn glauben, Gottes Gna<strong>de</strong> und Liebe erbitten<br />

dürfen und geschenkt bekommen. „Er<br />

aber re<strong>de</strong>te von <strong>de</strong>m Tempel seines Leibes.“<br />

Jesus selbst war das eine und allgenugsame<br />

Opfer.<br />

Ich zitiere Paulus: „Gott war in Christus<br />

und versöhnte die Welt mit sich selber<br />

und rechnete ihnen ihre Sün<strong>de</strong>n nicht zu<br />

und hat unter uns aufgerichtet das Wort<br />

von <strong>de</strong>r Versöhnung. ... Denn Gott hat<br />

<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r von keiner Sün<strong>de</strong> wusste, für<br />

uns zur Sün<strong>de</strong> gemacht, damit wir in ihm<br />

die Gerechtigkeit bekämen, die vor Gott<br />

gilt.“<br />

Ihr Lieben, unsere Dankbarkeit gegenüber<br />

Gott ist <strong>de</strong>r trefflichste Grund, in diesem Gotteshaus<br />

zusammen zu kommen. Dankbarkeit<br />

für Gottes Barmherzigkeit und Vergebung,<br />

die uns um Jesu willen geschenkt wer<strong>de</strong>n,<br />

- o<strong>de</strong>r um es mit reformatorischen<br />

Worten zu sagen: Opfer sind out. Denn es<br />

gilt für alle Zeiten: Wir sind Gott angenehm<br />

und wer<strong>de</strong>n von ihm geliebt: Allein aus Gna<strong>de</strong>n<br />

- allein um Jesu willen - allein durch <strong>de</strong>n<br />

Glauben. Amen<br />

Ein Tauschhan<strong>de</strong>l mit Gott – wie auch immer<br />

- das können wir uns abschminken. Gott –<br />

wie auch immer – zu bezahlen und Jesu Opfer<br />

nicht in Anspruch zu nehmen – das ist<br />

noch viel weniger richtig.<br />

Gott will allein unseren Glauben an <strong>de</strong>n für<br />

uns gekreuzigten Jesus Christus; er will nur<br />

Dankbarkeit für seine Gna<strong>de</strong> und Barmherzigkeit,<br />

die er uns um Jesu willen schenkt.<br />

Gott will keine Opfer, sie beleidigen ihn,<br />

son<strong>de</strong>rn ihn erfreuen unsere Gespräche mit<br />

ihm und unser Vertrauen zu ihm, unsere<br />

Lie<strong>de</strong>r und unsere Musik zu seiner Ehre.<br />

Paul Gerhard hat in seinem bekannten Morgenlied<br />

gesungen: „Die besten Güter sind<br />

unsere Gemüter; dankbare Lie<strong>de</strong>r sind<br />

Weihrauch und Wid<strong>de</strong>r, an welchen er<br />

sich am meisten ergötzt.“

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