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Hüftarthroskopie – ambulant oder stationär?

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Fortbildung<br />

Im Gespräch<br />

Im Gespräch<br />

Hüftarthroskopie – <strong>ambulant</strong> <strong>oder</strong><br />

stationär?<br />

Die Hüftarthroskopie hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung<br />

gewonnen. Doch noch immer stellt diese Operationsmethode hohe<br />

Anforderungen an das handwerkliche Können und die instrumentelle<br />

Ausstattung. Dr. Klaus Bachfischer, Weilheim, und Dr. Michael<br />

Dienst, Homburg/Saar, im Gespräch über notwendige Voraussetzungen<br />

und wirtschaftliche Aspekte der Operationsmethode.<br />

Die Hüftarthroskopie scheint an Bedeutung<br />

zu gewinnen. Wie würden Sie<br />

?<br />

denn den aktuellen Stellenwert der noch<br />

jungen Operationsmethode einschätzen?<br />

Bachfischer: Seit einigen Jahren beobachte<br />

ich zunehmende wissenschaftliche<br />

Aktivitäten im Bereich der gelenkerhaltenden<br />

operativen Therapie am Hüftgelenk.<br />

Nicht nur Umstellungsosteotomien<br />

<strong>oder</strong> pfannenverbessernde Eingriffe,<br />

sondern auch komplexere biomechanische<br />

Korrekturen, zum Beispiel<br />

zur Offset-Verbesserung und bei femoro-acetabulärem<br />

Impingement werden<br />

erforscht und durchgeführt. Durch die<br />

technischen Verbesserungen der Arthroskopie<br />

am Hüftgelenk sind jetzt<br />

auch zusätzliche Krankheitsbilder sinnvoller<br />

und ohne eine deutliche operative<br />

Morbidität zu behandeln.<br />

Welche Krankheiten sind das denn genau,<br />

die arthroskopisch behandelt wer-<br />

?<br />

den können?<br />

Dienst: Die Indikationsliste zur Hüftarthroskopie<br />

ist vor allem in den letzten<br />

fünf Jahren wesentlich erweitert worden.<br />

Auch komplexere Pathologien<br />

werden mittlerweile arthroskopisch behandelt,<br />

sodass die offenen Operationsverfahren<br />

am Hüftgelenk weiter in den<br />

Hintergrund gedrängt werden. Ich<br />

möchte Ihnen gerne einen Überblick<br />

über die Erkrankungen geben, bei denen<br />

sich eine Hüftarthroskopie anbietet:<br />

Das Vorliegen von freien Körpern<br />

ist eine seltene, aber optimal geeignete<br />

Indikation zur arthroskopischen Intervention.<br />

Selbst größere freie Körper<br />

können arthroskopisch zerkleinert und<br />

dann entfernt werden. Die Ergebnisse<br />

sind sehr gut. Bei Verdacht auf Labrumläsionen<br />

müssen Zuweiser und Operateur<br />

sich immer die Frage stellen, ob<br />

hier nicht eine weitere Pathologie vorliegt,<br />

die für eine Labrumveränderung<br />

ursächlich ist. Isolierte Labrumläsionen<br />

sind meiner Erfahrung nach sehr selten,<br />

sie sind meistens die Folge eines femoroazetabulären<br />

Impingements, einer<br />

Dysplasie <strong>oder</strong> einer anderen Gelenkfehlstellung.<br />

Refixationen machen nur<br />

dann Sinn, wenn das Labrum instabil,<br />

nur wenig degenerativ verändert ist und<br />

(!) die Ursache der Labrumläsion mitbehandelt<br />

wird. So wäre eine Refixation<br />

des Labrums bei Vorliegen einer Dysplasie<br />

höheren Abweichungsgrades nur<br />

dann indiziert, wenn das Gelenk ein<strong>oder</strong><br />

kurzfristig zweizeitig umgestellt<br />

wird. Bei Labrumresektionen sollte sehr<br />

zurückhaltend reseziert werden, um<br />

möglichst viel Labrumgewebe zu erhalten.<br />

Dies gilt im besonderen Maße bei<br />

Vorliegen einer Dysplasie, bei der das<br />

Labrum die „letzte Leitplanke“ ist. Synoviale<br />

Erkrankungen wie Chondromatose,<br />

Synovitiden etc. sind eine gute Indikation<br />

zur Hüftarthroskopie. Denn<br />

sie bieten eine einfache Inspektion und<br />

Biopsie auffälliger Schleimhautareale<br />

bis hin zur umfangreichen Chondromentfernung<br />

und ausgedehnten Synovektomie.<br />

Bei Rezidiveingriffen <strong>oder</strong> Vorliegen<br />

einer pigmentierten villonodulären<br />

Synovitis sollte die Arthroskopie<br />

Dr. med. Michael Dienst<br />

Oberarzt an der Orthopädische<br />

Uniklinik<br />

Homburg/Saar:<br />

„Bei fortgeschrittenen<br />

Coxarthrosen<br />

mit deutlichen Bewegungseinschränkungen<br />

macht eine<br />

arthroskopische Intervention<br />

keinen<br />

Sinn.“<br />

Dr. med. Klaus Bachfischer<br />

Ärztlicher Direktor<br />

des Orthopädischen<br />

Fachzentrums (OFZ)<br />

Weilheim: „Um eine<br />

Hüftarthroskopie<br />

erfolgreich zu meistern,<br />

bedarf es einer<br />

großen Routine und<br />

Erfahrung.“<br />

mit einer Radiosynoviorthese nach sechs<br />

bis zwölf Wochen kombiniert werden.<br />

Auch die akute, septische Arthritis ist<br />

eine sehr gute Indikation für ein arthroskopisches<br />

Debridement und eine<br />

Antibiotikumträgereinlage. An unserer<br />

Klinik lavagieren und debridieren wir in<br />

allen Fällen nach zwei bis drei Tagen ein<br />

zweites Mal, es folgt eine sechswöchige<br />

Antibiotikumgabe nach Antibiogramm.<br />

Bei Coxarthrose ist eine arthroskopische<br />

Behandlung nur dann indiziert,<br />

wenn die Knorpelschäden lokalisiert<br />

sind, der Gelenkspalt noch ausreichend<br />

erhalten ist, der Verdacht auf eine mechanische<br />

Irritation, zum Beispiel durch<br />

ein osteochondrales Fragment <strong>oder</strong><br />

Knorpellappen besteht, und die Gelenkbeweglichkeit<br />

noch erhalten ist.<br />

Hier bietet die Arthroskopie die Möglichkeit<br />

des Debridements bis hin zur<br />

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Ambulante Chirurgie 5·2006<br />

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Abrasionsarthroplastik und Mikrofrakturierung.<br />

Bei Rupturen des Ligamentum<br />

capitis femoris ist die präoperative<br />

Diagnose oftmals nur schwer zu stellen,<br />

wenn überhaupt meist nur durch die<br />

Anfertigung eines MR-Arthrogramms.<br />

Hinweise geben ein Abduktions-Außenrotationstrauma<br />

<strong>oder</strong> eine Fehlstellung<br />

wie eine Dysplasie <strong>oder</strong> Koxa magna<br />

nach Epiphyseolysis capitis femoris.<br />

Die Ergebnisse der arthroskopischen Ligamentresektion<br />

sind bei noch gutem<br />

Zustand des Knorpels hervorragend.<br />

Auch bei Vorliegen eines femoroazetabulären<br />

Impingements bietet die Hüftarthroskopie<br />

zunehmend bessere Behandlungsmöglichkeiten.<br />

Insbesondere<br />

die femorale Fehlform, das Cam-Impingement,<br />

kann arthroskopisch gut<br />

durch eine Taillierung des ventrolateralen<br />

Kopf-Hals-Übergangs behandelt<br />

werden.<br />

Problematisch ist die Arthroskopie<br />

noch bei Vorliegen einer fortgeschrittenen<br />

azetabulären Form, dem sog.<br />

Pincer-Impingement. Die arthroskopische<br />

temporäre Ablösung des Labrum<br />

acetabulare, Zurücktrimmen des<br />

Pfannenrandes und Refixation des<br />

Labrum ist noch nicht etabliert. Unklare<br />

Hüftschmerzen sind seltener geworden.<br />

Bei positivem LA-Test und<br />

nicht richtungsweisender radiologischer<br />

Diagnostik kann eine diagnostische<br />

Arthroskopie indiziert sein. Eine<br />

therapieresistente Psoastendinitis bzw.<br />

eine schmerzhaftes Psoasspringen kann<br />

eine Tenotomie erforderlich machen.<br />

Diese kann arthroskopisch <strong>oder</strong> endoskopisch<br />

minimal-invasiv über das Gelenk<br />

<strong>oder</strong> extraartikulär am Trochanter<br />

minor erfolgen.<br />

Eine Hüftkopfnekrose ist nur in<br />

Ausnahmefällen eine Indikation zur<br />

Hüftarthrokopie, wie bei noch gut erhaltenem<br />

Gelenkspalt und dem Verdacht<br />

auf eine mechanische Irritation<br />

zum Beispiel durch einen Knorpellappen<br />

<strong>oder</strong> ein osteochondrales Fragment.<br />

Eine Osteochondrosis dissecans des<br />

Hüftkopfes ist extrem selten, dann aber<br />

eine gute Indikation zur Arthroskopie.<br />

Die Indikation zur Arthroskopie eines<br />

endoprothetischen Gelenkersatzes stellt<br />

sich unserer Erfahrung nach nur bei<br />

Vorliegen einer schmerzhaft springenden<br />

Psoassehne.<br />

Im Umkehrschluss: Bei welchen Erkrankungen<br />

des Hüftgelenkes eignet sich<br />

?<br />

denn besser ein offenes Verfahren?<br />

Dienst: Es gelten die gleichen Grundsätze<br />

wie bei anderen Gelenken. Eine arthroskopische<br />

Intervention bei fortgeschrittenen<br />

Coxarthrosen mit deutlichen<br />

Bewegungseinschränkungen macht keinen<br />

Sinn. Hier sollte eine endoprothetische<br />

Versorgung erfolgen. Auch bei<br />

fortgeschrittenen synovialen Erkrankungen<br />

wie Osteo-/Chondromatosen<br />

mit großen Chondromen <strong>oder</strong> Chondromkonglomeraten<br />

insbesondere mit<br />

Bewegungseinschränkung empfiehlt sich<br />

ein offenes Vorgehen. In diesen Fällen ist<br />

die arthroskopische Zerkleinerung der<br />

Osteochondrome zu zeitaufwendig, zudem<br />

ist hier ein umfangreiches Release<br />

erforderlich, welches effektiver offen<br />

durchgeführt werden kann. Ein femoroazetabuläres<br />

Impingement vom Pincer-<br />

Typ ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt<br />

noch die Domäne der offenen Behandlung.<br />

Wie erfolgt denn die Indikationsstellung<br />

? zur Hüftarthroskopie im niedergelassenen<br />

<strong>ambulant</strong>en Bereich?<br />

Bachfischer: Zum einen ist es wichtig,<br />

die entsprechenden Krankheitsbilder zu<br />

erkennen. Hierzu ist die genaue klinische<br />

Untersuchung in Kombination<br />

mit der Basisbildgebung, also einer genauen<br />

Röntgenbildanalyse, sowie speziellen<br />

Bildgebungsverfahren bis hin zur<br />

Magnetresonanz-Tomographie (MR)<br />

mit intraartikulärem Kontrastmittel nötig.<br />

Dies in enger Zusammenarbeit mit<br />

einem darauf spezialisierten Radiologen.<br />

Sollte man selbst die Möglichkeit zur<br />

Durchführung von MR haben, ist eine<br />

oftmals noch raschere Diagnostik möglich.<br />

Die Indikation zur Arthroskopie<br />

selbst sollte dann endgültig der die arthroskopische<br />

Operation durchführende<br />

Facharzt stellen, wobei wir niedergelassenen<br />

Orthopäden dabei eine wesentliche<br />

richtungsweisende Empfehlung<br />

vornehmen können und müssen.<br />

Gibt es denn auch Kontraindikationen,<br />

? die bei der Indikationsstellung zur Hüftarthroskopie<br />

bedacht werden müssen?<br />

Dienst: Ja, so sollte z.B. eine akute Azetabulumfraktur<br />

nicht arthroskopiert<br />

werden. Denn dabei ist das Risiko zu<br />

groß, dass Flüssigkeit durch die Frakturspalten<br />

in das Retroperitoneum und<br />

durch Kapselrisse in das periartikuläre<br />

Weichteilgewebe gepresst wird. Ein Zuwarten<br />

von vier bis sechs Wochen zum<br />

Beispiel zur Entfernung von intraartikulären<br />

Fragmenten ist empfehlenswert.<br />

Auf weniger gute Indikationen wie das<br />

Vorliegen einer Hüftkopfnekrose wurde<br />

bereits eingegangen. Grundsätzlich<br />

muss berücksichtigt werden, dass die<br />

Arthroskopie abgesehen von den meisten<br />

Formen des femoroazetabulären<br />

Impingements die biomechanische Situation<br />

nicht verändert. So muss der<br />

Patient beispielsweise bei Vorliegen einer<br />

Dysplasie darauf hingewiesen werden,<br />

dass möglicherweise eine Umstellungsosteotomie<br />

notwendig ist. Die Arthroskopie<br />

kann hier nur die Funktion<br />

der Abklärung und die Therapie intraartikulärer<br />

Folgeschäden wie Labrumläsionen<br />

<strong>oder</strong> Rupturen des Lig. capitis<br />

femoris übernehmen. Der Patient muss<br />

zudem darüber aufgeklärt werden, dass<br />

eine Umstellung auf eine offenes Verfahren,<br />

ein- <strong>oder</strong> zweizeitig, möglich<br />

werden kann. Wie in anderen Gelenken<br />

besteht das Risiko, dass es intraartikulär<br />

zu einem Instrumentenbruch kommt.<br />

Zudem kommt es – insbesondere bei<br />

gedrungenen, muskelkräftigen und<br />

männlichen Patienten mit länger bestehender<br />

Gelenkerkrankung – vor, dass<br />

keine ausreichende Distraktion von<br />

Kopf und Pfanne erzielt werden kann.<br />

Welche apparative und instrumentelle<br />

? Ausstattung muss zur Durchführung einer<br />

Hüftarthroskopie vorhanden sein?<br />

Dienst: Über die Standardausrüstung<br />

zur Arthroskopie des Knie- <strong>oder</strong> Schultergelenks<br />

hinaus ist eine besondere Zusatzausstattung<br />

erforderlich. Die Lagerung<br />

kann in Rücken- <strong>oder</strong> Seitenlage<br />

auf einem regulären Extensionstisch erfolgen.<br />

Empfehlenswert ist ein besonders<br />

dick gepolsterter Gegenzugstab,<br />

um Probleme im Leisten- und Genitalbereich<br />

zu vermeiden. Alternativ können<br />

spezielle Tischanbauten verwendet<br />

werden, die mittlerweile von verschiedenen<br />

Firmen angeboten werden (z.B.<br />

Firma Arthrex, Karlsfeld; Firma Innomed,<br />

Savannah, GA, U.S.A.; Firma<br />

Smith & Nephew, Hamburg). Zur Portalanlage<br />

muss selbst für den fortge-<br />

Ambulante Chirurgie 5·2006<br />

33<br />

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Fortbildung<br />

Im Gespräch<br />

schrittenen Arthroskopeur ein Röntgenbildwandler<br />

vorhanden sein. Zur<br />

Arthroskopie des Hüftgelenks können<br />

bei den meisten Patienten reguläre<br />

4mm-Arthroskop-Schaftsysteme verwendet<br />

werden. An die Grenzen stößt<br />

man hier jedoch bei weichteilkräftigen,<br />

adipösen Patienten, für die Arthroskopschäfte<br />

mit größerer Schaftarbeitslänge<br />

verwendet werden müssen. Es<br />

sollten mindestens zwei, besser drei Arthroskopieschäfte<br />

vorhanden sein, um<br />

zwischen den Portalen hin- und herwechseln<br />

zu können, ohne dauernd den<br />

Schaft neu ein- und ausführen zu müssen.<br />

Zur Portalanlage muss ein System<br />

aus Metallkanülen, Führungsdraht und<br />

kanülierten Trokaren zur Verfügung<br />

stehen. Zur diagnostischen Arthroskopie<br />

gehört ein überlanger Tasthaken.<br />

Die operative Arthroskopie wird erst<br />

durch den Einsatz von überlangen Shavern,<br />

besonderen HF-Instrumenten<br />

und überlangen handbetriebenen Instrumenten<br />

möglich. Wenngleich in vielen<br />

Fällen auch Instrumente normaler<br />

Länge verwendet werden können, erfordert<br />

z.B. das Arbeiten in der Fossa acetabuli,<br />

die größere Arbeitslänge bei Verwendung<br />

des dorsolateralen Portals und<br />

die Arthroskopie von weichteilkräftigeren<br />

Patienten überlange Instrumente.<br />

Vorteilhaft sind besondere Arbeitshülsen<br />

unterschiedlichen Durchmessers<br />

und Länge. Mittlerweile werden komplette<br />

Arthroskop- und Instrumentiersystem<br />

von verschiedenen Herstellern<br />

angeboten (z.B. Arthrex, Karlsfeld;<br />

Storz, Tuttlingen; Stryker, Duisburg;<br />

Smith & Nephew, Hamburg)<br />

Ist unter diesen Bedingungen eine Hüft-<br />

? Arthroskopie auch in einer <strong>ambulant</strong>en<br />

Einrichtung machbar?<br />

Bachfischer: Prinzipiell machbar ist es<br />

schon. Grundvoraussetzungen sind das<br />

Vorhandensein einer m<strong>oder</strong>nen ASK-<br />

Einrichtung, einer Extensionstischlagerung<br />

mit allen dazugehörigen zusätzlichen<br />

Polsterungen und eine Bildwandlereinheit.<br />

Der OP-Saal muss auch so<br />

großzügig sein, dass die gleichzeitige<br />

Verwendung dieser drei Gerätschaften<br />

und eine intraoperative eventuell nötige<br />

Umlagerung trotz aller Geräte möglich<br />

ist. Dies ist in reinen <strong>ambulant</strong>en Einrichtungen,<br />

die von niedergelassenen<br />

Ärzten betrieben werden, sicherlich nur<br />

sehr selten möglich. Auch das Personal<br />

muss für diese OP gut eingearbeitet<br />

werden.<br />

Wie ist bei gegebener Indikation der operative<br />

Ablauf einer Hüftarthroskopie?<br />

?<br />

Dienst: Der Patient kann auf dem Rücken<br />

<strong>oder</strong> der Seite gelagert werden, wir<br />

bevorzugen die Rückenlage auf einem<br />

Extensionstisch. Arthroskopisch müssen<br />

zwei Bereiche des Gelenks untersucht<br />

und behandelt werden: Der Bereich<br />

innerhalb des Labrum acetabulare<br />

zwischen Kopf und Pfanne („zentraler<br />

Bereich“) und der Bereich außerhalb<br />

des Labrum acetabulare um den Kopf<br />

und Schenkelhals herum („peripherer<br />

Bereich“). Es ist verständlich, dass der<br />

zentrale Bereich nur unter Zug am Bein<br />

(Traktion) arthroskopisch angegangen<br />

werden kann. Es hat sich gezeigt, dass<br />

der periphere Bereich wesentlich besser<br />

ohne Traktion arthroskopiert werden<br />

kann, zudem ist es dabei vorteilhaft,<br />

wenn das Bein frei bewegt werden kann.<br />

Im zweiten Teil der Arthroskopie wird<br />

daher der periphere Bereich ohne Traktion<br />

arthroskopiert. Meistens müssen<br />

drei bis fünf verschiedene Portale zum<br />

Hüftgelenk angelegt werden, sodass im<br />

Hüftbereich nach der Operation drei<br />

bis fünf kleine Hautschnitte zu finden<br />

sind. Je nach Komplexität des Eingriffs<br />

dauern arthroskopische Eingriffe am<br />

Hüftgelenk beim erfahrenen Arthroskopeur<br />

45 bis 180 Minuten.<br />

Und wie erfolgt die peri- und postoperative<br />

Betreuung und Rehabilitation eines<br />

?<br />

hüftarthroskopierten Patienten?<br />

Dienst: Einfache diagnostische <strong>oder</strong><br />

kurze therapeutische Eingriffe am Hüftgelenk<br />

könnten prinzipiell <strong>ambulant</strong><br />

durchgeführt werden. Aber im Hinblick<br />

auf die größtenteils fehlende Erfahrung<br />

nicht spezialisierter Kliniken und niedergelassener<br />

Kollegen, den großen instrumentellen<br />

und logistischen Aufwand<br />

und die fragliche Honorierung im <strong>ambulant</strong>en<br />

Bereich ist dies jedoch auch<br />

bei kurzen Eingriffen in Frage zu stellen.<br />

Wir empfehlen zum gegenwärtigen<br />

Zeitpunkt noch eine stationäre Behandlung<br />

über drei bis fünf Tage. Wir beginnen<br />

ab dem erstem postoperativen Tag<br />

mit einer Motorschienenbehandlung<br />

und physiotherapeutischen Behandlung.<br />

Bei einer Abrasionsarthroplastik,<br />

Mikrofrakturierung <strong>oder</strong> Arthroskopie<br />

beim femoroazetabulären Impingement<br />

wird die Motorschienenbehandlung bis<br />

mindestens in der sechsten Woche postoperativ<br />

fortgeführt. Bei den Maßnahmen<br />

am Knorpel wird das operierte<br />

Bein an zwei Unterarmgehstützen für<br />

sechs Wochen entlastet (Abrollbelastung),<br />

in allen anderen Fällen (auch<br />

der Taillierung am Femurkopf-Schenkelhals-Übergang)<br />

erfolgt eine schmerzadaptierte<br />

Aufbelastung über 7-14 Tage.<br />

Die Patienten werden angehalten, frühzeitig<br />

auf dem Ergometer zu trainieren,<br />

zunächst ohne Widerstand. Als Grenze<br />

der Nachbehandlungsintensität und -<br />

frequenz gilt für alle Patienten die Provokation<br />

von Schmerz. Je nach Art des<br />

Eingriffs und Sportart können Sportler<br />

meistens bereits nach wenigen Wochen,<br />

seltener erst nach drei bis vier Monaten<br />

wieder voll trainieren.<br />

Wie sieht denn die wirtschaftliche Kalkulation<br />

einer Hüftarthroskopie in einer<br />

?<br />

reinen <strong>ambulant</strong>en Einrichtung aus?<br />

Bachfischer: Hier sind viele verschiedene<br />

Aspekte zu berücksichtigen. Geht<br />

man von einer bereits vorhandenen Arthroskopieeinrichtung<br />

und einem Bildwandler<br />

aus, so fallen zusätzliche Investitionskosten<br />

für einen Extensionstisch<br />

und die dazugehörige Polsterung an.<br />

Auch die gesamte Abdeckung ist deutlich<br />

aufwendiger als bei Knie- <strong>oder</strong><br />

Schulterarthroskopien. Zusätzlich erforderlich<br />

sind dann noch die speziellen<br />

Kanülensysteme für Hüftarthroskopien.<br />

Und was ist mit dem Zeitaufwand im<br />

? OP?<br />

Bachfischer: Das ist schwierig einzuschätzen.<br />

Die Arthroskopie des Hüftgelenkes<br />

kann sicherlich nicht im Schnelldurchgang<br />

ausgeführt werden. Wenn<br />

dann auch noch ausgedehnte therapeutische<br />

Maßnahmen durchzuführen sind,<br />

ist eine Stunde schnell vergangen. Man<br />

darf nicht vergessen, dass dann neben<br />

den Kosten für den OP-Saal auch noch<br />

das OP-Personal und eine ärztliche Assistenz<br />

erforderlich sind. Die Gesamtkosten<br />

hierfür sind natürlich vom vollständigen<br />

Zeitaufwand abhängig und<br />

34<br />

Ambulante Chirurgie 5·2006<br />

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Fortbildung<br />

Im Gespräch<br />

Foto: M. Dienst<br />

Arthroskopie einer linken Hüfte: Arthroskop von dorsolateral, Schaft mit Trokar von<br />

ventrolateral und Zange von ventral.<br />

der ist bei der aufwendigen Lagerung,<br />

eventuellen Umlagerung und Einstellung<br />

mit dem Bildwandler eher höher<br />

zu kalkulieren. Auch die Lernkurve sollte<br />

großzügig berücksichtigt werden.<br />

Wie sieht die Abrechnung einer <strong>ambulant</strong>en<br />

Hüftarthroskopie beim Kassen-<br />

?<br />

patienten aus?<br />

Bachfischer: Im EBM2000+ gibt es<br />

eine klare Zuordnung je nach Operation.<br />

Hierbei werden die jeweiligen Abrechnungsziffern<br />

von der einfachen<br />

reinen aseptischen Spülung über die<br />

Knorpelbehandlung bis hin zur totalen<br />

Synovektomie <strong>oder</strong> einer arthroskopischen<br />

Spongiosaplastik genau angegeben.<br />

Dazu kommen noch die Pauschalen<br />

für das Verbrauchsmaterial wie bei<br />

allen arthroskopischen Operationen.<br />

Spezielle Instrumente wie Kanülen,<br />

Shaver <strong>oder</strong> Vapor sind nicht gesondert<br />

abrechenbar. Auch die ärztliche Assistenz<br />

wird nicht vergütet.<br />

In welcher Form gestaltet sich dies bei<br />

? Privatkassen?<br />

Bachfischer: In der GOÄ gibt es keine<br />

klare Zuordnung. Ich sehe hier eine ähnliche<br />

Problematik wie in der arthroskopischen<br />

Schulterchirurgie, bei der zunehmend<br />

nur offen abrechenbare Eingriffe<br />

auch arthroskopisch durchgeführt wurden.<br />

Hier ist dann nur eine teilweise analoge<br />

Abrechnung möglich. Die Kosten<br />

für die zusätzlichen Einmalmaterialien<br />

werden allerdings von den Privatkassen<br />

zum genauen Einkaufspreis akzeptiert.<br />

Sie raten also eher nicht zur ASK des<br />

? Hüftgelenkes in einer <strong>ambulant</strong>en Einrichtung?<br />

Bachfischer: Um eine Hüftarthroskopie<br />

erfolgreich zu meistern, bedarf es<br />

einer großen Routine und Erfahrung<br />

nicht nur des Operateurs, sondern des<br />

gesamten Teams. Um eine ausreichend<br />

hohe Frequenz an derartigen Eingriffen<br />

durchzuführen ist eine Zentrumsbildung<br />

notwendig. Meiner Meinung nach<br />

sollte dies auch im Niedergelassenenbereich<br />

so respektiert werden. Eine <strong>ambulant</strong>e<br />

Durchführung der Arthroskopie<br />

ist dort dann meines Erachtens prinzipiell<br />

schon möglich, gerade weil auch bei<br />

Bedarf eine stationäre Weiterbehandlung<br />

in einer Hand möglich ist. Zum<br />

anderen sind arthroskopische Operationen<br />

im <strong>ambulant</strong>en Bereich nur dann<br />

kostendeckend durchführbar, wenn sie<br />

rasch und ohne Komplikationsrisiko<br />

durchgeführt werden können. Dies ist<br />

derzeit bei der Hüft-Arthroskopie sicherlich<br />

nicht gegeben.<br />

Wie schätzen Sie denn hinsichtlich der<br />

? aktuellen Entwicklungstrends bei der<br />

arthroskopischen und minimal-invasiven<br />

Hüftchirurgie die Chancen für die Zukunft<br />

ein?<br />

Dienst: Das Interesse an der Hüftarthroskopie<br />

ist in den letzten drei Jahren<br />

exponentiell gestiegen, nicht zuletzt<br />

im Hinblick auf die deutlich verbesserten<br />

technischen Möglichkeiten und<br />

vermehrten Erkenntnisse pathogenetischer<br />

Zusammenhänge. In den USA<br />

haben sich bereits vor wenigen Jahren<br />

einige Zentren etabliert, die ihr Behandlungsspektrum<br />

auf die Arthroskopie des<br />

Hüftgelenks ausgedehnt haben. Im Bereich<br />

der Hüftchirurgie wird sich ein<br />

Behandlungszentrum perspektivisch<br />

nur dann behaupten können, wenn arthroskopische,<br />

minimal-invasive und<br />

offene gelenkerhaltende Operationen<br />

im Spektrum angeboten werden. Problematisch<br />

ist sicherlich die flache Lernkurve<br />

beim Erlernen der Hüftarthroskopie.<br />

Über Hospitationen hinaus sollte<br />

zunächst die Möglichkeit der Teilnahme<br />

an Kadaverkursen <strong>oder</strong> Bewerbung<br />

um Fellowships bedacht werden, bevor<br />

„Experimente“ am Patienten durchgeführt<br />

werden. Es ist davon auszugehen,<br />

dass seitens der Industrie zunehmend<br />

Instrumente und Lagerungsmittel angeboten<br />

werden, welche die Portalanlage<br />

und den Ablauf der Hüftarthroskopie<br />

vereinfachen und den Zeitbedarf der<br />

Operation reduzieren. In einigen Jahren<br />

werden wir – ähnlich der Rekonstruktion<br />

der Rotatorenmanschette in der<br />

Schulter – in der Lage sein, komplexe<br />

Eingriffe an Labrum und Gelenkkapsel<br />

und Knorpelzelltransplantationen bzw.<br />

Knorpelmatriximplantationen durchzuführen.<br />

Offene Verfahren werden ihre<br />

Berechtigung behalten, aber zunehmend<br />

in den Hintergrund gedrängt<br />

werden.<br />

Bachfischer: Die arthroskopischen Behandlungen<br />

am Hüftgelenk stellen eine<br />

wesentliche Erweiterung des diagnostischen<br />

und therapeutischen Spektrums<br />

für diese Gelenk dar. Nur bei sehr guter<br />

Vorerfahrung ist die Durchführung im<br />

niedergelassenen <strong>ambulant</strong>en Bereich<br />

derzeit sinnvoll. Die Honorierung dieser<br />

sehr speziellen und aufwendigen<br />

operativen Therapie ist derzeit sicherlich<br />

nicht ausreichend abgebildet.<br />

Wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />

!<br />

Das Gespräch führte Eva Hoppmann.<br />

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