18.11.2014 Aufrufe

Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins 2. Jahrgang 1997/2 ...

Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins 2. Jahrgang 1997/2 ...

Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins 2. Jahrgang 1997/2 ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

11: Darstellung eines arithmetischen Teilungsprozesses<br />

anhand ordometrischer Bezüge. Er bleibt sich in<br />

jedem Rechteck gleich und gilt auch für perspektivisch<br />

verzogene Rechtecke. Die Verzerrungen sind<br />

durch übergeordnete Perspektiv-Winkel markiert.<br />

gleichseitige Dreieck als ein Spannungsfeld<br />

auf, die Diagonalen und<br />

Halbdiagonalen als «Bezugslinien»<br />

im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes. Von<br />

lateinisch ordo leitet sich der deutsche<br />

Begriff «Ordnung» ab, eine<br />

Art innerer Ordnung, die eo ipso in<br />

den Dingen selber steckt (Abb. 11).<br />

Ohne zu messen und zu rechnen,<br />

stehen damit dem planenden Architekten<br />

exakte Binnenwerte wie<br />

das Drittel, das Viertel ... das Siebtel<br />

zur Verfügung; er kann sie jederzeit<br />

mit dem Zirkel aufgreifen und<br />

anderweitig einsetzen (vgl. Abb. 2).<br />

Zudem lassen sich diese Werte im<br />

Feld in jeder gewünschten Grösse<br />

umsetzen; sie sind an kein Festmass<br />

Erdvermessung oder Geometer <br />

Sie geht von zwei Punkten (Pol 1 und 2)<br />

aus, die in einem festen Abstand zueinander<br />

stehen (Basis), seien dies 1000<br />

Fuss, Schritt oder Meter. Über beiden<br />

Polen steht ein Senkel oder ein Jalon.<br />

Über diese werden die Geländemerkpunkte<br />

einvisiert und die Peilwinkel<br />

markiert. Je nach Verkürzung der Basislinie<br />

um das Hundert-, Tausend- oder<br />

Zweitausendfache erhält man einen Plan<br />

1:100, 1:1000 oder 1:2000.<br />

Das Vermessen mit Visierstäben führt in<br />

gebirgigem Gelände nicht nur zu erheblichen<br />

Schwierigkeiten, sondern auch zu<br />

empfindlichen kartographischen Fehlmessungen,<br />

da sie den Höhenwinkel mit<br />

wie Elle, Fuss, Meter oder Schritt<br />

gebunden mit ergänzenden Restmassen<br />

wie Finger-, Handbreiten<br />

oder Zoll und Millimeter. Entscheidend<br />

für die Aufschlüsselung <strong>des</strong><br />

Bauplanes ist zu erkennen, wo das<br />

Ausgangsmass verborgen liegt. Bei<br />

Riehen-Maienbühl ist es eindeutig<br />

die Längsseite (vgl. Abb. 8). Schon<br />

die Breite weist einen irrealen<br />

Streckenwert auf. Damit ist der<br />

Themenkreis klar abgesteckt:<br />

– Mit Schnurvermessung ist hier<br />

der Planentwurf und seine Umsetzung<br />

im Feld gemeint. Hier<br />

ist der Architekt 12 am Werk. Er<br />

sucht nach der ordometrisch vorgegebenen<br />

Harmonie.<br />

– Anders der Geometer: Er versucht<br />

die Gestalt der Erde zu vermessen.<br />

Auch er bedient sich<br />

der Schnur; über sie peilt er<br />

die Geländepunkte ein (vgl. Kasten<br />

). Von seiner Tätigkeit<br />

leitet sich der übergeordnete Begriff<br />

geometria (Erdvermessung)<br />

ab.<br />

– Den Agrimensoren (römische<br />

Landvermesser) geht es um die<br />

Parzellierung <strong>des</strong> fruchtbaren<br />

Ackerbodens, der dann in Landlos<br />

vergabt wird. Ihr Instrument<br />

ist die groma, womit ein rechteckiger<br />

Raster über die Felder<br />

gelegt werden kann (vgl. Kasten<br />

). Bei all diesen Vermessungsarten<br />

spielt die Schnur eine<br />

dominante Rolle; sie wird aber<br />

auf ganz unterschiedliche Art gehandhabt<br />

und eingesetzt.<br />

12: Riehen BS – Maienbühl. Spontanes Abstecken<br />

<strong>des</strong> Grundrisses mit einer Zwölfknotenschnur.<br />

Die Zwölfknotenschnur<br />

Nicht jeder Bau ist so kunstvoll<br />

konzipiert wie das römische Heiligtum<br />

Riehen-Pfaffenloh 13 oder so<br />

feinsinnig gegliedert wie das gallorömische<br />

Heiligtum Sichelen II in<br />

Augst 14 . Für einfache Gebäulichkeiten<br />

bediente man sich routinemässig<br />

einer Zwölfknotenschnur,<br />

die von Fall zu Fall in der<br />

gewünschten Länge angefertigt<br />

wurde. Mit einer Zwölfknotenschnur<br />

konnte ein einfaches Gebäudegeviert<br />

wie Riehen-Maienbühl in<br />

einem Wurf ausgespannt werden<br />

(Abb. 12).<br />

Nach den Feldbeobachtungen muss<br />

die Zwölfknotenschnur ein uraltes<br />

Vermessungsinstrument gewesen<br />

sein (vgl. Kasten ). Zu den frühesten<br />

Beispielen, wo Schnurvermessung<br />

vermutet werden darf,<br />

gehören die Zelthütten von Lepenski<br />

Vir (in Jugoslawien, am Ufer der<br />

Donau beim Eisernen Tor). Die<br />

Siedlung mit rautenförmig angeordneten<br />

Gassen dürfte im 6. Jahrtausend<br />

v. Chr. entstanden sein.<br />

Das Paradebeispiel ist Haus 37 15 .<br />

Der Grundriss baut auf einem<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!