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Untitled - Schweizerischer Werkbund

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Abb. S. XX: Die gute Form – Sonderausstellung des<br />

Schweizerischen <strong>Werkbund</strong>es, 1949<br />

Gestaltung: Max Bill<br />

Abb. (rechts): Die gute Form – Sonderausstellung des<br />

Schweizerischen <strong>Werkbund</strong>es, 1949; Gestaltung: Max Bill<br />

Foto: Ernst Scheidegger<br />

der Zwanzigerjahre dem kunstgewerblichen Nachwuchs in<br />

relativer Reinheit übermittelt hat.“ 6<br />

Vorbild Schweiz nach 1945<br />

Offensichtlich war sich der Schweizerische <strong>Werkbund</strong> seiner<br />

Verantwortung bewusst: Im kleinen, von totalitären Verhältnissen<br />

und vom Krieg verschonten Land hatte sich die Moderne,<br />

wenn auch verlangsamt, aber doch kontinuierlich weiter entwickeln<br />

können. Daran hatte der mehrheitlich standfest gebliebene<br />

<strong>Werkbund</strong> gewiss seine Verdienste. – Übrigens trifft<br />

Vergleichbares für das ebenfalls kriegsverschonte Schweden<br />

zu, wo die Moderne eine ähnliche Entwicklung durchlief.<br />

Diese Tatsache verschaffte dem schweizerischen wie dem<br />

schwedischen Kulturschaffen zum Kriegsende 1945 einen<br />

beträchtlichen Vorsprung.<br />

Bis Anfang der 1930er Jahre hatte die Moderne-Bewegung in<br />

der Schweiz einigermaßen Schritt gehalten mit der internationalen<br />

Entwicklung. Zu nennen wäre einerseits die 1924 bis<br />

1928 von Hans Schmidt (SWB) und Mart Stam herausgegebene<br />

Zeitschrift ABC - Beiträge zum Bauen 7 . ABC trat für die<br />

Grundsätze eines radikalen Funktionalismus ein und verkündete<br />

die Doktrin einer Schönheit, die dem reinen (primären)<br />

Zweck entspringt: „Komposition von Kuben, von Farben, von<br />

Materialien bleibt ein Hülfsmittel und eine Schwäche. Wichtig<br />

sind die Funktionen, und diese werden die Form bestimmen.“<br />

8<br />

Der zweite bedeutende Beitrag zur Moderne – und wohl radikalster<br />

Bauzeuge des Neuen Bauens in der Schweiz – ist<br />

die <strong>Werkbund</strong>siedlung Neubühl (1928-32). Die an der Projektierung<br />

beteiligten <strong>Werkbund</strong>mitglieder zählten zu den Protagonisten<br />

der Schweizer Moderne. Sie und ihre Mitstreiter<br />

waren es, die damals die Ziele und die Auswirkungen des<br />

<strong>Werkbund</strong>es bestimmten. Umgekehrt verschaffte der <strong>Werkbund</strong><br />

als angesehene Vereinigung ihren Anliegen das nötige<br />

Gewicht und die gesellschaftliche Resonanz.<br />

Anders als in Deutschland, wo die Bewegung der Moderne<br />

nach 1932 abrupt unterbunden wurde, setzte in der Schweiz<br />

eine Differenzierung des Funktionalismusverständnisses ein;<br />

die Fixierung auf die primäre Funktion wurde schrittweise<br />

überwunden. 9 Neu erkannte die Avantgarde auch die komplexen,<br />

über die nackte Zweckmäßigkeit hinaus greifenden, sozialen<br />

und kulturellen Zusammenhänge einer Gestaltungsaufgabe<br />

als zusätzliche Funktionen, für die es eine synthetische<br />

Lösung zu finden galt, an. Auch Schönheit wurde als Funktion<br />

akzeptiert. Dadurch wurden die Gestaltungsprozesse subjektiver;<br />

den Entwerfenden und den Benutzern wurde eine aktive<br />

Rolle zugestanden. 10<br />

So erstaunt es nicht, dass ein erneutes Interesse an formalen<br />

Fragen erwachte. Dies führte zu einer Vielfalt, die bei aller<br />

Modernität auch Platz für Farbigkeit, Stimmung und Materialwirkungen<br />

einräumte. Die radikale Stereometrie der frühen<br />

Moderne wurde modifiziert: gegliedert, verfeinert, überformt.<br />

In der Architektur beispielsweise kamen Vordächer, grobe<br />

Verputze, Schattenfugen und ähnliche Gestaltungsmittel<br />

zum Einsatz. Der Begriff „menschlicher Maßstab“ wurde<br />

zu einem zentralen Kriterium. Auch bei dieser Entwicklung<br />

zählten SWB-Mitglieder zu den Protagonisten. Die Radikalität<br />

der Schweizer Avantgarde wurde, wie der Architekturhistoriker<br />

Martin Steinmann feststellt, im Laufe der dreißiger Jahre<br />

von einer Entwicklung eingeholt, die sich „in allen Ländern,<br />

in denen das Neue Bauen nach und nach zum Teil der allgemeinen<br />

Kultur wurde“, beobachten lässt. Eine Entwicklung,<br />

die auch „eine Kritik am Neuen Bauen“ bedeutete, das man<br />

als unmenschlich, in zu hohem Maß vom Verstand beherrscht<br />

und zu wenig vom Gefühl durchdrungen, beurteilte. 11 So hatte<br />

sich das Neue Bauen in den 1930er und 1940er Jahren<br />

sukzessive von seiner Radikalität losgelöst und nahm dabei<br />

„fremde Werte auf, die es immer schwieriger machten, die<br />

Entscheidungen auf eine einheitliche Theorie zu beziehen. An<br />

ihrer Stelle beriefen sich die Architekten auf ‚das Leben’ oder<br />

‚die Freiheit’.“ 12<br />

Demgegenüber war die Entwicklung der avantgardistischen<br />

Moderne in den kriegsbetroffenen Ländern weitgehend abgebrochen.<br />

Die Gestalter – durch eine kaum überbrückbare<br />

Kluft von den radikalen 1920er Jahren getrennt – mussten sich<br />

1945 völlig neu situieren. Angesichts der immensen Aufgaben<br />

des Wiederaufbaus wandten sie sich mit größtem Interesse<br />

den Entwicklungen der Moderne in den kriegsverschonten<br />

Ländern zu. Diese bekamen in der Folge während der ersten<br />

Nachkriegsjahre wichtige Vorbildfunktion. 13 Den Schweizer<br />

Fachzeitschriften Werk und Bauen + Wohnen sowie dem<br />

schwedischen Byggmästaren 14 kam jetzt eine bedeutende Vermittlerrolle<br />

zu. Ebenso unschätzbar war die Anknüpfung an alte<br />

Bande und den internationalen „geistigen Austausch“ innerhalb<br />

der Werkbünde und andere gleichgesinnte Bewegungen.

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