FACHARBEITEN - Ignaz-Günther-Gymnasium
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Fachschaften<br />
104<br />
Latein<br />
Erster Dies Latinus am IGG<br />
Am 10.2. 2006 fand zum ersten Mal ein Dies Latinus<br />
(Lateintag) für die Schüler der 10. – 13. Jgst. am<br />
IGG statt. Nach einem wissenschaftlichen Vortrag zu<br />
Ovids Mythos von Apoll und Daphne gab es themenorientierte<br />
Arbeitskreise, deren Ergebnisse im Anschluss<br />
präsentiert wurden. Den Abschluss bildete<br />
ein Stehempfang, bei dem man auch kleinere kulinarische<br />
Köstlichkeiten der Römer probieren konnte.<br />
Inventa medicina meum est, opiferque per orbem<br />
dicor, et herbarum subiecta potentia nobis:<br />
ei mihi, quod nullis amor est sanabilis herbis,<br />
nec prosunt domino, quae prosunt omnibus, artes.<br />
(Ovid, Metamorphosen I, 521 – 524)<br />
(Die Heilkunst ist meine Erfindung, die Welt nennt mich den<br />
Heilbringer, und die Kraft der Kräuter steht mir zu Gebote.<br />
Weh mir, dass gegen die Liebe kein Kraut gewachsen ist<br />
und dass die Künste, die allen nützen, ihrem Herrn und<br />
Meister keinen Nutzen bringen.)<br />
Mit dieser Klage bringt in Ovids Metamorphosen der<br />
Gott Apoll seine paradoxe Situation zum Ausdruck:<br />
Er - der Gott der Heilkunst - ist selbst unheilbar liebeskrank!<br />
Der Grund dafür ist der Streit mit dem beleidigten<br />
Venussohn Amor, der ihn mit einem Liebespfeil<br />
verletzt hat, weswegen er nun hinter der Nymphe<br />
Daphne her ist. Doch leider will dieses schöne und<br />
begehrenswerte Mädchen nichts von dem strahlenden<br />
und berühmten Gott wissen, denn Amor hat auch sie<br />
mit einem Pfeil getroffen, allerdings mit einem „Anti<br />
– Liebespfeil“: Sie wünscht sich nun nichts sehnlicher,<br />
als allein durch Wälder zu streifen und lebens-<br />
lang ledig zu bleiben!<br />
Betrachtet man das<br />
seltsame Geschlechterverhältnis,<br />
in der<br />
ein mächtiger Gott<br />
verweichlicht auftritt<br />
und eine zarte<br />
Jungfrau in ihrer<br />
Entscheidung hart<br />
bleibt, unter moderneninterpretatorischen<br />
Ansätzen, so<br />
stellt man, laut Prof.<br />
Niklas Holzberg von<br />
der LMU München,<br />
fest, dass hier eine<br />
Art „Geschlechtertausch“stattgefunden<br />
hat. Ovid lässt<br />
dabei die in der rö- Prof. Niklas Holzberg fesselte die Zuhörer.<br />
mischen Gesellschaft<br />
tief verwurzelten, gegensätzlichen Vorstellungen von<br />
Mann und Frau aufeinanderprallen: Folgt man dieser<br />
Lesart des Textes, befindet sich der aufmerksame Leser<br />
des Apoll-und–Daphne-Mythos mitten in einem<br />
geistreichen Spiel mit antiken Wertvorstellungen und<br />
Rollenzuschreibungen, die in der römischen Gesellschaft<br />
unter Kaiser Augustus eine weitere Dimension<br />
erfahren haben und von zeitgenössischen Autoren z.T.<br />
kritisch beleuchtet wurden. Die neuen augusteischen<br />
Ehegesetze vertraten eine strenge, restaurative Moral,<br />
in der das Verhältnis von Mann und Frau festgesetzt<br />
und auch die Frage nach der Nachkommenschaft ge-