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STATISTIK und POLITIK - AHS-Gewerkschaft

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im fokus<br />

Mag. Wolfgang Schüpany,<br />

ehemaliges Mitglieder der B<strong>und</strong>esleitung<br />

<strong>AHS</strong> <strong>Gewerkschaft</strong><br />

1 INSEE: Institut National de la Statistique<br />

et des Études Économiques,<br />

vergleichbar in etwa mit "Statistik<br />

Austria"-Statistikausgabe 2012<br />

2 Höherwertiges Diplom: Diplom<br />

eines weiterführenden Abschlusses<br />

nach der Matura<br />

Foto Simonis 1090 Wien<br />

Chancengleichheit?<br />

oder Warum hat Frankreichs Schulsystem<br />

dieselben Probleme wie wir?<br />

Es ist schon irgendwie komisch: Da hat Frankreich in seinem Schulwesen<br />

so ziemlich alle Parameter verwirklicht, die in Österreich unbedingt<br />

<strong>und</strong> mit allen Mitteln umgesetzt werden müssen, soll heißen Gesamtschule,<br />

Ganztagesbetreuung, Zentralmatura, <strong>und</strong> dann kämpfen die<br />

Franzosen mit genau denselben Problemen wie unser angeblich so<br />

verstaubtes <strong>und</strong> reformbedürftiges Schulsystem.<br />

In der Internetausgabe der renommierten französischen<br />

Zeitung "Le Figaro" vom 28. November 2012<br />

fand sich interessanterweise folgender Artikel: „Des<br />

destins scolaires scellés dès l'entrée au collège"<br />

(Schulische Schicksale sind bereits mit dem Eintritt<br />

ins collège besiegelt). Wie geht's weiter? „Selon l’<br />

enquête ‚France, portrait social’ de l’Insee 1 , 76 % des<br />

enfants de cadres ou d'enseigneants décrochent<br />

un diplôme supérieur, contre 20 % pour les enfants<br />

d'ouvriers“ (Nach der Umfrage "Frankreich, soziales<br />

Portrait" des Insee erreichen 76 % der Kinder von leitenden<br />

Angestellten oder Lehrern ein höherwertiges<br />

Diplom 2 , gegenüber 20 % der Arbeiterkinder). Oder<br />

was die Erfolge bei der Matura betrifft: „Prés de<br />

90 % des enfants d'enseignants ou de cadres passent<br />

avec le succès le bac contre 40 % pour les enfants<br />

d'ouvriers ..." (R<strong>und</strong> 90 % der Kinder von Lehrern oder<br />

leitenden Angestellten schaffen die Matura mit Erfolg,<br />

gegenüber 40 % der Arbeiterkinder). Das kann aber<br />

doch nur eine Momentaufnahme sein, oder? Die<br />

Umfrage des Insee stellt überdies fest, dass sich dies<br />

sozialen Ungleichheiten in den letzten 20 Jahren kaum<br />

bewegt haben.<br />

Das kennen wir doch in Österreich alles von irgendwoher.<br />

Sind das nicht die sattsam bekannten Argumente<br />

der diversen „Schulexperten", die immer wieder darauf<br />

hinweisen, dass die sozialen Ungleichheiten NUR<br />

durch das differenzierte Schulsystem in Österreich<br />

entstehen <strong>und</strong> dass das Allheilmittel dagegen NUR<br />

die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen sein<br />

kann? Jetzt gibt's aber mit den Daten in Frankreich ein<br />

kleines Problem für diese Argumentation: Denn das<br />

oben zitierte französische „Collège" ist eben genau<br />

diese gemeinsame Schule der 11- bis 15-Jährigen –<br />

<strong>und</strong> die Franzosen haben die Gesamtschule seit über<br />

50 Jahren.<br />

Zu den Fakten<br />

a) Das INSEE ist ein staatliches Statistik-Institut <strong>und</strong><br />

somit sind diese Daten prinzipiell einmal ernst zu<br />

nehmen.<br />

b) In Frankreich gäbe es für unsere innovativen <strong>und</strong><br />

fortschrittlichen „Schulexperten" eigentlich paradiesische<br />

Zustände: Dort sind seit vielen Jahrzehnten<br />

Ganztagsschulen (mit verschränktem Ganztagsunterricht),<br />

Gesamtschule <strong>und</strong> Zentralmatura<br />

Pflicht, eigentlich müssten die französischen Schüler<br />

bei allen Rankings ganz, ganz vorne liegen,<br />

haben sie doch genau alle jene Vorgaben, die in<br />

Zukunft aus unserem (schlechten) Schulsystem das<br />

beste weltweit machen sollen.<br />

c) Die französischen Schulen sind für diese Aufgaben<br />

18 gymnasium

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