STATISTIK und POLITIK - AHS-Gewerkschaft
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top thema<br />
bei BIST im Österreich-Schnitt 600 Punkte. Das sind um<br />
fast 20 % mehr als die gleichaltrigen PflichtschülerInnen<br />
(504). Das ist nun sicher kein Gr<strong>und</strong>, verächtlich auf<br />
die KollegInnen von der Hauptschule zu blicken. Die<br />
müssen ja zum Beispiel auch jene Kids unterrichten, die<br />
es zu uns oder bei uns nicht schaffen. Die können nur<br />
einen verschwindenden Teil selber an Sonderschulen<br />
abgeben. Die APS-KollegInnen leisten unter schwierigen<br />
Bedingungen schwere Arbeit.<br />
Aber in aller Unbescheidenheit: Aus diesen Zahlen lässt<br />
sich nun gar nicht herauslesen, dass WIR das Problem<br />
darstellen. Wenn die Standards übererfüllt werden,<br />
dann fast nur in unserem Bereich. Wenn sie nicht erfüllt<br />
werden, dann fast nicht in unserem Bereich. Wenn<br />
etwa eine gemeinsame Schule nach dem Best-practice-Modell<br />
gestaltet werden sollte, dann müsste eine<br />
solche wohl wie ein Gym aussehen. Am ehesten wie ein<br />
oberösterreichisches Gym – aber auch die Wiener <strong>AHS</strong><br />
bräuchte sich nicht zu verstecken (siehe nächste Seite).<br />
Falsche Schlüsse<br />
Es ließen sich aus BIST auch falsche Schlüsse ziehen. Das<br />
Wiener <strong>AHS</strong>-Ergebnis weist etwa mit 583 Punkten einen<br />
geringen Rückstand hinter den Gymnasien der meisten<br />
anderen B<strong>und</strong>esländer auf, liegt auch deutlich hinter<br />
Spitzenreiter Oberösterreich zurück. Nun hat aber Wien<br />
eine Besonderheit: Hier werden 54 % der Unterstufenkinder<br />
in der <strong>AHS</strong> beschult, mehr als doppelt so viele wie in<br />
den meisten anderen Ländern.<br />
Jetzt könnte man daraus den Fehlschluss ziehen: Je<br />
mehr Kinder in einer <strong>AHS</strong> unterrichtet werden, desto<br />
schlechter das Ergebnis. Zwei Argumente dagegen:<br />
Ich finde es bemerkenswert, dass es Wien (oder den<br />
Wiener <strong>AHS</strong>) gelingt, deutlich mehr als die Hälfte der<br />
SchülerInnen auf einen Wert von 583 Punkten zu bringen<br />
(Es macht schließlich einen Unterschied, ob man<br />
die besten 15 % bewertet oder die besten 55 %.). Und<br />
würde man beispielsweise die 20 % schwächeren<br />
Schüler aus den <strong>AHS</strong>-Ergebnissen weg- <strong>und</strong> den HS-/<br />
NMS-Ergebnissen dazurechnen, dann würden sich die<br />
Wiener Zahlen noch deutlich verbessern. Und zwar in<br />
beiden Segmenten! Ohne dass sich an den Leistungen<br />
der SchülerInnen aber auch nur irgend etwas geändert<br />
hätte. Das sind halt die Tücken der Statistik.<br />
Laut BIFIE-Statistik sitzen in der <strong>AHS</strong> 27.986 Kinder in 1.176<br />
Klassen. In den APS sitzen 53.373 Kinder in 2.898 Klassen.<br />
Man könnte daraus den falschen Schluss ziehen: Je<br />
höher die Klassenschülerzahl, desto besser die Ergebnisse.<br />
Denn jene Gymnasialkinder, von denen im Schnitt<br />
23,79 in einer Klasse sitzen, erzielen bessere Ergebnisse<br />
als die PflichtschülerInnen mit nur 20,31 Kinder pro Klasse.<br />
Dass hier kein kausaler Zusammenhang besteht, ist<br />
offensichtlich. Wer dazu (je nach Setting in den Ergebnissen<br />
durchaus divergierende) Studien braucht, erhält<br />
bei Herbert Altrichter/Sonja Somerauer. Klassenschülerzahl,<br />
Schülerleistungen <strong>und</strong> Unterrichtsqualität (Erziehung<br />
<strong>und</strong> Unterricht. Oktober 7-8, 2007) einen guten<br />
Überblick über die Forschungslage. Grob lässt sich diese<br />
aber wohl am ehesten so zusammenfassen: Bei über 30<br />
SchülerInnen verschlechtert sich die Lernqualität, bei<br />
unter 20 verbessert sich diese.<br />
Migration <strong>und</strong> Integration<br />
Migration ist ein wichtiger Faktor in der Schule. Das kann<br />
man mögen oder nicht, es ist aber so. Im Österreich-<br />
Schnitt schlägt der Migrationshintergr<strong>und</strong> bei BIST mit<br />
einem Minus von 67 Punkten zu Buche. In der APS mit<br />
minus 68 Punkten, in der <strong>AHS</strong> mit minus 42 Punkten. (Es<br />
gibt aber auch gegenläufige Teilaspekte: So gehen<br />
SchülerInnen, die Polnisch, Tschechisch, Slowakisch<br />
oder Ungarisch als Umgangssprache sprechen, prozentuell<br />
gesehen öfter ins Gymnasium als deutschsprachige.<br />
Umgekehrt ist es bei türkischsprachigen Kindern.)<br />
Vor allem Jugendliche mit türkischer Umgangssprache<br />
fallen auch häufig früh aus dem Bildungssystem:<br />
17,6 % von ihnen sind nach Abschluss der Schulpflicht<br />
nicht mehr im System. Und werden damit in Zukunft<br />
große Probleme haben <strong>und</strong> wahrscheinlich machen.<br />
Das heißt, es geht nicht primär um den Faktor Migration,<br />
sondern vor allem auch um den sozialen Status.<br />
Hier zeichnen sich halt manche Bevölkerungsgruppen<br />
als besonders arm, besonders schulfern, besonders<br />
sprachschwach aus. Dafür können aber die Kinder am<br />
allerwenigsten.<br />
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