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WENDELSTEIN | GROSSSCHWARZENLOHE - SEIFERT Medien

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Egon plaudert<br />

Ein Lächeln im November<br />

von Egon Helmhagen<br />

„Is des Wetter kalt und nass, sticht<br />

im Kreiz der Ischias, kauft die Mutter<br />

warme Schouh, dann is der November<br />

dou“. Die Mutter kauft aber<br />

meistens keine Schouh, sondern Socken<br />

und Socken sind bei uns keine<br />

Strümpfe, sondern warme Hausschuhe.<br />

Also doch Schouh! Aber der<br />

Spruch zeigt auch, dass der November<br />

mehr ein Monat zum Dahamhockn<br />

ist, denn draußen ist jetzt alles,<br />

wie nach einem Herbstsales, abgraamt.<br />

Die Uhr ist zurück gestellt,<br />

das Licht wird sparsam zugeteilt.<br />

Jetzt wird es schon am Toch Nacht,<br />

und wenn jemand ausruft „Etz<br />

wird’s Toch!“ kann ihm nur ein inneres<br />

Licht aufgegangen sein.<br />

Das letzte Licht hat uns der Oktober<br />

beschert, und der November hat alle<br />

Sommererinnerungen wieder in den<br />

Keller getragen. Jetzt ist die Hauptfarbe<br />

grau, was aber mehr ein Zustand<br />

ist, der so lange dauert, bis<br />

sich die Natur erbarmt und alles unter<br />

einer schneeweißen Decke versteckt.<br />

Das mächert ich am liebsten<br />

jetzt auch, obwohl mir öfters mal<br />

nachts die Augen auffallen und ich<br />

dann im Bett auf und ab laufe. Der<br />

November zwingt zum Nachdenken<br />

und lässt dich am nächsten Tag auf<br />

dem Friedhof ein Grab besuchen.<br />

Dann zieht man den Hals ein wäi a<br />

Schildkrötn, kuschelt sich in seinen<br />

dicken Schal, blinzelt in das transparente<br />

Geäst der Bäume und hört die<br />

Stille. Und auf einmal stiehlt sich ein<br />

verirrter Sonnenstrahl aus dem verhängten<br />

Himmel und schenkt uns ein<br />

Lächeln. Ein Lächeln im November<br />

ist aber schon sehr selten, denn auch<br />

die meisten Leute passen sich dem<br />

Monat an und laufen mit Gesichtern<br />

rum, die man bei uns als „mumpflert“<br />

bezeichnet.<br />

Die Zeit der Nässe und Nüsse bedeutet<br />

für die Apotheker auch Husten<br />

Schnupfen, Heiterkeit, und obwohl es<br />

am 11.11. heißt „Reit der Martin um<br />

dei Haus, dann wird’s kalt, gäih<br />

nimmer naus!“ gehen die Kinder hinaus<br />

und ziehen mit ihren selbst gebastelten<br />

Laternen hinter dem frommen<br />

Schimmelreiter her, der bei uns<br />

auch Pulzermärtl heißt. „Ich gehe<br />

mit meiner Laterne, und meine Laterne<br />

mit mir. Dort oben leuchten die<br />

Sterne, hier unten leuchten wir. Mein<br />

Licht geht aus, ich geh nach Haus,<br />

Rabimmel, Rabammel, Rabumm!“<br />

Und dann sind’s scho wieder drin<br />

und bleiben auch drin. „Wir haben<br />

doch Fernsehng mit 150 Kanäle!“<br />

Und sie haben iPhone, Internet und<br />

ihre Games. Früher haben sie selber<br />

gespielt und es klingt wie ein Mär-<br />

chen, dass vor undenklichen Zeiten<br />

ein reges und heftiges Gesellschaftsund<br />

vor allem Familienleben geherrscht<br />

hat, bei jedem Wetter. Monopoly<br />

für drin und Foußballn für<br />

draußn. Die Kids sind herumgetobt<br />

und haben „Fangerlenz“ und „Versteckerlenz“<br />

gespielt, „Räuber und<br />

Schander“, „Der Kaiser schickt seine<br />

Soldaten aus“ und die Madla sind<br />

Gummi ghupft.<br />

Leider hat das Fernsehen aus dem<br />

Kreis der Familie einen Halbkreis gemacht.<br />

Einstmals sind wir wirklich<br />

um den Tisch herumgehockt und haben<br />

die größte Gaudi gehabt, bei<br />

„Kommando Pimperla“, einer fränkischen<br />

Variante von „Alle Vögel fliegen<br />

hoch“ für geistig Unbedarfte.<br />

Ein absoluter Hit war „Schokoladessn<br />

mit Würfel, Händscha, Messer<br />

und Gabel“. Dou hat’s a Gschraa<br />

gebn! Alle um den Tisch herum würfeln,<br />

wer einen „Sechser“ hat, setzt<br />

blitzschnell den Hut auf, zieht die<br />

Handschuhe an und macht sich mit<br />

dem Besteck über die Schokolade<br />

her. Die andern würfeln weiter, der<br />

nächste mit einem „Sechser“, reißt<br />

seinem Vorgänger den Hut vom Kopf,<br />

nimmt ihm das Werkzeug ab, mastns<br />

mit Gwalt, und stürzt sich auf die Tafel<br />

auf der Tafel. Das geht solange<br />

bis der Schokolad goar is. Spielt es<br />

nach und Ihr vergesst die „Lindenstraß’“!<br />

Was wir außerdem in der fernsehlosen<br />

Zeit gemacht haben, kennt man<br />

nur noch vom Hörensagen, denn wir<br />

haben damals viel sagen hören, z.B.<br />

aus dem Radio die „Brummmlgschichtn“.<br />

Und dabei haben wir gekartelt.<br />

Das wenigstens ist geblieben,<br />

Stammtischkartler gibt es<br />

immer noch, aber kein Wirt kann<br />

mehr davon leben. Eigentlich schod.<br />

Ja, darüber wird heute bloß noch<br />

mitleidig gelächelt, aber wer’s mitgemacht<br />

hat, träumt noch davon. Ich<br />

manchmal noch vom „Indianerlenz“<br />

spielen. Da sind wir, die tapferen<br />

Krieger vom Stamm der „A<br />

Watschn“, einmal durch Gebüsch<br />

und Heide geschlichen und plötzlich<br />

hat es einen Stau gegeben. „Wos<br />

is’n lous? Wos bremst’n? Mir mäißn<br />

doch die Cowboys ogreifn!“ „Es gäiht<br />

net weiter, weil der grouße Häuptling<br />

Winnetou mit der Händ in wos<br />

neitreten is!“<br />

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