05.11.2012 Aufrufe

Lebenslange Markenbindung - GfK Panel Services Deutschland

Lebenslange Markenbindung - GfK Panel Services Deutschland

Lebenslange Markenbindung - GfK Panel Services Deutschland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

27. Unternehmergespräch Kronberg 2008<br />

Eine Publikation von <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> und <strong>GfK</strong>-Nürnberg e.V.<br />

<strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong><br />

Realität oder Illusion?


<strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong><br />

Realität oder Illusion?


27. Unternehmergespräch Kronberg 2008<br />

Eine Publikation von <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> und <strong>GfK</strong>-Nürnberg e.V.<br />

<strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong><br />

Realität oder Illusion?


Impressum<br />

Herausgeber: <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> und <strong>GfK</strong>-Nürnberg e.V.<br />

Redaktion + Gestaltung: Sommer Consulting, München<br />

Druck: Eugen Seubert GmbH, Nürnberg<br />

6. Ausgabe, Mai 2008<br />

© 2008 by <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> + <strong>GfK</strong>-Nürnberg e.V.<br />

Alle Rechte vorbehalten


WILHELM WESSELS<br />

Forschen für die Marke …………………………………………………………………… 7<br />

Kronberg-Veranstaltung der <strong>GfK</strong> setzt Markenzeichen<br />

THOMAS BACHL<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle …………………………………………… 11<br />

Verbraucher 2008 – Was treibt den Konsum?<br />

WOLFGANG TWARDAWA / DR. RAIMUND WILDNER<br />

Gibt es Treue für die Marke? ……………………………………………………………… 27<br />

<strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong> – Realität oder Illusion?<br />

u Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>? ……………………………………………………… 30<br />

Positionierung, Prägung und Erinnerung als Erfolgsparameter<br />

u First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke ……………………………………… 39<br />

Was heißt <strong>Markenbindung</strong> und wie entwickelt sie sich?<br />

u Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung ………………………………………… 49<br />

Die Bedeutung von Zeitgeist und Alterung für die <strong>Markenbindung</strong><br />

u Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong> ………………………………………………… 59<br />

Negative und positive Effekte durch den Lebenswelten-Übergang<br />

u Verbindlich, verbindend, verlässlich ………………………………………………… 71<br />

Die Rolle der Kommunikation für die <strong>Markenbindung</strong><br />

u Fazit: <strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong> ist möglich …………………………………… 76<br />

First Choice Buyer – Leitwährung der Markenführung<br />

Inhalt


Forschen für die Marke<br />

Kronberg-Veranstaltung der <strong>GfK</strong> setzt Markenzeichen<br />

Die Marke ist bei der <strong>GfK</strong> in guten Händen:<br />

Seit mehr als fünf Jahrzehnten<br />

erhebt sie in ihren <strong>Panel</strong>s regelmäßig<br />

die Ausgaben der Verbraucher für Güter<br />

des täglichen Bedarfs. Seit Einführung<br />

der <strong>GfK</strong> Verbraucherforschung im Jahr<br />

1957 haben sich die Methoden natürlich<br />

stetig verfeinert, aber am Grundprinzip<br />

hat sich bis heute nichts geändert.<br />

Das Besondere an den <strong>GfK</strong> Verbraucher-<br />

panels ist, dass es hier nicht darum geht,<br />

was die Verbraucher meinen, fühlen,<br />

glauben oder wollen, sondern darum,<br />

was sie tatsächlich tun. Die <strong>GfK</strong> registriert<br />

in ihren <strong>Panel</strong>s das tatsächliche<br />

Verhalten der Verbraucher: was sie kaufen,<br />

wann sie es kaufen, wo sie einkaufen<br />

und wie viel sie für jeden einzelnen<br />

Artikel an der Kasse bezahlen. Diese<br />

Informationen liefern bereits für sich<br />

genommen, erst recht aber in Kombination<br />

mit anderen Daten ein komplexes<br />

Bild des Verbraucherverhaltens und<br />

Konsumgeschehens.<br />

Heute berichten 20.000 Haushalte im großen<br />

Haushaltspanel ConsumerScan und<br />

25.000 Einzelpersonen im Individualpanel<br />

ConsumerScan über ihre täglichen Einkäufe<br />

von Fast Moving Consumer Goods.<br />

Sie tun dies nicht mehr wie früher durch<br />

Ausfüllen eines Haushaltsbogens, sondern<br />

– ganz zeitgemäß – mittels eines<br />

elektronischen Tagebuchs bzw. online.<br />

Dadurch ist die Datenbasis heute um ein<br />

Vielfaches solider und valider.<br />

Wilhelm Wessels<br />

Mitglied des Vorstands<br />

der <strong>GfK</strong> Gruppe<br />

Die Datenerhebung im <strong>Panel</strong> ist aber Frage, wie sie ihre Position im<br />

bekanntlich nicht Selbstzweck, und der Wettbewerb aktuell verbessern<br />

Service der <strong>GfK</strong> erschöpft sich nicht in<br />

der Datenlieferung an ihre Kunden. Die<br />

immense Datenbasis ist vielmehr Grund-<br />

und langfristig sichern kann.“<br />

lage für die Erstellung<br />

langer Zeitreihen, für vielschichtige<br />

und detaillierte<br />

Analysen, die verwertbare<br />

Aussagen über die Entwicklung<br />

von Marken, Warengruppen<br />

und Sortimenten<br />

liefern. Solche Informationen<br />

sind unverzichtbar für 50 Jahre <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong>forschung<br />

die Markenführung der<br />

Stationen einer Erfolgsgeschichte<br />

Hersteller, aber auch für<br />

die Sortimentsplanung des<br />

Handels.<br />

<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> GmbH<br />

<strong>GfK</strong> Nürnberg e.V.<br />

7<br />

„Seit nunmehr 27 Jahren lädt die<br />

<strong>GfK</strong> die Top-Entscheider aus der<br />

FMCG-Industrie jeweils im Januar<br />

zu ihrem Unternehmergespräch<br />

ein. Hier wird das Marktgesche-<br />

hen des jeweils vergangenen<br />

Jahres präsentiert, einschließlich<br />

eines Ausblicks auf die kommen-<br />

den Monate. Im Zentrum steht<br />

jedoch die Marke selbst und die


8<br />

Forschen für die Marke<br />

Handelsmarken –<br />

Wachstum ohne Grenzen?<br />

Markenführung gegen ALDIisierung<br />

22. Unternehmergespräch Kronberg 2003<br />

<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> Consumer Research GmbH<br />

<strong>GfK</strong> Nürnberg e.V.<br />

Doch damit noch nicht genug: Weil die<br />

<strong>GfK</strong> dank ihrer <strong>Panel</strong>s die Kaufgeschichte<br />

jedes einzelnen Teilnehmers kennt, muss<br />

sie die Konsumenten nicht nach den – subjektiven<br />

– Beweggründen für ihr Kaufverhalten<br />

fragen, sondern kann die Ursachen<br />

für ein bestimmtes, situationsbezogenes<br />

Kaufverhalten quasi objektiv bestimmen.<br />

Erst dadurch wird es möglich, Trends zu<br />

bestimmen und Potenziale aufzuzeigen.<br />

Unternehmergespräche in<br />

Kronberg: Im Zeichen der Marke<br />

Seit nunmehr 27 Jahren lädt die <strong>GfK</strong> die<br />

Top-Entscheider aus der FMCG-Industrie<br />

jeweils im Januar zu ihrem „Unternehmergespräch“<br />

ins altehrwürdige Schlosshotel<br />

Kronberg im Taunus ein. Hier wird<br />

das Marktgeschehen des jeweils vergangenen<br />

Jahres präsentiert, einschließlich<br />

eines Ausblicks auf die kommenden<br />

Monate. Im Zentrum steht jedoch die<br />

Marke selbst und die Frage, wie sie ihre<br />

Nachhaltig erfolgreiche<br />

Markenführung<br />

Von den Champions lernen<br />

23. Unternehmergespräch Kronberg 2004<br />

<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> Consumer Research GmbH<br />

<strong>GfK</strong> Nürnberg e.V.<br />

Position im Wettbewerb verbessern und<br />

langfristig sichern kann.<br />

Der Erfolg des klassischen Markenartikels<br />

liegt sowohl den hochkarätigen Teilnehmern<br />

des Symposiums als auch der <strong>GfK</strong><br />

am Herzen. Dazu ist es nötig, dass man<br />

sich bisweilen auch mit den Wettbewerbern<br />

beschäftigt, so zum Beispiel beim<br />

Unternehmergespräch des Jahres 2003.<br />

2003: Markenführung gegen<br />

ALDIisierung<br />

Durch die Euro-Bargeldeinführung und<br />

den Discounterboom erlebten die Eigenmarken<br />

des Handels im fraglichen Jahr<br />

einen starken Wachstumsschub. Für die<br />

<strong>GfK</strong> ein Grund, dem Erfolgprinzip der<br />

Handelsmarken auf den Grund zu gehen.<br />

Im Mittelpunkt der umfassenden Studie<br />

stand die Frage: Warum kaufen die Verbraucher<br />

Handelsmarken und, damit verbunden:<br />

Führt ein Weg zurück zur Marke?<br />

Die Premiumkäufer<br />

Wege zur Wertschöpfung<br />

24. Unternehmergespräch Kronberg 2005<br />

<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> GmbH<br />

<strong>GfK</strong> Nürnberg e.V.


Konsumlust statt<br />

Konsumfrust<br />

Innovationen als Motor für blockierte Märkte<br />

25. Unternehmergespräch Kronberg 2006<br />

<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> GmbH<br />

<strong>GfK</strong> Nürnberg e.V.<br />

Das Buch, das die <strong>GfK</strong> im Jahr 2003 erstmals<br />

im Anschluss an eine Kronberg-<br />

Veranstaltung veröffentlichte, ist ein<br />

Plädoyer für starke Marken, die sich auf<br />

ihren Kern konzentrieren, und die ihre<br />

Botschaft an die Konsumenten in überzeugende<br />

Nutzenkonzepte und hochwertige<br />

Produkte verpacken.<br />

2004: Von den Champions<br />

lernen!<br />

Nach anfänglichen Schwierigkeiten<br />

gelang es den Vollsortimentern immer<br />

besser, den Discountern in der „Teuro“-<br />

Schlacht Paroli zu bieten, und sowohl<br />

Käufer als auch Umsatz ins eigene<br />

Lager zurückzuholen. Die <strong>GfK</strong> stellte die<br />

Frage, wie den Verbrauchern der Weg<br />

zurück zur Herstellermarke am besten<br />

geebnet werden könnte. Dabei zeigte<br />

sich, dass Innovationen ein entscheidender<br />

Schlüssel dazu sind. Dem Thema<br />

sollte zwei Jahre später ein ganzes Symposium<br />

gewidmet sein.<br />

Chancen für die Mitte<br />

Erfolge zwischen Premium- und Handelsmarken<br />

26. Unternehmergespräch Kronberg 2007<br />

<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> GmbH<br />

<strong>GfK</strong> Nürnberg e.V.<br />

2005: Premiumkäufer weisen<br />

Wege zur Wertschöpfung<br />

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten<br />

steigt die Bedeutung derjenigen Haushalte,<br />

denen es finanziell besser geht.<br />

Die <strong>GfK</strong> stellte in diesem Jahr den Premium-Käufer<br />

vor, seine Produktvorlieben,<br />

seine Marken- und seine Einkaufsstättenpräferenzen.<br />

Tatsächlich sind die<br />

Premium-Käufer bis heute eine Stütze<br />

für die Marke, und die Premium-Marken<br />

die entscheidenden Wachstumstreiber<br />

für die Herstellermarke.<br />

2006: Innovationen als Motor<br />

für blockierte Märkte<br />

Langsam bekommen die Verbraucher<br />

wieder Geschmack am Konsumieren.<br />

Doch wie kann man die wiedererwachte<br />

Einkaufslust unterstützen und in die richtigen<br />

Bahnen lenken? – Die <strong>GfK</strong> zeigte<br />

in einer detailreichen Studie auf, dass<br />

die Erfolgskriterien der Hersteller und<br />

Forschen für die Marke<br />

27. Unternehmergespräch Kronberg 2008<br />

Eine Publikation von <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> und <strong>GfK</strong>-Nürnberg e.V.<br />

<strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong><br />

Realität oder Illusion?<br />

9


10<br />

Forschen für die Marke<br />

Zur ANUGA, der weltweit<br />

größten Leistungsschau der<br />

Ernährungsindustrie, die alle<br />

zwei Jahre in Köln stattfindet,<br />

hat die <strong>GfK</strong> in Zusammenarbeit<br />

mit der Bundesvereinigung der<br />

Deutschen Ernährungsindustrie<br />

in den Jahren 2005 und 2007<br />

zwei viel beachtete Studien<br />

erstellt. In beiden Studien geht es<br />

um spezielle Konsumententypen,<br />

die durch ihre überdurchschnitt-<br />

liche Nachfrage bestimmten<br />

Sortimenten und Warengruppen<br />

außergewöhnliche Wachstums-<br />

chancen eröffnen.“<br />

die Erwartungen der Verbraucher an<br />

eine innovative Marke sich nicht immer<br />

decken. Nur „echte“ Innovationen weisen<br />

demnach den Weg aus der Stagnation,<br />

nicht aber „alte Hüte“. Für den<br />

Markenartikel, so das Fazit, sind Innovationen<br />

der Schlüssel zu neuen Käuferschichten.<br />

2007: Gibt es Erfolg für<br />

die Marken in der Mitte?<br />

Überall gerät die Mitte unter Druck, in<br />

der Politik, in der Gesellschaft und auch<br />

in der Markenwelt. Die <strong>GfK</strong> hat in einer<br />

aufwändigen Studie 450 Mittemarken<br />

untersucht und festgestellt: Einem Drittel<br />

von ihnen gelingt es, durch Konzentration<br />

auf bestimmte Nutzensegmente,<br />

Zielgruppen oder Distributionswege<br />

langfristig erfolgreich zu sein. Dank der<br />

Markentreue eines speziellen Käufertypus:<br />

des Mittemarken-Käufers.<br />

Consumers‘ Choice ‘05<br />

Trends in Food and Beverages<br />

Eine Publikation anlässlich der Anuga 2005<br />

A publication on the occasion of Anuga 2005<br />

2008: Gibt es lebenslange<br />

<strong>Markenbindung</strong>?<br />

Das diesjährige Thema ist quasi aus dem<br />

Leben gegriffen, denn zwischen dem<br />

„wirklichen“ Leben und dem Leben einer<br />

Marke gibt es vielfältige Ähnlichkeiten<br />

und Berührungspunkte. Das beginnt<br />

mit dem „Kennenlernen“ in der frühen<br />

Jugend und reicht bis ins hohe Alter.<br />

Aber hier wie dort gilt: Treue gibt es nicht<br />

geschenkt, man muss sie sich verdienen.<br />

Die Studie der <strong>GfK</strong> zeigt auf, wo gefährliche<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

liegen, und dass es immer auch eine<br />

„zweite Chance“ gibt.<br />

Zunächst jedoch, wie immer, ein Blick<br />

auf die aktuelle Situation der Wirtschaft<br />

generell und der Fast Moving Consumer<br />

Goods im Besonderen.<br />

Consumers‘ Choice ‘07<br />

Wellfood trend drives food markets<br />

Eine Publikation anlässlich der Anuga 2007<br />

A publication on the occasion of Anuga 2007


Zwischen Preisschub<br />

und Konsumkontrolle<br />

Verbraucher 2008 – Was treibt den Konsum?<br />

Seit einer Ewigkeit haben sich die Deutschen<br />

nicht mehr so sehr dafür interessiert,<br />

was in der „Wirtschaft” passiert,<br />

wie in den letzen Monaten. Bekanntlich<br />

hat man ihnen dort das Rauchen verboten,<br />

und deshalb rauchen jetzt die Köpfe<br />

auf der Suche nach Hintertürchen.<br />

Auch in der realen Wirtschaft sind die<br />

Verbraucher auf der Suche nach einem<br />

„Hintertürchen“: einem Ausweg aus der<br />

Preisspirale. Aber auch hier ist ihr persönlicher<br />

Handlungsspielraum begrenzt.<br />

Sie müssen sich fügen, aber sie tun es nur<br />

widerwillig, und das nicht erst neuerdings.<br />

Seit Jahren hinkt der private Konsum der<br />

allgemeinen Wirtschaftsentwicklung hinterher.<br />

In diesem Jahr wird das Wachstum<br />

laut Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose<br />

(vormals Gemeinschaftsgutachten<br />

der Wirtschaftsforschungsinstitute) wieder<br />

nur knapp ein Prozent betragen. 2007<br />

gingen die Ausgaben der privaten Haushalte<br />

sogar zurück. Erst 2009 soll der private<br />

Konsum etwas stärker ansteigen und<br />

sogar zum eigentlichen Träger des Wirtschaftswachstums<br />

werden.<br />

Konsum hinkt nach<br />

VÄ zum jeweiligen Vorjahr in %<br />

2006 2007 2008 2009<br />

Bruttoinlandsprodukt (real)<br />

2,9<br />

Verbraucherpreise<br />

1,6<br />

2,5<br />

2,3<br />

1,8<br />

2,6<br />

Privater Konsum (real)<br />

1,0<br />

- 0,4<br />

0,8<br />

1,4<br />

1,8<br />

1,2<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt (2006 / 2007);<br />

Prognose der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose<br />

(2008 / 2009)<br />

Thomas Bachl<br />

11<br />

Geschäftsführer<br />

<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

„Die hohen und bis heute<br />

stetig steigenden Preise für<br />

Benzin und Heizöl haben die<br />

Verbraucher vorsichtig gemacht,<br />

was das Geldausgeben betrifft.<br />

Die im Sommer einsetzenden<br />

Preiserhöhungen für zahlreiche<br />

Lebensmittel und Getränke kamen<br />

daher zum denkbar schlechtesten<br />

Zeitpunkt. Im letzten Tertial des<br />

Jahres 2007 haben die Verbrau-<br />

cher sogar ihren Mengenkonsum<br />

eingeschränkt, um die Preiserhö-<br />

hungen auszugleichen.“


12<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

Fast Moving Consumer Goods<br />

– besser als der Gesamtkonsum<br />

Wenn die Verbraucher sparen, fangen<br />

sie zuerst bei den größeren Dingen an.<br />

Das ist ein Grund dafür, dass die langlebigen<br />

Gebrauchsgüter seit vielen Jahren<br />

deutliche Umsatzeinbußen erleiden.<br />

Der andere Grund ist ebenfalls bekannt:<br />

Der Handel hat sich mit seinen permanenten<br />

Sonderangeboten selbst einen<br />

Verbrauchertypus herangezogen, der<br />

kaum noch etwas zum Normalpreis<br />

kauft, sondern so lange sucht, bis er sein<br />

„Schnäppchen“ machen kann.<br />

Seit der Konjunkturmotor in <strong>Deutschland</strong><br />

wieder besser läuft, geben die Verbrau-<br />

cher auch wieder mehr für Nonfood aus.<br />

Die Umsätze steigen seither zwar nicht<br />

stark, aber immerhin stetig.<br />

Der Einzelhandel mit Gütern des täglichen<br />

Bedarfs schneidet seit Jahren besser<br />

ab als der Nonfood-Handel, und in der<br />

Regel ist das Wachstum der Fast Moving<br />

Consumer Goods (FMCG) auch etwas stärker<br />

als das des privaten Konsums generell.<br />

Der Umsatzzuwachs des Lebensmitteleinzelhandels<br />

(einschließlich der Drogeriemärkte)<br />

lag 2007 bei 1,8 Prozent, fiel<br />

damit aber um knapp einen Prozentpunkt<br />

geringer aus als 2006. Unter Einschluss des<br />

Fachhandels lag der Umsatzzuwachs bei<br />

lediglich1,2 Prozent. Auch das ist deutlich<br />

weniger Wachstum als erwartet.<br />

Einzelhandel: Wachstum schwächt sich ab<br />

Ausgaben in Mrd. Euro – VÄ zum Vorjahr in %<br />

180<br />

150<br />

120<br />

2000<br />

169,1<br />

Nonfood*<br />

Lebensmittelhandel<br />

(inkl. Drogeriemärkte)<br />

129,2<br />

* Elektro/Textil/Hartwaren<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

163,2<br />

133,5<br />

152,0<br />

134,7<br />

149,5<br />

136,7<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, <strong>GfK</strong> ConsumerScope<br />

147,6<br />

136,6<br />

146,1<br />

+ 1,2% + 0,6%<br />

147,9<br />

148,8<br />

142,7<br />

140,2<br />

136,6<br />

+ 2,7% + 1,8%<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

180<br />

150<br />

120


Die Gründe dafür liegen zunächst einmal<br />

auf „sachfremdem“ Gebiet. Nachdem<br />

die Verbraucher den Mehrwertsteueraufschlag<br />

wie erwartet schnell weggesteckt<br />

hatten, traf sie der Energieschock<br />

dafür umso kräftiger und nachhaltiger.<br />

Die hohen und bis heute stetig steigenden<br />

Preise für Benzin und Heizöl haben<br />

sie vorsichtig gemacht, was das Geldausgeben<br />

betrifft.<br />

Die im Sommer einsetzenden Preiserhöhungen<br />

für zahlreiche Lebensmittel und<br />

Getränke kamen daher zum denkbar<br />

schlechtesten Zeitpunkt. Im letzten Tertial<br />

des Jahres haben die Verbraucher sogar<br />

ihren Mengenkonsum eingeschränkt, um<br />

die Preiserhöhungen auszugleichen.<br />

Wachstumstreiber im LEH 2007<br />

13<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

LEH 2007 – Wachstum nur<br />

dank höherer Preise<br />

Tatsächlich geht der gesamte Umsatzzuwachs<br />

des LEH im Jahr 2007 auf Preiserhöhungen<br />

zurück. Dazu gehören zunächst<br />

die Aufschläge infolge der Mehrwertsteuererhöhung.<br />

Obwohl die steuerbedingten<br />

Preissteigerungen gerade<br />

einmal gut 20 Prozent der FMCG-Artikel<br />

betreffen, sind sie ein entscheidender<br />

Wachstumsfaktor.<br />

Im dritten Quartal stiegen dann die Er-<br />

zeugerpreise für Molkerei- und Getreide-<br />

produkte abrupt und deutlich. Den Mar-<br />

kenartikelherstellern und dem Handel<br />

blieb gar nichts anderes übrig, als die<br />

Mehrausgaben für FMCG gegenüber Vorjahr in Prozentpunkten<br />

– 1,4<br />

+ 0,1<br />

- 0,5<br />

- 1,0<br />

Mengenzuwachs<br />

Gewinne aus dem<br />

Lebensmittelhandwerk<br />

Verluste durch<br />

Außer-Haus-Konsum*<br />

Minderkonsum<br />

infolge Preiserhöhungen<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

+ 1,8%<br />

* durch Zunahme der Beschäftigung<br />

LEH-Zuwachs<br />

durch…<br />

Wertzuwachs + 3,2<br />

Preiserhöhungen<br />

mehr Preispromotions<br />

Nachfrage nach<br />

höherwertigen Produkten<br />

+ 3,0<br />

- 0,3<br />

+ 0,5<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


14<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

Teurer Lebensunterhalt<br />

gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Verar-<br />

beitung und Transport an ihre Kunden<br />

weiterzugeben. Die Ankündigungen von<br />

Preiserhöhungen durch Discountunternehmen,<br />

teils in ganzseitigen Zeitungsanzeigen,<br />

haben es auch den übrigen<br />

LEH-Unternehmen erleichtert, einen Teil<br />

der hohen Beschaffungskosten an die<br />

Verbraucher weiterzugeben.<br />

Weil die Verbraucher gezwungenermaßen<br />

mehr bezahlen mussten, haben sie<br />

sehr viel seltener aus eigenem Antrieb<br />

höherwertige Produkte gekauft. In den<br />

Jahren zuvor hatten diese „Upgrade-<br />

Käufe” noch den entscheidenden Beitrag<br />

zum Wachstum des LEH geliefert.<br />

Da half es auch nichts, dass der Handel<br />

seine Preispromotions verstärkte, um die<br />

Kunden zum Kauf zu animieren. Trotz<br />

aller Bemühungen ist das Wertwachstum<br />

des LEH im Jahr 2007 geringer ausgefallen<br />

Entwicklung der Verbraucherpreise in <strong>Deutschland</strong> zwischen 1991 und 2008<br />

Indexwerte Jahr Monate 2007 – 2008<br />

91<br />

75,9<br />

92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02<br />

Index: 2005 = 100<br />

79,8<br />

100<br />

98,5<br />

96,9<br />

95,9<br />

94,5<br />

92,7<br />

90,0 90,9 91,4<br />

87,1<br />

88,3<br />

85,6<br />

83,3<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

03 04 05 06 07<br />

Obergrenze gemäß EU-Stabilitätspakt = 2,0%<br />

als erwartet, und zudem kamen die<br />

Wachstumsbeiträge ausschließlich von<br />

der Preisseite. Dagegen lag die Mengennachfrage<br />

im Lebensmitteleinzelhandel<br />

aufs Gesamtjahr gesehen – zum ersten<br />

Mal – um rund anderthalb Prozent unter<br />

dem entsprechenden Vorjahreswert.<br />

Gründe dafür sind zum einen die deutlich<br />

verbesserte Beschäftigungslage, die<br />

dazu führt, dass wieder öfter außer<br />

Haus gegessen wird, vor allem in Kantinen.<br />

Dadurch ist das Mengenergebnis<br />

des LEH im vergangenen Jahr um ein<br />

halbes Prozent geringer ausgefallen.<br />

Hinzu kommt ein Minus von einem Prozent<br />

aus tatsächlichem Minderkonsum,<br />

unter anderem durch geringere Bevorratung<br />

und durch einen bewussteren<br />

Umgang mit den gekauften Lebensmitteln<br />

(geringere Wegwerfrate).<br />

04 05 06 07 08 09 10 11 12 01 02 03<br />

105,6 105,8<br />

103,9 103,6 103,6 104,1 104,5<br />

101,6 106,3<br />

103,6 104,2 104,2 105,0 105,3<br />

2,1 2,1 2,1<br />

1,9<br />

2,2<br />

2,7<br />

3,2 3,1 3,1<br />

2,8 2,8 2,8<br />

Veränderungsrate gegenüber Vorjahresmonat in %<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


Teure Lebenshaltung<br />

irritiert die Verbraucher<br />

„Wir spüren nichts vom Aufschwung”, so<br />

zitieren die Medien enttäuschte Verbraucher.<br />

Diese hatten erwartet, dass die 2007<br />

endlich wieder etwas kräftiger ausgefallenen<br />

Lohnerhöhungen sie spürbar entlasten<br />

würden. Doch die Mehrwertsteuererhöhung,<br />

steigende Preise für Benzin,<br />

Heizung, Gesundheit und Altersvorsorge<br />

haben das zusätzliche „Netto” weitgehend<br />

aufgesaugt.<br />

Im letzten Tertial 2007 lag die offizielle<br />

Preissteigerungsrate im Monatsdurchschnitt<br />

bei rund drei Prozent, und dort<br />

verharrte sie auch noch in den ersten drei<br />

Monaten des Jahres 2008. Insgesamt gesehen<br />

ist das Leben für die Verbraucher<br />

damit binnen Jahresfrist um rund zweieinhalb<br />

Prozent teurer geworden. Doch<br />

das ist nur die eine Seite der Wahrheit, es<br />

gibt auch noch eine andere.<br />

Zwischen der offiziellen und der<br />

„gefühlten“ Inflation besteht eine spürbare<br />

Diskrepanz. Das liegt daran, dass<br />

die Verbraucher Preissteigerungen bei<br />

Produkten, die sie täglich benötigen, viel<br />

stärker wahrnehmen und als gravierender<br />

empfinden als bei Waren, die sie nur<br />

sporadisch kaufen. Nahrungsmittel und<br />

alkoholfreie Getränke sind im offiziellen<br />

Inflationsindex des Statistischen Bundesamts<br />

jedoch nur mit gut zehn Prozent<br />

gewichtet, während sie im Portemonnaie<br />

der Verbrauch dagegen spürbare<br />

Löcher reißen.<br />

15<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

Verbraucherpreise März 2008<br />

Gesamt / nach Gütergruppen (Auszug)<br />

Veränderungsrate zum Vorjahresmonat in %<br />

Gesamtindex<br />

März 2008<br />

Nahrungsmittel,<br />

alkoholfreie Getränke<br />

Alkoholische Getränke,<br />

Tabakwaren<br />

Bekleidung / Schuhe<br />

Wohnung, Wasser,<br />

Strom, Gas etc.<br />

Einrichtungen,<br />

Haushaltsgeräte, etc.<br />

Verkehr<br />

Hotels und Gaststätten<br />

1,2<br />

0,9<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

1,9<br />

3,1<br />

2,9<br />

3,4<br />

4,6<br />

Im März 2008 lagen die Preise für Nahrungsmittel<br />

und alkoholfreie Getränke<br />

um gut acht Prozent über denen des<br />

Vorjahresmonats. Damit stiegen die<br />

Preise für Lebensmittel erneut rund<br />

dreimal stärker als die Lebenshaltungskosten<br />

insgesamt. In gerade einmal gut<br />

zwei Jahren sind Essen und Trinken für<br />

die Haushalte um fast zwölf Prozent<br />

teurer geworden. Das ist deutlich mehr<br />

als in jedem anderen großen Ausgabenbereich<br />

und übertrifft sogar die Preissteigerungen<br />

im Bereich Verkehr, worin<br />

unter anderem die Spritpreise an der<br />

Tankstelle einfließen.<br />

An der Spitze der Preisspirale standen<br />

erneut die Molkereiprodukte. Für frische<br />

Vollmilch mussten die Verbraucher fast ein<br />

Drittel mehr bezahlen als vor Jahresfrist,<br />

8,2<br />

Index: Jahr<br />

2005 = 100<br />

106,3<br />

112,3<br />

107,4<br />

102,3<br />

107,4<br />

102,3<br />

110,5<br />

105,5<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


16<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

der Preis für Speisequark stieg um beinahe<br />

50 Prozent. Speisefette wurden um<br />

rund 15 Prozent teurer, Obst und Schokolade<br />

um elf bzw. dreizehn Prozent. Für<br />

Brot und Brötchen wurden acht Prozent<br />

mehr bezahlt, während das Grundprodukt<br />

Mehl um ein sattes Drittel teurer<br />

war als im Vorjahresmonat. Allerdings<br />

hat sich der Preisauftrieb gegenüber den<br />

Flächendeckend steigende Preise<br />

Teuerungsraten ausgew. Produkte im März 2008<br />

Inflationsrate ges.<br />

Kraftstoffe<br />

u Superbenzin<br />

u Diesel<br />

Leichtes Heizöl<br />

Strom<br />

Nahrungsmittel<br />

u Mopro/Eier<br />

u Frische Vollmilch<br />

u H-Milch<br />

u Speisequark<br />

u Butter<br />

u Fette/Öle<br />

u Obst<br />

u Brot/Getreideprod.<br />

u Mehl<br />

u Nudeln<br />

u Reis<br />

u Brötchen<br />

Alkoholfreie Getränke<br />

Tafelschokolade<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

VÄ Wert [%] zum Vorjahresmonat<br />

3,1<br />

12,3<br />

9,6<br />

7,2<br />

5,6<br />

8,6<br />

11,0<br />

8,7<br />

10,2<br />

8,2<br />

19,5<br />

15,9<br />

13,2<br />

19,8<br />

23,9<br />

31,0<br />

28,2<br />

26,3<br />

40,0<br />

46,6<br />

34,2<br />

letzten Monaten wieder verlangsamt. Im<br />

März 2008 waren Nahrungsmittel und<br />

alkoholfreie Getränke „nur“ um ein halbes<br />

Prozent teurer als im Februar 2008. Einige<br />

Produkte wurden sogar wieder billiger, so<br />

beispielsweise Butter mit einem Abschlag<br />

von fünf Prozent zum Vormonat.<br />

Im April haben dann die Discounter ihre<br />

Ladenpreise für Milch und Milchprodukte<br />

wieder deutlich gesenkt. Sie haben allerdings<br />

auch allen Grund, die Preisschraube<br />

wieder etwas zu lockern, denn die Preissteigerungen<br />

in dieser Vertriebsschiene<br />

haben das Preisführer-Image der Discounter<br />

merklich angekratzt.<br />

Die Discounter führen die<br />

Preissteigerungen an…<br />

In der Vergangenheit haben die Discounter<br />

Preissteigerungen im LEH immer zu<br />

ihren Gunsten nutzen können. Diesmal<br />

sind sie der entscheidende Antreiber der<br />

Preisrunde.<br />

Im März 2008 mussten die Verbraucher<br />

bei den Discountern fast 13 Prozent mehr<br />

für ihre Einkäufe bezahlen als im entsprechenden<br />

Vorjahresmonat. Die Kunden<br />

der Vollsortimenter ließen dagegen<br />

„nur“ gut sechs Prozent mehr Geld in der<br />

Kasse als vor Jahresfrist. Trotz des doppelt<br />

hohen Preisanstiegs bei den Discountern<br />

ist der absolute Preisabstand von Discountern<br />

und Vollsortimentern aufgrund<br />

des unterschiedlichen Ausgangsniveaus<br />

gleich geblieben. Die Discounterkunden


genießen also nach wie vor den gleichen<br />

absoluten Preisvorteil, müssen aber für<br />

ihre Einkäufe deutlich tiefer in die Tasche<br />

greifen. So sind die finanziell schwachen<br />

Haushalte von den Preiserhöhungen am<br />

stärksten betroffen, weil sie kaum Ausweichmöglichkeiten<br />

haben.<br />

Preisindex FMCG*<br />

Preisveränderung zum jeweiligen Vorjahresmonat in %<br />

17<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

… und können am meisten<br />

davon profitieren<br />

© <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Haushaltsindex Bezahlte Preise * ohne Frische<br />

Dies führt dazu, dass die Discounter<br />

erneut am stärksten von den Preisersteigerungen<br />

bei Lebensmitteln profitieren.<br />

So war das Umsatzwachstum der Discounter<br />

im letzten Tertial des Jahres 2007<br />

höher als in den beiden vorhergehenden<br />

2007 2008<br />

APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT NOV DEZ<br />

LEH+DM gesamt<br />

1,6 1,1 1,7 2,3 1,6<br />

Drogeriemärkte<br />

1,7 1,9 1,4<br />

Vollsortimenter<br />

1,9<br />

Discounter<br />

0,6<br />

1,8<br />

0,4 0,5 0,9 0,5<br />

2,2 2,2 2,8<br />

3,9<br />

3,0<br />

3,6<br />

2,2 2,3<br />

2,5<br />

5,6<br />

5,2<br />

4,2<br />

7,7<br />

1,7<br />

3,0<br />

5,9 5,9<br />

9,2<br />

9,9<br />

JAN FEB MAR<br />

6,2 6,4 7,0 7,4 8,0<br />

2,5<br />

5,5<br />

11,2<br />

0,2<br />

6,1<br />

11,5<br />

0,5<br />

6,4<br />

12,8<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


18<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

Perioden. Der Umsatz der Vollsortimenter<br />

stieg dagegen in den Monaten September<br />

bis Dezember 2007 insgesamt<br />

schwächer als zuvor; vor allem bei den<br />

Supermärkten zeigten sich deutliche<br />

Unterschiede in der Umsatzverteilung.<br />

Auch zu Beginn des Jahres 2008 verzeichnen<br />

die Discounter deutlich höhere<br />

Wachstumsraten als die anderen Vertriebskanäle.<br />

Dies liegt unter anderem<br />

daran, dass Aldi bei FMCG auf den<br />

Wachstumspfad zurückgekehrt ist. Aber<br />

auch bei Verbraucher- und Supermärkten<br />

machen sich die Preissteigerungen<br />

inzwischen positiv bemerkbar. Nur die<br />

Drogeriemärkte, die keine (teureren)<br />

Lebensmittel verkaufen, stagnieren.<br />

Die Reaktion der Verbraucher:<br />

Zurückhaltung beim Konsum<br />

Zahlreiche Haushalte können die höheren<br />

Kosten für die Lebenshaltung nicht<br />

mehr dadurch kompensieren, dass sie ein<br />

weniger tiefer in die Haushaltskasse greifen<br />

– da ist oft einfach nichts mehr zu<br />

holen. So sagten im vergangenen Jahr<br />

26 Prozent aller Haushalte in <strong>Deutschland</strong><br />

von sich, dass sie sich fast nichts<br />

mehr leisten können; in jedem siebzehnten<br />

Haushalt reicht es sogar vorne und<br />

hinten nicht. Diesen Verbrauchern bleibt<br />

nichts anderes übrig, als ihren Konsum<br />

zu reduzieren. Aber nicht nur sie reagieren<br />

auf die drastischen Preissteigerungen<br />

mit Kaufzurückhaltung.<br />

Discounter profitieren von Preissteigerungen bei Lebensmitteln<br />

Umsatzanteile in % nach Handelspanelsystematik – ohne Fachhandel*<br />

2005 2006 2007* Vertriebsschienen<br />

VÄ Wert in % 2007* 2008*<br />

Jan - Dez Jan - Aug Sep - Dez Jan - Mar<br />

8,2 8,5 8,5<br />

24,6 24,4 24,0<br />

26,3 24,6 24,3<br />

40,9<br />

18,9<br />

7,9<br />

136,6<br />

+ 2,7<br />

42,5<br />

19,6<br />

8,6<br />

140,2<br />

43,2<br />

18,9<br />

9,3<br />

142,7<br />

Drogeriemärkte<br />

VM Total (ab 1.500 qm)<br />

Supermärkte (bis 1.499 qm)<br />

Discounter<br />

Aldi<br />

Lidl<br />

Mrd. Euro<br />

VÄ zum Vorjahr in %<br />

* eigene Berechnungen auf Basis <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Bonsumme FMCG<br />

Quelle: IRI Grundgesamtheiten, Stand jeweils zum Jahresende<br />

2,6<br />

0,0<br />

0,9<br />

3,5<br />

-1,3<br />

10,2<br />

1,8<br />

2,9<br />

0,0<br />

1,2<br />

3,2<br />

-1,6<br />

10,1<br />

1,8<br />

2,0<br />

0,1<br />

0,2<br />

3,9<br />

-0,8<br />

10,3<br />

1,9<br />

-0,1<br />

3,2<br />

2,8<br />

6,9<br />

7,3<br />

10,9<br />

4,6<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


Im dritten Tertial des vergangenen<br />

Jahres haben alle Verbrauchergruppen<br />

ihre mengenmäßige Nachfrage im<br />

Lebensmitteleinzelhandel eingeschränkt.<br />

Entweder haben sie weniger konsumiert<br />

oder aber wenigstens andere, billigere<br />

Produkte gekauft.<br />

Dies gilt natürlich vor allem für die finanziell<br />

schwachen Haushalte, die in den<br />

letzten vier Monaten des Jahres fast<br />

sechs Prozent weniger Menge eingekauft<br />

haben als im gleichen Vorjahreszeitraum.<br />

Dadurch gingen in dieser<br />

Gruppe trotz der massiven Preissteigerungen<br />

auch die Ausgaben zurück.<br />

Auch die mittleren und selbst die finanziell<br />

gut gestellten Haushalte haben im<br />

19<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

letzten Tertial ihre Mengennachfrage<br />

reduziert, aber immerhin noch zum<br />

Umsatzwachstum des LEH beigetragen,<br />

wenn auch nur über die höheren<br />

Preise. In den ersten beiden Tertialen<br />

des Jahres 2007 hatte es bei den kaufkraftstarken<br />

Haushalten dagegen noch<br />

einen echten Konsumanstieg gegeben,<br />

während bei den Haushalten der Mitte<br />

bereits ein Rückgang im Verbrauch festzustellen<br />

war.<br />

Insgesamt hat der LEH sein Umsatzwachstum<br />

im letzten Jahr ausschließlich<br />

über Preiserhöhungen realisiert. Dazu<br />

haben ihn eigene Kostensteigerungen<br />

gezwungen. Die Verbraucher zwängt<br />

das zurück in eine Preisfixierung, aus der<br />

sie sich gerade erst gelöst hatten.<br />

Konsumzurückhaltung durch Preisschub im 3. Tertial 2007<br />

Angaben in %<br />

Haushaltsverteilung<br />

Ausgabenverteilung FMCG<br />

Veränderung (Wert)<br />

Gesamtjahr 2007 : 2006<br />

Januar – August ’07, davon<br />

Preiseffekte<br />

Nachfrageeffekte<br />

Sept. – Dez. ’07, davon<br />

Preiseffekte<br />

Nachfrageeffekte<br />

© <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

-3,4<br />

alle Haushalte Haushalte…<br />

… die sich fast nichts<br />

mehr leisten können<br />

-0,2<br />

1,8<br />

1,7<br />

1,9<br />

2,0<br />

5,4<br />

-5,9<br />

26%<br />

… die im Großen und<br />

Ganzen zurecht kommen<br />

… die sich fast alles<br />

leisten können<br />

47% 27%<br />

23% 47%<br />

30%<br />

-1,2<br />

-0,1<br />

-0,9<br />

0,4<br />

1,6<br />

5,0<br />

-0,8<br />

-2,9<br />

1,8<br />

1,3<br />

2,1<br />

2,7<br />

5,6<br />

-2,3<br />

1,9<br />

1,4<br />

3,2<br />

3,3<br />

3,0<br />

5,3<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


20<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

Trotz steigender Preise:<br />

Qualitätsorientierung nimmt zu<br />

Trotz der Preissteigerungen hat die Qualitätsorientierung<br />

der Haushalte auch<br />

2007 weiter zugenommen. So achteten<br />

im vergangenen Jahr 47 Prozent aller<br />

Verbraucher beim Einkauf von Gütern<br />

des täglichen Bedarfs vor allem auf die<br />

Produktqualität. Das ist eine Steigerung<br />

um sechs Prozentpunkte gegenüber<br />

2003. Seinerzeit war die Qualitätsorientierung<br />

der Verbraucher infolge des<br />

„Teuro“-Schocks von 44 auf 41 Prozent<br />

eingebrochen. Allerdings ist für die<br />

Mehrheit der Verbraucher nach wie vor<br />

der Preis die entscheidende Orientierungsgröße<br />

beim Einkauf von FMCG.<br />

Sein Anteil an den Kaufentscheidungen<br />

liegt bei 53 Prozent.<br />

Qualitäts- versus Preisorientierung<br />

Angaben in %<br />

Beim Einkaufen<br />

achte ich vor<br />

allem auf…<br />

… die Qualität<br />

… den Preis<br />

1995 1997 1999 2001 2003 2005 2006* 2007*<br />

49 46 45 44 41 44 46 47<br />

51 54 55 56 59 56 54 53<br />

Quelle: <strong>GfK</strong>-Trendsensor Konsum 2005 ; *<strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Naturgemäß fällt es den finanziell besser<br />

situierten Haushalten leichter, sich beim<br />

Einkauf von Wünschen statt von Preisen<br />

leiten zu lassen. In dieser Verbrauchergruppe<br />

räumen fast 60 Prozent der Qualität<br />

den höheren Stellenwert ein. Doch<br />

bereits für die Konsumenten aus der<br />

wirtschaftlichen Mitte hat der Preis die<br />

höhere Bedeutung, und für die finanziell<br />

schwachen Haushalte ist er nahezu<br />

durchgehend das einzige Kriterium.<br />

Die Frage ist nun, ob die seit Jahren<br />

stetige, nachhaltige Verbesserung der<br />

Qualitätsorientierung durch die massiven<br />

Preissteigerungen für Lebensmittel<br />

seit Herbst letzten Jahres einen Knacks<br />

bekommen hat. Ein Hinweis darauf<br />

könnte die aktuelle Markenpräferenz<br />

der Verbraucher sein.<br />

Haushalte…<br />

… die sich<br />

fast nichts<br />

mehr leisten<br />

können<br />

26%<br />

… die im<br />

Großen und<br />

Ganzen zurecht<br />

kommen<br />

… die sich<br />

fast alles<br />

leisten<br />

können<br />

47% 27%<br />

24 43 59<br />

76 57 41<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


Parallel zur wachsenden Qualitätsorientierung<br />

hat in den letzten Jahren auch<br />

der Marktanteil der Premium-Marken<br />

stetig zugenommen. Das sind Marken,<br />

deren Preis über dem Preis des jeweiligen<br />

Marktführers in der Warengruppe<br />

liegt, und die von den Konsumenten<br />

wegen ihrer herausragenden Produkteigenschaften<br />

und ihres speziellen<br />

Nutzenprofils bevorzugt werden.<br />

Sofern diese Marken Marktführer in<br />

ihrer Kategorie sind, wurden sie in der<br />

<strong>GfK</strong>-Analyse den „Marktführern“ zugeschlagen.<br />

Bei den Premium-Marken<br />

handelt es sich in der vorliegenden<br />

Betrachtung also ausschließlich um das<br />

Top-Produkt in der Warengruppe.<br />

Markt-Polarisierung setzt sich fort<br />

21<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

Der wertmäßige Marktanteil dieser Premium-Marken<br />

ist zwischen 2004 und<br />

2007 um rund drei Prozentpunkte gestiegen.<br />

Das entspricht einem durchschnittlichen<br />

jährlichen Wachstum von<br />

acht Prozent. Am stärksten fiel die<br />

Umsatzsteigerung für diese Marken<br />

2005 aus, in dem Jahr, in dem sich die<br />

deutsche Wirtschaft aus der Talsohle<br />

befreite und der kräftige konjunkturelle<br />

Aufschwung einsetzte.<br />

Auch im Gesamtjahr 2007 stieg der<br />

Umsatz des Handels mit Premiummarken<br />

um fast sechs Prozent. Damit wuchs das<br />

Premiumsegment fast dreimal stärker als<br />

das der Handelsmarken. Zugleich stagnierten<br />

die marktführenden Marken, und<br />

die Mitte-Marken büßten erneut kräftig<br />

Marktanteile ein.<br />

Marktanteilsentwicklung Wert in % – Basis: 100 Warengruppen<br />

2004<br />

12,0<br />

15,2<br />

41,0<br />

31,8<br />

3,5<br />

2005<br />

13,7<br />

15,2<br />

38,2<br />

32,9<br />

4,1<br />

* ohne Marktführer; Durchschnittspreis (Marken) ≥ Preis Marktführer (+ 5 %)<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

2006<br />

14,1<br />

15,1<br />

36,4<br />

34,4<br />

4,5<br />

2007<br />

14,9<br />

15,3<br />

34,7<br />

35,1<br />

4,5<br />

Premium-Marken*<br />

Marktführer<br />

Mitte-Marken<br />

Handelsmarken / Aldi<br />

davon Mehrwert-HM<br />

VÄ Wert in %<br />

2006/2007 01-08/2007 09-12/2007<br />

0,4<br />

5,1<br />

2,6<br />

3,1<br />

0,4<br />

6,3<br />

2,6<br />

4,4<br />

1,1<br />

0,5<br />

2,8<br />

4,0<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


22<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

Teilt man das Jahr 2007 aber in zwei<br />

Perioden auf, so zeigt sich, dass die<br />

Preiserhöhungen die Premiumkäufe<br />

spürbar ausgebremst haben. In den<br />

ersten acht Monaten des Jahres stieg<br />

der Umsatz mit Premiummarken noch<br />

um durchschnittlich 6,3 Prozent, in den<br />

letzten vier Monaten dagegen „nur“<br />

noch um 2,8 Prozent. Das ist immer noch<br />

Lidl: Profil über Marke und Premium<br />

Käuferreichweiten in % – FMCG Gesamt 2007 vs. 2006<br />

16%<br />

Marken-Präferenzen bei…<br />

ALDI LIDL<br />

11,5<br />

9,7<br />

63,4<br />

15,4<br />

93%<br />

exklusiv bei Aldi<br />

FMCG gesamt<br />

Marke<br />

- 2,2<br />

+ 2,3<br />

- 3,5<br />

+ 7,0<br />

- 1,3<br />

Preiseinstiegs-Handelsmarken<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Aldi und Lidl<br />

zusammen<br />

70%<br />

bei Aldi und Lidl<br />

* Obst, Gemüse, Kartoffeln, Fleisch, Geflügel<br />

+ 22,6<br />

+ 8,4<br />

+ 4,7<br />

+ 12,0<br />

+ 10,2<br />

23,8<br />

12,2<br />

47,1<br />

16,9<br />

7%<br />

exklusiv bei Lidl<br />

FMCG gesamt<br />

Mehrwert-Handelsmarken<br />

Frische*<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

deutlich mehr als bei den übrigen<br />

Herstellermarken, einschließlich der<br />

Marktführer, und mehr als doppelt so<br />

viel wie im FMCG-Gesamtmarkt. Aber<br />

nur noch knapp die Hälfte dessen, was<br />

vor den Preiserhöhungen erzielt wurde.<br />

Die umgekehrte Entwicklung zeigt sich<br />

bei den Handelsmarken. Hier war das<br />

Wertwachstum nach den Preiserhöhungen<br />

stärker als zuvor. Bezeichnenderweise<br />

kamen auch die so genannten<br />

Mehrwert-Handelsmarken nur wenig<br />

voran.<br />

Die Marke bewahrt sich ihre<br />

Attraktivität – auch im Discount<br />

Trotz der offenbar wieder verstärkten<br />

Preissensibilität der Verbraucher, haben<br />

Marken und der Wunsch, etwas Besonderes<br />

(Premium) zu kaufen, für die<br />

Konsumenten nach wie vor hohen<br />

Stellenwert. Dies zeigt sich nicht nur<br />

an der wieder erstarkten Position der<br />

Vollsortimenter, sondern auch im Discount.<br />

Lidl beispielsweise profiliert sich<br />

seit vielen Jahren über sein wachsendes<br />

Sortiment an Herstellermarken. Mit<br />

dieser Strategie gewinnt Lidl beständig<br />

neue Kunden und Marktanteile hinzu.<br />

Lidl hat im Jahr 2007 fast ein Viertel<br />

seines gesamten FMCG-Umsatzes mit<br />

Herstellermarken verdient. Dieses Segment<br />

hat zudem mehr als doppelt<br />

so stark zum bekannt kräftigen Umsatzwachstum<br />

von Lidl im vergangenen Jahr


eigetragen als die Gesamtheit des<br />

Angebots. Nimmt man die Mehrwert-<br />

Handelsmarken hinzu, erwirtschaft Lidl<br />

knapp ein Drittel seines Umsatzes mit für<br />

einen Discounter eher ungewöhnlichen,<br />

hochwertigen Angeboten.<br />

Das Markenangebot führt Lidl offenbar<br />

eine finanzstärkere Klientel zu als dem<br />

Konkurrenten Aldi. Auch Aldi hat inzwischen<br />

einige starke Herstellermarken in<br />

seinem Sortiment. Aber Aldi hat, anders<br />

als Lidl, seinen Umsatz über dieses<br />

Segment nicht steigern können. Im<br />

Gegenteil: Der Umsatz mit Herstellermarken<br />

ging bei Aldi um gut zwei Prozent<br />

zurück. Und auch die Mehrwert-<br />

Handelsmarken brachten Aldi nicht so<br />

viel zusätzlich ein wie Lidl.<br />

Die Dominanz der klassischen Preiseinstiegs-Handelsmarken<br />

gehört zu den<br />

entscheidenden, klassischen Erfolgsfaktoren<br />

von Aldi. Aber genau das hat sich<br />

im letzten Jahr als Problem erwiesen.<br />

Aldi leidet wegen dieser Ausrichtung<br />

stärker unter wirtschaftlichen Flauten als<br />

andere Discounter, und eine größere<br />

Zahl der Aldi-Kunden hat sich wegen der<br />

Preiserhöhungen in der zweiten Jahreshälfte<br />

2007 überdurchschnittlich einschränken<br />

müssen. Das Resultat: ein<br />

Minus von 3,5 Prozent im Kerngeschäft.<br />

Lidl ist dagegen auch im Bereich der<br />

Preiseinstiegs-Handelsmarken um fast<br />

fünf Prozent gewachsen. Der Discounter<br />

bietet hier ebenfalls ein ausgewogenes<br />

und attraktives Sortiment. Hinzu kommt,<br />

23<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

dass Lidl viele alte Filialen neu gestaltet<br />

und die Verkaufsflächen ausgeweitet<br />

hat, auch durch Neueröffnungen. Dies<br />

hat das Geschäft von Lidl insgesamt angetrieben<br />

und damit auch den Umsatz<br />

im Preiseinstiegsbereich. Schließlich war<br />

Lidl im letzten Jahr auch mit seinem<br />

Frischeangebot erfolgreicher als Aldi.<br />

Aus den Käuferreichweiten der beiden<br />

führenden Discounter ergibt sich für Lidl<br />

zudem die bessere Ausgangsposition für<br />

die Zukunft. Aldi und Lidl erreichen<br />

zusammen 93 Prozent aller Haushalte in<br />

<strong>Deutschland</strong>. Die meisten kaufen sowohl<br />

bei Aldi als auch bei Lidl ein.<br />

Zwar hat Aldi rund doppelt so viele<br />

Exklusivkunden wie Lidl, aber gerade<br />

diese Kundensegmente unterscheiden<br />

sich in ihrer Ausrichtung und Kaufkraft<br />

voneinander. Das Exklusiv-Segment von<br />

Lidl ist vom Profil her weitgehend identisch<br />

mit den Markenkäufern des<br />

schwäbischen Discounters. Und das<br />

sind zumeist die finanziell besser ausgestatteten<br />

Haushalte, die hier hohe<br />

Qualität zu günstigen Preisen einkaufen.<br />

So ist zwar auch Lidl, wie alle FMCG-<br />

Anbieter, von der allgemeinen Konsumstimmung<br />

abhängig, aber weniger als<br />

Aldi von der tatsächlichen Situation der<br />

finanzschwachen Haushalte, die derzeit<br />

ganz besonders unter den steigenden<br />

Preisen leiden.


24<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

Konsumklima:<br />

„Preisknick“ überwunden<br />

Die Konsumstimmung der Verbraucher<br />

hat sich nach dem jähen Absturz zu<br />

Beginn des Jahres 2002 langsam aber<br />

stetig erholt. Seit Mitte des Jahres 2003<br />

ist der Konsumklima-Index der <strong>GfK</strong> nicht<br />

mehr unter den langjähringen Durchschnitt<br />

gesunken, allerdings auch nicht<br />

wieder auf Höhen wie gegen Ende des<br />

letzten Jahrhunderts geklettert. Dies gilt<br />

auch für die privaten Konsumausgaben,<br />

die sich weitgehend im Einklang mit der<br />

Konsumstimmung bewegen.<br />

Konsumklima<br />

Im Jahr 2007 gab es aber gleich zwei<br />

Kontinuitätsbrüche. Der eine lag zu<br />

Beginn des Jahres, als die Mehrwertsteuererhöhung<br />

in Kraft trat und – infolge<br />

vorgezogener Käufe – die Anschaffungen<br />

der Haushalte deutlich zurückgingen.<br />

Die rasche Erholung der Konsumstimmung<br />

brach aber ebenso abrupt<br />

wieder ab, als im August der massive<br />

Anstieg der Lebensmittelpreise einsetzte<br />

und die Verbraucher verschreckte. Doch<br />

die guten Nachrichten über die Konjunktur<br />

in <strong>Deutschland</strong> sind hier wohl wie der<br />

sprichwörtlich stete Tropfen, der den<br />

Stein höhlt.<br />

Reale Änderung ggü. dem Vorjahresmonat in % – Indikatorpunkte<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

- 2<br />

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

- 4<br />

- 40<br />

Reale Änderung ggü. Vorjahresmonat in % Indikatorpunkte<br />

Änderung ggü. Vorjahresmonat, real<br />

Private Konsumausgaben, real<br />

Quelle: Verbraucherumfrage der EU-Kommision;<br />

Privater Verbrauch: Stat. Bundesamt, <strong>GfK</strong> Marktforschung;<br />

Indikatorberechnung: <strong>GfK</strong> Marktforschung;<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

- 20


So zeigen sich die deutschen Konsumenten<br />

trotz andauernder Turbulenzen auf<br />

den Finanzmärkten und der nach wie vor<br />

hohen Lebensmittel- und Energiepreise<br />

in diesem Frühjahr wieder zuversichtlicher.<br />

Alle drei Indikatoren des <strong>GfK</strong> Konsumklima-Index<br />

wiesen im April 2008<br />

Zugewinne auf.<br />

Grundlage dafür sind in erster Linie der<br />

anhaltende Aufschwung am Arbeitsmarkt,<br />

aber auch die höheren Tarifabschlüsse<br />

der letzten Monate. Durch die<br />

steigende Beschäftigung schwindet die<br />

Angst vor der Arbeitslosigkeit immer<br />

Erwartungen des Konsumenten<br />

25<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

weiter. Und die im Unterschied zu den<br />

letzten Tarifrunden bemerkenswerten<br />

Lohnsteigerungen nähren bei den Verbrauchern<br />

die Hoffnung, dass sie sich<br />

nun wirklich wieder etwas mehr leisten<br />

können.<br />

Es scheint also, dass die bereits für den<br />

Jahresbeginn vorhergesagte Erholung<br />

der Konsumkonjunktur – wenn auch<br />

etwas verspätet – nun doch einsetzt.<br />

Damit sich das Konsumklima auf Dauer<br />

positiv entwickelt, ist es freilich nötig,<br />

dass der Inflationsdruck im Verlauf der<br />

kommenden Monate nachlässt.<br />

Reale Änderung ggü. dem Vorjahresmonat in % – Indikatorpunkte<br />

80<br />

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

60 60<br />

40 40<br />

20 20<br />

0 0<br />

- 20 - 20<br />

- 40 - 40<br />

- 60<br />

- 60<br />

Indikatorpunkte Indikatorpunkte<br />

Konjunkturerwartung<br />

Einkommenserwartung<br />

Quelle: Verbraucherumfrage der EU-Kommision;<br />

Indikatorberechnung: <strong>GfK</strong> Marktforschung<br />

Anschaffungsneigung<br />

Preiserwartung<br />

80<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


26<br />

Zwischen Preisschub und Konsumkontrolle<br />

Perspektiven 2008:<br />

Preisentwicklung als Risikofaktor<br />

Worauf muss sich der Handel mit FMCG<br />

also einrichten? – Auf der Wetterkarte<br />

der Konsumentenstimmung gibt es von<br />

strahlendem Sonnenschein bis Sturm<br />

und Hagel alles im Angebot.<br />

So sollte der Beschäftigungsaufbau noch<br />

ein wenig anhalten, damit wäre dann<br />

für eine stabile Hochdruckwetterlage<br />

gesorgt. Die eine oder andere Konjunkturwolke,<br />

die aus dem Ausland (sprich:<br />

Außenhandel) hereinziehen könnte,<br />

ändert daran nichts. Eher schon der<br />

Außer-Haus-Konsum, der sich infolge<br />

der höheren Beschäftigung (Kantinen)<br />

und der leicht steigenden Realeinkommen<br />

dämpfend auf die Umsätze des<br />

Konsumentenstimmung<br />

2007/2008 für den LEH<br />

Arbeitsplätze /<br />

Beschäftigung<br />

Konjunktur<br />

Realeinkommen<br />

Out of Home<br />

Verbraucherpreise<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

150<br />

140<br />

Gemäßigtes Wachstum<br />

Ausgaben in Mrd. Euro – VÄ in %<br />

2006 2007 2008*<br />

147,9<br />

Nonfood**<br />

LEH + DM<br />

140,2<br />

+ 0,6%<br />

+ 1,8%<br />

148,8<br />

142,7<br />

* Prognose ** Elektro/Textil/Hartwaren<br />

Basis: <strong>GfK</strong> Verbraucherpanels<br />

+ 1/2%*<br />

+ 3%*<br />

149,6<br />

147,1<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

LEH auswirken könnte. Allerdings ist<br />

die Schlechtwetter-Preisfront immer<br />

noch nicht abgezogen, und wenn sich<br />

der Wind hier wieder dreht, droht<br />

Ungemach.<br />

Dem Handel mit Gütern des täglichen<br />

Bedarfs prognostiziert die <strong>GfK</strong> auf dieser<br />

Grundlage wechselhaftes Wetter: Das<br />

Umsatzwachstum von rund drei Prozent<br />

geht wohl auch in diesem Jahr vornehmlich<br />

auf die höheren Preise für Lebensmittel<br />

zurück und weniger auf steigende<br />

Mengennachfrage oder höherwertigen<br />

Konsum.<br />

Folglich kommt es für die Anbieter von<br />

FMCG umso mehr darauf an, dass sie ihre<br />

Stammkunden behalten und neue Kundenpotenziale<br />

erschließen. Der Schlüssel<br />

dazu heißt: <strong>Markenbindung</strong>.<br />

150<br />

140


Gibt es Treue für die Marke?<br />

<strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong> – Realität oder Illusion?<br />

Treue ist eine Frucht vieler Erfahrung und<br />

entsteht nicht im Augenblick. – Diesen<br />

durch und durch modernen Gedanken<br />

hat der deutsche Dichter und Gelehrte<br />

Wilhelm Heinse, ein Zeitgenosse Goethes,<br />

vor mehr als 200 Jahren niedergeschrieben.<br />

Natürlich hatte er dabei die<br />

Treue von Mann und Frau im Blick, wie<br />

wohl die meisten, wenn sie an Treue denken.<br />

Im Kern gilt Heinses Gedanke über<br />

die Treue aber auch für die Bindung der<br />

Verbraucher zur Marke, für ihre Markentreue.<br />

Ziel jeder Markenführung ist der Aufbau<br />

von Präferenzen für die Marke, um<br />

zunächst Verbraucher zum Kauf dieser<br />

Marke zu bewegen und sich dann bei<br />

den Wiederkäufern eine lang andauernde<br />

<strong>Markenbindung</strong> zu sichern. In<br />

diesem Bestreben unterscheiden sich<br />

die Markenartikelhersteller nicht von<br />

„gewöhnlichen“ Menschen. Auch diese<br />

müssen attraktiv sein, um den oder die<br />

Umworbene zu überzeugen und schließlich<br />

fürs Leben an sich zu binden. Doch<br />

oft ist alle Mühe umsonst, wie man weiß<br />

– im einen wie im anderen Fall.<br />

Die Hersteller von Gütern des täglichen<br />

Bedarfs konzentrieren sich heute nahezu<br />

ausschließlich auf die Gewinnung neuer<br />

Käufer, da lang anhaltende <strong>Markenbindung</strong><br />

bei den Treuekäufern unterstellt<br />

wird.<br />

Dabei müsste bereits der Blick auf<br />

die zumeist bestenfalls stagnierende<br />

Umsatzentwicklung der Marken ein paar<br />

kritische Fragen aufwerfen: Wie erfolgreich<br />

ist eigentlich das Neukunden-<br />

Marketing, wenn man Kundentreue wie<br />

beschrieben unterstellt? Oder ist es am<br />

Ende um die <strong>Markenbindung</strong> doch nicht<br />

so gut bestellt? Müssen neue Kunden<br />

die Löcher stopfen, die nur vermeintlich<br />

treue, in Wahrheit aber umherschweifende<br />

Konsumenten aufreißen?<br />

In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen,<br />

wie realistisch die Annahme<br />

einer lebenslangen <strong>Markenbindung</strong> ist,<br />

wie sich die <strong>Markenbindung</strong> in den letzten<br />

Jahren entwickelt hat und wo ihre<br />

Stützen bzw. Bruchstellen liegen.<br />

Wolfgang Twardawa<br />

Division Manager Marketing<br />

27<br />

<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

„Achtzig Prozent der Marketing-<br />

manager aus der FMCG-Industrie<br />

glauben, dass die Markenbin-<br />

dung seit Jahren konstant oder<br />

sogar gestiegen ist – eine<br />

Fehleinschätzung, mit fatalen<br />

Folgen für das Marketing.“<br />

Dr. Raimund Wildner<br />

Geschäftsführer<br />

<strong>GfK</strong>-Nürnberg e.V.<br />

„Starke Marken behalten ihre<br />

Bevorzugung im Bewusstsein der<br />

Verbraucher, auch wenn sie aktu-<br />

ell nicht gekauft werden. Folge:<br />

Jedes dritte gekaufte Produkt ist<br />

nicht das Wunschprodukt.“


28<br />

Gibt es Treue für die Marke?<br />

Käuferwanderung<br />

contra Markentreue<br />

Die Jahre nach der Jahrtausendwende<br />

sind für den Lebensmitteleinzelhandel<br />

bis heute eine Aneinanderreihung von<br />

Prüfungen und Herausforderungen. Es<br />

begann mit den Terroranschlägen vom<br />

September 2001, die das Wertegefüge<br />

der Menschen erschütterten und zu<br />

einem plötzlichen und spürbaren Einbruch<br />

des Konsums führten. In Europa<br />

wurde drei Monate später der Euro als<br />

allgemein geltendes Zahlungsmittel eingeführt,<br />

den die Verbraucher als Teuro<br />

erlebten und der die Nachfrage nach<br />

Gütern des täglichen Bedarfs in <strong>Deutschland</strong><br />

in den folgenden Jahren in erheb-<br />

Vertriebsschienenanteile im LEH<br />

Nach Handelspanelsystematik – ohne Fachhandel<br />

Vollsortimenter<br />

Verbraucher- /<br />

Supermärkte<br />

Discountierende<br />

LEH-Discounter /<br />

Drogeriemärkte<br />

Mrd. Euro<br />

VÄ z.Vj. in %<br />

Umsatzanteile in %<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007*<br />

60,4 58,6 55,4 53,7 52,3 50,9 49,0<br />

39,6 41,4<br />

44,6 46,3 47,7 49,1<br />

51,0<br />

48,3<br />

51,7<br />

129,2 133,5 134,7 136,7 136,6 136,6 140,2 142,7<br />

+ 3,3 + 0,9 + 1,5<br />

± 0 - 0,1 + 2,7 + 1,8<br />

Quelle: IRI Grundgesamtheiten, Stand jeweils zum Jahresende,<br />

* eigene Berechnungen auf Basis <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Bonsumme FMCG<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

lichem Umfang zu den Discountern und<br />

zu deren Handelsmarken verschob.<br />

Verstärkt wurde diese Käuferwanderung<br />

durch die Sozialreformen der Bundesregierung<br />

in den Jahren 2003 bis 2005,<br />

die den Haushalten zum Teil erheblich<br />

höhere Belastungen für die Gesundheitsvorsorge<br />

und für die Alterssicherung<br />

auferlegten. Schließlich sorgte die<br />

im Herbst 2005 angekündigte Mehrwertsteuererhöhung<br />

für vorgezogene Käufe<br />

bei langlebigen und vergleichsweise<br />

teuren Gebrauchsgütern, was nach dem<br />

Inkrafttreten der Steuererhöhung am<br />

1. Januar 2007 eine leicht verzögerte,<br />

aber dafür umso tiefere Nachfragedelle<br />

im gesamten Konsum nach sich zog.<br />

Seit dem Jahr 2000 haben sich, bedingt<br />

und angetrieben durch diese Ereignisse,<br />

die Marktanteile im deutschen Lebensmittelhandel<br />

massiv verschoben. Die<br />

discountierenden Vertriebsschienen –<br />

Lebensmitteldiscounter und Drogeriemärkte<br />

– konnten ihren Umsatzanteil bis<br />

2007 um zusammen 12 Prozentpunkte<br />

auf rund 52 Prozent aufbauen, während<br />

der wertmäßige Marktanteil der Vollsortimenter<br />

von ehedem 60 Prozent auf<br />

heute 48 Prozent schrumpfte.<br />

Mit diesem Bedeutungswandel der Einkaufsstätten<br />

ging eine ebenfalls massive<br />

Verschiebung der Markensegmente einher.<br />

Der Marktanteil der Handelsmarken<br />

stieg von knapp 25 Prozent im Jahr 2000<br />

auf gut 35 Prozent im Jahr 2007. Entsprechend<br />

ging der wertmäßige Marktanteil


der Herstellermarken von drei Viertel<br />

auf rund zwei Drittel des Gesamtmarktes<br />

zurück.<br />

Die Gewichte verschoben sich jedoch<br />

nicht nur zwischen Handels- und Herstellermarken,<br />

sondern auch im Markensegment<br />

selbst. Während Premiummarken<br />

und die Marken der Marktführer<br />

an Umsatzbedeutung hinzugewannen,<br />

schrumpfte der Marktanteil der Mittemarken<br />

deutlich zusammen. Heute hat<br />

sich das Wachstum der Handelsmarken<br />

etwas verlangsamt, die Verschiebung<br />

im Markensegment ist dafür aber umso<br />

stärker geworden.<br />

Die Fehleinschätzung<br />

der Hersteller<br />

Obwohl sich diese Marktveränderungen<br />

zwangsläufig auch im Entwicklungsprofil<br />

der einzelnen Herstellermarken zeigen,<br />

gehen nach einer Umfrage der facit marketing-Forschung<br />

80 Prozent der Marketingmanager<br />

aus der FMCG-Industrie<br />

davon aus, dass die <strong>Markenbindung</strong> der<br />

Verbraucher in den letzten Jahren konstant<br />

geblieben oder sogar gestiegen ist.<br />

Dies erklärt das Verhalten der Industrie,<br />

die ihre Marketingaktivitäten überwiegend<br />

darauf ausrichtet, Neukäufer zu<br />

gewinnen. <strong>Markenbindung</strong> wird dagegen<br />

schlichtweg unterstellt.<br />

Nach der tatsächlichen Marktentwicklung<br />

muss man aber davon ausgehen, dass<br />

dies allenfalls für einzelne, starke Marken<br />

gilt, aber keineswegs für die Masse<br />

der Marken. Die meisten Hersteller<br />

unterliegen hinsichtlich der <strong>Markenbindung</strong><br />

einer Fehleinschätzung, mit fatalen<br />

Folgen für das Marketing.<br />

Eine umfassende Studie von <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong><br />

<strong>Services</strong> zur Entwicklung der <strong>Markenbindung</strong>,<br />

die Grundlage der folgenden Ausführungen<br />

ist, zeigt, dass fortwährend<br />

ein relevanter Teil von Stammkäufern der<br />

Marke den Rücken kehrt. Um die Position<br />

der Marke nicht zu gefährden, muss<br />

die Industrie diese Erosion stoppen. Dies<br />

bedeutet für viele eine grundlegende<br />

Neuausrichtung ihres Marketings.<br />

29<br />

Gibt es Treue für die Marke?<br />

Stammkäufer – Rückgrat der Marke<br />

Angaben in %<br />

Im Ø setzen sich die<br />

Käufer einer Marke<br />

zusammen aus…<br />

43,7<br />

Die Meinung<br />

der Hersteller*<br />

Umsatzanteil<br />

2007<br />

…First Choice Buyer …Second Choice Buyer<br />

58 71,3<br />

56,3 42 28,7<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Ø aus 160 Marken in 32 Warengruppen<br />

* Befragung von 50 Marketingleitern/-entscheidern,<br />

facit marketing-forschung, Dez. 2007, Käuferverteilung<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


30<br />

Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

Positionierung, Prägung und Erinnerung als Erfolgsparameter<br />

<strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong> ist nicht das<br />

Ziel jeder Marke. Eine der ersten Marken,<br />

mit denen „Konsumenten“ überhaupt in<br />

Berührung kommen, legt es sogar explizit<br />

darauf an, nach einem knappen Jahr wieder<br />

aus dem Portfolio des „Verwenders“<br />

zu verschwinden. Dann hat die bedeutendste<br />

Marke der frühen Kindheit, die<br />

Babynahrung HIPP, ihre Funktion erfüllt.<br />

War sie erfolgreich, stehen die Chancen<br />

auf neuerliche Verwendung gut, nämlich<br />

dann, wenn die nächste Generation<br />

gefüttert werden will.<br />

Dauer der <strong>Markenbindung</strong><br />

Definition über die Positionierung<br />

Marken für …<br />

u spezielle Lebenssituationen<br />

w w<br />

u spezielle Zielgruppen<br />

w w<br />

w<br />

u alle Lebensphasen<br />

w w N<br />

w w<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Eine andere Marke kommt erst viele<br />

Jahrzehnte später ins Blickfeld der Verwender.<br />

Kukident ist die Marke fürs<br />

Alter, so wie Hipp die Marke für die<br />

Kindheit ist. Beide Marken sind für<br />

spezielle Lebenssituationen konzipiert,<br />

was ihre <strong>Markenbindung</strong> auf natürliche<br />

Weise einengt.<br />

Zeitlich weniger eingeengt sind jene<br />

Marken, die auf spezielle Zielgruppen<br />

zugeschnitten sind. Natürlich findet<br />

man beispielsweise bei IKEA auch reifere<br />

Kunden, aber der Erfolgs-Einrichter aus<br />

Schweden zielt in erster Linie auf junge<br />

Leute und Familien mit Kindern. Die<br />

frische Art, der bequeme Einkauf und<br />

angemessene Preise haben IKEA innerhalb<br />

weniger Jahrzehnte zum größten<br />

Möbelhändler <strong>Deutschland</strong>s aufsteigen<br />

lassen. Eine Erfolgsgeschichte wie Aldi.<br />

Auch die Automarke MINI ist allein schon<br />

formatbedingt auf eine junge, bewegliche<br />

Zielgruppe ausgerichtet, und sie<br />

spricht darüber hinaus vor allem Frauen<br />

an. Auch hier gilt aber der Grundsatz: für<br />

jung gebliebene ältere Semester nicht<br />

ausgeschlossen.<br />

‚Get a girl‘ ist die Botschaft des Deomittels<br />

AXE. Die Marke suggeriert den Verwendern,<br />

dass dieser Duft auf Frauen<br />

einfach unwiderstehlich wirkt. Entspre-


15<br />

12<br />

9<br />

6<br />

3<br />

0<br />

AXE Deodorant: „Get a Girl“<br />

Verwender-Penetration – Angaben in %<br />

bis 13 Jahre<br />

1,4<br />

0,6<br />

14 - 19 Jahre<br />

14,3<br />

1,8<br />

20 - 29 Jahre<br />

10,3<br />

1,5<br />

Männer Frauen<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> Consumer <strong>Panel</strong> Usage-Study, April-Sept. 2006<br />

chend liegt die Verwendung bei Frauen<br />

über nahezu alle Altersgruppen hinweg<br />

bei unauffälligen ein bis zwei Prozent.<br />

Dagegen hoffen vor allem junge Männer<br />

zwischen 14 und 19 Jahren darauf,<br />

dass die Duftformel tatsächlich Wirkung<br />

zeigt: Ein Siebtel aller Jungs in der<br />

Altersgruppe gehört zu den Verwen-<br />

AXE „über 30“<br />

Ausdehnung der Verwenderschaft<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

30 - 39 Jahre<br />

5,8<br />

1,1<br />

40 - 49 Jahre<br />

5,5<br />

1,2<br />

dern von AXE, bei den 20- bis 29-Jährigen<br />

sind es immerhin noch zehn Prozent.<br />

Man kann davon ausgehen, dass<br />

ein großer Teil dieser Verwender schon<br />

seit längerem auf die anziehende Wirkung<br />

von AXE setzt; die <strong>Markenbindung</strong><br />

liegt damit im oberen Bereich, wie man<br />

später sehen wird.<br />

Danach geht die Bindung an die Marke<br />

aber auch bei den männlichen Verwendern<br />

deutlich zurück; hier liegt bei<br />

einer vorsichtigen Umpositionierung der<br />

Marke weiteres Potenzial. Der Hersteller,<br />

Unilever, versucht denn auch, die Verwendung<br />

auf die folgende Altersgruppe<br />

auszudehnen. Zielscheibe der aktuellen<br />

Fernsehspots ist die Generation der über<br />

30-Jährigen. Die Botschaft: Klappt auch<br />

beim zweiten Versuch.<br />

31<br />

Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

50 + Jahre<br />

3,2<br />

0,6<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

15<br />

12<br />

9<br />

6<br />

3<br />

0


32<br />

Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

Andere Marken sind von vornherein auf<br />

eine lebenslange Verwendung angelegt.<br />

Beispiel Nivea: Früher begleitete<br />

die blaue Dose nahezu alle Verbraucher<br />

durchs Leben. Heute hat Nivea seine<br />

Marke ausdifferenziert und spezielle<br />

Produkte für bestimmte Zielgruppen und<br />

spezielle Verwenderkreise entwickelt.<br />

So richtet sich die klassische Nivea Creme<br />

an die eher höheren Altersgruppen, die<br />

das Produkt schon „ewig“ kennen. Die<br />

empfindliche Haut in den mittleren Jahren<br />

kann man seit kurzem mit DNAge pflegen,<br />

ein Produkt speziell für die Haut ab 40.<br />

Deos und verschiedene Cremes/Lotionen<br />

ergänzen sich zu einem altersorientierten<br />

Angebots-Portfolio. Diese Dachmarken-<br />

Strategie führt zu einer hohen <strong>Markenbindung</strong><br />

durch alle Lebensphasen.<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

Das Waschmittel Persil (Henkel) ist ebenfalls<br />

eine Marke für alle Lebensphasen<br />

im Bereich der Fast Moving Consumer<br />

Goods. Die heute 65-Jährigen haben<br />

bereits mit Persil gewaschen, und die<br />

heute 20-Jährigen tun es immer noch.<br />

Wie sich später zeigen wird, gehören<br />

die frühe Berührung mit einer Marke<br />

und die intensive Markenerinnerung zu<br />

den entscheidenden Faktoren für eine<br />

lebenslange <strong>Markenbindung</strong>.<br />

Wenn es Marken im Bereich der FMCG<br />

schaffen, durch alle Lebensphasen hindurch<br />

für die Verwender attraktiv zu<br />

bleiben, so ist das angesichts der Fülle<br />

konkurrierender Produkte eine immense<br />

Leistung. Hilfreich ist dabei eine Prägung<br />

für die Marke, die vielfach in frühen<br />

Kindheits- und Jugendjahren entsteht.<br />

Nivea: in allen Lebensphasen positioniert<br />

Käufer-Penetration – Angaben in %<br />

bis 29 Jahre<br />

Käufer-Penetration<br />

29<br />

28<br />

30 - 39 Jahre<br />

Nivea Creme/Lotion<br />

Nivea Deo<br />

30<br />

29<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, 2007<br />

40 - 49 Jahre<br />

32<br />

27<br />

50 - 59 Jahre<br />

33<br />

26<br />

60 + Jahre<br />

u Erfolgreiche Dachmarkenstrategie durch altersorientiertes Angebot-Portfolio<br />

45<br />

30<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

50<br />

40<br />

30<br />

20


Markenprägung in der Jugend<br />

schafft dauerhafte Bindung<br />

Erwachsene erinnern sich an das Motorrad<br />

vom Opa, an das Butterbrot von<br />

Oma, an Gärten und Spielorte, Reisen<br />

und Ereignisse ihrer Kindheit. Und sie<br />

erinnern sich an Marken und Produkte,<br />

die in der Kindheit unverzichtbar zum<br />

Haushalt gehörten. Nicht auszudenken,<br />

dass die Hühnersuppe im Teller dampfte,<br />

aber kein Maggi im Haus war. Brandt-<br />

Zwieback aß man, um nach einer Krankheit<br />

wieder zu Kräften zu kommen. Und<br />

wenn man sich mal böse gestoßen hatte,<br />

hielt Nivea den Schorf geschmeidig und<br />

heilte die Wunde. Die Haare wurden mit<br />

Schauma gewaschen, Basteleien mit Uhu<br />

geklebt und der Abwasch mit Pril erledigt.<br />

Es gab einfach nichts anderes!<br />

Wann entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

Markenprägung in der Jugend spielt eine wichtige Rolle<br />

"Uhu – ich erinnere mich<br />

genau an diesen Geruch<br />

bei der Weihnachtsbastelei"<br />

"Die blaue Dose steht da<br />

schon immer, da stand noch nie<br />

was anderes, die muss da hin.<br />

Wenn ich diesen Nivea Duft<br />

nicht in der Nase habe,<br />

fehlt etwas an mir"<br />

© 5 Focus-Gruppen zum Thema Marke, Sept. 2007<br />

"Brandt, den hat mir meine<br />

Mutter früher immer gegeben,<br />

wenn ich krank war"<br />

Marken, an denen man aufgrund von<br />

Kindheits- und Jugenderinnerungen hängt<br />

"Haarshampoo von<br />

Schauma. Das mit Apfel.<br />

Kenne ich von Mama, hab ich<br />

schon als Kind genommen "<br />

Prägungen für eine bestimmte Marke in<br />

der Jugend spielen eine große Rolle für<br />

die spätere Markenerinnerung und Markenverwendung.<br />

Gerüche, Formen, Farben<br />

– all dies trägt dazu bei, das Marken<br />

nachhaltig im Gedächtnis bleiben und<br />

oft ein Leben lang verwendet werden.<br />

Die <strong>GfK</strong> hat im September 2007 fünf<br />

Focus-Gruppen mit Verbrauchern unterschiedlichen<br />

Alters zum Thema Marke<br />

befragt. Dabei stellte sich heraus, dass<br />

die meisten die Marken der frühen Kindheit<br />

und Jugend noch heute intensiv<br />

beschreiben können, selbst dann noch,<br />

wenn sie im Haushalt seit vielen Jahren<br />

nicht mehr verwendet werden. Dieser<br />

Zusammenhang wurde durch eine Omnibuseinfrage<br />

der <strong>GfK</strong> im Oktober 2007<br />

bestätigt.<br />

33<br />

Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

"Pril – ich weiß gar nicht<br />

warum, schon immer. Haben<br />

meine Eltern benutzt – und es<br />

riecht viel besser als anderes"<br />

"Maggi – Das ist ein<br />

gewohnter Geschmack. In<br />

eine klare Brühe gehört ein<br />

Schuss Maggi. Das war<br />

schon zu Kindertagen so"<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


34<br />

Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

Untersuchte<br />

Warengruppen<br />

u Waschmittel<br />

u Zahnpasta<br />

u Haarwaschmittel<br />

u Teigwaren<br />

u Margarine<br />

u Säfte<br />

u Kaffee<br />

u Schokolade<br />

Für die Untersuchung wurden pro<br />

Warengruppe repräsentativ jeweils 800<br />

bis 1.000 Verwender ab 20 Jahren<br />

befragt. Höchstwerte in der Markenerinnerung<br />

erzielten dabei die Marken Persil<br />

und Rama. 27 Prozent (Persil) bzw. 26<br />

Prozent (Rama) aller Verwender der<br />

Warengruppe erinnern sich daran, dass<br />

diese Marken im Haushalt der Eltern in<br />

Gebrauch waren. Auch Milka-Schokolade<br />

und das Haarwaschmittel Schauma<br />

bringen es auf hohe Erinnerungswerte.<br />

Spee hatte in der ehemaligen DDR die<br />

gleiche Bedeutung wie Persil im Westen.<br />

Weil es dort keine echten Produktalternativen<br />

gab, ist der Anteil der Erinnerer<br />

an das Ost-Waschmittel in der Warengruppe<br />

hoch, obwohl in der DDR die<br />

Zahl der Haushalte viel geringer war als<br />

im Westen.<br />

Verwendete Marken im Elternhaus<br />

Anteil Erinnerer an allen Warengruppenverwendern in %<br />

Persil<br />

27<br />

Rama<br />

26<br />

Milka<br />

18<br />

Schauma<br />

17<br />

Birkel<br />

Basis: n=ca. 800-1000 Verwender ab 20 Jahren pro Warengruppe;<br />

Omnibuseinfrage Okt. 2007, freie Nennungen,<br />

warengruppenbezogen<br />

Jacobs<br />

13 13<br />

Sanella<br />

10<br />

Spee<br />

9<br />

Umgekehrt führt eine hohe Markendichte<br />

in der Warengruppe und eine<br />

stärker wechselnde Verwendung zu eher<br />

diffusen Erinnerungsbildern. So erinnern<br />

sich an die im Haus der Eltern verwendete<br />

Zahnpasta „nur“ sechs Prozent der<br />

Verwender. Dies gilt für Colgate, Signal<br />

und Blendax gleichermaßen.<br />

Generell kann man sagen, dass die Erinnerung<br />

der Verwender für eine Marke<br />

umso höher ist, je öfter das Produkt<br />

im Elternhaus gebraucht wurde und je<br />

intensiver die persönliche Berührung<br />

damit war.<br />

Die Markenprägung im Elternhaus ist<br />

weiter ein wichtiger Erfolgsfaktor für die<br />

langfristige Verwendung der Marke und<br />

damit für deren heutigen Marktanteil.<br />

Hohes C<br />

8<br />

Sarotti<br />

Rondo<br />

7 7<br />

Tchibo<br />

Colgate<br />

Signal<br />

u Fragetext: „Können Sie sich erinnern, welche Marke in<br />

Ihrem Elternhaus hauptsächlich verwendet wurde bei<br />

… (Warengruppe)?“<br />

Blendax<br />

6 6 6 6<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


So liegt beispielsweise der aktuelle<br />

wertmäßige Marktanteil von Persil in<br />

der Warengruppe Vollwaschmittel bei<br />

27 Prozent. Fünf Prozent davon gehen<br />

auf bewusste Jugenderinnerungen<br />

zurück, wie man durch einen Vergleich<br />

der Marktanteile von Erinnerern und<br />

Nicht-Erinnerern errechnen kann. Der<br />

„Jugend-Anteil“ am Gesamtumsatz der<br />

Marke beträgt damit aktuell bei rund 20<br />

Prozent. Bei Rama, Hohes C und Spee ist<br />

der auf Markenerinnerung basierende<br />

Marktanteil ebenfalls relativ hoch. Im<br />

Falle von Spee macht das glatt ein Viertel<br />

des gesamten Jahresumsatzes der Marke<br />

aus. Gleiches gilt für Birkel, allerdings auf<br />

deutlich niedrigerem absoluten Niveau.<br />

Die Tatsache, dass Marken generell zu<br />

einem relevanten Teil durch bewusste<br />

Jugenderinnerungen getragen werden,<br />

führt in Zukunft möglicherweise<br />

zu einem weiteren ernsten Problem für<br />

die gesamte Markenrange. Denn immer<br />

weniger Kinder werden heute im Haushalt<br />

der Eltern mit Markenartikeln konfrontiert,<br />

sondern immer häufiger mit<br />

Handelsmarken.<br />

Für die einzelne Marke können die Auswirkungen<br />

geringer, aber auch deutlich<br />

größer sein. Dass gilt vor allem für<br />

Marken, die durch Umstellungen in der<br />

Warengruppen-Verwendung immer<br />

weniger im Focus der Konsumenten<br />

stehen, beispielsweise Eier-Nudeln von<br />

Birkel.<br />

Prägung im Elternhaus – langfristiger Erfolgsfaktor<br />

Angaben in %<br />

Persil<br />

5<br />

22<br />

27<br />

Rama<br />

3<br />

15<br />

18<br />

Milka<br />

1<br />

16<br />

17<br />

Ariel<br />

1<br />

15<br />

16<br />

Tchibo<br />

1<br />

13<br />

14<br />

Hohes C<br />

2<br />

12<br />

14<br />

Quellen: MA; ConsumerScan; Omnibuseinfrage Okt. 2007, ca. 1.000 Stammkunden pro Warengruppe<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Schauma<br />

1<br />

12<br />

13<br />

Blenda-med<br />

Marktanteil durch bewusste Jugenderinnerungen (Basis Wert)<br />

1<br />

10<br />

11<br />

Colgate<br />

1<br />

9<br />

10<br />

35<br />

Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

Spee<br />

2<br />

8<br />

10<br />

Birkel<br />

1<br />

4<br />

5


36<br />

Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

Haupt-Anker für<br />

die Markenerinnerung<br />

Vielfach sind aber nicht Marktentwicklungen<br />

Schuld daran, dass die Verbraucher<br />

ihre Marke nicht (wieder)erkennen,<br />

sondern die Produktpolitik der Hersteller,<br />

wie beispielsweise bei Birkel. Der schwäbische<br />

Traditionshersteller hat das Klarsichtfenster<br />

in seiner Nudelverpackung<br />

aufgegeben, möglicherweise, weil die<br />

Verpackung damit zu teuer wurde. Der<br />

stärkste Erinnerungswert für Birkel Eiernudeln<br />

ist aber genau diese Verpackung.<br />

Sie rangiert, wie die repräsentative Erhebung<br />

der <strong>GfK</strong> zeigt, deutlich vor dem<br />

erinnerten Geschmack und mit großem<br />

Abstand vor allen anderen Kriterien.<br />

Anker für die Markenerinnerung<br />

Anteil Erinnerer in %<br />

Verpackung<br />

Duft<br />

Geschmack<br />

Form / Design<br />

Farbe<br />

Werbung<br />

Symbol / Werbefigur<br />

70<br />

Quelle: Omnibuseinfrage Okt. 2007;<br />

ca. 300 bis 500 Erinnerer pro Warengruppe<br />

7<br />

70<br />

22<br />

41<br />

39<br />

25<br />

65<br />

31<br />

/<br />

7<br />

9<br />

40<br />

18<br />

In den meisten Fällen ist die Verpackung<br />

der stärkste Ankerpunkt für die Markenerinnerung.<br />

An das Aussehen von<br />

Milka, Persil und Rama erinnern sich<br />

zwischen sechzig und siebzig Prozent<br />

all derer, denen die Marke von früher<br />

im Bewusstsein ist. Auch der Duft ist ein<br />

Schlüssel zur Markenerinnerung, und<br />

zwar einer der stärksten überhaupt bei<br />

Marken, bei denen Geruch/Duft relevant<br />

ist. Den Duft einer solchen Marke<br />

zu ändern kommt deshalb einem Tabubruch<br />

gleich; Kunden kennen ihre Marke<br />

nicht wieder und lehnen sie ab.<br />

Milka und Persil erwiesen sich in der <strong>GfK</strong>-<br />

Untersuchung als die beiden Marken mit<br />

den höchsten Erinnerungswerten in den<br />

acht untersuchten Kategorien. Milkas<br />

u Fragetext: „Woran genau erinnern Sie sich, wenn Sie sich an<br />

die genannte Marke in Ihrer Kindheit / Jugend erinnern?“<br />

Milka Persil Colgate Rama Schauma Birkel<br />

u Konsequenz für das Marketing: Essentielle Änderungen positiver Schlüsselerlebnisse sind tabu!<br />

36<br />

11<br />

62<br />

14<br />

34<br />

14<br />

/<br />

68<br />

4<br />

39<br />

23<br />

15<br />

18<br />

11<br />

44<br />

55<br />

/<br />

18<br />

23<br />

24<br />

7<br />

45<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

/<br />

36<br />

19<br />

7<br />

11<br />

8


Lila Kuh und die lilafarbene Verpackung<br />

sind ebenso starke Schlüsselreize wie die<br />

Dame im weißen Kleid und die grüne<br />

Farbe für Persil.<br />

Die Konsequenz für das Marketing muss<br />

deshalb lauten: Essentielle Änderungen<br />

positiver Schlüsselerlebnisse sind tabu!<br />

Wer die Erinnerung der Verbraucher an<br />

ihre Marke schwächt, tilgt die Marke sukzessive<br />

aus ihrem Gedächtnis und damit<br />

aus ihrem Relevant Set.<br />

Starke Marken setzen dagegen auf Kontinuität,<br />

und das in jeder Hinsicht. Dies<br />

schließt zeitgemäße Innovationen am<br />

Produkt und an der Verpackung nicht<br />

aus. Auch dafür sind Milka und Persil<br />

ausgezeichnete Beispiele.<br />

Bruchstellen für<br />

die <strong>Markenbindung</strong><br />

Die – möglichst lange – Geschichte einer<br />

Marke ist häufig eine der wichtigsten<br />

Stützen für die Markenerinnerung und<br />

damit für die <strong>Markenbindung</strong>, es sei<br />

denn, dass spezifische Kontinuitätsbrüche<br />

diese Bindung lockern. So hat beispielsweise<br />

auch die hundert Jahre alte<br />

Marke Persil einen Knick in der (jüngeren)<br />

Markenerinnerung. Dieser korrespondiert<br />

zur Erinnerungsspitze für die Marke<br />

Ariel, die dank des Klementine-Faktors in<br />

der Altersgruppe der 40 bis 49-Jährigen<br />

überproportional präsent ist.<br />

Persil hat es dann aber geschafft, durch<br />

eine Umwelt-Innovation, die Einführung<br />

Markenerinnerung durch Geschichte der Marken geprägt<br />

Anteil je Altersgruppe, die sich an im Elternhaus verwendete Marken erinnern<br />

Alter in Jahren 20 - 29 30 - 39 40 - 49 50 - 59 60 - 69 70 +<br />

u Fragetext: „Können Sie sich auch erinnern, welche Marke in Ihrem Elternhaus<br />

hauptsächlich verwendet wurde bei… (Warengruppe)?“<br />

Rama<br />

Persil<br />

Ritter Sport<br />

Birkel<br />

Ariel<br />

Lätta<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Quelle: Omnibuseinfrage Okt. 2007; Basis: ca. 800 - 1.000 Verwender ab 20 Jahren pro Warengruppe;<br />

freie Nennungen, warengruppenbezogen<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

37<br />

Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0


38<br />

Wie entsteht <strong>Markenbindung</strong>?<br />

des phosphatfreien Persil, bei den heute<br />

bis 39-Jährigen (das sind die damals<br />

besonders umweltsensiblen jungen Leute)<br />

verlorenen Boden gut zu machen.<br />

Naturgemäß verfügen junge Marken in<br />

höheren Altersgruppen über keine Markenerinnerung,<br />

aber auch bei den jüngeren<br />

Verbrauchern haben sie sich kaum<br />

eingeprägt. Selbst Lifestyle-Marken wie<br />

Ritter Sport oder Lätta kommen hier<br />

nicht auf relevante Erinnerungswerte.<br />

Gründe dafür sind einerseits die wachsende<br />

Vielfalt der Marken und andererseits<br />

der steile Anstieg der Handelsmarken<br />

im Relevant Set der Verbraucher.<br />

Wo liegen Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong>?<br />

Haushalte nach Familien-Lebenswelten<br />

Die Markenerinnerung ist aber nur ein<br />

Aspekt für die <strong>Markenbindung</strong>. Mehr<br />

noch als die Erinnerung an die Verwendung<br />

im Elternhaus beeinflussen die<br />

aktuellen Lebensumstände die jeweilige<br />

Markenpräferenz bzw. <strong>Markenbindung</strong>.<br />

Lifestyle- und Preiseinstiegsmarken dominieren<br />

die frühe Orientierungsphase und<br />

die Rushhour des Lebens; Designerlabels<br />

und klassische Herstellermarken die späteren<br />

Jahre des beruflichen Erfolgs und<br />

des Ruhestands.<br />

Es sind natürliche bzw. soziale Bruchstellen<br />

für die <strong>Markenbindung</strong>, die für Markenhersteller<br />

enorme Risiken, aber auch<br />

große Chancen bieten.<br />

Ausbildung Berufsleben Ruhestand<br />

Orientierungsphase<br />

Studierende/<br />

Auszubildende<br />

(eigener HH)<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> Lebenswelten<br />

Rushhour des Lebens Second Life<br />

Aufsteiger,<br />

Singles,<br />

DINKS<br />

Junge<br />

Familien<br />

Ältere<br />

Familien<br />

Berufstätige<br />

Alleinlebende<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Renter-<br />

Familien<br />

Silver<br />

Generation<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Alter<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


Langjährige <strong>Markenbindung</strong> ist das Re-<br />

sultat aktiver und zielgerichteter Mar-<br />

kenführung. Je älter eine Marke ist, desto<br />

solider ist dabei in der Regel das Fundament,<br />

auf das Markenführung und Marketing<br />

aufbauen können.<br />

Ob aus diesem Bemühen eine lebenslange<br />

<strong>Markenbindung</strong> bei den Verbrauchern<br />

erwächst, hängt jedoch nicht allein<br />

von der Attraktivität der Marke ab. Zahlreiche<br />

exogene Faktoren beeinflussen<br />

die <strong>Markenbindung</strong>; diese lassen sich in<br />

drei übergreifenden Komplexen zusammenfassen.<br />

1. Gesellschaftlicher Wandel / Zeitgeist<br />

Dazu gehören zum Beispiel die veränderte<br />

Stellung von Frauen in der<br />

Gesellschaft, ihre wachsende Berufstätigkeit<br />

und ein neues Verständnis<br />

der Familie.<br />

2. Die alternde Gesellschaft<br />

Die Veränderung im Altersaufbau<br />

der Gesellschaft führt zu einer rapide<br />

wachsenden Bedeutung älterer Zielgruppen<br />

mit speziellen Bedürfnissen<br />

und Anforderungsprofilen an eine<br />

lebensbegleitende Marke.<br />

3. Persönliche Rahmenbedingungen<br />

Dazu gehören beispielsweise veränderten<br />

soziale und familiäre Rah-<br />

39<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

Was heißt <strong>Markenbindung</strong> und wie entwickelt sie sich?<br />

menbedingungen sowie Änderungen<br />

zwischen und innerhalb der<br />

einzelnen Familien-Lebenswelten.<br />

Im Folgenden werden die vielfältigen<br />

Einflüsse dieser exogenen Faktoren auf<br />

die <strong>Markenbindung</strong> untersucht. Zunächst<br />

stellt sich jedoch die Frage, woran sich<br />

<strong>Markenbindung</strong> eigentlich misst, wie sie<br />

sich entwickelt hat und welche Optionen<br />

das Marketing hat, die <strong>Markenbindung</strong><br />

zu erhalten bzw. zu stärken.<br />

<strong>Markenbindung</strong> im Stresstest<br />

Welche Faktoren beeinflussen die <strong>Markenbindung</strong>?<br />

hohe<br />

Markenattraktivität<br />

(hoher<br />

First Choice<br />

Buyer-Anteil)<br />

gesellschaftliche / umweltbedingte<br />

Rahmenbedingungen<br />

(Zeitgeist)<br />

<strong>Lebenslange</strong><br />

<strong>Markenbindung</strong><br />

persönliche Rahmenbedingungen<br />

(insbesondere Änderungen<br />

in den Familien-Lebenswelten)<br />

biologische<br />

Alterung<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


40<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

Was bedeutet <strong>Markenbindung</strong>?<br />

<strong>Markenbindung</strong> bemisst sich daran,<br />

inwieweit die Käufer einer Marke diese<br />

bevorzugt kaufen (First Choice Buyer).<br />

Entscheidend ist dabei das tatsächliche<br />

Kaufverhalten, das die <strong>GfK</strong> für Fast<br />

Moving Consumer Goods in ihrem Haushaltspanel<br />

ConsumerScan kontinuierlich<br />

erhebt. Je mehr solcher Treuekäufer eine<br />

Marke hat, desto stärker ist ihre Marktposition.<br />

Auf diese First Choice Buyer<br />

entfallen zwischen 60 und 80 Prozent<br />

der Umsätze; der Durchschnitt über alle<br />

Marken liegt bei 71 Prozent. Damit sind<br />

sie das Rückgrat jeder Marke.<br />

Was heißt <strong>Markenbindung</strong>?<br />

Die Stufen der <strong>Markenbindung</strong><br />

Präferenzbildung (qualitative <strong>Markenbindung</strong>)<br />

Nicht-<br />

Kenner<br />

Kenner<br />

Relevant<br />

Set<br />

Kaufverhalten (quantitative <strong>Markenbindung</strong>)<br />

Nicht-<br />

Käufer<br />

in der<br />

Kategorie<br />

Competitive<br />

Choice Buyer<br />

kauft nur<br />

andere Marken<br />

Second<br />

Choice Buyer<br />

Probier- /<br />

Gelegenheitskäufer<br />

Erst-<br />

Präferenz<br />

First<br />

Choice Buyer<br />

kauft bevorzugt<br />

diese Marke<br />

u Die <strong>Markenbindung</strong> bemisst sich an der Höhe der First-Choice-Buyer<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Das verbleibende Fünftel steuern die<br />

Second Choice Buyer zum Umsatz bei.<br />

Dies sind gelegentliche Käufer der<br />

Marke, die ansonsten aber eine andere<br />

Marke bevorzugen, also dort möglicherweise<br />

First Choice Buyer sind, oder aber<br />

in der Regel Handelsmarken kaufen.<br />

Competitive Choice Buyer kaufen ausschließlich<br />

Konkurrenzprodukte; sie sind<br />

für die Marke aber nicht verloren, sondern<br />

bilden ihr bislang unausgeschöpftes<br />

Käuferpotenzial.<br />

Ziel jeder Marke muss es also sein, so<br />

viele First Choice Buyer wie möglich zu<br />

haben bzw. zu bekommen. Der Weg<br />

dahin führt über den Aufbau von Präferenzen<br />

für die Marke, die in vier Stufen<br />

vor sich geht. In diesem Prozess der<br />

qualitativen <strong>Markenbindung</strong> geht es<br />

in erster Linie darum, aus jenen Konsumenten,<br />

die die Marke bereits in ihrem<br />

Relevant Set führen, Stammkäufer zu<br />

machen. Darüber hinaus gilt es, Verbraucher,<br />

die die Marke zwar kennen, aber<br />

nicht zu deren Käufern gehören, von<br />

deren Qualität zu überzeugen und sie zu<br />

Second Choice Buyern oder besser noch:<br />

gleich zu First Choice Buyern zu machen.<br />

Schließlich müssen die Nicht-Kenner<br />

durch attraktive Angebote an die Marke<br />

herangeführt werden.<br />

Diese fortwährende Präferenzbildung ist<br />

für jede Marke unerlässlich, so stark sie<br />

augenblicklich auch sein mag, denn ihr<br />

gehen immer wieder Stammkäufer verloren,<br />

und zwar mehr, als den Markenherstellern<br />

bewusst ist.


Obwohl sich die durchschnittliche Anzahl<br />

der Marken in praktisch jeder einzelnen<br />

Warengruppe in den letzten 20<br />

Jahren fast verdoppelt hat, ist die Zahl<br />

der verschiedenen gekauften Marken<br />

pro Warengruppe nahezu gleich geblieben.<br />

Der Mensch braucht erfahrungsgemäß<br />

nicht mehr als drei Marken je<br />

Warengruppe. Dies bedeutet: Auch wenn<br />

sich die Zahl der angebotenen Marken<br />

nochmals verdoppeln sollte, bleibt dieser<br />

Wert konstant. Die gilt übrigens auch für<br />

andere Bereiche, wie beispielsweise die<br />

Zahl der gelesenen Publikumszeitschriften,<br />

obwohl sich deren Titelzahl in den letzten<br />

20 Jahren mehr als verdreifacht hat.<br />

Die einzelnen Verbraucher haben also<br />

nach wie vor ein konstantes Relevant<br />

Set an Marken, allerdings nutzen sie die<br />

zunehmende Wahl- und Gestaltungsfreiheit,<br />

die sich ihnen durch die wachsende<br />

Fülle an attraktiven Angeboten bietet, in<br />

immer stärkerem Maße aus. Deshalb sind<br />

die drei heute gekauften Marken nicht<br />

unbedingt die gleichen Marken wie vor<br />

20 Jahren.<br />

So hat sich die Bindung an die erstpräferierte<br />

Marke dramatisch verschlechtert:<br />

Sie ist von 71 Prozent im Jahr 1989 auf<br />

62 Prozent im Jahr 2007 gesunken. Konkret<br />

heißt dies: Die Erosion bei den First<br />

Choice Buyern durch den verstärkten<br />

Markenwechsel gefährdet das Rückgrat<br />

der Marke.<br />

Wie hoch das Gefahrenpotenzial für die<br />

Marke tatsächlich ist, zeigt eine Längs-<br />

41<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

schnittanalyse der <strong>GfK</strong> in ihrem Haushaltspanel<br />

ConsumerScan (siehe Chart<br />

auf der folgenden Seite). Dazu wurde<br />

die Entwicklung von 160 verschiedenen<br />

Marken in 32 Warengruppen in den Jahren<br />

2004 bis 2007 ausgewertet.<br />

Erosion der First Choice Buyer<br />

Im Durchschnitt wird jede Marke von<br />

44 Prozent First Choice Buyern gekauft;<br />

56 Prozent sind Second Choice Buyer,<br />

die die Marke nur gelegentlich kaufen.<br />

Obwohl sie die kleinere Gruppe sind,<br />

tragen die First Choice Buyer im Durchschnitt<br />

71,3 Prozent zum Umsatz der<br />

Entwicklung der <strong>Markenbindung</strong><br />

Angaben in % – 127 Marken in 30 Warengrupppen<br />

q Ø Anzahl verschiedener gekaufter Marken pro Warengruppe<br />

1989<br />

2,9<br />

1992<br />

3,0<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

1995<br />

2,9<br />

2004<br />

2,9<br />

2006<br />

u Obwohl sich die Wahlmöglichkeiten in den letzten 20 Jahren<br />

fast verdoppelt haben, hat sich die durchschnittliche Anzahl<br />

verschiedener gekaufter Marken nicht verändert!<br />

2,9<br />

2007<br />

u Aber die Bindung an die erstpräferierte Marke hat nachgelassen!<br />

q Ø Bedarfsdeckung der erstpräferierten Marke (FCB) / Basis Wert<br />

1989<br />

71%<br />

1992<br />

1995 2004 2006<br />

67%<br />

3,0<br />

2007<br />

62%<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


42<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

Marke bei. Jeder Stammkäufer gibt also<br />

zweimal mehr Geld für die Marke aus<br />

als jeder einzelne Gelegenheitskäufer.<br />

Dies macht die überragende Bedeutung<br />

der First Choice Buyer deutlich. Dennoch<br />

lassen die Markenanbieter Jahr für Jahr<br />

einen großen Teil ihrer Stammkunden<br />

leichtfertig ziehen.<br />

Von ihren 44 Prozent First Choice Buyern<br />

hat die Marke im Folgejahr bereits<br />

14 Prozentpunkte verloren, und zwar<br />

zu etwa gleichen Teilen an die Gruppe<br />

der Second Choice Buyer, die die Marke<br />

nur noch gelegentlich kauft, und an die<br />

Competitive Choice Buyer, die der Marke<br />

komplett den Rücken gekehrt haben.<br />

Dramatische Erosion bei den First Choice Buyern<br />

Durchschnitt aus 160 Marken in 32 Warengruppen – Angaben in %<br />

Ausgangssituation<br />

43,7<br />

56,3<br />

First Choice Buyer (FCB)<br />

1. Folgejahr<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, 2004 -2007<br />

Kaufverhalten der FCB/SCB im<br />

6,0 8,0<br />

8,0<br />

8,8 9,0<br />

2. Folgejahr 3. Folgejahr<br />

9,5<br />

29,7 26,8 25,2<br />

9,3<br />

23,1 22,1 20,5<br />

24,4 25,2 26,5<br />

Erosionsrate<br />

22%<br />

8,9 9,0 21%<br />

47%<br />

Second Choice Buyer (SCB) Competitive Choice Buyer (CCB)<br />

u Die Markenerosion zeigt sich bei fast jedem zweiten First- und Second Choice Buyer<br />

u Die Erosionsrate bei den First Choice Buyern kann nicht durch entsprechende Gewinne bei<br />

den Second Choice Buyern ausgeglichen werden<br />

u Die Erosionsrate bei den First Choice Buyern ist im ersten Jahr am höchsten<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


In diesem ersten Jahr ist die Erosion der<br />

Stammkäufer am stärksten, aber noch<br />

nicht zu Ende. Nach drei Jahren hat die<br />

Marke 43 Prozent ihrer ursprünglichen<br />

First Choice Buyer verloren.<br />

Auf der anderen Seite gibt es Second<br />

Choice Buyer, die zu First Choice Buyern<br />

aufsteigen. Doch dieser Zugewinn neuer<br />

Stammkäufer aus der Gruppe der Second<br />

Choice Buyer kann den Verlust traditioneller<br />

Stammkäufer nicht ausgleichen. Es<br />

bleibt eine Lücke von gut neun Prozentpunkten.<br />

Hinzu kommt die Erosionsrate bei den<br />

Second Choice Buyern, die noch größer<br />

als bei den Stammkäufern ist. Nach<br />

drei Jahren sind 47 Prozent der ehemaligen<br />

Gelegenheitskäufer zu Competitive<br />

Choice Buyern geworden, die statt der<br />

Marke nur noch Konkurrenzprodukte<br />

kaufen. Die hohen Erosionsraten, vor<br />

allem bei den First Choice Buyern, haben<br />

für die Marken einen gefährlichen Stand<br />

erreicht. Noch vor zwanzig Jahren lag die<br />

Erosionsrate um ein Viertel niedriger.<br />

Bei alledem handelt es sich wohlgemerkt<br />

um Durchschnittswerte, die von Marke<br />

zu Marke teils erheblich abweichen können.<br />

Tatsächlich ist der Erosionsprozess<br />

umso geringer, je länger bereits <strong>Markenbindung</strong><br />

besteht und je höher sie zuvor<br />

gewesen ist.<br />

43<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

Stammkäufer-Erosion – nicht<br />

Schicksal, sondern Versäumnis<br />

Wie die Marke einerseits ständig Stammkäufer<br />

verliert, so gewinnt sie andererseits<br />

laufend neue First Choice Buyer aus<br />

dem Segment der Second Choice Buyer<br />

hinzu. Aber es sind, wie zuvor gezeigt,<br />

nicht genug, um die Erosion der First<br />

Choice Buyer auszugleichen. Es müssen<br />

der Marke zusätzlich zahlreiche neue<br />

Käufer zugeführt werden.<br />

Eine detailliertere Analyse zeigt, dass<br />

lediglich rund ein Siebtel der First Choice<br />

Buyer, welche die Marke im ersten Folgejahr<br />

(nach der Ausgangssituation) verliert,<br />

Dauer der <strong>Markenbindung</strong> und Erosion<br />

Angaben in % – ø aus 160 Marken in 32 Warengruppen<br />

FCB im<br />

Jahr davor<br />

2,1<br />

20,4<br />

Ausgangssituation<br />

14,0<br />

29,7<br />

SCB 56,3<br />

First Choice Buyer (FCB)<br />

1. Folgejahr<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, 2004 - 2007<br />

Kaufverhalten der FCB im<br />

2. Folgejahr 3. Folgejahr<br />

29,7 26,8 25,2<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong>


44<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

vorher bereits Stammkäufer gewesen ist.<br />

Es sind also vornehmlich die neu gewonnenen<br />

First Choice Buyer, die der Marke<br />

bereits im ersten Folgejahr wieder den<br />

Rücken kehren und zu Gelegenheits- oder<br />

Nichtkäufern werden. Echte „Stammkäufer“<br />

sehen wahrlich anders aus!<br />

Tatsächlich verhalten sich die Stammkäufer<br />

der Marken aber recht unterschied-<br />

lich. Ist der First Choice Buyer-Anteil einer<br />

Marke relativ hoch, so ist die Erosionsrate<br />

der Stammkäufer vergleichsweise niedrig.<br />

Umgekehrt kehren prozentual gesehen<br />

umso mehr Stammkäufer einer Marke<br />

den Rücken, je niedriger deren First<br />

Choice Buyer-Anteil ist. Ein hoher Stammkäufer-Anteil<br />

ist Ausdruck einer höheren<br />

Markenzufriedenheit und folglich Basis<br />

einer stabileren <strong>Markenbindung</strong>.<br />

First Choice Buyer-Anteil und Erosionsrate<br />

Beispiel: Universalwaschmittel – Angaben in %<br />

FCB im<br />

Jahr davor<br />

q Persil<br />

39<br />

q Spee<br />

23<br />

q Weißer Riese<br />

5<br />

Ausgangssituation<br />

65<br />

47<br />

28<br />

u Es gibt enorme Unterschiede in der Erosionsrate der einzelnen Marken<br />

u Grundsätzlich gilt: Je höher der First Choice Buyer-Anteil, desto geringer die Erosionsrate<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, 2004 -2007<br />

Kaufverhalten der FCB im Erosionsrate<br />

1. Folgejahr 2. Folgejahr 3. Folgejahr<br />

47<br />

32<br />

9<br />

45<br />

29<br />

8<br />

43<br />

27<br />

7<br />

34%<br />

43%<br />

75%<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


First Choice Buyer-Anteil und Erosionsrate<br />

65 Marken aus 13 Warengruppen<br />

Anteil FCB in %<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Kokett Topa (Aldi)<br />

Bautzner Senf<br />

Bärenmarke<br />

10<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, 2004 -2007<br />

Dies wird deutlich beim Vergleich dreier<br />

Waschmittelmarken. Persil hat im Ausgangsjahr<br />

einen First Choice Buyer-<br />

Anteil von 65 Prozent, das sind 21<br />

Prozent mehr als der Durchschnitt der<br />

untersuchten Marken. Bereits im Vorjahr<br />

war der FCB-Anteil von Persil um 17<br />

Prozent höher.<br />

Die Erosion der First Choice Buyer in<br />

den Folgejahren ist bei Persil ebenfalls<br />

geringer als im Durchschnitt der anderen<br />

Marken. Während nach drei Jahren<br />

„nur“ ein Drittel der Stammkunden von<br />

Persil die Markenpräferenz gewechselt<br />

hat, sind der Marke Weißer Riese im<br />

gleichen Zeitraum drei von vier Stammkäufern<br />

abhanden gekommen. Dabei<br />

Fit<br />

Pril<br />

Tandil<br />

Rama<br />

Persil<br />

Tchibo<br />

Spee<br />

Ariel<br />

Melitta Kaffee<br />

45<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

Axe Deo<br />

Hakle<br />

Zott Joghurt<br />

Weißer Riese<br />

20 30 40 50 60 70 80<br />

Erosionsrate nach 1 Jahr in %<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

hatte die Marke ohnehin nur einen<br />

vergleichsweise geringen First Choice<br />

Buyer-Anteil von gerade einmal 28 Prozent.<br />

Spee liegt sowohl beim FCB-Anteil<br />

als auch bei der Erosionsrate ziemlich<br />

genau auf Durchschnittsniveau.<br />

Im oben stehenden Chart zeigen sich<br />

ganz deutlich die enorm hohen Unterschiede<br />

im First Choice Buyer-Anteil<br />

der einzelnen Marken und die Abhängigkeit<br />

der Erosionsrate von diesem<br />

Anteil an Stammkäufern. Für alle hier<br />

untersuchten Marken gilt, mit geringen<br />

Abweichungen von dieser Regel, dass<br />

ein hoher First Choice Buyer-Anteil die<br />

beste Strategie gegen die Erosion der<br />

Stammkäufer ist.


46<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

Sowohl der hohe Anteil als auch die<br />

geringe Erosion der Stammkäufer wird<br />

dabei unterstützt durch eine hohe Einkaufsstättenbindung<br />

und geringe Markendichte<br />

in der Warengruppe. Dies sieht<br />

man an der Spitzenposition des Aldi-Produkts<br />

Kokett. Aldi-Kunden haben beim<br />

Kauf von Toilettenpapier keine Wahl; es<br />

gibt dort nur diese eine Marke. Hakle<br />

dagegen konkurriert nicht nur mit dem<br />

billigen Aldi-Produkt, sondern auch mit<br />

anderen Marken in den Regalen der<br />

Vollsortimenter. Der First Choice Buyer-<br />

Anteil ist bei Hakle viel niedriger und die<br />

FCB-Erosionsrate folglich deutlich höher.<br />

Beim Aldi-Waschmittel Tandil ist der First<br />

Choice Buyer-Anteil deshalb niedriger<br />

und die FCB-Erosionsrate höher, weil<br />

es in dieser Warengruppe eine Vielzahl<br />

starker Herstellermarken gibt, die selbst<br />

von regelmäßigen Aldi-Kunden bevorzugt<br />

werden, vor allem Persil. Eine lange<br />

Markentradition verhilft auch Bärenmarke<br />

zu einem hohen First Choice<br />

Buyer-Anteil und entsprechend geringer<br />

FCB-Erosionsrate. Andere Marken wiederum<br />

haben einen Ost-Bonus, wie beispielsweise<br />

Bautzner Senf.<br />

Aber selbst diese Marken mit vergleichsweise<br />

hohem Stammkäufer-Anteil und<br />

relativ geringer Erosionsrate müssen den<br />

Verlust an First Choice Buyern regelmäßig<br />

durch Neukäufer-Akquisition ausgleichen.<br />

Der Zwang dazu ist naturgemäß<br />

umso größer, je geringer der First Choice<br />

Buyer-Anteil und – dadurch bedingt – je<br />

höher die Stammkäufer-Erosion ist.<br />

Hohe Investitionen<br />

in neue Kunden<br />

Die Längsschnittanalyse der <strong>GfK</strong> zeigt,<br />

dass die Marken innerhalb von drei Jahren<br />

im Durchschnitt zehn Prozentpunkte<br />

ihres First Choice Buyer-Anteils und weitere<br />

rund 25 Prozentpunkte ihres Second<br />

Choice Buyer-Anteils einbüßen. Diese<br />

enormen Kundenverluste müssen durch<br />

Neukunden-Akquisition ausgeglichen<br />

werden.<br />

Je höher die Erosion der First Choice<br />

Buyer ist, desto mehr Geld stecken die<br />

Hersteller unter anderem in Preispromotions,<br />

um neue Kunden zu gewinnen.<br />

Doch trotz dieser zum Teil enormen<br />

Investitionen schaffen es die meisten<br />

Marken nicht, den Verlust an Stammkäufern<br />

auszugleichen. So verlieren sie am<br />

Ende gleich zweimal Geld.<br />

Hinzu kommt, dass exzessive Preispromotions<br />

zur Neukunden-Akquisition nachhaltig<br />

kontraproduktiv auf die Attraktivität<br />

der Marke wirken.<br />

Die Strategie der meisten Markenartikelhersteller<br />

zum Erhalt ihrer Marktanteile<br />

ähnelt heute dem Leaky Bucket-Phänomen.<br />

So wie der löchrige Eimer Wasser<br />

verliert, das stetig nachgefüllt werden<br />

muss, so versuchen die Hersteller durch<br />

stetige Akquisition neuer Kunden die<br />

Erosion ihrer Stammkäufer auszugleichen.<br />

Doch die Gewinnung neuer Käufer<br />

absorbiert sowohl einen großen Teil der<br />

Marketingbudgets als auch die Manpo-


47<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

Erosions-Ausgleich durch Neukäufer-Akquisition<br />

Durchschnitt aus 65 Marken in 13 Warengruppen<br />

Ausgangssituation<br />

First Choice Buyer<br />

(FCB)<br />

Second Choice Buyer<br />

(SCB)<br />

Competitive Choice<br />

Buyer (CCB)<br />

1. Folgejahr<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, 2004 -2007<br />

Kaufverhalten der FCB/SCB im<br />

2. Folgejahr 3. Folgejahr<br />

u Je größer die Erosionsrate, desto mehr muss in die Neukäufer-<br />

Akquisition investiert werden<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Hohe Erosionsrate, hoher Investitionsbedarf<br />

Anteil Preispromotions am Umsatz* – 65 Marken aus 13 Warengruppen<br />

Preispromotion-Druck-Index*<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

0<br />

10<br />

Fit Becel<br />

Persil<br />

* gewichtet am Warengruppen-Promotionanteil<br />

u Exzessive Preispromotions zur Neukäufer-Akquisition wirken nachhaltig kontraproduktiv<br />

auf die Markenattraktivität<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, MediaControl<br />

Spee<br />

Fairy<br />

20 30 40 50 60 70 80<br />

Fa<br />

Weißer Riese<br />

Erosionsrate nach 1 Jahr in %<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


48<br />

First Choice Buyer – das Rückgrat der Marke<br />

wer in den Marketingabteilungen – bei<br />

zweifelhaftem Erfolg.<br />

Die Kehrseite dieser einseitigen Marketingausrichtung<br />

ist nicht weniger verheerend.<br />

So wird der Kundenbindung<br />

heute weder die nötige Aufmerksamkeit<br />

in der täglichen Praxis geschenkt, noch<br />

steht sie im Focus der Strategieplanung.<br />

Der Königsweg zu einer höheren <strong>Markenbindung</strong><br />

besteht aber gerade darin,<br />

zunächst die Erosion zu reduzieren und<br />

dann in einem weiteren Schritt ehemalige<br />

Treuekäufer zurückzuholen.<br />

Das "Leaky Bucket“-Phänomen<br />

der löchrige<br />

Eimer …<br />

…verliert Wasser…<br />

(sprich: FCB und SCB)<br />

…und muss<br />

laufend nachgefüllt<br />

werden<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Dazu ist es nötig, der Marke ein klares<br />

Profil zu geben und die Unterschiede zu<br />

den Mitbewerbern für die Verbraucher<br />

deutlich herauszuarbeiten. Dies gilt vor<br />

allem für Innovationen, die einen echten,<br />

für die Verbraucher nachvollziehbaren<br />

Vorteil gegenüber der bisherigen Produktausstattung,<br />

vor allem aber gegenüber<br />

den Produkten der Konkurrenz bringen<br />

müssen. Marken mit einer langen<br />

Geschichte haben dabei einen Vorsprung,<br />

sie müssen aber umso mehr darauf achten,<br />

diesen Vorteil nicht durch übertriebenen<br />

Änderungswahn zu gefährden.<br />

Neben dieser endogenen Markenpflege<br />

gilt es, die Marke auf die Herausforderungen<br />

durch exogene Faktoren vorzubereiten.<br />

Dies betrifft vor allem den<br />

gravierenden Wandel in der Gesellschaft<br />

(Zeitgeist) und der Demografie sowie<br />

die Veränderungen in den persönlichen<br />

Lebensverhältnissen der Menschen.<br />

Wie aus diesen Herausforderungen<br />

ein strategischer Vorteil werden kann,<br />

darum geht es im folgenden Kapitel.


Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

Die Zeiten ändern sich – und mit ihnen<br />

die Menschen, ihre Einstellungen und<br />

Orientierungen, Bedürfnisse und Wünsche.<br />

Wer hat nicht schon einmal verwundert<br />

die Fotos vom letzten runden<br />

Geburtstag angeschaut? Was, das ist nur<br />

zehn Jahre her? Was hatten wir da an?<br />

Und diese Frisur…<br />

Fundamentale Veränderungen in der<br />

Gesellschaft und der Einfluss des Zeitgeists<br />

sind Ursachen dafür, dass sich<br />

das Rad des Wandels auch anderenorts<br />

immer schneller dreht, nicht zuletzt auch<br />

im Konsum. Jährlich rund 30.000 neue<br />

Produkte und Produktvarianten in den<br />

Regalen des LEH sind ein Ausdruck der<br />

üppigen Fantasie und Erneuerungskraft<br />

von Herstellern und Handel, aber auch<br />

ein Zeichen des immensen Anpassungsdrucks,<br />

unter dem die Anbieter und ihre<br />

Marken stehen.<br />

Tiefer als die teils schnell vergänglichen<br />

Moden und Marotten des Zeitgeists<br />

verändert der Wandel in der demografischen<br />

Zusammensetzung unserer<br />

Gesellschaft die Nachfrage der Verbraucher.<br />

Die Tatsache, dass die deutsche<br />

Bevölkerung immer älter wird, verleiht<br />

der sogenannten Generation Silber eine<br />

ständig wachsende Bedeutung für die<br />

Produktentwicklung und das Marketing<br />

der Hersteller, aber auch für die Sor-<br />

49<br />

Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

Die Bedeutung von Zeitgeist und Alterung für die <strong>Markenbindung</strong><br />

timentspolitik und die Serviceausrichtung<br />

des Handels. Auch hier entsteht der<br />

Druck auf die Anbieter und ihre Marken<br />

nicht allein aus dem rein zahlenmäßigen<br />

Wachstum der älteren Zielgruppen, sondern<br />

genauso aus dem forcierten Wandel<br />

individueller Vorlieben und Wünsche.<br />

Demografie, biologische Alterung sowie<br />

soziale Faktoren und Verwerfungen führen<br />

schließlich zu spürbaren Veränderungen<br />

in den Familien-Lebenswelten.<br />

Die Übergänge zwischen den einzelnen<br />

Lebensphasen erweisen sich dabei oft<br />

als entscheidende Bruchstellen für die<br />

<strong>Markenbindung</strong>.<br />

Allerdings bergen diese Prozesse nicht<br />

nur Risiken, sondern sie eröffnen auch<br />

Chancen für die <strong>Markenbindung</strong>.<br />

Im Fol- Exogene Faktoren<br />

genden wird gezeigt,<br />

Was beeinflusst die <strong>Markenbindung</strong>?<br />

wie die exogenen<br />

Faktoren – jede für<br />

sich genommen, aber<br />

auch im Zusammen-<br />

Zeitgeist<br />

spiel – die künftige<br />

Bindung der Stammkäufer<br />

an ihre präferierten<br />

Marken tangieren.<br />

Marken-<br />

Attraktivität<strong>Lebenslange</strong><strong>Markenbindung</strong>BiologischeAlterung<br />

Lebenswelten<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


50<br />

Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

Gesellschaftliche Veränderungen<br />

und der Wandel des Zeitgeists<br />

Frauen stellen die „K“-Frage. Der konventionelle<br />

Dreiklang Kinder – Küche –<br />

Kirche bestimmte noch bis in die sechziger<br />

Jahre hinein das Bild und den Alltag<br />

der Frauen in <strong>Deutschland</strong>. Seither hat<br />

sich die Rolle der Frau in der Gesellschaft<br />

radikal gewandelt, mit weitreichenden<br />

Folgen auch auf die <strong>Markenbindung</strong>:<br />

u Kompetenz<br />

Frauen stellen die Mehrheit der Abiturienten<br />

und an den Universitäten studieren<br />

mehr Frauen als Männer.<br />

u Kapital<br />

Frauen sind im Beruf erfolgreich und die<br />

meisten verfügen über eigenes Einkommen<br />

und Vermögen.<br />

Rollenwandel: Frauen-Bilder<br />

Beispiel für gesellschaftlichen Wandel<br />

u Kinder<br />

u Küche<br />

u Kirche<br />

1968 2008<br />

u Gestaltungsfreiheit statt Konventionen<br />

u Kompetenz<br />

u Kapital<br />

u Kritische Einstellung<br />

u „Kanzlerin“<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

u Kritische Einstellung<br />

Frauen sind selbstbewusste Partner in<br />

Politik, Gesellschaft und im Privaten.<br />

u „Kanzlerin“<br />

Frauen sind ehrgeizig und verfolgen<br />

ambitionierte Karrierepläne.<br />

Frauen sind heute nicht mehr „Heimchen<br />

am Herd“. Ihre Einstellung zu Marken<br />

und Produkten ist nicht affirmativ,<br />

sondern kritisch, auch und gerade wenn<br />

sie als Hausfrau die Familie versorgen.<br />

Beruflich engagiert und zeitlich eingespannt,<br />

verändert sich ihr Konsum- und<br />

Einkaufsverhalten radikal.<br />

Dabei ist der Rollenwandel im Frauenbild<br />

nur eine der großen gesellschaftlichen<br />

Veränderungen, die in den letzten<br />

Jahrzehnten Einstellungen und Verhalten<br />

der Konsumenten beeinflusst haben<br />

– und künftig noch weit stärker bestimmen<br />

werden.<br />

Die neue Arbeitswelt, der Wandel von<br />

der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft,<br />

die Berufstätigkeit der Frauen<br />

und die im historischen Vergleich nach<br />

wie vor hohe Arbeitslosigkeit polarisieren<br />

das soziale Gefüge und den Konsum.<br />

Hinzu kommt ein stark verändertes<br />

Mobilitäts- und Freizeitverhalten, das<br />

neue Nachfragesegmente entstehen<br />

lässt und die bisherigen Gewichte des<br />

Konsums verschiebt. Schließlich führt<br />

der Bewusstseinswandel mit Bezug auf<br />

Umwelt und Ethik dazu, dass sich traditionelle<br />

Konsummuster auflösen und<br />

neue <strong>Markenbindung</strong>en entstehen.


In den meisten Fällen gehen solche fundamentalen<br />

gesellschaftlichen Wandlungsprozesse<br />

mit temporären Einstellungsänderungen<br />

einher, die gemeinhin<br />

unter dem Begriff Zeitgeist firmieren und<br />

verstärkend auf die Basisprozesse wirken.<br />

Dabei ist dieses Zeitgeist-Spektrum<br />

recht weit gefasst; es reicht von Modeerscheinungen<br />

(beispielsweise in der<br />

Musik) mit begrenzten Auswirkungen<br />

auf spezielle Nachfragesegmente bis hin<br />

zu generellen Einstellungsparametern,<br />

die den gesamten Konsum betreffen.<br />

Ein solch umfassender Zeitgeist-Faktor<br />

ist die Qualitäts- bzw. Preisorientierung<br />

der Verbraucher. Hintergrund hierfür ist<br />

die soziale Lage der Haushalte, aber insbesondere<br />

auch die Angebotspolitik des<br />

Handels.<br />

51<br />

Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

Es handelt sich bei dieser Art Konsumorientierung<br />

also nicht um ein reines<br />

Zeitgeist-Phänomen, aber der Zeitgeist<br />

hat sich ihrer bemächtigt, und der Handelsriese<br />

Saturn hat dies in den griffigen<br />

Slogan „Geiz ist geil“ gepackt.<br />

Flexibel, wie der Zeitgeist nun aber mal<br />

ist, hat er sein Mantra kürzlich geopfert<br />

und durch ein neues ersetzt. Qualität<br />

versus Preis, regional versus global, bio<br />

versus konventionell – dies alles sind<br />

Ausprägungen des Zeitgeists, der das<br />

Konsumverhalten der Verbraucher infiltriert.<br />

Nach Jahren der Hyper-Sparsamkeit<br />

endlich auch wieder mit positiven<br />

Auswirkungen für die Marke.<br />

Einstellungswandel: Qualitätsorientierung<br />

Beispiel für Änderungen des Zeitgeists – Angaben in % aller Befragten<br />

1995 1997 1999 2001 2003 2005 2006* 2007*<br />

Beim Einkaufen achte ich<br />

vor allem auf…<br />

… den Preis<br />

… die Qualität<br />

51 54 55 56 59 56 54 53<br />

49 46 45 44 41 44 46 47<br />

Quelle: <strong>GfK</strong>-Trendsensor Konsum 2005 ; *<strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

neuer Slogan<br />

ab Oktober 2007<br />

nachhaltig steigende<br />

Qualiätsorientierung<br />

seit 2005<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


52<br />

Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

Biologische Alterung –<br />

Chancen und Risiken für die<br />

<strong>Markenbindung</strong><br />

Der Altersaufbau der deutschen Bevölkerung<br />

hat sich vor allem in den letzten<br />

beiden Jahrzehnten dramatisch verändert<br />

und wird sich in den kommenden<br />

beiden Jahrzehnten in noch größerem<br />

Maße verändern. Ursachen dafür<br />

sind geringere Geburtenraten, höhere<br />

Lebenserwartung und die sukzessive<br />

Verschiebung der Geburtenjahrgänge.<br />

1964 wurden in <strong>Deutschland</strong> fast 1,5<br />

Mio. Kinder geboren, im Jahr 2005 dagegen<br />

nicht einmal 700 Tsd., weniger als<br />

im letzten Kriegsjahr 1945. Das ist ein<br />

massiver Rückgang, vor allem wenn man<br />

Die Bedeutung der Altersjahrgänge<br />

Geburten im jeweiligen Jahr<br />

1,5 Mio.<br />

1,2 Mio.<br />

0,9 Mio.<br />

0,6 Mio.<br />

0,3 Mio.<br />

0 Mio.<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt, Bevölkerungsfortschreibung 2005,<br />

nach Batz-Hausen Research & Consulting<br />

bedenkt, dass die Bevölkerungszahl insgesamt<br />

heute viel höher ist als auf dem<br />

Höhepunkt des Babybooms.<br />

Die faktische Halbierung der aktuellen<br />

Geburtenzahl führt in den kommenden<br />

Jahren zu einer dramatischen Verschiebung<br />

der Alterspyramide. So wird es im<br />

Jahr 2030 nach Vorausberechnungen des<br />

Statistischen Bundesamtes 23 Prozent<br />

weniger 20 bis 30-Jährige geben als im<br />

Basisjahr 2005, aber 33 Prozent mehr<br />

über 65-Jährige. Im Jahr 2040 leben<br />

demnach in <strong>Deutschland</strong> fast 16 Mio.<br />

Menschen im Alter zwischen 65 und 80<br />

Jahren. Das sind doppelt so viele wie<br />

in den beiden Altersgruppen der 30 bis<br />

40 Jährigen und der 40 bis 50-Jährigen<br />

zusammen genommen.<br />

2005 (Jahresende) 1975 1964<br />

1945 1940<br />

vor 1915<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


Auch gibt es 2030 einen kleinen Männer-<br />

Überschuss, was für sich genommen nicht<br />

so gravierend ist, aber im Vergleich zu<br />

heute (wegen der Kriegsjahrgänge mit<br />

ihrem hohen Frauen-Überschuss) doch<br />

einen deutlichen Unterschied ausmacht.<br />

Schon heute liegt der Anteil der ausländischen<br />

Wohnbevölkerung in <strong>Deutschland</strong><br />

bei rund neun Prozent, hinzu kommen<br />

zehn Prozent Deutsche mit Migrationshintergrund.<br />

Dieser Anteil wird sich weiter<br />

erhöhen, wenn auch nicht absolut, so<br />

doch wenigstens im Verhältnis zum Rest<br />

der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass die<br />

in <strong>Deutschland</strong> geborenen Migrantenkinder<br />

der zweiten und dritten Generation,<br />

aber auch die aus Ehen von Migranten<br />

und Deutschen hervorgehenden Kinder<br />

ein anderes Konsumverhalten haben als<br />

Kinder der deutschen Stammbevölkerung.<br />

Anders gesagt: <strong>Deutschland</strong> wird<br />

vielleicht nicht zum Multi-Kulti-Staat,<br />

aber die Kulturen in <strong>Deutschland</strong> werden<br />

vielschichtiger – und damit auch die<br />

Konsumkultur.<br />

Im Folgenden werden die Auswirkungen<br />

der biologischen Alterung auf den Konsum<br />

näher beleuchtet: Wie kaufen Verbraucher<br />

ein, wenn sie älter werden?<br />

Stellen sich dann typische Alterseffekte<br />

ein, die sich in der Verschiebung von<br />

Konsumpräferenzen für bestimmte Produktgruppen<br />

zeigen? Oder entsteht<br />

durch die Wanderung der geburtenstarken<br />

Jahrgänge ins Alter ein Kohorten-<br />

Effekt, der ganze Warengruppen aber<br />

auch einzelne Marken mitzieht?<br />

53<br />

Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

Shopping Trips<br />

und Einkaufsstättenbindung<br />

Mit zunehmendem Alter verschiebt sich<br />

das Einkaufsverhalten der Verbraucher<br />

deutlich. Es ist, legt man die Zahl der<br />

Shopping Trips und die Größe des Einkaufskorbs<br />

zugrunde – fast diametral<br />

zum Shoppingverhalten der jüngeren<br />

Verbraucher (siehe Chart auf der folgenden<br />

Seite).<br />

So kaufen beispielsweise die 25 bis<br />

29-Jährigen im Durchschnitt 134 Mal<br />

im Jahr Güter des täglichen Bedarfs ein<br />

(Basis: Alter der Hausfrau), die 30 bis<br />

34-Jährigen rund 144 Mal. In beiden<br />

Altersgruppen herrscht Zeitknappheit<br />

vor, bedingt durch erste berufliche Engagements<br />

oder aber infolge von Familiengründung<br />

und Babyjahre.<br />

Mit zunehmendem Alter steigt die Zahl<br />

der Shopping Trips deutlich an. 50-Jährige<br />

betreten bereits über 200 Mal pro Jahr<br />

ein LEH-Geschäft (inkl. Drogeriemarkt),<br />

55-Jährige bereits mehr als 220 Mal. Am<br />

häufigsten gehen die 70 bis 74-Jährigen<br />

zum Einkaufen, nämlich an beinahe fünf<br />

von sechs Einkaufstagen der Woche.<br />

Die Gründe für die höhere Einkaufsfrequenz<br />

der älteren Bevölkerung sind zwar<br />

alters-, aber nicht unbedingt generationentypisch.<br />

Das heißt, sie unterliegen<br />

keinem Einstellungswandel oder gar dem<br />

Zeitgeist. Entscheidende Ursache ist vielmehr<br />

die Suche nach sozialen Kontakten,<br />

die in dieser Altersgruppe aufgrund von


54<br />

Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

Krankheiten, Tod des Partners oder von<br />

Freunden nicht mehr so leicht zu haben<br />

sind. Deshalb bevorzugen ältere Konsumenten<br />

zumeist die Supermärkte in der<br />

Nähe der Wohnung statt der großen Verbrauchermärkte<br />

auf der grünen Wiese<br />

oder der nüchternen Discounter-Filialen.<br />

Eine Rolle spielt auch die Tatsache, dass<br />

man schließlich Zeit genug hat. Man<br />

kann es sich leisten, öfter zum Einkaufen<br />

zu gehen, auch, wenn dabei fast nichts<br />

gekauft wird.<br />

Denn das ist die Kehrseite der häufigen<br />

Shopping Trips: Die Bonsumme liegt bei<br />

den 70 bis 74-Jährigen bei durchschnittlich<br />

12,17 Euro; das ist fast ein Drittel weniger<br />

als bei den 30 bis 34-Jährigen. Nur bei<br />

über 75-Jährigen ist sie noch geringer, das<br />

aber bei deutlich weniger Einkäufen.<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

Dennoch geben die Älteren im Durchschnitt<br />

mehr Geld für FMCG aus als die<br />

Jüngeren. Bei ihren 144 Einkaufstrips lässt<br />

die Altersgruppe der Anfang 30-Jährigen<br />

rund 2.500 Euro im Jahr im Geschäft, die<br />

Altersgruppe der Anfang 70-Jährigen<br />

gibt dagegen bei ihren knapp 250 Shopping<br />

Trips rund 3.000 Euro aus. Das sind<br />

etwas 20 Prozent mehr, unter anderem<br />

der Tribut an den häufigeren Einkauf bei<br />

einem Vollsortimenter.<br />

Das Beispiel Shopping Trips zeigt aber<br />

auch, wie wichtig oft eine länger<br />

zurückreichende Perspektive ist, um zu<br />

einem fundierten Urteil über die künftige<br />

Entwicklung zu kommen.<br />

Im Vergleichszeitraum Juli 2006 bis Juni<br />

2007 steigt die Zahl der Shopping Trips in<br />

den ersten drei abgebildeten Altersgrup-<br />

Mit dem Alter wächst die Zahl der Shopping Trips<br />

Alter der Hausfrau in Jahren – Einkauf von FMCG – alle Einkaufsstätten<br />

bis 24<br />

14,52<br />

116<br />

25 - 29 30 - 34 35 - 39 40 - 44 45 - 49 50 - 54 55 - 59 60 - 64 65 - 69 70 - 74 75 +<br />

16,10<br />

134<br />

17,33<br />

144<br />

16,89 16,64<br />

164<br />

182<br />

16,38<br />

192<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Juli 2006 - Juni 2007<br />

208<br />

15,18<br />

223<br />

14,30<br />

216 243<br />

14,22<br />

12,91<br />

Shopping Trips p.a. (linke Skala) ø Bonsumme FMCG in Euro (rechte Skala)<br />

247<br />

12,17<br />

199<br />

11,16<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8


300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

Vergleich der Shopping Trips 1996 zu 2007<br />

Alter der Hausfrau in Jahren – FMCG – alle Einkaufsstätten<br />

bis 24<br />

170<br />

116<br />

25 - 29 30 - 34 35 - 39 40 - 44 45 - 49 50 - 54 55 - 59<br />

195<br />

134<br />

210<br />

144<br />

1996 2007<br />

211<br />

164<br />

230 228<br />

182<br />

192<br />

Verhaltensänderung durch u.a.<br />

u zunehmende Berufstätigkeit der Frauen<br />

u weniger Besuche von Fachgeschäften<br />

(Bäckerei, Metzgerei usw.)<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Juli 2006 - Juni 2007<br />

pen (Chart auf der linken Seite) von 116<br />

auf 144, mithin um knapp ein Viertel an.<br />

Im Vergleich der Jahre 1996 zu 2007 ist<br />

die Zahl der Shopping Trips in den gleichen<br />

Altersgruppen aber von 170 auf<br />

144 zurückgegangen, also um rund ein<br />

Siebtel gesunken (obiges Chart). Anders<br />

ausgedrückt: Eine heute 30-Jährige hat<br />

vor zehn Jahren fast 30 Mal öfter im LEH<br />

eingekauft als heute.<br />

Die Ursache dafür liegt vor allem in<br />

der zunehmenden Berufstätigkeit von<br />

Frauen und in der heutigen Bevorzugung<br />

größerer Geschäfte wie Verbrauchermärkte<br />

auf der einen und Discounter<br />

auf der anderen Seite, deren<br />

221<br />

208<br />

250<br />

223<br />

Kohorteneffekte<br />

55<br />

Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

60 - 64 65 - 69 70 - 74 75 +<br />

255 251 250<br />

216<br />

243<br />

247<br />

208<br />

199<br />

Alterseffekt<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Sortimentserweiterung und Ausbau des<br />

Frische-Angebots zu Lasten der Fachgeschäfte<br />

wie zum Beispiel Bäckereien und<br />

Metzgereien geht.<br />

Je älter die Verbraucher in den beiden<br />

Vergleichsjahren waren bzw. sind, desto<br />

geringer fällt der Rückgang der Shopping<br />

Trips aus. Der in den letzten Jahren<br />

forcierte Wandel der Arbeitswelt, aber<br />

auch die soziale Polarisierung trifft die<br />

jüngeren Altersgruppen offenbar stärker<br />

als beispielsweise die mittleren.<br />

Dort wiederum ergeben sich, was die<br />

Einkaufstrips betrifft, deutliche Kohorten-Effekte.<br />

Diese Verbraucher haben ihr<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100


56<br />

Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

Einkaufsverhalten in den letzten zehn<br />

Jahren kaum geändert, sondern den<br />

Rhythmus ihrer Shopping Trips durch die<br />

Jahre weitgehend beibehalten.<br />

Der Rückgang bei den Shopping Trips<br />

in der Altersgruppe 75+ ist ein typischer<br />

Alterseffekt, bedingt durch Gehbehinderungen,<br />

Krankheit, aber auch durch<br />

geringeren Bedarf an Konsumgütern.<br />

Während die Zahl der Shopping Trips<br />

über alle Altersgruppen hinweg in den<br />

letzten 25 Jahren um ein Fünftel zurückgegangen<br />

sind, blieben sie für die erstpräferierte<br />

Einkaufsstätte gleich.<br />

Dadurch ist die Bedarfsdeckung über die<br />

erstpräferierte Einkaufsstätte gestiegen.<br />

Gewinner dieses Wandels im Einkaufsverhalten<br />

sind also die typischen Stammgeschäfte<br />

mit vielen treuen Käufern, aber<br />

auch Marken mit hoher Präsenz in den<br />

Stammgeschäften. Denn je höher die Einkaufsstättentreue<br />

der Verbraucher, desto<br />

höher ist nach Erkenntnissen der Marketingforschung<br />

auch ihre Markentreue.*<br />

* (Dr. Th. Goerdt, Die Marken- und Einkaufsstättentreue<br />

der Konsumenten<br />

als Bestimmungsfaktor des vertikalen<br />

Beziehungsmarketing, Dissertation, Univ.<br />

Erlangen-Nürnberg, 1999, Lehrstuhl für<br />

Marketing, Prof. Dr. H. Diller).<br />

Shopping Trips und Einkaufsstättenbindung<br />

Basis: Alle FMCG-Einkaufsstätten<br />

1982 1987 1992 1997 2003 2004 2005 2006 2007<br />

q Shopping Trips für alle Einkaufsstätten sinken<br />

233<br />

227<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

223 221<br />

207<br />

201<br />

q Shopping Trips für erstpräferierte Einkaufsstätte bleiben konstant<br />

q Bedarfsdeckung Wert (%) über erstpräferierte Einkaufsstätte steigt<br />

52<br />

37<br />

193<br />

187 186<br />

51<br />

42<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


Kohorten-Effekte begünstigen<br />

die <strong>Markenbindung</strong><br />

Das Konsumverhalten der Verbraucher<br />

insgesamt oder einzelner Altersgruppen<br />

ist trotz der aufgezeigten großen Veränderungen<br />

immer noch relativ stabil. Zwar<br />

wünschen die Konsumenten die Veränderung,<br />

aber sie sehnen sich eben auch nach<br />

Kontinuität und Beharrung. Soweit es<br />

sich nicht um typischen Lifestyle-Konsum<br />

handelt, der nur in in einem bestimmten<br />

Alter oder bei bestimmten Gelegenheiten<br />

gepflegt wird, behalten die Verbraucher<br />

deshalb ihre Konsumgewohnheiten<br />

in der Regel über eine längere Zeit bei,<br />

wenn nicht gar ein Leben lang.<br />

Dies führt zu sogenannten Kohorten-<br />

Effekten, das heißt, wenn die Verbraucher<br />

älter werden, nehmen sie ihr<br />

antrainiertes Konsumverhalten mit in<br />

die nächste Altersgruppe usw. Dadurch<br />

entsteht eine zugleich horizontale (Zeit)<br />

und vertikale (Altersjahrgänge) Verschiebung<br />

der Nachfrage nach Gütern des<br />

täglichen Bedarfs insgesamt, aber auch<br />

für bestimmte Warengruppen oder gar<br />

für einzelne Marken.<br />

Verbraucher, die in den geburtenstarken<br />

sechziger Jahren geboren wurden, sind<br />

heute zwischen ca. 35 und 50 Jahren<br />

alt, mithin in den beiden Altersgruppen<br />

der 30 bis 39-Jährigen bzw. der 40 bis<br />

49-Jähringen angesiedelt. Durch Kohorteneffekte<br />

wird sich deren überproportionale<br />

Nachfrage in den kommenden<br />

Jahren immer weiter in die älteren Ziel-<br />

57<br />

Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

Kohorteneffekte: Dekorative Kosmetik<br />

Käuferreichweite in %<br />

Alter in Jahren<br />

70 +<br />

60 - 69<br />

50 - 59<br />

40 - 49<br />

30 - 39<br />

20 - 29<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

2000 2007<br />

2016<br />

18,1<br />

22,7<br />

30,9<br />

33,5<br />

34,4<br />

33,4<br />

21,3<br />

32,9<br />

35,5<br />

36,1<br />

33,9<br />

gruppen hinein verlagern und damit die<br />

Konsumschwerpunkte und die Nachfrage<br />

massiv verändern.<br />

Beispiel Dekorative Kosmetik: Die Käuferreichweite<br />

für diese Produkte lag im<br />

Jahr 2000 in der Altersgruppe 70+ bei<br />

gerade einmal 18 Prozent. Heute ist sie<br />

durch den Kohorteneffekt bereits um<br />

drei Prozentpunkte höher und bis 2016<br />

steigt sie gegenüber heute um weitere<br />

zehn Prozentpunkte. Erst ab Mitte der<br />

dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts<br />

wird die Käuferreichweite für diese Produktgruppe<br />

wieder sinken, weil dann<br />

die geburtenschwächeren Jahrgänge ins<br />

höhere Alter kommen.<br />

Der Anstieg der Käuferreichweite innerhalb<br />

der einzelnen Altersgruppen resultiert<br />

zunächst aus der steigenden Verwendung<br />

in der Altersgruppe und sinkt<br />

später durch natürliche Abgänge.<br />

33<br />

35<br />

36<br />

34<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


58<br />

Das Alter(n) stärkt die (Marken-)Bindung<br />

Beispiel Fixprodukte: Hier sind die Kohor-<br />

teneffekte besonders ausgeprägt. So<br />

steigt die Zahl der Verwender sowohl<br />

horizontal als auch vertikal deutlich an.<br />

Im Jahr 2016 werden in der Altersgruppe<br />

70+ etwa ein Drittel mehr Verbraucher<br />

Kohorteneffekte: Fixprodukte<br />

Käuferreichweite in %<br />

Kohorten- und Alterseffekte: Bier<br />

Menge pro Käuferhaushalt in Liter<br />

Alterseffekte<br />

Kohorteneffekte<br />

Alter in Jahren<br />

70 +<br />

60 - 69<br />

50 - 59<br />

40 - 49<br />

30 - 39<br />

20 - 29<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Alter in Jahren<br />

70 +<br />

60 - 69<br />

50 - 59<br />

40 - 49<br />

30 - 39<br />

20 - 29<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

1999 2006<br />

2016<br />

51,8<br />

62,2<br />

66,9<br />

77,4<br />

77,4<br />

76,7<br />

1999 2006<br />

2016<br />

64,1<br />

114,1<br />

137,9<br />

140,8<br />

96,0<br />

63,1<br />

57,2<br />

67,9<br />

75,4<br />

78,0<br />

79,6<br />

83,8<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

78,6<br />

111,6<br />

132,0<br />

107,2<br />

69,0<br />

43,9<br />

68<br />

76<br />

78<br />

80<br />

84<br />

80<br />

112<br />

110<br />

70<br />

44<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

als heute Fixprodukte verwenden, eine<br />

Folge des Älterwerdens der geburtenstarken<br />

Jahrgänge. Hinzu kommt, dass die<br />

Verwendung von Fixprodukten vor allem<br />

in den jüngeren Altersgruppen infolge<br />

zunehmender Zeit-Restriktionen deutlich<br />

ansteigt. Das wiederum verstärkt den<br />

Kohorteneffekt für diese Warengruppe.<br />

Beispiel Bier: Auch hier gibt es in den<br />

nächsten Jahrzehnten Kohorteneffekte,<br />

die aber negativ sind, weil der Konsum<br />

von Bier in den jüngeren Altersgruppen<br />

unterproportional ist. So wurde in<br />

der Altersgruppe der 20 bis 29-Jährigen<br />

2006 pro Käuferhaushalt im Schnitt nur<br />

noch 44 Liter Bier im Hause konsumiert,<br />

von den 50 bis 59-Jährigen aber fast dreimal<br />

so viel. Da die junge Altersgruppe<br />

zudem zahlenmäßig erheblich kleiner<br />

ist, sieht es für die künftige Biernachfrage<br />

schlecht aus.<br />

Bei Bier zeigen sich zudem typische Alterseffekte.<br />

Ältere Menschen trinken generell<br />

weniger und vor allem weniger Alkohol.<br />

Kohorten- und Alterseffekte werden sich<br />

daher zu einem Problem für die Brauereien<br />

hochschaukeln, zumindest was den<br />

Absatz ihres Klassikers betrifft.<br />

Für die <strong>Markenbindung</strong> sind Kohorten-<br />

Effekte grundsätzlich positiv, denn wenn<br />

jemand sein Konsumverhalten mitnimmt,<br />

nimmt er mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

auch seine Markenpräferenzen mit. Allerdings<br />

können diese Kohorten-Effekte<br />

gerade durch den Wechsel in eine andere<br />

Lebenswelt auch durchbrochen werden.


Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Negative und positive Effekte durch den Lebenswelten-Übergang<br />

Für das Konsum- und Einkaufsverhalten<br />

der Verbraucher ist ein ganzes Bündel<br />

an Faktoren bestimmend. Da sind zum<br />

einen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

wie beispielsweise die aktuelle<br />

Konjunktur und die Lage auf dem<br />

Arbeitsmarkt. Sie prägen die Konsumstimmung<br />

der Verbraucher und sorgen<br />

damit für eine lebhafte oder schleppende,<br />

eine ansteigende oder rückläufige<br />

Nachfrage.<br />

Hinzu kommt die jeweilige gesellschaftliche<br />

und soziale Situation der Haushalte,<br />

die unmittelbaren Einfluss auf die Ausgaben<br />

für Güter des täglichen Bedarfs<br />

hat und für die Wahl der bevorzugten<br />

Einkaufsstätten ebenso verantwortlich<br />

ist wie für die Entscheidung, ob Preisoder<br />

Qualitätskriterien die Produktwahl<br />

bestimmen, ob bevorzugt Markenartikel<br />

oder Handelsmarken gekauft werden.<br />

Schließlich sind da noch individuelle Bedingungen<br />

und persönliche Vorlieben, die<br />

das Konsumverhalten lenken. Wer wenig<br />

Zeit zum Einkaufen und Kochen hat, wird<br />

sich häufiger für Convenience-Produkte<br />

entscheiden, wer einen stressigen Job<br />

hat, möglicherweise auch Wellness-Produkte<br />

bevorzugen. Hinzu kommen mehr<br />

oder weniger ausgeprägte Präferenzen<br />

für bestimmte Markensegmente (z.B. Premiummarken)<br />

oder -produkte.<br />

59<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Um Trends im Konsumverhalten der Verbraucher<br />

bestimmen und prognostizieren<br />

zu können, müssen diese einzelnen Parameter<br />

in ausreichend differenzierter, aber<br />

zugleich praktisch verwertbarer Form<br />

zusammengefasst werden. Dies geschieht<br />

in den Familien-Lebenswelten der <strong>GfK</strong>.<br />

Die 14 Familien-Lebenswelten (siehe<br />

Chart auf der folgenden Seite) repräsentieren<br />

typische Altersgruppen, familiäre<br />

Lebensverhältnisse, soziale Grundlagen<br />

und finanzielle Ausstattungen, Einstellungen<br />

und Verhaltensweisen. Jede dieser<br />

Lebenswelten ist ein eigener Kosmos,<br />

der die dazu Gehörenden einschließt<br />

und ihr Verhalten bestimmt. Die Größe<br />

der einzelnen Lebenswelten ändert sich<br />

allerdings laufend durch die Entwicklung<br />

der Bevölkerung. So wird die Anzahl der<br />

Ruhestands-Haushalte von derzeit 35<br />

Prozent in den nächsten zwei Jahrzehnten<br />

auf über vierzig Prozent anwachsen,<br />

allein durch die biologische Alterung der<br />

geburtenstarken Jahrgänge, die derzeit<br />

noch in der älteren Mittel- und Arbeiterschicht<br />

sowie in den Empty Nest-Familien<br />

verortet sind.<br />

Andererseits ändern die einzelnen<br />

Lebenswelten immer wieder ihre Kontur,<br />

zum Beispiel durch ein Anwachsen oder<br />

Schrumpfen des Anteils berufstätiger<br />

Haushalte, der Kinderzahl oder durch


60<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

ausgeprägte Einstellungs- und Verhaltensänderungen.<br />

So haben die Ruhestands-Haushalte<br />

der nächsten 20 Jahre<br />

mit denen der letzten 20 Jahre kaum<br />

mehr gemein als das (biologische) Alter.<br />

Doch während sich diese Prozesse langsam,<br />

über viele Jahre und Jahrzehnte<br />

hinweg vollziehen, bedeutet der Übergang<br />

einzelner Haushalte von einer<br />

Lebenswelt in eine andere nicht selten<br />

einen fundamentalen Bruch mit bisherigen<br />

Konsumgewohnheiten. Berufstätigen<br />

Aufsteigern fehlt beim Übergang<br />

in die Lebenswelt der Jungen Familien<br />

oft ein nahezu komplettes Einkommen;<br />

ein Kaufkraftschwund, der durch steuerliche<br />

Vorteile und Kindergeld auch nicht<br />

annähernd ausgeglichen wird, weil parallel<br />

dazu auch die Kosten steigen.<br />

Umgekehrt steht Rentner-Familien häufig<br />

deutlich mehr Geld für den persönlichen<br />

Konsum zur Verfügung, weil Haus und<br />

Wohnung schuldenfrei sind und keine<br />

Miete anfällt, aber auch, weil Erbschaften<br />

den finanziellen Spielraum erweitern. Der<br />

Zuwachs an Kaufkraft entsteht zum Teil<br />

bereits in den Empty Nest-Familien, also<br />

wenn die Kinder aus dem Haus sind.<br />

Anteil der Haushalte und Berufstätigkeit in den Familien-Lebenswelten<br />

Anteile an allen Haushalten in % – Anteil berufstätiger Haushaltsführer in %<br />

Ausbildung Berufsleben Ruhestand<br />

Studierende/<br />

Auszubildende<br />

(eigener HH)<br />

Soziale<br />

Schicht<br />

Familien-<br />

Phasen<br />

Aufsteiger /<br />

Singles / DINKS<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Nov 06 - Okt 07<br />

Junge Familien<br />

Mittelschicht<br />

Junge Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

Ältere Familien<br />

Mittelschicht<br />

6 57 7 69 5<br />

3 98 11 100<br />

7<br />

7 50 7<br />

Berufstätige<br />

Alleinlebende<br />

Ältere Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

Arbeitslose /<br />

Working-Poor<br />

8<br />

100<br />

70<br />

15<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Mittelschicht<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

Renter-Familien<br />

Mittelschicht<br />

74 11 6<br />

Renter-Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

4 70 9<br />

7<br />

Alter<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Mittelschicht<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Arbeiterschicht<br />

Anteil an allen Haushalten in %<br />

Anteil berufstätiger Haushaltsführer in %<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

9<br />

6


„Migranten“ zwischen<br />

Wohnort und Lebenswelt<br />

Der Übergang zwischen den Lebenswelten<br />

gehört zu den kritischsten Stellen<br />

für die <strong>Markenbindung</strong>. Jahr für Jahr<br />

wechseln 13 Prozent aller Haushalte im<br />

Berufsleben ihre Lebenswelt. Gleichzeitig<br />

wechseln jedes Jahr zehn Prozent aller<br />

Haushalte ihren Wohnort. In dem einen<br />

Fall lassen die Verbraucher bestimmte<br />

Verhaltensweisen hinter sich, im anderen<br />

lassen sie gewohnte Einkaufsstätten<br />

zurück. Beides hat Auswirkungen auf die<br />

<strong>Markenbindung</strong>.<br />

61<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Vor allem in den jüngeren Lebenswelten<br />

sind diese Übergänge zahlenmäßig sehr<br />

hoch. So verlässt jedes Jahr ein Drittel<br />

der Auszubildenden und Studierenden<br />

mit eigenem Haushalt diese Lebenswelt.<br />

Drei Viertel von ihnen „migrieren“ in<br />

die Lebenswelt der Aufsteiger / Singles /<br />

DINKS, ein Viertel direkt zu den Jungen<br />

Familien. In anderen Lebenswelten ist die<br />

Zahl der „Migranten“ absolut gesehen<br />

geringer, anteilig aber oft deutlich höher,<br />

weil die Haushaltsbasis kleiner ist. Dadurch<br />

geht es um deutlich relevantere Konsumverschiebungen,<br />

mit massiven Auswirkungen<br />

auf Markenwahl und -bindung.<br />

Übergänge zwischen den Familien-Lebenswelten<br />

Gesamt-Abwanderungen aus der jeweiligen Lebenswelt* – Angaben in %<br />

Ausbildung<br />

Studierende /<br />

Auszubildende<br />

(eigener HH)<br />

33<br />

23<br />

8<br />

Aufsteiger /<br />

Singles / DINKS<br />

10<br />

5<br />

Junge Familien<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Mittel der Abwanderungen<br />

aus den Jahreswechseln 2003/04,2004/05,2005/06,2006/07<br />

15<br />

Ältere Familien<br />

Lesebeispiel: Aus der Lebenswelt „Studierende / Auszubildende“<br />

wandern pro Jahr insgesamt 33% ab; 23% davon zur Gruppe der<br />

„Aufsteiger / Singles / DINKS“, 8% direkt zu den jüngeren Familien.<br />

u 13% aller Haushalte im Berufsleben wechseln pro Jahr ihre Lebenswelt<br />

Berufsleben Ruhestand<br />

14<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

15<br />

Berufstätige<br />

Alleinlebende<br />

11<br />

Arbeitslose,<br />

Working-Poor<br />

26<br />

Renter-Familien<br />

5<br />

Alter<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

* An den Pfeilen werden<br />

alle Abwanderungen<br />

von 2,5% und mehr gezeigt.<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

1


62<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Wie dramatisch der Übergang zwischen<br />

den Lebenswelten für die Marke ist, zeigt<br />

die Analyse im Haushaltspanel der <strong>GfK</strong>:<br />

Demnach tauschen 39 Prozent aller Haushalte,<br />

die ihre Lebenswelt wechseln, bei<br />

dieser Gelegenheit auch ihre erstpräferierte<br />

Marke aus. Sie werden von Stammzu<br />

Gelegenheits- oder gar Nicht-Käufern.<br />

Bei den Haushalten, die in ihrer Lebenswelt<br />

bleiben, liegt die FCB-Erosionsrate<br />

dagegen nur bei 29 Prozent.<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong>…<br />

Durchschnitt aus 160 Marken in 32 Warengruppen<br />

q … am Beispiel Lebenswelt-Wechsel<br />

ø FCB-Erosionsrate* derjenigen Haushalte, die 2006/2007<br />

ihre Familien-Lebenswelt …<br />

… nicht gewechselt haben … gewechselt haben<br />

* im Folgejahr<br />

29%<br />

u Wohnungswechsel führt oft über einen Wechsel der Einkaufsstätte<br />

zu einem Wechsel der bisher gekauften Marke<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

39%<br />

q …am Beispiel Wohnungs-Wechsel (10% aller Haushalte pro Jahr)<br />

ø FCB-Erosionsrate derjenigen Haushalte, die 2006/2007 …<br />

… nicht umgezogen sind … umgezogen sind<br />

30%<br />

38%<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Ein Wohnungswechsel hat ähnliche Auswirkungen.<br />

38 Prozent der Haushalte,<br />

die umziehen, kaufen danach bevorzugt<br />

eine andere Marke in der jeweiligen<br />

Warengruppe. Bei standorttreuen Haushalten<br />

liegt die Erosion der First Choice<br />

Buyer dagegen „nur” bei 30 Prozent.<br />

Ein Wohnungswechsel führt über den<br />

erzwungenen Wechsel der Einkaufsstätte<br />

also vielfach zu einem Wechsel der bisher<br />

gekauften Marke. Dadurch fallen eingeübte<br />

Routinen weg, und die Konsumenten<br />

wechseln zu einer neuen Marke, obwohl<br />

auch die bislang präferierte Marke oft<br />

weiterhin zur Verfügung steht.<br />

Allerdings gibt es im Kontinuum der<br />

Lebenswelten auch positive Bruchstellen<br />

für die <strong>Markenbindung</strong>. So kehren zahlreiche<br />

First Choice Buyer, die ihrer Marke<br />

einst den Rücken gekehrt haben, bei<br />

Lebensweltänderungen wieder zu ihrer<br />

Marke zurück.<br />

Marken mit dem höchsten Rückkehrer-<br />

Potenzial sind solche, die bei der Geburt<br />

eines Kindes aus praktischen oder finanziellen<br />

Gründen aufgegeben wurden.<br />

Sobald sich die finanziellen Verhältnisse<br />

bessern, werden diese Marken zum Teil<br />

wieder ins Portfolio der Verwender<br />

aufgenommen. Der Rückkehrer-Anteil<br />

steigt, wenn die Kinder aus dem Haus<br />

sind (Empty Nest), und erreicht beim Eintritt<br />

der Haushalte in den Ruhestand zum<br />

Teil höhere Marktanteile als in der frühen<br />

Phase der Verwendung. Vielfach handelt<br />

es sich bei den Marken mit hohem Rückkehrerpotenzial<br />

um Premiummarken.


Abwanderer und Rückkehrer<br />

Marktanteils-Verschiebungen bei Lebensphasen-Änderungen<br />

Volatilität*<br />

stark<br />

Änderungen der<br />

Lebenswelten<br />

sind Bruchstellen<br />

in der<br />

<strong>Markenbindung</strong><br />

Kohorten-<br />

Verhalten<br />

gering<br />

Lebenswelten<br />

In der Rushhour des Lebens, vor allem<br />

dann, wenn das Haus gebaut und abbezahlt<br />

wird, stehen andere Dinge im Mittelpunkt<br />

als der Konsum. Das Leben soll<br />

dann zwar angenehm und angemessen<br />

sein, aber die Pläne fürs Alter nicht<br />

gefährden. In dieser Zeit nimmt die Verwendung<br />

von Value-for-money-Marken<br />

zu, Marken aus der zweiten und dritten<br />

Reihe oder aber begehrte Markenartikel,<br />

die in Aktionen oder beim Discounter<br />

erworben werden.<br />

Im Alter spielen die Restriktionen aus der<br />

Lebensmitte keine so bestimmende Rolle<br />

mehr, und viele Konsumenten kehren zu<br />

ihren ursprünglichen Marken- und Einkaufspräferenzen<br />

zurück.<br />

verschiedene Muster von Marktanteilsverschiebungen<br />

Marken mit hohem Rückkehrerpotenzial<br />

Value-for-money-Marken in der Rushhour des Lebens<br />

Life-Style-orientierte Marken<br />

Lebensbegleitende Marken<br />

* Maß der Volatilität sind alle Marktanteils-Verschiebungen bei Lebensphasen-Änderungen („Mover")<br />

in Relation zu den Marktanteils-Verschiebungen ohne Lebensphasen-Wechsel („Stayer")<br />

63<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Lifestyle-orientierte Marken erreichen<br />

den höchsten Marktanteil naturgemäß<br />

in jungen Lebenswelten bzw. in<br />

Haushalten, die bereits über etwas<br />

mehr Geld verfügen: bei Aufsteigern /<br />

Singles / DINKS. In den Ruhestands-Haushalten<br />

sind sie unterrepräsentiert.<br />

Bei den lebensbegleitenden Marken<br />

führen Lebenswelten-Übergänge seltener<br />

zu Brüchen in der <strong>Markenbindung</strong>,<br />

und wenn, dann nicht zu so starken.<br />

Hier sorgt das Kohorten-Verhalten der<br />

Lebenswelt für hohe Beständigkeit.<br />

Im Folgenden werden beispielhaft solche<br />

Effekte beschrieben, die Grundlage für<br />

Kontinuität bzw. Diskontinuität in der<br />

<strong>Markenbindung</strong> sind.


64<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

DIREKTE EFFEKTE<br />

u für alle Betroffenen gleich oder<br />

Direkte Effekte aus Änderungen<br />

der Familien-Lebenswelten<br />

Änderungen in den Familien-Lebenswelten<br />

können direkte und/oder indirekte<br />

Effekte auf das Kaufverhalten der Verbraucher<br />

und damit auf die <strong>Markenbindung</strong><br />

haben:<br />

ähnlich (z.B. Baby g Babynahrung)<br />

INDIREKTE EFFEKTE<br />

u Budget-Restriktionen<br />

u Mobilitäts-Restriktionen<br />

u Zeit-Restriktionen<br />

u Rollenkonformer Lifestyle<br />

Direkter Effekt: Beispiel Babynahrung<br />

Ein „direkter” Effekt ist beispielsweise<br />

die Nachfrage der Eltern nach Babynahrung,<br />

die mit der Geburt eines Kindes<br />

einsetzt. Haushalte, die dadurch aus der<br />

Lebenswelt Aufsteiger/Singles/DINKS in<br />

die Lebenswelt Junge Familien wandern,<br />

geben damit im Durchschnitt 279 Prozent<br />

mehr für Babynahrung aus.<br />

Dass die Nachfrage nicht so kurzfristig<br />

wieder abbricht, wie sie entstanden ist,<br />

liegt daran, dass in den folgenden Jahren<br />

weitere Kinder geboren werden, allerdings<br />

bekommt nicht jede Familie ein<br />

zweites Kind. Dadurch sinken die durchschnittlichen<br />

Ausgaben für Babynahrung<br />

während der kommenden Jahre sowie<br />

beim Übergang in die jeweils nächste<br />

Ausgabenveränderung in % – jeweils erstes Tertial 2003/04/05/06<br />

Aufsteiger /<br />

Singles / DINKS<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Junge<br />

Familien<br />

- 39<br />

+ 279 - 34<br />

Ø Entwicklung der Ausgaben pro Haushalt<br />

p.a. in der jeweiligen Lebenswelt<br />

Veränderung der Ausgaben pro Haushalt<br />

bei Wechsel in eine andere Lebenswelt<br />

Berufsleben Ruhestand<br />

Ältere<br />

Familien<br />

Empty<br />

Nester<br />

Renter-<br />

Familien<br />

u Es gibt zwei positive Bruchstellen für die Nachfrage<br />

nach Babynahrung<br />

- 23<br />

- 24<br />

+ 3<br />

+ 431<br />

- 26<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


Direkter Effekt: Beispiel Röstkaffee<br />

Ausgabenveränderung in % – jeweils erstes Tertial 2003/04/05/06<br />

Aufsteiger /<br />

Singles / DINKS<br />

+ 8<br />

+ 44<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Junge<br />

Familien<br />

+ 4<br />

Lebenswelt in kleineren Schritten ab, bis<br />

sie schließlich entfallen.<br />

Es gibt neben der Geburt eines Kindes<br />

eine zweite positive Bruchstelle für die<br />

Nachfrage nach Babynahrung. Diese fällt<br />

in die Zeit des Übergangs von der Lebenswelt<br />

der Empty Nester in den Ruhestand.<br />

Dann werden die Enkel geboren, auf die<br />

sich Oma und Opa schon so freuen. Bei<br />

diesem Lebenswelten-Übergang steigen<br />

die Ausgaben für Babynahrung pro Haushalt<br />

im Durchschnitt um 431 Prozent.<br />

Was bedeutet dies nun für die Marke?<br />

– In den meisten Fällen werden die Großeltern<br />

wohl zu der Marke zurückkommen,<br />

die sie bereits als junge Eltern<br />

gekauft haben.<br />

Berufsleben Ruhestand<br />

- 3<br />

Ø Entwicklung der Ausgaben pro Haushalt<br />

p.a. in der jeweiligen Lebenswelt<br />

Ältere<br />

Familien<br />

+ 5<br />

+ 2<br />

Empty<br />

Nester<br />

+ 1<br />

65<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

+ 14<br />

Renter-<br />

Familien<br />

u Änderungen in den Lebenswelten führen zur Verlagerung<br />

von Außer-Haus-Konsum in Richtung Inhome-Konsum<br />

+ 3<br />

Veränderung der Ausgaben pro Haushalt<br />

bei Wechsel in eine andere Lebenswelt<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Ein anderes Beispiel für direkte Effekte<br />

sind die Ausgaben für Röstkaffee. Auch<br />

hier gibt es einen abrupten Anstieg in<br />

der Verwendung, wenn sich mit der<br />

Geburt eines Kindes zwangsläufig der<br />

Lebensstil der vormals „jungen Wilden“<br />

ändert. Überhaupt werden die Verbraucher<br />

im Laufe ihres Lebens immer häuslicher,<br />

was zu einem kontinuierlichen<br />

Anstieg der Ausgaben für Kaffee führt.<br />

Der deutliche Sprung beim Übergang<br />

in den Ruhestand erklärt sich dadurch,<br />

dass die vormaligen Arbeitnehmer und<br />

künftigen Rentner ihren Außer-Haus-<br />

Konsum zwangsläufig reduzieren und<br />

ihren Kaffee jetzt in der Regel zu Hause<br />

trinken.


66<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Indirekte Effekte<br />

aus Lebenswelt-Änderungen<br />

Durch den Übergang von einer Lebenswelt<br />

in eine andere stellen sich aber<br />

auch „indirekte” Effekte ein, die, im<br />

Unterschied zu den direkten Effekten,<br />

nicht für alle Betroffenen gleich sind,<br />

sondern individuell mehr oder weniger<br />

stark abweichen können. In der Summe<br />

führen aber auch sie zu signifikanten<br />

Auswirkungen auf das Verbraucherverhalten,<br />

auf die Einkaufsstätten- wie auf<br />

die <strong>Markenbindung</strong>. Solche indirekten<br />

Effekte sind beispielsweise Zeit-, Mobili-<br />

täts- und Budget-Restriktionen oder ein<br />

rollenkonformer Lebensstil.<br />

Eine hohe Relevanz für das Kaufverhalten<br />

haben Budget-Restriktionen, vor<br />

allem bei Familienhaushalten und in<br />

unteren sozialen Schichten. Durch den<br />

Übergang in diese Lebenswelten fällt<br />

für die zuvor meist relativ gut situierten<br />

Haushalte häufig ein ganzes Einkommen<br />

weg. Infolgedessen ändern viele von<br />

ihnen ihre Markenpräferenz. So werden<br />

aus vormaligen Premium- und Markenkäufern<br />

bevorzugt Promotion- bzw.<br />

Handelsmarkenkäufer.<br />

Indirekter Effekt: Marken- und Einkaufsstättenpräferenzen verschieben sich<br />

Anteile an allen Haushalten in %<br />

Ausbildung Berufsleben Ruhestand<br />

Soziale<br />

Schicht<br />

Familien-<br />

Phasen<br />

Studierende/<br />

Auszubildende<br />

(eigener HH)<br />

44<br />

Markenkäufer<br />

Promotionkäufer<br />

Handelsmarken-Käufer<br />

Anteil Discounter<br />

an FMCG in %<br />

Aufsteiger,<br />

Singles, DINKS<br />

37<br />

Farblich unterlegt sind die Familien-Lebenswelten<br />

mit jeweils überproportionalem Anteil an den<br />

einzelnen Shoppertypen<br />

Quelle: ConsumerScan, Nov 2006 - Okt 2007<br />

Junge Familien<br />

Mittelschicht<br />

40<br />

Junge Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

44<br />

Gefährdungspotenzial Rückkehrerpotenzial<br />

Ältere Familien<br />

Mittelschicht<br />

39<br />

Berufstätige<br />

Alleinlebende<br />

36<br />

Ältere Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

42<br />

Arbeitslose /<br />

Working Poor<br />

45<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Mittelschicht<br />

32<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

36<br />

Renter-Familien<br />

Mittelschicht<br />

31<br />

Renter-Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

35<br />

Alter<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Mittelschicht<br />

32<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Arbeiterschicht<br />

35<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


Oft zieht sich dieser Paradigmenwechsel<br />

im Konsum durch das gesamte aktive<br />

Berufsleben hindurch. Diese Lebensphase<br />

birgt ein hohes Gefährdungspotenzial<br />

für den Markenartikel schlechthin und<br />

damit auch für die jeweils bevorzugte<br />

Marke in der Warengruppe. In der Mitte<br />

des Berufslebens gehen der Marke denn<br />

auch überdurchschnittlich viele Stammkäufer<br />

verloren. Hinzu kommt bei den<br />

Familien-Haushalten die Zeitknappheit.<br />

Stunden, welche die Kinder beanspruchen,<br />

fehlen für alles andere, auch für<br />

den Einkauf.<br />

Eine Ausnahme bildet in dieser Phase die<br />

Lebenswelt der berufstätigen Alleinlebenden,<br />

deren finanzielle Situation sich<br />

mit den Jahren sogar weiter verbessert,<br />

und die daher keine sozialen Gründe für<br />

eine Abkehr von ihren Markenpräferenzen<br />

haben.<br />

Sobald die Kinder aus dem Haus sind,<br />

bessert sich auch die finanzielle Situation<br />

der Familienhaushalte wieder. Die Zahl<br />

der Handelsmarken-Käufer geht zurück,<br />

und die besser gestellten Mittelschicht-<br />

Haushalte kaufen wieder mehr Markenartikel,<br />

auf die vor allem die älteren<br />

Familien (zumeist mit mehreren Kindern)<br />

aus Budgetgründen verzichtet hatten.<br />

In Empty Nest-Lebenswelten, vor allem<br />

aber in Ruhestands-Lebenswelten kehren<br />

zahlreiche Verbraucher zu ihrem<br />

„traditionellen“ Konsum- und Einkaufsverhalten<br />

zurück. Marken, die jetzt zielgruppengerechte<br />

Angebote machen,<br />

67<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

können dieses Rückkehrerpotenzial für<br />

deutliche Wertschöpfungssteigerungen<br />

nutzen.<br />

Allerdings stellen sich in diesen Lebenswelten<br />

zunehmend Mobilitäts-Restriktionen<br />

ein. Dies führt bei den betroffenen<br />

Haushalten häufig zu Änderungen im<br />

Einkaufsverhalten, wodurch sowohl die<br />

Einkaufsstätten- als auch die <strong>Markenbindung</strong><br />

beeinträchtigt werden.<br />

Eine gesonderte Betrachtung verdienen<br />

in diesem Zusammenhang die Discounter.<br />

Sie kommen, wie oben gesagt, auf besonders<br />

hohe wertmäßige Marktanteile in<br />

den Lebenswelten der jungen und älteren<br />

Familien sowie bei jungen Leuten mit<br />

eigenem Haushalt, die noch in der Ausbildung<br />

stecken. Dagegen sind sie in den<br />

älteren Lebenswelten, vor allem in den<br />

finanziell gut situierten Rentner-Familien<br />

der Mittelschicht, wesentlich geringer.<br />

Gerade diese Lebenswelten werden aber<br />

in den nächsten beiden Jahrzehnten<br />

dem Umfang nach deutlich wachsen,<br />

während die jüngeren Lebenswelten<br />

schrumpfen. Die Discounter werden also<br />

in den nächsten Jahren auf „natürliche“<br />

Weise Marktanteile einbüßen. Denn das<br />

Einkaufsverhalten der Verbraucher beim<br />

Übertritt in den Ruhestand folgt nach<br />

Analysen der <strong>GfK</strong> (derzeit) nicht einem<br />

Kohorteneffekt, sondern dem alterstypischen<br />

Wunsch der Haushalte nach sozialen<br />

Kontakten beim Einkauf. Dabei kehren<br />

viele auch wieder zu ihren „alten“,<br />

ehedem präferierten Marken zurück.


68<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Wunsch versus Kauf<br />

Wunsch und Wirklichkeit<br />

– die Attraktivität der alten Marke<br />

Dass Marken aus dem Relevant Set der<br />

Verbraucher verschwinden, kann, wie<br />

gesehen, vielfältige Ursachen haben.<br />

Jedoch behalten starke Marken ihre<br />

Bevorzugung im Kopf der Verbraucher,<br />

selbst wenn bestimmte Lebensereignisse<br />

zwischenzeitlich zu gegensätzlichem<br />

Kaufverhalten führen. Wie hoch<br />

das Rückkehrer-Potenzial einer Marke<br />

tatsächlich ist, bestimmt sich folglich<br />

danach, ob die Attraktivität der alten<br />

Marke gegenüber der neuen, aktuell<br />

gekauften weiter besteht.<br />

Um dieses Potenzial zu bestimmen, hat<br />

die <strong>GfK</strong> in einer Ad-hoc-Stichprobe 8.000<br />

u Frage:<br />

„Angenommen, Sie bekämen ein Einkaufsabonnement geschenkt<br />

und müssten überhaupt nichts bezahlen, egal was Sie einkaufen,<br />

welche Marke würden Sie dann voraussichtlich am häufigsten<br />

wählen, bei ... (Warengruppe)?“<br />

Kauf & Wunsch<br />

sind identisch<br />

71%<br />

Quelle: Omnibuseinfrage, Okt. 2007<br />

8.000 Haushalte<br />

29%<br />

Gekauftes Produkt<br />

ist nicht das<br />

Wunschprodukt<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong><br />

repräsentativ ausgewählte Konsumenten<br />

daraufhin befragt, ob das aktuell von<br />

ihnen gekaufte Produkt ihrem Wunschprodukt<br />

entspricht. Das Resultat: Ein<br />

Drittel der Verbraucher kauft nicht das<br />

Wunschprodukt, sondern ein anderes.<br />

Am stärksten ist die Diskrepanz zwischen<br />

Wunschprodukt und tatsächlich<br />

erworbenem Produkt in Familien und<br />

bei den finanziell schwachen Haushalten<br />

(siehe Chart auf der rechten Seite).<br />

Junge Familien der Mittelschicht kaufen<br />

beispielsweise zu einem Viertel häufiger<br />

nicht das Wunschprodukt als der Durchschnitt<br />

der Haushalte. Das gilt im gleichen<br />

Umfang für die Arbeitslosen/Working<br />

Poor und mit Abstrichen auch für<br />

Berufstätige Alleinlebende und für die<br />

Aufsteiger/Singles/DINKS. In den beiden<br />

zuletzt erwähnten Lebenswelten führen<br />

aber weniger finanzielle Gründe zum<br />

Kauf des „falschen“ Produkts, als vielmehr<br />

der Zeitdruck beim Einkauf und<br />

die fehlende Verfügbarkeit durch häufigeren<br />

Einkaufsstättenwechsel, aber auch<br />

ein hohes Anspruchsniveau.<br />

In den Rentner-Lebenswelten und in den<br />

Empty Nest-Familien herrscht dagegen<br />

eine vergleichsweise hohe Markenzufriedenheit.<br />

Hier wird deutlich öfter als<br />

im Durchschnitt das Wunschprodukt<br />

gekauft, was auch daran liegt, dass viele<br />

dieser Haushalte sich finanziell weniger<br />

beschränken müssen.<br />

In den analysierten Warengruppen differiert<br />

der Anteil der Wunschprodukt-Käu-


fer erheblich. Bei Margarine z.B. kaufen<br />

lediglich zwanzig Prozent der Verbraucher<br />

nicht das Wunschprodukt, bei Nudeln<br />

sind es dreißig Prozent und beim Einkauf<br />

von Tafelschokolade ist der entsprechende<br />

Anteil fast doppelt so hoch (39%).<br />

Grundsätzlich kann man sagen, dass die<br />

Diskrepanz zwischen gekauftem und<br />

Wunschprodukt umso größer ist…<br />

u je höher der Anteil der Handelsmarken<br />

in der Warengruppe ist und<br />

u je höher der Ausgabenanteil der<br />

Warengruppen am Budget der<br />

Verbraucher ist.<br />

69<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Wunsch- und gekauftes Produkt in den verschiedenen Lebenswelten<br />

Anteil Wunschprodukt anders als gekauftes (Indexwerte: ø = 100 = 29%)<br />

Ausbildung Berufsleben Ruhestand<br />

Studierende/<br />

Auszubildende<br />

(eigener HH)<br />

93<br />

Soziale<br />

Schicht<br />

Familien-<br />

Phasen<br />

Aufsteiger,<br />

Singles, DINKS<br />

114<br />

Junge Familien<br />

Mittelschicht<br />

124<br />

Junge Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

103<br />

Omnibuseinfrage Okt. 2007; jeweils ca. 1.000 Befragte<br />

in 8 ausgewählten FMCG-Warengruppen<br />

Ältere Familien<br />

Mittelschicht<br />

97<br />

Berufstätige<br />

Alleinlebende<br />

117<br />

Ältere Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

97<br />

Arbeitslose,<br />

Working-Poor<br />

124<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Mittelschicht<br />

86<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

86<br />

Renter-Familien<br />

Mittelschicht<br />

Renter-Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

Dies zeigt, dass eine Einkaufsstättenpräferenz<br />

für die Discounter und eine Markenpräferenz<br />

für Private Labels oft keine<br />

positive Option ist, sondern lediglich ein<br />

Ausweichen aus finanziellen Gründen.<br />

57 Prozent der Handelsmarken- bzw.<br />

Aldi-Käufer würden bei entsprechender<br />

Möglichkeit sofort andere Produkte kaufen,<br />

wogegen lediglich 13 Prozent der<br />

Premiumkäufe nicht dem eigentlichen<br />

Wunsch des Käufers entsprechen. Von<br />

den übrigen Markenkäufen würden 25<br />

Prozent nicht im Einkaufskorb landen,<br />

wenn die Käufer es sich ungeachtet aller<br />

fremden Einflüsse aussuchen könnten.<br />

86<br />

76<br />

Alter<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Mittelschicht<br />

86<br />

u Hohe Markenzufriedenheit: Wunschmarke<br />

wird tatsächlich gekauft!<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


70<br />

Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Kauf- versus Wunschprodukt<br />

Durchschnitt aus 8 Warengruppen – Angaben in %<br />

Gefährdungspotenzial<br />

u Wunschprodukt<br />

anders als das<br />

gekaufte Produkt<br />

29<br />

alle Käufer<br />

Chancenpotenzial<br />

u Gekaufte Produkte<br />

der heute ‚Unzufriedenen‘<br />

u Wunschprodukte der heute ‚Unzufriedenen‘*<br />

* Angaben derjenigen<br />

Befragten, die etwas<br />

anderes wählen<br />

würden, wenn sie<br />

die Möglichkeit<br />

hätten.<br />

13<br />

Premium-<br />

Markenkäufe<br />

58<br />

Premium-<br />

Marken<br />

Basis: Omnibuseinfrage Okt. 2007;<br />

ca.1.000 Befragte pro Warengruppe<br />

25<br />

andere<br />

Markenkäufe<br />

39<br />

andere<br />

Marken<br />

57<br />

Handelsmarken-/<br />

Aldi-Käufe<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Was sind nun aber die Wunschprodukte<br />

derer, die ein anderes Produkt kaufen,<br />

als sie eigentlich haben wollen? – Von<br />

den „Unzufriedenen“ würden sich bei<br />

entsprechender Möglichkeit 58 Prozent<br />

für eine Premiummarke entscheiden,<br />

39 Prozent für eine andere Marke und<br />

lediglich drei Prozent für eine Handelsmarke-<br />

bzw. ein Aldi-Produkt.<br />

3<br />

Handelsmarken-/<br />

Aldi-Produkte<br />

Das Gefährdungspotenzial für die Markentreue<br />

liegt also vor allem in finanziellen<br />

Restriktionen, denen die Verbraucher<br />

situativ oder auf Dauer ausgesetzt<br />

sind. Umgekehrt liegt aber genau darin<br />

die Chance, dass ältere Verbraucher zu<br />

ihrer Wunschmarke zurückkehren, wenn<br />

die besonderen finanziellen Belastungen<br />

der Familienzeit vorüber sind.<br />

Dass die ‚unzufriedenen‘ Verbraucher<br />

sich überwiegend für Premium-Marken<br />

entscheiden, zeigt, welch überragende<br />

Bedeutung sie dem Qualitätsversprechen<br />

einer Marke zumessen. Marken, die an<br />

der Spitze positioniert sind, wachsen zumeist<br />

auch dann, wenn die Nachfrage in<br />

der Warengruppe infolge von negativen<br />

Kohorteneffekten schrumpft, wie zum<br />

Beispiel bei Bier. Oder sie profitieren gerade<br />

von solchen Effekten, weil sie einen<br />

festen Platz im Bewusstsein und damit im<br />

Relevant Set der Verbraucher haben.<br />

Doch auch für diese Marken gilt, dass sie<br />

ihre Präsenz für die Konsumenten stets<br />

erneuern müssen. Nicht von ungefähr<br />

gehören die großen lebensbegleitenden<br />

Marken auch zu den aktivsten Werbetreibenden.<br />

Werbung ist einer der wichtigsten<br />

„Übermittler“ der <strong>Markenbindung</strong><br />

durch die verschiedenen Lebenswelten.<br />

Doch nicht jede Werbung ist dazu geeignet.<br />

Worauf kommt es also bei einer auf<br />

<strong>Markenbindung</strong> angelegten Kommunikation<br />

an? Dies soll im Folgenden an drei<br />

Beispielen erläutert werden.


Verbindlich, verbindend, verlässlich<br />

Die Rolle der Kommunikation für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Wie in den vorhergehenden Abschnitten<br />

dieses Beitrags gezeigt, sind Übergänge<br />

zwischen den einzelnen Lebenswelten<br />

oft gravierende Bruchstellen für die <strong>Markenbindung</strong>.<br />

Eine auf <strong>Markenbindung</strong><br />

angelegte Kommunikation muss deshalb<br />

genau an diesen Bruchstellen ansetzen<br />

und sie gegebenenfalls überdecken.<br />

Um festzustellen, welche Werbung bzw.<br />

welche Werbeaussagen die <strong>Markenbindung</strong><br />

am ehesten fördern, hat die<br />

<strong>GfK</strong> 80 Werbefilme unterschiedlicher<br />

Marken ausgewertet. Dabei stellte sich<br />

heraus, dass Marken mit einer relativ<br />

hohen <strong>Markenbindung</strong>, in der Werbung<br />

auf das Verbindende innerhalb sowie<br />

zwischen den Generationen (Lebenswelten)<br />

setzen.<br />

<strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong> wird demnach<br />

gefördert durch Werbung, die…<br />

u Menschen verschiedenen Alters<br />

positiv darstellt<br />

u Menschen in Situationen darstellt,<br />

mit denen sich Menschen verschiedenen<br />

Alters identifizieren können<br />

u eine Szenerie zeigt, die Menschen<br />

der Kohorte, also einer bestimmten<br />

Lebenswelt, oder Menschen verschiedenen<br />

Alters anspricht.<br />

Die Rolle der Kommunikation für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Marke mit geringen Bruchstellen<br />

– Beispiel: blend-a-med<br />

Marken mit geringen Bruchstellen in der<br />

<strong>Markenbindung</strong> arbeiten mit Bedürfnissen<br />

verschiedener Generationen. Sie<br />

bieten keine Angriffsfläche dafür, das<br />

Produkt einer bestimmten Altersgruppe<br />

zuzuweisen und damit andere von der<br />

Verwendung auszuschließen. Ein Beispiel<br />

ist die Fernsehwerbung der Zahnpasta<br />

„blend-a-med“.<br />

Blend-a-med wird in allen Lebenswelten<br />

nahezu gleichmäßig verwendet. Bei den<br />

Studierenden/Auszubildenden liegt der<br />

wertmäßige Marktanteil der Marke mit<br />

einem Indexwert von 99 Punkten ziemlich<br />

genau auf Höhe des Gesamtniveaus,<br />

Marke mit geringen Bruchstellen<br />

Beispiel blend-a-med<br />

u arbeitet mit den<br />

Bedürfnissen<br />

verschiedener<br />

Generationen<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

71


72<br />

Die Rolle der Kommunikation für die <strong>Markenbindung</strong><br />

ähnlich bei den jungen Familien der<br />

Arbeiterschicht und bei den Berufstätigen<br />

Alleinlebenden.<br />

Den relativ höchsten Marktanteil hat<br />

die Marke in Familienhaushalten, aber<br />

auch hier ist die Abweichung vom<br />

Durchschnitt eher unauffällig. Dagegen<br />

ist der Marktanteil von blend-a-med in<br />

den älteren Lebenswelten leicht unterdurchschnittlich.<br />

Vor allem in den Ruhestands-Lebenswelten<br />

konkurriert die<br />

Marke mit anderen Angeboten für die<br />

Pflege der dritten Zähne.<br />

Blend-a-med: Marke mit geringen Bruchstellen<br />

Index Marktanteil Blend-a-med Zahncreme (Wert)<br />

überdurchschnittlich<br />

durchschnittlich<br />

unterdurchschnittlich<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Marke mit großen Bruchstellen<br />

– Beispiel: Colgate<br />

Die konkurrierende Zahnpasta-Marke<br />

Colgate ist, anders als blend-a-med, eine<br />

Marke mit großen Bruchstellen, und das,<br />

obwohl Colgate hinsichtlich Produktportfolio,<br />

Distribution und Preisstellung<br />

absolut vergleichbar mit blend-a-med<br />

ist. Vor allem in den älteren Lebenswelten<br />

ist der wertmäßige Marktanteil von<br />

Colgate deutlich unterdurchschnittlich.<br />

Der Schwerpunkt von Colgate liegt bei<br />

den jüngeren Zielgruppen. In der Lebens-<br />

Ausbildung Berufsleben Ruhestand<br />

Studierende/<br />

Auszubildende<br />

(eigener HH)<br />

99<br />

Aufsteiger,<br />

Singles, DINKS<br />

110<br />

Index Marktanteil Wert<br />

Junge Familien<br />

Mittelschicht<br />

107<br />

Junge Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

104<br />

Ältere Familien<br />

Mittelschicht<br />

108<br />

Berufstätige<br />

Alleinlebende<br />

97<br />

Ältere Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

106<br />

Arbeitslose,<br />

Working-Poor<br />

107<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Mittelschicht<br />

91<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

95<br />

Renter-Familien<br />

Mittelschicht<br />

83<br />

Renter-Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

95<br />

Alter<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Mittelschicht<br />

92<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Arbeiterschicht<br />

129<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


welt der Studierenden/Auszubildenden<br />

kommt die Marke auf einen doppelt so<br />

hohen wertmäßigen Marktanteil wie im<br />

Durchschnitt, bei den jungen Berufstätigen<br />

ist er ebenfalls deutlich überproportional.<br />

Mit Abstrichen gilt dies auch noch<br />

für junge Familien der Arbeiterschicht.<br />

Colgate konzentriert alle Werbung<br />

bevorzugt auf diese Zielgruppen und<br />

zeigt beispielsweise einen jungen Mann<br />

in der Tonalität und der Situation dieser<br />

Generation. Hohe <strong>Markenbindung</strong> über<br />

die gesamte Lebenszeit erreicht Colgate<br />

so allerdings nicht.<br />

Colgate: Marke mit großen Bruchstellen<br />

Index Marktanteil Colgate Zahncreme (Wert)<br />

Die Rolle der Kommunikation für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Ausbildung Berufsleben Ruhestand<br />

Studierende/<br />

Auszubildende<br />

(eigener HH)<br />

209<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Aufsteiger,<br />

Singles, DINKS<br />

151<br />

Index Marktanteil Wert<br />

überdurchschnittlich<br />

durchschnittlich<br />

unterdurchschnittlich<br />

Junge Familien<br />

Mittelschicht<br />

99<br />

Junge Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

124<br />

Marke mit großen Bruchstellen<br />

Beispiel Colgate<br />

u zeigt jungen Mann in der Tonalität und<br />

der Situation einer Generation<br />

Ältere Familien<br />

Mittelschicht<br />

114<br />

Berufstätige<br />

Alleinlebende<br />

98<br />

Ältere Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

108<br />

Arbeitslose,<br />

Working-Poor<br />

102<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Mittelschicht<br />

93<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

92<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Renter-Familien<br />

Mittelschicht<br />

68<br />

Renter-Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

78<br />

Alter<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Mittelschicht<br />

72<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Arbeiterschicht<br />

39<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

73


74<br />

Die Rolle der Kommunikation für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Marke mit großen Bruchstellen<br />

– Beispiel: Lindt<br />

Die Premiummarke Lindt hat ihren Marktanteilsschwerpunkt<br />

naturgemäß in den<br />

Lebenswelten, denen es finanziell vergleichsweise<br />

gut geht. Für junge Berufstätige<br />

gehört sie ebenso zum Relevant<br />

Set wie für Berufstätige Alleinlebende.<br />

Anders sieht es bei den Familien und<br />

in den unteren sozialen Schichten aus.<br />

Wenn Haushalte aus der Lebenswelt der<br />

Aufsteiger/Singles/DINKS in die Familienphase<br />

mit ihren finanziellen und sozia-<br />

Lindt: Marke mit großen Bruchstellen<br />

Index Marktanteil Lindt Tafelschokolade (Wert)<br />

len Einschränkungen wechseln, geben<br />

sie die Marke vielfach auf; bei den jungen<br />

Familien der Arbeiterschicht kommt<br />

Lindt mit seiner Tafelschokolade gerade<br />

einmal auf knapp vierzig Prozent seines<br />

durchschnittlichen wertmäßigen Marktanteils.<br />

Lindt gehört allerdings zu den starken<br />

Marken, die ihre Bevorzugung im<br />

Bewusstsein der Verbraucher behalten,<br />

auch wenn diese der Marke zwischenzeitlich<br />

den Rücken kehren. Lindt hat<br />

daher großes Rückkehrerpotenzial, das<br />

die Marke konsequent nutzt.<br />

Ausbildung Berufsleben Ruhestand<br />

Studierende/<br />

Auszubildende<br />

(eigener HH)<br />

89<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Aufsteiger,<br />

Singles, DINKS<br />

105<br />

Index Marktanteil Wert<br />

überdurchschnittlich<br />

durchschnittlich<br />

unterdurchschnittlich<br />

Junge Familien<br />

Mittelschicht<br />

71<br />

Junge Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

38<br />

Ältere Familien<br />

Mittelschicht<br />

76<br />

Berufstätige<br />

Alleinlebende<br />

105<br />

Ältere Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

56<br />

Arbeitslose,<br />

Working-Poor<br />

53<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Mittelschicht<br />

117<br />

Empty Nest-<br />

Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

86<br />

Renter-Familien<br />

Mittelschicht<br />

161<br />

Renter-Familien<br />

Arbeiterschicht<br />

103<br />

Alter<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Mittelschicht<br />

165<br />

Alleinstehende<br />

Ältere<br />

Arbeiterschicht<br />

111<br />

© <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong>


In der Werbung spricht Lindt bevorzugt<br />

Menschen an, die sich den besonderen<br />

Genuss gerne etwas kosten lassen. In<br />

den älteren Mittelschichtfamilien erzielt<br />

Lindt denn auch die höchsten Umsätze<br />

für seine Marke.<br />

Diese Strategie wird Lindt in den kommenden<br />

zwei Jahrzehnten auf quasi<br />

natürliche Weise eine Vielzahl neuer<br />

Konsumenten zuführen bzw. alte zurückbringen.<br />

Denn in diesem Zeitraum kommen<br />

die geburtenstarken Jahrgänge der<br />

sechziger Dekade in „die besten Jahre“<br />

bzw. ins Rentenalter.<br />

Grundsätzlich tun sich Marken wie Lindt<br />

aber schwerer, eine lang währende <strong>Markenbindung</strong><br />

aufzubauen. Grundsätzlich<br />

kann man sagen, dass <strong>Markenbindung</strong><br />

umso effizienter gelingt, je geringer die<br />

Bruchstellen beim Übergang zwischen<br />

den Lebenswelten sind.<br />

Die <strong>GfK</strong> hat in ihrer Analyse der <strong>Markenbindung</strong><br />

in ausgewählten Warengruppen<br />

rund 30 Marken identifiziert, die<br />

solche geringen Bruchstellen aufweisen.<br />

Es sind – im Prinzip – Marken für das<br />

ganze Leben. Warum es dennoch nicht<br />

allen gelingt, die Mehrheit der Verwender<br />

zwischen Jugend und Alter zu binden,<br />

liegt oft an Fehlern in der Markenführung<br />

und im Marketing. Und genau<br />

dies macht letztlich den Unterschied zu<br />

den Marken aus, die uns Verbraucher ein<br />

Leben lang begleiten.<br />

Die Rolle der Kommunikation für die <strong>Markenbindung</strong><br />

Beispiele für Marken<br />

mit geringen Bruchstellen<br />

aufgrund von Lebenswelten-<br />

Verschiebungen<br />

u Krombacher<br />

u Bitburger<br />

u Warsteiner<br />

u Rotkäppchen<br />

u Jägermeister<br />

u Underberg<br />

u Asbach<br />

u Jacobs<br />

u Teekanne<br />

u Vittel<br />

u Maggi<br />

u Knorr<br />

u Rama<br />

u Sanella<br />

u Uncle Ben‘s<br />

u Birkel<br />

u Schwartau<br />

u Zentis<br />

u Nutella<br />

u Bärenmarke<br />

u Milka<br />

u Ritter Sport<br />

u Persil<br />

u Ariel<br />

u Spee<br />

u Tandil<br />

u Lenor<br />

u Rexona<br />

u Nivea Deodorant<br />

u Nivea Creme<br />

u Odol-med3<br />

u blend-a-med<br />

u Tempo<br />

75


76<br />

Fazit: <strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong> ist möglich<br />

Fazit: <strong>Lebenslange</strong> <strong>Markenbindung</strong> ist möglich<br />

First Choice Buyer – Leitwährung der Markenführung<br />

Zahlreiche starke Marken zeigen, dass<br />

lebenslange <strong>Markenbindung</strong> durchaus<br />

möglich ist. Aber auch für diese Marken<br />

gilt: Sie stellt sich nicht von selbst ein.<br />

Wer seine Käufer möglichst ein ganzes<br />

Leben lang an die eigene Marke binden<br />

will, muss aktiv etwas dafür tun.<br />

Eine lebenslange <strong>Markenbindung</strong> wird<br />

gefördert durch…<br />

u eine frühe Bindung an die Marke,<br />

die bereits im Kindesalter entsteht<br />

und bis ins hohe Alter hineinreicht<br />

u hohe Markenattraktivität, die sich<br />

in einem hohen First Choice Buyer-<br />

Anteil ausdrückt; dabei haben es die<br />

Hersteller selbst in der Hand, ihre<br />

Marken durch eine klare Differenzierung<br />

und durch echte (keine me-too)<br />

Innovationen attraktiv zu halten<br />

u eine Lifestyle- und Lebensweltenunabhängige<br />

Positionierung<br />

u Abfedern von Brüchen beim Übergang<br />

zwischen den Lebenswelten<br />

durch eine (Marken-)lebensbegleitende<br />

Dachmarkenstrategie<br />

u Kontinuität in Markenführung bei<br />

gleichzeitiger<br />

u behutsame Anpassung an den Zeitgeist<br />

u Neuorientierung in der Kommunikation.<br />

Die Markenführung bedarf eines Paradigmenwechsels,<br />

der der <strong>Markenbindung</strong><br />

Priorität vor der Neukundengewinnung<br />

einräumt.<br />

Die Leitwährung der Markenführung<br />

muss künftig der First Choice Buyer sein.


<strong>GfK</strong> Gruppe<br />

Nordwestring 101<br />

D-90319 Nürnberg

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!