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Seite 8 PROTESTANT<br />

Winter 2013<br />

Angedacht<br />

Wie klingen 2013 unsere Weih nachts -<br />

lieder? »Ach Gott, es gibt schon wieder<br />

Spekulatius <strong>und</strong> Lebkuchen -<br />

herzen in den Ge schäf ten.« »Jetzt geht<br />

der Weihnachts stress wieder los.«<br />

»Ich bin jetzt schon froh, wenn es<br />

Januar ist.« Die heilige Zeit verkommt<br />

immer mehr <strong>zur</strong> eiligen Zeit.<br />

Unsere Advents lieder werden zu<br />

Klage liedern über <strong>die</strong> Belastung, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong>se Zeit angeblich bringt. Gleich -<br />

zeitig haben gerade <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong><br />

krank, traurig, einsam sind, das<br />

Gefühl Weihnachten ist nicht für sie.<br />

Wie anders klingt da Marias<br />

Weih nachtslied: »Meine Seele erhebt<br />

den Herrn <strong>und</strong> mein Geist freut sich<br />

Gottes, meines Heilandes …« <strong>und</strong> sie<br />

preist Gottes Barmherzigkeit <strong>und</strong><br />

Güte, mit der er für Recht <strong>und</strong><br />

Gerechtigkeit sorgt! Warum wirkt<br />

<strong>die</strong>ses Weihnachtslied so anders als<br />

unseres? Kann es sein, dass Maria um<br />

ihre Bedürftigkeit als Mensch weiß?<br />

Dass sie ein Gefühl dafür hat, wo es<br />

neben dem Mate riellen im Leben<br />

mangeln kann? Wo wir traurig sind,<br />

uns schuldig fühlen, uns schuldig<br />

machen, oft so anders leben, als wir es<br />

für richtig halten? Und ganz sicher<br />

weiß sie von der Sehnsucht des<br />

Lebens nach Heil <strong>und</strong> Heilung!<br />

Marias Weihnachtsfreude ist ge -<br />

prägt von dem Wissen, dass Gott<br />

Mensch wird. In Gestalt eines schutzlosen<br />

Kindes kommt Gott zu uns. Da<br />

wird schon deutlich, dass unser Gott<br />

ein Gott der Liebe ist, weil er als<br />

menschgewordener Gott weiß, wie<br />

verletzlich wir Menschen <strong>und</strong> wie<br />

sehr wir auf liebevolle An nahme <strong>und</strong><br />

Vergebung für ein heilsames Leben<br />

angewiesen sind. Weit draußen, in<br />

einem Stall, abseits vom Lichterglanz<br />

<strong>und</strong> Trubel, abseits von der<br />

Gesellschaft kommt er damit zu uns.<br />

Vielleicht sollten wir neben der<br />

Weihnachtsstube unseren inneren<br />

Raum mit <strong>die</strong>sem<br />

Glauben<br />

schmü cken,<br />

damit wir er -<br />

füllt Weihnachten<br />

feiern können<br />

<strong>und</strong> nicht<br />

nur be packt.<br />

Grit de Boer<br />

n Die Autorin ist Pfarrerin im<br />

Diakonischen Werk Bonn <strong>und</strong> Region<br />

Argumente<br />

Die drei evangelischen<br />

Kir -<br />

chenkreise in<br />

Bonn <strong>und</strong> der<br />

Region haben<br />

gemeinsam<br />

mit der Dia -<br />

konie in <strong>die</strong>ser<br />

Form b<strong>und</strong>esweit<br />

einmalig<br />

eine Argumen -<br />

tations- <strong>und</strong> Informations broschüre<br />

<strong>zum</strong> Verhältnis Staat <strong>und</strong> Kirche sowie<br />

<strong>zur</strong> Rolle der Kirchen in der Gesellschaft<br />

herausgegeben. Unter dem Titel »Die<br />

Kirche <strong>und</strong> das liebe Geld« stellt sie<br />

Fakten <strong>und</strong> Zahlen zusammen. »Wir<br />

möchten viele Fragen beantworten,<br />

Vorurteile widerlegen <strong>und</strong> Entschei -<br />

dungsträ gern wie interessierten Men -<br />

schen Argumente an <strong>die</strong> Hand geben«,<br />

erklären <strong>die</strong> Superintendenten der<br />

Kirchenkreise Eckart Wüster (Bonn), Dr.<br />

Eberhard Kenntner (Bad Godesberg-<br />

Voreifel) <strong>und</strong> Reinhard Bartha (An Sieg<br />

<strong>und</strong> Rhein) sowie Diakonie-<br />

Geschäftsführer Ulrich Hamacher. Die<br />

Broschüre liegt in allen Kirchen aus <strong>und</strong><br />

kann kostenlos bei den Kirchenkreisen<br />

<strong>und</strong> der Diakonie bezogen werden. ger<br />

Unterwegs mit zwei PS<br />

Bernd Mäueler mit dem Planwagen durch Frankreich<br />

Reisen verändert. Die Bibel erzählt<br />

an vielen Stellen von Aufbrüchen:<br />

von Abraham, von Mose <strong>und</strong><br />

demVolk Israel, Jesus auf seinen<br />

Wanderungen. Der Bonner Bernd<br />

Mäueler, langjähriger Pres byter an<br />

der Lutherkirche in der Südstadt,<br />

hat sich mit einem Planwagen auf<br />

den Weg gemacht, <strong>die</strong> Welt neu<br />

erlebt <strong>und</strong> auch durchaus geistlich<br />

erfahren, was Ge meinschaft bedeutet.<br />

So ein wenig wie Maria <strong>und</strong><br />

Josef, <strong>die</strong> ja damals gen Bethlehem<br />

sogar nur mit einem PS gereist<br />

sind, also einem Esel-PS. Uta<br />

Linnert hat Bernd Mäueler mit seinen<br />

zwei PS ein Stück begleitet.<br />

Fünf Monate haben Melody <strong>und</strong><br />

Fiona ihren Kutscher übers Land<br />

gezogen. Bis zu 30 Kilometer am Tag,<br />

einmal durch Frankreich <strong>und</strong> <strong>zur</strong>ück.<br />

Dabei waren <strong>die</strong> beiden zehn <strong>und</strong> acht<br />

Jahre alten Norikerstuten zunächst<br />

keine Freun dinnen. An den gemeinsamen<br />

Dienst im Geschirr mussten sie<br />

sich erst gewöhnen. Auch Bernd<br />

Mäueler brauch te für <strong>die</strong> Arbeit mit<br />

den Pfer den Geduld <strong>und</strong> musste<br />

Erfahrung sammeln. Es dauerte seine<br />

Zeit, bis das Vertrauen auf allen Seiten<br />

wuchs <strong>und</strong> aus dem Gespann ein<br />

Team wurde.<br />

»Ich habe mir mit der Planwagen -<br />

fahrt einen Traum erfüllt«, sagt der<br />

Bonner Agraringenieur. Seit seiner<br />

frühesten Jugend auf dem Bauernhof<br />

der Großeltern verfolgt ihn <strong>die</strong> Idee.<br />

Als das Ende seiner Berufstätigkeit<br />

abzusehen ist, fasst er den Entschluss.<br />

Er kauft sich zwei Kaltblüter. Es sind<br />

Noriker, eine Rasse, <strong>die</strong> als besonders<br />

kräftig, ausdauernd <strong>und</strong> trittsicher<br />

gilt. Um <strong>die</strong> Stuten besser kennenzulernen,<br />

lässt er sich zwei Jahre Zeit,<br />

pachtet Land vor der Stadt, trainiert<br />

<strong>die</strong> Pferde <strong>und</strong> übt das Ausfahren –<br />

zuerst mit einer kleinen Kutsche.<br />

Am 1. Mai 2012, dem ersten Tag<br />

seiner Pensionszeit, fährt der 64-<br />

Jährige direkt von der heimischen<br />

Weide im Rheinland los, immer nach<br />

Westen, Richtung Frankreich. »Ich<br />

suchte <strong>die</strong> Herausforderung, einmal<br />

ohne meine große Familie in <strong>die</strong> Welt<br />

aufzubrechen <strong>und</strong> mich fremden<br />

Menschen auszusetzen«, sagt der ehemalige<br />

Landwirtschaftslehrer. Beson -<br />

ders freut er sich auf <strong>die</strong> Erfahrung<br />

mit den Tieren <strong>und</strong> das Leben in der<br />

Natur. Seine Tour wird ihn über <strong>die</strong><br />

Berge von Eifel <strong>und</strong> Ardennen führen,<br />

durch <strong>die</strong> Champagne bis in <strong>die</strong><br />

Norman<strong>die</strong> <strong>und</strong> ostwärts durch<br />

Burg<strong>und</strong>, Lothringen, <strong>die</strong> Vogesen,<br />

das Elsass <strong>und</strong> den Pfälzer Wald<br />

<strong>zur</strong>ück an den Rhein, insgesamt 2500<br />

Kilometer weit.<br />

Die guten Ratschläge, dass man für<br />

<strong>die</strong> Be<strong>die</strong>nung seines Gespannes<br />

eigentlich vier Hände brauchte, ignoriert<br />

er. Er will es allein schaffen. »Es<br />

war nicht immer leicht, besonders am<br />

Anfang nicht. Ich musste <strong>die</strong> Tiere<br />

manchmal eingespannt stehen lassen<br />

<strong>und</strong> darauf vertrauen, dass sie nicht<br />

durchgehen«, sagt er. Auch im Agrar -<br />

land Frankreich haben in den Dörfern<br />

viele Bars geschlossen, gibt es oft keine<br />

Boulangerie mehr <strong>und</strong> keinen Metz -<br />

ger, so wie früher. Zum Einkaufen<br />

muss er nicht selten Supermärkte<br />

ansteuern <strong>und</strong> <strong>die</strong> Pferde mit festgestellter<br />

Wagenbremse auf dem<br />

Autoparkplatz abstellen. »Zum Glück<br />

konnte ich mich auf meine beiden<br />

Mädchen immer verlassen«, sagt<br />

Mäueler, »sie haben mich in keine einzige<br />

gefährliche Situation gebracht.«<br />

Keine Zeit für Einsamkeit<br />

Trotzdem berichtet er von der An -<br />

spannung unterwegs, <strong>die</strong> Tiere im<br />

Griff zu behalten, den Weg zu finden,<br />

wenn das GPS mal wieder in <strong>die</strong> Irre<br />

führte. »Eine Karte kann ich während<br />

der Fahrt nicht lesen, weil ich auf dem<br />

Kutschbock immer <strong>die</strong> Leinen <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Peitsche in der Hand haben muss.« Er<br />

kommt durch quirlige Ortsfeste mit<br />

herumspringenden Gästen <strong>und</strong> lauter<br />

Musik, gerät auf mehrspurige Straßen<br />

mit Lastwagenverkehr, muss steil<br />

bergauf fahren, über schmale Brücken<br />

<strong>und</strong> einmal mit einer vollgestopften<br />

Autofähre über <strong>die</strong> Seine übersetzen.<br />

»Das kann man zuhause nicht üben,<br />

da brauche ich das volle Vertrauen<br />

meiner Pferde. Sie haben sich auf<br />

mich verlassen <strong>und</strong> mich mit ihrer<br />

Kraft bereitwillig durch dick <strong>und</strong><br />

dünn gezogen«, sagt Mäueler stolz.<br />

Und <strong>die</strong> große Einsamkeit, vor der<br />

seine Fre<strong>und</strong>e ihn gewarnt hatten? Sie<br />

packte ihn nicht. »Ich war viel zu<br />

Alleine unterwegs – <strong>und</strong> doch viele bewegende Begegnungen:<br />

Bernd Mäueler auf seinem Planwagen<br />

Seine beiden treuen Pferde im Griff: Bernd Mäueler<br />

beschäftigt. Mein Tagesablauf war<br />

absolut ausgefüllt: Pferde füttern,<br />

tränken, anspannen, ausspannen,<br />

Weide platz sichern. Alle zehn Tage<br />

müssen <strong>die</strong> Pferde <strong>zum</strong> Schmied, <strong>die</strong><br />

Hufe neu beschlagen lassen.« Einen<br />

Platz für <strong>die</strong> Nacht zu finden, sei nie<br />

ein Problem gewesen. »Meistens<br />

haben mich <strong>die</strong> Menschen unterwegs<br />

von der Straße geholt, mir angeboten,<br />

bei ihnen zu rasten, mir eine Weide<br />

für <strong>die</strong> Pferde gezeigt, mich <strong>zum</strong> Essen<br />

eingeladen.« In den Orten, durch <strong>die</strong><br />

sie fahren, sind Melody, Fiona <strong>und</strong><br />

Bernd eine Attraktion. Die Leute<br />

bedrängen ihn mit Fragen, wollen<br />

wissen, woher er kommt, was er noch<br />

vorhat. »Mir sind so viele Menschen<br />

begegnet, <strong>die</strong> begeis tert waren, fröhlich,<br />

gastfre<strong>und</strong>lich, äußerst hilfsbereit.<br />

Alle Begegnungen waren offener,<br />

als ich es erwartet hatte. Das war eine<br />

der schönsten Erfah rungen.«<br />

Fre<strong>und</strong>liche Helfer überall<br />

Übernachtet hat Mäueler auf dem<br />

Planwagen. Den hat er sich von<br />

einem Schlosser in Süddeutschland<br />

nach eigenen Vorstellungen bauen<br />

lassen. Es ist ein Stromgenerator an<br />

Bord für <strong>die</strong> Beleuchtung des<br />

Gespanns, für den Laptop <strong>und</strong> das<br />

Mobiltelefon. Unterm Wagen hängt<br />

ein Wassertank für <strong>die</strong> Pferde, zwei<br />

Säcke mit Kraftfutter haben Platz<br />

<strong>und</strong> es gibt Stauraum für Werkzeug,<br />

Proviant <strong>und</strong> sein persönliches<br />

Gepäck.<br />

Durch <strong>die</strong> vielen Gespräche mit<br />

der Bevölkerung wird sein Fran -<br />

zösisch besser. Das braucht er auch. Es<br />

passieren keine Katastrophen, aber es<br />

gibt Hindernisse. »Einmal lag ein<br />

Baum stamm quer über dem Weg, da<br />

ging es dann nicht mehr weiter.«<br />

Mäueler muss <strong>die</strong> Pferde <strong>zur</strong>ücklassen,<br />

denn an Wenden ist mit dem Ge -<br />

spann auf dem engen, abschüssigen<br />

Waldweg nicht zu denken. Er muss im<br />

20 Kilometer entfernten Ort Hilfe<br />

holen, einen Autofahrer auf der nahen<br />

Straße anhalten, der ihn hinbringt,<br />

dort jemanden finden, der eine<br />

Motorsäge besitzt <strong>und</strong> mit ihm zu -<br />

rück fährt, um den Weg frei zu<br />

machen. »Die große Erfahrung meiner<br />

Tour ist, dass es überall Helfer gibt. Die<br />

Franzosen waren einfach nett.«<br />

Im Oktober ist das Gespann nach<br />

Bonn <strong>zur</strong>ückgekehrt. Die Tiere sind<br />

durchtrainiert <strong>und</strong> um 150 Kilo leichter.<br />

Bernd Mäueler hat sein Lebens -<br />

projekt abgearbeitet. Mit der Kutsche<br />

ist er seitdem nicht mehr gefahren.<br />

»Es kam der Winter <strong>und</strong> es gab anderes<br />

zu tun«, sagt er. Gerade bricht der<br />

promovierte Agrarwissen schaftler als<br />

Senior Expert nach Togo auf. Er soll<br />

dort Landwirte beraten. Auch am Golf<br />

von Guinea sprechen <strong>die</strong> Menschen<br />

französisch.<br />

Uta Linnert<br />

Fotos: Sepp Spiegel

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