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Die Kinderschutzfachkraft - Isa

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Christine Gerber - NZFH/DJI Gelsenkirchen, 29.11.2013<br />

Vielfalt im Kinderschutz<br />

7. Jahrestagung für Kinderschutzfachkräfte<br />

29.11.2013<br />

<strong>Die</strong> <strong>Kinderschutzfachkraft</strong> -<br />

mehr als eine Unterstützerin bei der<br />

Risikoeinschätzung!<br />

Christine Gerber<br />

Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH)/<br />

Deutsches Jugendinstitut (DJI)<br />

Überblick<br />

(1) Der Begriff Kinderschutz gestern und heute<br />

(2) Beratung bei der Risikoeinschätzung als Beitrag zur<br />

Rollen- und Auftragsklärung – am Beispiel der Frühen Hilfen<br />

(3) <strong>Die</strong> Arbeitsschritte des §4KKG/§8a SGB VIII und die sich<br />

daraus für die Fachberatung ergebenden Fragestellungen<br />

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Christine Gerber - NZFH/DJI Gelsenkirchen, 29.11.2013<br />

(1) Der Begriff Kinderschutz ‚gestern und heute‘<br />

Gestern:<br />

■ Intervenierend: beginnt mit (dem Verdacht) einer<br />

Kindeswohlgefährdung<br />

■ In erster Linie Aufgabe des Jugendamtes &<br />

Familiengerichts<br />

Heute:<br />

■ 1.10.2005 (KICK): §8a SGB VIII Einrichtungen & <strong>Die</strong>nste<br />

der Kinder- und Jugendhilfe<br />

■ Primär- sekundär- & tertiärpräventiv (z.B. Frühe Hilfen)<br />

■ 1.1.2012 (BKiSchG): §4KKG Weitere Berufsgruppen<br />

(Ärzte, Lehrer, SuchtberaterInnen, etc.)<br />

In der Konsequenz:<br />

■ Diskussion, Unsicherheiten & Ambivalenz bzgl. Zielen und<br />

(verdeckter) Aufträgen „wir schützen Kinder, zuständig für<br />

den Kinderschutz bleibt aber das Jugendamt“;<br />

■ Wahrnehmung proaktiver Hilfeangeboten durch die<br />

Familien<br />

■ Rolle- & Auftragskonfusion der Fachkräfte<br />

■ Neue – anspruchsvolle! - Aufgaben für Fachkräfte freier<br />

Träger & anderer Berufsgruppen, die mit Familien arbeiten<br />

■ Riskante „Schnittstellen“<br />

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Christine Gerber - NZFH/DJI Gelsenkirchen, 29.11.2013<br />

(2) Beratung bei der Risikoeinschätzung als Beitrag zur<br />

Rollen- und Auftragsklärung – am Beispiel der<br />

Frühen Hilfen<br />

Adressaten:<br />

belastete Familien mit Kindern von 0-3 Jahren<br />

Ziel (im Sinne des Kinderschutzes):<br />

niedrigschwelliges Angebot für belastete Familien, um<br />

frühzeitig Hilfe zu vermitteln und das Entstehen von<br />

Gefährdung zu verhindern<br />

Prinzip:<br />

Freiwilligkeit der Inanspruchnahme, trotz nachhaltigen<br />

Werbens können Eltern Hilfe ablehnen<br />

Je erfolgreicher das Angebot umso höher „das Risiko“, dass<br />

die Fachkräfte mit stark belastete Familien und gefährdeten<br />

Kindern konfrontiert werden und sich die Frage stellt:<br />

Belastungen?<br />

Gewichtige Anhaltspunkte (vgl. § 8a SGB VIII, §4KKG)?<br />

Kindeswohlgefährdung (vgl. §1666BGB)?<br />

Jeweils veränderte Rolle/Auftrag<br />

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Christine Gerber - NZFH/DJI Gelsenkirchen, 29.11.2013<br />

Rollen und Aufgaben im Kinderschutz<br />

Einschätzung zum aktuellen<br />

Zeitpunkt: Belastung/<br />

“nichtgesicherte Erziehung…”<br />

Auftrag:<br />

•Problembewußtsein der Eltern stärken & ggf.<br />

nachhaltig zur Zusammenarbeit motivieren<br />

•Beratung & Unterstützung der Eltern<br />

•Vermittlung von Leistungen<br />

Charakteristika:<br />

•in letzter Konsequenz entscheiden die<br />

Eltern, ob sie den Kontakt halten und Hilfe<br />

annehmen oder nicht<br />

•Eine Verpflichtung, Hilfe in Anspruch zu<br />

nehmen, gibt es nicht<br />

•es besteht keine Möglichkeit<br />

Zwangsmaßnahmen durchzusetzen, da die<br />

rechtlichen Voraussetzungen (§ 1666 BGB, §<br />

8a Abs. 3 SGB VIII) nicht erfüllt sind.<br />

Einschätzung zum aktuellen<br />

Zeitpunkt:<br />

gewichtige Anhaltspunkte für eine<br />

Kindeswohlgefährdung/ Kiwogef<br />

Auftrag:<br />

•Abklärung und Bewertung eines Verdachtes<br />

•Beseitigung der Gefährdung durch Stärkung,<br />

Förderung & Beratung der Eltern, durch die<br />

Vermittlung von Hilfen (Hilfe vor Eingriff)<br />

•Überprüfung ob durch die eingeleiteten<br />

Maßnahmen/Hilfen das Kindeswohl gesichert<br />

werden konnte.<br />

•Hinzuziehung des Jugendamtes<br />

•Anrufung des Familiengerichtes<br />

•Einleitung akuter Schutzmaßnahmen<br />

(Inobhutanhme)<br />

Charakteristika:<br />

•die Jugendhilfe ist verpflichtet Kontakt zur Familie<br />

zu halten und unter Berücksichtigung des Prinzips<br />

der Verhältnismäßigkeit die geeigneten und<br />

notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Kinder<br />

einzuleiten. (Verbindlichkeit herstellen)<br />

Fachkräfteperspektive (Jugendamt; freie Träger,<br />

Frühe Hilfen, sonst. Berufsgruppen):<br />

Ich kann, ich darf, ich sollte vs. Ich bin verpflichtet<br />

(z.B. nachhaltig um die<br />

(z.B. gewichtigen<br />

Inanspruchnahme von Hilfe<br />

Anhaltspunkten<br />

werben)<br />

nachgehen)<br />

Elternperspektive:<br />

Entscheidungsfreiheit vs. eingeschränkte<br />

Entscheidungsfreiheit;<br />

Freiwilligkeit<br />

Zwang<br />

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Christine Gerber - NZFH/DJI Gelsenkirchen, 29.11.2013<br />

Als Folge von Unsicherheiten in der Risikoeinschätzung<br />

kann beobachtet werden:<br />

■Unsicherheiten/Ambivalenzen führen - in der Hoffnung auf<br />

mehr (Handlungs-)sicherheit - zu ‚dubiosen‘ Kategorien, wie<br />

z.B. „latente Gefährdung“ oder „Graubereich“<br />

■häufig ambivalente Signale zwischen Angebot und<br />

‚Auflage‘/Drohung ggü. den Eltern<br />

■<strong>Die</strong> Suche nach einer zuständigen Stelle, die die<br />

Entscheidung trifft (und die Verantwortung übernimmt) – z.B.<br />

die <strong>Kinderschutzfachkraft</strong><br />

Als Folge von Unsicherheiten in der Risikoeinschätzung<br />

kann beobachtet werden:<br />

■Der zunehmende Wunsch nach Absicherung der eigenen<br />

Person („mit einem Bein im Gefängnis“) kann zu einer<br />

‚überstürzten‘ Konfrontation der Eltern und Abgabe des Falls<br />

an das Jugendamt führen<br />

Unsicherheiten aushalten; mit Ambivalenzen umgehen<br />

können; Spannungsverhältnis zwischen Beziehung zu den<br />

Eltern und den Bedürfnissen des Kindes halten<br />

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Christine Gerber - NZFH/DJI Gelsenkirchen, 29.11.2013<br />

Fazit für die Arbeit der Fachberatung im Kinderschutz:<br />

■Verständnis für die Bedeutung der Risikoeinschätzung für<br />

Rolle & Aufträge der Fachkräfte<br />

■Beratung im Umgang mit Unsicherheiten und<br />

Ambivalenzen<br />

- Supervisorischer Charakter –<br />

■Der Forderung nach (Handlungs-)Sicherheit & eindeutigen,<br />

gutachterlichen Aussagen widerstehen.<br />

(3) <strong>Die</strong> Arbeitsschritte des §4KKG/8a SGB VIII und die<br />

sich daraus für die Fachberatung ergebenden<br />

Fragestellungen<br />

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Christine Gerber - NZFH/DJI Gelsenkirchen, 29.11.2013<br />

Mehrstufiges Verfahren, §§4 KKG, 8a Abs. 2 SGB VIII<br />

•„Meine Klientinnen und Klienten könnten auch<br />

Eltern sein…“<br />

•„Welche gewichtigen Anhaltspunkte könnte ich in<br />

meinem Arbeitskontext wahrnehmen?“<br />

•„Woran erkenne ich…, wie kann ich wahrnehmen?“<br />

Wahrnehmung gewichtiger<br />

Anhaltspunkte für eine<br />

Kindeswohlgefährdung<br />

Entwicklung von Haltungen, Aneignung von Wissen<br />

und Kompetenzen<br />

… statt Kataloge und Listen!<br />

Fachberatung – im Unterschied zur Fallberatung!<br />

Mehrstufiges Verfahren, §§4 KKG, 8a Abs. 2 SGB VIII<br />

•Wie spreche ich die Sorge um das Kind<br />

gegenüber den Eltern an? Wie erörtere ich<br />

„gewichtige Anhaltspunkte“ mit einem Kind<br />

oder Jugendlichen?<br />

Erörterung mit dem Kind<br />

Jugendlichen & Eltern<br />

•Wie schaffe & gestalte ich die<br />

Rahmenbedingungen für ein solches<br />

Gespräch?<br />

Wahrnehmung gewichtiger<br />

Anhaltspunkte für eine<br />

Kindeswohlgefährdung<br />

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Christine Gerber - NZFH/DJI Gelsenkirchen, 29.11.2013<br />

Mehrstufiges Verfahren, §§4 KKG, 8a Abs. 2 SGB VIII<br />

Wahrnehmung gewichtiger<br />

Anhaltspunkte für eine<br />

Kindeswohlgefährdung<br />

Auf die<br />

Inanspruchnahme von<br />

Hilfe hinwirken<br />

Erörterung mit dem Kind<br />

Jugendlichen & Eltern<br />

•Über welche eigenen<br />

Hilfemöglichkeiten, die Gefährdung<br />

abzuwenden, verfüge ich?<br />

•Welche Hilfen gibt es? Wie sind die<br />

Zugänge? (Vernetzung!)<br />

•Auf Hilfen hinwirken impliziert auch<br />

die Kontrolle, ob die Hilfe geeignet<br />

und ausreichend war: Gestaltung<br />

des Vermittlungsprozesses,<br />

Rückmeldung; Federführung…<br />

•Herstellung von Verbindlichkeit<br />

•Persönliche Grenzen kennen und<br />

offen legen!<br />

Mehrstufiges Verfahren, §§4 KKG, 8a Abs. 2 SGB VIII<br />

Hinweis ggü. den<br />

Betroffenen, dass das<br />

Jugendamt hinzu<br />

-gezogen wird<br />

•Königsweg: Einwilligung<br />

•Vielleicht gegen den Willen,<br />

aber nicht ohne Wissen<br />

der Betroffenen!<br />

Auf die<br />

Inanspruchnahme von<br />

Hilfe hinwirken<br />

Erörterung mit dem Kind<br />

Jugendlichen & Eltern<br />

Wahrnehmung gewichtiger<br />

Anhaltspunkte für eine<br />

Kindeswohlgefährdung<br />

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Christine Gerber - NZFH/DJI Gelsenkirchen, 29.11.2013<br />

Mehrstufiges Verfahren, §§4 KKG, 8a Abs. 2 SGB VIII<br />

Hinzuziehung Information des des<br />

Jugendamtes<br />

Wahrnehmung gewichtiger<br />

Anhaltspunkte für eine<br />

Kindeswohlgefährdung<br />

Auf die<br />

Inanspruchnahme von<br />

Hilfe hinwirken<br />

Erörterung mit dem Kind<br />

Jugendlichen & Eltern<br />

Hinweis ggü. den<br />

Betroffenen, dass das<br />

Jugendamt hinzu<br />

-gezogen wird<br />

•<strong>Die</strong> Weitergabe einer<br />

Information schützt noch kein<br />

Kind!<br />

•Statt Abgabe der<br />

Verantwortung geht es um die<br />

Schaffung der Grundlage für<br />

die Zusammenarbeit zwischen<br />

Eltern/Jugendamt (Kontakt<br />

herstellen)<br />

•Gestaltung des Übergangs<br />

von zentraler Bedeutung!<br />

Qualifizierte Hinzuziehung!<br />

Mehrstufiges Verfahren, §§4 KKG, 8a Abs. 2 SGB VIII<br />

Information des<br />

Jugendamtes<br />

Hinweis ggü. den<br />

Betroffenen, dass das<br />

Jugendamt hinzu<br />

-gezogen wird<br />

Ein intelligentes<br />

und sehr<br />

anspruchsvolles Verfahren!<br />

Auf die<br />

Inanspruchnahme von<br />

Hilfe hinwirken<br />

Erörterung mit dem Kinder<br />

Jugendlichen & Eltern<br />

Wahrnehmung gewichtige<br />

Anhaltspunkte für eine<br />

Kindeswohlgefährdung<br />

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Christine Gerber - NZFH/DJI Gelsenkirchen, 29.11.2013<br />

Mehrstufiges Verfahren, §§4 KKG, 8a Abs. 2 SGB VIII<br />

Hinzuziehung des<br />

Jugendamtes<br />

Hinweis ggü. den<br />

Betroffenen, dass das<br />

Jugendamt hinzu<br />

-gezogen wird<br />

Auf die<br />

Inanspruchnahme von<br />

Hilfe hinwirken<br />

Erörterung mit dem Kind<br />

Jugendlichen & Eltern<br />

Wahrnehmung gewichtiger<br />

Anhaltspunkte für eine<br />

Kindeswohlgefährdung<br />

Erhöhter Bedarf (nicht zwingend<br />

Nachfrage) an Qualifizierung &<br />

Fach- sowie Fallberatung<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!<br />

10

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