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Masterthesis - Gerda Tobler

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<strong>Masterthesis</strong> im Mai 2011<br />

Verwandle<br />

Deine Sehnsucht<br />

in Arbeit<br />

Über künstlerisches Agieren in gesellschaftlicher Notwendung<br />

<strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong> Mentoren (Theorie/Praxis):<br />

Matrikel-Nr. 09-537-697<br />

Stud. Master of Arts in Public Spheres Dr. Armin Chodzinski, Hamburg<br />

Kunst & Design, HSLU Manfred Seiler, Hamburg<br />

1


Inhalt<br />

Kurzfassung (abstract)....................................................................2<br />

1. Interview mit Sofie Honig – eine Art Einleitung..............................3<br />

2. Sofie Honigs Arbeit....................................................................8<br />

2.1. Tätigkeiten der Sofie Honig................................................9<br />

3. Sofie Honig – eine Spurensuche.................................................11<br />

3.1. Wie die Figur mich fand...................................................12<br />

3.2. Honig............................................................................12<br />

3.3. Sofie, Sophie und Sophia.................................................14<br />

3.4. Sofie Honig – eine vorläufige Charakterisierung...................21<br />

4. Sofie Honig als Werkzeug im öffentlichen Raum...........................22<br />

4.1. Ein Tätigkeitsbericht........................................................22<br />

4.2. Die Gespräche................................................................25<br />

4.3. Sofie Honig im FabLab.....................................................26<br />

5. Rollenspiele und Erkenntnisprozesse...........................................28<br />

5.1. Das Rollenspiel und das Selbst..........................................29<br />

5.2. Sofie Honig Goes Rich.....................................................33<br />

5.3. Von der Gabe.................................................................35<br />

5.4. Vom Gelingen und vom Scheitern......................................36<br />

6. Einsichten und Ausblicke..........................................................38<br />

7. Anhänge.................................................................................42<br />

7.1. Beispiele MEMOs............................................................42<br />

7.2. Das 68-Milliarden-Ding.....................................................46<br />

7.3. Stiftung Kulturimpuls Schweiz (Auszug).............................50<br />

8. Literaturverzeichnis/Quellenangaben...........................................51<br />

9. Dank ....................................................................................55<br />

1


Kurzfassung (abstract)<br />

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit künstlerischen Handlungsmöglichkeiten zu<br />

den tiefgreifenden sozialpolitischen Problematiken ‚Existenzangst’ und ‚Arbeitsethik’.<br />

Im Kontext der aktuell laufenden Diskussion zur Errichtung eines bedingungslosen,<br />

existenzsichernden Grundeinkommens wird folgende Frage untersucht:<br />

Wie würden sich Wahl, Motivation, Wohlbefinden und Qualität der Arbeitsleistung<br />

individuell ändern, wenn diese nicht mehr unter dem Diktat der Existenzsicherung<br />

erbracht würde<br />

Die theoretische Ausleuchtung des Themas ist knapp gehalten. Im Vordergrund<br />

steht die Entwicklung einer spezifischen, interview-artigen Aktionsform, die gleichzeitig<br />

und gleichwertig auf verschiedenen Ebenen wirksam sein will: Individueller<br />

Dienst am Mitmenschen (Wunsch-Formulierungs-Herausforderung, Stärkung durch<br />

Ästhetisierung), Forschung (überindividuelle Muster, intermodale Kommunikation),<br />

politische Bewusstseinsbildung (Relativierung von Denkzwängen). Und wird damit<br />

zur sozialen Plastik: bewusste Gestaltung eines ort-zeitlichen Mikrokosmos in sozialer<br />

und ästhetischer Dimension.<br />

Zur Erleichterung der ‚absoluten Fokusierung auf den Gast’, die diese Aktionsform<br />

erfordert, nimmt die Künstlerin Abstand zu sich selbst und nutzt die Figur der Sofie<br />

Honig als Rollenidentität. Über diesen - zugefallenen - Namen kam das Projekt zu der<br />

intuitiv-poetischen Dimension und Beflügelung, die für inspiriertes Schaffen letztlich<br />

unerlässlich ist. So lotet die Autorin (durch die Studiumsanforderungen zu rationaler<br />

Hinterfragung angehalten) sowohl die ‚Sofie’ - in Anlehnung an die ‚Sophia’ - wie<br />

den ‚Honig’ recht gründlich auf ihren archetypischen Gehalt aus – nutzt aber ihre<br />

Kunstfigur handkehrum auch wieder als Dialog-Partnerin, um sich selber Mut zu<br />

machen zu kleinen Schritten in der immensen Arena, die sie sich als Handlungsort<br />

ausgesucht hat.<br />

oder kürzer und emotionaler:<br />

„Die Manifestation des Kapitalismus in unserem Leben ist die Traurigkeit“ - fasst die Gruppe<br />

‚Ja, Panik’ in greller Poesie Entfremdung und Mangeldenken zusammen. Dem hält<br />

Sofie Honig – die be-Geisterte, die aus der Fülle schöpft – Frithjof Bergmanns<br />

“Verwandle deine Sehnsucht in Arbeit“ entgegen. Und gliedert den Weg dahin – frei<br />

nach Ludwig Hohl – in erste, überblickbare Schritte. In einer Serie von Interviews<br />

mit Menschen quer durch alle Schichten erweckt sie im verbindlichen, dokumentierten<br />

Gespräch jene Träume wieder, die Leben und Arbeit als Einheit sehen - jenseits<br />

von entfremdeter Lohnarbeit und der auf fiktivem Mangel geschürten Existenzangst<br />

Das so zu tun, dass sich individuell neue Perspektiven eröffnen und kollektiv etwas<br />

davon sichtbar wird – nämlich der Grad der Freiheits-Mündigkeit der Mitmenschen –<br />

das ist <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong>s Kunst. Als Bodenbereitung der politisch-willentlichen Abschaffung<br />

von Existenzangst. Z.B. über das bedingungslose Grundeinkommen für alle. Als<br />

Voraussetzung für Khalil Gibrans höhere Vision: „Arbeit ist sichtbar gemachte Liebe“.<br />

(für <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong> zusammengefasst von Martin Flüeler, 12. Mai 2011)<br />

2


1. Interview mit Sofie Honig<br />

eine Art Einleitung<br />

F: Ihr Kunstprojekt trägt den Titel: VERWANDLE DEINE SEHNSUCHT IN ARBEIT. Welche<br />

Sehnsucht meinen Sie Und welche Arbeit<br />

SH: Wir haben bekanntlich viele Sehnsüchte, auch solch kommune wie ‚einfachmal-am-Strand-<br />

liegen’. Diese Seele-baumeln-lassen-Sehnsüchte sind hier aber nicht<br />

gemeint. Sondern jene, die einen Tatendrang beinhalten.<br />

Einige Menschen können ihre Träume auch heutzutage noch in Arbeit verwandeln,<br />

und nicht selten werden sie damit sogar berühmt. Jene, die damit nicht berühmt<br />

werden, sind ebenfalls zufrieden oder sogar glücklich. Ihre Arbeit wird geschätzt,<br />

und es will ja auch nicht jeder berühmt werden.<br />

Die meisten Menschen, sagen wir 90 %, arbeiten fremdbestimmt - sofern sie überhaupt<br />

eine Stelle haben - und fügen sich in die vorgegebenen Profile. Viele von<br />

ihnen hätten zwar eine Sehnsucht, haben jedoch eine falsche Arbeit.<br />

Was meinen Sie mit ‚falscher Arbeit’<br />

Ein Ingenieur und Familienvater träumt von der Erforschung und Entwicklung eines<br />

grossen Flugzeugs auf Solarantriebsbasis, das eine völlig neuartige Kultur im Fernflugverkehr<br />

zur Folge hätte. Statt dessen jobt er in einer Softwarebude und leidet<br />

unter Stress, Depressionen und Kopfschmerzen.<br />

Oder eine arbeitslose, alleinerziehende KV-Angestellte: sie würde am liebsten als<br />

Biobäuerin arbeiten, vorzugsweise in einem Kollektiv. Statt dessen muss sie stempeln,<br />

die erstbesten Jobs in ihrem Sektor annehmen und sich weiterhin allein durchstrampeln.<br />

Sie arbeitet viel und bringt sich und ihre zwei Kinder trotzdem kaum über<br />

die Runden. Eine typische Working-poor mit falscher Arbeit.<br />

Was hindert diese 90% hauptsächlich daran, ihre Träume zu verwirklichen<br />

Vor allem Existenzängste, fehlende Zeit, fehlender Mut, fehlende Ausbildung, fehlendes<br />

Geld. Oft auch das Gefühl, keine Wahl zu haben, weil mit dieser Arbeit die<br />

Familie ‚ernährt’ werden muss. Oder der uralte, meistens unbewusste Glaube, Arbeit<br />

müsse ein Opfer sein. Einen Brotjob zu haben, ist ausserdem immer noch besser,<br />

als keinen Job zu haben. Das ist verständlich, aber eben auch falsch! Lohnarbeit<br />

ist grösstenteils eine moderne Form von Teilzeit-Versklavung, selbst wenn sie<br />

hierzulande für manche Karriere, Wohlstand, relative Sicherheit und Statusgewinn<br />

bedeutet. Doch die Sicherheit ist trügerisch. Erwerbslosigkeit und die damit verbundene<br />

Gefahr, zu verarmen oder gar sozial randständig zu werden, können inzwischen<br />

fast jeden von uns treffen.<br />

Malen Sie da nicht zu schwarz<br />

Nein. Zusammen mit Frithjof Bergmann bin ich der Überzeugung, dass sich Lohnarbeit<br />

in den meisten Fällen wie eine lebenslange, bestenfalls milde Krankheit auswirkt:<br />

‚Noch durchhalten bis zum Wochenende, ... bis zu den Ferien, ... bis zur<br />

neuen Stelle’, ... bis zur Pensionierung’. Das hören wir doch so oft! Fremdbestimmte,<br />

lohnabhängige oder sinnentleerte Arbeit kann den Menschen aber noch<br />

3


viel tiefgreifender schädigen: durch Selbstentfremdung und –Ausbeutung entstehen<br />

psychische und physische Verkrüppelungen und Krankheiten aller Art. Die Zahl der<br />

Arbeitsplätze wird weiter sinken, parallel dazu wird die Zahl der Working-poor<br />

wachsen. Unter solchen Umständen fragen sich natürlich nur die Wenigsten, was<br />

oder woran oder wofür sie wirklich wirklich gerne arbeiten möchten. Die Sehnsüchte<br />

verlagern sich auf’s Seele-baumeln-lassen. Und aufs Konsumieren. Neinsagen<br />

zu einer Arbeit, die einem nicht entspricht, können sich nur die wenigsten<br />

leisten.<br />

Sehen Sie eine Möglichkeit, wie das verändert werden könnte<br />

Als Erstes müssen die Menschen vom ökonomischen Druck, von der existenziellen<br />

Abhängigkeit von einer Lohnarbeit befreit werden. Eine solche Befreiung wird in der<br />

Vision eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle angestrebt. Das heisst,<br />

jeder Mensch erhält es, allein schon auf Grund seines Daseins. Es ist existenzsichernd<br />

und wird ohne Bedürftigkeitsprüfung ausgezahlt. Der Zwang zu einer ungeliebten,<br />

sinnlosen oder gar schädlichen Arbeit fällt weg. Nein-sagen wird möglich.<br />

Das Müssen wird ersetzt durch das Können und Wollen.<br />

Besteht da nicht die Gefahr, dass niemand mehr arbeitet<br />

Einige vielleicht, das ist doch auch jetzt schon so. Nichts Nützliches machen für die<br />

Gemeinschaft – zum Beispiel eben Herumhängen - ist aber immer noch besser als<br />

etwas Schädliches machen – zum Beispiel Waffen produzieren, Tiere massenschlachten<br />

oder mit Geldern spekulieren. Aber ich bin überzeugt, dass der grösste<br />

Teil der Menschen sich tätig und sinnvoll verwirklichen möchte. Die Befürchtung,<br />

dass dann aber eben leider die anderen nichts mehr tun würden, ist jedoch weit<br />

verbreitet. Da fehlt noch das Zutrauen in die anderen. Das ist ein Prozess, der noch<br />

stattfinden muss. Aber er wird stattfinden.<br />

Dennoch wird es immer weniger Arbeit geben.<br />

Das stimmt nur insofern, als standardisierbare Arbeiten zunehmend von Maschinen<br />

erledigt werden. Aber jene Arbeit, die nur von Menschen gemacht werden kann,<br />

geht uns nicht aus. Zum Beispiel in Familie und Pflege, in Gesundheit, in den Künsten,<br />

Kultur und Bildung, in nachhaltiger Landwirtschaft und qualitätsreichem Handwerk,<br />

in der Forschung, in der Persönlichkeitsentwicklung und überhaupt im sorgfältigen<br />

Umgang bei allen Tätigkeiten. Aber viele dieser Arbeiten können heute nicht<br />

oder nur unzureichend finanziert werden. Gleichzeitig verursacht unser komplex<br />

strukturiertes Sozialwesen hohe Kosten und sät Misstrauen. - Der Begriff ‚Arbeit’<br />

muss ganz neu definiert und verstanden werden.<br />

Können Sie das noch etwas näher erläutern<br />

Wirkliche Arbeit ist nie nur für einen selbst, sondern immer auch für andere. Das ist<br />

nicht nur eine Folge der Arbeitsteilung; das hat auch damit zu tun, dass wir grundlegend<br />

voneinander abhängig und miteinander verbunden sind, auf vielen Ebenen.<br />

Wir sind schon längst keine Selbstversorger mehr, auch wenn wir uns immer noch<br />

so verhalten. Wir glauben noch immer, für uns selbst zu arbeiten. Aber stellen Sie<br />

sich nur schon mal vor, Sie müssten alles selber herstellen, was sich in Ihrem<br />

Kleider- oder Kühlschrank befindet! Von Ihrer Alltags-Elektronik und anderen nützlichen<br />

Gerätschaften gar nicht zu sprechen. Darin steckt so unermesslich viel Arbeit<br />

und Können und wertvolles Wissen von anderen Menschen und langen Traditionen.<br />

4


Ausserdem wird manche Arbeit nicht sofort sichtbar, zum Beispiel in Forschung,<br />

Künsten oder Spitzensport. Hier trägt der ‚Sockel der Unsichtbaren’ die Spitze der<br />

Pyramide. Und in diesem Licht kann übrigens auch viel der sogenannten ‚Drecksarbeit’<br />

neu definiert und bewertet werden, denn gerade sie ist zum Teil unerlässliche<br />

und kostbare Arbeit für andere.<br />

Ist die Finanzierung eines Grundeinkommens für alle denn überhaupt möglich<br />

Im Grunde ist es bereits finanziert! Nur ist es heute in diverse Abgaben und soziale<br />

Versicherungen verpackt. Und eben nicht bedingungslos. Das Problem ist nicht das<br />

Geld; Geld ist 100%ig menschengemacht. Das Problem ist unser Glaube, es gebe<br />

nicht genug. Die Fiktion vom Mangel sitzt tief in unseren Köpfen, obwohl wir in<br />

einer unheilbringenden Flut von überflüssigen Waren zu ertrinken drohen. Natürliche<br />

Ressourcen sind begrenzt. Obwohl... die Erde ist ja so unglaublich fruchtbar und<br />

könnte mühelos uns alle ernähren, wenn wir mit der Natur und nicht gegen sie arbeiteten.<br />

Wissen, Kreativität und Könnerschaft sind hingegen unerschöpfliche<br />

Ressourcen. Das wahre Kapital ist unser schöpferisches Potenzial, ist unsere Arbeit!<br />

Und nicht das Geld. Geld arbeitet nie! Es geht nun darum, dies zu erkennen. Nur so<br />

können wir die Fiktion vom Mangel überwinden.<br />

Was meinen Sie mit ‚Fiktion vom Mangel’ Tatsächlich gibt es ja immer mehr Armut und Not. Und<br />

niemand hat mehr Zeit.<br />

Da haben Sie natürlich recht. Aber das ist nur eine Frage der Verteilung. Von mächtigen<br />

Männern - und vereinzelt auch Frauen - in der Politik-, Wirtschafts- und Medienwelt<br />

wird uns täglich neu eingehämmert: „There is no alternative!“. Also: noch<br />

mehr sparen, noch mehr optimieren und produzieren, noch mehr beschleunigen,<br />

noch mehr Menschen, Tiere und Erde ausbeuten. Aber wenn wir mal ganz genau<br />

hinschauen, müssen wir doch eigentlich feststellen, dass alles Sparen und Optimieren<br />

nichts bringt. Ganze Staaten gehen bankrott. Die Gelder für Sozialleistungen,<br />

Gesundheit, Kultur und Bildung werden immer weniger, dafür private Banken ‚gerettet’,<br />

mit öffentlichen Geldern. Derweil die Wirtschaft wächst und die Reichen<br />

reicher werden. „There are thousands of alternatives!” ist die einzig richtige Antwort<br />

darauf. Eine dieser Alternativen ist das bedingungslose Grundeinkommen für alle.<br />

Ein neues Denken aus der Fülle ist angesagt: Es reicht für alle! Das Geld kommt hier<br />

endlich als Ermöglichung in Spiel, was seine eigentliche Bestimmung ist.<br />

Und wie wollen Sie das als – entschuldigen Sie - kleine und unbekannte Sofie Honig wirksam in<br />

die Welt bringen<br />

Kein Problem. Ich bin mir bewusst, dass ich ‚die Welt’ nicht alleine verändern kann.<br />

Wenn überhaupt. Ich verstehe mich jedoch als Teil von etwas viel Grösserem. Das<br />

sind wir sowieso alle, einfach mehr oder weniger bewusst. - Rund um die Sache des<br />

Grundeinkommens und einer Neudefinition von Arbeit kommt jetzt ganz konkret<br />

auch auf politischer Ebene viel in Gang. Meine Arbeit ist lediglich ein Beitrag dazu.<br />

Aber ich bewege mich damit nicht auf der politischen Bühne, sondern auf der Ebene<br />

des Bewusstseins.<br />

Wie kann man sich das vorstellen<br />

Ich spreche mit Menschen, zum Beispiel in Sozialzentren, in Kiosken, in gesellschaftlichen<br />

Randzonen, und, ja, durchaus auch mal am Strand. Ich frage nach den<br />

Auswirkungen, die eine Befreiung von Existenzängsten für sie hätte. Ich lade sie ein,<br />

5


ihre Wünsche und Träume zu sichten, ihren Sinn zu suchen, ihre Sehnsucht zu formulieren,<br />

für die sie wirklich wirklich arbeiten wollten. Ich frage, was Reichsein,<br />

reiches Sein, für sie bedeutet.<br />

Darüber Nachdenken und vor allem darüber Sprechen ist bereits eine Form von Erkennen<br />

und Handeln. Probehandeln. Das ist der erste Schritt. Veränderung kommt<br />

‚von unten’, von uns. ‚Von oben’ ist da nicht viel zu erwarten. Herausfinden, was<br />

mann oder frau selbstbestimmt und existenzangstbefreit wirklich arbeiten will, ist<br />

von grosser Bedeutung. Und eine Frage, die Zeit braucht, weil sie alle Ebenen unseres<br />

Seins durchdringt.<br />

Und was hat das mit Kunst zu tun<br />

Es entstehen neue Bilder, von uns selbst, von der Gesellschaft, von der Welt, von<br />

einer möglichen Zukunft. Es entsteht eine grosse soziale Plastik. Daran gestalten ich<br />

und wir alle mit. Mich selbst sehe ich dabei als Werkzeug, als Vermittlerin, auch als<br />

eine Art Poetin, die innere Wahrheiten nach aussen bringt und sichtbar macht. Dies<br />

trägt zu einem öffentlichen Diskurs und Bewusstseins- Prozess bei, der zum Ziel<br />

hat, dass sich die Gesellschaft, die Wirtschaft, das Leben des Individuums endlich in<br />

eine entspannte, menschliche und fröhliche Richtung entwickeln können.<br />

Kunst ist ja schon lange nicht mehr nur das, was in den Museen hängt oder auf dem<br />

Markt verhandelt wird. Kunst hat mit dem Leben zu tun – genau wie die Arbeit. Mit<br />

erfülltem Leben. Mit dem schöpferischen und freien Menschen. Das ist die Vision.<br />

Und das ist meine Sehnsucht, die ich in Arbeit verwandle.<br />

Klingt eigentlich wie ein Schlusswort, nicht wahr<br />

6


erste Postkarte von Sofie Honig an <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong><br />

7


2. Sofie Honigs Arbeit<br />

Was das Höchste ist<br />

Ich muss mich keinen Moment besinnen. Die richtige Arbeit.<br />

Das Erkennen<br />

Die richtige Arbeit IST das Erkennen.<br />

Die höchste Erkenntnis<br />

Die grösste Zahl von richtigen Arbeiten IST die höchste Erkenntnis.<br />

Ludwig Hohl, 1944 A<br />

Vor einigen Jahren stiess ich mit meiner Malerei an eine Art innere Grenzen. Ich<br />

empfand sie als nicht mehr relevant für die drängenden Fragen unserer Zeit. Dort,<br />

wo es relevant wird, geht es um Geld-, Wirtschafts- und Arbeits-Systeme, um Politik<br />

und Öffentlichkeit. Themen, die ich lange Jahre links liegen gelassen habe. Erst<br />

in Joseph Beuys’ erweitertem Kunstbegriff als gesellschaftsverändernder Praxis<br />

konnte ich mich nach langer Suche wieder finden.<br />

Mein Ansinnen ist es nun, mittels Kunst und Kommunikation tief in unsere Köpfe<br />

eingeübte Denkmuster und von aussen ‚gegebene’ Dogmen in Frage zu stellen. Für<br />

den Gewinn von mehr innerer Freiheit, die dann vielleicht im Äusseren und im Grossen<br />

wirksam wird. Denn im Verwirklichungsprozess sind Denken, Sprechen und<br />

Kommunizieren bereits erste Realitäten.<br />

„Verwandle deine Sehnsucht in Arbeit“ 1 , lautet mein gegenwärtiges Projekt. Sofie<br />

Honig ist dabei meine Kunstfigur und mein Werkzeug.<br />

Meine schriftlichen Reflexionen basieren auf Grundannahmen, wie sie im Kulturimpuls<br />

für ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) formuliert werden. Darin ist<br />

die Neudefinition von Arbeit von zentraler Bedeutung. Ebenso reflektiere ich eine<br />

Kontextualisierung meiner neuen Rolle im Feld performativer und aktionistischer<br />

Kunst. Und da dies alles auch viel mit Geist und Bewusstsein zu tun hat, erkunde<br />

ich ausserdem die mythologischen Bedeutungen des Namens.<br />

2.1. Tätigkeiten der Sofie Honig<br />

Sofie Honig führt Gespräche. Folgende drei Fragen sind dabei ihr Leitfaden:<br />

„Was verändert sich in Ihrem Leben, wenn für Ihr Grundeinkommen gesorgt ist“<br />

„Was oder woran oder wofür möchten Sie wirklich wirklich 2 arbeiten“<br />

„Was macht Sie reich“<br />

A<br />

Hohl 1981, S. 33<br />

1<br />

Dies ist einer der Kernslogans aus Frithjof Bergmanns Plädoyer für Neue Arbeit. Er geht davon aus, dass die meisten Menschen unter einer<br />

‚Armut der Begierde’ leiden und darum nicht tun resp. arbeiten, was sie wirklich und wahrhaftig aus tiefstem Herzen und mit aller Hingabe<br />

wollen und können. Bergmann 2004, S. 134 ff.<br />

2<br />

Diese Wort-Verdoppelung ist eine Wortschöpfung Bergmanns. Sie steht für die ureigene Sehnsucht mit Tatendrang (s. Fussnote 1 ).<br />

8


Rex-Aktion, Herbst 2010<br />

Meine Tätigkeit besteht aus 7 Schritten:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Ich gehe auf die Person zu und mache mein Gesprächsangebot.<br />

Ich erläutere bei Gesprächsbeginn meinen Identitätswechsel.<br />

Mein Gegenüber und die drei Fragen stehen nun ganz im Zentrum.<br />

Ich zeichne das Gespräch wenn möglich auf und mache Handnotizen für das<br />

Kurzprotokoll, genannt MEMO 3 .<br />

Mein Gegenüber hat (das kommt neu hinzu) die Gelegenheit, mit eigenen Händen<br />

eine einfache und spontane Kleinskulptur anzufertigen.<br />

Wir überreichen uns unsere GABEN...<br />

und schliessen ab, indem wir nochmals kurz gemeinsam Revue passieren.<br />

Vor Gesprächsbeginn führe ich also meine Kunstfigur Sofie Honig ein als jene, die<br />

aus der Fülle schöpft und die für mein ‚Alter Ego’ resp. für eine ‚höhere Vision meiner<br />

selbst’ steht. Ich mache damit einerseits klar, dass mir als <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong> die Sorgen<br />

und Nöte des Lebens und die Grenzen des Alltags und meiner Person nicht<br />

fremd sind. Andererseits kann ich so meine Gegenüber dazu einladen, es mir versuchsweise<br />

‚gleich’ zu tun und über ihre Alltagsidentität hinauszuwachsen. Meine<br />

Rollentransparenz erachte ich als für beide Beteiligten hilfreich, um leicht(er)füssiger<br />

in unser spielerisches und dennoch ernst zu nehmendes Gespräch einzusteigen.<br />

Durch Sprechen wird hör- und sichtbar, was bisher vielleicht nur gedacht oder geträumt<br />

wurde. Dies zu kommunizieren, schafft eine erste Ebene von Wirklichkeit.<br />

Gesprochene Worte haben mehr Verbindlichkeit als Gedanken (ausser, diese werden<br />

sehr klar und sehr oft und über eine lange Zeit immer wieder gedacht). Sprechen<br />

hilft, Unschärfen im eigenen Denken zu erkennen. Oder hinderlichen Glaubenssätzen<br />

wie zum Beispiel ‚Das steht mir doch gar nicht zu’, oder ‚Das kann ich nicht’ etwas<br />

3<br />

s. Beispiele auf S.24 und S. 27, sowie im Anhang<br />

9


mehr auf die Spur zu kommen. Und um die eigenen Wünsche klarer zu erkennen.<br />

Sprechen ist eine erste Form von Probehandeln.<br />

Jedes MEMO versehe ich mit einer individuellen, zur Person und zum Gespräch mir<br />

passend erscheinenden Skizze. Dieses überreiche ich als kleines, originales Künstlergeschenk.<br />

Die (Gegen-)GABE meines Gegenübers ist natürlich freiwillig. Während der Zeit<br />

meiner ‚MEMOrisierung’ besteht jedenfalls in meiner nächsten Aktion die Möglichkeit,<br />

eine spontane Kleinplastik aus erhitztem ‚Polymorph’ zu formen. Polymorph<br />

ist eine wachsähnliche Kunststoffmasse, die während fünf Minuten mit blossen<br />

Händen bearbeitbar ist. Die Hände bleiben dabei sauber. Das eigenhändige Formen<br />

setzt, als wahrscheinlich ungewohnter und überraschender Akt, ein symbolisches<br />

Zeichen für neue Möglichkeiten. Die GABE symbolisiert ausserdem jenen Reichtum,<br />

die jeder Mensch sein ganzes Leben lang in sich trägt: sein Vermögen, etwas zu<br />

erschaffen und etwas von sich zu geben. Selbst, wenn er ‚nichts (mehr) hat’.<br />

Das Zusammenspiel von Sprechen, Text, Bild und Form macht das Ereignis unserer<br />

Begegnung ganzheitlicher und nachhaltiger.<br />

Objekt und MEMO (in Fotokopie) werden in die wachsende Präsentation vor Ort<br />

integriert, später dann auch auf Sofie Honigs Webseite (alles in anonymisierter<br />

Form). Das Öffentlichmachen ist ein wesentlicher Bestandteil meiner Arbeit.<br />

10


3. Sofie Honig - eine Spurensuche<br />

Das menschliche Arbeiten, das weltverändernde Wirken, vollzieht sich in drei<br />

Stufen:<br />

1. Die grosse Idee.<br />

2. Die (der grossen Idee entsprechenden) Einzelvorstellungen [...]<br />

3. Die (den Einzelvorstellungen entsprechenden) Einzelausführungen.<br />

Kurz gesagt: Die grosse Idee, die kleinen Ideen, die kleinen Taten. [...]<br />

Diese drei Stufen sollen das Ganze des menschlichen Handelns bilden<br />

Sie bilden das Ganze, sind alles.<br />

Wo bleibt dann die grosse Tat Folgt dann die grosse Tat etwa von selber<br />

Nein. Sie ist schon geschehen.<br />

Ludwig Hohl, 1944 B<br />

Zuerst war da nur der Name, dann folgte die Figur. Sie ist ein veritabler Zufall, den<br />

ich spontan und intuitiv ergriffen habe. Ich mime sie, obwohl sie keine von mir Getrennte<br />

ist, denn sie ist sowohl Ich als auch Nicht-Ich. In der Stille ist sie mein unerschrockenes<br />

Du. In der Begegnung mit Menschen ist sie ein erklärtes Sinnbild für<br />

meine eigene Sehnsucht nach einer grösseren, weiteren Vision ‚der Welt’, der Arbeit,<br />

der Kunst, meiner selbst. Mit dieser Transparenz lade ich meine Gegenüber<br />

dazu ein, abgesteckte Grenzen im Denken zu überwinden und längst abgeschriebene<br />

oder neu keimende Träume und Sehnsüchte mit Tatenpotenzial sichtbar werden zu<br />

lassen. Sofie Honig ist ein Kunstgriff, der beiden dienen will.<br />

Wandlung von <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong> ... ... zu Sofie Honig<br />

Die äusserlichen Unterschiede sind diskret: <strong>Gerda</strong> T. trägt oft Hosen, sitzt kaum je<br />

‚normal’ auf einem Stuhl, Sofie H. trägt immer einen gelben Jupe und ein<br />

Ohrgehänge mit Stern. Top und Strümpfe variieren saisonbedingt. Sie sitzt unauffälliger,<br />

wirkt vielleicht insgesamt etwas ‚weiblicher’, damenhafter – ein bisschen<br />

mehr ‚comme il faut’ – nicht gerade aufregend, dafür ohne Irritationen.<br />

B<br />

Hohl 1981, S. 23/24<br />

11


3.1. Wie die Figur mich fand<br />

An einem grauen Wintertag im Januar 2010 besuchte ich zusammen mit meinem<br />

Praxis-Mentor Manfred Seiler das mit ihm befreundete Künstlerpaar Constanze und<br />

Norbert Illig 4 in Worms (DE). Wir sprachen intensiv über meine ‚68 Milliarden-Initiative’<br />

5 . Mit dem ersten Entwurf bewarb ich mich für das Masterstudium ‚Arts in<br />

Public Spheres’. Eine künstlerische Initiierung desselben hatte ich zu jenem Zeitpunkt<br />

noch immer fest im Sinn. Während einer gemeinsamen Köpfe-Verlüftungs-<br />

Pause auf dem alten jüdischen Friedhof begegneten wir uns:<br />

Sofie Honig, seit bald 90 Jahren namentlich in Stein gemeisselt (1845 – 1924), und<br />

ich, klamm vor Kälte und in Anbetracht meines grossen Vorhabens ziemlich verzagt.<br />

„Was für ein schöner Name! So hiesse ich für’s Leben gerne!“ rief ich spontan.<br />

„Dann nenn dich doch so für dein Projekt!“ rieten mir darauf die Illigs. Das leuchtete<br />

mir sofort ein. Ich vergass die Kälte und war begeistert. Sofie Honig würde mir als<br />

Schutzschild dienen für die Meisterung meines 68Giga-Projektes. Obwohl ich noch<br />

keine Ahnung hatte, wie. ‚So tun als ob’ und damit ein Stück über mich selber hinaus<br />

wachsen - diesen Spielraum versprach sie mir.<br />

Vom Namen unmittelbar bezaubert, hatte ich bald einmal grosse Lust, mehr darüber<br />

zu erfahren. Zumal eine gängige Redensart lautet: nomen est omen. ‚Sofie Honig’<br />

als Zeichen Programm Oder gar mein Wesen Die Recherchen führten mich an<br />

reiche Töpfe und in teilweise unbekanntes Neuland:<br />

3.2. Honig<br />

„Wer ist näher beim Honig als ein Imker“, dachte ich, und wurde dort dann auch<br />

schnell fündig. Der deutsche Imker Werner Förster 6 hat aus verschiedenen Kulturen<br />

Wissenswertes rund um Honig zusammen getragen. Er schreibt unter anderem, dass<br />

Honig nicht nur Urnahrung ist, sondern in allen Überlieferungen des Orients und<br />

Okzidents ein Sinnbild für Reichtum und Gerechtigkeit sowie ein Symbol der Erkenntnis,<br />

des Wissens und der Weisheit war.<br />

Im Gelobten Land respektive im Paradies fliessen Milch und Honig in Strömen, so<br />

verspricht es uns das alte Testament. Das über 3000 Jahre alte Buch der Psalmen<br />

(griechisch Lobgesang) erwähnt Honig als Synonym für Das Wort, das in<br />

„[...]meinem Munde süßer (ist) denn Honig.“ 7 Die Kelten brauten aus Honig Met, ihr<br />

Getränk für die Unsterblichkeit; und auch im griechischen Olymp war Honigwein der<br />

Trank der Götter. Vielleicht sind diese beiden ‚Fakten’ so zu verstehen, wie bereits<br />

viel früher in den vedischen Lehren 7 , der Basis der indischen, weltältesten<br />

Philosophietradition, ausgeführt wird: ‚Amrita’ (Sanskrit) heisst dort der süsse Trank<br />

der Unsterblichkeit. Er wird in unserer Hypophyse produziert und strömt im<br />

4<br />

Auch ‚die Illigs’ befassen sich in ihrem Kunstschaffen mit den Themen Gesellschaft, Arbeit und Geld. http://www.arbeitsagenten.de/<br />

5<br />

68 Milliarden = der analoge Frankenbetrag der im Jahr 2008 bundesrätlich gesprochenen Summe zur Rettung der privaten Grossbank UBS.<br />

Die im Mai 2009 zusammen mit Martin Flüeler formulierte ‚68er-Initiative’ war ein erster Versuch, auf jenen absolut undemokratisch<br />

gefällten Entscheid eine schöpferische Antwort zu finden. Zitat aus unserer Einführung: „[...] Wir müssen uns lösen von der absurden Idee<br />

des Mangels inmitten einer weltweiten Absatz- und Überflusskrise. Wir setzen auf die Fülle (geistig und materiell), um nun auch das von der<br />

UBS hinterlassene Problem anzugehen. Frischgeld soll unter den Menschen in Umlauf gebracht werden, statt in neuen Spekulationsblasen zu<br />

verpuffen. [...])“ Das Arbeitspapier befindet sich im Anhang.<br />

6<br />

Förster, Werner: Herr der Bienen- Bienen und Honig in der Mythologie. http://werner-foerster.de/seiten/f_werner1.htm. online 25.2.11<br />

7<br />

Biblos.comm 2004 – 2011, Psalm 119/103. Lutherbibel 1912 http://bibeltext.com/psalms/119-103.htm, online 11.4.11.<br />

7<br />

Vedische Schriften (zB BhagavadGita, Upanischaden, YogaSutras) bilden im allgemeinen die ‚Theroie’ jeder ernsthaften yogischen Praxis.<br />

12


Augenblick der Selbsterkenntnis, hier gemeint als Vereinigung des individuellen mit<br />

dem überindividuellen Selbst, als unbeschreiblich köstliche Süsse durch die menschliche<br />

Kehle. Das Paradies liegt also in uns. - Vielleicht ist dies mit ein Grund,<br />

weshalb „[...]Honig auch in der modernen Psychoanalyse das ‚Über-Ich' symbolisiert, als<br />

letzte Stufe der Arbeit an sich selbst.“ 9<br />

Ausserdem ist Honig von alters her in allen Kulturen für seine heilende Wirkkraft<br />

bekannt und er wird heute in der Medizin wieder neu entdeckt.<br />

„Da immer weniger neue Antibiotika entwickelt werden und die Resistenz gegen<br />

die ‚alten’ Antibiotika rasant zunimmt, kommt es jetzt im modernen Wundmanagement<br />

zu einer beeindruckenden Renaissance: das älteste Süssungsmittel<br />

der Welt wird wieder verstärkt zur Wundheilung eingesetzt. Besondere Bedeutung<br />

hat medizinischer, enzymreicher Honig bei schlecht heilenden und eitrigen<br />

Wunden.“ 10<br />

Honig ist gesund, das ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass Honig gut ist für unser<br />

Gehirn. Er regt die Bildung der hormonähnlichen Substanz Serotonin an, was unser<br />

Wohlbefinden und die Fähigkeit zu Konzentration 11 merklich steigert.<br />

3.2.1 Honig und Kunst<br />

Das Geheimnis der Bienen und des Honigs wurde von Rudolf Steiner (1861–1925)<br />

auf alchimistische und gleichzeitig moderne Weise erforscht 12 Joseph Beuys (1921–<br />

86) setzte sich mit Steiners Anthroposophie intensiv auseinander. Dies kommt auch<br />

in seiner Installation ‚Honigpumpe am Arbeitsplatz’, die er 1977 erstmals für die<br />

‚Documenta 6’ aufbaute, sehr deutlich zum Ausdruck:<br />

150 kg Honig zirkulierten ununterbrochen durch ein Adersystem aus transparenten<br />

Kunststoff-Schläuchen durch Untergeschoss, Treppenhaus und Obergeschoss des<br />

Museums Fridericianum. Im lichtdurchfluteten Obergeschoss wurde täglich diskutiert.<br />

Joseph Beuys sprach mit den BesucherInnen über seinen Erweiterten Kunstbegriff<br />

und die Soziale Plastik 13 und die Direkte Demokratie. Er verglich dabei das<br />

Modell des Bienenstaates mit dem ‚Wärmecharakter der Sozialen Plastik’. - Die Bienen<br />

produzieren Wärme in ihrem Stock und regulieren auch gemeinsam die genau richtige<br />

Nestwärme für die gewünschte Gehirnentwicklung ihrer Brut. 14<br />

9<br />

WUND-Management Tirol, 2011: http://www.wundmanagement-tirol.at/files/honig_petra_lanner_sarah_gunsch_2010.pdf , vom 13.3.11<br />

10<br />

Lanner/Gunsch ebd.<br />

11<br />

TopLife, 2003-11. Wie wirkt Honig auf die Gesundheit http://www.toplife.at/gesundheit/artikel153.html, online 15.4.11<br />

12<br />

Board für Steiner und Grenzwissenschaften, 2001-2009 WoltLab GmbH. Das Geheimnis des Bienenhonigs.<br />

http://www.boards-4you.de/wbb26/64/thread.phpthreadid=23&sid=4b13b090bdf875d7e950b65dcdf3e4e3, online 11.4.11<br />

13<br />

[...]unter der er eine kreative Mitgestaltung an der Gesellschaft durch die Kunst verstand, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Beuys,<br />

11.3.11. online 20.4.11<br />

14<br />

[...] Forscher vom Biozentrum der Uni Würzburg haben herausgefunden, dass [...] der gesamte Bienenstock darüber entscheidet, wie die<br />

zukünftige Arbeitsteilung im Staat aussehen wird. [...] Bienen könnten als Modellsystem dienen, um den Einfluss von Umweltfaktoren auf<br />

das Gehirn zu untersuchen.“ vgl. http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/gesundheit/das-wohltemperierte-revier-die-waerme-imbienenstock/507276.html<br />

vom 15.4.11.<br />

13


14<br />

2. Postkarte von Sofie Honig an <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong>


Die ‚Honigpumpe am Arbeitsplatz’ stand als Metapher für den menschlichen und<br />

den gesellschaftlichen Organismus: Die elektrisch angetriebene Pumpe war das<br />

Herz, der zirkulierende Honig das Blut, dieser ‚besondere Saft’ (so Goethes Faust)<br />

und Träger unserer Lebensenergie.<br />

Beuys’ Installation ist ohne Zweifel auch als Plädoyer zu verstehen für eine neue<br />

Sicht auf Arbeit und Einkommen: alle arbeiten füreinander, analog dem Beispiel der<br />

Bienen. Inspiriert von Steiners Geisteswissenschaften veranschaulichte Beuys damit<br />

auch dessen Überzeugung, dass das<br />

„Heil einer Gesamtheit von zusammenarbeitenden Menschen um so größer ist, je<br />

weniger der einzelne die Erträgnisse seiner Leistungen für sich beansprucht, das<br />

heißt, je mehr er von diesen Erträgnissen an seine Mitarbeiter abgibt, und je<br />

mehr seine eigenen Bedürfnisse nicht aus seinen Leistungen, sondern aus den<br />

Leistungen der anderen befriedigt werden.“ 15<br />

Ich fasse kurz zusammen: Honig ist ein Sinnbild für Reichtum, Gerechtigkeit, Erkenntnis,<br />

Wissen, Weisheit und glücklichem Sein. Honig kann heilen. Honig ist auch<br />

Das Wort. Er steht für die vollendende Arbeit an sich selbst. Und für das Blut, Träger<br />

unserer Lebensenergie. Ausserdem ist er süss, gesund und nährend. Er fördert<br />

unser Wohlbefinden und die Intelligenz.<br />

Kurz: ‚Honig’ entpuppt sich als perfekter Nachname für eine Aktivistin, die sich<br />

vorgenommen hat, aus der Fülle zu schöpfen. Und Sofie<br />

3.3. Sofie, Sophie und Sophia<br />

Sofie<br />

Via Internet habe ich eine Doppelgängerin ausgemacht: Sofie Honig (*1967) aus<br />

Hamburg. Sie ist Journalistin. Mit ihr werde ich vor meiner für Sommer 2011 geplanten<br />

Hamburgreise Kontakt aufnehmen. Eine Begegnung mit ihr könnte spannend<br />

werden.<br />

Sophie<br />

Sophie Hunger (*1983) ist Schweizer Sängerin und Songwriterin. Eigentlich heisst<br />

sie Emilie Jeanne-Sophie Welti. Zu Beginn einer neuen Bekanntschaft wird mein<br />

Name aufgrund der phonetischen Nähe oft mit ihr in Verbindung gebracht. Das war<br />

mir bei meiner Spontanwahl nicht bewusst. Beim Nachdenken fand ich aber doch<br />

noch mehr Verbindung. ‚Hunger’ könnte durchaus am anderen Ende von ‚Honig’<br />

stehen, und ‚Hunger’ könnte auch ‚Sehnsucht’ heissen. Sehnsucht nach Sättigung -<br />

mit Honig. In Sophie Hungers Liedern schwingt die Sehnsucht übrigens immer mit.<br />

Mit der französischen Konzept- und Fotokünstlerin Sophie Calle (*1953) verbindet<br />

mich ausser dem Vornamen auch der Zufall. Zu ihrem Werdegang sagt sie, dass sie<br />

rein zufällig Künstlerin geworden sei. Es zirkulieren allerdings auch andere Versionen<br />

ihrer Biografie. Sophie Calle ist eine raffinierte und faszinierende Meisterin des Mimikri,<br />

der Verschleierung und der Täuschung. Sie schafft Wahrheiten, indem sie diese<br />

fotografisch dokumentiert (oder inszeniert) und mit wahrscheinlichen und unwahrscheinlichen<br />

Geschichten bestückt. Auch rückwirkend. Sie ist gleichzeitig Voyeuse<br />

und Exhibitionistin des Privaten und Intimen - ob ihres eigenen oder jemandes Frem-<br />

15<br />

vgl. Steiner, Rudolf. Geisteswissenschaft und soziale Frage. Drei Aufsätze. Dornach 1989, S. 22 – 23.<br />

15


den -, immer auf Messers Schneide zwischen banalem Klischee und assoziationsreichen<br />

Anspielungen. Und immer wieder stellt sie in ihrem Spiel mit Wahrheiten die<br />

Frage nach der Identität. Sie ist eine virtuose Künstlerin, die mir - wie übrigens auch<br />

der Hannover Kuratorin Inka Schube 16 - eine Art unfassbaren Unbehagens bereitet.<br />

Auf ihr eindrückliches Werk ‚The Blind’ möchte ich nachfolgend etwas näher eingehen.<br />

1986 befragte Sophie Calle 23 blindgeborene Männer, Frauen und Kinder,<br />

was deren Vorstellung von Schönheit sei. Sie porträtierte ihre Gesichter von nahe,<br />

frontal, in schwarzweiss. Unser Blick trifft nun direkt auf blinde Augen, von denen<br />

wir wissen, dass sie nie zurückblicken können. (Das Gefühl, als Betrachterin unausweichlich<br />

zur Mit-Voyeuse zu werden, bewirkt eine grosse Ambivalenz.) Die Kernaussagen<br />

über Schönheit hielt Sophie Calle in kurzen Sätzen als schwarz gerahmte<br />

Textbilder fest. Und sie visualisierte diese Aussagen mit einer oder mehreren farbigen<br />

Reproduktionen von vorgefundenem Bildmaterial, ebenfalls dick und schwarz<br />

gerahmt. 17<br />

Calles Befragung war paradox. Es ist zwar anzunehmen, dass auch Blinde eine eigene<br />

Vorstellung, oder besser: Erfahrung von Schönheit haben. Es verblüfft darum,<br />

dass die meisten Blinden mit Metaphern von Sehenden antworteten. Sie mussten<br />

sich also auf Aussagen von Dritten stützen. Zum Beispiel „Grün ist schön. Immer wenn<br />

mir etwas gefällt, sagt man mir, es sei grün. [...].“ 18 Nur wenige verliessen sich auf ihre<br />

eigensinnliche Erfahrung von Schönheit, die sie zum Beispiel durch Berührung oder<br />

Klang machen. Ein einziger der Befragten verweigerte sich jedoch „[...] der Bilder im<br />

Kopf, da er die Schönheit, von der geredet wird, nicht zu erfassen vermag [...].“ 19<br />

Das Gemeinsame und gleichzeitig Trennende unserer Arbeit fasse ich so zusammen:<br />

Wir beide befragen Menschen und wollen deren Vorstellung von Schönheit – was<br />

aus meiner Perspektive auch ein anderes Wort sein kann für Fülle - sichtbar machen.<br />

Calles Ansatz ist, wie übrigens ihr gesamtes Werk, eine Art Spurensicherung, die<br />

jedoch nicht weiter führt. Und die das auch nicht anstrebt. Sie hält fest, was gerade<br />

‚der Fall’ ist. Nichts führt über die Gegenwart hinaus, nur allenfalls in die Vergangenheit.<br />

Mit meiner Arbeit möchte ich hingegen vom bewusst wahrgenommenen und reflektierten<br />

Jetzt, ausgelöst durch die drei Fragen, in eine mögliche Zukunft führen, die<br />

eine eigene Entwicklung nicht nur beinhaltet, sondern auch anstrebt.<br />

Die amerikanische Malerin Agnes Martin (1912-2004), die sich in ihrem Werk stets<br />

mit Schönheit und Wahrheit auseinandersetzte, begleitet mich seit bald 20 Jahren<br />

mit folgender Aussage, die mich immer wieder inspiriert:<br />

„Wenn ich an Kunst denke, denke ich an Schönheit. Schönheit ist das Geheimnis<br />

des Lebens. Sie liegt nicht im Auge. Sie liegt im Innern. In unserem Innern<br />

gibt es Erkenntnis von Vollkommenheit.“ 20<br />

Bis anhin stellte ich mir immer vor, dass blinde, und umso mehr blindgeborene Menschen<br />

‚von selbst’ mehr nach innen schauen. Vielleicht war diese meine Vorstellung<br />

16<br />

vgl. Schube 2002, S. 19 - 27<br />

17<br />

Schube a.a.O. S. 41 - 87<br />

18<br />

ebd. S. 49<br />

19<br />

ebd. S. 26<br />

20<br />

vgl. Schwarz 1992<br />

16


‚falsch’. Oder vielleicht war Sophie Calles Frage an die Blindgeborenen ‚falsch’. Die<br />

Antwort muss in der Schwebe bleiben – was ihrer Kunst eigentlich sehr entspricht.<br />

Sophia...<br />

.. die grosse Namensschwester von Sofie und Sophie, ist die Bekannteste von allen.<br />

Vorwiegend als ‚die andere Hälfte’ von Philos, Theos und Anthropos. Auch ich<br />

kannte sie bislang vor allem so. Sophia, griechisch für Weisheit, galt als Mutter der<br />

sieben freien Künste Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Musik, Arithmetik, Geometrie<br />

und Astronomie (übrigens allesamt Töchter).<br />

Sophia trat auch als machtvolle weibliche Gottheit oder Archetyp auf, je nach Zeitepoche<br />

und Kultur unter vielen verschiedenen Namen und in verschiedenen Formen<br />

21<br />

Zum lebensfrohen König Salomo (10. Jh. vor Chr.), der ausser seinen 1000 Frauen<br />

die Weisheit über alles liebte, soll sie wie folgt gesprochen haben:<br />

Der Herr hat mich schon gehabt im Anfang seiner Wege, ehe er etwas schuf,<br />

seit Anbeginn. Ich bin eingesetzt von Ewigkeit her, im Anfang, ehe die Erde war.<br />

[...] Da er die Himmel bereitete, war ich daselbst, da er die Tiefe mit seinem Ziel<br />

faßte. [...] da er dem Meer das Ziel setzte und den Wassern, daß sie nicht<br />

überschreiten seinen Befehl, da er den Grund der Erde legte: da war ich der<br />

Werkmeister bei ihm und hatte meine Lust täglich und spielte vor ihm allezeit. 22<br />

Sophia war also von Anfang an dabei. Die englische Autorin und Priesterin Caítlin<br />

Matthews hat weitreichend geforscht und spannt Sophias Bogen von uralten, sowohl<br />

westlichen wie östlichen, philosophischen und mystischen Traditionen bis<br />

hinein in unsere säkularisierte, männlich dominierte Gegenwart.<br />

Nachfolgend ein Auszug aus dem Vorwort ihres Buches SOPHIA – Goddess of<br />

Wisdom 23 :<br />

21<br />

Im hinduistischen und buddhistischen Kulturraum ist sie, um nur die wichtigsten zu nennen, Shakti, Saraswati, Durga, Maya, Radha, Kali,<br />

Maha Devi, Tara, Yin, Kuan Yin; im abendländischen und nahöstlichen Kulturraum ist sie die Jungfrau Maria, die Schwarze Madonna, die<br />

Heilige Geistkraft (Ruach), Gaia, Lilith, Isis, Shekinah. vgl. Matthews 1992.<br />

22<br />

Altes Testament, Sprüche 8, 22 – 30. vgl. Bible Study Tools, 2011, http://www.biblestudytools.com/lut/sprueche/passage.aspx<br />

q=sprueche+8:22-30, online 1.3.11<br />

23<br />

vgl. Matthews 1992, S. 5 – 12.<br />

17


aus dem Vorwort ‘SOPHIA – Goddess of Wisdom’<br />

„[…] Sophia appears in nearly every culture and society. She is clearly distinguished<br />

by unique qualities and symbolic representations: she is the leavening influence of<br />

life. Without Wisdom, life is dull. Without Wisdom’s serendipity, things remain in<br />

pieces. Wisdom connects, enlivens. She plays her game seriously, and her work<br />

playfully, while we mortals work seriously and play playfully. She is a shy Goddess<br />

and a queenly one, she is a protecting Goddess and a hidden one. Sophia is both<br />

silent and veiled, unlike her partner, the Logos, who goes forth speaking openly.<br />

But the silence of Wisdom precedes the speech of the Logos. […]”<br />

„[...] Sophia is the great lost Goddess who has remained intransigently within<br />

orthodox spiritualities. She is veiled, blackened, denigrated and ignored most of the<br />

time: or else she is exalted, hymned and pedestalled as an allegorical abstraction of<br />

female divinity. She is allowed to be a messenger, a mediator, a helper, a<br />

handmaid: she is rarely allowed the privilege of being seen to be in full charge, fully<br />

self-possessed and creativley operative.[…]<br />

Wisdom is neither good or bad, male or female, Christian or Pagan: she is no-one’s<br />

personal possession. The Goddess of Wisdom reaches down to the depths of our<br />

need. Her simple being is so vastly present that we have not noticed it. Indeed, we<br />

haven’t known the depths of our need nor that any assuaging wisdom was near at<br />

hand.<br />

[…] Where is Wisdom to be found asks the Book of Wisdom. This question is the<br />

preoccupation of philosophers and theologians who make it their profession to find<br />

out. But it is also the question of ordinary folk too: ‘How can I best do this What<br />

does this mean’ are typical questions to find the wisest course. Between the one<br />

and other there is a world of difference; it is what divides the theoreticist and the<br />

practitioner. Once we allow Sophia to become an abstraction, we lose touch with<br />

her. Our culture tells us that there is a great deal of difference between Divine and<br />

Earthly Wisdom: that one is to be sought, while the other is to be despised. My<br />

thesis is, that Divine and Earthly Wisdom, though having different appearances,<br />

nevertheless partake of the same essence. Our society has mainly lost sight of<br />

Sophia and attempted to split her into various manageable parcels. Frequently<br />

reduced to God’s secretary who nevertheless still supplies all the efficiency of the<br />

divine office, she is from all time the treasury of creation, the mistress of<br />

compassion.<br />

[…] We have been raised to think of Deity as masculine and therefore a goddess is<br />

a shocking idea. But we do not speak here of a goddess, rather of the Goddess,<br />

and we speak it boldly and with growing confidence, because we find we like the<br />

taste of the idea.<br />

When did we make up this idea some ask. We didn’t invent the Goddess. She was<br />

always there, from the beginning, we tell them. Somehow, humanity left home and<br />

forgot its mother. Perhaps our ancestors took her for granted so much that they<br />

lost touch Well, our generation wants to come back home now and be part of the<br />

family in a more loving way, because the West has still got a lot of growing up to<br />

do and the Goddess has a lot to teach us.<br />

18


What or who is the Goddess then Deity is like colourless light which can be<br />

endlessly refracted through different prisms to create different colours. As the poet<br />

William Blake said: ‘All deities reside in the human breast.’ The images and<br />

metaphors which we use to describe deity often reflect the kind of society and<br />

culture within which we have grown up. After two thousand years of masculine<br />

images, the time of Goddess reclamation has arrived. […]<br />

The re-emergence of the Divine Feminine – the Goddess – in the twentieth century<br />

has begun to break down the conceptual barriers erected by othodox religion and<br />

social conservatism. For the first time in two millennia, the idea of a Goddess as<br />

the central pivot of creation is finding a welcome response. The reasons are not<br />

difficult to seek: our technological world with its pollution and imbalanced ecology<br />

has brought our planet face to face with its own mortality; our insistence on the<br />

transcendence of Deity and the desacralization of the body and the evidence of the<br />

senses threatens to exile us from our planet.<br />

The Goddess appears as a corrective to this world problem on many levels. In past<br />

ages she has been venerated as the World-Soul or spirit of the planet as well as<br />

Mother of the Earth. Her wisdom offers a better quality of life, based on balanced<br />

nurturing of both body and spirit, as well as satisfaction of the psyche. But we live<br />

in a world in which the Goddess does not exist, for a vast majority of people. They<br />

have no concept of a feminine aspect of God as immanent in creation, pervading<br />

and penetrating all things, though found in the book of Wisdom, has almost been<br />

forgotten. The Asian religions with their clear recognition of the feminine aspect of<br />

God and of the power of God, the divine Shakti permeating the universe, may help<br />

us to get a more balanced view of the created process. Today we are beginning to<br />

discover that the earth is a living being, a Mother who nurishes us and of whose<br />

body we are members.<br />

[…] Perhaps the greatest factor in the re-emergence of the Goddess is the<br />

Women’s Movement. Historically, women have been the bearers of children and the<br />

makers of the home: natural roles which have been unfailingly reinforced by the<br />

political and spiritual regimes of the past two millennia. With the advent of better<br />

technology and contraception, women have at last become free to demand equal<br />

status with men, to exercise their creativity and spirituality.<br />

[…] She is distinguishable from many popular forms of the Divine Feminine by the<br />

fact that she is a Black Goddess. She is black because she is primal. Hers is not a<br />

blackness of skin (although she is frequently represented in this way) rather, like<br />

Isis, she keeps her glory veiled. She often takes the appearance of a hag, an aged<br />

widow or a dispossessed woman. Like Kali, she can shock and terrify. But she is<br />

primarily the keeper of earthly and heavenly wisdom and the Guardian of its laws.<br />

At the other end of the archetype, Sophia is gloriously beautiful, ageless, eternal,<br />

mediating, transcendent spirituality.<br />

[…] The greatest strength of Lady Wisdom is that she transcends the dualism that<br />

has bedevilled our Western society since the fading of the prehistoric and Classical<br />

eras when the Goddess was last manifest as a powerful entity of wholeness.[…]”<br />

von Caítlin Matthews<br />

19


Für uns Heutige ist Sophia im Allgemeinen ein Name, oder sie steht abstrakt für<br />

Weisheit, mehr nicht. Hingegen spielt sie in Steiners Geisteswissenschaft eine herausragende<br />

Rolle für Anthropos, den Menschen. Hier ist sie „die grosse Wurzel der<br />

Gesamtheit alles Geschaffenen, d.h. die ganze Schöpfung und nicht bloss alles Geschöpfte. Die<br />

Sophia ist [...] die ideale Person der Welt, ihr formender Grund, [...], die ewige Braut des<br />

Logos. [...]“ 24 Anthropos, der sich durch sein Tun weiter entwickelt und so die Erde<br />

verwandelt, erkennt sich selbst im Spiegel Sophias und findet so zu einem neuen<br />

Gemeinschaftssinn. 25<br />

Die anthroposophische Wirtschaftslehre mit ihrer ‚sozialen Dreigliederung’ 26 bringt ausserdem<br />

zum Ausdruck, dass wirkliche Arbeit eben letztlich immer Arbeit für andere<br />

und niemals nur für sich alleine sei. Und dass „[...]für die Mitmenschen arbeiten und ein<br />

gewisses Einkommen erzielen zwei voneinander ganz getrennte Dinge seien.“ 27 Das erklärt<br />

möglicherweise, weshalb sich auffallend viele Menschen mit anthroposophischem<br />

Hintergrund für ein von Arbeit entkoppeltes Grundeinkommen stark machen. Sophia<br />

sitzt da quasi mitten im ‚Matronatskomitee’. Ich betrachte das eine beglückende<br />

Koinzidenz meiner Namensfindung.<br />

So erstaunt es vielleicht nicht mehr, dass ich Sophia, der mir bislang ebenfalls Unbekannten,<br />

so viel Platz eingeräumt habe. Das ‚weibliche Element’, oder ‚Sophias<br />

Geist’, manifestiert sich offenbar überall dort, wo Menschen heilende, verbindende,<br />

schöpferische und gewaltfreie Strategien und Modelle entwickeln für eine gesellschaftliche<br />

Notwendung.<br />

Zum Abschluss meines Sophia-Exkurses zitiere ich darum die letzten Worten aus<br />

‚Faust II’, Goethes letztem Werk, das mit verblüffender Klarheit die umwälzende<br />

und fatale Entwicklung der modernen Geld- und Marktwirtschaft vorweg nimmt 28 :<br />

Nachdem die ‚seligen Knaben’ berichten, Fausts einst dem Teufel verkaufte Seele sei<br />

nun doch gerettet, spricht der ‚Chorus mysticus’:<br />

„Alles Vergängliche<br />

Ist nur ein Gleichnis;<br />

Das Unzulängliche,<br />

Hier wird's Ereignis;<br />

Das Unbeschreibliche,<br />

Hier ist's getan;<br />

Das Ewig- Weibliche,<br />

Zieht uns hinan.“ 29<br />

Wenn ich Fausts ‚Teufel’ (diabolus) ethymologisch etwas genauer unter die Lupe<br />

nehme, wird sein Spielpartner hochaktuell: ‚dia’, griechisch ‚auseinander, entgegengesetzt’,<br />

und ‚ballein, griechisch ‚werfen, treiben’, ergeben zusammen ‚die<br />

24<br />

Debus 2000, S. 101.<br />

25<br />

Debus a.a.O., S. 184.<br />

26<br />

Darunter wird ein Leitbild für gesellschaftliche Entwicklung verstanden, das in den Jahren 1917–20 von Rudolf Steiner entwickelt wurde.<br />

Es gründet auf „Freiheit im Geistesleben“ / „Geschwisterlichkeit im Wirtschaftsleben“ / „Gleichheit im Rechtsleben“. Interessant ist hier auch<br />

der Ansatz zur Überwindung von Lohnarbeit: „Neben die Umwandlung des alten Eigentumbegriffs hinsichtlich der Produktionsmittel tritt die<br />

Grundüberzeugung, dass Arbeit nicht bezahlbar ist, mithin nicht gekauft werden kann. Der Warencharakter der menschlichen Arbeit ist nach<br />

Ansicht Steiners eine Restform der Sklaverei, deren vollständige Überwindung erst mit der Abschaffung des Lohnprinzips gegeben ist.[...]“ .<br />

vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Dreigliederung, 13.4.2011, online 4.5.11<br />

27<br />

Steiner 1989, S. 22 – 23.<br />

28<br />

vgl. Binswanger 2005.<br />

29<br />

Goethe1832., vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Faust._Der_Trag%C3%B6die_zweiter_Teil, 10.4.11, online 14.4.11<br />

20


Kraft, die auseinandertreibt und spaltet’. Darauf liess sich Dr. Faustus also mit Leib<br />

und Seele ein. Unsere Zeit, unser Denken und Handeln sind, metaphorisch gesprochen,<br />

durchdrungen von solch auseinandertreibenden, teilenden und spaltenden<br />

Kräften. Die Kernspaltungstechnologien können so als ultimativer Ausdruck dieser<br />

Kräfte gelesen werden, deren nicht mehr kontrollierbaren Folgen im Falle von Supergaus<br />

und atomaren Kriegen die Welt an den Rand des Abgrunds treiben.<br />

Ich fasse zusammen: Meine ‚grosse Namensschwester’ Sophia, die Weisheit, das<br />

‚Ewig-Weibliche’, verstehe ich nun als die integrierende, verbindende, emanzipierende,<br />

lebendige, schöpferische und weise Kraft. In uns allen. - Ein besserer Name<br />

hätte mir gar nicht zufallen können.<br />

3.4. Sofie Honig – eine vorläufige Charakterisierung<br />

Der Unterschied zwischen <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong> und Sofie Honig ist, rein äusserlich gesehen,<br />

minim. Von ‚innen’ gesehen ist sie eine grössere Vision meiner Selbst. Weshalb<br />

sie, metaphorisch gesprochen, ‚eine oder zwei Stufen höher steht’ als ich. Das ist<br />

alles. Ihr Äusseres ist schlicht. Sie ist ohne Glamour; mann kann sie leicht übersehen,<br />

zumal sie schon fast 60 ist. Eine reife Frau mit sichtbaren Lebensspuren. Ihr<br />

Inneres ist jedoch heller, weiter, höher, tiefer. Das heisst, sie ist liebevoller, mutiger,<br />

klarer, geduldiger, fröhlicher, radikaler als ich. Mein Alter Ego halt.<br />

Gemeinsamkeiten: Der Hang zu grossen Themen. Die Sehnsucht nach Einfachheit<br />

und die gleichzeitige Anziehung von Komplexitäten (wie auch die vorliegende Arbeit<br />

veranschaulicht). Sie liebt zum Beispiel denselben Mann wie ich (der genial ist, aber<br />

manchmal ziemlich kompliziert). Ausserdem lieben wir Katzen und sowieso alle Tiere,<br />

vom Wurm bis zum Elefanten (die Mücken respektieren wir). Wir praktizieren beide<br />

Yoga von Kopf bis Fuss und tanzen fürs Leben gern. Und tun es dennoch viel zu<br />

wenig.<br />

Der silberne, sternförmige Ohrhänger symbolisiert eine Verbindung zu Sophia.<br />

21


4. Sofie Honig<br />

als Werkzeug im öffentlichen Raum<br />

Es kommt darauf an, das Richtige zu tun; ARBEITEN IST DIE REALISIERUNG DES<br />

ERKENNENS. Aus Erkennen genährt, nährt es das Erkennen. Das Erkennen<br />

nährt sich nicht selber.<br />

Ludwig Hohl, 1944 C<br />

4.1. Ein Tätigkeitsbericht<br />

Kurz vor und hauptsächlich während meines ersten, dreiwöchigen Testlaufs als<br />

Sofie Honig im Sozialinfo REX 30 führte ich insgesamt 38 Gespräche. Davon sind 27<br />

aufgezeichnet. Von allen 38 gibt es ein Kurzprotokoll, das sogenannte MEMO. Mein<br />

Arbeitsplatz befand sich im Warteraum, an desseb offenen Infodesk Sozialarbeiter-<br />

Innen im Turnus Dienst leisteten. Meine Gesprächsecke hob sich vom restlichen<br />

Mobiliar lediglich durch den rot gestrichenen Tisch und die an die Wand gelehnte,<br />

rote Tischlerplatte ab, auf welche die drei Fragen weiss gestempelt waren. An der<br />

von innen beleuchteten, milchgläsernen Trennwand hinter mir hing, lose angeordnet,<br />

eine wachsende Zahl von MEMOs.<br />

Rex-Aktion, Herbst 2010, Gesprächsecke samt Fragen-Tafel und MEMOs<br />

Die meisten Gespräche (mit REX-‚Klienten’ 31 , Ausstellungs-BesucherInnen und vier<br />

Rex-SozialarbeiterInnen) fanden hier statt. Die vom ‚bildhauerischen Aspekt’ her<br />

eher umstrittene (zumindest von Seiten meines praktischen Mentors) Seilbahngondel<br />

C<br />

Hohl 1981, S. 40.<br />

30<br />

Das Sozialinfo REX ist ein niedrigschwelliger Erst-Beratungsdienst des Sozialdienstes Luzern. Vom 20.9. – 8.10.2010 bespielten ein Teil<br />

der MAPS-Studierenden diese Räume. Titel der Ausstellung: ‚reich!’.<br />

31<br />

Menschen in prekären Situationen, die für eine anmeldungsfreie, soziale Erstberatung oder für eine Auskunft ins Rex kamen<br />

22


landete schliesslich mangels Platz im Aussenraum. Sie wurde jeweils in Betrieb<br />

genommen, wenn es im Info-Rex zu umtriebig oder laut war (insgesamt 5x).<br />

Um mit den Rex-‚Klienten’<br />

ins Gespräch zu kommen,<br />

machte ich – von ein paar<br />

wenigen Ausnahmen abgesehen<br />

- jeweils den ersten<br />

Schritt. Ich verliess<br />

mich hier ganz auf meine<br />

Wahrnehmung und Intuition.<br />

Ein Gespräch dauerte<br />

in der Regel zwischen 15<br />

bis 25 Minuten; vier Gespräche<br />

wuden durch ein<br />

offizielles Erst-Beratungsgespräch<br />

mit dem/der SozialarbeiterIn<br />

unterbrochen.<br />

Da diese Erstberatungen<br />

ohne Voranmeldung<br />

möglich sind, war eine zeitliche Koordinierung manchmal schwierig. Nach einem<br />

solchen Unterbruch nochmals das Interview aufzunehmen, erwies sich ebenfalls<br />

als schwierig. Konkret hatte dies zur Folge, dass ich<br />

<br />

<br />

<br />

ein unterbrochenes Interview nicht mehr zu Ende führen konnte (wir wurden bei<br />

Frage 2 unterbrochen),<br />

vier Personen nach dieser Erstberatung sofort gehen mussten, weil sie irgend<br />

etwas zu erledigen hatten. Sie konnten also auch nicht mehr auf ihre fast fertigen<br />

MEMOs warten, kamen aber (mit einer Ausnahme) an einem anderen Tag<br />

wieder vorbei, um diese abzuholen.<br />

In zwei weiteren Fällen (wir hatten noch nicht oder kaum zu reden angefangen)<br />

verschoben wir unser Gespräch auf einen anderen Tag. Was ein guter Entscheid<br />

war.<br />

Die Interviews zeichnete ich auf - sofern genehmigt - und machte dazu Handnotizen,<br />

die ich unmittelbar danach für das Kurzprotokoll (MEMO) verwendete. Diese<br />

MEMOs versuchte ich während jener Zeitspanne zu realisieren, da die Person ihre<br />

Sozialberatung erhielt (ca. 20 Minuten). Was meistens gelang.<br />

Die Idee für die MEMOs tauchte schon in den ersten Anfängen des Projektkonzipierung<br />

auf. Da ein Interview in der Regel ein flüchtiges Ereignis ist, sollte das MEMO<br />

für mehr Nachhaltigkeit sorgen, als eine Art ‚Spurensicherung’ oder ,Knoten im Taschentuch’.<br />

Ausserdem versah ich diese Protokolle mit individuellen Skizzen, was<br />

jedes Blatt in ein kleines ‚Kunstoriginal’ verwandelte. Das MEMO unterstreicht und<br />

unterstützt nicht nur den Handlungs-Vorbereitungs-Charakter für die Sprechenden<br />

durch das Nichtflüchtige von Schrift und Bild. Es ist auch ein Symbol für Entstehung<br />

von Fülle durch Geben. (Mehr dazu unter 5.3 – von der Gabe).<br />

23


24<br />

MEMO Rex-Aktion


4.2. Die Gespräche<br />

Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der Gespräche - als Stimmungsbild:<br />

zu Frage 1: „Was würde sich in Ihrem Leben verändern, wenn für Ihr<br />

Grundeinkommen gesorgt wäre“<br />

Abgesehen von einer Ausnahme hätten sich alle Interviewten unmittelbar entlasteter<br />

gefühlt, auch rückblickend auf ihr ehemaliges Arbeitsleben. Ohne Ausnahme würden<br />

alle ihre Lohnarbeit (so sie denn eine hatten) reduzieren, selbst wenn sie diese gerne<br />

machen. Die neu gewonnene Zeit würden sie wahrnehmen für mehr Müssiggang,<br />

mehr Zeit für sich, für eine Vertiefung anderer Interessen, für mehr Anteilnahme am<br />

Leben anderer Menschen und Lebewesen (das Helfenkönnen wurde sehr oft erwähnt)<br />

und für mehr Freude am Leben und Arbeiten überhaupt. 32<br />

zu Frage 2: „Was oder Woran oder Wofür würden Sie dann wirklich<br />

wirklich arbeiten wollen“ (Weil Sie es gut können oder gerne machen<br />

oder für sinnvoll oder notwendig erachten.)<br />

Etwa zur Hälfte wurde geantwortet, dass es dieselbe Arbeit wäre, einfach weniger<br />

davon, dafür besser ausgeführt. Die andere Hälfte wollte etwas ganz Neues arbeiten,<br />

erlernen oder studieren. Hier wurde auch die Sehnsucht Thema: An etwas mit<br />

viel Herzblut und Leidenschaft arbeiten können; kreative, humanitäre, handwerkliche<br />

oder subsistente und sowieso eine sinnstiftende Arbeit machen. Vor allem von Seiten<br />

der Arbeitslosen war der dringende Wunsch unüberhörbar, wieder gebraucht zu<br />

werden, sich tätig für etwas oder jemand einsetzen zu können und dafür auch Wertschätzung<br />

zu erhalten. 33<br />

zu Frage 3: „Was macht Sie reich“<br />

Von über 2/3 der Befragten wurde an erster Stelle Freiheit und Selbstbestimmtheit<br />

genannt, sowie Grosszügigkeit, etwas von seinen Gaben an ‚die Welt’ weitergeben<br />

zu können. Ausserdem das Gelingen von Arbeiten und Beziehungen, Zufriedenheit,<br />

Verbindung zur Natur und anderen Menschen/Lebewesen, Geborgenheit in der<br />

Familie, die Teilhabe an Bildung, Kultur und Gemeinschaft, die Vermehrung von<br />

Wissen. Manchmal wurde hier sogar der Wert von Erfahrungen wie Nichtgelingen<br />

oder einer (überstandenen) schweren Krise/Krankheit genannt, als Herzöffner für<br />

mehr Mitgefühl, Lebenstiefe. Krisen als Chance für inneres Wachstum. Das Geld<br />

kam - mit einer einzigen und sehr expliziten Ausnahme - erst an letzter Stelle. Einfach<br />

gerne genügend davon haben, damit man sich nicht sorgen muss. Das schon.<br />

Nachklang der Gespräche<br />

Die Begegnungen und Gespräche empfand ich als Bereicherung. In meiner Rolle war<br />

mir von Anfang an wohl; sie entsprach mir, und sie kam gut an. Für alle diese Erfahrungen<br />

war und bin ich sehr dankbar. Einige GesprächspartnerInnen besuchten<br />

mich Tage später nochmals, um sich ein weiteres Mal zu bedanken. - Während meiner<br />

Arbeitszeit im Rex konnte ich mit vier Rex-MitarbeiterInnen ein Interview führen;<br />

zwei von ihnen hatten einen regelmässigen Beratungsturnus am Infodesk, sodass<br />

32<br />

Ich verweise in diesem Zusammenhang gerne auch auf die vielen schriftlichen Statements und gefilmten Interviews auf der Webseite der<br />

Grundeinkommens-Initiative. http://initiative-grundeinkommen.ch/content/stat/<br />

33<br />

sämtliche MEMOs sind auf meiner Webseite gerdatobler.ch oder sofiehonig.ch zu finden<br />

25


wir uns mit der Zeit fast wie Arbeitskolleginnen wahrnahmen. Der Abschied am<br />

Ende der dreiwöchigen Praxis war von gegenseitigem Bedauern begleitet. Wir hätten<br />

noch eine gute Weile so weiter machen können. 34<br />

Die Rex-Kontakte erfuhren dennoch keine Fortsetzung. Da ich nicht in Luzern lebe,<br />

gab es keine zufälligen Wiederbegegnungen. Hingegen sind ein paar der Gespräche,<br />

die ich vorgängig in meiner eigenen Umgebung führte, nachhaltig. Aus mindestens<br />

drei Gesprächen mit mir vorher fremden Menschen hat sich eine Art von loser<br />

Freundschaft entwickelt. Bei einer zufälligen Begegnung finden keine Höflichkeits-<br />

Smalltalks statt. Unsere Gespräche sind wesentlicher. Die drei Fragen wirken nach.<br />

4.3. Sofie Honig im FabLab<br />

Anlässlich der FabLab-Eröffnung 35 vom 24.-26. Februar 2011 trat ich am 26.2. erneut<br />

als Sofie Honig auf. Bei dieser Aktion war ich selber unterwegs, ausgerüstet<br />

mit Notizblock und Aufnahmegerät. Ich mischte mich unter die zahlreichen BesucherInnen<br />

und sprach sie nach Gutdünken an. ‚Verwandle Deine Sehnsucht in Arbeit’<br />

war nun mein formuliertes Test-Leitmotiv (mit dem Grundeinkommen als ‚Hintergrund-Rauschen’).<br />

FabLab, 26.2.2011. Die Arbeits-Wunsch-Tafel wird von Gesprächsteilnehmern beschriftet.<br />

Innerhalb von sechs Stunden ergaben sich sieben interessante Gespräche, diesmal<br />

vor allem mit AkademikerInnen. Sie dauerten 15 – 30 Min. Meine neuen MEMO-<br />

Formulare waren für diesen Anlass etwas kleiner.Ich konnte sie, da skizzenfrei, fast<br />

unmittelbar nach dem Interview überreichen. Für eine aktivere Partizipation der<br />

GesprächspartnerInnen bot ich die Möglichkeit, ein eigenes Résumé auf die grosse<br />

schwarze Tafel in meiner improvisierten Ecke zu schreiben. Vier Personen nahmen<br />

diese Möglichkeit wahr.<br />

34<br />

Ausserdem organisierte ich für 7.10.2011 ein Podiumsgespräch im Rex zum Thema ‚Existenzangstbefreiung’ mit Dr. Jair Stern (Neustart<br />

Schweiz und Transition Town Movement), Albert Jörimann (Basic Income Earth Network Schweiz), Martin Flüeler (68er-Initiative) und<br />

Nadine Wietlisbacher (Moderation). Unter den rund 25 (allesamt schulexternen) Teilnehmenden befanden sich auch 2 Rex-MitarbeiterInnen<br />

und 2 Rex-KlientInnen.<br />

35<br />

Das FabLab ist eine Initiative des Interdisziplinären Schwerpunkts CreaLab (HSLU), wo ich unter Prof. Simone Schweikert (sel.) im 3.<br />

Semester Pilot-Gaststudentin und teilweise Studienaufbau-Assistentin war. http://luzern.fablab.ch<br />

26


Die dritte und eigentlich ‚intimste’ Frage (Was macht Sie reich) liess ich dieses Mal<br />

bewusst weg, denn dafür war zu wenig Ruhe im Raum. Die Vermutung, dass es<br />

aber genau diese Frage ist, welche die Gespräche rund um Arbeit und Sein tiefgründiger<br />

abrundet, bestätigte sich. Eine wichtige Erkenntnis.<br />

Die Gespräche mit den beruflich und gesellschaftlich besser situierten Menschen,<br />

die sich für die Eröffnungstage ins FabLab begaben, unterschieden sich sonst kaum<br />

von jenen im Rex.<br />

MEMO FabLab-Aktion<br />

27


28<br />

dritte Postkarte von Sofie Honig an <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong>


5. Rollenspiele und Erkenntnisprozesse<br />

Arbeit ist Bewegung ..., ABER DIE UNSRIGE. Wir haben die verhängnisvolle Fähigkeit,<br />

andere nachahmen zu können, z.B. ein Mühlrad.<br />

Das wirkliche Mühlrad, das sich dreht, arbeitet: denn das Drehen ist seine<br />

Bewegung, ist seine volle Möglichkeit. Auch die Katze arbeitet mit ihren Bewegungen,<br />

sie ist vollständig da in ihnen, vollführt sie zu ihrem Fortschritt. Und<br />

die Kinder vorwiegend. Wer das hohe Lob der Kinder im Neuen Testament -<br />

eine der eigentümlichsten und vielleicht die modernste Seite dieser interessanten<br />

Schrift [...] – wer dieses unvermittelt hervorbrechende, intensive Lob der<br />

Kinder nicht voll begreift, sondern mühsam erklären muss – was ungefähr das<br />

Gegenteil ist von vollem Begreifen - , ja, der hat auch nicht begriffen, was<br />

Arbeit ist.<br />

Ludwig Hohl, 1944. D<br />

5.1. Das Rollenspiel und das Selbst<br />

Der amerikanische Soziologe Erving Goffman (1922 – 1982) ging in seinen Forschungen<br />

36 von der Grundannahme aus, dass wir alle Theater spielen, ob bewusst<br />

oder unbewusst. Denn wir können gar nicht anders, als uns in irgend einer Weise zu<br />

(ver)halten und etwas darzustellen, ob mit oder ohne sozialer Interaktion.<br />

Auf der Bühne des Lebens sind wir laut Goffman immer sowohl darstellende Person<br />

(griechisch ‚Maske’), als auch Teil des Publikums. Wir betrachten das Spiel der Anderen,<br />

reagieren, interagieren und werden selber wieder zu Akteuren. Der Rollen<br />

sind viele, sowohl im Sozialleben wie in der Arbeitswelt.<br />

[In diesen Rollen] „erkennen wir einander; [..] erkennen wir uns selbst. In einem<br />

gewissen Sinne und soweit diese Maske das Bild darstellt, das wir uns von uns<br />

selbst geschaffen haben – die Rolle, die wir zu erfüllen trachten -, ist die Maske<br />

unser wahreres Selbst: das Selbst, das wir sein möchten.“ 37<br />

Üblicherweise identifizieren wir uns mit unserer jeweiligen Rolle; wir sagen beispielsweise<br />

„Ich bin Kellner“, „Ich bin Hausfrau“, „... Künstlerin“, „... Manager“ usw.<br />

Schon in der Sprache zeigt sich: die Identität wird mit der Rolle gleichgesetzt, sowohl<br />

von einem selbst, als auch vom Publikum, vor allem, wenn die Rolle gut gespielt<br />

ist.<br />

[Dieses) „[...] Selbst als dargestellte Rolle ist also kein organisches Ding, das einen<br />

spezifischen Ort hat und dessen Schicksal es ist, geboren zu werden, zu reifen<br />

und zu sterben; es ist eine dramatische Wirkung, die sich aus einer dargestellten<br />

Szene entfaltet, und der springende Punkt, die entscheidende Frage ist,<br />

ob es glaubwürdig oder unglaubwürdig ist.“ 3 8<br />

In beruflichen wie sozialen bis hin zu geschlechts- und rollenspezifischen Kontexten<br />

gibt es einen ganzen Kanon von Symbolen, Posen, Kleidungs- und Sprachkodexen.<br />

D<br />

Hohl 1981, S. 13<br />

36<br />

Goffmann 1969.<br />

37<br />

Goffmann a.a.O. S. 21.<br />

38<br />

ebd. S. 231.<br />

29


Jede Gruppe/Institution hat dazu ihre eigenen, oft ungeschriebenen Gesetze, Werte<br />

und Codes. Letztlich sind das alles äussere Zeichen, Teile der Maske.<br />

Des Weiteren hätten wir, so Goffmann, als DarstellerInnen die Tendenz, beim Publikum<br />

einen idealisierten Eindruck zu erwecken:<br />

„Versuchten wir niemals, ein wenig besser zu scheinen, als wir sind, wie könnten<br />

wir uns dann bessern oder uns selbst ‚von aussen nach innen erziehen’<br />

Dieser Impuls, der Welt einen besseren oder idealisierten Aspekt unserer selbst<br />

zu zeigen, findet sich auch in den verschiedenen Berufsgruppen und Klassen, in<br />

ihrer Gesamtheit.“ 3 9<br />

Ich bezeichne meine Kunstfigur als mein Ideal, das mich im Rollenspiel auch ‚von<br />

aussen nach innen erzieht’. Aber eigentlich doch mehr ‚von innen nach aussen’. In<br />

meinem Spiel geht es ja nie um Goffmanns ‚Impression-Management’ 40 für einen<br />

angestrebten beruflichen und sozialen Aufstieg. Es geht auch nicht um ein Zuschreibungsprodukt<br />

(man ist das, als was einen die anderen wahrnehmen oder wahrzunehmen<br />

haben). - Wenn es mir gelingt, durch das Spiel auch in meinem Gegenüber<br />

einen Übungsraum für eine grössere Vision ihrer oder seiner selbst zu öffnen, dann<br />

haben wir beide etwas Wesentliches gewonnen. Denn alles Üben wirkt längerfristig<br />

zurück auf die Übenden, so wie jede Arbeit zurück wirkt auf die Arbeitenden.<br />

Übung macht die Meisterin, wusste schon der Volksmund. Die Frage nach dem Selbst<br />

ist ausschlaggebend dafür, ob die Meisterin stimmig und glaubwürdig wird. Wenn<br />

sich nämlich eine Rolle auch nach längerem Üben (zum Beispiel in der Arbeit) nicht<br />

als natürlich und dem eigenen Wesen entsprechend anfühlt, ist sie wahrscheinlich<br />

falsch. Das führt auf die Dauer zu Entfremdung und Zynismus. Ausserdem ist es<br />

unter solchen Umständen kaum möglich, echte Meister- resp. Könnerschaft zu erreichen.<br />

Um nicht der Gefahr einer (Selbst-)Täuschung zu erliegen, ist aufrichtige,<br />

kritische Selbstreflexion ein unerlässliches Instrument. Das gilt meines Erachtens für<br />

alle, auch für mimetisch arbeitende KünstlerInnen. Nüchterne intellektuelle Analyse<br />

ist die eine Seite davon. Die andere heisst: Wahrnehmung aus dem Herzen.<br />

Im Gegensatz zu Erving Goffmann verstehe ich das Selbst nicht als Resultat eines<br />

erfolgreichen ‚Impression Managements’, sondern als den ‚Kern’ unseres Wesens,<br />

ob wir es nun Seele, (höheres) Bewusstsein oder wie auch immer nennen. Das<br />

Selbst ist für mich das ‚im Hintergrund’ respektive in unserem Inneren stets gegenwärtige,<br />

aber nicht greifbare Ich. Es ist meine konstante innere Zeugin (jenseits von<br />

Gut und Böse), welche wahrnimmt, dass ich immer Ich bin, ungeachet der wechselnden<br />

mentalen, psychischen und physischen Zustände und Rollenspiele des ‚vordergründigeren’<br />

Ichs, unserem Ego, mit dem wir uns normalerweise mehr identifizieren<br />

. Es ist mir wichtig, hier auf diese Unterscheidung hinzuweisen.<br />

Im naturwissenschaftlich-empirischen Weltbild hat es keinen Platz und auch keine<br />

Notwendigkeit für so etwas wie ‚Seele’, die zudem weder mess- noch beweisbar<br />

ist. Ausser, unsere komplexe Psyche ist damit gemeint. Die Neurowissenschaften<br />

erklären uns das Bewusstsein als ein Produkt komplizierter Vorgänge im Gehirn,<br />

diesem Supercomputer und biochemischen Labor. Und unser Sein dauert sowieso<br />

nur bis zum physischen Verfalldatum. Als Yogini sage ich jedoch, dass wir alle be<br />

39<br />

ebd. S. 35.<br />

40<br />

vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Erving_Goffman#Impression_Management, 1.5.2011, online 6.8.11<br />

30


vierte Postkarte von Sofie Honig an <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong><br />

31


wusste, individuelle Seelen sind, die einen Körper angenommen haben. Dass also<br />

unsere eigentliche Identität, unser Selbst, viel höher, weiter, tiefer reicht als unser<br />

Ego. Sein schöpferisches Potenzial 41 , das sich in lebendigem Sein und Tun erkennen<br />

und verwirklichen will, ist im Grunde unermesslich.<br />

Yoga- und Meditationstechniken begleiten mich seit 20 Jahren in Theorie (u.a. die<br />

vedischen Schriften) und Praxis. Beide haben mein Denken und Arbeiten, die Selbstund<br />

Welt-Wahrnehmung beeinflusst und erweitert. Zur Veranschaulichung nachfolgend<br />

eine Erfahrung aus meiner Arbeit als Yogalehrerin, die ja eigentlich auch<br />

schon eine Sofie-Honig-Rolle war:<br />

Von 1998 bis 2005 unterrichtete ich in der Strafanstalt von Regensdorf. Dort hatte<br />

ich etliche ‚harte Kerle’ in wechselnder Gruppenzusammenstellung vor mir: Verwahrte<br />

und ‚Lebenslängliche’, verurteilt als Mörder, Vergewaltiger, Raubüberfäller,<br />

Drogendealer, Betrüger, militanter Umwelt-Terrorist. Diese zum Teil auch physisch<br />

mächtigen und gepanzert wirkenden Männer liessen sich von mir kleiner Frau zu<br />

Körperübungen, Achtsamkeit, Stille und Entspannung anleiten. Freiwillig. Im Verlauf<br />

der Stunde lösten sich die Rollenzuweisungen (ich: Lehrerin und ‚gut’, sie: Schüler<br />

resp. Kriminelle und ‚böse’) jeweils auf. Das gemeinsame Tun und Sein im Hier und<br />

Jetzt spielte sich nun auf einer viel grundlegenderen Ebene ab. Hinter unseren Rollen<br />

begann, zumindest in meiner Wahrnehmung, das Selbst und seine eigentliche Unversehrtheit<br />

und ‚Gutheit’ aufzuleuchten. Es ist schwierig, das in Worte zu fassen.<br />

Jedenfalls war etwas Inniges und Freudvolles im Raum, und wir waren ‚im Flow’.<br />

Die Männer hätten vielleicht andere Worte dafür gewählt, wenn überhaupt. Unser<br />

gegenseitiger Dank am Ende der Stunde war echt.<br />

Ausgehend von dieser Erfahrung möchte ich nochmals bei Erving Goffmann anknüpfen,<br />

zumal die Welt auch aus vedischer Sicht eine Bühne ist: für ‚Lila’ 42 , das<br />

göttliche Spiel. <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong> spielt und übt gegenwärtig und unter anderen ihre<br />

Rolle als Sofie Honig; das ‚Publikum’ spielt und übt genauso seine Rolle(n).<br />

Wir alle spielen – mal mehr, mal weniger bewusst. Wenn wir gut spielen respektive<br />

die richtige Arbeit tun, leuchtet darin unser Selbst auf: Selbstverständlich und<br />

selbstbewusst, einzigartig und doch verbunden mit allem, was ist. Was sehr<br />

beglückend ist. So verwirklichen wir, wer und was wir im gegenwärtigen<br />

Augenblick sind, und entwickeln uns weiter zu unserer Vision von uns selbst. Das<br />

ist ein lebenslanger Prozess.<br />

41<br />

Dazu die deutsche Philosophin und Ökonomin Christine Ax (*1952): „Jedes Kind, das geboren wird, kommt vollkommen und mit dem<br />

Bewusstsein seiner Vollkommenheit auf die Welt, weil es nicht nur alle Möglichkeiten, sondern auch das Bewusstsein seiner Möglichkeiten in<br />

sich trägt. Im Laufe seiner Entwicklung finden die wichtigen, seine Möglichkeiten beschneidenden oder ausschöpfenden Prägungen statt.<br />

Jedem von uns sind in der Auseinandersetzung mit der Welt Grenzen gesetzt. Die Erfahrung der inneren und äusseren Grenze kann in das<br />

Glück münden, an den Grenzen zu wachsen. Das Leiden unserer westlichen Kultur an der Welt erwächst aus dem Leid, das ein in diesem<br />

Sinne ungelebtes Leben erzeugt.“ Die Könnensgesellschaft, Berlin 2009, S. 261.<br />

42<br />

“The basic recurring theme in Hindu mythology is the creation of the world by the self-sacrifice of God - ‘sacrifice’ in the original sense of<br />

‘making sacred’ - whereby God becomes the world which, in the end, becomes again God. This creative activity of the Divine is called lila,<br />

the play of God, and the world is seen as the stage of the divine play. Like most of Hindu mythology, the myth of lila has a strong magical<br />

flavour. Brahman is the great magician who transforms himself into the world and performs this feat with his ‘magic creative power’, which<br />

is the original meaning of maya in the Rig Veda. The word maya - one of the most important terms in Indian philosophy - has changed its<br />

meaning over the centuries. From the might, or power, of the divine actor and magician, it came to signify the psychological state of<br />

anybody under the spell of the magic play. As long as we confuse the myriad forms of the divine lila with reality, without perceiving the<br />

unity of Brahman underlying all these forms, we are under the spell of maya. (...) In the Hindu view of nature, then, all forms are relative,<br />

fluid and ever-changing maya, conjured up by the great magician of the divine play. The world of maya changes continuously, because the<br />

divine lila is a rhythmic, dynamic play. The dynamic force of the play is karma, important concept of Indian thought. Karma means ’action’.<br />

It is the active principle of the play, the total universe in action, where everything is dynamically connected with everything else. In the<br />

words of the Gita, Karma is the force of creation, wherefrom all things have their life.” — Fritjof Capra (*1939), The Tao of Physics (1975) -<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Lila , 2.5.11, online 8.5.2011<br />

32


Der Künstler ist nur eine GRÖSSERE QUANTITÄT als irgendein Mensch – nicht<br />

etwas ANDERES. Wir können also, wenn wir sein Gesetz erforschen – wozu die<br />

Umstände eben der grösseren Quantität wegen sich vorzüglich eignen - , zu<br />

dem für alle Menschen Gültigen gelangen.<br />

Also: Leben ist gleich Kunstprodukt und Kunstprodukt ist gleich wahrem Leben.<br />

Das eine wie das andere erreichen besteht in einem richtigen Verhalten,<br />

Zeugnis geben, das ist Darstellen eines Innen durch ein Aussen; kurz, besteht<br />

in Bejahung des Lebens, somit: Vermehrung des Lebens; ist Kommunikation<br />

mit den andern, Arbeiten.<br />

Ludwig Hohl, 1944 E<br />

5.2. Sofie Honig Goes Rich<br />

Mein ursprüngliches Vorhaben, auch sehr vermögende Menschen in mein Projekt zu<br />

involvieren, musste ich schliesslich aus pragmatischen Gründen verschieben auf die<br />

Zeit nach Studienabschluss. Dennoch beschäftigte ich mich bereits seit einiger Zeit<br />

intensiv mit ‚den Reichen’. Mit dem Ziel, auch mit ihnen ins Gespräch zu kommen<br />

über Sehnsucht, die sich vielleicht noch nicht in Arbeit verwandeln konnte. Andererseits<br />

möchte ich Gelder äuffnen für eine Verlosung<br />

von ‚Grundeinkommen-auf-Zeit’. Um<br />

mich besser in diese Art von Reichsein einzufühlen,<br />

riet mir der Geldfachmann Peter<br />

Koenig 43 anfangs 2011 zu einer mimetischen<br />

Feldstudie vor Ort. Am 1. März war es dann<br />

so weit: Ich dinierte in der ‚Kronenhalle’ 44 , offiziell<br />

angemeldet als Sofie Honig. Zusammen<br />

mit meiner Freundin M., der einzigen sehr reichen<br />

Person, die ich persönlich kenne. Entgegen<br />

ihren Einwänden bestand ich darauf, sie<br />

einzuladen. Das gehörte zu meiner Übung.<br />

Das Essen wurde aufwändig serviert, war<br />

aber (mit Ausnahme des Desserts) nicht eigentlich<br />

gut, nur teuer. Meine eher schüchterne<br />

Tischgefährtin, die „viel lieber in ein Migros-Restaurant geht als ins ‚Dolder’“ 45 ,<br />

äusserte ihre Kritik nur mir gegenüber. Vielleicht macht frau das hier nicht öffentlich.<br />

Und eine ‚reiche Dame’ sowieso nicht. Es könnte kleinlich wirken und mich<br />

verraten; ich war mir da nicht sicher. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit (als<br />

ehemalige Wirtstochter) sagte also auch ich nichts. Zumal ich meinen Gast nicht in<br />

Verlegenheit bringen wollte. Ausserdem war der Kellner sehr charmant. Er spielte<br />

seine Rolle perfekt.<br />

E<br />

Hohl 1981, S. 97/98.<br />

43<br />

Peter Koenig veranstaltet internationale Geldseminare und ist Autor des Buche „30 dreiste Lügen über Geld“ (2006). Mehr zu seiner<br />

Person auf seiner Webseite http://peterkoenig.typepad.com/de/<br />

44<br />

das berühmte alte Zürcher Nobel-Speiserestaurant am Bellevue mit viel Tradition und hochwertiger Original-Kunst aus der klassischen<br />

Moderne, wo auch Frisch und Dürrenmatt u.v.a.m. verkehrten.<br />

45<br />

ein weiteres, berühmtes Super-Nobel-GrandHotel und Restaurant auf dem Zürichberg<br />

33


34<br />

fünfte Postkarte von Sofie Honig an <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong>


Ich wusste, dass meine Freundin M. ihren Reichtum, der mit dem Erbe ihres Vaters<br />

zu einem Vermögen angewachsen war, lange Zeit als Last empfand. Sie wagte damals<br />

nicht, aus ihrer materiellen Fülle auch für sich selbst und ohne Schuldgefühle<br />

zu schöpfen (im Geben war sie seit jeher grosszügig). Das hat sich nach einem<br />

Geldseminar mit Peter Koenig geändert. „Reichtum verpflichtet“, sagte sie mir im Rex-<br />

Interview, für das sie eigens aus Zürich angereist war. Und: „Reich ist, wer nicht mehr<br />

braucht als er oder sie hat. Viele Reiche sind so gesehen arm. Und viele Arme reich. Mich<br />

persönlich machen meine vielseitigen Begabungen reich, die mir wiederum geschenkt, mit ins<br />

Leben mitgegeben wurden.“<br />

Mit unserem Essen feierten wir auch die Vision eines bedingungslosen Grundeinkommens<br />

für alle, dessen Grundidee sie erst kürzlich in ihrer ganzen Radikalität erfasst<br />

hatte. Nun war sie sehr begeistert. Nicht, weil sie es bräuchte. Sondern weil<br />

es einerseits mehr soziale Gerechtigkeit herstellen würde. Und weil es sie andererseits<br />

mit ‚dem Rest’ der Gesellschaft mehr verbindete, also eine Art Gleichstellung<br />

bewirkte. - Auch für Menschen am ‚oberen Ende’ der sozialen Skala ist Integration<br />

offenbar ein Thema. Auch darum werde ich am Thema der ‚ReichenGespräche’ bleiben.<br />

Mein Rollenspiel als reiche Dame war dank der Begleitung meiner Freundin eine vergnügliche<br />

‚Performance’. Aber einmal genügt; diese Art von Reichsein interessiert<br />

mich persönlich zu wenig, und diese Rolle liegt mir auch nicht wirklich. Der Erkenntnisgewinn<br />

hält sich denn auch in Grenzen. Er geht in Richtung: ‚Auch die Reichen<br />

kochen mit Wasser, nur teurer’. Das ‚wusste’ ich eigentlich schon vorher.<br />

5.3. Von der Gabe<br />

Gebenkönnen (egal ob Arbeit/Hilfeleistungen, Hinwendung/Zeit oder Dinge/Geld) ist<br />

ein Ausdruck von Reichtum und Reichsein. Es stand bei vielen Befragungen im Vordergrund,<br />

am Dringendsten bei den materiell Wenig-bis-Nichts-Habenden. Was sich<br />

vielleicht aus der oft sehr einschneidenden Erfahrung von materiellem Mangel und<br />

dem damit verbundenen sozialen Abstieg erklärt. „Was bleibt von mir übrig, wenn<br />

ich nichts mehr habe, nichts mehr tun kann, sozial und beruflich ein nobody bin“<br />

Diese Frage ist existenziell, denn nicht nur das Ego ist verletzt. Das Selbst ist in<br />

seiner Bestimmung, sich zu entfalten, grundlegend verhindert. Ohne (Gott)-Vertrauen<br />

oder die Erfahrung, dass unsere eigentliche Identität viel tiefer geht, ist das<br />

wie Sterben.<br />

Gabe – Begabung. Wir alle haben viele Begabungen. Die heilende, integrierende, alle<br />

bereichernde Wirkung des Gabenteilens und Gebenkönnens wird darum in meinen<br />

nächsten Aktionen mehr an Bedeutung gewinnen. Unabhängig davon, ob die Begegnung<br />

am oberen oder am unteren Ende der sozialen Skala stattfindet. Zumal das Geben<br />

(statt Verkaufen) seiner Arbeitskraft und die Begabung auch in der Idee des<br />

Grundeinkommens sowie der Neudefinition von Arbeit zentral sind.<br />

Mit der eingangs erwähnten, von blosser Hand geformten Kleinskulptur entsteht die<br />

GABE, das heisst eine ‚Gegen’gabe für Sofie Honig. Die GABE ist ein spielerisches<br />

und einfaches Sinnbild für die Erschaffung von Fülle. Durch Begabungen, die jeder<br />

Mensch in sich trägt.<br />

35


5.4. Vom Gelingen und vom Scheitern<br />

Jedes Gelingen ist Geschenk, ist eine Mischung von Gabe, Können und ‚Schicksal’.<br />

Jedes Nichtgelingen gehört zum Üben und Lernen, jedes Scheitern ist eine (manchmal<br />

sehr schmerzhafte) Schulung in Demut. Gelingen und Scheitern gehören zum<br />

Leben – eine Binsenwahrheit. Wenn alles immer nur gelänge, würden wir vielleicht<br />

überheblich; Scheitern führt uns an den Grund der Dinge, öffnet unser Herz, macht<br />

uns mitfühlend.<br />

„Je besser wir im Laufe unseres Lebens befähigt werden, uns produktiv mit<br />

unseren eigenen Grenzen und den Grenzen, die uns gesetzt sind, auseinanderzusetzen<br />

und an ihnen zu wachsen, desto grösser ist unsere Chance auf Zufriedenheit<br />

und Glück.“ 4 5<br />

Dennoch geht es dabei immer auch wieder um die Frage, ob ‚das Glas nun halbvoll<br />

oder halbleer’ sei. Eine entscheidende Betrachtungsweise.<br />

Variante 1: Das halb volle Glas.<br />

Ich bin dran geblieben, beharrlich weiter übend, immer wieder Mut schöpfend, fasziniert<br />

von neuen Erkenntnissen und Begegnungen, begeistert von der Vision. Vieles<br />

ist gelungen, zum Beispiel das (Er-)Finden und Beleben meiner Kunstfigur, ihre bisherigen<br />

Aktionen, der ganze Prozess von dort nach da. Oder die vorliegende ‚Hausaufgabe’<br />

fristgerecht abliefern. Das wachsende Verständnis für die komplexe Thematik<br />

und damit verbunden eine wachsende Selbstsicherheit im Tun. Das sind alles<br />

Dinge, die ich vor zwei Jahren noch nicht für möglich gehalten hätte. Das Leben ist<br />

spannend.<br />

Variante 2: Das halb leere Glas.<br />

Als Künstlerin bin ich, gemessen an den handelsüblichen Kriterien, schon längst gescheitert<br />

46 , souverän und bewusst. Dennoch: der Wechsel von meinem vorherigen<br />

Selbstverständnis in den Rollen als selbstbestimmte Malerin, Dozentin, Yogalehrerin<br />

hin zur ‚Studienplan-geführten’ (Alt-)Studentin fühlte sich an wie eine Tabula rasa.<br />

Mein Studium ist eine Geschichte voller Niederlagen. Das Herunterbrechen meines<br />

riesigen Vorhabens, der grossen Idee (‚das 68-Milliarden-Ding’) in kleinere Ideen und<br />

kleine Taten war eine enorme Herausforderung. (Das Nicht-Herunterbrechen wäre es<br />

natürlich genauso gewesen.) Etliches gelang nicht, auch wenn mein Alter-Ego Sofie<br />

Honig heisst.<br />

Karma-Yoga, der Jahrtausende alte Yoga des Handelns, lehrt, dass wir zwar ein<br />

Recht auf Taten, jedoch kein Recht auf die ResulTaten haben. Das heisst: ich gebe in<br />

meiner Arbeit, in meinem Spiel, mein Bestmögliches, ohne jedoch an den Ergebnissen<br />

zu hängen, ob Erfolg oder Misserfolg. Ich vertraue in die Fülle, selbst wenn<br />

dieser süsse Topf manchmal unerreichbar scheint. Das ist der ‚Kunstgriff’, die tägliche<br />

Übung im Hier und Jetzt. Sie gelingt mir längst nicht immer. Aber immer wieder<br />

mal.<br />

45<br />

Ax 2009, S. 261.<br />

46<br />

Gemäss dem Kunstkritiker, Medientheoretiker und Philosophen Boris Groys (*1947) ist ein Scheitern souveräner KünstlerInnen und<br />

Autoren früher oder später unausweichlich. Er beschreibt in seiner ‚Topologie der Kunst’ ausserdem einen schillernd fatalen, in sich<br />

geschlossenen Kunst- und Welt-Zirkus, wo jeder Mensch dazu verurteilt sei, Künstler zu sein, denn keiner könne es vermeiden, konsumierend<br />

zu selektieren und somit als Repräsentant eines bestimmten Lebensstils früher oder später ebenfalls zu scheitern. vgl. Groys 2003, S. 9 - 23.<br />

36


sechste Postkarte von Sofie Honig an <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong><br />

37


6. Einsichten und Ausblicke<br />

Eine Tätigkeit nährt die andere, wenn sie nicht für andere, sondern für sich<br />

getan ist. Wenn sie dagegen nicht für sich getan ist, kommt sie weder anderen<br />

noch sich zugute.<br />

In solchem Zusammenhang zu verstehen ist die Zeile:<br />

DER MENSCH HAT DIE PFLICHT, REICH ZU SEIN. –<br />

Dahin gehört auch der Satz: „Fest soll sein alle Tage. “Kann denn alle Tage Fest<br />

sein“ – Es hängt nur an dir. Nur muss die Produktion BE- GEISTERT werden,<br />

alles andere ist ein falscher Weg.<br />

Oder: „Man kann nicht immer im Rausch leben.“ Kann man es nicht Man muss<br />

ihn nur richtig orientieren!<br />

Ludwig Hohl, 1944 F<br />

<strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong> und Sofie Honig im Gespräch.<br />

GT: Im Verlauf des Schreibens fragte ich mich des öftern, für wen ich das denn<br />

eigentlich mache. Für mich Für ‚die Welt’ Für die Schule Oft sass mir die imaginäre<br />

Master-Jury förmlich im Nacken. Dann drehte ich meine Sätze ein weiteres<br />

Mal, löschte oder verschob sie, legte Worte nochmals auf die Waagschale, verwarf<br />

Gedanken, vergass oder verlor dabei etliche, fand neue, stöhnte unter der Last der<br />

akademischen Auflagen. - Was hältst du nun vom Ergebnis<br />

SH: Deine Arbeit ehrt und freut mich sehr. So viel Sofie und so viel Honig! Gerade darum finde<br />

ich, du hättest sie etwas leichtfüssiger und freier schreiben können.<br />

Das wollte ich ja eigentlich auch, aber ich erlag immer wieder mal meinem alten<br />

Hang zu Pathos. Zumal der Lauf der Dinge in der Welt alles andere als erfreulich<br />

war. Während des Schreibens bebte es in Japan und der atomare Supergau wurde<br />

zur fatalen Tatsache. Die arabische Welt brach in Revolten aus, und auf Lybien wirft<br />

die NATO inzwischen Bomben. Osama Bin Laden wurde auf fragwürdigste Weise<br />

eliminiert (wenn es denn wahr ist). Da sind neue Kriege um Ressourcen und westliche<br />

Vormachtstellungen voll im Gang... TINA lässt grüssen. Das Ozonloch wächst,<br />

die Zahl der Armen wächst, ebenso die Gewinne der Superreichen. Und eine meiner<br />

wertvollsten Freundschaften ging dieser Tage in Brüche. Das alles hat mich sehr bedrückt.<br />

Derweil – als ob nichts wäre – vor der Tür ein betörender Frühling blühte<br />

wie schon lange nicht mehr. Leider fast ganz ohne mich. Was die Sache auch nicht<br />

einfacher machte.<br />

Ich verstehe. Es ist tatsächlich sehr viel im Umbruch. Alte Werte und Rollen werden hinfällig. Die<br />

Probleme sind komplex und die Verunsicherungen gross. Die Gewalt nimmt weltweit zu. Alle sind<br />

extrem gefordert, und es ist schwierig, einen klaren Kopf und ein mutiges Herz zu bewahren.<br />

Trotzdem wollte oder konnte ich irgendwie nicht aufgeben. Ich fühlte mich herausgefordert<br />

von der Diskrepanz zwischen meiner Erfahrung von Einfachheit und Natürlichkeit<br />

in meiner Praxis und der Komplexität und Schwierigkeit in meiner Auseinandersetzung<br />

mit dem Thema auf theoretischer Ebene. Darum nahm ich die ‚Hausaufgabe’<br />

der schriftlichen Arbeit schiesslich doch sehr viel ernster, als ich ursprünglich<br />

dachte. Auch wenn ich nichtsdestotrotz immer wieder mal mit deren Sinn haderte<br />

F<br />

Hohl 1981, S. 97.<br />

38


und an meinem Können zweifelte. Zum Glück hast du mir ab und zu Grüsse gesandt.<br />

Das machte mir wieder Mut. Vielen Dank, Sofie!<br />

Sehr gern geschehen. Von mir aus hättest du diese ‚Hausaufgabe nicht machen müssen. Aber ich<br />

sehe, dass du damit nochmals ein Stück gewachsen bist. Und das ist gut. Nur schon dafür haben<br />

sich deine Mühen gelohnt. Ausserdem löst sich der schulische Druck nun bald auf. Erzähl doch<br />

mal, wie’s praktisch weitergehen soll.<br />

Im Juni findet unsere Aktion im Littauer-Kiosk statt – höchste Zeit also für konkrete<br />

Vorbereitungen. Die Sofie-Honig-Webseite aufzuschalten, schaffe ich vielleicht auch<br />

noch vorher. Aber danach möchte auch ich wieder mal ‚meine Seele baumeln lassen’.<br />

Und zwar ausgiebig!<br />

Ab Herbst werden wir dann tatsächlich leichtfüssiger, das heisst mit leichtem Gepäck<br />

unterwegs sein. Ich möchte eine Art ‚Moderatorenkoffer’ zusammen stellen, in<br />

dem alles drin ist, was wir brauchen, um die Gespräche mit den Menschen fortzusetzen<br />

und sichtbar zu machen, wo und wann immer wir wollen: an jedem Energieund<br />

Wirtschaftsgipfel, in jedem Kiosk und in jeder Randzone.<br />

Auch in der Zone der Reichen<br />

Ja. Diese Idee lässt mich nicht los: Ich möchte mit den Reichen in wesentliche Gespräche<br />

über die drei Fragen kommen. Und sie zudem für die Finanzierung meines<br />

Spiels mit Echtgeld gewinnen: die Verlosung von ein paar ‚Grundeinkommen-auf-<br />

Zeit’. Das wäre eine Kleinstvariante des ursprünglichen 68-Milliarden-Dings. An<br />

dieser Verlosung dürften alle teilnehmen, die ein eigenes Projekt haben oder eine<br />

konkrete Idee für Arbeit formulieren, die von der jeweiligen Person wirklich wirklich<br />

getan werden will. Eine einfache schriftliche Eingabe genügte. Die Verlosung würde<br />

nicht nur in unsere öffentlichen Aktionen etwas mehr Pfeffer streuen. Sie würde<br />

auch zu einer aufregenden Erfahrung, sowohl für die empfangenden Gewinner wie<br />

für die gebenden Reichen. Ein Spiel mit offenem Ausgang und viel Denkpotenzial<br />

rund ums Grundeinkommen.<br />

Bis anhin empfandest du die Hürden zu den Reichen als zu hoch. Aber ich ver spreche, dir zur<br />

richtigen Zeit die richtigen Worten zukommen zu lassen, damit du diese Hürde nehmen kannst.<br />

Darauf bin ich aber gespannt! Bis jetzt hast du dich diesbezüglich ja ziemlich in<br />

Schweigen gehüllt, obwohl ich solches schon vor längerer Zeit wollte.<br />

Sorry. Aber ich fand, du seist anderweitig wirklich bereits genug gefordert.<br />

Da hast du allerdings recht. Ich hatte kaum noch Spielraum.<br />

Dafür wirst du jetzt noch besser vorbereitet sein für dein Spiel ‚in der Welt’, auch in der<br />

Kunstwelt. Sofern du auch dort mal auftreten möchtest.<br />

Wenn es sich ergibt, gerne. Ich habe mir jedoch vorgenommen, zu finden und nicht<br />

mehr zu suchen. Ob mein Vorsatz naiv ist oder genau richtig, wird sich zeigen.<br />

Nicht schlecht: finden statt suchen! Da spricht ja eine veritable und reiche Sofie Honig aus dir.<br />

Ich bin am Lernen... Ausserdem haben ja auch wir uns gefunden und nicht gesucht.<br />

Stimmt! – Und nach dem Studium wirst du sowieso endlich Zeit haben, auch andere zu finden, um<br />

dich freundschaftlich und sinnvoll zu vernetzen. Das wird deine Arbeit befruchten und auch sonst<br />

sehr hilfreich sein. Denn in Zukunft wird oft ein rauher Wind gehen, da ‚draussen in der Welt’.<br />

39


Da sagst du etwas, was mir manchmal nachts den Schlaf raubt. Dann fürchte ich,<br />

dass es nicht nur rauher winden, sondern heftig rütteln und stürmen wird. Auch bei<br />

uns. In solch nächtlichen Gedankengespinnsten bin ich jeweils ohne deine Zuversicht.<br />

Und kein Honig weit und breit. So von allen guten Geistern verlassen frage<br />

ich mich dann, ob es nicht vielleicht schon längst zwölf geschlagen hat, nur hat es<br />

niemand gehört in all dem Lärm. Vergebliche Liebesmüh...<br />

Es ist nicht vergeblich! Erinnerst du dich an jenes Graffiti aus den 80ern „Wir haben keine<br />

Chance, also nutzen wir sie!“ Womit ich nicht etwa sagen will, wir hätten keine Chancen. Diese<br />

grossen Krisen sind zugleich DIE grossen Chancen für die Menschheit! Aber es gibt noch sehr viel<br />

zu tun. Du streust Samen für das Neue, das jetzt in die Welt kommen will, in die Herzen der<br />

Menschen. Das ist<br />

DEIN BEITRAG IST DEINE ÜBUNG IST DEINE KUNST IST DEINE SEHNSUCHT IST DEINE ARBEIT<br />

IST DEIN SPIEL.<br />

Und das ist gegenwärtig vollkommen genug.<br />

Jede Arbeit geht von selber dahin, wo sie keine mehr ist.<br />

[...]<br />

Wie schon oft gesagt worden ist und stets wiederholt werden<br />

muss, haben sich die meisten Menschen vor dem Arbeiten geflüchtet<br />

nicht in die Bewegungslosigkeit, sondern in eine total tote<br />

Bewegung.<br />

Ludwig Hohl, 1944 G<br />

G<br />

Hohl 1981, S. 14<br />

40


siebte Postkarte von Sofie Honig an <strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong><br />

41


7.1. Beispiele von MEMOs<br />

42


7.1.<br />

Das 68-Milliarden-Ding<br />

eine kühne Volksinitiative angedacht<br />

(work in progress, Version 2.1)<br />

Die Schlechte Nachricht zuerst:<br />

Am 16. Oktober 2008 entlarvte der Bundesrat die flächendeckende Sparwut der<br />

Schweizer Politiker mit einem einzigen Federstrich als politische Kurzsicht und<br />

Kleinkrämerei: mit weiteren 60 Milliarden wurde der UBS ihr Problem abgekauft,<br />

sozusagen bedingungslos, abgrundtief undemokratisch und ungerecht. Derweil die<br />

Folgen der von ihr mitverursachten Finanz- und Systemkrise für die Bevölkerung nun<br />

täglich spürbarer werden. Das Geld fliesst noch weniger als bisher dorthin, wo es<br />

gebraucht wird. Nahtlos wird wieder um Klassengrössen und Subventiönchen<br />

gefeilscht. Existenzängste wuchern.<br />

Die Gute Nachricht wurde noch gar nicht richtig gehört:<br />

Seit dem 16. Oktober 2008 ist der Einwand ‚nicht finanzierbar’ kein ernst zu<br />

nehmendes Argument mehr, um auch nur ‚wünschbare’, geschweige denn wichtige<br />

Projekte zu bodigen. Geld ist keine natürlich beschränkte Ressource. Bei sinnvollem<br />

Bedarf können wir ohne weiteres neues Geld schöpfen, die Frage ist: Wer bestimmt,<br />

was sinnvoller Bedarf ist. Das führt uns auf die konstruktive Auswertung des UBS-<br />

Skandals:<br />

Es braucht nun eine kraftvolle, beflügelnde Erinnerung daran, dass wir Menschen<br />

das wahre Kapital sind. Wir schaffen alle Dinge und Leistungen, die dem Geld als<br />

Tauschmittel überhaupt Wert verleihen. Wir müssen uns lösen von der absurden<br />

Idee des Mangels inmitten einer weltweiten Absatz- und Überflusskrise. Wir setzen<br />

auf die Fülle (geistig und materiell), um nun auch das von der UBS hinterlassene<br />

Problem anzugehen. Frischgeld soll unter den Menschen in Umlauf gebracht<br />

werden, statt in neuen Spekulationsblasen zu verpuffen. Die aktuellen<br />

wirtschaftlichen und politischen Erschütterungen können in eine schöpferische<br />

Neuausrichtung münden.<br />

Die 68er-Initiative (vorläufiger Arbeitstitel)<br />

Das Schweizer Volk schafft sich 68 Milliarden Franken Neugeld, um damit<br />

seine 5% initiativsten BürgerInnen 5 Jahre lang für „gute“ Projekte freizustellen.<br />

Ihnen wird aus diesem nationalen Vertrauenskapital für diese<br />

Zeit und für diesen Zweck ein ausreichendes Einkommen garantiert.<br />

46


Denn trotz Krise sollen die notwendigen Arbeiten vollbracht werden<br />

können. Dank Massnahmen, die unmittelbar die Nachfrage fördern und<br />

neue Arbeitschancen schaffen. So mutig, zukunftsoffen und nachhaltig,<br />

wie wir es eben im Durchschnitt können und wollen.<br />

Was ein „gutes Projekt“ ist, wird markt-demokratisch ermittelt: JedeR<br />

BürgerIn kann die ihm/ihr zustehenden fünf Vertrauens-Aktien (von zB je<br />

SFR 5'000) nach Gutdünken auf Projekt-Initiativen verteilen. Jede Projekt-<br />

Initiative versucht, genügend Vertrauenskapital anzuwerben, um ihr<br />

voraussichtliches Budget zu decken. Wenn sich genügend Mitmenschen<br />

resp. ‚Aktien’ für ein Projekt gefunden haben, schaffen diese eine 5-<br />

Jahres-Freistellung für eine oder mehrere am Projekt beteiligte Personen<br />

(nachfolgend als GrundeinkommensPionierIn (GP) bezeichnet).<br />

ein paar gute Gründe für die 68er-Initiative<br />

krisenberuhigend:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Gesellschaftlich wichtige Arbeiten (Oekologie, Forschung, Bildung, Kultur, Gesundheitsund<br />

Sozialwesen, etc.) können notfalls als 68-er-Projekte der Krise trotzen.<br />

Start-Up-Unternehmen in der Durststrecke bekommen als 68-er-Projekt eine verlängerte<br />

Bewährungs-Chance.<br />

Die Sozialversicherungen (ALV, IV, AHV) werden entlastet, weil viele LeistungsbezügerInnen<br />

wieder selber aktiv werden können.<br />

Auch an vielen anderen Stellen entlasten vermutlich 68-er-Projekte durch<br />

Überschneidung die regulären Budgets wohltuend und bedarfsgerecht.<br />

konjunkturbelebend:<br />

<br />

<br />

<br />

Auf unmittelbar Nachfrage-wirksame Weise wird Geld direkt ins System gespiesen, weil<br />

die Empfänger es sogleich wieder in Umlauf bringen (Lebensunterhalt, Projektrealisierungskosten,<br />

Konsum).<br />

Arbeitsplätze: freigestellte GPs arbeiten an ihren Projekten, derweil ihre ehemaligen<br />

Stellen für den Arbeitsmarkt frei werden.<br />

Eine Geldschöpfung dieser Grössenordnung wird etwas auf die Wechselkurse drücken,<br />

was die Exportindustrie freut.<br />

langfristig-tiefgründig:<br />

<br />

<br />

Durch das Innovationspotenzial der Projekte sind positive Auswirkungen auf die gesamte<br />

Gesellschaft und Wirtschaft zu erwarten.<br />

In unseren Köpfen und Herzen vollzieht sich ein Wandel von grosser Bedeutung:<br />

Vertrauen in sich und die Mitmenschen ist die weitaus bessere Basis für Leben und<br />

Arbeit als Misstrauen, Neid und Angst.<br />

47


Ideensplitter und mögliche Ausgestaltungsdétails (prov.)<br />

Wer kann GP werden<br />

<br />

JedeR volljährige CH-EinwohnerIn (auch Fürsorge- und AHV-BezügerInnen) aller sozialen<br />

Schichten und Berufssparten.<br />

Auswahl der Projekte<br />

<br />

<br />

JedeR wird sich zunächst ernsthaft der Frage stellen müssen/wollen: Habe ich ein<br />

eigenes Anliegen/Projekt Was wäre mein konstruktivster Beitrag Oder aber: Welchem<br />

Projekt - aus meinem Bekanntenkreis oder aus bevorzugten Fachgebieten - möchte ich<br />

meine Vertrauens-Aktien geben<br />

Das Internet wird hier mit entsprechend eingerichteten und strukturierten Blogs und<br />

Programmen sowohl als demokratischer Marktplatz, Diskussionsforum, Projektbörse und<br />

für Projekt-Vernetzungen dienen und so an herausragender öffentlicher Bedeutung<br />

gewinnen.<br />

Projektbeispiele<br />

Der Begriff ‚Projekt’ soll hier sehr offen verstanden werden: von alltäglich-nützlich<br />

über normal-seriös-innovativ bis zu kühn-schräg-exotisch. Die folgenden Beipiele<br />

mögen dies illustrieren. Letztlich entscheidend ist jedoch einzig, dass es einer<br />

Initiative (ob als Einzel-, Partner- oder Kollektivprojekt) gelingt, ausreichende Fremd-<br />

Unterstützung auf sich zu vereinigen.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

„Gut, dann machen wir jetzt endlich die neue Kinderkrippe im leer stehenden Lokal<br />

gleich um die Ecke.“<br />

„Ich (Quartier-Original BB) will 5 Jahre als Pfleger und Hüter des Parksabschnitts XY<br />

wirken.“<br />

„Ich will (innerhalb der Firma) meine Produkte-Idee XY trotz Krise fertig entwickeln.“<br />

„Mein Forschungsprojekt zur Musikalität der Ameisen wurde vom Nationalfonds<br />

abgelehnt. Ich will es dennoch versuchen.“<br />

Ergänzende Spielregeln<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Jugendliche und Kinder erhalten auf Anfrage ausserschulische Bildungsgutscheine.<br />

Studierende und forschende GPs stellen ihre geistigen Erkenntnisse unter ihrem Namen<br />

(zitatpflichtig) der Öffentlichkeit zur Verfügung (Open Source).<br />

Reinerträge durch die Entwicklung neuer Produkte/Patente, die ein herkömmliches<br />

Unternehmen erzielt dank der teilweisen oder ganzen Freistellung von MitarbeiterInnen<br />

als GPs, kommen in einen Fortsetzungsfonds. Dies gilt auch für alle anderen GP-<br />

Einnahmen.<br />

Patentrechte auf neue Produkte, die solcherart entstehen, müssen von einer Firma<br />

zurückgekauft werden, wenn sie Anspruch auf Exklusivrechte erheben will.<br />

Begleitung und Öffentlichkeit<br />

<br />

48<br />

Ein kleines Label (zB zum Anstecken, als Logo) macht die GPs während ihres Tätigseins<br />

öffentlich erkennbar, hebt sie aus der Anonymität heraus, ermuntert zum Ansprechen.<br />

Einerseits fördert dies ihre eigene GP-Identität sowie eine ‚Corporate Identity’. Anderer-


seits erinnert es immer wieder an den Vertrauensvorschuss vonseiten Aktien-Sponsoren<br />

und Gesellschaft.<br />

Kunst- und Medienschaffende GPs begleiten eine Auswahl von Projekten, bereiten diese<br />

auf für öffentliche Dialoge und Diskurse oder dokumentieren sie: konstruktiv und<br />

kritisch, poetisch und visionär, politisch und philosophisch, spielerisch und ernst. Und<br />

frei.<br />

Alle GPs ermöglichen einer kleinen Öffentlichkeit in gewissen zeitlichen Abständen<br />

Zwischeneinblicke in ihr Tun.<br />

Gelingen und Scheitern<br />

<br />

<br />

<br />

Die öffentliche Hand, Fachverbände/Fachhochschulen/Unis schaffen bei sich<br />

abzeichnendem Bedarf Beratungsstellen für gelingende Projektbegleitungen.<br />

Dennoch ist es möglich, dass ein Projekt scheitern kann - und darf.<br />

Ein geringes Betrugs-Risiko bleibt natürlich weiterhin bestehen – that’s life.<br />

Denn diese Initiative will auch ein Test sein für die Vermutung, dass<br />

Menschen sich selbst und den andern dann am besten dienen, wenn sie -<br />

frei von Existenzängsten und Hackordnungen – das arbeiten, was sie am<br />

besten können und am liebsten machen.<br />

Wenn es sich bewährt, können wir dieses Experiment fortsetzen,<br />

ausweiten, vereinfachen und ins normale Wirtschaftsleben einbetten: als<br />

– letztlich bedingungsloses - Grundeinkommen für alle (siehe dazu auch<br />

www.initiative-grundeinkommen.ch).<br />

Weiteres Vorgehen zur Schaffung einer 68er-Volksinitiative:<br />

Sommer/Herbst 2009: Vertieftes Nachdenken im Austausch mit vielerlei GesprächspartnerInnen.<br />

Gründung eines bunt-motivierten Initiativ-Komitees.<br />

Dieser Prozess sollte sich für alle Beteiligten lohnen, selbst wenn er nicht in einer<br />

Volksinitiative münden sollte. Und falls es aus rein zeitlichen Gründen nicht mehr<br />

reichen sollte, in die aktuelle Krise einzugreifen, so wäre das Ganze immerhin eine<br />

Vorbereitung für die nächste Krise, die mit Bestimmtheit kommen wird, wenn<br />

weiterhin ‚Blasengeld’ ins System gepumpt wird...<br />

<strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong><br />

am 5. Juni 2009<br />

Martin Flüeler<br />

<strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong>, *1951, freie Kunst-Schaffende und –Dozentin ZHdK, Yogalehrerin,<br />

www.gerdatobler.ch<br />

Martin Flüeler, *1956, dipl. Ing. ETH, Werklehrer, Ingenieur-Künstler, Initiator Tüftel-Labor für<br />

Jugendliche und Kinder, www.tuelab.ch<br />

49


7.3.<br />

Auszug aus dem Stiftungsheft der Stiftung Kulturimpuls<br />

Schweiz<br />

Kulturimpuls Grundeinkommen – wozu<br />

Erfolg hat Folgen. Früher stand den Bedürfnissen nach Waren und<br />

Dienstleistungen Mangel gegenüber, heute herrscht Überschuss. Wir verdanken<br />

es den Leistungen der Generationen vor uns und den Menschen mit uns, den<br />

Fortschritten in der Technik und dem erfolgreichen Handeln in der Wirtschaft.<br />

Während Maschinen uns zunehmend von standardisierbaren Arbeiten entlasten,<br />

wächst der Bedarf bei Arbeiten, die nur von Menschen gemacht werden können<br />

– in der Familie, in der Pflege und Gesundheit, in der Bildung und<br />

Persönlichkeitsentwicklung, und im sorgfältigen Umgang bei allen Tätigkeiten.<br />

Viele dieser Arbeiten können heute nicht oder nur unzureichend finanziert<br />

werden, während unser komplex strukturiertes Sozialwesen hohe Kosten<br />

verursacht und Misstrauen sät. Das bedingungslose Grundeinkommen<br />

ermöglicht, dass Menschen vermehrt aus der Kraft ihrer je eigenen Antriebe und<br />

Talente tätig werden können – aus freiem Willen, aus eigener Initiative, aus<br />

persönlicher Betroffenheit; zum Wohle der Gesellschaft als Ganzes.<br />

Das bedingungslose Grundeinkommen schafft Freiraum für mehr<br />

Selbstverantwortung. Es vereinfacht das staatliche Sozialwesen und macht es<br />

transparenter. Es ermutigt zu einer eigenständigeren, sinnstiftenden<br />

Lebensgestaltung und Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe. Damit schafft<br />

es eine solide Basis für eine menschliche, zukunftsfähige Leistungsgesellschaft.<br />

Das bedingungslose Grundeinkommen ist die erste massgebende Idee des 21.<br />

Jahrhunderts – und die privilegierte, direktdemokratische Schweiz das Land, das<br />

Vorreiterin werden kann in der Einführung eines zeitgemässen, nachhaltigen<br />

Gesellschaftsvertrages.<br />

Die Stiftung Kulturimpuls Schweiz unterstützt die Initiative für ein<br />

bedingungsloses Grundeinkommen als Kulturimpuls: Jede und jeder soll die<br />

Möglichkeit haben, die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens kennen zu<br />

lernen und zu hinterfragen, wo sie einen hinführt, wo sie Angst macht, und was<br />

sie freisetzt.<br />

*(Publiziert im Frühling 2011, www.stiftung-kulturimpuls.ch)<br />

50


8. Literaturverzeichnis/Quellenangaben<br />

Das erste Interview mit Sofie Honig (S. 2 – 5) vermeidet aus gestalterischen<br />

Gründen formelle Zitate. Es stützt sich auf Aussagen und Thesen von:<br />

Frithjof Bergmann (s.u.)<br />

Enno Schmidt (s.u.; sein Vortrag ist zu finden auf www.grundeinkommen.ch<br />

Stiftung Kulturimpuls Schweiz (s. vorhergehende Seite50).<br />

Zitiert wird dort des weiteren Margaret Thatchers berühmt-berüchtigtem Slogan, der<br />

sich als das sog. ‚TINA-Prinzip’ (there is no alternative) weltweit zur neoliberalen<br />

Doktrin mauserte sowie das von der Globalisierungskritikerin Susan George als<br />

Antwort geschaffene ‚TATA-Prinzip’ (there are thousands of alternatives), das als<br />

Slogan des Weltsozialforums von Porto Allegre 2001 ebenfalls Weltberühmtheit<br />

erlangte (z.B. als Leitmotiv für NGOs)<br />

Zitate und Quellentexte aus nachfolgenden Büchern:<br />

Ax, Christine (2009):<br />

Die Könnensgesellschaft. Berlin, Rhombos-Verlag.<br />

Bergmann, Frithjof (2004):<br />

Neue Arbeit, Neue Kultur’. Freiamt, Arbor-Verlag, 5. Auflage 2008.<br />

Binswanger, Hans Christoph (2005):<br />

Geld und Magie – Eine ökonomische Deutung von Goethes Faust. Hamburg,<br />

Murmann-Verlag, 3. Auflage 2009.<br />

Debus, Michael (2000):<br />

Maria-Sophia - Das Element des Weiblichen im Werden der Menschheit. Stuttgart,<br />

Verlag Freies Geistesleben.<br />

Goethe, Johann Wolfgang (1832):<br />

Faust. Der Tragödie zweiter Teil.<br />

Goffmann, Erving(1969:<br />

Wir alle spielen Theater. München, Piper Verlag.<br />

Groys, Boris (2003):<br />

Topologie der Kunst. München, Hanser Verlag.<br />

Hohl, Ludwig (1981):<br />

Die Notizen oder Von der unvoreiligen Versöhnung (1944 / 1954). Frankfurt am<br />

Main, Suhrkamp.<br />

Martin, Agnes (1992):<br />

The Writings. Hsg. Dieter Schwarz, Kunstmuseum Winterthur.<br />

Matthews, Caítlin (1992):<br />

SOPHIA – Goddess of Wisdom. London, Aquarian Press.<br />

51


Schmidt, Enno (2006):<br />

Die Begründung des Grundeinkommens aus der Sicht der Kunst. Karlsruhe,<br />

Universitätsverlag.<br />

Schube, Inka (2002):<br />

Sophie Calle. Hannover, Sprengel Museum.<br />

Steiner, Rudolf (1989):<br />

Geisteswissenschaft und soziale Frage - Drei Aufsätze. Dornach, Rudolf Steiner<br />

Verlag.<br />

Zitate und Textquellen aus dem Internet:<br />

6<br />

Förster, Werner:<br />

http://werner-foerster.de/seiten/f_werner1.htm. online 25.2.11<br />

7<br />

Biblos.comm 2004 – 2011:<br />

http://bibeltext.com/psalms/119-103.htm, online 11.4.11.<br />

9<br />

WUND-Management Tirol, 2011:<br />

http://www.wundmanagement-tirol.at, online 13.3.11<br />

11<br />

TopLife, 2003-11:<br />

http://www.toplife.at/gesundheit/artikel153.html, online 15.4.11<br />

12<br />

Board für Steiner und Grenzwissenschaften:<br />

http://www.boards4you.de/wbb26/64/thread.php<br />

threadid=23&sid=4b13b090bdf875d7e950b65dcdf3e4e3, online 11.4.11<br />

13<br />

Joseph Beuys:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Beuys, 11.3.11, online 20.4.11<br />

14<br />

Tagesspiegel:<br />

http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/gesundheit/das-wohltemperierte-revierdie-waerme-im-bienenstock/507276.html,<br />

online 15.4.11. 1 4<br />

22<br />

Bible Study Tools, 2011:<br />

http://www.biblestudytools.com/lut/sprueche/passage.aspxq=sprueche+8:22-<br />

30, online 1.3.11<br />

26<br />

Soziale Dreigliederung Rudolf Steiner:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Dreigliederung, 13.4.2011, online 4.5.11<br />

29<br />

Goethe1832:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Faust._Der_Tragödie_zweiter_Teil, 10.4.11, online<br />

14.4.11<br />

40<br />

Erving Goffmann, Impression Management:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Erving_Goffman#Impression_Management, 1.5.2011,<br />

online 6.8.11<br />

1<br />

52


weitere Literaturhinweise<br />

Arendt, Hannah:<br />

Vita Activa oder Vom tätigen Leben. München, Zürich, 1967, 2005.<br />

Bennholdt-Thomsen, Veronika:<br />

Geld oder Leben – Was uns wirklich reich macht. München, 2010.<br />

BIEN-Schweiz:<br />

Die Finanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Genf, 2010.<br />

Laske, Otto E.:<br />

Potenziale in Menschen erkennen, wecken und messen. Cambridge, Medford,<br />

1988, 2010.<br />

Mäder, Ueli (Aratnam G., Schilliger S.):<br />

Wie Reiche denken und lenken. Basel, 2010.<br />

Marchart, Oliver:<br />

Neu beginnen - Hannah Arendt, die Revolution und die Globalisierung.<br />

Wien/Berlin, 2005<br />

P.M.:<br />

Neustart Schweiz – So geht es weiter. Solothurn, 2008.<br />

Ruh, Hans:<br />

Anders, aber besser. Die Arbeit neu erfinden – für eine solidarische und<br />

überlebensfähige Welt. Frauenfeld, 1995.<br />

Scharmer, Claus Otto:<br />

Theorie U – Von der Zukunft her führen. Heidelberg, 2009<br />

Schwarz, Fritz (INWO Schweiz):<br />

Das Experiment von Wörgl. Bern, 1951.<br />

Stachelhaus Heiner:<br />

Joseph Beuys. Düsseldorf, 1987.<br />

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Bildnachweise<br />

Titelblatt Flüeler, Martin: Sofie Honig auf der Leiter, FabLab Luzern, 26.2.11<br />

Seite 7<br />

Postkarte 1: Derlath, Volker:<br />

Rettet die Zärtlichkeit. huraxdaxverlag.de.<br />

Seite 9 Kumar, Vijaya: Sofie H. im Gespräch (Sozialinfo Rex). Videostill, 7.10.10<br />

Seite 11 Flüeler, Martin: Die Wandlung von <strong>Gerda</strong> T. zu Sofie H., 21.4.11<br />

Seite 14<br />

Postkarte 2: Laib, Wolfgang:<br />

Die fünf unbesteigbaren Berge (1984), Installationsfoto aus dem Internet,<br />

Autor nicht erruierbar..<br />

Seite 21 Flüeler, Martin: äussere Merkmale der SH, 21.4.11<br />

Seite 22 Kumar, Vijaya: Installationsansicht (Sozialinfo Rex), Videostill, 7.10.10<br />

Seite 23 Flüeler, Martin: Gondel im Innenhof (Aussenraum, Sozialinfo Rex), 22.9.10<br />

Seite 24<br />

<strong>Tobler</strong>, <strong>Gerda</strong> (gt): Scan eines Original-MEMOs, Rex-Aktion<br />

Seite 26 gt: Fotos aus FabLab-Aktion, 26.2.11<br />

Seite 27 gt: Scan eines Original-MEMOs, FabLab-Aktion 2011<br />

Seite 28<br />

Seite 31<br />

Postkarte 3: Werbekarte Vexer-Verlag:<br />

Das ganze Leben. Künstlerbuch Thomas Müllenbach, 2001.<br />

Postkarte 4: W.M.: KuanYin. 10.2.11. Bearbeitet von gt.<br />

Seite 33 W.M: Mit Sofie Honig in der Zürcher Kronenhalle, 1.3.11<br />

Seite 34 Postkarte 5: Hage, Tina: Universal Patterns II, 2008.<br />

Seite 37<br />

Seite 41<br />

Postkarte 6: Gantenbein, H.H.:<br />

Heuet. Werbekarte AR-Volkskundemuseum 2006.<br />

Postkarte 7: Lundgren, Wassink:<br />

Empty Bottles, 2006/7. Mit einem Zitat (rückseitig) von Andreas<br />

Spechtl, Gitarrist der Gruppe ‚Ja, Panik’<br />

Seite 42-45 Scans von Original-MEMOs, Rex-Aktion 2010<br />

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9. Dank<br />

Auf dem Übungsweg zur Könnerschaft sind wir nie allein. Darum danke ich an dieser Stelle<br />

allen Denkerinnen und Schreibern, Pragmatikerinnen und Theoretikern, von denen ich bisher<br />

lernen durfte.<br />

Spezieller Dank geht heute an meine beiden Hamburger-Mentoren Dr. Armin Chodzinski<br />

(Theorie) und Manfred Seiler (Praxis), sowie an meinen Weggefährten Martin Flüeler: ohne<br />

ihre kundige, weitblickende, scharfsinnige und einfühlsame Begleitung wäre ich nicht, wo<br />

ich heute stehe. Letzterem danke ich ausserdem für sein Abstract und die Last-Minute-Layout-Dienste,<br />

deren Resultat Sie jetzt in Händen halten.<br />

Ausserdem danke ich meiner im Januar 2011 unerwartet früh verstorbenen Austausch-<br />

Semester-Professorin Dr. Simone Schweikert (CreaLab HSLU) und Suzan Curtis (Dozentin<br />

HSLU) für die intensiven Gespräche und inspirierenden Hinweise.<br />

Allen fühle ich mich von Herzen verbunden.<br />

<strong>Gerda</strong> <strong>Tobler</strong>, 12. Mai 2011<br />

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