DEr FAST-FOOD-TEST - Arge für Obdachlose
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Waunst net brav bist, kumst ins Heim<br />
Aufarbeitung von Gewalt und Misshandlung an Kindern in Heimen<br />
Vor ein paar Tagen bekam ich von Wien einen<br />
Anruf. Der Anrufer stellte sich als Hannes<br />
Winkler vor. Ich konnte mit diesem Namen<br />
vorerst nichts anfangen. Doch als er mir sagte,<br />
dass er mit mir im Erziehungsheim Wegscheid<br />
war, konnte ich mich ganz dunkel an ihn erinnern.<br />
Und als er mir den Grund des Anrufes<br />
erklärte, freute ich mich sehr. Denn im Rahmen<br />
einer Lesung unter dem Titel: »Wir waren<br />
doch nur Kinder«, zeigte der ehemalige<br />
Heimzögling und Autor des Buches, Jenö<br />
Alpár Molnár die Prügel und Misshandlungen<br />
früherer Heimkinder auf. Daraufhin gründete<br />
sich eine Institution, die eine Entschädigung<br />
für diese Misshandlungen bezahlt. Und Molner<br />
war es auch, der dieses Treffen organisierte,<br />
zu dem 70 ehemalige Heimzöglinge<br />
kamen. Es war wirklich rührend, nach 48 Jahren<br />
ehemalige Heimgenossen wieder zu treffen.<br />
Jeder erzählte seinen Werdegang und<br />
schön langsam konnte ich mich an mehrere<br />
Heimgenossen erinnern. Es kam aber auch<br />
große Traurigkeit auf, da man wieder an die<br />
vielen Prügel und Misshandlungen erinnert<br />
wurde. Dann folgten die Ansprachen vom<br />
Heimleiter des Heimes Leonstein, wo das<br />
Treffen stattfand, von Molnár selbst. Und da<br />
kam zutage, wie brutal die Erziehung in den<br />
Heimen früher war. Es wurde auch aufgedeckt,<br />
dass die Erzieher, die am brutalsten<br />
waren, vom Land einen Orden erhielten, wozu<br />
sie aber aufgefordert wurden, diesen wieder<br />
zurückzugeben, was auch einige schon taten.<br />
Dann ergriff der zuständige Abteilungsleiter<br />
der Landesregierung Gernot Kitzmüller das<br />
Wort und versicherte uns, dass das Land bereit<br />
ist, für diese brutalen Misshandlungen<br />
eine finanzielle Entschädigung zu zahlen.<br />
Finanziell ist das ja nicht abzugelten, aber<br />
eine Genugtuung ist es doch. Jene Zöglinge,<br />
die anwesend waren, haben ins soziale Leben<br />
wieder zurückgefunden, aber viele sind leider<br />
in das Verbrechermilieu abgeschlittert. Denen<br />
kann man nicht mehr helfen. Anschließend<br />
führte uns der Heimleiter durchs Heim, das<br />
mit früher nicht mehr zu vergleichen ist. Jedes<br />
Kind hat jetzt seinen eigenen Lebensbereich,<br />
kann Besuch empfangen und auch Besuche<br />
tätigen. Gegessen, gespielt und gelernt<br />
wird in Gruppen. So wird das Zusammenleben<br />
gefördert. Anschließend fand ein Gedenkgottesdienst<br />
statt, wo Molnar eine Erinnerungskerze<br />
anzündete. Dann setzten wir uns<br />
noch gemütlich zusammen und jeder erzählte<br />
von seinen Lebenserfahrungen. So ging ein<br />
zwar trauriger, aber doch ein denkwürdiger<br />
Tag zu Ende. Edi<br />
Foto: Erwin und Roman bei einem Besuch im Heim Wegscheid,<br />
in dem sie in den 60er und 70er Jahren Zöglinge waren.<br />
10/2011 3