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Eine Lehreranleitung zum Drama Ghetto von Joshua Sobol ...

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<strong>Eine</strong> <strong>Lehreranleitung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Drama</strong> <strong>Ghetto</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Joshua</strong> <strong>Sobol</strong><br />

Einleitung<br />

Aufbau<br />

Das Theater South Carolina ist stolz darauf das bestürzende und wahre<br />

<strong>Drama</strong> <strong>Ghetto</strong> <strong>von</strong> <strong>Joshua</strong> <strong>Sobol</strong> präsentieren zu dürfen.<br />

<strong>Ghetto</strong> ist ein fiktives Theaterstück, welches auf der Tatsache basiert, dass in<br />

dem jüdischen <strong>Ghetto</strong> in Wilna, das <strong>von</strong> Nazis kontrolliert wurde, ein Theater<br />

existierte.<br />

Ein aufregendes und interessantes Erlebnis zeitgenössischen Theaters.<br />

<strong>Ghetto</strong> gibt die Möglichkeit, den Unterricht über den Zweiten Weltkrieg und<br />

über den Holocaust zu beleben und zu verstärken.<br />

Das Theater <strong>von</strong> South Carolina bietet eine spezielle Frühvorstellung für<br />

Studenten um 10:00 morgens am Mittwoch den 21.02.2001 an. Karten für<br />

diese Frühvorstellung kosten pro Person 5$. Reservieren können Sie bei dem<br />

Marketing Direktor Tim Donahue unter der Nummer 803-777-9353 oder per<br />

Fax unter der Nummer 803-777-6669. Ebenfalls erreichbar unter der Email<br />

Adresse donahue@sc.edu.<br />

Wenn nach dieser <strong>Lehreranleitung</strong> immer noch Fragen <strong>zum</strong> Stück oder zur<br />

Produktion offen stehen, können Sie Tim Donahue unter der Nummer 803-77-<br />

9353 erreichen.<br />

Diese <strong>Lehreranleitung</strong> ist in acht verschiedene Bereiche eingeteilt.<br />

Über den Stil und die Art der Wiedergabe……………….......... 2<br />

Zusammenfassung des Stückes………………………….......... 2<br />

Informationen über das Drehbuch…………..……………......... 7<br />

Die Geschichte Wilnas und des <strong>Ghetto</strong>s….…………………… 7<br />

Kurze Einführung in die Geschichte des Antisemitismus …… 10<br />

Vorgeschlagene Aufgaben und Themen zur Diskussion …… 11<br />

Über Erzählstil und Charakter <strong>Ghetto</strong>s<br />

<strong>Ghetto</strong> basiert auf realen Geschehnissen und auch die Namen der<br />

Charaktere, sowie die Charaktere selbst sind authentisch. Die Ideen zur<br />

Verwirklichung der Charaktere stammen aus noch vorhandenen Tagebüchern<br />

und anderen Berichten aus dieser Zeit. Trotz alledem ist <strong>Ghetto</strong> nicht<br />

dokumentarisch. Vielmehr ist das Stück eine freie, imaginäre, theatralische


Arbeit.<br />

Es werden viele Lieder gesungen und trotzdem ist <strong>Ghetto</strong> kein Musical. Die<br />

Lieder sind dafür da, um die Wirkung einer Szene zu unterbrechen und um die<br />

Wirkung einer Handlung oder Streitfrage zu verstärken. Außerdem spiegeln<br />

die Lieder die Fröhlichkeit und Lebensfreude der Juden in dieser grausamen<br />

Zeit wieder; es sind Lieder aus den Nazighettos.<br />

Der Autor <strong>Ghetto</strong>s gab dem Stück einen Rahmen: einer der wenigen<br />

Überlebenden erinnert sich vierzig Jahre später an die Geschehnisse. Er ist<br />

älter und verwirrt. Das Realistische am Stück <strong>Ghetto</strong> wird durch die Psyche<br />

der Charakter ausgedrückt. Diese Art der Literatur kann man als<br />

"Expressionismus" bezeichnen.<br />

Spielzusammenfassung<br />

Hauptcharaktere<br />

Srulik - Puppenspieler und Sänger<br />

Dummy - Sruliks Puppe<br />

Kittel - SS Offizier, Saxophonspieler<br />

Gens - Leiter des <strong>Ghetto</strong>s<br />

Weiskopf - Direktor einer Schneiderei<br />

Hayyah – Sängerin<br />

Kruk - Leiter der Bibliothek<br />

Die Gruppe spielt mehrere Rollen, einschließlich eines Handlinienlesers,<br />

einem jungen und einem alten Arzt, einem Richter, einem Rabbi, mehreren<br />

Schmugglern und der Polizei.<br />

Synopse<br />

1. Akt<br />

Das Schauspiel findet gänzlich in der Erinnerung <strong>von</strong> Srulik statt, als er sich<br />

an das Wilnaer <strong>Ghetto</strong> <strong>von</strong> 1941-1943 erinnert. Das Stück wird 1984 in einem<br />

Apartment in Tel Aviv eröffnet. Srulik, ein alter, einarmiger Mann, hat verwirrte<br />

Erinnerungen an das <strong>Ghetto</strong>-Theater.<br />

Das Apartment verschwindet und wir sind mitten im <strong>Ghetto</strong> <strong>von</strong> Wilna. Einige<br />

Menschen wühlen sich durch einen Haufen <strong>von</strong> Kleidung und Schuhen. Mit<br />

vorgehaltener Pistole bedrängt Kittel Chaja, die er offensichtlich sehr<br />

anziehend findet. Er entdeckt, dass sie einige Bohnen vom Schwarzmarkt<br />

versteckt. Er ist fast soweit, sie zu erschießen, als Srulik und seine


Handpuppe auftreten. Srulik behauptet, sie sei eine gute Sängerin. Kittel<br />

besteht darauf, sie singen zu hören. Als sie geendet hat („Be still“ – Sei still),<br />

ist er sehr beeindruckt und lässt sie gehen.<br />

Chaja dankt Srulik, und durch die Handpuppe, die stets unbequeme<br />

Wahrheiten ausspricht, gibt er zu, dass er sich <strong>von</strong> ihr angezogen fühlt. Sie<br />

singen („Dance, Dance, Dance“ – Tanz, Tanz, Tanz).<br />

Gens zeigt Srulik den Ort für das neue <strong>Ghetto</strong>-Theater. Srulik hat noch<br />

Zweifel: Wie kann man in einem <strong>Ghetto</strong> Theater spielen? Gens antwortet,<br />

indem er ihm eine Gruppe <strong>von</strong> Schauspielern zeigt, zu denen auch Chaja<br />

gehört, alles Menschen, die die Arbeit am Theater brauchen um einfach<br />

weiterzuleben. Chaja leitet die Gruppe, die Srulik bittet, das Theater zu<br />

gründen („I long for home“ – Ich brauche ein Zuhause).<br />

Als die Proben beginnen, gehen wir denselben Weg zurück, wo wir Weiskopf<br />

begegnen, vorher ein einfacher Schneider, der im <strong>Ghetto</strong> eine Textilfabrik<br />

gegründet hat um die Deutschen mit Uniformen zu versorgen. So ist es ihm<br />

möglich, 100 dort beschäftige Juden am Leben zu erhalten. Der Konflikt<br />

zwischen Unterstützung des Nazi-Regimes durch Arbeit und Überleben durch<br />

Arbeit ist umstritten.<br />

Wieder bei der Probe singt Chaja („Crazy Times“ – Verrückte Zeiten).<br />

Währenddessen dauert der Konflikt zwischen Weiskopf und Srulik an.<br />

Weißkopf ist stolz darauf, bei den Deutschen durch seine Fähigkeiten (wie er<br />

glaubt) unentbehrlich zu sein.<br />

Kittel schleicht in das Theater mit zwei Tragetaschen. In einer ist eine Pistole,<br />

in der anderen, ein Saxophon. Er warnt jeden, dass er überall und zu jeder<br />

Zeit auftauchen kann.<br />

Kittel verhöhnt Weiskopf, indem er ihn zwingt ein Rätsel zu lösen: Was ist der<br />

Unterschied zwischen teilweiser Beseitigung und totaler Beseitigung?<br />

Weiskopf antwortet:<br />

Wenn man fünfzigtausend Juden tötet, aber nicht mich, ist das teilweise<br />

Beseitigung. Tötet man mich, ist das totale Beseitigung.<br />

Kittels wirklicher Grund <strong>zum</strong> Theater zu kommen, ist um Hayyah wieder<br />

singen zu hören („Swanee“ gesungen in Jiddisch).<br />

Kittel besteht darauf, dass die Theatertruppe sich die Kleider, egal welche sie<br />

für die Kostüme benötigt, <strong>von</strong> dem Kleiderhaufen nimmt. Sie beginnen dies zu<br />

tun und realisieren dann, dass die Kleider <strong>von</strong> denen sind, die schon tot sind.<br />

Zwei Schauspieler verkleiden sich als Richter und als Rabbi. <strong>Eine</strong> besorgte<br />

Frau kommt. Ihr Ehemann benötigt Insulin, um zu überleben. Es gibt einen<br />

beschränkten Vorrat an Insulin. Wenn es an alle gegeben wird, die danach<br />

fragen, wird es nicht lange dauern und alle Diabetiker werden sterben. Wie<br />

auch immer, wenn das Insulin rationiert wird, könnten einige Leute so lange


leben, bis mehr Insulin beschafft werden kann oder der Krieg endet. Wie kann<br />

jemand entscheiden, wer überleben und wer sterben soll. Der Richter und der<br />

Rabbi weigern sich, zu entscheiden.<br />

Gens entscheidet, die Starken zu retten. Obwohl er in den Wald fliehen und<br />

den Partisanen in den Widerstandsarmeen beitreten könnte, wird Gens im<br />

<strong>Ghetto</strong> bleiben und „retten, was zu retten ist.“<br />

2. Akt<br />

Vier Schwarzhändler schmuggeln Lieferungen, die in einem Sarg versteckt<br />

sind. Sie werden <strong>von</strong> Gens entdeckt, der den Anführer einsperrt und eine<br />

Geldstrafe auferlegt. Die drei Männer muntern sich mit einem Lied auf („They<br />

Call Me Izzy“).<br />

Unglücklicherweise, kommt ihnen in diesem Moment ein alter hasidischer<br />

Jude entgegen und die drei Schläger erstechen und berauben ihn. Sie planen<br />

seinen Körper zu beseitigen, indem sie ihn im Sarg verstecken, doch als sie<br />

ihn öffnen, sehen sie, anstatt ihrer Güter eine eingehüllte Figur, als wenn sie <strong>von</strong><br />

den Toten auferstehen würde. Sie flüchten im Terror.<br />

Diese Persönlichkeit ist Kittel, er taucht immer auf komische Art und Weise<br />

auf. Der Schauspieler, welcher Kittel spielt setzte sich eine Brille auf und<br />

wurde zu einem neuen Charakter: Doktor Ernst Paul vom Rosenberg Institut,<br />

einer Nazi Organisation wessen Aufgabe es war die jüdische Kultur<br />

auszulöschen.<br />

Paul kam in der <strong>Ghetto</strong>bücherei <strong>von</strong> Hermann Kruk an und stellte sich selber<br />

als einen Experten in Jüdischen vor; er überredete ihn, dass Pauls<br />

Untersuchungen absichtlich sind um das jüdische Geschaffene<br />

Kunsterzeugnis vor der Zerstörung zu schützen.<br />

Die schwarzen Marktleute fochten dies an, sie gingen auf die Mörder los und<br />

brachten diese um. Kittel kündigte die Auflösung der Ratsversammlung und<br />

die Berufung Gens als alleinigen Herrscher des <strong>Ghetto</strong>s an. Der neue Chef<br />

der Polizei ist Dessler, dieser ist. obwohl er Jude ist, ähnlich brutal wie eine<br />

Mitglied der Gestapo.<br />

Gens feierte seine Berufung durch „holding a ball“. Die Schauspieler des<br />

Theaters wurden rekrutiert um die Unterhaltung im Lager zu unterstützen,<br />

jüdische Prostituierte wurden auch bereitgestellt, obwohl die deutschen der<br />

Versuchung widerstanden, wurde es hinter den Kulissen rasch zur einer Orgie<br />

aus Sex und Trinken.<br />

Plötzlich wurde die jüdische Polizei weggeschleppt <strong>von</strong> ihren geliebten, sie<br />

wurden zu einem in der Nähe gelegenem geschickt um dort die hälfte der<br />

Leute zu töten.<br />

Hayyah ist in der Bücherei <strong>von</strong> Kruk ausfindig gemacht worden; er gab ihr ein<br />

russisches Armee Handbuch. Als sie durch die Straßen ging wurde sie <strong>von</strong><br />

Kittel abgefangen; glücklicherweise kann er kein russisch und glaubt, dass es


ein Rollenspiel sei.<br />

Die Theatergruppe probte ein Lied über den Widerstand für Montag („Never<br />

Say You Can’t Go On“). Gens stoppte sie. Er schlägt anstelle <strong>von</strong> jenem die<br />

hebräischen Lieder vor. Viele <strong>von</strong> den Schauspielern waren nicht überzeugt,<br />

Gens wurde darauf sauer und ging.<br />

Hayyah entschied sich in diesem Augenblick Srulik zu erzählen, dass sie<br />

vorhat zu fliehen um Widerstand im Wald zu leisten. Sie wird diese Nacht<br />

durch einen Abwasserkanal flüchten..Sie möchte, das Srulik ebenfalls kommt,<br />

aber er besteht darauf zu bleiben.<br />

Gens hat nun entschieden, dass Weisskopf das Theatergebäude als eien<br />

weitere Nähwerkstatt nutzen soll. So kann er 500 Familien statt nur 40 retten.<br />

Weiskopf argumentiert: Er braucht nicht mehr als 50 Arbeiter. In diesem<br />

Moment kommt Kittel und möchte wissen, worum der Streit geht. Bevor Gens<br />

erklären kann, kommt Dessler mit Schwarzmarktgütern, die in Weisskopfs<br />

Raum gefunden wurden. Kittel weißt Dessler an, Weisskopf herauszuführen.<br />

Er tut es und schlägt ihn dabei halb zu Tode.<br />

Dann erlässt Kittel eine Reglung: Im Hinblick auf die Zahl der Menschen, die<br />

aus dem <strong>Ghetto</strong> entkommen, werden in Zukunft jedes Mal ganze Familien und<br />

Arbeitsgruppe erschossen, wenn einer <strong>von</strong> ihrer Zahl verschwindet.<br />

Nun besteht Kittel auf eine Vorschau auf das, was die Schauspieler proben.<br />

Akteure in Naziuniform erscheinen, einer ist anscheinend Hitler; er wird <strong>von</strong><br />

Srulik gespielt und hält die Handpuppe, die den Juden darstellt. Hitler benutzt<br />

all seine Redekunst um seine Truppen aufzuhetzen. Die Szene endet mit<br />

einer Darstellung der Vergasung der Handpuppe.<br />

Kittel besteht darauf die Darsteller zu sehen, die in den Uniformen stecken. Es<br />

stellt sich heraus, dass Chayas Kostüm leer ist. Wütend über ihre Flucht<br />

macht Kittel Anstalten die gesamte Theatergruppe zu erschießen<br />

Gesichter an die Wand! Maschinengewehre in Position!<br />

Aber anstatt eines Maschinengewehres bringt Gens einen Wagen beladen mit<br />

Brot und Marmelade. Kittel lädt die Schauspieler <strong>zum</strong> Essen ein („Grobble it<br />

up“). Dann schießt er ohne Warnung alle nieder, außer Srulik. Er hebt sein<br />

Gewehr gegen den Bauchredner. Der erhebt seine Arme und lässt die<br />

Handpuppe fallen.<br />

Die Handpuppe kommt, wie durch Magie, auf ihre Füße, geht hinüber zu Kittel<br />

und singt ihm die letzte Strophe respektlos mitten ins Gesicht.<br />

Beende es! Beende es!<br />

Schnell! Schnell!<br />

Das große Rennen?<br />

Du armer betrogener Mann!<br />

Mach weiter! Angeber!<br />

Morgen wirst du wissen was du sein wirst?


Kittel schießt auf die Attrappe, welche im selben Moment zu Boden geht als<br />

Srulik’s arm in Stücke geschossen wird. Während er seinen verwundeten arm<br />

festhält, wird Srulik der einarmige Erzähler der ersten Szene.<br />

Über das Spielrecht<br />

<strong>Joshua</strong> <strong>Sobol</strong> wurde 1939 in Israel geboren. Er studierte Philosophie an der<br />

Sorbonne in Paris und lehrte viele Dramen und wie man Stücke schreibt an<br />

der Universität <strong>von</strong> Tel Aviv, Seminar Hakibbutzim, Beit Tzvi , Schul Dramen<br />

und der Ben- Gurion Universität <strong>von</strong> Beersheva.<br />

<strong>Sobol</strong>’s erstes Stück wurde 1971 <strong>von</strong> dem Haifa Municipal Theater produziert,<br />

wo er sich aufhielt und Stücke schrieb und später künstlerischer Dichter <strong>von</strong><br />

1984-1988 wurde. Er wurde fünfmal mit dem „ David’s Harp Award “<br />

ausgezeichnet für Israels bestes Stück des Jahres. <strong>Eine</strong>r <strong>von</strong> diesen Stücken<br />

ist auch <strong>Ghetto</strong>.<br />

Über das <strong>Ghetto</strong> schreib <strong>Sobol</strong> folgendes:<br />

Plötzlich fand ich einen Spruch im <strong>Ghetto</strong> vor, der lautete: „Kein Theater<br />

auf einem Friedhof “. Also musste hier ein Theater tätig sein. <strong>Eine</strong>s,<br />

dass wie es der Spruch verdeutlichte, etwas tat, was Theater immer tun<br />

sollten: Die Realität vermitteln, Vorlieben beleidigen und den<br />

Scheinheiligen herausfordern. Das verbotene Spiel , die Sache wo<br />

einer nicht helfen kann sie auszuführen weil er es nicht tun soll. Das<br />

Blödsinn machen, welches clevere Menschen vortäuschen um es nicht<br />

tief in sich zu verstecken...<br />

Die Geschichte sollte konstant und permanent anwesend sein; die<br />

Frucht des kreativen und schöpferischen Speichers. Vielleicht weil es<br />

der einzige und mögliche Weg ist es anzunehmen und am Leben zu<br />

halten.<br />

Über Wilna und das <strong>Ghetto</strong><br />

Über die Juden weiß man, dass sie während den 50iger Jahren in Wilna<br />

lebten. Wilna gehörte immer noch zu Polen. Und die Juden genossen dort ein<br />

hohes Maß an Freiheit. Das Reisen wurde erlaubt und viele Berufe standen<br />

auch den Juden offen.<br />

Die erste Synagoge wurde am Ende des 16. Jahrhunderts gebaut und<br />

während der nächsten 200 Jahre entwickelte sich die Stadt zu einem Zentrum<br />

des geistlichen jüdischen Lebens.<br />

1795 wurde Wilna Teil des zaristischen Russlands und einzig nach dem<br />

1. Weltkrieg erreichte Litauen die Unabhängigkeit. 1932 wurde Wilna zu einem<br />

Teil Polens, fiel 1939 wieder in die Hände der Russen zurück, war darauf in<br />

Kürze wieder Teil des unabhängigen Litauens. Es wurde 1940 aber wieder<br />

<strong>von</strong> den Russen übernommen.


In diesem Jahr hatte die Stadt eine Bevölkerungszahl <strong>von</strong> 200.000, <strong>von</strong> denen<br />

rund 80.000 Juden waren. Nach der letzten Liquidation des <strong>Ghetto</strong>s, im<br />

September 1943 durch die Nazis überlebten nur weniger als 600 <strong>von</strong> ihnen.<br />

Die deutsche Armee brauchte nur zwei Tage um Wilna zu erreichen, nachdem<br />

sie im Juli 1941 in die Sowjet Union einmarschiert waren. Sie starteten sofort,<br />

zusammen mit lettischen Faschisten, die Juden zu verfolgen. Bereits in den<br />

ersten Monaten der deutschen Besetzung verschwanden 12.000 Juden.<br />

Sie wurden nach Ponar gebracht, einer ländlichen Gegend außerhalb <strong>von</strong><br />

Wilna, in der Mitte eines Waldes. In den nächsten Jahren fanden mehr als<br />

100.000 Juden ihren Tod in Ponar.<br />

Bald darauf wurden Juden gezwungen den gelben Stern zu tragen. Sie<br />

mussten alles an Wertsachen abgeben, und sich an häufig ändernde Regeln<br />

halten.<br />

Im Jahre 1941 pferchten die Deutschen mit Hilfe der lettischen Polizei die<br />

Juden in zwei <strong>Ghetto</strong>s zusammen, welche gänzlich <strong>von</strong> Rest der Stadt<br />

abgeschnitten waren. Bei dieser Aktion wurden 360.000 Juden ermordet.<br />

Die Deutschen richteten zwei <strong>Ghetto</strong>s ein, die <strong>von</strong> der Niemiecka Straße<br />

getrennt wurden. Ein Holzzaun umgab jedes <strong>Ghetto</strong>, und die Eingänge, die<br />

nach außen gerichtet waren, sind versperrt worden.<br />

Die deutschen Befehlshaber gaben jüdischen Verwaltern die Aufgabe die<br />

<strong>Ghetto</strong>s zu leiten. Die Verwalter mussten die häufig geänderten deutschen<br />

Gesetze durchsetzen. Jüdischen Frauen war es nicht gestattet schwanger zu<br />

werden. Auch Blumen wurden in den <strong>Ghetto</strong>s verboten. Wenn ein Jude einen<br />

Deutschen traf, musste er seinen Hut ziehen, aber er durfte nicht so etwas wie<br />

"guten Tag" sagen, usw.<br />

An den Eingängen der <strong>Ghetto</strong>s brachten die Deutschen Warntafeln an, auf<br />

denen stand:<br />

Vorsicht<br />

Jüdisches Gebiet<br />

Infektionsgefahr<br />

Nicht-Juden müssen draußen bleiben.<br />

Für Jahrhunderte war Wilna Zentrum der jüdischen Kultur. Sogar in den<br />

<strong>Ghetto</strong>s versuchten die Verwalter die jüdische Kultur aufrecht zu erhalten. Für<br />

viele <strong>Ghetto</strong>bewohner war die Erhaltung der jüdischen Kultur gleichzeitig auch<br />

die Erhaltung des eigenen Lebens; die Auslebung der Kunst war eine Geste<br />

der Zukunft, ein Zeichen des Glaubens. Durch die Kunst überlebten der Geist<br />

der Juden und die Wahrheit ihrer Menschlichkeit.<br />

Ein Theater wurde gegründet und gab seine erste öffentliche Aufführung am<br />

18. Januar 1942. Sie war ein künstlerischer und finanzieller Erfolg.


Im ersten Jahr führte das Theater nicht weniger als 111 Stücke auf und<br />

verkaufte 34.804 Karten. Der Saal war normalerweise voll und die Stücke<br />

schon Wochen im Voraus ausverkauft. Am 23. September 1943 wurde das<br />

Theater liquidiert und die Zahl der Aufführungen hatte sich verdoppelt. <strong>Eine</strong><br />

Bevölkerung <strong>von</strong> 20.000 Menschen hatte 70.000 Karten gekauft.<br />

Kulturelle Aktivitäten waren nicht an das Theater gebunden. Zwei Tage,<br />

nachdem die Juden nach Wilna deportiert waren, wurde eine Bücherei<br />

geöffnet. Ab dem 19. September haben sich 1485 Leser bei der Bücherei<br />

registrieren lassen. Im Durchschnitt liehen sie sich 400 Bücher am Tag aus.<br />

An seinem ersten Jahrestag hielt das Theater eine Theater-Woche ab. Diese<br />

beinhaltete eine Wiederholung des ersten Konzertes, zwei Stücke, eine<br />

Revue, ein Chorkonzert, Licht-Musik-Konzerte, eine Jamsession vom Jazz<br />

Ensemble und ein Symphonie Konzert.<br />

Zu der Zeit war das <strong>Ghetto</strong> liquidiert, das Theater war auf einem guten Weg<br />

mit den Proben für Shalom Aleichem´s “Tevye the Milkman“, welches später<br />

als Basis für „The Fiddler on the roof“ genutzt wurde.<br />

Die Geschichte des Antisemitismus<br />

Mit dem Wort Antisemitismus bezeichnen wir die Feindschaft oder die<br />

Diskkrimination gegen Juden als Religion oder rassistische Gruppe.<br />

Antisemitismus hat fast überall dort existiert, wo Juden ansiedelten.<br />

In der antiken Griechisch-Romanischen Welt waren religiöse Differenzen die<br />

erste Basis für Antisemitismus. Ungefähr im 4.Jahrhundert nach Christus<br />

neigten die Christen dazu die Juden als Mörder <strong>von</strong> Christus anzusehen. Als<br />

die Kirche der Christen dominant wurde im Römischen Reich, die Führer<br />

wurden inspiriert und schrieben viele Gesetze um die Jüdischen <strong>von</strong> den<br />

Christischen Gläubigern zu trennen und um die Rechte der Jüdischen Religion<br />

zu kürzen.<br />

In vielen Teilen <strong>von</strong> Europa während des Mittelalters wurde den Juden die<br />

Staatsangehörigkeit verweigert und sie hatten kein Recht einen festen Posten<br />

im Government oder im Militär zu haben und wurden ausgeschlossen <strong>von</strong> der<br />

Mitgliedschaft der Innung und vom Beruf. Die Praxis der Rassentrennung, die<br />

Jüdischen Einwohner <strong>von</strong> Orten und Großstädten in <strong>Ghetto</strong>s zu verfrachten,<br />

reicht vom Mittelalter an und dauert bis <strong>zum</strong> 19.Jahundert in vielen Teilen <strong>von</strong><br />

Europa. Im späten Mittelalter wurden die Juden aus mehreren Ländern und<br />

Regionen vertrieben, England (1290), Frankreich (14.Jahrhundert),<br />

Deutschland (1350), Portugal (1496), die Provence (1512) und die päpstlichen<br />

Staaten (1569) eingeschlossen. Die Verfolgung wurde verstärkt durch die<br />

Inquisition in Spanien, dies gipfelte 1492 mit der gezwungenen Vertreibung<br />

<strong>von</strong> dem großen Land und der lang gegründeten Jüdischen Gemeinde.<br />

Das Ende des Mittelalters bringt keine wichtigen Veränderungen in die<br />

Jüdische Lage in Europa. Die periodische Rassentrennung der Juden hielt bis<br />

<strong>zum</strong> späten 18.Jahrhundert an, als die Aufklärung und die Französische


Revolution eine neue Religionsfreiheit nach Europa brachten. Zu dieser Zeit<br />

begannen Juden in Frankreich und in anderen westeuropäischen Ländern an<br />

Bürgerrechten zu gewinnen.<br />

Während des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts gab es einen mäßigen<br />

Verfall der antisemitischen Anspannungen im großen Teilen Europas.<br />

Der Sturm antisemitischer Gewalt, der <strong>von</strong> Nazi-Deutschland unter der<br />

Führung Adolf Hitlers <strong>von</strong> 1933-45 losgelassen wurde, erreichte nicht nur in<br />

Deutschland eine erschreckende Stufe, sondern inspirierte auch anderswo<br />

Anti-Jüdische Bewegungen. In Deutschland wurde Antisemitismus zur<br />

offiziellen Regierungspolitik. Antisemitismus wurde in den Schulen unterrichtet<br />

und in „wissenschaftlichen“ Zeitschriften, Forschungseinrichtungen und einem<br />

großen, sehr wirksamen Propaganda-Programm ausführlich bearbeitet. Im<br />

Jahr 1941 wurde die Ermordung der Juden zur offiziellen Parteipolitik.<br />

Ungefähr 5 700 000 Juden wurden in Konzentrationslagern während des 2.<br />

Weltkriegs hingerichtet.<br />

Nachdem die Nazis 1945 besiegt worden waren, verlor der Antisemitismus an<br />

Grund in Westeuropa und den USA.<br />

Klassenzimmer-Aktivitäten und Diskussion<br />

Zurzeit ist kein Drehbuch <strong>von</strong> „<strong>Ghetto</strong>“ in Amerika veröffentlicht, welches für<br />

die Klasse <strong>zum</strong> Lesen verfügbar wäre.<br />

Hintergründe <strong>zum</strong> Holocaust sind schriftlich verfügbar für alle Altersgruppen.<br />

Frage deinen Bibliothekar. <strong>Eine</strong> exzellente Quelle ist die Webseite des US<br />

Holocaust Memorial Museum – http://www.ushmm.org/education.<br />

Aktivitäten: Viele Filme über diese Zeit sind verfügbar.<br />

„Schindlers Liste“ ist inhaltlich eher für Erwachsene geeignet. „Das Tagebuch<br />

der Anne Frank“ ist eine Wahl für alle Altersgruppen.<br />

Fortgeschrittene Studenten könnten sich Leni Riefenstahls „Triumph des<br />

Willens“ ansehen und die Verwendung <strong>von</strong> Bild und Propaganda <strong>zum</strong><br />

Unterstützen der Ziele des 3. Reiches diskutieren.<br />

Aktivitäten: Theater-Studenten finden es vielleicht interessant die<br />

Theaterstück-Adaption <strong>von</strong> „Das Tagebuch der Anne Frank“ zu lesen und es<br />

mit „<strong>Ghetto</strong>“ zu vergleichen.<br />

Die Spiele basieren beide auf historischen Hintergründen, sind aber in ihrer<br />

Art und im Thema unterschiedlich.<br />

Aktivität: Studenten können die Studentenwebseite des US Holocaust<br />

Memorial Museums (Denkmalmuseum) erkunden –<br />

http://www.ushmm.org/outreach/nrule.htm. Studenten könnte ein Thema<br />

zugewiesen werden, das auf der Seite behandelt wird (wie „Euthanasie“ oder


„Zensorchip“) und eine kurze Darstellung zu diesem Thema vor der Klasse<br />

geben.<br />

Aktivität: <strong>Ghetto</strong> beinhaltet viele authentische Lieder der Nazi-<strong>Ghetto</strong>s.<br />

Hört euch Aufnahmen der mitteleuropäischen jüdischen Musik der frühen<br />

Jahre dieses Jahrhunderts an. <strong>Eine</strong>r dieser Musik-Typen wird „Klezmer“<br />

genannt, der ein „Comeback“ genießt; viele Aufnahmen sind erhältlich.<br />

Aktivität: Lernt das kurze Lied „Lullaby“ aus dem Stück <strong>Ghetto</strong>.<br />

Lullaby<br />

Stille, mein Kind, die Winde wehen.<br />

Schlaf und verzweifle nicht.<br />

Sie nahmen deinen Vater <strong>von</strong> uns.<br />

Gott alleine weiß wo.<br />

Aktivität: Fragt einen jiddischen Muttersprachler aus der Gemeinde, ob er in<br />

die Klasse kommt und mit den Schülern über die Jiddisch sprechen möchte.<br />

Vielleicht kann er der Klasse eine kurzes Lied oder ein Gedicht in Jiddisch<br />

beibringen.<br />

Aktivität: Nach der Schließung des <strong>Ghetto</strong>s, beherbergte das Wilnaer <strong>Ghetto</strong><br />

ungefähr 29 000 Menschen auf einer Fläche <strong>von</strong> 27 000 Quadratmetern,<br />

weniger als ein Quadratmeter pro Person. Benutze Zollstock und Klebeband<br />

und messe ein Quadratmeter auf dem Fußboden aus. Betrachte die Klasse<br />

und finde heraus, welcher Schüler aus der größten Familie kommt. Messe<br />

einen Quadratmeter für jedes Mitglied seiner Familie aus, die ungefähre<br />

Größe der normalen Fläche für eine Person im <strong>Ghetto</strong>.<br />

Aktivität: Macht ein Denkmal für das Wilnaer <strong>Ghetto</strong>. Konstruiert ein Model aus<br />

Pappe.<br />

Aktivität: Stellt euch vor, was aus Hayyah geworden ist, nach dem Verlassen<br />

des <strong>Ghetto</strong>s und dem Beitritt <strong>zum</strong> Widerstand. Das Internet hat eine Vielzahl<br />

an Seiten über die Rolle der Frauen während des Holocausts, in <strong>Ghetto</strong>s,<br />

Konzentrationslagern und im Widerstand, welche für Ideen aufgerufen werden<br />

können. Viele Bibliotheken können ähnliche Informationen liefern.<br />

Themen für die Diskussion:<br />

Welche Sorte <strong>von</strong> Menschen würde eine Bibliothek und ein Theater in<br />

einer Situation wie in einem <strong>Ghetto</strong> bauen?<br />

Bevor Ihr das Stück seht, bittet Schüler eine Position auf der einen oder<br />

der anderen Seite der folgenden Behauptungen zu nehmen und ihre<br />

Position zu verteidigen. Wiederholt die Diskussion nach dem Spiel.


Leben ist ein fortwährender Kampf: Diejenigen, die nicht stark genug<br />

sind, aufzusteigen, verdienen, was immer sie bekommen.<br />

Menschen fällt es leichter Schlechtes als Gutes zu tun.<br />

Die meisten Menschen passen sich lieber an, als sich auf ihre eigenen<br />

Werte zu verlassen.<br />

Die meisten Menschen würden es bevorzugen, sich auf Wunder zu<br />

verlassen als abhängig zu sein, <strong>von</strong> den Früchten ihrer eigenen Arbeit.<br />

Die meisten Menschen meiden die Wahrheit, wenn sie schmerzhaft ist.<br />

Krieg ist die natürliche Folge der menschlichen Natur.<br />

Die meisten Menschen brauchen Autorität, die ihnen sagt, was zu tun<br />

ist.

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